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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930301029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893030102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893030102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-01
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
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Die Zweiggrschästsstelle StStteritz exprdtrt jede» rvnners- tag, NachmUlags von 5—7 Uhr und die ZwetggrschästSstellk PaunSdarf jeden Montag und TvnnerStag, Nachmittag« von 3—6 Uhr. 2-arkasten-Berwaltu»g. Dyck. Pülitische Lagesschau. * Leipzig. 1. Marz. Mit gerechtfertigter Spannung hat man überall im Reiche dem officiellen Empfange de« Abgesandten cntgcgcngeschen, den Kaiser Wilhelm II. nach Nom zum fünfzigjährigen Lischofsjubiläum des Papste« gesendet bat. Man glaubte, cö werde au« der Ansprache de« General« v. Loö und der Antwort de« Papste« zu entnehmen sein, ob die Mission de« Ersteren auch einen politischen Zweck verfolgt habe und ob dieser Zweck erreicht worden sei. Heute liegt nun ein tele graphischer Bericht über den Empfang vor, der am Montag llattgcfundcn bat. Nach diesem Berichte richtete General v. Lok an den Papst folgende Ansprache: „Te. Majestät der Kaiser und König haben mich beauftragt, in die Hände Eurer Heiligkeit diese« Schreiben zu legen, welches die aufrichtigen Glückwünsche Seiner Majestät anläßlich dt- denkwürdigen Jahrestage« enthalt, der die Vertreter aller Nationen um den beil igen Stuhl versammelt. Sk. Majestät der Kaiser bittet Em. Heiligkeit, dieses Andenken an de» IS. Februar in Geneigtheit annehinen zu wollen als ein Symbol der bischöflichen Würde, zu der die Vor sehung Ew. Heiligkeit an demselben Tage vor 50 Jahren er hoben hat. Se. Majestät nimmt von Herzen gern diesen feierlichen Anlaß wahr, uni Ew. Heiligkeit den warmen Ausdruck srrundschast« licher Gesinnung zu wiederholen und Sich mit den Wünschen seiner katholischen Unterthanen zu vereinigen. Für meine Person zur großen katholischen Gemeinschaft Deutschland« gehörig, bin ich stolz darauf und glücklich, von meinem erlauchten Souverain al» Tot« metich seiner Gefühle bei der verehrung-würdigen Person Euer Heiligkeit auSersehen worden zu sein." Der Papst erwiderte: „Wir sind von den Glückwünsche», die der deutsche Kaiser durch Ihre Vermittelung unS hat Vorbringen lassen, tief gerührt. Wtr zweifeln nicht daran, daß dieser uene Beweis der Hochachtung, welchen Ihr erlauchter Souverain dem Oberhaupte der Kirche ge- gegcbeii hat, von den Katholiken de» deutschen Reiches nach Gebühr gewürdigt wird. Er wird in hohem Grad« dazu beitragen, in den deutschen Katholiken die Ehrfurcht und die Treue zu ver mehren, welche die linterthaneü zum Heile der Nationen den Vertretern und Inhabern der Macht gegenüber bewahren müssen. Wir sogen absichtlich „diesen neuen Beweis" und erinnern un» gerne der verschiedenen Umstände, wo bereit» nach dem Beispiele seine» erlauchten Großvater», des Kaiser- Wilhelm I., und erfüllt von den heiligsten Interessen seine» Volkes, Se. Majestät sich geneigt gezeigt bat, unsere Bemühungen um di« Herstellung des religiösen Friedens zu unterstützen. Was uns betrifft, so werden wir nichts verabsäume», um jer.es Ziel zu erreichen, von dem der kostbarste Gewinn ausgeben wird, nämlich die Verwirklichung der gesetzlich berechtigten Wünsche, der ÄcwissenSfriede und da- WachSthum des christlichen Gefühles in der edlen deutschen Nation. Dieselben Gesinnungen werden wir in unserem Antwortschreiben auf den Brief zum Ausdrucke bringen, den Sie uns soeben übergeben habe», in dem Antwortschreiben, weiche» Sie die Gewogenheit haben werden, in die Hände Ec. Majestät zu legen, io bald Sie ihm Bericht erstatte» über diese ehrenvolle Mission, die Jbnen mit so großem Rechte anvrriraut ward und die Sie i» so würdiger Weise erfüllt haben. Ich bitte Sie, bei derselben Gelege», heit Sr. Majestät des sehr lebhaften Jnteresjes zu versichern, welches wir für seine erhabene Person haben, sowie der Wünsche, die wir für ihn und die ganze kaiserliche Familie hegen." Weder in der Ansprache, »och in der Antwort de« Papste« ist eine Silbe enthalten, dir darauf schließen lassen könnte, daß General von Lok den Auftrag gehabt habe, den Papst zu einer Einwirkung auf da« Ecntrum zu vcranlaffen und dafür irgend welche Evneesstonen in Aussicht zu stellen. Aller dings ist e« nicht völlig ausgeschlossen, daß Graf Loö mit einem der Würdenträger de« Vatikan« besondere Zwiesprache über die Stellung de« Zentrums im Reiche gebalte» und irgend einem Wunsche Ausdruck gegeben hat: aber da« darf man doch erfreulicherweise für ausgeschlossen balle», daß der Papst in die Lage versetzt worden sei, ci» Ersuchen um eine direkte Einmischung i» deutsche Angelegenheiten zu bewilligen oder abzuiebuen. Um so wahrscheinlicher ist e«, daß hinter den Coulisscn zwischen der Regierung und einzelnen Mit gliedern der Eentrum-parlei in Sache» der Militairvorlagc verhandelt werde. Der „Westfäl. Merk." gesteht die« sogar offen zu. In einem Schreiben, das vci» Blatte „von hochgeschätzter Seite' zugebt, wird die Sache so dargestellt, daß zwar an eine Abcoinmandirung eine« Theile« de- Centrum« zur Bewilligung der Vorlage nicht z» denken sei: „Aber eine wesentlich ankere Sache ist e«, ob man nickt Einzelne» di« Uebrrzeugung beibringe» kann, daß die Heeresorganisativn in der Weise, wie die Regiernng sie will, zur Sicherung der deutschen ReichSgrenzen unbedingt erforderlich sei, und nach dieser Richtung hi» soll eben in Berlin mit allen Kräften gewirkt werden. So haben wir gehört." Diese Darlegung bestätigt im Wesentliche» die Vrrniutbungc», die man bisher über Verhandlungen hinter den Coulissr» halt« Denn daß die Negierung nicht vssiriell mit der osficiellen Leitung de« Erntrum« verbandcln, sondern bei einzelne» Angehörigen de« Ernlrum« ansetzen würde, die ihr al« Mittelsperson beson der« geeignet erschienen, war von vornherein anzunehmen. Wenn somit an Versuchen der Regierung, da- Eenirum um- zustimmen, nicht zu zweifeln ist, so fragt e« sich sreilich, wir weit kiese Versuche Erfolg habe» werten. In dem erwähnte» Schreiben wirb ein Umschwenken zu Gunsten der Regierungs vorlage nicht befürchtet: E« beißt darüber: „Seit seinem Bestehen wäre dem Eciilruni nicht» verhängniß- vollere» zugesloße», als wenn es sich in diesem Punkte nach giebiger zeigen könnte. Nicht blos tn den Rheinland«», auch in ganz küddeutschland wäre die Eentrumspartki gespiengt, und l» Bayern, da» heute dreißig Eeiiirunismilglieder niich Bern» schickt, ballen, auch dessen kan» man sich versichert halte», die Tiglianer Oberwasser. Man weiß sich im Lentrum bezüglich der Halluna in der Militait- Vorlage vollständig einig mit den« katholischen Volke. Man Weiß sich vollständig einig Mit der katholischen Presse, man ist voll« ständig einig unter sich, und wenn nun aus dem Erntrum di« 89 Stimmen komme» sollen, welche der Regierung zu ihrer Ma.o- tität fehlen, dann möchten wir wissen, wie ne ihre Mililairvorlage durchbringen will. Sirwird Niemanden im Erntrnm finden, nicht eine», geschweige denn neununddreißig, welcher die Veroniworilich- seit aus >ein Gewissen zu nehme» gedächte, ohne die durchschlagendste» und zwingendste» Gründe sein» Stimme in einem Sinne abzugcbe», weichet den Bestand de« Centrum» in seinen Grund- vesten erschüttern würde." Andererseits aber hat Herr v. Schoriemer-Alst in einer dieser Tage in Berlin abgehalienen Versammlung der AdelS- genossenschast" unter dem Bestall anderer Mitglieder de« katholischen Adels gesagt: „Wir dürfen nicht vergessen, daß Preußen nicht dle Hohenzollern groß gemacht hat, sondern daß die Hohenzollern Preuße» groß ge macht und Im Bunde init de» deutschen Fürsten das Kaiserreich wieder ausgcrichlel haben. Daran knüpft sich unsere Liebe für die Armee. Ich erinnere an da» Wort eines großen König»: „Die Welt rubt nicht sicherer auf den Schultern des Alias, wie Preußen auf seiner Armee". Und da» gilt beute sür Deutschland »nd da» deutsche Heer unter dem Kaiser als Bundesseldherrn. Die Armee ist unser Stotz und unsere Ehre, die Sicherheit des Frieden». An dieselbe sind wir mit tausend Fasern gebunden, wir wollen sie hege» und psiegen nnd so kräftig wissen, daß wir mindestens unseren Feinden ebenbürtig sind." Da« klingt koch gewiß nicht so, al« ob die Verhandlungen der Regierungen mit einzelnen Mitgliedern des Eenirum« aussichtslos seien. E« wäre daher geradezu unbegreiflich, wenn trotzdem die verbündeten Regierungen dem ge- sammtrn Centrum, dem gesa:»i»te» ttltramön- tailiSmu« ein bedeutende« Zugeständniß durch Auf- Hebung de« Jesuiten gesctze« machen wollten. Und doch tritt beule in niedreren Blättern mit Bestimmtheit di« Versicherung auf. der Bundeirath wolle gar nicht auf die Beratbung des CeittrumSaulrageo auf Aushebung ie»e« GesctzeS warten, sondern sein er seit- mit einem sulchen Antrag vor de» Reichstag treten. So schreibt die „Wir^ glauben nnS nicht tn der Annahme zu irren, daß im vundcsrath augeiibticktich «in» starke Strömung zu Gunsten der Ausyebungdts Jesuiten» gesetzes vorhanden ist und daß man daraus ge iaht sein darf, schon in nächster Zeit die RrichS- regterung mit einer Vorlage hervortreten zu sehen, die den Ausschluß der gristltchen Orden au» dein deutsche» Reiche anshedt. So beklaacnSwertb un» ein solche« Vorgehen auch erscheinen würde, so ist e» doch angebracht, mit dieser Möglichkeit z» rechnen, lind eS braucht nicht besonder» hervo» gehobrn zu werden, daß damit auch dir Haltung de» Eenirum« zur Militairvvrlage sich wesentlich verschieben würde." Vorläufig halten wir diese Annahme der „Voss. Ztg", obgleich wir derselben, wie gesagt, auch noch i» ankeren Blattern begegnen, für eine irrige. Sollte sie sich aber doch bemadrheiten, sv würde der „nene C»rS" eine Bewegung entfachen, wie da« Reich »och keine erlebt und erlitten hat! In Ungarn inacht sich die Erregtheit, welche da- be kannte lirchcnpolitische Programm der Negierung angesacht bat, bei de» Liberalen sowohl, wie bei de» Klerikalen durch öfsentlichcKundgcbnngrn der Städte- und EöiiiilatSverlrelungen Lust. Uederwicgcnb sind bei diesen Kundgebungen bisher solch», welche sich sür eine liberale Kircheiipolilik und für die Civil ehe auSsprcchcn. Abgesehen von der Stadl Dodenburg, ist bisher von keiner bedeutenden städtischen Vertretung eine ultramontane Kundgebung erflossen, wa« freilich nicht au« schließt, daß solche Kmidacbuiigcn noch ersolgen werden. Einen praklische» Nutzen für die Negierung habe» dies« Kundgebungen uichl. Derartige Manisrstationen hatten ehemals eine politische Bedeutung, da die Comitat» di« nach Preßburg einbrrusenen LandtagSablegaten zu Wählen und mit Instructionen zu versehen Und auch noch da» Recht Halle», ihren Ablegatrn vom Landtage abzubenifeti. Dir parlamentarische RegierungSform hat mit diesen comftal- lichen Tläuterechten vollständig aufgeräumt, und wen» dir Comilatvertrelungen »ach überkommener Gewohnheit noch immer in wichtigen politische» Frage» »Beschlüsse saften", so darf man denWerth dieser Beschlüsse nicht sehr doch veranschlagen. In »cn Zeiten Per absolutistischen Rrgieruna galten die Comitat Vertretungen al« die „Echntzwälle v»t Verfassung" und an diesen zerschellte» in den fünfziger Jahre», al« »i» I8-t8rr Verfassung mit dem Repräscnialivsvslem aufgehoben war, da« römische Eoncordat und die verschiedenen Patente unk DiplvMe jener Zeit. Mit der Wieterberstcllung rer Verfassung im Iabre l",67ging den Verwalinngovertretungcn der Comitat« und Slärte ihre in dem weiteren Sinne gefaßte politische Rolle voll ständig verloren, aber die alte Gewohnheit der Beschlußfassung lebte in diesen Körperschaften »»geschwächt fort. Man hat e« erlebt, daß ungarische Comilatversainmlutigen für die Wiederherstellung eines Königreich« Polen, für die Integrität der Türkei Beschlüsse gefaßt nnd ähnliche politische Allotria getrieben haben. Die Kunkgebungkn sür die Civileße können auf alle Fälle höher al« die Beschlüsse letzterer Categorie be- wcrtbel werde», von positiver politischer Bedeutung sink sie indessen nicht. Die Regierung wird die Vorlage über die Eivilehr nicht früher einbringen, al« die parlamentarische Lagedie« gestattet. Zn bestätigen scheint e« sich, daß di» Regierung ein« Vorlage über die Einführung von staatlichen StandeSregistern noch u> dieser Session im Reichstage einbringen wirk. Diese Vorlage fällt Nicht in taS Ressort de« CulluSminister«, sondern in dasjenige de- Minister« des Inner». Dieser ist in der kirchenpolitischcn Frage biSber nicht aus den Kampfplatz ge treten und man gicbt slck, vielleicht dein Glauben hin', r« werde möglich sein, diese Vorlage durchzubringen, ohne daß dabei der Kamps um die kirchenpolitische» Fragen gleich aus Fsuillstsn. Ums Äeld. Novelle von A. Hrtzl. siacktrvck »erbotm. lFortsetziina.s „Da müssen wir ein paar Fuß tief binabsteizen, Martin, sei vorsichtig, damit Tu mir nicht purzelst", sagte Doctor Falk zu seinem allen Hausknecht, während er ihm die Fackel abiiabm, um ihm da« Hinabsteigen zu erleichtern. .Unbesorgt, Herr Doctor, ich bin kein kleiner Junge, der über seine eigenen Füße fällt." Mit diesen Worten schwang sich Marlin gewandt hinab, der Doctor stützte sich aus die breiten Schultern de« Alten und stand alsbald an seiner Seite. Er senkte die Fackel und erblickte auf einige Schritte Entfernung die am Boden kauernde zarte Gestalt. .Ein Kind", rief Martin mitleidsvoll, .ein kleine« Mädchen, zittert wie Espenlaub; o Du armer Wurm." Doctor Falk trat hinzu unk richtete tröstende Worte an die Weinende, inrem er ibr seinen Beistank zusagte. .Versuchen Sie noch einmal, auszusteben. mein kleine« Fräulein, mein Begleiter und ich werden Sie nach dem Bahnhof führen und dort weiter für Sie sorgen." Er beugte sich zu ibr hinab, um sie zu stützen, sie zwang sich mühsam empor, brach aber ächzend zusammen, den Arm, der sie hielt, fest umklammernd. .Ick kann nicht aus den rechten Fuß treten, ich muß im Fallen da« Gelenk gebrochen haben, ich leide sehr', schluchzt« sie. Der Doctor untersuchte den Fuß. .Gebrochen ist er nickt", tröstete er. .aber verstaucht und geschwollen. Sir können unmöglich geben und müssen sich « gefallen lassen, daß Sic mein alter Martin b>» zum Bahnhof trägt." Sie willigte ein und der kranke Fuß wurde mühsam von der zwängenden Hülle befreit, wa« der Lridendrn sofort einige Linkerupg verschaffte. »Ich danke Ihnen, es ist besser so", sagt« fl», indrm st, ihre großen dunkle« Augen forschend auf den Zügen Manne« basten ließ, der ibr Beistand leistete und zwar mild und gütig, aber doch in so bestimmter Welse mit ihr sprach, daß rin Widerspruch kam» zulässig war und Fügsamkeit in seine» Willen al« selbstverständlich erschien. Martin hob die Verunglückte empor und trug sie sorgsam, wie eine Mutter ihr Kind, sie biett sich an seiner Schüller fest und flüsterte, nachdem sie eine gute Strecke stillschweigend zurückgclegt batten: ,,E« thut mir leid, Ihnen so viel Last zu machen, guter Mann, Eie werden gewiß recht «lüde, aber ich werde Ihnen Alle« reichlich bezahle» " „Müde", wiederholte Martin lackend „Da trage ich schwerere Lasten ohne Beschwerde Du bist ja so leicht wie eine Feder, Kleine! Ans Belohnung machen der Herr Doctor und ich keinen Anspruch Wir sind nickt binau-gegangen, um Gelt z» verdiene», sondern um zu helfen." Sic schien über dir Worte de« Alte» Nackzudenken. „Ich wollte Sir nicht verletzen", Hub sie nach kurzer Pause wieder an. „Sie und der gute Herr Doctor haben n>ir da« Leben gerettet, ick wäre gestreben, wenn ick die Nacht an jener unseligen Stätte hätte zubringen müssen." „Erklären Eie mir mir, wie Sie dakinkamen". Mischte sich der Doctor in« Gespräch „Sie müssen »»bedingt während der Katastophr au« dem Wagen gesprungen sein." Eie nickte. „Ick glaube, ick bin berauSgesprungen, mein Herr, mein Kopf ist so verwirkt, daß ich mich nicht genau erinnere, wir Alle« zugkgangen ist. Im Waggon erster Clafte war ick allein und saß tätige Zeit balbschlummernd am offenen Fenster, bi« ick durch einen furchtbaren Stoß, begleitet von einem dvnnerLrtige» Geräusch, aufgeschrcckt wurde Es krachte und braust, um mich her, al» ob der Welt Ende da sei, ich fuhr »mpsr, ahnt» LrbtNSgesabr und suchte instinrtmäßig nach einem AuSwrz, »«gelang mir, di« Wagentbürr zu öffnen; ich that «inen kuhnrn Sprung, siel, raffte mich aus, taumelte weiter, stürzte nnd verlor die Besinnung Da« Alle« war da« Wert weniger Augenblick» Wie lange ich ans der Stelle, aus der Sir mick fanden, ohne Bewußtsein lag, vermag ich nickt anzugrben. Schmerzend« Berührung »nd deftige« Rütteln weckt» mich au» meiner Ohnmacht auf. Ein ent setzlich»« Wrib bruate sich üb«r mich, sie batt« Augen wie «in« Tigerin und blitzt« mich an, «l» ob sie mich zerreißen wollte, sie riß mir mein Armband vom Handgelenke, mein schöne», mein kostbare« Armband mit dem Bilde Meiner Mutter. Ich glaube, sie hätte mich erwürgt, wenn Tie nickt in der Nähe gewesen wären und auf meinen Hilferuf geantwortet hätten." Der Doctor, welcher den schmalen Fußpfad, der an der Grenze des Angel« zum Babnlwf führte, gewählt hatte, NM der herankommenden HilfSmannschast aüSzmveichen und mlt der Verletzten nicht ln« Getümmel zu komme», hörte mit immer steigender Verwunderung zu und blickte sinnend wieder »ach der Erzählerin zurück, die Ihm sür ibre kleine Gestalt geistig sehr entwickelt schien. „sie keiiiincN Wohl vött Berlin", mein Fräulein, fragte er. „Ja, mein Herr." „Und reisten nach?" „Nack X. am Rhein", fügte sie rasch binzu. „Nun sagen Sie mir aber auch noch, wo ich bin." „Sie sind in k am Rhein", antwortete der Doctor Mit wachsendem Interesse „Ab. da« ist gut", atbmcte sie erleichtert auf. „Du bist dock kein LandeSkind, Kleine?" fragte Martin. „Woraus nehmen Sie das wahr?" fragte sie dagegen. „Du sprichst da« Deutsche so welsch ans", antwortete ,r. Sie schien über diese Bemerkung belustigt. „Wirklich, fällt da« auf? Man sagte mir »nmrt, ich spräche sehr gut Deutsch." „Wie beißt Tu denn eigentlich?" forscht» Martin, dessen Neugierde lebhaft erregt war. „Ich beiße Annita", antwortete sie, den Zunamen vor sichtig verschweigend. „Annita", wiederholte der Alte kopfschüttelnd. ,.da« ist ein sonderbarer Name, di» Heilige steht nicht ,n unserem Kalender." ,.E« ist ein spanischer Name", belehrte ihn der Doctor und fügte befehlend hinzu: „Lasse jetzt da« Fräulein mit Deinen Fragen zufrieden, sie ist erschöpft. Da« Sprechen greif, sie an. Erzähle mir lieber, wa« Du bei Frau Bail autgerichtet hast und wir r« zuging, daß ich Dich auf dem Bahnhof ge- funden habe?" der ganzen Linie entbrennen würde. E« muß sich erst noch zeigen, ob dies« Zuversicht sich al« begründet erweisen wird. Daß die Regierung die endgültige Entscheidung in dem kirchenpolilischcii Kampfe nicht alsobald herbeiführen will, crbcllt au« dem Umstande, daß sie die entsprechenden Vorlagen nur stückweise und in längerer Zeitfolgc einbringen wird. Die Vorlagen über die Reception der Juden und die freie NeligionSübung werden erst später zur Verhandlung gelangen, diejenige über di« Eivilebe natürlich noch später. An diesem Zustand der Dinge ändern dir Beschlüsse der EomitatS- und Städtrversainmlunarn nicht«, gleichwie die in rumänischen und slovakischen Versammlungen rrflosirnrn Kundgebungen gegen dir Civilehe die Regierung in der Durchführung ivre« Programm« nicht zu beeinflussen ver- mechtrn. Da« auch in England und anderwärts dir Gegner Gladstvne « und seiner Homerule Vorlage sagen, immerhin steht e« fest und kein unparteiischer Beobachter kann r« leugnen, daß die Uberalr Regierung moralische und insvlge keß«» »latirirlle Erfolge a»szuwei>e» hat. Dir Letzteren traten bei den Nachwahlen hervor, die Erste«», ihre Ur sache» liege» im Parlament. Selbst di« „Morning Post" aiebt da« zu und der „Standard" schließt sich ibr an. Die Session, saal er» ist kau», vier Wochen alt, und doch hat sich greifbar osirnbart, daß in de» Reihen der Opposition ein Mangel an Organisation herrscht, der nicht »ur ihre Tbärigteit ii» Parlament beeinträchligl, sonder» auch der artig ist, ihre besten Freunde im Lande zu enttäuschen und zu entiiiutbigen. Durch deren verkehrte« Verhalten, durch deren Sorglosigkeit oder Gleichgiltlgkeit hat ' die Regierung all' ihre Maßregeln vor sich bringen und als getragen und gestützt von einer großen und vertrauen»- würdigen Majorität sich erweisen könne» Das ist der Ein druck, den Li» öffentliche Meinung säst »othwendig hat gewinnen müssen; geht da« so Wetter, sv ist ernstlich zu befürchten, daß sich da« Vertrauen t» dir »uioiiistilchen Staatsleiter verliere Es zeugt von einer Art Hoffnungs losigkeit, wenn das Blatt schließlich, trotz der Koryphäen der Opposition, trotz der Balfour, Churchill, Cbamberlaln, sich siir dir gegenwärtige Krisis Lord Beaconssield herbciwünscht. Da« Programm der englischen KriegSschifs-bauten dürste für di« nächstjährigen Campagne» «inen bedeutend vergrößerten Umfang annehmen. Man wird kaum fehl gehen, wenn man die Triebfeder dieser erweiterten Bauthatigkeit aus di« rrsolgreiche» Anstrengungen der Vereinigten Staaten von Nordamerika, ihre Eeeniacht au« dem jahrzehntelangen Vrrsuiiipsungszustand« aus die Höbe der Situation z» erbeben, zurücksübrt. Bisher ha»»« die britische Kriegsmarine als ermtbasle Coiikurrenten und eventuelle Gegner nur die Flotten Frankreich« und Rußland« im Auge. Da« Hiiizulreten der nordamerikanische» Nebenbuhlerschaft, die, wie die jüngsten Geschehnisse aus den Hawaiischen Inseln dartliu», keineswcg» aus dir leichte Achsel z» nehmen ist, haben de» englischen Marinefachmännern klar gemacht, daß, wenn man bei dem bisherigen Wege der Neu- und Ersah- baulen verharrt, Englands traditionelle Ueberlegenheit zur See bald »in überwundener Standpunct sein wird. Es ist daher beschlossen worden, die Flvttrnverniehruna und -Erneuerung in größerem Stile fortzusetzen. E« soll künftig nach dem Grundsätze verfahren werten, daß auf jede« neu eingestellte Hochseeschlacktschiss, um dem Ha»del«verihridigung«. Programm z» geulige», ein Panzerkrellzer, 3 Schiiellkreuzer und 7 Torpedoboot« entfalle» müsien. Nach diesem Maßstabe würde sich die List« der nächstjährigen englischen Kriegsschifs«- neubauien aus 4 Panzrrschlachlschisfe, 4 Panzerkreuzer, >2 Schiiellkreuzer «nd 28 Torpedoboote stellen. A» Ersah- baulen dürsten mindesten« die gleiche Anzahl, wenn nicht noch mehr Constructionen in Angriff genommen werden. Die Umbenennung von Städten und Ortschaften, welche in Rujzland dekaniittich nicht selten deutsche Nanten führen, beschäftigt die dortige» Rcgi<ru»g«tr«Ise zur Zeit ganz vor- Marlin ließ sich da« nicht zweimal sage», denn er war NiittbeilsaMer Natur und dehnte, da er schweigsame Zubörer batte, seinen Vortrag in« Lange lind Breite, schiniicktc den selben mit Nebennnistäiideii all« »nd kam mit seiner Geschichte zNi» Ziele, als sie am Ziele ibre- Wege« aNlangten. Der langen Worte kurzer Inhalt gipfelte in dein Umstände, Frau Bail hätte mit ihren Kindern ohne Martin « Ankunft hüngrig z» Bette gehen müssen. Er schilderte ihre Freude beim Em- psangder iiiilke» Gabe nnd wiederholte die Danksagnngen und Segen-Wünsche, kie sie ihm mit auf den Weg gegeben. .Wo hast Du Dich dann ausgrhalten?" fragte der Doctor. „Ich kehrte beim langen Schund rin, um mir die Keble anzusruchten und den Trübsinn hinab zu spülen", gestand der Alte. Sein Zuböier schüttelte mißbilligend den Kopf, indem »r bemerkte: „Dort ist die Niederlage verdächtigen Gesindel«, da gehörst Tu nicht bin." „Sie haben Recht", Herr Doctor, ,.da« Volk, da« da zusammen saß, gefiel mir nicht, die Reden, dir ich anhören muhte, empörten niich Die Strolche schimpfte» über ibre Brotherren nnd stießen Drobungen gegen dieselben, nament lich gegen den Fabrikanten Sdkow an«, dem man da« Han« 4N allen vier Ecken anzünden solle. Mir stieg die Galle, ich konnte diese fredelbasten Reden nickt mehr anbören und mischte Mick «in. Der Streit wurde immer hitziger, ich hätte zuletzt noch Mit Fäusten und Messerklinge» Bekannt schaft gemacht, wenn nicht da« detäubente Krache», da« Vlotzlich von der Bahn berübertönte. allgemeinen Schrecken und Verwirrung hrrvorgerufen hätte, wodurch ich Zelt gewann, Mick unbeachtet an« den. Staub zu macken, um nach dem Badnbof zu eilen, wo ich Sie traf, Herr Doctor." ,.E« war für mich und für da« Fräulein gut, daß Du kamst. Martin. Wir sind alsbald zur Stelle", wandte sich Falk an dt» Fremde „Wenn Sie glauben, daß fick Ver wandte oder Freunde von Ihnen im Wartesaale befinden, dann werden wir dort eintretcn." „Man erwartet mich beut» nicht", antwortete sie. „So bleibt un» nur übrig, «ine Droschke zu nehmen, UM
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