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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930626020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893062602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893062602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-06
- Tag 1893-06-26
-
Monat
1893-06
-
Jahr
1893
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IM« «.«« »I - Vi«dI>N. I» iibuu Luxl» -r. IS« k»i!». »«lriidu a»j )>»»»« »a. I», III. «7-44 < »w»riir »llk», Ssicoiiler du I>«i«i vicLeii, u»r« itirüd^, ^vi ü»mw«>. i««o »»r ä»r »Ucder L-d«r l,»mw«r <4 4, »Not, <i»rUi>,r, ok rutue, k« ki-rb,7Ü 4. - 0,00, per 8ep. >wd«r-OcU>d»r 5r»w<I«r lod« ,7L. — S»k«r >, l>«k Ocwdm i- IbL.VV. p«k » loco M4tr»r. ctod«r i<UI4i. llkir, p«r Icci dir loco oover ir loco o«a«r tt»r riitux. — o — VVcrccn ivemd«r 17 L kor vor 4x1, ivombor 12.IU. 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U owedi kür »io» tlrrlrou 1. - ttlldüi 4».» 44 dor.. dor. dlovlul 1 »drid»ts d von »llov «dckljcd ooil roo lovzoror ddrinxerl-iea m l-otroiüo- 1 bodoopkov. « «rroicdtr. vor. 6«r«1» 4 dSder l>». 41. ltorroa -47V 41. por » >»-» 4b, p« llr«. rorbitltvi«»« «v üor Vor odor ül, ee- 1o»t, Ld«>v- our veoir dorvor, 8ee I» Lovüor >l v»»r« »or Liodocdko pooüoo Ver ton vvrüoa «vtoriedolr« i> dowoii ra so Vorrotd, Ir »d«o»«trr. lrrooodmov. xon »oroi, Lüv, 8ilbor Looäor I.4I edoUoo u.vü >oü» Scdloi« IV, lodooü« pro Sodocd »rill ' ir« r > llt« Io Vilck vormocdl, -«»»« »a,r voroll voll »o rorUcli- r» uovor o gorodir > 8NIc>r b.bü > lromdokolo lick I7L> dl» vr» vovdou 8tve» l.bv oworoll«. 8. 8nd>x. prel», klllr- »»vromdor- cooidor 4',, , ü <lo. ootöowpkor » Vickori»- >Iüo Uomd- k-r,p»rl>" rpool. VLSI -Irr Xlloo- >orr» I>«oo» lUISI .prv- I4^> ^dolo I kodlov': lpd »oor rrotcdlocd« o»r<l»wp»r vo» Looo/ Iloltlwor«. üit. k-Io^il Vl-Lld»^. » ^«I»il » «t«. »N BezvgS PreiS ßl d« Haoptrpyrdition odrr dm km Stadt» drzirk nnd den Lororten errichteten ^lu»- xodesieven abgedvlt viei'lrliat!rlich4t4.äü, ^ei twximaüüer tägliider ZuireUnng in« Ha»« 4t ü.bo. Dnrtti die Bost bezogen für Demichload nnd Orsrerreiäi: viericliadrlich >1 6.—. Direcle tägliche kreuzdandiendung 'n« Au»>ond: inonoilich 4« 7.-0. Li» Morgenausgabe erlcheint täglich '/,7Uhr^ dir Ab»u->Äil»üade Wochentag« ü Udr. Redaktion und Ervedition: A,tz«nne«,aff» 8. Dir Expedition isl Wochentag« ununterbrochr» groNart voa früh 8 bis Abend« ? Uhr. Filialen: Vit« M«»W « Eartim. «Alfred Hahnd» Unipersitätssirave 1, Lant« Lösche. Kathariumstr. 1t, pari, und Kö»ig«plad 7. Abend, Ausgabe. Anzeiger. Drgan für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. A«zeige«.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neelimea unter dem Siedactionösirich ltg« spalten) Ü0>H, vor den Familieniiachrichtr« tNgripailen^ 40 Größere Schrislen laut umerem Prris- verjeichalb. Tabellanicher und Zijfernjo» »ach höherem Tarif. Ertr«»veili»ien (gefalzt), nar mit der Morgr»»Au«gab«. atin r Posibefördrrung 4» öt).—, oiit Posibeiorüerung 7V.—. Ännatfmeschluk für Zinkigen: Ade»d-A»«gabe: Bormiitags 10 Utir. Morgen-Ausgabe: A'achiniliags 4 Uhr. Sonn- und isrsllans irnk ' «0 lldr. Bei den Filialen und 'tlniialimeslelle» >e rin« halbe Llunde iraher. Aniei>e« find sicio an di» Vrpeditio» zu richlca. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Montag den 26. Juni 1893. Politische Tagesscha». * Leipzig. L6. Juni. Dal vollständige Ergcbniß der Tttchioghlri» kann beute schon deshalb no b nicht vorliegen, weil einige dieser Wahlen (in Bayern, Weimar und Ottenburg) erst beule stattsiiiten. Aber auch die Meldungen über die am Sonnabend vollzogenen Slichwableu Irefsen scbr langsam ein und sind übcrticS zum Tbeil nur wenig zuverlässig; besonder») weichen die Angaben über die Parte>slellung der Gewählten vielfach von einander ab. Wie unzuverlässig die telegraphischen Meldungen häufig sind, geht au- folgendem, und soeben durch da- Hirsä/swe Lelegraphen-Burcaii zugchendcn Berliner Telegramm hervor: „Mehrere Blätter, die „National Zlz ", der „Bor- wärt«" rc. veranstalkelcn heute Extraausgabe», um die hauptstädtischen Leser über das Resultat der Stich wahlen zu informiren. Es sind darnach im Ganzen 344 Wahlen vollzogen (?), nach welchen sich die Parteien nunmehr in folgender Stärke zusammensetzen: Eentrum: 87, Eonservative: 67, National liberale: 4l, L>ocialkcmokraten 44. Kreis. Bolks- partei: 18, Freis. Bereinigung: ll), Süddeutsche Demokraten: lO, Elsässer: 7, Polen: l6, Antise miten: 14, Bauernbund: 3, Wilde: 6, Wessen 2, Dänen: 1. Tie „Nationalzig." rechnet hiervon l72Stimmen für und N2 gegen die Militairvorlage. Ein anderes Blatt glaubt, dag baS Eentrum selbst ohne Kenntniß der Vorschläge zur Deckung der Kosten der Militairvorlage in seiner Mehrheit dieser zustimmen werde.* Die hier für die einzelnen Parteien genannten Hahlen ergeben zusammen die Zahl 326. Entweder sind also von den angeblich schon bekannten 344 Gewählten ganze 18 so „wild", daß man sie nicht einmal zu den gewöhnlichen „Wilden" schreiben kann, oder e- sind wenigstens einige der ür die Parteien angegebenen Zahlen falsch. Wahr- cheinlich sind den Eonservativen die von den Frei- conservativen gewonnenen Mandate nicht zugczäblt- Daß eS bei solcher Berichlerstattung der Telegraphen- Bureaux und den tendenziös gefärbten Meldungen vieler Parteiorgane nicht möglich ist, ein auch nur einigermaßen klares und objcclives Gesammtbild der bercilS fcstgestellten Wablresultaie zu geben, liegt auf der Hand. Wir müssen uuS daher aus die Mittheililiig, daß selbst die demokratische „Franks. Ztg." das Zustandekommen einer Mehrheit für die Militairvorlage im neuen Reichstage für wahr scheinlich hält, und aus dir Wiedergabe der folgenden, gestern Abend niedergeschriebene» Ausführungen unseres Berliner !>s-Correspoiircnlen beschränken: „In Berlin zeigte sich gestern Abend auf den Straße» ein ungewöbnliches Interesse für den Wahlaussall, obwohl er mit gleichfalls ungewöhn licher Sicherheit vorhergcschcu wurde. Man wollte eS sä,war; auf weiß sehen, was man nicht bezweifelte, daß nämlich Las Gebabre» des Herrn Richter und seiner Local- dcmagogen die ReichShauplsladt zu fünf Sechsteln der Eocialvcmotratie überanlworlct hat. Da« schniachvolle End resultat erscheint noch vernichlenber für den Teulschfreisinn durch die Endziffern. Die Wahlbethätigung blieb um mehr als 150O0 Stimmen hinter der vom l5. Juni zurück. Trotz dieser Wahlenthaltung bürgerlicher Gegner des Deutschfrei- sian« ist dir Stimmenzuwachs der Socialdcmokratie kaum geringer als der der volk-parteilichen Üandidalcn. Nur im zweiten Waklkreise, wo Bircbow ausgestellt war, be trägt die deutschsreisiniiige Zunabnie erbeblich mekr al« die socialdemokratische. Der Schriftsetzer Fsichrr erbiclt rund 2800 Sliinme» mehr als am >5. Juni und zusammen 20 470, Birchow rund 4200 mehr und zusammen lv 742 Stimmen. In dem Plus des deutschsreisiniiige» Eaubidaten stecken die 3000 Sliiniiitii, die im erste» Wablgange für de» Naiionalliberalen Henneberg abgegeben wurden. Dazu treten die Beamten; aus anderen Kresien hat der Dentichsreisinn in diesem wie in den drei anderen verloren gegangene» Wabl- krciscn wohl nicht eine Stimme aus sich herübergczoge». DaS darf nicht Wunder »eb'.ncn; auch die nationalliberale» Stimmen sind »ur u»ter größter Selbstüberwindung ab gegeben worben. Die Elique, durch welche die „Bolksparlei" i» Berlin repräsenlirt wird, ist geradezu verhaßt geworden. Die Ursache» hänge» zum Tbeil »iit dem Gemcinteleben und seiner Parteiexclusivilät ^lisanimcii. Tic Berschmung keS — wohl- gcmerkt deutschsreisinnigeil — Stadloerorduclen Löbel, der einen jüdischen Sladtralh gebeten Halle, den Schein z» mcive», als würden jüdische Lieseranlen von der Gemeinde bevorzugt,— dieser von Herr» Richter ausdrücklich gebilligte Act unerhörien Terrorismus hat Tausende von Stimmen ge kostet. Dazu trat die Erinnerung an die zablreichcn De- nuncialionen von Staats- »iid Gemeindebeauttcn, die eine vom Deutschfrcisiiin stark abiveichende politische Meinung bekundet halten, an die Deutschland entehrenden Be schimpfungen BiSmarck's u. s. w. Die Hauvtursache des Zusammenbruchs ist aber in Berlin, wie im Lande, in der politischen und sociatpolitische» Unfähigkeit der Bolksparlei, in ihrer innern Unwahrhasligkeit zu suchen. Bei alledem hätte cs so nicht kommen müsscn, wie eS gekommen ist, denn das Gefühl, daß die Rcichshauptstadt gegen die Sccialdemokratie verlheidigt werden sollte, war ein weitverbreitetes. Da aber trat die Personcnfrage hinzu. I» dem Augenblick, wo es sich um eine HecreSverstärkuiig handelte, war die Ausstellung des Urhebers des Abrüstungsantrags von 1869 eine Herausforderung, und die Empörung über diese Eandidakur mußte sich noch steigern, als Birchow um eines Mandats willen nicht davor zurückschreckte, die FriedcnSabsichten der deutschen Regierung in Zweifel zu ziehe». Dabei glaubte man zu wisse», daß Herr Birchow zwischen dem 4. und 6. Mai geschwankt habe, ob er sich bei der Abstimmung über di« Militairvorlage Ritter oder Rickcrt rder Bauuibach anschließcn sollte! Und von diesem letztgenannten Herrn, dem Eanbidaten im 3. Wahlkreise, wußte man ganz genau, daß er, der sich der Abstimmung des 6. Mai ent zogen batte, aä't Tage taug unschlüssig war, ob er sich zur „Bolksparlei" oder zur Bereinigung schlagen solle, und daß er der ibm politisch näliersicbeiidcn Berc-niguiig nur fern blieb, weil Richter ihm seine» eigenen Jrrllmm, die Bolksparlei werde großartige Walilgcschäfte machen, eiiizuimpsen wußkc. Eine solche Persönlichkeit durste nicht einmal aus alle Stimme» der zur Bereinigung haltenden Wäbler rechnen. Ebensowenig der RechlSanwall Muuckcl. Dieser ist übrigens in Schlesien ge wählt und zwar in einem bisher vo» einem Mitglied« der freisinnigen Bereinigung vertretenen Kreise. Im Ganzen werben bis jetzt l4, nach anderen l8 volksparteiliche Mandate gezählt. Bon der Socialdemokratie gewonnen hat die Partei in der Stichwahl keinen einzigen Sitz, dagegen schon mehrere an sie verloren. Herr Richter ist gewählt, wie auch von der „Bereinigung" Rickcrt undAlexanderMeyer. Ein zwischen den Bcstandiheile» des Deulschsreisinus bin- und henriendes Blatt gcwäbrt sich den komischen Trost, daß die „beide» frei sinnigen Parteien" in einer Stärke von 35>—40 Bla»» in den Reichstag einzieken wurde». AIS ob diese Parteien noch zusamme» genannt werte» köuiile»! Der Ton, den hier Richter, dort Barth anakschlagen, ist ei» geradezu dösarliger und in der traurigen Betsammlung, die gestern Abend die Todle»- klagc aus den RcichetagSabgeoidnele» Birchow ansliMiiiie, trat der Haß gegen die Secessivnisle» unverbolcn zu Tage. Die zur Bereinigung neigenden Organe beklagen hauptsächlich, daß ei» herübmter Gelehrter einem unbekannten Schrift setzer habe weichen müssen, womit sie ja der politische» Bedeutung de« Patbvlogeii und Anthropologen vollauf gerecht werden, llcbrigeus sollten sie sich erinnern, daß sie vor zwei Jahren ichulichst gewünscht hatten, der gleichfalls nnd sogar als Politiker nicht obseure Kürst BlSmarck möge einem gewissen Schmalseldt unterliegen! Wie erklärlich, treffe» die incist ans große» Mittclpnncte» koiumeuten s ocia ldcm vkra I ischcn SiegeSnachriäuen zuerst ein. Sollten sic gänzlich i»S Stocken geralhc» sein, so würde diese Partei doch einen Gewinn von 8 Mandaten zu verzeichnen baben. Die »ativnallibcrale Partei wird jedenfalls in der frübcre» Stärke zuruckkcbren, doch bat sic manchen schwere» Verlust zu beklagen, de» schwersten in Straßburg, das be kanntlich an Bebel gefallen ist. Der Umstand, daß man am Abend des lb. Juni in der wlcderetruiigcneil deutschen Stadl „Hoch Bebel und Frankreich!" rief, hat die bürgerliche» Gegner der Militairvorlage demnach nicht naher berührt!" In Lesterreich-U»i>aru haben die Delegationen ihre Ar beiten vollendet. Mit großer Majorität wurden die Budgets der gemeinsamen Ministeriell erledigt. Die Lage in Böh men hat in der letzten Woche den cisleitbanischen Minister- ralh lebhaft beschäftigt, und namenilich wa: eS da« viel besprochene Trautenauer Kreisgericht, das Herrn Taaffc große Sorge machte. Arbeilcrunruhen haben in einigen Dijtricten stattgefundcn. Namentlich im Duxcr Braun kohlen Revier kam eS zu ernsten Ruhestörungen, wobei die streikenden Arbeiter die Aufbietung der Militairmachl »oth- wendig machten. Der ganze AuSstand trug nicht vor wiegend die Merkmale einer Lohnbewegung. Zur Er reichung von Zugeständnissen i,i dieser Richtung wäre auch der Zeitpunkt sekr uiigünstig gewählt, da die Gewerke jetzt ohne dies nur wenig Aufträge bade» und zumeist nur aus Depot arbeite» lassen, um die Arbeiter nicht entlasse» zu müsse». Der Streik Halle vielmehr den Ebaraklcr einer socialistiscken Tcinonstralion, welche von Agitatoren ge schürl wurde. Einen Beleg dafür bildete das vielfach zum Ausdruck gekommene Begehre» nach dem allgemeinen Wahlrechte. Diese Umstände lassen auch daraus schließen, daß ein innerer Zusammenhang zwischen den Uurubc» der letzten Tage an anderen Orken nnd jenen im Duxcr Kohlenreviere best ht. Als hervorstechendes Kennzeichen für die Art der Bewegung kann der ilmsland gelle», baß es zumeist ganz junge Arbeiter sind, die sich aufreizend benommen baden. So rief ei» Arbeiter dem Statthalter von Böhmen, als er die versammelte Menge zum Auseinander gehen aufsordcrte und auf LaS Gesetz verwies, zu: „Wir brauchen kein Gesetz! Wir thuu, was wir wollen!" Daß de» Feuilleton. Offene Pforten. L2> Roman von B. W. Howardt. Nachdruck v»rd»t«u. (Forisetzung.) „Nicht im Geringsten, Mercedes", rief Gabriefe lebhaft, fast heftig, „er sieht so schön und so edel aus!" Mercedes lächelte verslänbnißvoll. „In Gottes Namen", sagte sie dann, „laß fragen, ob er zu sprechen ist." Hugo ließ durch LipS bestellen, er werde sich ungemein freuen, die Damen zu sehen, und gleich darauf sah er die beiden Frauengestalten, welche je den meisten Einfluß auf ihn au-aeübl, über seine Schwelle treten. Fast schüchtern faßte Mercedes, die sonst nickt leicht die Fassung verlor, die abgezcbrte Hand, die sich ihr rntgegenstreckle; ja, Graf Hugo war nur noch der Schatten seines früheren Selbst, wie sie ihn zulcyl an jenem unseligen Tage im vorigen September gesehen! Und auch vor seinem innern Auge stiegcine glänzende Vision aus, von einem jungen lebensfrohen Reiter, der im Borbeireiten an der gefüllten Tribüne nur eine einzige Fraucn- destalt erblickte und sich nochmals im Sattel gewandt batte, um idr einen stummen Gruß zu senden. Mit Mercedes trat seine begrabene Jugend nochmals vor den Leidenden bin, aber die Veränderung,welche das monatelaiigeSiechlbum bervorgerusen, beichränkle fich nicht aus seine äußer« Ericheinung Es war auch eine andere Seele, die aus den leuchtenden Augen die Freundin früherer Tage grüßt«, und dann wanderten seine Blicke von Mercedes zu Gabriele und hafteten ans dem süßen Gesichtchen, dessen Anblick er so schmerzlich entbebrt. „Sie hätten mich nicht so lange aus Ihren Besuch warten lasten sollen, Mercedes", begann Hugo mit ruhiger Freund lichkeit. „Ack, ja — ich glaube eS selbst", nickte st« schuldbewußt, „aber Sie wissen ja, ich «hat nie, wa- ,ch hätte lhun sollen." „Ja. ich erinnere mich", lächelte Kraf Hugo, ,^ber ich freue mich, daß Sie heute endlich gekommen sind." Lachend äußerte Mercedes: „Hugo — ich habe mich jetzt ernstlich gebelfert — ich bin eine Andere geworden. Und Lenken Sir, Gabriele ist's, die mich au- dem Kegfeuer gerettet bat!" „Ich wußte bisher nicht, daß Du den Marqui- de Ballion i» dieser Beleuchtung sähest", bemerkte Gabriele gelassen. Mercedes drobte ihr mit dem Finger „Pugo", sagte sie dann lächelnd, „selbstverständlich hören k« za Alles, was « Wyndurg vorgeht, und so Wiste» Li» auch unstreitig, wie man über mich geredet bat und noch redet. Aber ich möchte, daß Sie mir Ihren Segen geben", schloß sie, ernster werdend, „ich meine, er müßte mir Glück bringen." „Meine Erscheinung entspricht Wohl kaum der de» land läufigen Bübnenvaters, der stets den Segen ertheilt", meinte Hugo glcichmülbig, „aber wenn Ihnen an meinem Segen ge legen ist, Mercedes, soll er Ihnen nicht mangeln." „Ob mir daran gelegen ist, Hugo! In der letzten Zeit sind mehr Bcrwünschungen al« Segensworte von Seiten der Welt aus mein schuldiges Haupt gefallen, das dürfen Sir mir glauben. Mein Sündenregister ist schon fast zu lang, und die Scrnen, i» denen ich acliv oder auck> passiv mitwirkte, böten einem Maler ans Lebenszeit reiche» Stoff Sie kennen ja Erich v. Paalzow.^Öugo", fuhr sie tief ausatbmend fort; „er war stets seines MutHes wegen berüpmt. und auch jetzt bewährt er seine» Ruhm, indem er sich entschlossen hat, mich zu hcirathen!" „Ich denke, er wird'« nie zu bereuen haben", sagte Hugo herzlicki, indem er Mercedes die Hand bot. „Und nun kommt ein köftliwer Spaß", fuhr Mercedes lebhaft fort; „Mama und die Majorin haben alle» Ernstes dem Marqui« cingcredel, er habe von Anfang an einzig und allein Elsa geliebt, und Elsa erwidere seine Liebe voll und ganz. Und bei Elsa bedurfte e- keiner Ueberrrdung — was lagt Ihr dazu'? Ach, e- tbut mir gut. hier darüber lachen zu könne» — zu Haus« wäre da- natürlich unstatthaft und unsckiicklick». Jetzt ist Alles in schönster Ordnung — zu Hause herrscht bimmlilcke Rübe, und die Majorin ist die Heldin de- Tage«! Im nächsten Winter wird ihr Wohltbäligkeit-Irieb, unterstützt durch die Börse der Marquise de Ballion, sich in- Uiigtintssene erstrecken, und im Grunde genommen ist das Alle- Dein Werk. Gabriel«! Aber Elsa mußt Du in Frieden lassen, taS bitte ich mir au- — eS ist genug, daß Du meine glänzende Zukunft zerstört hast." „Mercedes", sagte Hugo heiter, ,,Jhre Nachrichten sind wirklich wunderbar, aber möchten Sir mir nicht sreuntlichst erklären, inwiefern Fräulein v. Dohna au diesem kleinen Roman betbeiligt ist?" „O, Mercedes — Du wirst dock nicht", rief Gabriele, welcke das verräthrriscke Zucken um die Mundwinkel der Freundin wahrnahm, mit sckwackem Protest. Aber Mercedes ließ sich durch Kleinigkeiten niemals be irren, und so sagte sie, zu Hugo gewandt: „Sollte man cs denke», daß Gabriele so gefährlich und dabei eine leidenschaftliche HcirathSvcrniittlerin ist'? Eine« Morgen« überfiel sie mich und sprach sich offen — ja, mebr als offen, gegen meine Verbindung »iit dem Marquis ans und bestand in höchst peremptorischer Weis« darauf, ich müsse mich in einen Andern, der mehr nach ihrem Geschmack war, verliehen. Sie quälte mich bis anfS Blut, ich möge hierher kommen und mich in Sie, Hugo, verlieben! Aber ick war rücksichtsvoll" — ein schelmiscker Blick erläuterte ihre Meinung — „und thal eS nicht. Allmälig entdeckte ich, daß sic in Be zug auf den M.nqmS nickt so ganz Unrecht gehabt — wenn ich ihn ansab, sielen mir ihre fatalen Bemerkungen ein, nnd so sah ich ihn schließlich so selten als möglich a» — um ehr lich zu sein, muß ick bekenne», daß die Brillanten, die ec mir aesckenkt, mir slelS besser gefallen hatten, als sein dürre« Selbst. Und einzig und allein, um Gabriele den Willen zu lhun, verliebte ich mich denn i» Paalzvw; diese Thatsache erregt, in der Familie einen Sturm, einen Eyklon. Zum Glück kam die Majorin, die stclS Herrin der Situation isl und bleibt, im passenden Moment zum Succurs — sie zeigte Mama, wie sie sich den Schwiegersobn mit den Millionen und dem Titel malgre mui erhalten könne, »nv Mama be griff sofort, was sie zu tbun habe. So wird nun Elsa Marquise de Ballion und ich werde eine simple Frau v. Paalzvw — Alles durch Gabrielen- Vermittelung." „Graf Hugo", sagte Gabriele lachend, „da Sie Mercedes kennen, so wissen Sie, daß Sie Dichtung und Wahrheit zu vermischen pflegt; im klebrigen »löckttc ich coiistatireii, daß ich an jenem Morgen, da ich sie überfiel, von der Eristenz eines Herrn v Paalzow absolut noch keine Atmung Halle. „Als ob das an der Sache selbst etwas änderte", sagte Mercedes achselzuckend; „aber wenn Sie'S gestatten, Hugo, bringe ich Jbnen Erich nächstens. Und das will ich Dir sagen, Gabriele, wenn Erick mich nicht glücklich macht — ich brauche nämlich sehr viel Glück —, dann Halle ich mick an Dich. Und wenn der Marquis — wie cS gar nicht unmöglich ist — im Laufe der nächste» Monate völlig zusammenschniinpfcii und Elsa als junge, millioncureiche Wiliivc zurücklassc» sollte, kann sterbe ich vor Neid. All Lies habe ich Erich auch ge sagt und noch mebr", schloß sie mit einem Anflug von Ernst, „aber es macht ihm keinen Eindruck — er ist ein tapferer Mann!" „Bringen Sic mir Paalzow recht bald, Mercedes", sagte Hugo warm. „Gern", sagte sie strahlenden Blickes; „de» Winter über werden wir noch hier bleiben, aber im Frühling kominen wir in irgend eine elende kleine Garnisonstadt Ich baße kleine Städte — ich werte mick mit alle» Frauen dort zanken und mit allen Herren kokcttiren — da« bade ich Erich schon prophezeit. — Unsere Hochzeiten finden in aller Kürze statt — zuerst natürlich Elsa'« in höchster Eleganz, mit Dutzende» vo» weißgekleideten Brautjungfern. Meine Hochzeit solgt drei Wochen später — klein, bescheiden und einfach, wie — Erich'« Sold. Bo» Brautjungfern will ich nur eine einzige haben — wie ist'«, Gabriele, darf ick aus Dich rechnen?^ Jetzt erschien Lips, um die Damen zum Thee zu bitten 87. Jahrgang. streikenden Arbeiter» die übertrieben targestelllen Erfolge der Sveialdemokraleii bei de» deutsche» ReichSiagSivablcn zu Kops gestiegen sind, bars ma» wohl auiiehmen. Zum ersten Male seit seinem Regierungsantritt bat sich König Leopold von Belgien gezwungen gesehen, mit einer persönlichen Kniikgcbung >» eine schwebende polnische Frage cinzugleifeii und das Ansehen und den Einfluß der Krone in die Waagschale zu werfe». Es banvelt sich um die ScnatS- rcsvrm, für die niedrere Gesetzeniivürfe vorliege». Die belgische Regierung hat im besonderen Aufträge deö König« einen Entwurf cingebracht, der den künftigen belgischen Senat ans Grund des zweiclassigcn Wabl- lysiem« rcorgaiiisirt. Daiiach wäkle» die Urwäbler die Delc- girlen, die ibrcrsellS die Senatoren ernenne», wie in Frank reich. Die ullramviilancii Parlcisübrcr, die seit einiger Zeit in Deniolralie mache», wollen dagegen die Wahl der Se»a lorc» ebenso dein ti>eetcn allgemeinen Stimnireckt überlassen, wie die Wahl der Abgeordneten. Nur die Wählbarkeit sott für den Senat eine andere sein. Schließlich befürwortet die radicale Partei ei» System der Jnieresfeiivertreluiig, wonach die Gruppen de« Großgrundbesitze«, der Industrie, der Arbeit und der Wissenschasl besondere Berlrctcr in den Senal ent sende» sollen. Der König bat nun im letzte» Miiiislerralh die besiiinmlc Erklärung abgegeben, daß er aus dem RegicruiigSentwurfe bestehe» müsst, weil die Krone sich gegenüber einer an« dem allgemeine» Slimmrecht hervorgegangenen Kammer wenigsten« auf eine» co»ser- valiven Senat stützen müsse. Euie» solchen Senat ver weigern, hieße daö Köiiiglluim schutzlos preisgegebc». Der Minister des Inner», Debinlel, hat i» der Kammer Aeußerungen im selben Sinne abgegeben. Es ist längst bekannt, das König Leopold von dem allgemeine» Slimi»- rccht in Belgien nickt« Gute« erwartet und die Bildung einer auS Radiealcn u»d Socialislen znsammeiigesctzleii, starken republikanischen Partei in der Kammer bcfürchlct. Er will also wenigstens im Senate eine Stütze für das Königthum haben. lieber die Vorgänge in der sraiizösischcii Kammer, die in besondercni Maße dazu angetha» waren, allgemeines Aus sehen :n erregen, haben wir schon bencktet. Es bleibt uns deshalb hier »ur noch wenig hilizuznsngcii übrig. Wir haben zunächst zu erwähnen, daß das Befinden des Präsidenten Earnot einigermaßen sich gebessert Hai. Doch läßt ibm die schwierige innere Lage Frankrcicho kaum die Zeit, für die Stärkung seiner schwachen Gesundheit da« Ersorder- lichc zu lhun, ganz abgesehen davon, daß die Ausreguiig nnd der Acrgcr, de» ibm die Pvliiik bereitet, jede» Augen blick störend ans sein Befinde» cinwirke». Eine» tlcine» Trost bat ibm wenigslenS die anewärlige 'lwlilil insosern gcwäbrl, als die russisch französische Hanl clSeoiiveittion rum Abschluss gelangt isl. Danach Hai Rnylaud den staiizöfiichc» Luxus waarc» wcsenllichc Zollermäßig,iiigen zngcslanke», während Frautreich de» Zoll ans das russische Naplulia nnd Penolcum herabgesetzt ha». Natürlich beulet die sranzösiiche Presse diese Abmachung als ein Zeichen vo» dem Forlbesielien frcunt- schafilicher Beziehungen zwischen de» beide» Länder» nach Möglichkeit au«, während cs der russischen Presse untersagt ist, ei» Gleiches zu tlnin, weil sic sich dabei schwerlich der Seitenblicke aus Deutschland enlyallen würde. Die russische — die Gräfin warte bereit« Mercedes versprach, sehr bald wiederznkommeii: Gabriele sagte gar nichlS, und doch hatte Hugo die Empsindiliig, al« sei ihr Schweigen beredter als da- Plaudern der Freundin. Zwciundzwanzigste« Capitel. Erst nachdem Gabriele gegangen war, siel eS dem Grasen ei», daß er völlig vergesse» balle, sie nach jenem nächtliche» Abenteuer in LcSlach zu fragen — wer konnte wissen, wann er sic Wiedersehen und sprechen wurde'? Seiner Mutter Pläne für den Winter waren noch immer unbestimmt; ob sie intcß mit oder obne Gabriele nach dem Süden reiste, kam kaum in Betracht, denn auf jeden Falt verbrachte sie den Winter fern von Wnnburg, da sic, sobald die Giäsin sie e»'- ließ, eine andere Ziisluchi suchen iiiiiglc Vielleicht war'« am beste», wen» er Gabriele gelegentlich um eine» Besuch bill.» ließ »iid ihr den Rath gab, sich mit den Dolina's in Ver bindung zu setzen; da»» würde die evciituellc Entlassung sie doch vorbereitet sinke». Unk dann — Hugo empsand, daß e« auch für ibn da« Beste war, wen» Gaoriele ging; seit er an jenem Abend ihre Hände an seine Lippen gepregt, gaukelten ibm berauschende Bilder vor den Augen — Bilder, die sich ,a do'' niemals verwirklichen koniile» . . . Und plötzlich enlsan» er »ch eines Uinstaiidcs, den er biSber ganz vcrgenen — die« Hau«, aus welchen, seine Mutter Gabriele vertreiben wolttc, war taS seine. In Berücksichtigung der wechselnden Laune seiner Ge mahlin Halle Huzo'S Vater ihn icsiameiilansch znin Besitzer der Billa bestimmt, denn »ur aus diese Wei'e ivar cm plötz licher Verkauf des Harseö zu vermeiden. Der Gräfin war diese Bestimmiiiig ein harter Schlag gewesen, unk sie batte sich bemüht, die Thatsache, daß Hugo eigentlich der Hausherr sei, so rasch wie möglich zu vergessen. Sie sprach osienlativ, auch in Hugo'« Gegenwart, von „meinem Hau»", nnd Hugo ließ sie gewähre». Aber beule gewann diese balbvergessene Bestimmung Bedculuiig für ihn, konnte er nicht Gabriele unter seinem Dach Ziislucht gewähren, wenn seine Mutier sic ihre« Schutzes derauble, »nd — — Ei» leises Klopsen unlerbrach Hugo'« Gebaukengang, und über seine Schwelle schlüpfte — Gabriele. „Ich habe Ihne» so viel z» sagen", begann sie eilfertig, „aber heute finde ick die Zeit dafür kaum mebr. Die Tante fährt mit Waldenbcrg's aus, und ich will nur schnell eine Decke für Mäu-che» bolcn, nun aber war Dietz hier und bat mich, mit ihm »ach Leslack, zu fabre», dort babc er mir Elwa« zu zeigen. Ich glaubt, es würde ibn kränken, wen» ich »ein sagte; meinen Sic. ick soll gehen, Graf Hugo?" (Fortsetzung folgt.)
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