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Tabellarischer und Zisferusah »ach höherem Tarif. Extra-Beilage» (gefalzt), nur mit de, Morgen - Ausgabe, ohne Postbeförderoug 60.—, mit Postbesürderuug ^l 70.—. Änuahmeschluß für Znserake: Abeud-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen.Ausgabe: Nachmittag- 4Uhr. Sonn« and Festtag- früh '/,S Uhr. Lei deu Filialen und Annahmestelle» je tkn» halbe Stunde früher. Loserat« sind stets a» di» Er-evitia» zu richte». Druck uud Verlag von L. Polz i» Leipzig. ^-63S. Dienstag den 13. Decembcr 1892. 86. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Lekayutmachun-. Die Arbeiten zum Neubau einer Abortanlage für die 22. Bezirks- schule in Leipzia-Lindenau sind sämmtlich vergeben. Wir fetzen diejenigen Bewerber, welche nicht bereits anders be- schieden sind, hiervon allenthalben mit dem Bemerken in Kenntnis;, daß sie ihrer Angebote entlassen sind. Leipzig, am 8. Decrmber 1892. Der Rath der Stadt Leipzig. Ib. 5418. vr. Georgi. Ilr. Donndorf. Diebstahls-Bekanntmachung. Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine silberne Remontoir-Uhr mit Goldrand, Sccunde und der Bezeichnung „L. liellerwann, Lamm", vom 9. bis 10. d. M.; 2) ein Winternbrrzieher von dunkelblauem rauhen Stofs mit schwarzseidenem gestreiften Futter, Sammetkragen, schwarzen Knöpfen und Stofshenkel mit der Bezeichnung „Lertüola's Larar, 6. Schuster", am 5. d. M.: 3) ein Winterüberzieher, ziemlich neu, von dunkelbraunem Stoff mit schwarz- und gelbgestreistem wollenen Futler, schwarzen glatten Horuknöpsea mit verdeckter Batterie, Sammetkragen und Kettchenhenkel, vom 3. bis 4. d. M.; 4) ein Winterüberzieher von braunem glatten Stoff mit braunem Sammetkragen, schwarzen Steinnußknöpsen mit verdeckter Batterie, Kettchenhenkel, grau- und fchwarzgewürseltem Schooß. und roth- und schwarzgewürseltcm Aermelsutter, am 3. d. M.; ü) eine Wringmaschine mit dem Zeichen „0. 8. 1b", am 7. d. M.; 6) 3 eiserne Dachfenster mit Rahmen und Scheiben, von »er- schiedener Große, am 3. d. M.; 7) ein Handwagen, vierrädrig, mit Kasteneinsatz und Schleif, zeug, Schoßkelle, blauem Anstrich und der Firma „V?. Voxei, I.in- ckcuan", circa ä Stück leere Aartoffelsacke mit der Aufschrift „U. kranke", sowie 3—4 PöklingSkorbe, vom 4. bi- k. d. M. Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlenen Gegenstände oder über den Thäter stad ungesäumt bei unserer Crimi- nalabtheiluug zur Anzeige zu bringen. Leipzig, am 12. December 1892. Da» Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bretschneider. W. Pferde-verkauf. Im Herzoglichen Marstall hierselbft sind folgend» Pferde: Dunkelbrauner Wallach, 8 Jahre alt, 1,72 m groß, Rothbrauner Wallach, 9 Jahre alt, 1,74 m groß, beide gefahren, Fuchswallach, 6 Jahre alt, 1,S9 m groß, geritten und ge. fahren, zum Verkauf aus freier Hand gestellt und können daselbst täglich nach Meldung beim Herzoglichen Wagrnmeister Wagner besichtigt werden. Dessau, deu 11. December 1892. Herzogliches Hof-Marstall-Amt. Freiherr von Weichs. „Lumpenproletarier." Als im vergangenen Winter Tausende brodloser Arbeiter die Straßen von Berlin durchzogen, da war dies nach der Ansicht der „wissenschaftlichen" Autoritäten der socialistischen Partei eine großartige Demonstration gegen unsere jetzigen Gesellschaftszustände. Davon freilich hörte man wenig, daß sich Theile der die Nachfrage weit übersteigenden Berliner Arbeitermasse nach den anderen großen Plätzen unseres Vater landes gezogen hätten, wo vielfach Mangel an Arbeitern herrschte. Dafür aber war ein Theil jener Demonstranten consequenter als die Führer, die sich bei einem reckt aus kömmlichen Gehalte damit begnügen, mit vergiftenden Worten Unzufriedenheit unter den verschiedenen Bcvölkerungsclassen zu säen: sie demolirten Läden und machten den Versuch, die Lehre von der unbedingten Vermögensgleichheit kurzer Hand zu rcalisiren. So konsequente Leute aber konnte man in der vssicicllen Partei nicht jängcr gebrauchen, sie wurden unter der ehrenden Bezeichnung „Lumpenproletarier" auSgestoßen, wenn man auch die Mögjichkeit dabei offen ließ, daß sie nur unschuldige Opfer jener Lockspitzel geworden seien, die ;a nach den sicheren Beweisen der socialistischen Heroen in aller Herren Ländern ihr unsauberes Gewerbe betreiben. Daß aber jenes Anathema der Hauptmacher im „Vorwärts" erfolglos ge wesen ist, das beweisen die Ereignisse in Berlin, wo von den Extremen, d. h. eben denen, welche man mit dem Prädikate .Fumpenproletarier" zerschmettern wollte, gegen die Fraktionellen eine scharfe Opposition geübt wird. Aber auch wir Leipziger haben vor wenigen Tagen Gelegenheit gehabt, einen knabenhaften Vertreter jener extremen Partei kennen zu lernen, dem eine tragische Ironie den Namen „Weisheit" gegeben bat. Dem sehr jugend licken Herrn soll nicht die Ehre angethan werden, daß wir uns eingehend mit seinen ebenso moralischen als staatsmännifchen Auseinandersetzungen beschäftigen; viel leicht würde diese Berücksicktigung seiner Lehren in ihm den Gedanken von seiner Bedeutung üppig emporwuchern lassen. Er sei nur erwähnt zum Beweise dafür, daß extreme Gedanken, erzeugt von doclrinairen, energischem Handeln ab holden Männern, am festesten in den Köpfen junger Schwarm geister sich einnisten, weiter gebildet und in Wirklickkeit um gesetzt werden. DaS sind die Folgen der socialen Weisheit, die der „Vorwärts" verkündet. Aber auch das politische Gebiet bleibt selbstredend in diesem Blatte nicht versckont. Der Leiter des Blattes, Herr Liebknecht, hat zuerst die Mär von der Fälschung der Einser Depesche allgemeiner bekannt gemacht. Zn den bismarckfeindlichen Zeitungen von ganz Europa konnte man die auf Liebknecht « Autorität begründete Behauptung lesen, daß des deutschen Reiches Gründung auf einem ganz gewöhnlichen Betrüge beruhe. Die vor Kurzem bekannt gewordene angeb liche Aeußerung Bismarck's über das Berhaltniß der beiden in Frage kommenden Depeschen schien diese Ansicht zu bestätigen. Daher denn auch daS Geschrer in gewissen Blättern über Bi-marck: nicht wie rin großer Staatsmann bat dieser bis herige Nationalheros gebandelt, sondern wie ein Bandwurm toctor oder ein reclamesüchtiger Schacherer. Endlich wurde der ganze häßliche Streit durch di« ofsicielle Bekanntgabe der ächten Depesche beendet, spät zwar, aber dock so, daß man an ein endliche- Schweigen jener „wahrheitsliebenden" Presse hätte glauben können. Aber was geschah ? Mit einer jesuitischen Znterpretationskunst wurde von Liebknecht trotzdem im Reicks tage — mitten in der Vertretung unserer deutschen Nation — die Fabel von der Fälschung aufrecht erhallen. Und diesen Worten wurde im hohen Hause nicht widersprochen. Hatte man vielleicht keine Zeit dazu? Zm Reiche aber, wo es Gott sei Dank noch genug Männer giebt, die kein Fischblut haben, sondern die, wenn sie in ihrer Ehre beleidigt sind , nach deutscher Sitte mit der Rechten nach dem Degen greisen, hat Mancher voll männlicher Entrüstung sein Blatt bei Seite gelegt und hat gefragt: Wie ist eine solche Geduld des deutschen Reichstags und eine solche Keckheit in der Wieder holung verleumderischer Behauptungen möglich? Geschieht diese Wiederholung nur, um die linkischen Verbeugungen gegen über der französischen Arbeiterpartei sortzusetzen, oder ist Un- kenntniß der Grund? Es wäre wahrhaftig nicht schwer gewesen, sich über den wahren Sachverhalt, über die Stimmung in Paris vor und während der kritischen Tage, zu unterrichten. Hat man denn nur ein so greisenhaft kurzes Gedächtniß. nicht mehr zu wissen, daß schon am 5. August 1866 in Berlin „zur Herstellung des Gleichgewichtes zwischen Frankrcick und Deutschland" die Abtretung der Rheinpsal; und Rbeinbessens mit Mainz verlangt wurde? Die Forderung wurde von Bismarck zurückgewiesen und als Benedetti sagte: „Aber das ist der Krieg", antwortete Bismarck frisch: „Nun gut, dann ist's der Krieg". Und die Negierung, die schon 1866 so dachte, soll 1870 von Bismarck betrügerisch überfallen worden sein? Aber wir bescheiden uns: um Liebknecht'sche GeschichtS- deductionen zu verstehen, muß man denselben Begriff von nationaler Ehre haben, wie der Herr Redakteur des „Vor wärts". Nun könnte es aber doch kommen, daß man in den Bahnen politischer Weisheit ebenso weiter fort- schritte, wie auf dem socialen Gebiete. Dann würde Herr Liebknecht gewiß, wie einst von „Lumpenproletariern", von „Lumpenpolitikern" reden. Und in diesem Falle wäre ihm die jaute Zustimmung ganz DeuschlandS, aber auch daS Zeugnis; gewiß, daß er ebenso, wie er durch seine Hetzereien Lumpen proletariat großgezogen, auch Lumpenpolitiker gezüchtet habe. Deutsches Reich. 6. H. Berlin, 12. December. Die in den Ausführungs bestimmungen zum neuen Einkommensteuergesetz ge troffene Anordnung, bei Einschätzung deS Einkommens aus Grundbesitz die Erträge desselben als feste Einnahme zu Grunde zu legen, hat den Bundesvorstand der Berliner Grundbesitzer veranlaßt, dem Finanzministcr I)r. Miauel ein Gesuch vorzulegen, in welchem um Abänderung dieser An ordnung gebeten wird. Es heißt in dem Gesuch: Eure Excellenz haben in der Anweisung vom 5. August 1891 zur Ausführung deS Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 die Bestimmung getroffen, daß die Erträge verpachteter Grundstücke als feste Einnahmen gelten und demgemäß in der im Januar abzugebenden Steuererklärung auf zuführen sind. Am 1. April d. I. haben nun in Berlin über 80 000 Wohnungswechsel (Umzüge) stattgesunden, gleich zeitig sind fast 25 000 Wohnungen unvermiethet geblieben, während überhaupt einschließlick der gewerblichen Zwecken (als Verkaufsläden, Bureaux re.) dienenden Räume inSgcsammt 420 000 Wohnungen und Gelasse vorhanden waren, von denen 95Proc. einen Ertragswerth unter 2100^ und nur öProc. einen solchen über 2100 halten. Nur diese 5 Proc. aller Woh nungen u. s. w. hatten zum größten Theil eine sechsmonatige Kündigungsfrist, während die ersten 95 Proc. Wohl durch gängig mit dreimonatiger Kündigung vermietbct waren. Während der Abgabe der Steuererklärungen — vom 5. bis 20. Zanuar — waren daher von den vorhandenen 420 000 Wohnungen 105 000 oder 25 Proc. thatsäcklich zum 1. April miethssrei. AuS diesem Umstande muß nothgedrungcn eine Unsicherheit und Mangelhaftigkeit der betreffenden Erklärungen hervorgehen, welche auf jeden Fall die Er klärung „nach bestem Wissen und Gewissen" in bedenk lichcr Weise erschweren und das Rechtsbewnßtsein der Steuer- Erklärer stark erschüttern muß." Auf diese« Gesuch ist dem Bunde nun folgende Antwort zu Theil geworden: „Auf die an den Herrn Finanzminister gerichtete Eingabe eröffne ich Ew. Wohlgeboren im Austrage des genannten Herrn Ministers, daß den Wünschen des Bundes insoweit entsprochen worden ist, als in Zukunft die Einnahmen aus einem Hause, falls dieselben nach den Umständen des Falles sich als unbestimmt oder schwankend darstellen, nack dem Durch schnitte der letzten dreiJabre inÄnsay zu bringen sind. Für solche Fälle bleibt es de» Hauseigenthümern Berlins überlassen, der Ausfüllung der Steuererklärung die behuss der städtischen HauSsteuervcranlagung in den drei letzten Jahren für die bezüglichen Gebäude fcstgestellten Miethseinnahmen zu Grunde zu legen. Ter Vorsitzende der Einkommenstcuer- berufungS-Commission." HH Berlin, 12. December. Zn Anknüpfung an den Streit über Liebknecht'» Gehalt giebt der Redacteur des social- demokratischen „St. Louis Tageblatt". Hepner, folgende Reminiscenz zum Besten: Vor 22 Zabren sei er, Hepner, Liebknecht's Assistent am „Volksstaat" in Leipzig, dem ersten Wochenorgan der Eisenacher Partei, gewesen. Der Cbef redacteur habe 40 und der Assistent 25 Tbaler Gebalt monatlich bezogen. Die Partei sei, obschon numerisch nickt schwach, finanziell in so dürftiger Lage gewesen, daß kein eigenes Local habe aemiclhet werten können, sondern daß zunächst in Liebknecht's Wohnung redigirt werden mußte. Die Expedition des Blattes habe Bebel besorgt. Zm nächsten Zabre habe schon eine eigene Druckerei angeschafft werden können. Hiernach hat also Liebknecht nickt, wie der Parteisecretair Fischer auf dem Parteitag behauptete, mit 60 -ck, sondern mit 120 ./l Monatsgehalt angesangen und bei dem kleinen Wochenblättcken noch einen Ajsistenlcn zur Seite gehabt. Bei dieser Gelegenheit können wir nicht umhin, zu bemerken, daß die zweite Behauptung, Liebknecht stebe schon länger als 40 Zabre im Dienste der social- demokratischen Partei, der Wahrheit nicht rntspricht. Es wllrde davon mindesten- die Reihe von Zähren in Abzug z» bringen sein, während deren er ständiger Mitarbeiter des preußischen RegierungSorganS „Norddeutsche Allgem. Zeitung gewesen ist. — Zn Breslau hat sich unter der Bezeichnung „Verein Gewerkschafts-Cartcl" ein socialdemokratisckeö Zn- quisitions-Tribunal gebildet, das an alle „Genossen" Fragebogen mit folgenden GewiffcnSsragcn auSgegebcn hat: 1. Sind Sie Abonnent der „Volksmacht"? 2. Aus welche Blätter abon- niren Sie sonst? 3. Welcher gewerkschaftlichen Organisation gehören Sie an? 4. Was für Vereinen gehören Sie sonst an? Durch diese Feststellung wollen die Führer erstens einen Druck auf solcke „Genossen" ausüben, die Abonnenten eines nichtsocialdemokratischen Blattes sind. Sie sollen durch eine Verrufserklärung gezwungen werden, an Stelle des von ihnen abonnirten Blattes das Parteiorgan zu halten. Zweitens strebt man, einer alten socialdemokratischen Praxis gemäß, dahin, daß jeder Genosse nur das alleinseligmachende Partciblatt hält, weil er durch das gleichzeitige Lesen einer anderen Zeitung nicht socialdemokratischer Tendenz corrum- pirt werden, d. h. zu der Uebcrzeugung gelangen könnte, daß seine Führer durchaus nicht immer die Wahrheit schreiben, und das muß verhütet werden. Die Frage 4 bezieht sich aus solche „Genossen", die ein eigenes Geschäft betreiben und aus geschäftlichen Interessen Vereinen verschiedener^ politischer Richtungen angchören. ZedenfallS wird diese „Statistik" in den Reihen der Breslauer Socialdemokraten viel böses Blut machen. >V. U. Berlin, 12. December. (Telegramm.) Ter Buudcsrath ertbeilte in der am 9. d. M. unter dem Vorsitz des Vice-Präsidenten des Staatsministeriums, Staats- secretair des Innern I)r. v. Boetticher, abgehaltenen Plenar sitzung dem vom Reichstag angenommenen Gesetzentwurf, betreffend die Einführung des tz. 75a des Kranken versicherungsgesetzes und dem Entwurf eines Gesetzes wegen Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher die Zustimmung und erklärte sich mit der Wieder vorlegung des Gesetzentwurfs gegen den Vrrrath militairischer Geheimnisse an den Reichstag einver standen. Der Antrag Badens, betreffend Ausnahmen vom Verbot des Umlaufs fremder Scheidemünzen, der Frenndschasts-, Handels- und Sckifffahrtsvertrag mit dem Freistaat Columbien und der Entwurf von Vorschriften über die Versendung von Sprengstoffen und Munit ionS- gegenständen der Militair- und Marineverwaltung aus Land- und Wasserwegen wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vorbecathung überwiesen. Von der Denkschrift über die Cholera-Epidemie dieses Zahres nahm die Versammlung Kenntniß. L Berlin. 12. December. (Telegramm.) Die Unter suchung, welche wider Unbekannt wegen des Wesel er Docnmenten-DiebstahlS vom Kriegsminister eingelcitet Worden ist, bat bis zur Stunde ein greifbares Ergebniß nicht zur Folge gehabt. Anscheinend sind die entwendeten Acten >ckon durch so viele Hände gegangen, daß es sich unmöglich ermitteln läßt, an welcher amtlichen Stelle der unerhörte VertrauenSbruch sich befunden bat. Der Kaiser bat sich bereits wiederholt Bericht erstatten lassen. Die Unter suchung, mit welcher ein Auditeur beauftragt worden ist, wird mit tkunlichster Beschleunigung geführt, und es haben an Ort und Stelle bereits mehrere Vernehmungen stattgefunden, aus deren Resultat man in den weitesten militairischen Kreisen sehr gespannt ist. DaS betreffende Couvert, mit dem Ausgabcstempcl, hat der Herr Rechtsanwalt Hertwig sofort zu den Acten gegeben. — Berlin, 12. December. (Telegramm.) Gestern fand in den Räumen des Reichstags eine Sitzung des Central- ausschusseS der nationalliberalen Partei statt, in welcher außer den lausenden Tagcsfragen eine verbesserte Organisation der Parteithätigkeit besprochen und beschlossen wurde, einen Delegirtentag der Partei im künftigen Frühjahre zu veranstalten und die Vorberei tungen für denselben einem sofort gewählten Ausschüsse zu übertragen. )( Berlin, 12. December. (Telegramm.) Zn der „Kreuzzeitung" veröffentlicht Freiherr von Friesen eine Erklärung gegen die „Leipziger Zeitung", in welcher der Vorwurf dieses ofsiciösen Blattes, die Mehrheit der conservativcn Partei hätte es für die Summe der politischen Weisheit betrachtet, den Radau-Antisemitismus zu übertrumpfen, energisch zurückgewiesen wird. Freiherr von Friesen glaubt übrigens, daß die sächsische Negierung der „Leipziger Zeitung" keinerlei Ermächtigung zu solcher Aus lassung gegeben habe. Man ist begreiflicherweise recht ge spannt darauf, was die „Leipziger Zeitung" hierauf ent gegnen wird. S2 Berlin, l2. Decembcr. (Telegramm.) Die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" ist ermächtigt, die Meldung einiger Blätter, daß ein Gesetzentwurf, betreffend den UiiterstützungSwohnsiy, vorbereitet werte, insofern als zutreffend zu bezeichnen, als seit geraumer Zeit Er hebungen stattfinden und das einschlägige Material gesammelt wird. Die Vorbereitungen seien jedoch noch nicht so weit gediehen, daß die Annahme gerechtfertigt sei, ein solcher Gesetzentwurf werde noch der gegenwärtigen, schon so belasteten Session des Reichstages zugehen. Ferner bespricht das officiöse Blatt in einem längeren Artikel die deutsch-russischen Vertragsverbandlungen, weist aus die Deutschland feindlichen russischen Preßstimmen bin und sckließt, in Deutsch land halte man daran fest, die wirtbschastlichcn Beziehungen nur auö wirthschaftlichen Gesichtspunkten zu erwägen. Wenn große russische Zeitungen, ohne von berufener Seite auf Einspruch zu stoßen, auf anderem Wege zum Ziele zu gelangen glaubten, so würden sie den Glauben erwecken, daß >,e nicht ernstlick gute wirtbschastliche Beziehungen Rußlands zu Deutschland fordern wollten. ^ Berlin, 12. December. (Telegramm.) Zn einer Zuschrift an die Redaction der „Nationalzeitung" erklärt der Generallieutcnant von BoguSlawsky, der Abg. Eugen Richter habe am Sonnabend im Reichstage die Soldatenmißbandlungen mit den zu jungen Aus bildungspersonen in Verbindung gebracht. Dabei habe Richter seine lB.'S) Schrift „Die Parteien und die HrcreS- reform" erwähnt und gesagt, man finde darin die Be stätigung, daß auch die Officiere viel zu jung seien. Um Mißdeutungen vorzubcugen, verweise er auf den Wortlaut seiner Schrift, wo der Vorschlag späterer Beförderung der Officiere nicht im Zusammenhang mit einer vorschrifts widrigen Behandlung der Mannschaften durch die Officiere gebracht werde, sondern eine ganz andere Begründung habe. — An der heutigen Sitzung der Steuercommission nimmt zum ersten Mal wieder nach seiner Krankheit der Finanzminister Miquel Theil. Die Commission will sich nach dem nahe bevorstehenden Schluffe der ersten Lesung bis zum 10. Zanuar vertagen. Es wird angenommen, daß die zweite Lesung im Plenum in den ersten Februar tagen wird erfolgen können. — DaS gesammte ArbeitS- material für den preußischen Landtag dürste, abgesehen von den Eisenbahnvorlagen, deren Einbringung sich ichmerhin etwas verzögert, bei dem Wiederbeginn der Arbeiten, also am lO. Zanuar k. Z., vorliegen, der Staatshaushaltsetat, der jetzig in den Vorstufen völlig abgeschlossen ist, dürste schon einige Tage vor dem Wiederbeginn der Arbeiten eingehen, so daß man sich sofort der ersten Berathung deS Etats wird zuwenden können. Auch bezüglich dieser Vorlage wird wie ,n früheren Zähren verfahren werden. Die wichtigsten Theile, ganz besonders die Etats de» Innern, des Cultus und des Eisenbahnrcssorts, werden der Budgetcommisston überwiesen und die übrigen Theile im Plenum erledigt werden. Uebrigens wird auch das Herrenhaus im Zanuar umfassenden Arbeitsstoff vorfinden. — Die (Aerztekammer für Brandenburg-Berlin ist mit den Alters- und Znvaliditäts-Versicherungs- Anstalten für Berlin und Brandenburg in Verhandlung getreten, um die Beziehungen der Aerzte zu den Versicherungs-Anstalten zu ordnen. Zn diesen Ver handlungen ist vorerst über zwei wichtige Fragen eine Einigung erzielt worden. Zunächst ist vereinbart worden, daß zur Ausstellung von ärztlichen Attesten für die Ver sicherungs-Anstalten alle Aerzte nach der freien Wahl des Rentenbewerbers berechtigt sein sollen. Es soll zwischen Zeugnissen von beamteten und nicht beamteten Aerzten keinerlei Unterschied gemacht werden. Sodann ist von den Versicherungsanstalten als durchaus angebracht be zeichnet worben, daß die Anstalten, und nicht die Renten bewerber, die Bezahlung der ärztlichen Atteste übernehmen. Die Versicherungsanstalt Brandenburg erklärte sich alsbald bereit, die Kosten für die ärztlichen Atteste zu Übernehmen. Sie verlangte nur, daß diese Zeugnisse nach einem verein barten Formular ausgefertigt werden follen. Das Honorar für ein einzelnes ärztliches Attest wurde auf 3 --e festgesetzt. Die Versicherungsanstalt Berlin hat sich die Ordnuug der Einzelheiten noch Vorbehalten. — Das Centrum beabsichtigt bekanntlich, im Reichstage gesetzgeberische Maßregeln zu beantragen, die geeignet er scheinen, den Schwindel-Ausverkäufen und ähnlichen Mißbräuchen im gewerblichen Leben entgegenzuwirken. Man denkt sich dies zunächst in der Weise, daß solcken Personen, die wegen betrügerischen Concurses bestraft worden sind oder besonders bedenkliche Concurse gemacht haben oder wiederholt in Concurs gerathen sind, der Gewerbebetrieb nur unter be schränkenden Bedingungen gestattet werden soll. Es wird nicht leicht sein, diesen an sich gewiß sehr richtigen Gedanken juristisch klar und wirksam zu fassen. Indessen hofft man, daß cS den Juristen der Fraktion schließlich gelingen werde. Auch rechnet man auf die bereitwillige Mitwirkung anderer Parteien, insbesondere der Deutschconscrvativen. Daß ein derartiger Antrag auf Seiten deö Bundesraths da« größte Entgegenkommen finden würde, glaubt man im Centrum mit Sicherheit annehmen zu dürfen. — Zm Anschluß an den konservativen Parteitag hat unter Vorsitz des Herrn Stoecker eine Versammlung von Freunden des „Volk", des Blattes, das Herr Stoecker begründet hat und Herr Oberwinder leitet, statlgefundeu. Die Theilnehmer wurden ersucht, Zuschüsse zu den Kosten des „Volk" zu leisten, da das Blatt bisher mit einem ZabreSverluste von 40 000 ^ arbeite, den seit zwei Jahren ein Parteigenosse allein decke. — Der Vorstand deS Brandenburgischen Städte tage S ist zu einer Sitzung am 17. December nach Char lottenburg berufen worden, um angesichts der neuen Struer- gesetzc über eine etwaige außerordentliche Tagung des StädtetagcS Beschluß zu fassen. «Z Aus Schlesien, ll. December. Nach Auflösung der Oberrcalschule in Brieg haben die Lehrer der Änstal«, welche ihr Gehalt als Wartcgeld weiterbcziehen, die Stadt verlassen und sich an andern Orten eine anderweitige Be schäftigung gesucht. Die städtischen Behörden haben nun kürzlich beschlossen, die Lehrer zurückzurufen, damit sie ihr Gehalt in Brieg verzehren. Der Cultusminister hat dem zugestimmt. Zn Folge dessen hat das Provinzialschul- cvlleglum zu Breslau jetzt die Betheiligten benachrichtigt, daß sie bis zum l. April ihre Wohnung nack Brieg zu ver legen und dort so lange zu verbleiben haben, als sie das volleGehalt beziehen. Der frühere Director der Oberreal- schulc hatte sich schon vorher pensioniren lassen: "voraussichtlich werde» die meisten Lehrer seinem Beispiele folgen, wodurch sich allerdings die jährlich zu zahlende Summe erheblick ver mindert, da die Pensionen viel niedriger als die als Warte- gcld gezahlten vollen Gehaltssätze sind. F Ltegnitz, ll. December. Der Abg. von Schencken- dorsf hat die Denkschrift des Deutschen Vereins für er ziehlichen Knaben-HandsertigkeitSunterricht und seinen Vor trag: Die sociale Frage und die Erziehung zur Arbeit in Jugend und Volk den Handelskammern mit der Bitte zugeben lassen, nach Kenntnißnahme in eine Berathung über den Gegenstand einzutreten und ihm Mittheilung über das Ergebniß derselben zu machen. Während in einzelnen Handelskammern die Eompctenz zur Beschlußfassung über diesen Gegenstand bezweifelt ist, hat Herr von Schencken- dorff in der Liegnitzer Handelskammer Ent- aegenkommcn gefunden. Der Berichterstatter, GlaShütten- besitzcr Bräuer, führte auS: Zur Hebung des Handwerk- müßte es beitragen, wenn schon der Zugend Anregung zur Handarbeit in rationellem Unterricht gegeben und das Verftändniß für eine gute Arbeit geweckt würde. Leider sei bisher staatlicherseitS bei uns sehr wenig für den Knabrn- bandarbeitS-Unterricht geschehen; in fast allen Culturstaaten sei man hierin Deutschland voraus, denn dieses nehme in