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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930925022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893092502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893092502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-25
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
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Vezuas^prers Gl tz« tzanpe^Veditto» »der de» i« SttzsG bewirk uad de» Bororteo errichteten Au»- aadestelle» »bgeholt: «eneiiLyrtich^4^0, »ei zweimoliaer täglich« Zustellung i»< Lau» » bchO. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: inerteliädrlich ^ k.—. Dlrerte täglich» Lreujdaudieadnntz tu» Lusland: monallich 7^0. LieMvrgen-Lvsqab» erscheint täglich'/,7 di« Ldeud-Lutgab« Wo che» tag» ä Utk. Le->cti»» uui> Lrvr-Uio»: ^ K»tzmi««ä>afir 8. Lie lkrveditto» ist Wochentag« nnnnterbroch^, grouart vo» früh S bi» >b«»d« 7 Utzch Filiale«: Ott» Ule»»'« Lorti». OlfreH Hittzttlb Universltätssrrah« 1, L«ni» Läsche. NaHarineustr. 14, pari, und <ä»lg«dl«tz 7. Abend-Ausgabe. UchMerTaMM Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Prei- dle Sgeipaltme Petitzeile SO Pfg. Nrclamen unter dem RedactionSstrick (»ge spalten) 50 ror den Famillennachrichkr» (6 gespalten) 40^. Großer» Schrillen lant unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ztssrrujatz nach höherem Tarif. Erkr« »Vellage» (gefalzt), nar mit de» Morgen.LuSnabe, ohne PoslbesSrderung ^l KO.—, mit Postdesörderung ^g 70.-^ Ännalsmeschluk für Anzeigen: Lbead-Lusgabr: Bormittag» 10 Uhr. Morgen.Lusgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Soun, und Festtag- früh '/,S Uhr. Oei den Filialen und Lnnabmestrsten je eia» halb« Stunde früher. Anzeigen sind siet« an di« Expediti«» zu richten. Druck nnd Verlag von lk. Pokz t» Leipzig. ^?4S«. Montag den 25. September 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 25. September. Am 28. September wird auf dem Berge Isel bei Inns bruck rin Denkmal Andrea» Hafer'» entbiilll werden. Wir Deutschen im Reiche haben da- gleiche Recht und die gleiche Ankbeilnabme an dieser Verherrlichung des Blutzeugen der deutschen Freiheit, wie unsere Landsleute jenseits der schwarz- weiß-rolhcn Grenzpfäble. Der ernste, schlichte Held war und bleibt auch unser. Unser aller Schuld hat tem Erbfeind Macht über ihn gegeben, für da- ganze „verralbenr deutsche Reich" hat er gekämpft und die Brust den welschen Kugeln dargeboten, und als auf dem Acker, den gleich Palm und Schill der Sandwirlh mit seinem Blut gedüngt, dir Saat der Freiheit aufgesprossen, da waren eS dieGesilte de» dentschenNorden», wo in Wort und Sang der Ruhm seiner Thalen und seines TodeS erklang. Diejenigen, welche die Geister seines Heimath- landeS im Banne hielten, Kälten das Gedächtnis des ManneS, der sein Volk in Freiheit um sich aeschaart, gern «i»- schlninmern gesehen. Da ertönte aus Sachsenmnnd ein un sterbliches Lied zum Preis deS deutschen AlpensohneS und rettete Andreas Hofer die Unsterblichkeit auch in den von Römlingen bewachten Thälcrn Tirols. Doch mehr al- Wort und Lied und Heldendrama: Die Deutschen deS neuen Reiches haben den Gemordeten von Mantua gerächt, ausgetilgt die Schmack jener Zeit und einen mächtigen Wall ausgerichtct, der jenes Donauthal schützt, durch das sich der Erbfeind seinen^ Weg ins Land Tirol gebahnt. Und das Blut, mit dem diese Schuy- mauer gekittet wurde, sühnte auch die Schuld, die Deutsche auf sich luden, als sie im Gefolge deS fremden Eroberer- die Hand gegen Hofcr'S Vaterland erhoben. Auch den Deutschen an der Isar und dem Unterlaufe des JnnS gilt das Denkmal auf dem Zselberge als nationale- Heiligthum, und schaudernd gedenken sie der Zeiten, da eine französische Zunge ibrem Könige bezeugen durste, er habe sich der Ehre, französischer Ossicier zu sein, würdig gezeigt. AuS een Herzen der Tiroler aber ist gleichfalls aller Groll geschwunden, häufige Feste scben sie mit den stamm verwandten Nachbarn vereint, ihr FUrstgraf und Kaiser ist der Alliirte eines neuen deutschen Bunte-, dessen treue- Glied der einstige Rheinbund«staat Bayern bildet. DaS ganze Deutschland,da-der Held vom Passeyertdale aus seinem Tobesgang in Schmach und Schmerz versunken er blickte, darf, erhoben und entsühnt, die Hülle von dem Denk mal Hofer'« fallen sehen als von dem Bildniß eine- hohen Ahnen, und sich in dem Gelöbniß vereinigen, sein schlichter Opfermutb solle vorbildlich sein für alle Söhne LcS großen deutschen Volksstammes. Bei den Erörterungen über die ReichSftruersrage tritt unseres Erachtens der große Gesichtspunkt einer grundsätzlichen und systematischen Reform viel zu sehr in den Hinter grund gegen die Erwägungen, wie dem augenblicklichen, bauph sächlich durch die neuen Militairkosten veranlaßtcn Mehr bebürfniß abzuhelsen sein möge. ES kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, daß die Grundlagen de-finanziellen Verhältnisse- zwischen dem Reich und den Einzelstaaten ungesund nnd nicht mehr haltbar sind. Erschienen ist jetzt cine.aufauillickien Quellen beruhende, in dieser übersichtlichen Form noch nicht veröffentlichte Vergleichung der von den Bundesstaaten gezahlten Matrieularbeilrägr mit den Ueberweisungen ari den Zöllen, der Tabaksteuer, den ReichSstempelabgaden und der Branntweinsteuer von 1872 bis 1893,94. Ueberweisungen baben überhaupt erst im Jahr l879/80 (iu Folge der Zoll gesetzgebung von l87S) begonnen. In den vorangegangenen Jahren seit 1872 betrugen die Matricularbeiträgr in runden Millionen: 94, 73, 67, 68. 89, 81. 87. Im Jahre 1879,80 überstiegen die Matriculardeiträge die Ueber- wrisungen um 81, 1880,81 um 43, 1881 82 ui» 35, 1882 83 um 19, 1883 84 um 6 Millionen. Dann beginn» in Folge der neuere» Zoll- und Steuergesetze die Periode Le» Überschreiten» der Matriculardeiträge durch dir Ueber- weisungen. Im Jahre 1884,85 überstiegen die Ueberweisungen die Matricularbeiträge ui» 20 Millionen. Tann folgten wieder drei Jahre (1885—88) mit einem geringen Borsprung der Matriculardeiträge (6. 2, 10 Millionen). Von da ab aber fanden wieder ^hauptsächlich in Folge des Branntwein- sleuergeseyeS) sehr dedeulende Ueberweisungen statt, welche im Jahre 1888 89 die Matrieularbciiräge um 58, 1889/90 um 126. 1890,91 um 66, I89I/92 um 56, 1892/93 um 31 Millionen überstiegen, wogegen im Jahre 1893/94 (in Folge der Handelsverträge »nd der neuen Miliiair- koslen die Matrieularbeilräge wieder um 30 Millionen über die Ucbcrwcislingeii hinauSgehen. Für Preußen ergeben fick in den Jahren, wo überhaupt lleber- weisunge» siatl'andc», Schwankungen von Minus 38, 15. 1 l, l Mill., Plus 6, 23. 7, 12. 5. 4l. 80, 45, 4l. 25 der lieber- Weisungen gegen die Matrieularbeilräge. Im lausenden ElalSjahre ist wieder ein Minus von 13 Millionen zu ver zeichnen. Dasselbe Verhältnis waltet nalürlich in anderen Bundesstaaten ob, die von diesen Schwankungen um so empfindlicher gclrcffe» werten, je kleiner nno ärmer an Hilsskräslen sie sind. Es liegt klar aus der Hand, wie störend und verwirrcnd diese ungeheueren Schwankungen in den Zu schüssen zu der ReichScasse und den Uederwenungen aus de» Rcichseinnahmeii sowohl für die Einzelstaale» als für da» Reich sein müssen. Eine geordnete Finanzverwaltung, ein sicherer Haushaltsplan, eine feste Regelung zwischen Einnahmen und Ausgaben ist dabei gar nichl möglich. Planche Einrichlungen, die dauernde Kosten verursachen, werden da auf augenblick liche Einnahmen gegrünte', die hinterher versagen. Es ist hauptsächlich durch die Finanzkünstclei deS EenlrumS ein Zustand einzetretcii, der die Euizelstaaten noch mehr als das Reich in finanzielle Unsicherheit und Bcvränzniß bringen muß. Ob freilich mit diesem Reichstag große organische Reformen durchzusetzcn sind, ist sehr zweifelhaft. Aus die Dauer aber ist eine rationelle und grundsätzliche Neuordnung des finanziellen Verhältnisse» zwischen Reich und Einzrl- staatcn ohne schwere Schädigung de» Gemeinwohles nicht zu umgehen. Die Wiener Polizei entdeckte, wie bereits kur; gemeldet, am 22. September mit großer Findigkeit eine anarchistische Druckerei und eine Bombenfahrik. Längst bestand, wie dazu der „Köln. Ztg." aiiSfübrlich aus Wien berichtet wird, die Vermutbung, daß in Wien eine Druckerei be stehen müsse, welche gelegentlich die in den Straßen de« NachtS zerstreuten Flugblätter anfcrtige. Neuere Anzeichen wiesen ans die Siebenbrnnnergasse im Stadttheil Margareten hin, welche man durch zahlreiche Polizeimannschaslen bc- vbachlcn ließ. Man sab zwei anarchistische Locialdeinokraten, die Tischlergehilsen Stephan Hahncl und Franz Haspel, beide 30 Jahre alt, i» da» Haus Nr. 65 eintrcten und spürte ihnen nach. Früh 6 Uhr, als Hahnel zur Arbeit ging, wurde er plötzlich seslgcnonimen und durcksuchl. Man fand bei ihm einen Schlüssel, der zu einer Wobnung im Hanse paßte, jedoch die Wohnung nicht öffnete. Al« man jedoch noch mal- eine» Versuch machte, sprang dir Tbür auf. Dir Sicher heit-Wachmänner stürzten sich aus den Oefsnenden, der ver geblich die Tdür zuzuschlagen suchte Man fand die Tbür von innen mit einem trefflichen Vepirschloß und außerdem mit drei Riegeln versehen. In der Wohnung, bestehend an- Cabinet und Küche, war zunächst nickt- Ver dächtige« zu scbkli. AlS man jedoch einen schwarzen Schlajkiraii, der ein sciiliche» Vexirsckloß zeigte, ausgesvrengt hatte, sab man eine prächtig eingerichtete Presse, auf deren Walze noch ein bochverrälberischer Aufruf an daS österreichische Volk stand. Ein Nädlisch barg de» Seyerkaslen, ei» Nackispind Packele fertiger anarchistischer Flugblätler, ferner Spreng mittel, darunter Pikrin, eine fertige ungestillte Bombe, Blech- kasten und GlaSballons, die zu Bomben verwandt werben, Zinn, Blei, Boml'eiiformeii, Schmelztiegcl und einen scharfgeladenen Revolver. Der verhaftete dreißigjährige Tischlergedilse Franz Haspel au« Graz machte einen Selbstmordversuch, indem er sich a»S dem Fenster zu stürze» suchte, wurde aber daran gebindert. An demselben Tage noch wurden weitere acht Verhaftungen belbeiligler Anarchisten vorgenomiiien. Am 23.kam nian noch einer weiteren Aus dehnung de-Ge beim bundeS auf die Spur. Es wurden weitere vier Anarchisten verhaftet; damit steigt die Gesainmt- zabl der Verhafielen aus l4. Es sind zahlreiche Haii-(»ichungkn vorgcnvmmcn worden, wobei anarchislüche Fliigschrisicii, Stockslinicn, Revolver, auch ein Sprengapparat mit elektrischen Drähte» rorgesunden wurde». — Uns wird unterm 21. September telegraphisch gemeldet: Von de» am 23. Sep tember als Anarchinen verhafteten Personen sind zwei, welche den Nachweis erbrachten, daß sie dem Treiben der übrigen seriistoken, entlasse» worden. Die andere» wurden dem Land gerichte eingeliescrt. DaS Manuscript deS Vorgefundenen Aus ruf« an die österreichischen Arbeiter rührt au« den« Londoner Aiiarchistciiblalle „Autonomist" ber; e« ist hierdurch die Verbindung der Vrrbastetcn mit den Londoner Anarchisten erwiesen. DaS Vorgefundene Ecrasit und Pikrin erzeugten die Verhafteten selbst. Die Bombenbülsc» nnd andere mit Beschlag belegte Gegenstände sind genau nach Mest'S Anleitung hcrgestcllt. Die Verbindung der Ver hafteten mit Len amcrkanischen Anarchisten ist nach den Vorgefundenen Schriftstücken gleichfalls zweifellos. Ein anscheinend inspirirtcr Artikel der „MoökowSkija Wjcdomosti" weist aus die Gefahre» hin, welche d»e fiunlänstscheu Eisenbahnen im Falle eines russisch - deulsche» Kriege- für Rußland dielen. Die Petition der Finnländer, eine Eisenbahn von Ulcaborg »ach Tonika an der schwedischen Grenze führen zu dürfen, wurde vom russischen Verkehr-Ministerium verworfen, weil darin eine Gefahr für Rußland lag, beißt cS i» den« Artikel. Für die Handelsbeziehungen Finnland« mit Schweden bestehe ein billiger Seeweg, während die Linie »ach Tornea nur dazu dienen sollte, da« siiniläntischc Eisenbahnnetz mit der kürzlich zur russischen Grenze gcsübrlc» strategische» Eisenbahn Sckivc den« zu verbinden, nm im Kriegsfälle Finnland den scbwe bischen Truppen zu erschließen. Schwede» werde sich nicht damit begnügen, seine Flotte mit derjenigen zu vereinige», welche gegen Rußland im baltischen Meere vxeriren wird; e« werde Landlrnppcn über de» Torneastrom setzen und durch Finnland »ach Rußland verrücken. Wäbrend de« polnischen Aufstande- von l863 habe Schweden Rußland den Krieg er klären wollen, uni Finnland loSzureißen. Gegenwärtig befestige Schweden seine Grenzen gegen Rußland, »m Stockholm von, Meere aus unangreisbar zu machen. Es werde Rußland fast uiimLglich sein, die AuSichisfung der Deutschen im schwedischen Hafen Victoria zu verhindern; sogar die baltische Flotte werde diese Ausschiffung nicht vcrbiiitern können, wenn sie auch von der vereinigten schwcdisch-tculschc» Flotte nickt ein- gcschlossen sein sollte. Nu» komme noch binzu die Gefahr der finnländischc» Bahnen, welche von Finnland vcrwallet werde». Die Finnländer würden nicht zögern, diese Eisen bahnen dem Feinde auSzulicfcrn. Die Sicherheit Rußland- erfordere es deshalb, da- sinnischc Eisenbahnnetz ber russischen Verwaltung zu unterstellen Deutsches Reich. Berlin, 24. September. Iu den Räumen deS Ab- leordnelcnbauscs fand heule eine von hervorragenden national- ibcralen Parieigcnossen aus allen Landschaste» der preußischen Monarchie besuchte Delrgirtenversaiiimlung statt, um sich über die Lanktagswablen zu besprechen und einen Wahl aufruf festziislellc». Der Delegirtentag war von vornherein aus einen engeren Kre:S von Parteifreunden beschränkt, auf die bisherigen LandtagSabgeordnetc» und eine Anzahl von Ver tretern der provinzialen Parteiorganisationen. In danken»- wertber Weise hatte da- nationaUiberale Centralcomitö für die Rhcinprovinz eine ans denselben Tag „ach Köln einbe- riifciie Versammlung aus Sonntag, l. October, verschoben, so daß auch diese Provinz ansehnlich vertreten war. Von Landtags-Abgeordneten bcmerktc» wir u. A. die Herren Hobreckt, v. (5»ny, Einion, Sombart, Sattler, Wallbreckt, Böttingcr, v. Eynern, Krause, Fricdbcrg, Sander, I>r. Map Weber, von ReichStagsabgeordnelen die Herren Möller, I)v. Böttcher. Zum Vorsitzenden wurde Herr Hobrecht ernannt. In cingcbenden Erörterungen wurden an der Hand eines vorliegenden Entwurfs zu einem Wahl aufruf die Aufgaben der preußischen Gesetzgebung, die der nationalliberalcn Partei dabei zukonimente Haltung und die allgemeine politische Lage besprochen. Da« Er- acbniß dieser Stellungnaknie zn den gegenwärtig ftn Vordergrund siebenten Anliegen des StaatSlebenS und der Gesetzgebung wurde in einem längeren prograinmärtigen Wahlaufruf nicdergelegt, der in den nächsten Tagen zur Veröffentlichung gelangen wird. Nack Schluß der Verband- lungcn vereinigte ein gemcinsaincs Mittagsmahl im „Kaiser- bos" die Theililchnier der Versammlung. In den Unter redungen mit de» von auswärts gekvmniencn Herren empfing man über den voraussichtlicher. Ausgang des Wahlkampfe» allenthalben die besten Eindrücke, nnd cS gab sich eine reckt zuversichtliche Sliminnng kund. In den weit überwiegenden Fällen werden die bisherigen Abgeordneten der national- liberalen Partei aus- Neue als Eandidalen ausgestellt, durch gängig mit den besten Aussichten auf Erfolg. * Berlin. 2l. September. Die Eonfercnz zur Beratbung der Bestimmungen über die Sonntagsruhe i» gewerblichen Anlage» der Gruppe III der Gewerbestatistik (Bergbau-, Hütten und Saliiiciiwesen) ist, wie bereits gemeldet, geschlossen worden. Die allgemeinen Bestimmungen haben folgende Fassung erhallen: 1) Tie den Arbeitern zu gewährende Ruhe hat, soweit nicht besonder« abweichende Vestiiilniuiigeii getrosten sind, mindesten» zu dauern: n. bei I2stündigcr Betriebsruhe, für Einzelsomitagc 24 Stunden, kür Toppelsesltage nnd für zwei auseinander solgende Sonn- »nd Festtage eniwedcr 36 Stunde» oder, wen» «lne Unter brechung slallsinden soll, sür jede» der beide» Tage 24 Stunden, b. bei ununlerbrochrnei» Betriebe für jeden zweiten Sonntag 24 Ltlindkn oder sür jeden vierte» Sonntag 36 Stunden, >» welchem Falle aber a» dein vorhergehende» und a» dem folgenden Sonntage die Zeit von 6 Uhr Morgen- bis 6 Uhr AbenLS arbeitsfrei bleibe» must. 2) Zur Ablösung der im ununterbrochenen Betrieb« beschäftigte» Arbeiter dürfen andere Arbeiter, jedoch frühestens 12 Stunden nach Beendigung ihrer regelmäßige» Arbeit, heran gezogen werden. Dieselben dürfen i» dem »nuiilribrocheiien Betriebe während der letzten 12 Stunde» vor Wiederausnabme ihrer regel- inählgen Arbeit nicht beschäftigt werden. Tie den Ablüsuiigsmann- Frrrillrtsn. In Fksseln. Lj Roman von T. Bollbrecht. »lle Rechte dortesolten. (Fortsetzung.) Er streckte ihr seine Hand entgegen, dankbar legte sic die ihrige hinein. Eine Ahnung jene« Geborgensein» überlam sie, welche« wir wehmutb-voll al« längst entschwundenes Eden er kennen. wenn Erinnerung uns in die Kinderzeit zurückversetzt, wo treue Elternliebe über un- wachte. O — nur nimmer mehr zurück! Nach neuen Verhältnissen, neuen Eindrücken verlangte ibr junge-, au« aller Fassung gewichene« Herz. Ja — in seinem Hause, bei seiner Schwester würde sie eine traute Zußuckt finden. Hand in Hand, ohne sich dessen bewußt zu sein, gingen sie aus der Landstraße vorwärts. Hinter ihnen lugte da« graue Dach de« alten ThurmeS grämlich au» dem bunten Blattge- wirr de» Parke«. Kreischend drehte sich dir verrostete Wetter fahne, und eine Sckaar Dohlen schwirrt« lärmend auf. Kein Auge suchte die letzte Tochter de» Hause», welche ohne Ab schied-wort, ohne einen Blick voll Trennung-weh an be fremden ManneS Seite vorwärts schritt — da« Glück zu suchen. Der Sturm batte sich gelegt. Die Wolken, welche er zu sammengefegt, standen nunmehr all feste Wand, deren oberen Rand dir zur Rüst« gehend« Sonne goldig umsäumte, am Horizont. In rigentdümlich grünlich-blauer Beleuchtung wölbte sich da« abendliche Firmament. Reinhold schritt schweigend an Hildegard'» Seile vorwärts. Er wollte ihr Zeit gönnen, mit ihren Gedanken fertig zu werden. Wie schon sab sie au»! Die grellen Lichtrestep« waren nicht im Stande, ihren lieblichen Zügen Eintrag zu th»n. Sie hielt die Augen aufgeschlagen und sah hinein in den Sonnen untergang. Ai« sie den Hohlweg verlassen hatten, lag daß Städtchen vor ihnen, der spitze Kirchtburm, die rolhen Dächer, di« Gärten mit ihren noch grünen Häunrn und Hecken. Nachdem sie die Station erreicht hatten, riß Doctor Rein- hold ein Blatt au» seinem Notizbuch und schrieb: .Lieber ElemeaSI Eomtrsse Hildegard beziebt sich unter den Schutz »«in«« Schwester. S«i versichert, daß st« un» ein« hochwillkommene HauSgrnossin sein wird. Eine Begegnung zwischen Dir und Deiner Schwester könnte vorläufig nur höchst peinlich sein. Bitte, schicke da» Kammermädchen mit der Garderobe sobald al« möglich un< nach. — In Deiner Angelegenheit wird, dessen sei versichert, da» Möglichste ge schehen. — Und nun Gott befohlen! Bald wirst Du wieder Horen von Deinem Paul." Er beauftragte den einzigen Bediensteten de« BabnkoseS, der, mir dem Riemen der Glocke in der Hand, bereit stand, das Signal zur Ankunft de- Zuge- zu gebe», nach Abgang desselben daS Billet unverzüglich dem Grasen Föhl auf rcm Bärenstein einzuhändigen. Angefeuerl durch ein gutes Trink geld, sicherte der Mann seine Bereitwilligkeit zu. Das Signal ertönte. Die Locoinotive schob sich pustend und dampfend in den Bahnhof. — „Glück auf!" rief Doctor Reinbold, al- er mit Hildegard zu dem EoupS schritt, welche- der Eonducteur dienstfertig ausriß. Sie nickte zuversichtlich mit dem Kopf. Stet» neuen Ein- drücken überaus zugänglich, vergaß sie, wa» hinter ibr lag, und freute sich mit jugendlicher Unbefangenheit aus neue »nd fröhliche Ereignisse. — — — — Graf Födl schien beute gar nickt bei der Sache zu sein, wie der Herr Dechant im Stillen bei sich bemerkte. Daher kam eS wohl, baß die Partie noch immer «»entschiede» war, al- Anselm zwei silberne Armleuchter ans den Spieltisch niederstellte. Gleich darauf erschien der Kamiiicrdicner neck einmal, indem er seinem Gebieter einen Brief präsrnlirt« unv meldete, der Gepäckträger vom Babnhof in Treibronnen habt ihn überbrackt. Kurze Zeit danach ward Marie, die schon eine länger» Weile beängstigt die Rückkunft ihrer Evmteffe erwartete, zu Elemen- vrschieden. Zitternd und schüchtern trat da- Kammermädchen in da« Besuchszimmer und blieb mit tiefem Knip neben der Thür« stehen. Die Lichter schienen ihr ebenfalls zu knipen, «nd wie durch einen Nebel sah sie daS srennrlicke Gesicht de« hochwürdigen Herrn. Daneben aber »nlerschied sie da« bleiche Antlitz de« schrecklichen Grasen, und seine dunklen Augen sahen sie fest an. O Gott l — Und nun bub er an zu sprechen, und ihr begannen die Zähne zu klappern. „Hallen Sie sich bereit» meiner Schwester morgen nach Dresden zu folgen, wohin Sie beute Nachmittag abgtrcist ist. Packen Sir die Garderobe Ihrer Gebieterin ein. — Wann können Sie damit fertig sein?" ,O — schon zum ersten Zug — morgen um vier Uhr früh", erwiderte die Zofe mir ganz verändertem Aussehen. Tie durste fort — o, wie herrlich war das! Fort auS dieser schauerlichen Ruine. . . . „So werden Sie »in diese Zeit abreisen. Lorenz mag Sie und die Koffer zur Bahn billigen. Hier ist Ihr Reisegclv und die Adresse Ihrer Gebieterin." Ein Wink mit der Hank, Marie war entlassen. „Achtung, Herr Gras", ries Seine Hochwnrden, „Ihre Königin ist i» Gefahr!" Fünfte- Capitel. In ihrem behaglichen Boudoir saß Henrielle Reinbold und la». Die Tbür zu dem anstoßenden Speiicziniiiier.stank offen. Alle« Erforderliche zum Enipsang ihres Bruder« war dort zurechlgestellt. Der blinkende Samowar sang sein gemiilblicheS Lied. Auf dem dlütbenweißen Tischtuch grnppirle» sich einige Platten kalten Aufschnitt», Tbeetasse», Znckerschale und Niimcaraffe zu einem traulichen Stillleben. Da» Fräulein batte schon wiederbolt nach ber bronzirtcn Stockuhr binübrrgeblickt, welche ans ihrem kleinen Schreibtisch stand. Di« Zeiger derselben schienen heule so unnatürlich langsam vorwärts zu rücken Nnniiiehr erbeb sie sich »nd trat in da« Nebengemach. Sie schraubte die Lampe böber, rückte hier einen Teller und schob dort dir Löffel zurecht. Eine behagliche Warme ersüllle alle Räume de« mit Luft heizung versehene» Hau)««. Iettcken fließ die anstoßende Thür aus „nd trat in ihre- Bruders Arbeitszimmer. In tem Lehnstubl vor seinen, Schreibtisch ließ sic sich nieder. Wohlgefällig schweiften ihre freundlichen Augen in dem eleganten Raum nmbcr welcher von jenem Tust erfüllt war. den feine Eigarren hinterlasscn. Ta aus dem Tisch vor Henriette lag jede« Blättchen so, wir Paul r» am Morgen verlalie» batte, der ausfleschlageiie Eodex vorsorglich mit dem Briefbeschwerer gesessellt, damit er nickt umblattkrn möge Niemals gestattete n» anderen ai de« eigenen Händen, l»er Ordnung zu schaffen. Sic batte eine so große Ehrsurcht vor der Wissenschaft »nd vor ,bre« Bruders Wissen insbesondere. Jetzt schlug die Uhr neun. Bald mußte er da sein. Ackt Uhr dreißig Minuten rrreickie der Zug. der ihn bringen würde, den Vobmischt» Bahiibos. Von der Straße herauf töutr ununterbrochen ka« Rollen von Equipagen, dazwischen da» Klingeln der Pserdebabnwagen, welche zwischen der Neustadt »nd dem Waldschlößchcn ver kehrt»», »nd da« Pfeifen ihrer Eonductrure. Iettchen« Ohren vernahmen nicht baS gewohnte Geräusch. Ibrc Gedanken dielten Einkehr in längst entschwundene Tage. Sie sab einen sc,'lichter»«» blaffen rtnabc», Junker ElcmcnS, wie sic den kleinen Grafen damals scherzweise nannten. Wie seltsam, daß er, den man beinahe vergessen batte, plötzlich, wenn auch un absichtlich, sein Dasein beklindete. Augenscheinlich litt er »nlcr mißlichen Verhältnissen, und sie batte den Bruder selbst er muntert, ihn anszuiucheit und ibm womöglich bcizusteben. Halte sie ibm koch damals schon verslänrnißooll zur Seite gestanden, als er mit seiner Mutter hier wohnte nnd Paul s lebhaftes, thalkrästigeS Tenipcramcitt ihn oft einschüchterle, ja in Furcht versetzte. Sie schreckte plötzlich aus. Die Tbür znni Speisezimmer war geöffnet »nt wieder geschlossen worden, »nt ra stand Derjenige, an den sie eben gedacht, auch schon vor ihr. Er streckte ibr die Hand entgegen, »nd wäbrend sie die ibrnzc mit sreudigcm Bcgrüßungsmort hineinleglc, ball« sie de» Ein ruck, al» sei mit ihrem Bruder eine Veränderung vor- aegangc». Lag sie im Ausdruck der Augen oder in der srohen Zuversichtlichkeit de« Antlitzes selbst? „Wie war eS nur möglich, daß ick Dein Kommen über hörte — gerade als ick so viel a» Tick »nd den Grasen Födl dachte", sagte sic, unzufrieden mil sich selbst, und trat zum Samowar, den Tbec auszugießen. „Vielleicht eben darum", enlgegnete er beiter, „obgleich ich >n aller Fori» vorsnbr." Er ltvcklc und schien eine lleiiir Befangenheit niederziikämpfen, ebc er beschleunigt binzusctzte: „Ich habe Dir Besuch milgebracht." „Besuch?" fragte sie stannend. „Wer ist es, und warum sührst Du ihn nickt hierher?" „Es ist eine junge Dame, und ich ließ sie einstweilen in den Salon eintrete», um Dick vorder ein wenig vorznbereilcn. Sie ist die Stiefschwester von ElemeiiS Fkhl, weißt Du — „nd ick traf sic in solch beklagcnswerlber Situation, daß ich sie obne Bedeuten cnissorderie. sich ;» Dir zu begeben, worauf sie auch einging Auch ElemenS legte bereitwillig die ihm lästige Boriiiundschast in meine Hände." Und Doetor Reinbold begann, in kurzen, gedrängten Worten da- Ereigniß de« Tage» zu berichten. (Fortsetzung folgt.)
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