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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931016025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893101602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893101602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-10
- Tag 1893-10-16
-
Monat
1893-10
-
Jahr
1893
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Neclame» »nter demDirdactionSstrich (Sae, ipaltea) SO >4, vor den Aamiliennachrichkn (6 gespalten) tO^g. — Größere Schriften laut unserem Preit- derzeichnib- Tabellarischer und Ztsinnsatz nach höherem Tarif., Orken »Beilagen (gefallt), aar mit de« iltoryrn» Ausgabe, ohne Postbesörderuug 60.—, mit Postbesörderuug ^ 70.—>. Ituuahmrschluß für Auzeizea: Abend »Ausgabe: Lormittag» 10 Uhr.'' Marge »»Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Soun- und Festtag» früh '/,d Uhr. Gei den Filialen und Annahmestelle» je ein« halb« Stund« früher. anretge» sind stet» an dt, Gxvstzfti»» zu richten. -- , Druck und Berlag vou L. Pol» tu L,W» Montag de« 16. October 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Versteigernngs-Ausgebot. Zum Zweck« der Theilung soll der 1. der Frau Ae»»y vou Mueff. geborenen Bogt, in Weimar, 2. der Frau Alinc Marsball. geborenen Bogt, in Wiesbaden, 3. dem Baumeister Arnold Bogt in Berlin, 4. der Frau Wilbelminc Louise Antonie Klara Bogt, geborenen Geretzky, und deren Tochter Louise Wilhclütine Margaretha Bogt in Berlin, 5. dem Itr. mecl. Bodo Bogt io Dresden, 6. dem Kaufmann Karl Bogt in Berlin gehörige, In der StodtBlaiikenbain gelegene, nachstehend beschriebeneGrundbesitz: Rr. 1357^ — Ack. 16 LMlh — — - 3 ur 26 giu Wohnhaus, — » g'/, „ -- — »1.36» Nebengebäude, s— - 26'/, « — — . 5 » 39 - Hos, , '/« - 20' . . — .11 . 35 » «arten, — -17 - — — -3-47- Garten bei dem Lindenhousr, mit 1 ^l 33'/. ^ terminlich besteuert, aus 54 400 >l gewürdert, und ohne bezüglich mit Mauerwerk mit 20630 ^ll zu bezüglich gegen Brandschaden versichert, Nr. 1260 t 2'/, Ack. 10 LURth. — k 73 ur 28 gm Gemüsegarten, 1261 l 1262 15 -22 . — I-46-S6» Anlagen über ! der Badergasse mit 2 ^l 31'/, ^ terminlich besteuert und auf 9150 gewürdert, Donnerstag, den LS. November 1893, vormittags von IN Uhr au, auf Antrag der Eigenthümer im Zimmer 1 des hiesigen AmtS- gerichtSgebäodeS meistbietend versteigert werden. Der Grundbesitz eignet sich vermöge seiner günstigen Lage zu Curzwecken, sowie zu einem herrschaftlichen Ausenlhalt. Die näheren Nachwcisungen über diesen Grundbesitz und die Der steigerungsbedingungen liegen an den Wochentagen von 9 bis 12 Uhr Vormittags in der GerichtSschreiberei unlrrzeichnelcn Gerichte» auS. Blankenhain, am 12. October 1893. Mrotzhrrrogltch LSchs. Amtsgericht. (gez.) Hohmano. Beglaubigt: Der «ertchtSschreiber «rotzh. T. Amtsgerichtes. O. König i. B. Politische Tagesschau. " Leipzig, 16. October. Dem VundeSrath werden in dieser Woche die beiden neuen RcichSsteuerprojecte, die Weinsteuer- und die Tabak fabrikatsteuer-Vorlage, zugehen, doch ist kaum anzu nehmen, daß die hohe Körperschaft die Durst,beratbung dieser Entwürfe vor dem Zusammentritt dcS Reichstags, der am 20. oder 2l. November erfolgen soll, beendet haben wird. Der Widerspruch, den die beiden Steuer- projecte in de» betreffenden Interessentenkreisen finden, ist so nachdrücklich und zum Theil in so hohem Grade berechtigt, daß der BuneeSrath überaus schwere Mühe baden wird, sich mit deu an ihn gelangenden Protesten und Abänderungsvorschlägen nur einigermaßen abznfinden. Be sonders gilt dicö von der Weinsteuer, gegen die auch im BundeSrathe selbst gewichtige Bedenken geltend gemacht werden dürften. DaS darf aber die Interessenten nicht ab- balten, auch ihrerseits mit allem Nachdruck vorstellig zu werden. Nur hüte man sich dabei, sich von der .Deutschen Weinzeitung" auf die schiefe Ebene der Behauptung locken zu lassen, nach dem Art. 35 der ReichSversassung fei dem Reiche der Wein als Steuerobject vor- rntbalten und nur mit Hilfe einer Verfassungs änderung sei Besteuerung dcS Weines durch daS Reich möglich. DaS genannte Blatt beruft sich allerdings »ur Begründung seiner Ansicht aus den hessischen StaatSminiskrr »inger, der am 2. Februar d. I. in der hessischen Kammer bei Berathung eines Antrags Rackö auf Einführung einer NcichSstcuer für Kunstwcine gesagt hat: „Aber hier (Besteuerung durch daS Reich) hat der An trag Nackö eine sehr schwacbe Seite. Da« Reich ist nämlich nach der ReichSversassung nicht competeut, eine dernrtigeSteucrbestiminung z» treffen. DerWein ist nicht Object der ReichSstcuer. Aber auch Minister können irren, und Herr Finger hat sich geirrt, als er diese Worte besprach. DaS gehl schon daraus hervor, daß die Frankfurter Finanzministrr- Eonfcrenz, die doch bekanntlich lange nach dem 2. Februar tagte, eine Besteuerung des Weines durch da» Reich in Aus sicht genommen bat. Auch Hessen war aus dieser Eonfezpnz vertreten und hat sicherlich die Ansicht des Herrn Finger zur Kcnntniß der Versammelten bringen lassen. Ist trotzdem eine NeickSwcinstcuer in Aussicht genommen worden, so ist eben der hessische Vertreter belehrt worden, daß Art. 35 der RcichSvcrfassung eine NeichSwcinsteurr nicht ausschließt. Dieser Artikel ist übrigens so sonnenklar, daß man kaum be greift, wie man ihn mißverstehen kann. Er lautet: „Das Reich ausschließlich hat die Gesetzgebung über da» gesammte Zollwescn, über die Besteuerung de» tm Bundesgebiet» gewonnenen Salzes und Tabaks, bereiteten Branntwein» und BiereS und aus Rüben oder anderen inländischen Erzeugnissen dargeslcllten Zuckers und Svrups, über de» gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erdobenea Verbrauchsabgaben gegen Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den ZollauSschliislen zur Sicherung der gemetnsamea Zollgrenze er forderlich sind. In Bayern, Württemberg und Baden bleibt die Be steuerung deS inländischen Branntweins und Biere» der Landesgesetzgrbuiig Vorbehalten. Die Bundesstaaten werdeu jedoch ihr Bestreben darauf richten, eine Uebereinslimmung der Gesetzgebung über die Besteueruug auch dieser Grgenslände herbei» zuführen." Könnte der erste Abschnitt noch einen Zweisel darüber bestehen kaffen, daß er lediglich diejenigen BestcucrungSobjectr aus- zählen will, die der Gesetzgebung des Reiches „ausschließ lich" und nicht zugleich der Gesetzgebung der Einzclstaate» unterliegen, so beweist der zwritr Absatz unwiderleglich, daß diejenigen BcsteuerungSobjecte aufgezählt werden sollen, die lediglich einer Besteuerung durch daS Reich unterliegen. Da der Wein nicht mit ausgczahlt ist, so ergiebt sich, daß Reich und Einzelstaatcu il»r sollen besteuern dürfen, nicht aber, daß das Reich auf eine Besteuerung deS Weines ver zichten soll. ' ES ist mithin ein Schlag in« Wasser, wenn die Wein-Interessenten sich aus die ReichSversassung berufen. DaS belgische Ministerium bat der Kammer in Form einer amtlichen Darstellung der Ergebnisse der letzten Volks Zahlung eine recht charakteristische Bilanz der zehn lährigcn klerikalen Herrschaft überreicht. Wir er sehen daraus die bezeichnende Tbatsacke, daß von der ge- sammlcn belgischen Bevölkerung 38 Procent, d. h. 2 400 000 Personen weder des Lesens noch des Schreibens mächtig sind. Am schlimmsten steht eS in Flandern, wo noch die Hälfte der Bevölkerung ohne die geringste Schul bildung auswächst. Es giebt in Belgien nur 5000 Volks schulen, aber dafür 2000 Klöster und 35 000 Mönche und Nonnen und mehr als 100 000 Schnapsbuden. Für daS Volksschulwesen werden jährlich etwa 50 Mil lionen, für daS Branntwcintrinken aber säst 500 Millionen auSgegcben. Sind diese Zahlen trostlos, so sind die Zahlen über die nationalen Verhältnisse auch nicht günstig. Die Vlämen, welche in der vorigen Volkszählung noch 3,1 Mil lionen zählten, sind jetzt aus 2,8 Millionen zurückgegangen, während die französischen Wallonen von 2,2Millionen aus 2H Millionen gelangten. Wenn der Rückgang deS vlämischen ElenicnIS sorlschreitct, so werden die Wallonen bei der nächste» Volkszählung die Mehrheit haben. DaS Schauspiel würdeloser Kriecherei vor Rußland, daS unsere sonst so stolzen französischen Nachbarn der Welt jetzt biete», veranlaßt die „Münch. Neuesten Nachr." zu einer Gegenüberstellung der Ereignisse, die am >6, Oktober 1793 und am 16. October 1893 in Frankreich sich abspiclten »nd spielen. „Immer im Rausch" ist diese Parallele über- schriebcn, die folgendermaßen lautet: „ES lebe dicRepublik—-nieder mit derTyrannei!" Mit diesen Rusen unitoste am 16. October 1793 daS französische Volk denKarrcn, in welchem die ehemalige Königin dieses Volkes zum Schasset geschleift wurde. Trunken von Haß, trunken von Blutgier, aller Scham und vernünftigen Be sinnung bar durch den FreibeilSrausch der Revolution, der zügellosen Entfesselung aller Leidenschaften und Begierden, voll zog „die große Nation" unter „frenetischem Jubel" den Mord an einer schwachen, unschuldigen Frau. „Es lebe die Republik!" Das ist auch heule der Ruf, der ganz Frankreich durchtönt. Aber der Nachsatz fehlt — oder vielmehr er hat sich verändert: er heißt nicht mehr „Nieder mit der Tyrannei" — er heißt jetzt „Hoch die Tyrannei!" Es lebe Rußland und der Zar, der mit eiserner Faust alle FrcibcitSregungen im „heiligen Rußland" niederhäll, der die Polen und Livländer, die Protestanten und 'Katholiken in die alleinseligmachende Uniform deS orthodoxen RuffcuthumS einzwänacn will und die Juden im ganzen Lande rechtlos macht. Es lebe Rußland, eS lebe Sibirien, eS lebe die Knute! Mit Frcuden- thränen im Auge jubeln sich die Franzosen diese Worte zu — trunken vor Wonne, berauscht von „patriotischer" Bc- und überschäumendcr Ruffcnliebe. Immer im acisterung Rausche! arische! Ob e« nun gilt, ein wehrloses Weib zur Schlacht bank zu schleppen, od es gilt, den Vertretern de« selbstherr lichen Zaren eine tiefe Verbeugung zu machen, — „frene tischer" Jubel ist die Ausdrucksweise de« sreudelrunkenen französischen Volkes» er ist der Begleiter der. Ereignisse vor hundert Jahren wie heute. Dem blutigen Rausche von 1793 folgten lange Iabre des Kampfe«, in dem schließlich dem französischen Volke die Freiheit, die eS in den Tagen grausamer Trunkenheit so schmählich miß braucht, wieder genommen wurde. Was wird dem Rauscht der Octobertage dieses Jahres folgen? Wer kann eS sagen? Aber Eine« ,st sicher: Wenn das französische Volk von 1793 am 18. October auch schwere Schuld auf sich geladen, so war eS doch rin großer Gedanke, der eS geleitet, der Gedanke der Freiheit, wenn auch entstellt und geschändet und überwuchert von niederen Instincten. Aber heute, heute jubelt da« Volk nicht einmal dem Zerrbilde der Freiheit zu — sondern dem Urbilde der Unfreiheit, wie eS sich in seinem „Verbündeten" verkörpert. Und darum braucht man den Rausch deS französischen Volkes nicht tragisch zu nehmen — er wird wirkungslos verfliegen und — wie jeder ungesunde Rausch — seinen Katzenjammer im Gefolge baden. Der heutige Rausch der Franzosen erregt bei der Mitwelt nicht mehr Staunen und Abscheu, sondern nur noch — Mit leid! Leider sind es aber nicht nur die Franzosen, die zu be mitleiden sind, sondern es ist ganz Europa, das durch die von einem Rausche zum anderen taumelnde Nation in ewiger Unruhe erhalten wird und deshalb Mitleid verdient. Wäre eS des Unheils sich völlig bewußt, das schon von Frankreich auSgegangen, und könnte namentlich England von seiner Krämerpolitik zu einer europäischen sich auf- chwingen, so würde in Frankreich dem moralischen Katzen jammer bald die Besserung folgen, die ihm und ganz Europa zu gönnen und zu wünschen wäre. . Tie Zustände in Stritten beginnen allmälig unerträglich zu werden, »nd eS ist die höchste Zeit, daß die italieinsch« Regierung sich zn energischen Maßregeln anfrafft, um die chwer gestörte öffentliche Ordnung auf der Insel wieder berzustcUen. Es fragt sich nur, was geschehen soll, und diese Frage ist keineswegs leicht zu beantworte». Daß die Mincnarbciter ebenso wie die ländlichen Tagelöhner treikcn, Versammlungen und Auszüge veranstalten, darin läge noch keine große Gefahr. Allein die meisten der Leute, welche behaupten, daß sie bei den bisherigen Löhnen ver hungern müßten, sind bewaffnet und mit der nöthigrn Munilion für ihre Gewehre und Revolver versehen. Schreiten die CarabinicrS gegen Tumultuanten ein, so flüchtet sich stets ein Theil der letzteren auS den geschloffenen Orten in die Berge, und was dort auS ihnen wird, ist klar. Sie werden einfach Briganten. DaS Nebel greift reißend um sich und ist bei der gebirgigen Natur der Insel sehr schwer zu bekämpfen. Die römischen und die neapolitanischen Blätter sehen die Lage SicilicnS im düstersten Lichte und warnen die Regierung, sich über die Zustände der Insel optimistischen Täuschungen binzugcben. Tie Berichte der hinaesendrtrn Special-Eorrrspondenten lauten wahrhaft trostlos. Einer der selbe» erzählt, daß sogar die sicilianischcn Socialisten sehr ängstlich seien und die Befürchtung äußerten, ihre Anhänger würden sich, wenn nicht bald der Noch der arbeitenden Elassen gründlich gesteuert werde, in lauter Räuber ver wandeln. Der spanische Minister des Acußern hat den Ver tretern der Mächte über die Vorgänge in Marokko Auf klärungen kitdeilt und die Gerüchte entschieden in Abrede gestellt, daß Spanien eine großmilitairische Expedition mit 30 000 Mann vorbercite. Die Regierung wolle sich vielmehr anSschlicßlich auf die Verteidigung von Melilla beschränken und sich damit begnügen, die Kabylen zu züchtige», falls dieselben eS unternehmen würden, den Ausbau der dortigen Befestigung-Werke ru hindern. Auch heißt eS in diesen Eröffnungen, daß da« Madrider Eadinet bereit sei, ohne die marokkanische Frage als solche aufroUen zu wolle», mit den an derselben zunächst betheiliglcn Mächte», d. i Frankreich und England, in Unter handlungen einzulrcten. Ans Marokko selbst wird unS heute telegraphisch gemeldet, daß die BesestigungSarbeiten vorige Woche begonnen haben. Da die Marokkaner die Absicht zeigten, dieselbe rn zerstören, so würden Zusammenstöße befürchtet. Äon dem Ausgang dieser Zusammenstöße dürste eS ganz wesentlich abbängen, ob daS spanische Cabinet seinen Bcrsichcrungen treu bleibt. Der AnSstand der Kohlenarbeiter in Onglanp, der Zechen und Arbeitern bereits ungezählte Millionen gekostet hat, iwigt wcnigstens in verschiedenen Gegenden seinem Ende zu. So sind in Euinberland wieder säninilliche Gruben in Betrieb, während sich von den 26l000 Mitgliedern deS Nationalen BergarbcitervcrbandcS doch schon der fünfte Theil, sämmtlich zu den früheren Lohnsätzen, wieder in Arbeit be findet; außcrdein bestehen Ausstände noch in Northumberland, Südwales und Din Ham, und namentlich in letzterer Graf schaft scheint noch vor der Hand wenig Aussicht zu einem Verständniß zn herrschen; auch in Lancasbire, vjorkshire, Derbyshire und an einigen andern Stellen ist der AuSstand noch nicht beendet, da die Arbeiter auf eine Lohnherab- ^eirilletsn. Die quade Melke. Roman aus der Emsgau. 13j Von F. Klinck-LütetSburg. Nachdruck verton». (Fortsetzung.) Wilhelm würde selbst nicht geglaubt haben, daß seinem Charakter so viel Schwankendes anhastcn könne, wie eS in den nächstfolgenden Tagen bei ihm sich bemerkbar machte. Er täuschte sich aber über sich selbst. Im Grunde genommen war er sofort entschlossen gewesen, dein alten Meinhardi hilf reiche Hand zu leisten, um Foelke das Vatererbe zu erhalten; denn welchen Weg eS mit Bernd BrunS geben würde, darüber konnte kein vernünftiger Mensch im Zweifel sein. Drei Tage später waren die Dorsbewohner um eine große Neuigkeit bereichert. Der alte Uffe AtjeS Mcinbardi war am Morgen mit Wilhelm AdamS in die Stadt gefahren, um bei dem Rechtsanwalt Buddenberg einen Pachlconlract zu machen. Wilhelm würde nicht die Rabenbrücke in Packt nehmen, sondern Meinhardi'S Platz. DaS war ein Kopf schütteln! Alle Welt hatte eines TagcS vorausgesehen, daß der Wilhelm als Schwiegersohn in das HauS einziekcn werbe. Damit war eS nichts geworden, der HochmutbStcufel in dem allen Meinhardi halte cs nickt zugelasscn, daß seine Tochter einen „Armen" hciralhete. Nun sollte dieser Pächter des Platzes werden! Ueber daS „Warum" konnte man nicht lange im Unklaren bleiben. Mit Bernd BrnnS ging eS bergab. Uffe AtjeS fürchtete, daß eine« Tages sein Platz demselben Verfall preisgegebcn sein würde, wie die Bruns'sche Besitzung. Aber was konnte seine Vorsicht ibm nützen? Bernd BrunS war sein Erbe, und der Tod bricht Contractc. Glaubte der alte Bauer, daß derselbe ihn vergessen würde? So dachten Freunde und Bekannte, so dachte Bernd BrunS. Al- er von dem nierkwiirdigcn Ereigniß hörte, war ibm wohl für einen Augenblick „die Galle ins Blut getreten", aber — dann hatte er gelacht und den Schwiegervater einen Narren gescholten. Man brauchte ihn ja nur an,»sehen, um zu wissen, daß seine Jahre gezählt waren. Mochte er immerhin den Wilhelm als Pächter nehmen — eine Ewigkeit würde dieser in einer solchen Stellung ja nicht verbleiben, dafür Verde rr schon Sorge tragen. Bernd Bruns hielt mit seinen Gedanken nicht zurück, sondern kleidete sie bei jeder Gelegenheit in Worte, und ob gleich er wenig Freunde hatte, so fand doch dieser und jener, daß Uffe AtjeS an dem Ehemann seiner Tochter unverant wortlich gehandelt habe, indem er einen, „der ihm nichts an ging", ihm so offenkundig vorzog. ES wurde in diesen Tagen in der Schenke vielerlei be sprochen und gcmuthmaßt, und bei dieser Gelegenheit zeigte es sich, daß man dem Menschen unendlich viel leichter einen Fehler als einen Vorzug verzeiht. Bernd BrunS nahm gewiß gern „einen über den Durst", und ihm scbllen zweifellos die Fähigkeiten und die Arbeitskraft eine- tüchtigen LandwirtbcSj aber man sollte doch nicht vergessen, daß der alte Meinhardi Bernd - Vormund gewesen war und ihn in die Bahnen ge lenkt hatte, welche verderbenbringend für denselben sich er wiesen. Er hatte auS Bernd einen „neumodigen" Landmann machen wollen, und das war dieser geworden — weiter nichts. Besser wäre eS auch gewesen, er hätte den jungen Leuten rathcnd und helfend zur Seite gestanden, anstatt sic ibreS Weges gehen zu lassen, wie er getban, weil er in Bernd einen Mann gefunden, der sich nicht schweigend in alle Marotten des Schwiegervater« habe fügen wollen. Mit einem Wort: der alte Meinhardi war schuld an dem Zerwürfniß mit seinem Eidam. Daß aber die Tochter des selben zwischen Beiden nicht eine Vermittlerrolle batte spielen können, lag in der Natur der Sacke. Sie war ihre- Vater- Kind. So schlimm, wie sie sich nun erwiesen, hatte man allerdings die Lage der Verhältnisse sich nicht gedacht, aber — Hochmuth mußte ja zu Falle kommen. Kein Wort deS Mitleid- für die junge Frau. Ihr Aus sehen war gewiß ein bedaucrnswerthe«, aber sie war nicht unter der Last, die auf ihren jungen Schultern ruhte, zusammen- gebrochen. War ihr Gesicht auch bleich, so batte e« doch nicht- von dem kühlen, selbstbewußten Ausdruck verloren, mit welchem sic nach Meinung aller Freunde und Bekannten Jeden, zeigte, daß sie etwa- ganz Besonderes sei, und sie hatte noch nicht den Mund zu einer Klage geöffnet, sondern war rnhig und unbeirrt ihre- Wege- gegangen, gerade als ob sie alle Menschen entbehren könne. Derartigen Betrachtungen gesellten andere, bezüglich Wil- belm'S sich bei. Er war einige Zeit hindurch Gegenstand dcS Mitleids gewesen, damals als er einem mit irdischen GlückS- gütern Gesegneten das Feld räumen mußte. DaS hatte aber nicht lange gedauert. Ganz unerwartet war dem armen Burschen ein nicht unbedeutendes Erbtheil zugefallea und machte auS diesem einen wohlhabenden Mann, der eS in jeder Beziehung mit allen jungen Burschen im Dorfe aufnehmcn konnte. Jetzt hatte es in seiner Macht gelegen, für eine er littene Niederlage sich zu rächen. Daß er eS nicht gethan, Widersprach so sehr allen Vcrinnthungc», welche man in Bezug auf ihn gehegt, daß man sich geneigt zeigte, ihn für sein Ver halten zu verurthcilen, als ob er eine strafbare Handlung be gangen habt. Aber man hatte sich nicht nur nach dieser Seile hin in ihm getäuscht, sondern er war nun auch in ein Bcr- hältniß zu einem Manne getreten, dessen erbittertster Gegner er eigentlich hätte sein müssen. Tie Gründe dafür waren Niemandem ersichtlich und nicht mit der Vernunft in Einklang zu bringen. Wilhelm AdamS aber siedelte bereit« wenige Tage später in seine neue Pachtung über, ohne daß dadurch eine wesent liche Umwälzung dcS Hauswesens wahrnehmbar wurde. Usse AtjeS hatte sich bereit erklärt, in das „Altenthcil" sich zurück zuziehen, nahm aber gern davon Abstand, als Wilhelm ikn bat. Alle- beim Alten zu lassen. Nach wie vor saß der alte Bauer in seinem Lehnstuhl in der Ecke beim Feuerherd oder machte seine gewohnten Rund gänge durch das HauS; aber eS war doch eine Veränderung eingctreten, die nicht nur ihm sich fühlbar machte, sondern auch Wilhelm nicht entging. Die Vergleiche über das, wie eS Kälte sein können und wie cS war, wirkten »iedcrdrückcnd auf seine Stimmung und nahmen ihm den Rest von Energie, die er in den letzten paar Jahren kaum noch zu zeigen gewagt. Wilhelm dagegen »ahm die Zügel der Wirlhschast kräftig in die Hand. So halte Usse Al>eS in jungen Jahren regiert, nur nicht mit der Freundlichkeit »nd Nachsicht, die doch der Arbeit nicht zum Schaden war. Die Erfahrungen des alten Meinhardi und dessen Rathschläge kamen dem junge» Mann gut zu Statten, um so mehr, da er vernünftigen Nenernngen zugängig war, die in diesem Hause jeder Zeit gern Anfnahme gefundeu. So verging der Sommer» und die Zeit, welche Wilhelm sich auSbedungen, damit eine gegenseitige Prüfung erfolgen könne, ehe man zn einer definitiven Regelung deS beiderseitigen Verhältnisse- schritt, war abgelausen. An eine Lösung der Beziehungen hatte in dieser Zeit weder Uffe AtjeS, noch Wil helm gedacht. Der Erstere segnete die Stunde, in welcher er den Entschluß gefaßt, mit dein Letzteren sich zu verbinden. Dieser aber füllte zielbewußt einen Platz au-, den er noch vor wenigen Monaten nur mit Widerstreben eingenommen H war au einem Septembrrmorgeo, als Uffe AtjeS io Wilhelm - Begleitung zum zweiten Male in die Stadt sich begab, um sein Tcstanient zu mache». Der Rechtsanwalt Buddenberg, ans daS Koinincn der beiden Männer vorbereitet, kalte alle Anordnungen getroffen, so daß der vorzunehmende Act in aller Kürze erledigt werden konnte. Dem Scharfsinn des jungen gesuchte» Rechtsanwaltes war eS gelungen, eine Form zu finden, in welcher Testament »nd Pachtcontract keiner Anfechtung anSgcsctzr sein würden. Bernd BrunS war ihm persönlich bekannt, »kopfschüttelnd hatte er eine« TageS die Nachricht in Empfang genommen, daß jenes hübsche Mädchen, dem er einmal im Garten des AmlSgericktSratbeS Gutmunv begegnet war und das ihm ein ungewöhnliche- Interesse ein geflößt, die Frau dieses wüsten Burschen geworden. Um so begreiflicher erschienen ihm die Absichten des allen Meinhardi, welcher daS Erbe seines KindcS vor den Angriffen eine- Ver schwenders und Trunkenboldes zu schützen suchte, und er war fest entschlossen, demselben hierin nach Kräften beizustehen. Er fand keine Erklärung für die Möglichkeit, daß Foelke Mcinbardi einem Bernd Bruns ihre Hand gereicht, denn die Behauptung dcS ihm besrcundelen Amtsrichters Hcllwald, daß Mädchen wie Foelke »ur durch die Brutalität angezogeu werden könnten, stieß bei ibm auf einen entschiedenen Wider spruch. Und dennoch konnte, »ack Lage der Umstände, Hcllwald Recht haben. Buddenberg beobachtete Wilhelm AdamS mit einem Interesse, das ibn selbst befremdete. Es hatte beinabe den Anschein, als ob Foelke Bernd BrnnS a»S Neigung gc- beirathct. Wilhelm war offenbar von dem allen Mcinbardi bevorzugt, wie insbesondere da« zwischen Beiden bestehende Verhältniß erkennen ließ. Der >ungc Mann machte auf Buddenberg einen a»ßc»ortenllich günstigen Eindruck, cS war in der Thal befrenidlich, daß eine Frau einen Mann wie Bernd BrunS diesen! Halle vorzichen können. Ter alle Bauer alhmelc lief auf, als nach Ablauf der Verbandlungcn der Rechtsanwalt ihm erössncle, daß noch am Nachinillagc die gerichtliche Beglaubigung der abgesaßten Docuincnlc erfolgen könne Ihn, balle es in den letzten Tagen centnerickwer aus der Seele gelegen. Ter Gedanke, daß ein schneller Tod seine Absichten durchkreuzen und damit da« Schicksal seines KindcS besiegelt werden könne, hatte nicht von ihm weichen wollen. (Fortsetzung folgt.)
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