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Wger TaMalt Anzeiger. §WN för Politik, Localgeschichte, Kandels- und GesMsverM Jnsertton-pretA Die Sgespaltme Petitzeile SO Pf-^ Reklame, unter dem Redactionsstrtch (-«- spalte») bO^, vor den Kamtlirunachrichti» (S gespalten) Gröbere Schriften laut »userem Pralt» verzetchoiff. rabellarischer und Ziffprusatz «ach höherem Tarif. Srtra-Veilage, (gefalzt), n»r mit da Morgen-AuSgabe, ohne Postbeförderuug ^l 60.v, mit Postbesörderuug Fl 7L»u Ilunahmrschluß für Inserate: Abeud»Au»gabe: Bormittag» 10 Uhe. Marge u»Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Soun- und Festtag- früh '/^ Uhr. Lei dea Filialen und Annahmestelle» je ead halbe Stund« früher. Inserate fiud stets °° dt. GrdedttiOt z» richte». Druck »ad Verlag voa E. Polj k» Sethgd ^- 583. Montag den 14. November 1892. 88. Jahrgang- Politische Tagesschau. * Leipzig, 14. November. Daß in der allgemeinen Eonfusion, die seit dem Rücktritt deS Fürsten Bismarck unseres ganzen politischen Lebens all- mälig sich bemächtigt hat, auch die thörichtsten Ausstreuungen Gläubige finden, ist begreiflich. Und nickt minder begreiflich ist es, daß von dem Unfuge, den die Ossiciösen unter dem neuen Curse mit wirklichen oder angeblicken „Enthüllungen" treiben, auch solche Blätter sich anstccken lassen, die den Mangel an zuverlässigen Nachrichten ebenso bitter empfinden, wie den Mangel an Aufmerksamkeit des Publicums auf ihre Leistungen. Da es auf ein Bischen Thorheit und Unfug mehr oder weniger heutzutage nicht ankommt, so kann man für gewöhnlich pscudo-osficivse „Enthüllungen" auf sich beruhen lassen und es der Zeit anheimstellen, mit ihnen auszuräumen. Aber es wird zur Pflicht, solchen Ausstreuungen entgegen- lutretcn, wenn sie in ihre ungeschickten Eombinationen fürstliche Personen hineinzieheu und diesen eine Nolle andichten, die sich weder mit der Würde, noch mit dem legitimen Einflüsse dieser Personen auf die wichtigsten Fragen der deutschen Politik verträgt. Eine solche Rolle dichtet ein hiesiges Blatt Sr. Majestät dem König von Sachsen an, von dem es behauptet, er babe mit Sr. Majestät dem Kaiser bei der Hofjagd in KönigSwusterhausen über die Militairvorlagc sprechen wollen, und zwar als Gegner der Vorlage und der zweijährigen Dienstzeit. Für Jeden, der die Art der Entstehung militairischer Gesetz entwürfe und den verfassungsmäßig garantirten Einfluß eines so hervorragenden und bewährten Kenners militairischer Ein richtungen kennt, mußte ja das Unwahrschcinlicke einer solchen Ausstreuung aus der Hand liegen. Da aber die letztere unbeanstandet durck eine Reihe von Blät tern gebt, so muß darauf hingewiesen werden, daß eine Militairvorlagc von solcher Wichtigkeit und Tragweite, wie die jetzt dem BundeSrathe vorliegende, zu diesem gar nicht gelangt sein würde, wenn ihre Grundzüge nicht vorher die Billigung unseres Königs gefunden hätten. Und wäre in dem Entwürfe und seiner Begründung etwas, was König Albert nickt billigen konnte und was er trotzdem bei den vertraulichen Vorbesprechungen nicht zur Beseitigung oder Abänderung hätte bringen können, so Würde König Albert der Letzte sein, der die durch die Rcicbsvcrfassung sestgestellte weitere Behandlung der Vorlage durch eine persönliche Intervention beim Kaiser zu stören versuchte. Er würde in dem jetzigen Stadium der Berathung sich damit begnügen, durch die sächsischen Stimmen im BundeSrathe auf eine Aenderung in seinem Sinne hinzuwirken, und seine letzten Entschließungen bis zu dem Augenblicke sich Vorbehalten, wo der Bundesrath Stellung zu den Beschlüssen des Reichstags zu nehmen bat. Dann wäre auch vielleicht der Augenblick gekommen, mit dem Kaiser eine persönliche Aussprache herbei zuführen, obgleich bei dem Verhältnisse beider Monarchen zu einander und bei der regen diplomatiscken Verbindung zwischen Berlin und Dresden eine solche persönliche Aussprache kaum eine zwingende Nothwendigkeit sein würde. Wer unscremKönig mit der Miene der Ofsiciosität unterstellt, er greife über den Bundcörath hinweg, um seine nicht beachtete hohe Einsicht durch persönlichen Meinungsaustausch mit dem Kaiser zur Geltung zu bringe», macht sich wichtig aus Kosten König Albert'S und ichreibt diesem eine Rolle zu, die mit seiner so oft bewiesenen Achtung vor der Reichsverfassung nicht im Einklang steht. Das hätte namentlich die „B. Ztg." wissen und die thvrichte Nachricht nicht Herrn vr. Hans Blum und indirect dem Fürsten Bismarck in die Schuhe schieben sollen. Beide Männer kennen den legitimen Einstuß König Albert's und seine streng >>» Rahmen der Verfassung sich bewegende Haltung viel zu gut, als daß sie so thörichtcs Zeug in die Welt setzen könnten. In den Niederlanden ist aus Anlaß der Taufe des neuen Kriegsschiffes „Königin Wilbelmine der Niederlande" die Frage des dermaligen Zustandes der holländischen Kriegsmarine aufgeworfen worden. Die Betrachtungen, welche Amsterdamer und Rotterdamcr Blätter auf Grund fachmännischer Urthcile anstellen, lauten wenig zuversichtlich. Fast alle Kriegsschiffe sind alt und für einen Seekrieg in unserer Zeit kaum mehr tüchtig. Die Regierung giebt übrigens die Reformbedürstigkeit der Kriegsmarine zu, indem sie den Gencralstaatcn eine Creditvorlage von gk Millionen Gulden zukommen ließ, welche zur Her stellung einer neuen Kriegsmarine dienen sollen und die aus eine Reihe von Jahren sich vertheilcn werden. Natürlich vernehmen die niederländischen Steuerzahler diese Botschaft nicht mit Freuden, umsoweniger, als die Regierung gleichzeitig für die Landesvertheidigung 27 Millionen Gulden fordert. Das macht im Ganzen einen Militaircredit von 63 Millionen Gulden, eine respektable Summe für ein so kleines Land wie Holland. Aber die gegenwärtige Eredit- forderung ist nur eine Folge langjähriger Lässigkeit und Ver nachlässigung und jede weitere Verzögerung würde nur eine noch größere Steigerung der Kosten nach sich ziehen. ncnder der minar - Vertrages" der russisch-französischen Allianz dort keinen besonderen Eindruck hervorgerusen, so daß sogar manche Blätter davon keine Notiz nehmen. In politischen Kreisen mißt man aber doch dieser Ver öffentlichung eine gewisse Bedeutung bei, indem man der Annahme zuncigt, daß sie einem bestimmten Zweck dienen soll, und man überdies davon unterrichtet ist, daß der „Matin", nachdem er eine Zeit lang auf Rußland nicht gut zu sprechen war, gegenwärtig wieder mit dem russischen Botschafter von Mohrenheim Beziehungen unterhält. Man hält auf der einen Seite für möglich, daß die Meldung den Zweck verfolgt, die französische Börse wieder für eine neue russische An leihe zu erwärmen, während auf der anderen Seite der Zweck der Veröffentlichung darin gesucht wird, dem Minister deS Aeußern, Ri bot, der angeblich für ein französisch russisches Bündniß zu wenig Eifer an den Tag legt, ein Bein zu stellen. Es heißt in der Mittheilung des „Matin": „Tie russische Regierung hat dem Vertrage (demnach soll also ein Vertragsentwurf von Paris nach Petersburg gesandt worden sein) einige kleine Abänderungen und gewisse ergänzende Artikel hinzugesügt, aber diese Modifikationen sind ohne große Wichtigkeit, und wir wollen hoffen, daß Herr Ribot darin keinen Grund smden wird, um einen so wichtigen Abschluß zu verschieben und die Sache in die Länge zu ziehen. Die Unterzeichnung dieses Vertrages während der Abwesenheit des Ministers der auswärtigen Angelegen- heiteu Herrn vou Äiers und des Großfürsten Wladimir beweist wiederum, daß der Kaiser Alexander III. ganz allein die Politik feines Landes leitet und ohne sich von seiner Umgebung beeinflussen zu lassen." Der „Diplomat" des „Matin" schließt seine Mittheilung mit gehcimnißvollen Andeutungen über angebliche Intriguc», die am russischen Hofe wie auch in Frankreich gesponnen würden, um den Abschluß der russisch-französischen Allianz zu verhindern. Wie gesagt, cö ist nicht unwahrscheinlich, daß sich durch diese Sensations-Nachricht des „Matin" der Acrgcr gewisser Persönlichkeiten Luft gemacht hat, denen cS vielleicht in Folge ihres UcbcreifcrS noch nickt gelungen ist, die Unter Zeichnung und Besiegelung eines russisch-französischen Schutz- und Trutz-Bündnisses durchzusetzeu. Gestern, Sonntag, fanden in Italien in mehr als sechzig Wahlkreisen die Stichwahlen für die Dcputirten- kammcr statt, lieber das Ergebniß dieser Wahlen meldet ein soeben einlaufcndcS Telegramm, daß nach den bisherigen Ermittelungen 30 Ministerielle und 13 Ovposit ionclle gewählt sind. Das Ministerium Giolitti hat somit einen neuen großen Erfolg zu verzeichnen. Trotzdem empfiehlt es sich, bei Beurthcilung dieses großen Wahlsieges recht vorsichtig zu sein, da die große Regierungsmehrheit doch etwas sehr buntscheckig zusammengesetzt ist,und Erispi bereits in den nächsten Tagen Gelegenheit nehmen will, sein von dem Standpuncte Giolitti'S abweichendes Programm zu entwickeln. Französische Blätter gehen allerdings zu weit, wenn sie von einem nun mehr vollzogenen unheilbaren Bruche zwischen den beiden Staatsmännern spreche». In der Programmrede, die Erispi am 20. November in Palermo halten wird, soll vor allem an den Finanzpläncu Giolitti'S Kritik geübt werden, der das Gleichgewicht im Staatshaushalt wiederhcrzustellen versprochen bat, ohne dem Lande neue Stenern aufzuerlegen. Auf dem Gebiete der inneren Politik wird Erispi insbesondere gegen die gegenwärtige Regierung den Vorwurf zu begründen suchen, daß sie der Linken nicht die wirklichen Grundlagen für ihre Neubildung zu gewähren vermocht hat. Nicht minder wird Erispi in der von seinen Parteigängern jetzt bereits als sehr bedeutsam bezeickneten Programmrede die Art bekämpfen, wie die officiellen Candidaturen von der Regierung im jüngsten Wahlkampfe inscenirt worden sind. Allerdings muß Erispi Mi, Ri'.«,»»! I-m- «WÄLL MUMME hin bedeutsam. Aus Rom liegt eine Nachricht vor. Welche bekundet.^daß selbst ^der'höckst'en LrchL'iLt «über Dauben ihren Niesole bei Floren,. Der neue Ieslutcngencral I hat nun au den Papst das Gesuch gerichtet, den S - tz des O!dms von Fi-sellc nach Rom v-rlegen zu dürfen Mm kann auf den Bescheid wohl gespannt se.n. --'.tt d- Sine ihres obersten Organismus IN Rom wurde» die Jesuiten natürlich auf das Papsttbum emen no unmittelbareren Einfluß ausüben als gcgeuwarNg. mit d weißen" und dem „rotkcn" Papst - als solcher wird de- k'auntlick in Nom der Eardinalpräs-ct d-rIrop-.MU.la siäo bezeichnet — Ware dann auch der „schwarze örtlich rer einigt und würde voraussichtlich die beide» andern beherrschen Bisher hat man ebendeshalb m ^onr eine örtliche Trennung der beiden Spitzen vorgczogen; bei ccm un berechenbaren Eharaktcr Leo's XIII. aber laßt sich der Aus gang dieses von dem neuen Jesuitengeneral unternommenen Versuches nicht im Voraus beurlhcilen. Der durch die letzten PräsidentschastSwahlen in den Ber einigten Staaten vou Nordamerika herbcigcfuhrte Umschwung erweist sich von Tag zu Tag großer, denn es sind .runu.ehr für Elevelaud 200 ElccloralsN...me'> gezählt. Auch die Thatsache steht nunmehr fest, daß d.e Demokraten die absolute Mehrheit im Senat erobert haben, nachdem sie schon früher im Repräsentantcnhause die Mehrheit besaßen. Es ist somit die politische Uebercmstimmung aller drei gesetzgebenden Factoren, jder Executive und beider Häuser der Gesetzgebung, hergestellt, ein Verhaltniß, welches seit 16 Jahren nicht bestanden hat. Erst jetzt ist es möglich» einschneidende Gesetzesvorlagen durchzuführcn, während bisher die gesetzgeberische Thatigkeit hauptsächlich auf Auseinander setzungen zwischen dem Repräfentantcnhause und dem Senat sich zu beschränken pflegte. Daß die McKinley-Bill bald nach dem an, 4. März erfolgenden Amtsantritte ElevKands bedeutende Modificationcn erfahren wird, ist an dieser stelle schon «»gedeutet worden. Eö ist jedoch anzunehmen, daß auch schon vorher die Wirkungen des Umschwungs sich zeigen werken, denn selbstverständlich denkt in diesem Augenblicke in der Union Niemand daran, neue industrielle Untcrnchmuugen zu errichte», bestehende zu erweitern oder auf Vorrath zu arbeite». Die Parole darüber lautet jetzt: abwarten! Nach einem Kabeltelegramm der „Franks. Ztg." bat sogar ein großer Importeur, der in intimer Fühlung mit Mitgliedern des Eongresfcs und des Senates steht, die vollständige Auf hebung des Mac Kinley-Tarifö in bestimmte Aussicht gestellt. Der neue Tarif dürfte allerdings erst am 1. Januar 1804 iu Kraft treten. Deutsches Reich. ss. Berlin, 10. November. Die „fraudulöse" Verösfent lichung des Hauptinhalts der Militairvorlagc in der „Köln. Ztg." hat das Entsetzen der amtlichen Kreise erregt; diesmal hätten sie gelacht, wenn nicht die Aufmerksamkeit auf den LandtagSzusammcntritt zu sehr hypnotisirt und jener Gegen stand zu unruhig gewesen wäre, der nach dem Sprichwort ei» guteSRuhekissen sein soll. Es istnämlich nicht bemerkt worden, daßwabrschciulichauch die Vermögenssteuer „fraudulös" veröffentlicht worden ist, und zwar zuerst im „Berliner „Börscn-Eourier". der ihren Inhalt in der Morgcnnuinmcr brachte, als der Landtag zusammentrat, später im „Berliner Tageblatt", dem „Localanzeigcr" und einer Reihe von Provinzialblättern. Der „Borsen-Eourier" hatte aber weniger Glück als die „Köln. Ztg."; er hatte einen alten, falschen Entwurf eingehandelt, in dem das Wichtigste nachträglich vsr« ändert worden ist. Im alten Entwurf begann die'Steuer« cala mit 2 der neue hat als Anfangsziffer eine 3. Der Unterschied ist nicht gering', denn durch 'diese Aenderung wird die ganze Scala entsprechend erhöht und um ti» Bedeutendes der Gesammtertrag. Ferner war der Zeitpunkt der Rechtskraft der neuen Steuer falsch und verschiedeue- Andere, und dies lehrt Zweierlei: erstens, daß der Finanz- minister der Vermögenssteuer eine erbauliche Dehnbarirrt zutraut und zweitens, daß man sich mit Hintertrrppenver- bindungcu etwas mehr vorsehen muß. Daß diese „kleine Abweichung" nachher als Druckfehler berichtigt wird, ist kein Eompliment für die „geehrten Abonnenten". 1s Berlin, 13. November. Von dem in R. v. Decker'» Verlag hier erschienenen Werke von Heinrich von Po- schinger „Die wirtbsckaftlichen Verträge Deutsch lands" ist soeben der II. Band: Die deutschen Handel-- und SchiffsahrtS-Verträge auSgegebcn worden. Der Verfasser giebt zunächst in der Einleitung eine lichtvoll« Darstellung der deutschen Handelspolitik der letzten zehn Jahre, und theilt sodann die zur Zeit geltenden HandckS- und Schifffahrts-Verträge nach der alphabetischen Ordnung der Staaten, mit welchen dieselben deutscherseits abgeschlossen worden sind, mit. Einzelne handelspolitische Matenen sind in Verträgen geregelt, welche Deutschland gleichzeitig mit mehreren Staaten abgeschlossen hat. Diese internationalen Verträge reihen sich an jene mit den einzelnen fremden Staaten an, und sind unter sich in chronologischer Ordnuttg aufgeführt. Im Anhang sind auch die handelspolitische» Abkommen Deutschlands mit Frankreich, Großbritannien uod Portugal erwähnt, welche sich auf die deutschen Schutzgebiete beziehen. Das Werk giebt also ein vollständiges Bild unserer gesammtcn internationalen Verkchröbeziehungen, und erscheint gerade in dem jetzigen Augenblicke, da der Reichstag auf dem Pnnete steht, sich in hervorragender Weise mit neuen handelspolitischen Abkommen und Verträge« zu besckäftigcn, höchst willkommen. Das Büch dient aber i« bervorragcnder Weise auch praktischen Zwecken. Bei tzem großen Jnterefse, welches ave -Kreis« de- Handel- wie der Industrie allen handelspolitischen Abmachungen rntgegeu- zubringen gewohnt sind, wurde schon seit langer Z«t ei» Nachschlagewerk vermißt, welche« wie da« in Rede stHrnde besonders geeignet ist, rasch und correct uberalle den inter nationalen Handel Deutschlands regelnde Fragen Aufschluß zu geben. — Der Kaiser empfängt morgen Mittag 12 Uhr die Präsidien deS Herrenhauses und des Abgeordneten hauses. — Die Münchner „Allg. Ztg." verzeichnet da» irr militairischen Kreisen sich erkaltende Gerücht vom Rücktritt des KriegSministerS, des Generals v. Kaltenbo rn-Stachau» und von dessen angeblicher Ersetzung durch General v. Blume. Das genannte Blatt fügt hinzu: „General v. Kaltenborn.Stachau ist ohne Zweifel ei« guter Frontgeneral, aber den heute an einen Krieg-minister heraiitretcnden parlamentarischen Anforderungen nicht ge- wachsen. Ob sein Rücktritt noch vor dem Zusammentritt des Reichstags oder erst später erfolgt, wird wohl wesentlich von dem weiteren Schicksal der Militairvorlage abhängen." — Tie Gewerbe-Jnspectoren sind neuerdina- an gewiesen worden, die zu den landwirthschaftlichen Betrieben gehörigen Arbeiterwohnungen sorgfältig zu überwachen. — Die „Boss. Ztg." will wissen, die russische Regie rung plane eine Steigerung ihres gesammten Zolltarif- und dessen Behandlung als Höchsttarif, also die Erhebung der Zölle dieses Höchsttariss gegenüber denjenigen Staaten, die dem Zarenreiche nicht die Rechte der meistbegünstigten Nation gewähren, während die übrigen Staaten den bis herige» Zöllen unterliegen sollen. Falls Deutschland Diffe renzialzölle gegen Rußland erbebe, würde also fortan die deutsche Einfuhr in Rußland nicht nur den bisherigen Zoll sätzen, sondern denen des Höchsttarifs unterworfen werden. Das genannte Blatt bemerkt selbst dazu, eS bleibe ab zuwarten, ob dieser Plan zur That werden wird. Der- muthlich hat man es mit einem Manöver zu thun, da» auf die zollpolitischen Verhandlungen mit Deutschland wirken soll. — Wie die „Kreuzztg." erfährt, steht zu erwarten, daß die königliche Verordnung, welche für Preußen den neuen FeiirUctsn. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottfchall. 87f Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) „Armes Kind", sagte Lothar, sie ans Herz schließend. Doch als sic in daS vom Rosalicht der Ampel beleuchtete Zimmer traten und er sie näber anblicktc, konnte er einen Ausruf der Verwunderung nickt unterdrücken; er hatte er wartet, ein verweintes Gesicht, llberströmt von Thränen. ein gebeugtes, verzweifeltes Weib zu finden und niemals war ihm Teresa so lebensfreudig, ja so verführerisch entgcgengetreten Wie in dieser Nacht. „Ick freue mick, Dick, so gefaßt zu seben", sagte er, „ob schon ich Dir keine tröstliche Kunde bringen kann. Es ist mir unmöglich gewesen, den Urbeber dcS schändlichen Skan dals ausfindig zu machen; ich erschien im ersten Zwischenacte nicht bei Dir auf der Bühne, weil ich dem Publicum an den Puls fühlen wollte; doch in dieser Hexenküche weiß man ja nicht, wer Koch oder Kellermeister ist; das brodelt so sinnlos durcheinander. Man unterhielt sich im Foyer gar nicht über den ganzen Vorgang; er schien für Alle, an denen ich vor überging, nichts Besonderes zu haben. Es waren lauter Eingeweihte und rS handelte sich offenbar um eine abgemachte Sache. Ich glaube nicht, daß Jemand vom Theater die Hand dabei im Spiele hatte, am wenigsten Leontiuc Eckcrdt. Haben sich ihre zahlreichen Verehrer dabei bcthciligk, so geschab's ohne ihre Schuld und ohne ihr Wissen. Doch gleichviel, von wem der Lärm ausgiiig; ich werde die Urheber und Mitwirkenden an den Pranger stellen und meine kritischen Freunde werden mich dabei unterstützen." „Doch was nützt es mir?" sagte Teresa, „der Director wird mich nicht wieder auftreten lassen; er will cs mit dem Publicum nicht verderben." „DaS Publicum . . . dies unfaßbare, vielköpfige Unge- thiim, dessen Ecrberusrachcn die öffentliche Meinung ist, die jedes Opfer zerfleischt! Und dann liegt cö wieder schweif wedelnd zu Füßen irgend einer aufgedonnerte» Größe und frißt den haarsträubendsten Unsinn irgend einem Liebling a»S der Hand. Und dabei spielt eö in allen Farben, wie der Meergreis deS AltcrtbumS und wechselt seine Gestalt, daß mans nickt packen kann. Zuletzt entscheidet nur die Zabl, die gespenstige Ziffer; die Summe der abgesctzten Tbeater- billets giebt dem Director, der mit dem Unberechenbaren rechnen muß, den einzigen Maßstab für das Publicum, daS seine Künstler und aufgeführtcn Stücke finden; die Zabl her abgesetzten Exemplare giebt denselben Maßstab dem Verleger für daS Publikum seine Journale und Bücker. Tiefer Maßstab aber entscheidet stets zu Gunsten der geistigen Canaille. Es lebe der Schund! ist die durch die Frequenz und den Absatz verkündete Losung; eS lebe der Schund . . . rufen dann die Theaterdirectorcn und Verleger. Tic Köpfe sind gezählt; man macht Reclanic mit der imponirendeii Zabl, und »un strömt alles dorthin, wo schon die Masse ist; das vermehrt sich und vervielfältigt fick wie die Blattläuse; cS komme» die großen Erfolge u»v die klugen Geschästsmäniicr füllen sich die Tasche und werden dabei »och gar als För derer der Kunst und Literatur gepriesen >»id ausgezeichnet. Das Publikum — es ist die zur Lawine zusammen- gedallte Dummheit, die alles Geistreiche und Schöne ver schüttet. Es ist ja der Jammer aller hochstrebenden Geister, daß man abhängig ist vom Niedrigsten und Verächtlichsten; denn es steht nickt blos schief darum, wenn man kein Pudli kuin hat, sondern unser Licht wird ganz unter den Scheffel gestellt und vielleicht sür immer. Du magst Recht haben, wenn Du meinst, daß der Director Dich jetzt kalt stellen wird — und wem, die Kritik noch so glanzend für Dick cintritt. Sind Publikum und Presse einmal verschiedener Meinung, so hält es der Director mit dem ersteren; denn nur des Publikums wegen bat die Presse Werth für ihn." Teresa hatte nur mit halbem Ohr auf das alles gehört, was sie so nahe berührte; aber die Erregung, die Veredtsain- keit, der Feuergeifl ihres begeisterten Anwaits hatten eS ihr ?"Newa.n: ihr war in seiner Nähe so wohl, so sicher; sie fühlte sich immer mächtiger zu ihm hingezogen; sie glaubte an tt'»ci, Genius. Sei» struppiges Haar, sein wildleuch,en de« Auge seine oft zappclmänniscke Beweglichkeit... da« mochte Andere ab,toßen; sie prüfte nicht seine Schönheit; aber sein ganzes We,c„ strömte einen Zauber a„S. dem sie erlag- es gv» Feuer in ihre Adern; sic hatte sich bisher vor der Welt '«'p!-"'d sic. daß es in ihr etwas Begehrens werlbes, etwas Verheißungsvolles gab. a-nz konnte sie sich der Angst um ibr künftige« c-ci ickfal entfchlage». „Was soll a»s mir werden", fragte sie verschüchtert und leimte ihr Hanvt an seine Brüst w e um sich z„ bergen unter seine.n all.nächtigen Lchu('. ' ' , was der TheSpiskarrenschicbe» in seiner Hol-c,, Einsicht b-scklließt. Zunächst bist Du durch Demen Ecnliaet gcfchutzt; g.» hast nickt dagegen gesündigt; cs ist nur an Dir gesündigt worden. Dann aber... die Welt ist groß und die Theaterpcst hat unser gutes Vaterland gänzlich durchseucht. Nimm'« nicht übel, daß ich von diesem Kunst krempel so verächtlich spreche; es ist einmal meine UebSr- zeugung. Ich habe Freunde, einflußreiche Freunde, die ge legentlich einem solchen kleinen Despoten von Director den Fuß aus den Nacken setzen; mit meiner Hilfe kannst D« leicht ein anderes besseres Engagement finden!" „Und Du!" „Nun", versetzte er leichthin, „ich siedle über mit Dir, wenn Du mir ein Reckt darauf giebst." Das war ein doppeldeutiger iOtakelspruch. Doch Teresa batte nur eine Auslegung dafür, eine Ansleaung, wie sie glühende Leidenschaft ibr eingab, die sich selbst rechtfertige« konnte mit so verheißungsvollem Wort. „Und wozu sich mit Gespenstern herumschlagen?" sagte Lothar; „ist nicht Künstlerrubm ein solches Gespenst? ?ul« diese vom Mond beleuchteten Handtücher sollen keinen Alp druck aus uns auSüben! Bist Du nicht Teresa Stern, da schöne Weib, das zu seiner Glorie nicht der ProsceniumV» lampen bedarf? Mögen sie diese in Trümmer schlagen . .. Dir bleibt der Mond und die Sonne, die Deiner Schönheit leuchten. Und siehe den Mond . . . dort steigt er empor über dem verstürmten Gewölk . . . das thränrnseuchte Laub sangt gierig seine schüchternen Strahlen ein, der Sturm ist vervraust ... die Hähne krähen ... die Gespenster schwinden, aber alles was Leib und Leben bat, fühlt doppelt den Segen des Himmels, der in den feurigen Pulsen schlägt nud albuiet in unfern glühenden Küssen!" Uod er drücktt leidenschaftlich die Geliebte anS Herz. 1 (Fortsetzung folgt.)