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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930715028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893071502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893071502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-07
- Tag 1893-07-15
-
Monat
1893-07
-
Jahr
1893
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«0 — 02^0 »7.70 03.25 »7.70 03.2» 03.- SV^S 53.50 »Ho 02.— «5.— 7».— «1.— 04.50 »7.— Vezug-.Pret- 1» d« Hailptexpedition oder den im Stad«. b«»trk nnd den Borortea errichteten Aut- oalestellen obgeholt: vierteljährlich ^4.50, »ei zweimaliger täglicher Zustellung iu- Hau- b.bü. Durch die Post bezogen siir Deutschland und Oesterreich: vierieliädrUch k—. Direkte tägliche Kreuzbandieiidung :us Ausland: monatlich 7.50. Die Morgen-Bu-gabe erscheint täglich '/,7 Uhr, die Abend-Ausgabe Wochentag- 5 Uhr. NeLarlion und Expedition: JohanneSgaffe 8. Die Expedition ist Wochentag- ununterbrochen grölinet von früh 8 bi- Abends 7 Uhr. Filialen: ktt» Kle«»r- Kortim. tAlfrrV Hahn)» Universität-strabe 1. Loni» Lösche, potharinenstr. 14, Part, und köuigSplah 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Lrgan fiir Politik, Localgeschichte, .Handels- und Geschäftsverkehr. AnzeigenPrei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Neclamrn unter dem Redaction-strich (4-e- spalten) 50-H. vor den Familieanachrichte» <6 gespalten) 40^. 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JnTi, Vormittags nnr bis ^ 2^ Uhr sicvssuet. kxpetUtüm <I< 8 Politische Lagesschair. * Leipzig, 15. Juli. Nichts hat die Gegner der Militairvorlage im neuen Reichstage tiefer gekränkt, als daß (Hras Herbert BiSmarck am Donnerstag für den Art. I der Vorlage stimmte. Bekanntlich gaben sich diese Gegner de» Anschein, als ob sie uns die Ansichten des „Einsiedlers von Friedrichs«»!," nicht das Geringste geben, aber sie batten eS doch für ibr Leben gern gesehen, wenn ker Cohn des früheren Reichskanzlers mit ihnen gegen die Militairvorlage gcslimmt und ihnen dadurch Gelegenheit verschafft hätte, der Welt cinzurekcn, Graf Herbert BiSmarck und sein Vater stänken i» der Militairfrage auf gleichem Boden mit Socialrcmokratc», Demokraten, Ultramontancn und Welsen. AlS Gras Herbert Bismarck am Donnerstag diese Hoffnung zu nichle gemacht batte, erhob sich daher in der Presse der Oppositionsparteien ein Sturm gegen ihn, wie er sonst in diesen Blättern nur gegen seinen Vater tobt. Er sei von diesem, der sa in den „Hamb. Nackr." gegen die Militairvorlage habe schreiben last'en, abgefallen, wurde ihm vorgcwvrscii; ja die „Voss. Zig." brachle cS, wie der Telegraph bereits gemeldet Hat , fertig, ihm zu unlerstellen, daß er zwar ein Gegner der väterlichen Ansicht über die Militairvorlage sei, aber im Einverstänkniß mit seinem Vater durch seine Zustimmung zu dieser Vorlage in die Gunst der Leiter eeö neuen EurscS sich habe ein- schmeichelu wollen. Wörtlich heißt cs in dem betreffenden Artikel des fortschrittlichen BlatteS: „Es qiebt keine köstlichere Beleuchtung der Taktik doS Fürsten Bismarck als die Haltung seines SohncS gegenüber der Militairvorlaao. Ter frühere Reichskanzler vermag nicht einmal den Grafen Herbert BiSmarck für seine Mei nung zu gewinne«: auch ihn bat er nicht überzeugen können. Während Fürst BiSmarck in Wort nnd Schrift die Vorlage befehdete, stimmte Graf Herbert BiSmarck für die geforderte Erhöhung der Präscnz^iffcr. Und er wird wissen, daß er damit ganz im Sinne seines Vaters bandelte. Der greise Staatsmann bat aus dem Leben seine Schlußrechnung gezogen, für seinen Ehrgeiz gicbt cS leine Befriedigung in einem Amte mehr. Ter frühere Staals- secrctair des Auswärtigen Amtes aber ist »och ein junger Mann, weshalb sollte er die Schiffe hinter sich verbrennen? Wesbalb sollte er sich seine Zukunft verlegen? Ihm wird das Herz nicht brechen, wenn die Präseiizziffer selbst un- nöthig erhöht wird, aber verwirft er sie. so muß er jede Hoffnung, daß ihm einst wieder die Sonne der Gunst leuchte, ausgcben. Fürst BiSmarck wäre der Erste, der ihm mit Achselzucken, ein echter Menschenverächter, rielhe, ohne Besinnen für die Vorlage zu stimmen. Und Graf Herbert Bismarck bat dem entsprechend ge handelt. Er kann heute, trotz UriaSbrief und Afrika, freund schaftlich dem Grafen Eaprivi die Hand drücken. Sollte selbst morgen ein neuer Zornausbruch von FriedrichSruh durch die „Hamb. Nackr." der Welt vermittelt werden, der heutige Kanzler und der Solm seines Vorgängers können einander verständnißiniiig in die Augen blicke» und sich gegenseitig den FrieteiiSlrunk credenzcn. Für die Kreise aber, die jeder Kundgebung des Fürsten BiSmarck wie einer Offenbarung lausche», ist dieser Vorgang lebrreich und bebcrzigcnöwcrlb. Sie werden endlich lernen müssen, daß der frühere Reichskanzler, wen» er Pfeil aus Pfeil gegen die Männer dcö neuen EurscS entsendet, gewiß seine wobl- bewußtcu Zwecke verfolgt, aber Derer spottet, die ihm folgen und Um beim Worte nehmen. Als Talleyrand der Tod eines Diplomaten gemeldet wurde, da fragte er: „WaS kann er damit beabsichtigen?" Tie Auslassungen des Fürsten BiSmarck dürfen nicht mehr ans ihre sachliche Begründung, sondern nur aus die augenblicklichen Absichten ihres Urhebers geprüft werden." ES konnte daher nickt befremden, daß gestern bei der zweiten Lesung der Militairvorlage, als Graf Herbert BiSmarck die Gründe seiner Haltung darznlegcn suckle, die gcsammle Opposition ibn durch eine Fülle von Zurufen davon abzu- balicu sich bcstrcbte. Die Zwischenrufer ahnten, daß diese Darlegung zugleich eine Motivirung der Stellung des Fürste» BiSmarck zur Militairvorlage sein würde. Und so war eS auch. WasGrafHcrbertBiSmarcksagte, bewegt sich vollständig i» de» Bahnen der Ausführungen, mit denen in den „Hamb. Nachr." die Militairvorlage be kämpft worden ist. Vieles in diesen Darlegungen ist ja in den Eommissionsberatkuugen bereits widerlegt worden und konnte daher auch leicht vom Grafen Eaprivi widerlegt werden; cS wäre auch schwerlich gesagt worden, wenn Fürst BiSmarck oder sein Solm den EommissionSborathungen hätten beiwohnen können. Anderes, WaS sich auf die Haltung des jetzigen Reichskanzlers in den einzelnen Phasen der Entstehung der Vortage bezieht, läßt sich überhaupt nicht widerlegen und mackt cS begreiflich, daß ein so ziclbcwußler Politiker, wie^ der Altreichskanzler, mit dem OpuS seines Nachfolgers sich nickt befreunden kann. Aber daö ist Nebensache. Die Hauptsache war, daß Graf Herbert BiSmarck, trotz seiner großen Bedenken gegen die Vor lage, die Annahme derselben doch befürwortete, indem er anerkannte, daß eine Verstärkung unserer Wehrkraft einc unabänderliche Notbwend igkeit sei. Er sagte zwar nicht ausdrücklich, daß das auch der Standpunct seines Vaters sei, aber auö der völligen Uebercinslimmung der Bedenken des SolmcS mit denen des VatcrS, und ans der Thalsacht, daß Fürst BiSmarck mehr als einem seiner Besucher gegenüber eine Verständigung über die Militairvorlage als wünsckcnSwerth be zeichnet hat, geht überzeugend bervor, daß Graf Herbert Bismarck, indem er trotz seiner Bedenken gegen die Vorlage für dieselbe sich erklärte, nur dasselbe lhat, was sein Vater an seiner Stelle auch gethan haben würde. Wäre Gras Eaprivi ein großer Diplomat, so hätte er hieraus und aus dem so leicht begreifliche» Grimm der Opposition für sich einen erheblichen Voriheil gezogen. Er hätte die Bedenke» des Grafen spielend widerlegt, Kälte den Herren Richter, Lieber und Eonsorlen den Patriotismus eines Mannes, der trotz vieler sachlicher Bedenken und einer begreiflichen per sönlichen Mißstimmung aus die Seite der verbündeten Re gierungen fick stellt, als leuchtendes Beispiel vorgebalten nnd daraus sich und seiner Sacke einen Triumpb bereitet. Daß Gras Eaprivi kein großer Diplomat ist, hat er kaum jemals deutlicher gezeigt, als gestern. Freilich machte ihm Gras Herbert BiSmarck, der sich durch seinen begreifliche» Aergcr über seine Störer zu gleichen Störungen des Kanzlers hinrcißen ließ, die Rolle eines Triumphators nicht leicht. Aber sicherlich hätte Fürst BiSmarck i» der Lage seines Nachfolgers die Gunst der Situation besser für sich auS- zubcutcii verstanden und nickt de» Schutz des Präsidenten gegen einen Redner erbeten, welcher der Opposition die ein- dringlichsle Lehre crtbeilt und die Stimmen für die Vorlage durch ein BiSmarck-Votum bereichert hatte. In Belgien hat dieser Tage die Verfassung zwei Ab änderungen von schwerwiegender Bedeutung erfahren. Die erste dieser Abänderungen betrifft die Einführung des allge meine» StimmrecklS, die zweite die Erwerbung von Eoloni en, bczw. einer großen Eolouie, deSEongostaateS. Hin sichtlich dcS ersten PnnctcS, ker Abänderung des Artikels 48 der belgischen Verfassung, ist »unmcbr eine Einigung zwischen den gesetzgebenden Körperschaften, Kammer nnd Senat, zu Staude gekommen. Dieser Artikel bestimmt fortab, daß die Stimmen abgabe eine obligatorische ist und in der Gemeinde er folgen soll. Ter SenatSauSschuß bat beide Bestimmungen mit l l gegen 4 Stimmen angonommcn, so daß für die Wahl der Mitglieder der Teputirtcnkammcr die VerfassungS- dnrchsicht zum Abschlüsse gekommen ist. Jeder 25 Jalire alle belgische Staatsbürger ist stimmberechtigt und besitzt nach Maßgabe dcS angenommenen Mebrstimmen-WahlsystemeS eine, zwei oder drei Stimmen. Nur die „Unwürdigen" sind von der Stimmberechtigung ausgeschlossen. Von den 6 000 000 Einwobnerir Belgiens erhalten danach 1 200 000 Bürger das Stimmrecht; bei jeder Wahl werden in Folge der Mehrslimmcn 1900 000 Stimineir abgegeben. Bedenkt man, daß bisher für die Wahl der Tcpulirten nur 131000 Bürger stimmberechtigt waren, so muß man erkennen, daß ein gewaltiger Fortschritt durch die Verfassuiigsdurchsichl erzielt worden ist, daß die berechtigten Ansprüche der breiten Volksschichten im Wesentlichen Berücksichtigung gefunden haben. Die Regierung Halle einc aus Senatoren, Tcpulirten, hohen Miiiistcrialbeamten und Advocalen zusammengesetzte Com mission nicdergesctzt, die auf Grund der neuen Vcrsassuirgs- bcsNmmungen das Wahlgesetz auöarbeiten sollte. Die Eom- missivn har ihre Arbeiten beendet und das neue Wahlgesetz, das ticVcrtbeilung der Mehrstimmen, den Ausschluß terUnwürtigen, die Schlichtung der Wahlstrciligkciten und die Aufstellung der Wählerverzeichnisse regelt, wird »och in dieser Tagung von den Kammer» verabschiedet werden. Dabei ist die überraschendeTbat- sacke statistisch fcstgestellt worden, daß von de» 2506 Gemeinden deS Landes 1205 Gemeinden, also fast die Hälfte, nicht mehr als 1000 Einwohner haben. — Der zweiten nickt minder wichtigen Verfassungsänternng bat nach langem, heftigem Wortgefecht bisher allerdings nur die Kammer — am l l. Juli —, aber mit erdrückender Mehrbeit zugcstimmt, an der Zustimmung dcö Senats, die noch auSsteht, ist indcß »in so weniger zu zweifeln, als diese Verfassungsänderung von der Regierung ganz im Einklang mit dem König und, wie cö scheint, ans dcfsen persönlichen Wunsch ciugebracht ist. Danach soll und wird der erste Artikel ker belgische» Ver fassung, die unausbleibliche Zustimmung des Senats voraus gesetzt, mit einigen geringfügigen Modificationen gemäß dem Vorschlag der Regierung dabin abgcändcrl werden: „Die Colonien, überseeische» Besitzungen oder Protectorate, welche Belgien erwerben kann, werden durch Sondcrgesetze regiert. Die zur Vertbeidigung dieser Gebiete bestimmte» Truppe» dürfen »nr durch freiwillige Anwerbungen recrulirt werten." Zur Aufklärung der jetzt zwischen Belgien nnd dem Eongostaate bestehenden Sachlage muß bervorgcbobcn werden, daß die belgischen Kammern schon früher vier de» Congostaat betreffende Beschlüsse gefaßt haben: l) im April 1885 wurde der König ermächtigt, sich „Souvcrai» dcö unabhängigen EongostaaleS" zu »cnncn, 2j im April 1887 wurde die Ausgabe von Congoloosen genehmigt, 3) im Juli 1880 wurdcn 10 Millionen Francs für die Erbauung der Eongociscnhahil aus belgischen Staatsmitteln bewilligt und 4) kam am 3. Juli 1800 ein wichtiger Vertrag zwischen Belgien und dem Eongostaate zum Abschlüsse. Danach gewährte Belgien dem Eongostaate auf lO Jahre ein zinsfreies Darlehen von 25 Millionen Francs. Nach Ablauf dieser 10 Jakre, also am 3. Juli 1900, darf Belgien den Congostaat mit aller Habe und mit alle» Souverainetäts- rcchtc» ohne jede Entschädigung anncctircn; natürlich hat Belgien die von dem Eongostaate Dritten gegenüber über nommenen Verpflichtungen zu übernehmen. Der König selbst verzichtete hochherzig ausdrücklich auf jede Ent schädigung für seine persönlich gebrachten Opfer und be- stimmte testamentarisch, daß bei seinem Tode der Congo staat mit aller Habe und den SouverainetälSrcchten ohne Entschädigung an Belgien fallen soll. Tie nunmehr von der Kammer genehmigte Vierfassungsänderung führt allerdings noch nickt unmittelbar die Annexion deS EongostaaleS herbei, denn diese kann nach dem Bcrtrage erst in 7 Jahren erfolgen, aber cS ist nicht zu leugnen, dag die Annahme deS Zusatzes thatsäcklich die Einleitung zur Annexion des Eongostaate- ist und Belgiens Eintritt in die Eolonialbewegung hcrbeiführt. Somit ist der Kammerbeschluß vom 14. Juli für die Fort entwickelung dcö Landes von entscheidender Bedeutung, und mit diesem Beschluß tritt nunmehr endlick auch Belgien, wie dies die benachbarten Niederlande schon längst gethan haben, in die Reibe derjenigen europäischen Staaten ein, die ihre Hoffnung auf Eolonralbesitz in einer weit entlegenen Zone setze». Und daß diese Hoffnung des weitausschauenden König» der Belgier keine trügerische gewesen ist, das wird wohl schon in absehbarer Zeit der Erfolg lehren. Die Berliner Blätter meinen, daß die Feindseligkeiten zwischen Frankreich und 2iam nunmehr rhatsächlich er öffnet seien. Tie Befürchtung scheint indeß übertrieben, falls man nicht etwa schon die Besetzung des Gebiets am linke» Ufer deS Mekong, sowie die Occupatio» der Inseln Samit» Kong und Kong-Salem turck die Franzosen als.Kriegsfall anscbcn will. Was die angebliche Eröffnung der Feindselig keiten am 13. Juli betrifft, die allerdings mit den fried lichen Erklärungen des französischen Gesandten vom Abend vorder sich »ich: wobl vereinigen lassen, so liegt diesen Fcind- scligkcilcn, wie eS scheint, lediglich ein Mißversländniß zu Grunde. DaS „Rcuter'scke Bnrcau" hatte uns anS Bangkok vom l I. Juli, wie unseren Lesern bereits bekannt, gemeldet, daß die französischen Kanonciibootc „Inkonstant" und „Eomötc" am Eingänge deS Flusses Menam am 13. Juli cintrafen. Während der französische Gcsantte die Intentionen als friedlich tarstcllte, hätten die Kanonenboote, als die Nacht hercinbrack, die Einfahrt unter Kanonade der siame sischen Forts erzwungen, wobei drei Franzosen getödtet, zwei verwundet wurden und die Siamesen 20 Todte und 12 Verwundete batten. Das hätte denn auf alle Fälle den wirklichen Anöbruch dcö Krieges bedeutet, wenn die beiden Kanoiicnbvotc nach höherer Weisung vorgegangeu wären. Dem ist indeß glücklicherweise nickt so. Denn soeben meldet u»S daö „Rcutcr'sche Bureau" anS Bangkok vom 14. Juli, der französische Gesandte habe die siamesische Regierung wissen lasten, daö Vergeben der französische» Kanonenboote am Abend dcS 13. Juli sei lediglich auf ei» Mißverständniß der SchissSccminandantcu zurückziisUbren, welche gegen die ihnen crtbcilien Befehle gehandelt hätten. Die Ankunft eine- weiteren englischen KanonenbooleS hätte die allgemeine Unruhe vermindert. Der Beginn des Krieges ist also noch nicht er folgt. Hoffen wir, daß cs der englischen Vermittelung noch Feuilletsn. lieber Klippen. 16j Roman von Caroline Deutsch. (Fortsetzung.) „Nicht unbegreiflich, aber schmerzlich", sagte Lvry. Ich kann mir auch gar nicht denke», daß, wer einmal >m Leben geliebt hat, jemals hassen kann." Wie erschrocken unterbrach sie sich hier, während eine brennende Rötbc ibr Gesicht bedeckte und ihr ganzes Wesen eine tiefe Befangenheit zeigte. In Wilmas Augen loderte cs aber aus: cs war, wie wenn sich ein wildes, verzehrendes Feuer darin entzündete .... „Nnd bei mir zählen die Flammen nichts, die abgegrcnzt, wie die Gluth im Ose» oder ans dem Herde, den ihnen zugcmesscncn Raum nickt verlassen dürfen!" ries sic mit leidenschaftlicher Stimme. „Bei mir sind die großen, gewaltigen Feuer die wahren und echte», die Erde und Himmel rötben, die unter irdisch an den Pforten der Gebirge rütteln und ihre Riegel sprengen .... Dabei muß man aber Menschenblut in den Atern babcn, frisches, freies, schäumendes Mensckcnblut....!" TaS Antlitz der schönen Frau war wie in Glutb getaucht, die seinen Nasenflügel bebten und die dunkeln Augen streiften lecmrdenlanz mit cinenr seltsam verzehrenden Blick das Antlitz Franz Persall'S — dann wandte sic sich mit einem leichten, spöttischen Lächeln plötzlich zu Stefan und sagte: „Es ist dies zwar kein Dbema für Ihre Obre», Herr Pastor! aber ick will belehrt sein .... Magdalena war für mich immer die interessanteste Frauengcstalt in der Bibel. Wer viel geliebt, dem soll auch viel vergeben werde» .... wie ist das zu deuten, Hockwürden? In gutem Sinne dock nicht? Wer in gutem Sinne liebt, wie cS sich Eomtcsse Satwar denkt, dem braucht dock nichts vergebe» zu werden ..." DaS Stefan KiS in diesem Augenblicke fühlte, war eine wirklich seintsclige Empfindung gegen diese Frau. WaS wollte sie mit diesem Gespräch? Wie unerhört war eS, einen der artigen Gegenstand zu erörtern, erschöpfe» zu wollen . . . . unk zudem in Lorn'S Gegenwart! .... Schön war sie im (liier, im Feuer ihrer Rede, ja berückend schön, kaS batte ibr ein Todfeind ziigeslcben »lüsten, aber in Stcsan'S Augen war stc doch nur eine Bacchantin, der nur das Weinlaub unk der -ebyrsuSstab fehlte — ein schöner Dämon, dessen Atbem dem versengenden giftigen Wüstenwinde glich. ,Es ist ibr vergeben worden, Frau Baronin", erwiderte Stefan; auö seinen sonst so Kellen, freundlichen Augen sprach jetzt ein ehrlicher Zorn, „weil sic unbewußt, in angcborner, unwiderstehlicher Liebessüllc gefehlt, nicht mit Ueberlegung, nicht mit Bewußtsein, nicht aus frevlem Uebermuth; ich glaube nicht, daß zu gewissen modernen Sünderinnen gesagt worden wäre: wer viel geliebt hat, dem soll auch viel vergebe» werden!" Ein heftiger Windstoß, der heulend und pfeifend durch die Lust fuhr, unterbrach kaö Gespräch. Ein schweres Gewitter zog heran, und der Himmel hatte sich mit schwarzen Wolke» bedeckt. Stefan erhob sich, um nach Hause zu gehen; Marka war sehr ängstlich bei Gewittern, und er wollte sic nicht allein lassen, aber auch Lory mußte »och einmal zur Stadt. Sie hätte die Unterhaltung abbrochen müssen, selbst wenn daS schwere Wetter nicht beraufzezogen wäre. Bei Apotheker Janowitsch war heute die Unterrichtsstunde auf de» Abend verlegt worden, weil den Tag über Besuch aus dem Nachbar- städtchcn dort war. TcrcSka zündele die Lampe an, und Lory, die sich verab schiedet batte, blieb noch eine Weile, wie zögernd, bei der Thür stellen. Ob vielleicht auch er mitkam? . . . aber nein, Pcrfall stand ruhig in einem Gespräch mit der Mutter am Tische. Er wollte P«wiß die Frauen nicht allein lasse», nnd sic — nun sie batte ja einen Begleiter. Stefan hatte den selben Weg wie sie. Man hätte annehmcn können, daß die Baronin daS Ge witter in der Meierei abwartcn werde; sie hätte eS ruhig tbun können, da sic wissen mußte, Herr von SchmertizS werde bei dem ersten Anzeichen dcS Wetters den Wage» für sic schicke». Aber kaum hatte sich Lory entfernt, als auch sic sich plötzlich verabschiedete. Die Vorstellungen der Gräfin, daß cS ein schlimmes Wetter geben würde und der Weg ei» weiter sei, beantwortete sie mit den hastig ausgesprochenen Worten, daß sic fick nicht fürchte und den Wagen wohl unterwegs treffen würde; dann, nachdem Perfall wie der Blitz ein heißer, brennender Blick getroffen, war sic auch schon mit kurzem Gruße, und als dränge cS sie plötzlich zur großen Eile, über die Schwelle und auS den, Hause getreten . . . Draußen herrschte fast vollständiges Dunkel, nur ein fahler Sckein schwamm zwischen Himnicl und Erde. Wie schwarze riesige Fetzen hingen die Wolken am Himmel, auS denen von Zeit zu Zeit feurige Schlange» hervorlohtcn, und ununter brochen beulte »nk brauste eS in den Lüften, als sollte Alles zu Grunde riehen. „TaS wird ein furchtbares Unwetter geben", ertönte plötz lich Franz Persall'S Stimme »eben ibr, „ick glaube, Sic sollten hier bleiben, gnädige Frau!" War er ihr gefolgt, um sie zurückzuhalten?! In dem aufzuckendcn, grellen Scheine eines Blitzes sah er jetzt ihr Augcnpaar mit einem sunkelnden und zugleich trotzigen Blick ans sich gerichtet, und dieser schien zu sagen: „WaS kümmert'S Dick? Du kannst ja Zurückbleiben, wenn eS Dir zu viel ist!" Dann wandte sie sich, ohne ein Wort zu sagen, und ging mit großen Schritten voraus. Es war, als zögerte er einen Augenblick, dann war er wieder an ihrer «eite. „Da Sic durchaus geben wollen, gnädige Frau, so werde ich Sie begleiten, ich kann Sie in diesem Wetter nickt allein lassen." Wieder gab sie keine Antwort; sie sab an seiner hoben Gestalt hinauf, die die Dunkelheit nickt ganz verschlang. Sie waren nicht weit gegangen, als sie plötzlich sieben blieb und sagte: Gewitter pflegen liier im Gebirge sehr stark zu sei», wenn Sic das nickt wissen sollten, Herr Stnhlricktcr!" „Ick habe schon Gewitter hier erlebt", versetzte er mit leiser, unsicherer Stimme, „für mich ein Grund mehr, Sie nicht allein geben zu lassen." Tie Landstraße kies einc Zeit lang gerade anS. dann kam ein weiter Bogen, in dest'en Mitte zweigte sich der Weg nach dem Parke von Sckmertnsek ab. Wenn sie diese» Punct verfehlten, kamen sie aus Len Weg, der zu dem zwei Stunden entfernten Nachbarstädtcken führte. Aber sic wußten nickt, wo sie sich befanden. War eS die Landstraße, waren eS die Felder, über die sie schritten? Böllige Dunkelheit herrschte, und obwohl bald reckt-, bald links Blitze am Himmel auf zuckten und eine sccundenlange Helle verbreiteten, so verhinderten koch die Bäume, die Richtung erkennen zu können. Eine Weile waren sic schweigend dahin geschritten, als die junge Frau plötzlich das Gespräch wieder aufnahni; sie sprach teile und gedämpft, verhaltene Leidenschaft klang durch die Stimme: „Sind sie zu beneiden oder zu beklagen diese Mensche», denen cS so kühl und nüchtern durch die Adern fließt, deren Blut dem Gewässer kalb zugcsrorener Bäche gleicht? Und darüber siebt der Verstand, so kalt, so klug, so nüchtern wie die Wintersonne über einer Schncelandsckast!" . . . Er wußte zu gut, wer damit gemeint war; er fand aber diesmal kein Wort der Abwehr, der Bellbeitiguiig .... „Wenn eS aber hier pocht und stürmt", fuhr Wilma fort, und ihre Stimme hob sich leidenschaftlich erregt, wenn die beiße Lebenslust nach außen drängt, wer dann noch berechnen und klügeln kann, der soll Recht haben, und nicht ich!" — Es lag etwas in ihrem Wesen, das mit dem Sturm in den Lüste», dem grelle» Zuckcn am Himmel und mit all den wilde» Stimmen in der Natur übereinstimmte — und war eS dies, daS in der Luft lag? . . . Fieberhaft jagte daS Blut durch die Adern tcö jungen Mannes. DaS Unwetter hatte seinen Höbepunct erreicht. Der Sturm schien sich zu verzehiifactw» unk zu einem Orkan anzuwachsen; die Bäume bogen sich, als sollte» sic mit den Wurzeln ari dem Boden gehoben werden, und ihre Wipfel berührten fast die Erde, Aeste und Zweige stürzte» nieder, den Weg ver sperrend; dabei zuckten nnansbörlich Blitze am Himmel, denen der Donner mit ohrbcläubendcm Krachen unmittelbar folgte. Er hatte ihr beim Uebcrsckrcite» eines Wassergraben» binübcrgekolscn, sie batte seitdem seine Hand nicht wieder loSgelassen. — So standen sic mitten im Felde, ein Weitere- Vordringen war unmöglich: ibm war trotz dcS Unwetter-, trotz des Regen», der jetzt >» Strömen niederstürzte und ihnen ric schweren Tropfen ins Gesicht peitschte, als ergieße sich durch die kleine, warme Hand, die er hielt, ein Feuerstrom durch sein Her; Seine Pulse klopften, sein Herz hämmerte, »nd ein heißes, wahnsinniges Verlangen stieg in ihm auf, sic i» seine Arme zu schließen, an seine Brust zu drücken, nur einmal und dann sterben — eS wäre Seligkeit gewesen! ,Sie Kälten sich nickt hinauS- wagen sollen ..." sagte er mit leiser, stockender Stimme. Es waren nur Worte — er wußte selber nicht, waS er sprach in der furchtbaren Aufregung, die ihm Athen, und Besinnung raubte. „Ich tedaiicrc cS nicht!" ries sie mit leucktenven Augen. WaS kümmertc sic auch daS Ungemach dcS Wetter»? Sie batte erreicht, WaS sic gewollt — er war bei ihr ... . sie waren allein in dem tobenden Aufruhr! Und wenn eS ihr Leben galt! . . . Heute, beute mußte er sprechen . . . mutzte sie ibn zu einem Geständniß bringe»! Heute mußte sie da- Siegel von seine» Lippen lösen! — Denn daß er ihrem Zauber verfallen war, daß er sie liebte, wußte sic, aber auck, daß noch Stolz und Wille darüber standen .... „Mich bekauerc ick nickt, aber Sic . . . Sie ... der Sie mir schon daS zweite Mal schützend zur Seite sieben!" Wie in schmerzliche» , schwer verhallener Aufregung fügte sie dann hinzu: „Und ich wiege ja nichts — in Ihren Augen ... so gar nichts! . . . Sic lieben — Lory Satwar . . ."
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