Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.08.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960821014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896082101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896082101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-08
- Tag 1896-08-21
-
Monat
1896-08
-
Jahr
1896
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
V08S »ichtigsten Consequsnzrn des geplanten gesetzgeberischen Vor- gehens behandelt. Wenn die vorgeschlagenen Bestimmungen Gesetzeskraft erlangen, so wird und muß die Folge davon die Einrichtung einer Beaufsichtigung des Handwerks sein, Welche au Ausdehnung wie an Intensität die für die Fabriken und ähnliche gewerblicheAnlagen bestehende Gewerbe-Jnspection in den Schatten stellt. Schon nach dem tz 98» Ziffer 2d der geltenden Gewerbeordnung ist den freien Innungen eine gewisse Mitwirkung in der Durchführung der Arbeiterschutz gesetze überwiesen. Die betreffende Bestimmung rechnet nämlich in dem obligatorischen Inhalt des Innungsstatuts auch die Regelung der „Ueberwachung der Beobachtung der in 88 41», 105» bi« 105 8, 120 bis 120e, 126 und 127 (der Ge werbeordnung) vorgesehenen Bestimmungen durch die Innung. Die ««gezogenen Paragraphen betreffen die Sonntagsruhe, den Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesund heit und Sittlichkeit und die technische und sittliche Ausbildung der Lehrlinge. Die Ueberwachung der Innehaltung dieser Vorschriften steht der freien Innung aber nur „für die Lehrlinge ihrer Mitglieder" zu. In den Motiven zu der Gewerbeordnung-Novelle von 1891 ist das ausdrücklich betont, und die Erklärungen der Regierungsvertreter bei der Com- missionsberathung wie im Plenum des Reichstags haben über diese Beschränkung keinen Zweifel gelassen. Bei der Zwangs organisation deS Handwerks kommt dieselbe in Weg fall; dem allgemeinen Charakter der Organisation ent sprechend, wird die bisherige AufsichtSbefugniß der freien Innungen auf das gesammte Handwerk ausgedehnt und gemäß den 88 86 und 90 d (Ziffer 9 deS Abs. 2) des Ge setzentwurf« zwischen der Zwangsinnung und dem Hand werksausschuß in der Weise getheilt, daß die erstere für alle der Innung angeschlossenen, der letztere für die außerhalb der Innung bestehenden Handwerksbetriebe zuständig ist. Abgesehen von dieser sozusagen räumlichen Erweiterung der AufsichtSbefugniß, würde die letztere aber auch auf weitere Punkte als bisher erstreckt werden. Ter bisherige §98» Ziffer 2d hat nämlich sowohl in den 8 86 wie in den 8 90e, welche den obligatorischen Inhalt des zu künftigen Innungsstatuts bezw. des Statuts des Hand werksausschusses feststellen, in der Form Aufnahme gefunden, daß das Statut auch Anordnungen treffen muß über „die Ueberwachung der Beobachtung der für die Beschäftigung der Gesellen (Gehilfen), Lehrlinge und Arbeiter, den Besuch der Fortbildungsschule und die Regelung des LebrlingSwesens erlassenen Bestimmungen durch die Innung." Damit ist die Beschränkung auf die Lehrlinge fallen gelassen. Die Aufsicht soll in Zukunft geübt werten, soweit überhaupt Gesellen (Gehilfen), Lehrlinge und Arbeiter im Handwerk in Betracht kommen. Auf die Aufzählung derjenigen Paragraphen der Gewerbeordnung, deren Ausführung Gegenstand der von Seiten der Zwangs- Innung und des Handwerksausschusses ausgeübten Aufsicht sein soll, bat man verzichtet. Die Aufsicht soll sich auf alle „für die Beschäftigung der Gesellen (Gehilfen), Lehrlinge und Arbeiter.... erlassenen Bestimmungen" beziehen und speciell noch auf die Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswesens. Daß dem so ist, bestätigen die Motive zu dem Gesetzentwurf, so dürftig dieselben in Bezug auf diese wichtige Aenderung der Gewerbeordnung auch sind. In den Motiven heißt es nämlich: „Für den Inhalt der Ziffer 9 des 8 86 Abs. 2 (das Gleiche gilt für 8 90a D. R.) kommen vorzugsweise die Bestimmungen der 88 41s, 105»—105Z, 120 und 120 135ff. und 154 der Gewerbe- ordnung, sowie die 88 126s, 126o, 127, 127o, 128, 129, 129d und 130s des Entwurss in Frage." Die angezogenen Paragraphen der Gewerbeordnung be treffen die Sonntagsruhe, den Schutz der Arbeiter gegen Gefahren für Leben, Gesundheit und Sittlichkeit und die jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen, während die citirten Paragraphen deS Gesetzentwurfs sich auf die Befugnisse zum Halten von Lehrlingen, den Lehrvertrag, die Verpflichtungen deS Lebrherrn, die Dauer der Lehrzeit, das Lehrzeugniß und die Zahl der Lehrlinge beziehen. Man siebt, die zukünftige Handwerksinspection gebt noch weit über die jetzige Ge- werbeinspection hinaus. Die 88 135—139b der Gewerbe ordnung sind zwar bis jetzt noch nicht auf das ohne Motore betriebene Handwerk angewendet. An der in 8 154 vor gesehenen kaiserlichen Verordnung aber würde es nach Durch führung des Organisationsplanes schwerlich lange fehlen, und dann wird die so ganz unter der Hand eingeführte In spektion des Handwerks eine vollständige sein, ja sie wird sich auf Grund der 88 126ff und 134 des Entwurfs hinsichtlich der Lehrlinge weil in die Reiben der Fabrikbetriebe hinein erstrecken und — wenn sie nicht blos auf dem Papiere stehen soll — eine Ausdehnung gewinnen, die schon nach dem Zahlenverbältniß der Handwerksbetriebe zu den Fabrikbe trieben fast eine ungeheure zu nennen wäre. Nach den 88 87 und 90 d haben die Handwerker die Kosten zu tragen, während bekanntlich für Fabrikinspection besondere staatlich besoldete Beamte bestellt sind. Wie denkt man sich überhaupt die Ausführung der Handwerksinspection? Wie sollen Colli- sionen mit der AufsichtSbefugniß der Gewerbeinspecloren ver mieden werden? Bei der außerordentlichen Bedeutung, welche die zukünftige Handwerksinspection hat, hätte man billig er warten dürfen, daß die Motive zu oem Gesetzentwurf ihr mehr al« — vier Zeilen gewidmet hätten." (-) Berlin, 20. August. (Telegramm.) Der „Reichs- Anzeiger" schreibt, anscheinend vom Militaircabinet inspirirt, über die Gründe deS Ausscheidens Bronsart'S von Schellendorff au« den Functionen des Kriegsministers: Schon zu Ende deS Frühjahrs suchte der Kriegsminister unter Berufung auf seinen angegriffenen Gesundheits zustand um seine Entlastung nach. Um dem Minister möglichst im Amte zu erhalten, wurde demselben ein Ur laub bis Ende August ertheilt. Der Kriegsminister erneute sein Entlastungsgesuch vor Ablauf des Urlaubs unter der Begründung, daß sein Gesundheitszustand sich nicht so gekräftigt habe, daß er die arbeitsreiche und verantwortungs volle Thätigkeit wieder übernehmen könne. Der Kaiser sah sich genöthigt, dem Gesuche zu entsprechen, und sprach die Hoffnung aus, daß es die Gesundheit Bronsart'S von Schellendorff baldigst gestatten möge, die bewährten Kräfte wieder dem Kaiser und der Armee dienstbar zu machen. Der „ReichSanz." fährt fort: Jedem Unbefangenen müssen die einfachen, klaren Thatsachen genügen. Es ist eitle« Bemühen, nach verborgenen Beweggründen zu suchen; völlig verkehrt aber ist es, den eigentlichen Grund des Rück tritt« im Gegensätze zum Militaircabinet erblicken zu wollen. Da« Militaircabinet ist lediglich Kanzlei deS Kaisers, in dem er die persönlichen Militair- angelegenheiten bearbeiten läßt, welche als Ausfluß der Commandogewalt anzusehen sind. Der Chef deS Militair- cabinetS ist gar nicht in der Lage, einen Einfluß au die Allerhöchste Entschließung in den Angelegenheiten zu üben, die in daS Reffort des Kriegsministers gehören, welch' letzterer selbst regelmäßig Vortrag bei dem Kaiser bat; am allerwenigsten wird dem Chef de« MilitaircabinetS ein Einfluß in politischen Dingen gewährt. (Da daS Militaircabinet längst nicht mehr „lediglich Kanzlei" deS Kaiser« ist, da der „Reichs- Anzeiger" selbst bei dieser Gelegenheit nicht bestreitet, daß Angelegenheiten, die in das Reffort des Kriegsministers gehören — Verwendung gewisser Dispositionsfonds — oder die die politische Verantwortlichkeit deS Kriegsminister berührten — Verabschiedung commandirender Generäl« —, gegen die Ansicht des Kriegsministers entschieden wurden, ind wir nicht in der Lage, die Darstellung deS „Reichs-Anz." u acceptiren, und hören aus ihr nur die Ankündigung »eraus, daß iu Bezug auf den Gegensatz zwischen Kriegs ministerium und Militaircabinet Alles beim Alten bleiben soll. Red. d. „L. T.") V. Berlin, 20. August. (Telegramm.) Der Kaiser unternahm beute früh um 7 Ubr 30 Min. vom Neuen Palais au« einen Spazierritt in die Umgegend. — Herr Oberwinder vom „Volk", den Herr Stöcker nm Generalsecretair der christlich-socialen Partei machen wollte, wird den Posten nicht annehmen, sondern, der „Voss. Ztg." zufolge, seine bisherigen Aemter in der Partei des Herrn Stöcker, wenn man von einer solchen noch reden kann, niederlegen. — Die Redaktion der „Cons. MonatSscbr." scheint wie sauer Bier ausgeboten zu werden. Zu dem Rattenkönig von Berichtigungen in jener Angelegenheit theilt das „Volk" >eute noch mit, daß vr. Oertel sich am 18. bereit erklärt hätte, die Redaction zu übernehmen und „in den nächsten Tagen das gesammte Redactionsmaterial abzuholen". Es ist ihm also nachher wieder leid geworden. — Wie der „Uck. Kur." erfährt, hat der Geheime Regierungsrath und Landrath des Prenzlauer Kreises v. Winterfeldt-Menkin eine Entlassung aus dem Amte bei der Staatsregierung nachgesucht. Herr v. Winterfeldt vertritt im Reichstage den vierten Potsdamer Wahlkreis. — Der Ministerpräsident der südamerikanischen Republik Peru, Herr Zcmbsch aus Lima, ist hier eingctroffen. Herr Zembsch stammt aus Bremen. * Homburg, 20. August. Die Prinzessin von Wales und ihre Tochter Prmzejsin Victoria, sowie die Kronprinzessin von Griechenland sind hier eingetrofsen. * Oschersleben, 19. August. Am 25. April d. I. ver öffentlichte der „General-Anzeiger für Halberstadt und Um gegend" ein Gedicht, überschrieben: „Ein Glaubens- bekenntniß", bestehend aus zehn Strophen zu je acht Versen in der Kunstform der Stanzen (vttave rimo). Das Gedicht gipfelte in einem schwungvollen Bckenntuiß des Pantheismus. Es erschien anonym. Die Redaclion nahm nur Veranlassung, am Schluffe der Dichtung dem Einsenver herzlich zu danken. — Jetzt ist wegen dieses Gedichtes An klage wegen Gotteslästerung gegen den verantwortlichen Redacteur des „General-Anzeigers" erhoben worden. Als Personen, die an dem Gedicht Anstoß genommen haben, werden außer dem Landrath von der Schulenburg noch der SamtätSrath Or. Berlog, der Superintendent Ganvig, der Gerichlssecretair Schmidt und der katholische Pfarrer Wall- meyer in Oschersleben genannt. Ein Versuch, auch Geistliche in Halberstadt für die Erklärung zu gewinnen, daß sie an dem Gedicht Anstoß genommen, ist gescheitert. Der Verfasser des GedichlS kann allerdings nicht mehr belangt werden. Es war der berühmte Astronom Professor Johann Hein rich von Mädler, geboren 29. Mai 1794 in Berlin, ge storben 14. März 1874 in Hannover. * Tngcin, 19. August. DaS „Haynauer Stadtblatt" be richtet aus Sagan: „Ein dort wohnender Landwirth, Mit glied des Bundes der Landwirthe, wurde vor einiger Zeit vom land- und forstwirthschastlichen Verein mit in die Commission gewählt, welche die Aufgabe hatte, ein Flugblatt gegen die Margarine auszuarbeiten. DaS Flugblatt erschien auch als Beilage mehrerer Lokalblätter. Nun hat sich daS Außerordentliche vollzogen, daß sich genannter Herr unter die Freunde der Margarine begebe» Hal; denn anders kann man die Sache nickt beuten, daß er die Vertretung einer Margarinefabrik übernommen hat und nunmehr bei dortigen Geschäftsleuten dies Fabrikat zu verkaufen sucht." * Htrschberg, 19. August. Die Kreissynode bat folgen den Beschluß gegen den Zweikampf gefaßt: „Die KreiS- synode wolle den Zweikampf mit töbtlichen Waffen als eine mit allen Mitteln zu bekämpfende Unsitte verurlheilen, die der christlichen Sittenlchre widerspricht, da sie das gesunde Rechtsgefühl eines gesitteten Volkes beleidigt; um den Bann des Duellzwanges durchbrechen zu helfen, wolle die Provinzial synode in Erwägung nehmen, die Vertreter der Landeskirche zu veranlassen, an den Landesherrn, als den obersten Kriegsherrn und den Inhaber der höchsten Gerichtsbarkeit, ehrfurchtsvoll und vertrauensvoll heranzutreten, ein er lösendes Wort zu sprechen, damit das christliche Volks gewissen von der schweren, Aergerniß bereitenden Duellnoth befreit werde." * Koblenz, 20. August. (Telegramm.) Die Stadt verordnetenversammlung beschloß gestern, die Einweihung des von der Stadt erbauten Kaiserin-Augusta-DenkmalS am 18. October vorzunehmen. Als Vertreter des Kaisers wird Prinz Friedrich Leopold der Feier beiwohnen; außerdem werden auch der Großherzog und die Großherzogin von Baden und wahrscheinlich auch der Großherzog von Sachsen- Weimar an der Feier theilnehmen. * Ncnstadt a. H., 19. August. Gestern fand in der „Post mühle" die südwestdeutfche Conferenz für innere Mission stall, zu der aus der Pfalz, Baden und Hessen zahlreiche Geistliche sich eingefunden hatten. Den Hauptpunkt der Tagesordnung bildete das actuelle Thema: „Die evan gelisch-sociale Thätigkeit des Geistlichen in Stadt und Land, ihre Nolhwendigkeit und ihre Grenzen." Das principielle Referat Halle Pfarrer d'Alleux-Robrbach, oaS prak tische Prof. Krieg-Kaiserslautern. Beide Redner kritisirten die bekannten Angriffe des Frhrn. v. Stu mm-Halberg auf die politisirende Geistlichkeit in scharfer Form und verlangten völlige Actionsfreiheit für die Geistlichen in dieser Beziehung. Man war einstimmig der Meinung, daß die Grenzen schwer zu ziehen seien, vielmehr das Taktgefühl des Geistlichen im einzelnen Falle entscheidend sein müsse. Allerdings konnten die Referenten einer nutzlosen, rein verhetzenden Agitation daS Wort nicht reden, betonten aber, daß man gegenüber den klerikalen oder gar atheistischen Angriffen dem Geistlichen jedes Abwebrmittel gestatten müsse. (Allg. Zlg.) * Würzburg, 19. August. Gestern wurde der Sergeant Andreas Merz von der 8. Compagnie des 19. Infanlerie- RegimentS in Erlangen vom hiesigen Militairbezirks- gericht wegen Solvatenmißhanblung zu 4 Monaten Gefängniß verurlheilt. (F. Z.) Oesterreich-Ungarn. Tschechische Lügen. * Prag, 20. August. (Telegramm.) In der gestrigen Sitzung deS Landesausschusses kam das jüngst vom tschechischen Abgeordneten vr. Herold gestellte Ersuchen, über angebliche Vergewaltigungen der tschechischen Minderheiten im deutschen Sprachgebiete zu berichten, zur Berathung. Der Berichterstatter, Graf Schönborn, be antragte, ein Rundschreiben an alle Bezirksvertretungen zu senden, in dem diese aufgefordert werben, nach Möglichkeit aus Wahrung der Gleichberechtigung beider Nationalitäten und deS Friedens hinzuwirken, wozu ebenso die Hintanhaltung von Uebergriffen, als auch Mäßigung gegenüber an sich harmlosen Veranstaltungen beitragen werde. Herold stellte den Zusatz antrag: Es möge der Landesausschuß überdies sich noch mit einer Resolution zur Wahrung der Gleichberechtigung im ganzen Lande an die Regierung wenden. Der deutsche Oberst landmarschall-Stellvertreter lehnte eS ab, auf die zur Begründung beider Anträge von den Vorrednern vorgebrachten angeblichen Vergewaltigungen auf deutschem Sprachgebiete ein- zugeden. Der Landesausschuß sei nicht berufen, darüber ein Unheil abzugeben. Die Behauptungen beruhen auf Nach richten tschechischer Zeitungen. — Lippert verwahrt sich gegen die Deutung, als sei daS Rundschreiben durch das Verhalten der Deutschen begründet. Urber die Bezeichnung „harmlos" werden auch nach Erlaß de« Rundschreibens die Meinungen auSeinandergehem Lippert'S sodann gestellter Antrag auf Uebergang zur Tagesordnung bezüglich beider Anträge wurde von der tschechisch-conservativen Mehr heit ab gelehnt. (Voss. Ztg.) Rußland. * Petersburg, 20. August. (Telegramm.) Wie die „St. Petersburgskije Wjedomosti" erfährt, wird das russische Herbstgeschwader im Stillen Ocean unter dem Befehl des Admirals Alexejew aus einem Panzer, sechs Kreuzern I. Claffe, zwei Kreuzern II. Claffe, zwei Torpedokreuzern, sechs Hochsee - Kanonenbooten und sieben Torpedobooten zu sammengesetzt sein. Orient. Die türkische» Wirren. * Konstantinopel, 20. August. (Telegramm.) Meldung des Wiener k. k. Telcgraphen-Correspondenz-BureauS.) Die Pforte hat den Botschaftern der Mächte die Mittheilung zugehen lassen, daß 28 griechische Officiere in Uniform mit 3 Gebirgsgeschützen, 2000 Chassepot-Gewehren und 7000 Patronen auf Kreta an zwei verschiedenen Punkten gelandet seien. * London, 20. August. (Telegramm.) Die „Times" bemerkten in einem Artikel über Kreta: Die österreichischen Staatsmänner seien der Ansicht, der Weltfriede hänge von der Aufrechterhaltung des 8t»tu3 czuo ab, während England, welches sonst mit Oesterreich übereinstimme, glaube, die Wohlfahrt der Türkei und der Weltfrieden hingen von der Einführung einer guten Regierung für die Unterhanen des Sultans ab. England habe auf Reformen in Armenien bestanden, um die Macht der Türkei zu stärken, die englische Regierung könne aber nicht damit einverstanden sein, durch die Theilnahme an der Blockade den Polizisten für die Türkei zu spielen. Die Vorwürfe der russischen Presse besprechend,bemerkten sodann die „Times": die Politik Frank reichs sei kaum so schwankend, daß eS durch Kreta von Egypten abgelenkt würde. Der Ton der deutschen Presse habe sich in befriedigender (!) Weise geändert. (?) Wenn die Frage aber nicht vernünftig und schnell gelöst werde, so könnte sie jederzeit in ein acutes Stadium treten. * London, 20. August. (Telegramm.) Der „Daily Telegraph" meldet aus Berlin: Die Mächte sind einig darüber, daß die Reformen in Kreta über die Zugeständnisse des HaleppavertrageS hinauSgehen müssen; die wichtigste werde die Herstellung einer Art von Autonomie sein. Wenn der Sultan die Nothwendigkeil zur Nachgiebigkeit nicht einsehe, werde er veranlaßt werden, nachzugeben. (Magdeb. Ztg.) * Athen, 20. August. (Telegramm.) DaS griechische Geschwader wird morgen Phaleron verlassen, um drei wöchige Manöver im Golf von Korinth und bei den Cycladen auszuführen. Tie bulgarische Ministerkrise. * Sofia, 20. August. (Telegramm.) Die „Agence Valcanique" lenkt die Aufmerksamkeit auf einen Artikel ves ministeriellen Organs „Mir", in dem das Gerücht von der Möglichkeit der Bildung eines CabinetS Zankow be sprochen wird, dem gegenüber erkärt der „Mir", er sei von den Ministern Madjarol und Geschow zu der Erklärung er mächtigt, daß sie ebenso wie der gegenwärtig beurlaubte College Welitschkow betreffs der Bildung eines liberalen Cabinets mit den Anhängern Zankow'ö in keinerlei Verbindung getreten seien. In den hieraus bezüglichen Meldungen französischer Blätter aus Sofia sei nur der Umstand richtig gewesen, daß die Anhänger Zankow'S bereit wären, mit irgend Jemandem, wer es auch sei, zu pactiren. Dieselbe französische Quelle habe das Ge rücht verbreitet, Zankow sei nach Rilow zu dem Fürsten be rufen worden, während Zankow ruhig aus seinem Landsitze in der Nähe von Sofia weile. Der „Progrös" bestreitet den Ausbruch einer allgemeinen Krisis und sagt, der Austritt zweier Mitglieder des Cabinets sei etwas Alltägliches, Bul garien habe niemals eine stabilere Politik gehabt, als eS sie gegenwärtig habe. * AuS Belgrad, 19. August, wird der „Frkft. Ztg." gemeldet: Nach einer aus Sofia von besonderer Seite aus gehenden Mittheilung ist die dortige Lage insofern kritisch, als Stoilow entschlossen ist, bei dem eventuellen Rücktritt deS Kriegsministers Petrow auch seine eigene Demission aufrecht zu erhalten. Die Gründe der Verstimmung des Hofes gegen Petrow datiren zurück bis zum Auftreten der Conversion des Prinzen Boris im Mnister- ralhe, welchem der Fürst damals präsidirte. Der Fürst deutete damals die Schwierigkeiten an, die er besonders mit seiner Familie auf der Seite deS Herzogs von Parma haben würde, da der Herzog äußerst erregt sei. Petrow rief seinen College» hierauf zu: Was geht uns dieser Durak an? (Bulgarische Benennung für Dumm kopf.) Fürst Ferdinand verzieh trotzdem Petrow. Die Sache wurde aber durch einen Kammerherrn der Fürstin hinterbracht, die von da ab demonstrativ verletzend gegen den KriegSminister war. Die Ansetzung der Militairparade ohne Wissen Petrow'S durch die Fürstin ist nur einer dieser Acte, welcher von Petrow damit beantwortet wurde, daß er selbst der Fürstin den schuldigen Gruß verweigerte und, ohne sich bei ihr abzumelden oder ihr Kenntniß zu geben, Bulgarien verließ, um beim Fürsten in Karlsbad Beschwerde zu führen. Afrika. Sine congoftaatliche Expedition gegen die Mahdisten. * Brüssel, 20. August. (Telegramm.) Der „Soir" erhält aus Afrika die Benachrichtigung, daß eineExpedition gegen die Mahdisten unter dem Befehle des Barons DhaniS gebildet worden ist. Der Congostaat hat beträcht liche Streitkräfte vereinigt und auf dem oberen Congo zahl reiche Truppen, Munition und Geschütze befördern lassen. Die Transporte waren so umfangreich, daß sie während derZeit von zwei Monaten den gesammien Handelsverkehr auf dem Flusse sperrten. Der unabhängige Congostaat hat die Absicht, gegen die Mabdisletz.gnariffsweise vorzugeben. Der „Soir" sagt: Die Sachlage verursache sehr große Bssorgniß mit Rücksicht auf die Sicherheit des Staates und die politischen Ver wickelungen, welche die Haltung der Regierung des Congo- staates nach sich ziehen könne. Die militairischen Operationen des BaronS DhaniS haben im gegenwärtigen Zeitpunkte sicher schon begonnen. Militair und Marine. * Kiel. 19. August. Die Maschinenhavarie des Panzer- „Frithjof" ist beseitigt. Das Schiff hat heute die Werft ver lassen und nimmt wieder an der Flottenübung Theil. * Port-, 20. August. (Telegramm.) Unter großem An- dränge wurde gestern in Saint - Denis der „Ernest Bazin", rin Schiff ganz neuer Art, vom Stapel gelassen. Es besteht aus drei Paaren Hohlräder, die durch ein Gestänge verbunden sind, rin Brückenseld trogen und durch das Wasser nicht nach Schiffsart gleiten, sondern nach Wagenart rollen. Der Erfinder Bazin ver spricht, mit diesem Fahrzeug bei halbem Brennstoffverbrauch und ungleich größerer Sicherheit doppelte, ja dreifache Geschwindigkeiten zu liefern wie mit den gegenwärtigen Schiffsformen. DaS erste Modell hat bei 40 m Länge 280 t; eS wird noch Ronen bugsirt, um dort seine Dampfmaschinen und sein Brückenfeld zu empfangen und dann die Probemrerfahrt anzutreten. (Boss. Ztg.) * Der Au-grabnng von Ueberresten der im französischen Feld zuge gefallenen und auf deut'« em Boden begrabenen Krieger hat der Kaiser nach dem „v. L." in einem speciellea Falle sein» Genehmigung versagt. Der Berliner Verein ehemaliger Kameraden deS Jnfanterie-RegimentS von Stülpnagel (S. Branden- burgisches) Sir. 48 hat seinen am 6. August 1870 bei Spichern und den am 16 August 1870 bei Biouville gefallenen Kameraden zwei Denkmäler errichtet, dir am 6. resp. 9. August d. I. unter ent sprechende» Feierlichkeiten enthüllt wurden. Iu der Absicht des Vereins und auch des Regiment« hatte eS gelegen, die Gebeine der bei Spichern gefallenen Kameraden, die dort am Fuße de« Rothen Berge« begraben liegen, zu exhumiren und nach einem in einem Felsen eingesprengten Massengrabe unter dem aus der höchsten Spitze des Berges aufgestellten Denkmal zu überführen. Die Arbeiten waren bereits in Angriff genommen worden, al« die Allerhöchste Entscheidung rintraf, „daß die gefallenen Krieger an der Stelle liegen bleiben sollen, wo sie nach der Schlacht gebettet wurden". In Folge dessen ist daS errichtete Massengrab unter dem Denkmal wieder zugeschüttet worden. Colonial-Nachrichten. * Die „Weser-Ztg." bringt Mittheilungen, welche daS gewalt« thätige Wesen des in Deutsch-Ostafrika zu 15 Jahren Zuchthaus vrrurtheilten Fr. Schröder kennzeichnen, sich indeß nicht auf diejenigen Handlungen beziehen, welche die Verurtheilung veranlaßt haben. Die Mittheilungen der „Weser-Ztg." schildern hauptsächlich die Erlebnisse eines Baron B-, der als Buch halter für die deutsch-ostafrikanische Plantagen-Gesellschaft nach Canea geschickt worden war; es wird darüber u. A. erzählt: Er traf in Lewa ein. Als er nun an seine Aufgabe gehen und die Bücher in Ordnung bringen wollte, stieß er ans eine fürchterliche Unordnung. Seine höflichen Anfragen an den damaligen Ches auf Lewa, Fr. Schröder, um Aufklärung über ver schiedene Posten in den Büchern wurden in grober Weise zurück gewiesen und als Herr B. erklärte, es stimme Verschiedenes in den Büchern nicht, wurde ihm von Schröder bedeutet: „Sie haben das so zu buchen, wie ich es Ihnen gesagt habe, verstanden?" „Wo sind denn die Belege? Und dann, dies stimmt ja gar nicht mit dem Cours der Rupie re.?" sagte Herr B. „Das ist ganz gleichgiltig! Sie haben hier das zu thun, was ich Ihnen sage, buchen Sie die Sachen so, wie ich es angegeben habe!" Das war die Antwort Schröders. Herr B. hatte aber keine Lust, gegen seine Ueberzeugung falsche Buchungen zu machen. Er schrieb mehrere Seiten aus den Büchern ab, ließ die genaue Abschrift derselben von noch einem Deutschen, der auf Lewa angestellt war, beglaubigen und schickte diese Abschrift nach Berlin an die Direktion und forderte diese zugleich auf, sich event. die Bücher von Lewa kommen zu lassen, sie könne sich dann selbst überzeugen. Was that hieraus die Direktion resp. Herr vr. Schröder, der Bruder des Herrn Friedrich Schröder? Er benachrichtigte telegraphisch seinen Bruder in Lewa: „B. verleumdet Dich bei der Direktion." Sofort darauf erschien Fr. Schröder hochroth vor Zorn bei Herrn B., den geladenen Revolver in der Hand, und erklärte: „Wenn Sie mir nicht inner halb vierundzwanzig Stunden eine schriftliche Erklärung geben, daß Alles, was Sie über mich nach Berlin berichtet haben, er funden und erlogen ist, schieße ich Sie nieder, wie einen tollen Hnndl" Dabei fielen die unsläthigsten, rohesten Ausdrücke in endloser Masse. Herr B. konnte und wollte die Wahrheit nicht widerrufen; er besprach seine schwierige Lage mit den andern Angestellten und alle riethen ihm, bei dem rohen und gewalt- thätigen Charakter von Schröder Lewa bei Nacht zu verlassen und sich unter den Schutz des Bezirkshauptmanns Lieutenant v. Heyde- brcck in Pangani zu stellen. Er that dies, verließ mit zwei Boys in der Nacht Lewa und traf nach sehr anstrengendem Marsche glück lich in Pangani ein. Auf seine Beschwerde beim Bezirkshauptmann hin, daß Schröder ihn in schwerster Weise bedroht habe, marschirte Herr Lieutenant v. Heydebreck einige Tage später mit einigen Askaris nach Lewa herauf und stellte Schröder zur Rede. Und Friedrich Schröder, was entgegnete er? Es sei ihm gar nicht eingefallen, den Herrn B. zu bedrohen, er habe ihn nur zum Duell gefordert und das habe der Herr B abgelehnt. Selbst wenn dieses wahr wäre, kennzeichnete es doch ganz unglaubliche Zustände, daß der von der Direktion zurOrdnung und Füh rung der Bücher hinausgeschickte Buchhalter wegen seines Berichtes über die vorgefundene kolossale Unordnung von dem zeitweiligen Leiter der Plantage zum Duell gefordert wurde, anstatt denselben, wenn seine Behauptungen unwahr gewesen wären, gerichtlich zu belangen und sofort zu entlassen. Herr B- blieb zunächst in Bagamoyo. Er telegraphirte sodann an die Direktion nach Berlin — notabene ei» sehr theures Vergnügen —: „Von Schröder mit dem Tode bedroht, was thun?" Die lakonische Antwort lautete: „Contract erfüllen". Herr B. schrieb dann ausführliche Briefe an die Direktion, bat, daß dieselbe sich die Bücher von Lewa kommen lassen möchte, um seine An gaben prüfen und bestätigen zu können, allein das ist der Direktion resp. Herrn Fr. Schröder nie eingefallen. Die Direktion glaubt eben Fr. Schröder mehr, der behauptete. Herrn B. nur gefordert zu haben. Sie sagte, Herr B. hat Lewa contractwidrig verlassen. Zum Schluß berichtet Herr B. in seinem Schreiben, wie Fr. Schröder es machte, um die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu entkräften und niederzuschlagcn. Er ließ bei den Beamten der Plantage ein Circular herumgehen, welches ungefähr so lautete: „Ich fordere hiermit jeden Beamten auf, mir schriftlich zu er klären, daß er mich keiner ehrenrührigen Handlung für fähig hält, andernfalls er von dieser Stunde ab keinen Dienst mehr zu thun bat." .... Herr B. hat sich seiner Zeit (1892) in Zanzibar auf Wunsch von Sr. Excellenz von Jordan und Vicegouverneur Sonnen schein an den damals dort weilenden Geheimrath Kayser vom Colonialamt gewandt und demselben unter Angabe der Zeugen über Schröder's Schandthaten auf Lewa berichtet — cs ist nicht- erfolgt. Berichtet schon Herr B. über Grausam keiten und darüber, daß, während die Beamten schwer arbeiten müssen, Schröder sich mit Negermädchen amüsirt, so findet man dieselbe Schilderung in dem Buche von Friedrich Kallenberg: „Aus dem Kriegspfad gegen die Massai", München 1892, C. H. Beck'sche Buchhandlung. Auf Seite 64 theilt er mit, wie Schröder die Karawane, welche Tags vorher Lewa passirt hatte, in ihrem Lager mehrere Stunden weit von Lewa in Begleitung eines Manjema- und eines Zollamädchens besuchte, wie er die die Karawane begleitenden Missionare zu uzen begann und seine Gegenwart den Herren der Karawane anfing, unangenehm zu werden. Hier kann man auch lesen, wie ein älter Greis, der als Führer eine« Lasten tragenden Trupps Eingeborener von Tschagwe des Weges kam, nebst 13 seiner Leute mit je 20 Hieben der Nil- pfcrdpeitsche bedacht wurden, weil sie angeblich gegebene Versprechungen nicht gehalten hätten. Dies geschah aus Anordnung des Chefs Müller, aber unter Zustimmung von Fr. Schröder. Letzterer aber ließ seinen Koch prügeln, weil er den Mittagskaffee nicht zubereitct hatte, und am andern Tage ließ er den Askari, welcher Tags zuvor jenen ge- peitscht hatte, prügeln, weil er aus schlüpfrigem Boden mit seiner Last gefallen war. Kallenberg schreibt, daß sie alle aus Empörung über diese schmachvollen Scenen die ganze Nacht nicht geschlafen hätten. Er sagt dasselbe wir Herr B., daß die Eingeborenen im weilen Umkreis Lewa mieden, wegen der rohen und brutalen Behandlung, die ihnen dort zu Tbeil würde. „Möge dort bald ein milderes Regiment Platz greifen", schreibt Kallenberg zum Schluß. Aus der Rückkehr von der Expedition gegen die Massai kam Kallenberg mit seinen Leuten wieder an Lewa vorbei und wollte dort seinen erschöpften Leuten Ruhe gönnen. Allein Schröder, der wohl die ungünstigen Berichte Kallenberg's an Wissmann über die Verhältnisse auf Lewa erfahren hatte, ließ durch seine Askaris sämmtliche Leute der Kara wanen mit Gewalt aus dem Stationsbereich vertreiben, so daß die ermüdeten Leute ohne Wasser und Lebensmittel die Nacht im Freien zubringen mußten. Literatur. Ta« Obst in der Küche. 500 erprobte Recepte zur Ver- werthung der verschiedensten Obstsorten von L. v. Pröpprr, Ver- fasserin von „Das Einmachen der Früchte", „Häusliche Conditorri" u. A. m. 144 Seiten. Preis gebnndeu 2.^l TrowitzschLSohn, Frankfurt a. O. Die Roth der Obstverwerthung würde aushören, wenn die Haussrauen auch nur ahnten, was alles für kostbare Speisen sich au- Obst Herstellen lassen. Es ist geradezu eine national- ökonomische That, wenn Frau v. Pröpper, die Schloßherrin von Hülchrath, deren Fleiß schon mehrere nützliche Bücher zu verdanken sind, sich dir Mühe gemacht hat, au« ihrer sehr werthvollen prak- tischen Erfahrung eine Zusammenstellung der Gerichte zu geben, die sich aus Obst aller Art Herstellen lassen. Die Recepte, das betont Frau v. Pröpper stets, sind alle von ihr selbst erprobt. Wieviel kann in einer Wirthichaft aber gespart werden bei Au-n»tzung des Obste» — auch de« sauren, unreifenl "
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)