Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960414015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896041401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896041401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-14
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis » b«r Ha^texpebition oder den im Stadt- b«trk md den Bororten errichteten Au«- abksiellen abgeholt: vierteljährlich^lLLO, bet P»M»li«r tügttch« Zaft»llang in« Hau« ^l S.ÜO. Lirrch dir Post bezoarn für Deutschland und Oesterreich: vtertehshrlich . Directe tägliche ikreu-bandiendung tu« Ausland: monaUich 7.50. Die Morgen-An-gabe erscheint um '/,7 Uhr, di« Abend-Au-gabe Wochentag« um 5 Uhr. Lr-artio« md Lkpeditioa: JohanneSgaffe 8. Die lkxpedition ist Wochentag« nnunterbroche» geöffnet von früh S bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: vtls Alem»'« Sortim. lAlfre« Hahn)^ UniversitätSstraße 1, Laut« Lösche, kintbarinenstr. 14, pari, und Könkg-vlatz 7. Morgen-Ausgabe. 'ttpNMMgMM Anzeiger. Ämtsökatt des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Rathes und Nokizei-Ämtes der Stadt Leipzig. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem RrdactionSstrich ^ge spalten) SO-H, vor den FamiUrollachrichlkn (V gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichmß. Tabellarischer und Ziffernsah nach höhere« Tarif. Vrtra-Verlagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poftbesörderung 60.—, mit Postdesörderuug ^ll 70.—. Ännahmeschluß für Änzeizea: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeigen sind stets an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz kn Leipzig ^-187. Dienstag den 14. April 1896. 98. Jahrgang. . Einer immer da« Wort reden, namentlich aber einer Verhältnisse gelassen habe, erschien, da habe der Kanzler Leist sich inzwischen nicht mehr in Deutschland befunden. Dadurch sei die Sache für die Strafrechtspflege gegen standslos geworden, mindesten« so lange, bi« eS Herrn Leist etwa einfallen möchte, nach Deutschland zurückzukommen. Ob diese Eventualität in Aussicht stehe, wisse er nicht. Hierzu bemerkt Leist, daß er sich noch volle fünf Monate nach rechtskräftiger Beendigung des gegen ihn angewandten Tis ciplinarversabrcns bis Mitte September 1895 unausgesetzt in Berlin aufgehalken babe. Er habe auch seine Absicht, nach Chicago zu geben, dem Director Kayser mehrmals mitgetbeilt. Man könne ihm also nicht den Borwurf machen, er hätte die Folgen seiner Handlungen nicht auf sich nehmen wollen. Wenn er das beabsichtigt hätte, so wäre er nach Empfang seines AbberufungsschreibeuS direct nach Chicago statt nach Berlin gefahren, wodurch er Aerger, Geld und Zeit gespart hätte. Denn die bewilligte Pension betrage 52 pro Monat auf drei Iabre, also im Ganzen nicht so viel, wie der Kameruner Aufstand ihm an Eigeolhum zerstört habe. V. Berlin, 13. April. (Telegramm.) Es bestätigt sich, daß der Kurst Ferdinand von Bulgarien von St. Peters burg zunächst nach Berlin unv von hier nach Paris sich begeben wird. Der Fürst dürfte am 30. ds. MtS. hier eintreffen, voraussichtlich im königlichen Schlosse Wohnung nehmen und den kaiserlichen Majestäten im Neuen Palais seinen Besuch abstallen. (-) Berlin, 13. April. (Telegramm) Dem Karsten Bismarck ist am Sonnabend folgender telegraphischer Gruß übersandt worden: „Der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirth- schastlichen Interessen in Rheinland und Westfalen, welcher heute das Jubelfest seines 25jührigen Bestehens begeht, sendet in Erinnerung an die Zollkämpse des Jahres I87S Ew. Durchlaucht, dem unerreichten Meister aus dein Gebiete der Volks- wlrtchchast, die Versicherung unwandelbarer Liebe und Treue. Euer Durchlaucht haben, nachdem das glorreiche Werk der Einigung Deutschlands noch außen gethan, durch die nationale Wirtbichaslspolitik den Bau des'Reiches nach innen gefestigt und dadurch den Grund zu Ser Stellung der deutschen Industrie aus dem Weltmarkt gelegt, den sie heute einnimml. Dessen gedenken mit Stolz und Freude die heute zur Jubelfeier vereinten Fesithril- netuner und bringen begeistert ein dreifach Glückauf Les deutschen Reiche« ersten Kanzler, mit dem sie unvergängliche Treue und Dankbarkeit für alle Zeiten verbindet." Fürst BiSNiarck antwortete darauf, ebenfalls telegraphisch, Folgendes: „Für die telegraphische Begrüßung verbmdlichst dankend, freue ich m ch, Laß deutscher Fleiß und deutsche Geschicklichkeit den Grund für die Blinde unserer Industrie aus dem Weltmarkt gelegt hat, und hoffe, Laß sie Such m Inland an unserer Landwirthjchast einen kaufkraf.igen Abnehmer finden wird. Bismarck." ^Berlin, 13. April. (Telegramm.) In der „Kreuzztg." erklärt Herr Hofprediger a. D. Stöcker, die am 7. Februar 1896 in der „Tonhalle" gegen den Grafen Lchlicbcn - Lanvittcn gelbane Aeußerungen, soweit sie persönlich beleidigend seien, gern zurückzu nehmen. --c Bcrlin, 13. April. (Telegramm.) Der König bat den Landrath v Manteuffel als Landesdirector der Provinz Brandenburg für 12 Jahre bestätigt und ihm die nachgesnchle Entlassung aus dem unmittelbaren Staats dienste ertbeilt. ö. Berlin, 13. April. (Privattelegramm.) Der „Berl. Börs.-Htg." wird geschrieben: Ter Leiter der Colonial- Abtbeilung dcS Auswärtigen Amtes Ministerial-Tirector vr. Aayser ist von seinem Urlaub zurückhekehrt und dal seine dienstlichen Functionen im vollen Umfang wieder an getreten. Den Gerüchten gegenüber, als werde der Ge nannte von seiner Stellung zurücktrelen, ist ein formelles Dementi entgegenzusetzen. Die genaue Kenntniß der Schutzgebiete, welche vr. Kayser besitzt, die energische Förderung, die er ihrem Gedeihen zu Tbeil werden läßt, sind der Grund, daß seine Vorgesetzten ibn im hohen Grabe schätzen. Aber auch in kommerziellen Kreisen hegt man nur Empfindungen lebhafter Dankbarkeit für vr. Kayser, der es verstanden hat, mit kräftiger Ver tretung der Regierungsinteressen zugleich dir weitgehende Be rücksichtigung der kommerziellen und wirtbschcfftlichen Bedürf nisse zu verbinden, eine Aufgabe, zu der ein weiter Blick und reiche Erfahrungen gehören. In den kaufmännischen Kreisen, woselbst man überseeische Beziehungen unterhält, dringt man l)r. Kayser Dank und vollstes Vertrauen entgegen. V. Vertin, 13. April. (Privattelegramm.) Da« diesige Blatt „Dir Welt am Montag" schrerbt: „Ein neues Ptftolenduell mit äußerst schweren Bedingungen steht >u Kürze bevor. Die Duellanten sind zwei frühere Mitglieder deS Co>p« Borussia: Herr Baron von der Lancken auf Rügen und der MajoratSerbe Herr Baron Felip v. Hahn auS Kurland. Letzterer ist eigen« vorige Woche nach Berlin gekommen, um sich als Angeklagter in einem Wechsel- falschungSproceß zu verantworten, der mit einer Freisprechung Hahn'S seinen Abschluß fand. Als Ursache der Anklage gilt Herr von der Lancken." Die „Nat.-Ztg." bemerkt hierzu: „Wir wissen nicht, ob diese Mittbeiluna begründet ist. Aber nach der öffentlichen Ankündigung de« DueUS Kotze-Schrader ist sie nicht mehr erstaunlich, und eS muß die Frage auf geworfen werden, ob die Polizei sich ihrer Aufgabe, straf bare Handlungen zu verhindern, von deren Bevor- steben sie Kenntniß erhalten hat, bewußt ist." 8. Berlin, 13. April. (Privatelegramm.) Wie die „National-Zeitung" meldet, wurde der frühere verantwort liche Neracreur deS „Loctalift", Franz Künstler, ver- muthlich wegen sechs Artikeln der Märznummer, auf der Straße verhaftet. L. Berlin, 13 April. (Privattelegramm.) Di« Zahl der Gewerkschaften, welche den ersten Mai durch vsll- ftün«i,e Ardeit*r»tze feiern wollen, mehrt sich unausgesetzt. So haben jetzt, wie die „Nat.-Ztg." erfährt, derartige Be schlüsse di« Bildhauer und di« hiesigen polarschen Socialisten gefaßt. drutung für da« Leben eine» Volkes, daS ist, wie der Ver fasser sagt, für den Kaiser charakteristisch. Ihm steht auf deutscher Seite gegenüber W. v. Hum- >oldt, rin Staatsmann, der zugleich Gelehrter, Forscher und Philosoph war. In einem soeben erschienenen Buck von Br. Gebhardt, „W. von Humboldt als Staatsmann", ist aus den Acren der Akademie der Wissenschaften der Eingang zu einer Denkschrift HumboldLs mitgeiheilk, die den Titel bat: „Ueber die innere und äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin". Sie stammt auS der Zeit, da Humboldt die Leitung des UnterrichlSwesenS in Preußen übernahm. Die hier niedergelegken Gedanken bilden an jedem Puncl das vollkommene Widerspiel der napoleoniscken; ohne Zweifel sind sie im bewußten Gegensatz zu ihnen concipirt worden. Da diese Anstalten, schreibt Humboldt, ihren Zweck nur erreichen können, wenn sie in der reinen Idee der Wissenschaft leben, „so sind Einsamkeit und Freiheit die in ihrem Kreis vorwaltenden Principien". Der Staat bat keine Aufgabe, als die äußerliche: die Forschenden, Lehrenden und Lernenden zusammenzuführen und sie mit den notbwendigen äußeren Mitteln auszustatten; in daS innere Geschäft bat er sich nicht einznmilchen; er muß sich bewußt bleiben, „daß er immer binverlich ist, sobald er sich hineiomischt, daß die Sache an sich ohne ibn unendlich bester geben würde, daß der Um stand selbst, daß es überhaupt solche äußere Formen und Mittel für etwa- ganz Fremdes giebt, immer nacktdrilig einwirkt und das Geistige und Hohe in die materielle und niedere Wirklichkeit herabziehl". DaS Grundprincip für die Organisation muß sein: „die Wissenschaft als etwas noch nicht ganz Gefundenes und nie ganz AufzufindendrS zu be trachten und unablässig sie als solche zu suchen". Die Wurzel aber der wissenschaftlichen Forschung ist der philosophische Trieb, den der Staat nicht befördern kann, freilich auch nicht zu befördern nöthig bat, denn der intellektuelle National charakter Ver Deutschen hat von selbst diese Tendenz. Und so muß der Staat von seinen wissenschaftlichen Anstalten „im Ganzen nichts fordern, waS»sich unmittelbar auf ibn bezieht, sondern die Ueberzeugung hegen, daß, wenn sie ihren Endzweck erreichen, sie -auch feine Zwecke und zwar von einem viel höheren Gesichtspunkte auS erfüllen, von einem, von dem sich viel mehr zusammensaffrn läßt und ganz andere Kräfte und Hebel angebracht werden können, als er sie in Bewegun^zu setzen vermag". — Dementsprechend sind auch schon die «schulen zu gestalten; sie sollen ihren Zögling dabin führen, daß er beim Abgang zur Universität „der Freiheit und Selbstlhätigkeit überlasten werden kann und, vom Zwang entbunden, nicht zu Müßiggang oder zum praktischen Leben übergehen, sondern eine Sehnsucht in sich tragen wird, sich zur Wissenschaft zu erheben, die ihm biS dahin nur gleichsam von ferne gezeigt war". So ist der prmcipielle Gegensatz mit klarstem Bewußtsein in schärfster Formel auSgesprocheu. Ich kann auf die wechselnden Schicksale, welche seitdem die französischen Hochschulen mit dem Staatswesen, dem sie an geboren, erfahren haben, hier nicht näher eingeben; der Leser findet darüber bei Liard einen klar und anziehend geschriebenen Bericht; wie die Restauration die Lehrstühle mit Leuten be setzte, deren „Mittelmäßigkeit und gute Gesinnung" Garantien boten; wie daS Juliköuigthum, das Regiment der Bourgeoisie und der Universität, trotz guten Willen« unvermögend war, die Hochschulen zu beben, vielmehr durch Vermehrung der Zahl der Facultäten ihre Bedeutung herabvrückte; wie unter dem zweiten Kaiserlhum die Willkür im Namen der Ordnung dir Freiheit knebelte; wie unter der zweiten Republik im Namen der Freiheit ein kleri kales Universitätswesen (unter dem Titel von freien Universitäten) neben dem staatlichen entstand. Gleich blieb unter allen Umständen der eine Grundzug: die Hochschulen find politische Institut«, die jede Ge walt, mag sie Namen baden, wie sie will, im Sinne ter Be- festigung ihrer Herrschaft zu reguliren und zu benutzen strebte, Königthum, Kaiserlhum, Republik, alle sahen sie in ihnen ein »nstnunent ä« rSgue. Und ganz ebenso sieht Vie Kirche sie an; ihre sogenannten „freien Universsiäten", unter bischöf licher Verwaltung, z. Th. päpstlicher Gründung, find gedacht als Kampfmittel gegen den unkirchlichen Staat. DaS war da« Verhängniß der französischen Hochschulen: nicht die Wissenschaft, nicht der Unterricht, sondern die Politik war dabei die Hauptsache. Es tritt dies in einer den deutschen Leser überraschenden Weise auch darin hervor, daß in diese» Geschichte der Universitäten Namen von Professoren beinahe gar nutzt Vorkommen, dagegen Namen von Politikern, Ministern, Parlamentariern, Bischöfen; Professoren nur, so fern sie auch Politiker sind, wie Guizot, Cousin, P. Bert. ES ist der Ausdruck der Tbatsache, daß nicht die Professoren, wie in Deutschland, der Facultät und der Universität ihren Charakter gaben, sondern die Politiker; die Pro fessoren (da- gilt besonders von den kacuKSs äes lettres und ckes scisaces) sind Nummern, nicht Individuali täten, was freilich nicht ausschließt, daß eS trotz deS Systems doch Einzelnen gelingt, sich al« Individualität durchzufetzen. In jüngster Zeit bat sich eine Wandlung zu vollzieden begonnen. Wie daS ganze UnterricktSwefen Frankreichs unter der dritten Republik einen gewaltigen Aufschwung genommen bat, so auch die Hochschulen, sie find vnt bedeutenden Mitteln ausgestattet worden; ihr Budget ist beinahe ver dreifacht, für Unbemittelte sind ansehnliche Stipendien aus gesetzt, für daS Studium und für die Fortsetzung der wissen schaftlichen Arbeit nach Abschluß deS Studium«. Nicht minder ist der innere Charakter der Anstalten in einer Umformung begriffen; die wistenschafiliche Forschung hat in die alten Hochschulen Eingang gefunden; die Natur wissenschaft bat den medwinischen, die pbiloiopbische und historische Forschung den juristischen Faculiäten frische« Blut zugeiübrt. Sodann sind die kacult«, äss lettres unv äes soivvess zu wirklichem Leben gekommen; hatten sie bi« >870 eigentlich nur die Bedeutung von Redeanslallrn unv yon Prüfung-stellen für da« Baccalaureat, so sind sie jetzt zu wirklichen Stubieoanstalten geworden mit fast ebenso vielen Studenten, wie die philosophischen Facultäten Deutschland« haben. Nicht minder haben sie an innerer Freiheit und Unah- Deutsches Reich. * Dresden, 13. April. (Telegramm.) In der vom Gesammluiiuisterium gegen die Redaciion der „Sächsischen Arbeiterzeitung" erhobenen Anklagesache wegen Be leidigung der sächsischen Regierung, begangen durch einen Leitartikel in Nr. 3 der genannten Zeitung, wurde heule ver Redakteur Wittrisch vom hiesigen Landgerichte zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. Id. Leipzig, 18. April. Der Vorstand deS .Liberalen Bürge,vereinS" in Bona hat, wie wir erfahren, vir nativnalliberale Partei eingrladea, ten Delegirten- tag im Herbste in Bonn abzudalten. Ebenso hat ver Vor stand deS nationalliberalen Verein« in Cassel dem Ceniral- vorstande der Partei eine Einladung üdermsitett, den Dete- girientag in Cassel abzuhalten. /X Berlin, 13. April. Die Art und Weise, wie von frei sinniger Seite häufig wirtbschaftliche Fragen bebandelt werden, findet eine treffliche Illustration in einem Artikel der „Voss Zeilg." über Obstbau und Obstverwerlhunq. Dort wird den deutschen Landwirthen der Rath gegeben, den „Getreidebau theilweise einfach über Borv zu werfen" und sich rem Obstbau als einer Cultur zuzuwenden, die „nichl nur nachweisbar lobnend" sei, sondern auch noch so im Argen bei unS liege, daß ibre Produkte alljährlich in ungebeuren Mengen eingefübrt werden müßten. Aus den Verhandlungen res preußi schen AbgeorvnetenhanseS über den Antrag deS nationalliberalen Abg. Knebel betreffs der Einführung von Eisenbabn-AuSnahme- tarifen für Obstlieferungen hätte der Verfasser des Artikels wissen sollen, daß ter Obstbau in Deutschland im Allgemeinen in einem erfreulichen Aufschwung« begriffen ist, aber auch, daß die Absatzverbä tnisse derarlig ungnns'ige sind, daß z. B. im Iabre 1889, wo m einem großen Theile von Sürveutichland die Obsternle total mißrietb, in anderen LandeStheilen, so in Ostpreußen, daS eine außergewöhnlich gute Ernte batte, das Obst geradezu verfault und verkommen ist. Wir wüßten aber nicht, daß sich auch nur eine freisinnige Stimme für die vom Aba. Knebel geforderte Verbesserung der Absatz ¬ verhältnisse erhoben hätte. Bevor man für eine Ersetzung deS Getreidebaues durch den Obstbau plaidirt, also eine Er weiterung deS letzteren in einem großen Maßstabe befürwortet, sollte man doch dafür sorgen, raß die vorhandene Obst- production lohnenden Absatz finket. Mit welcher Sorglosigkeit, um nicht zu sagen Leichtfertigkeit der Gewährsmann der „Bost. Zig." sich als Ratbgeber der Lanrwirtbsil aft ausspielt, bewei't ver Umstand, daß er für die von ibm empfohlene Ausdehnung des Obstbaues auch rir Möglichkeit einer zukünftigen Aussubr ins Grfeckt führt. Wir möchten keinem Lantw-rtd ansinnen, sich auf diese Zukunftsmusik deö ArnkclsckreiberS ter „Voss. Ztg " eiuzulasten. Derselbe bemerkt aus eigenem Antriebe, bis es zu einer Obftproduction Teutschlants für das Ausland komme, werde „noch viel W sser ins Meer fließen." Wie viel Wasser das sein wird, kann man ungefähr berechnen, wenn man weiß, daß Denlschland in den drei Jabren 1892—1894 für 52,4 Millionen Mark frische« Obst und für 32,1 Millionen Mark geirocknetes Obst aus dem Auslande bezogen bat, während unser Expert an frischem Obst in dem gleichen Zeilraume sich aus 15,2 Millionen Mark und an Törrobst aus — 100 000 beiie vernünftigen, den localen und sonstigen Absatzverhältnissen angemessene»» Ausdehnung des Obstbaues in Deuischlanv werden wir immer da« Wort reden, namentlich aber einer rationelleren Obstverwerlhung. Dagegen möchien wir vor Rathschlägen, wie sie in tem Artikel der „Voss. Zig." vor- getragen werden, eindringlichst warnen. Dadurch, daß ganz allgemein der Anbau einer bestimmten Sorte Aepfrl befür wortet wird, werden diese Ratbsckläge gewiß nickt besser; die Folge einer solchen Maßregel würde nur «in erschwerter Absatz sein. * Berlin, 13 April. Der frühere Kanzler Leist ver wahrt fick von Cbicago auS brieflich gegen eine Aeußerung deS Iustizminifter» Schönstedt im Reichstage bei der Colon,alrevatte am 14. März. Der Instlzministrr batte zu der Möglichkeit einer strafrechtlichen Verfolgung Leist's be- merkt, daß die »haisäcbl'che Aufklärung über die rechtliche Stellung der Pfanrweiber in Kamerun, ob sie in der Thal der Obhut eine« Beamten, insbesondere der Obhut deS Ex kanzler« Leist unterstanden bätteu, erst sehr spät eingezangen sei und in einer nicht vollkommen klaren Weise. Maa bade noch einmal nach Kamerun zurückschreiben müssen, und als endlich vir Auskunft, dir übrigen« die Regierung auch noch im Zweifel Uber di« Natur der vorliegenden Die Anroerfitat in Devtschlan- nnd Frankreich. In Nr. 170 unsere« Blatte« haben wir einen sehr lehr reichen Aufsatz des Geh. Oberschulrath« Prof. vr. Schiller in Gießen abgedruckt, der nachwies, daß der Glaube an die unbedingte Vortrefflichkeit und Ueberlegenhrit der deutschen Gymnasien und Realschulen dem AuSlande gegenüber unbe rechtigt sei. Dagegen fällt ein Vergleich unseres Universität«- wesen« mit dem deö Auslandes erfreulicher Weise besser au«. Insbesondere braucht die deutsche Universität die Parallele mit der französischen nicht zu scheuen. Daß vielmehr auf diesem Culturgebiet das deutsche Volk über va« französische eine unzweifelhafte Ueberlezendeit gewonnen hat, hieran erinnert eine an die Schrift L- Liard'S ..il-'evseizne- wsnt snvSrisnr en Pranos 1789—1893' anknüpfenve, unge mein fesselnde Darlegung des Prof. Friedrich Paulsen ,m neuesten Heft der „Deutschen Literaturzeitung". Paulsen führt auS: „Es ist hier, wie in einem großen von der Geschichte selbst angestrllten Experiment, über den Werth von zwei Principien entschieden. DaS Princip der staatlichen Regulirung und da« Princip der Freiheit haben Gelegenheit gehabt, sich zu messen. Die aniversitL äe Pranas war ein politisches Institut mit administrativ-militairischem Charakter, die deutschen Universitäten find freie, vom Staat dotirte körper schaftliche Anstalten; die französischen Hochschulen sind technische Fachschulen mit gebundenem LehrcursuS, die deutschen Uni versitäten sind Schulen freier wissenschaftlicher Forschung und freier philosophischer Bildungj auf den deutschen Universitäten bat die philosophische Facultat, die im Besonderen die freie wissenschaftliche Forschung zur Aufgabe hat, das Uebergewicht erlangt, in Frankreich ist die philosophische Facultät so gut wie ausgefallen. Selten ist aus geschichtlichem Gebiet ein Experiment so rein gemacht und so unzweideutig ausgefallen wie hier. DaS deutsche Princip hat sich als so überlegen erwiesen, daß in Frankreich seit 25 Jahren alle einsichtigen Mäoner Alles daran setzen, die Hochschulen ihres Landes nach demselben Princip zu reformiren. Unter diesen Männern steht jetzt der Verfasser dieses Werke- (s. oben. Red. d ,,L. T.") al« äirvotenr äs Penseizuemsut snpöriear in erster Linie. Die beiden Principien treten unS am Anfang des Jahr hunderts in zwei Männern verkörpert entgegen, in Napo leon, dem Gründer der unirsrslts äs Prauce, unv in W. v. Humboldt, dem Gründer der Berliner Universität. Es war in denselben Jahren, 1806—1809, baß man hüben wie trüben mit der Frage der Organisation des wissenschaft lichen Unterrichts sich beschäftigte. In Frankreich waren die alten Universitäten, wie in dem ersten Band unsere- Werkes gezeigt ist, als veraltete und untaugliche Institute durch die Revolution beseitigt worden. An ihre Stelle traten nach längerem theoretischen Experiment»«» Lvceen für den allge meinen BorbereitungSunterricht und Fachschulen für die einzelnen gelehrten Berufe (seoies svScisIss). Der erste Consul hatte io entschieden; er verwarf die von der Revolution gesuchten encyklopädischen Akademien; „auS persönlichen wie auS poli tischen Gründen war er ein Gegner der großen Lehrer- und Gklehrtenkvrperschaftea, die eine volle philosophische und wissenschaftliche Unabhängigkeit erstreben; nützliche Special schulen, isolirt und darum abhängig, ;ede mit einer be- slimmten Aufgabe betraut, entsprachen seiner Absicht" (S. 31). Alle diese Anstalten entschloß sich der Kaiser dann zu einer großen, mit eigenen Gütern auSgestatteten, auS der all gemeineren Staatsverwaltung herausgehobenen Verwaltungs einheit zusammenzufassen, die den Namen „kaiserliche Universität" erhielt und durch einen Großmeister (Oranä- >laitre) ihre Inspirationen von dem Autokrator selbst empfing (1808). Unter dem Großmeister, der ein ebenfalls vom Kaffer ernanntes Conseil neben sich hatte, standen Generalinspectoren, Specialinspectoren, Directoren und Professoren der Fachschulen, Provisoren, Censoren, Professoren der Lyceen, bis herab zu den Repetenten und Assistenten. Die unävsrsitö iwpSnsle ist der in- Weltliche und Staatliche übersetzte Jesuitenorden, wie der Kaffer selbst bemerkt (S. 79). Ihre Absicht ist ganz dieselbe: die Gemüther, den Geist der Nation der absoluten Herr schaft hier nun nicht der kirchlichen, sondern der politischen Gewalt zu unterwerfen. „In den Augen Napoleon'« er schien daS öffentliche UnterrichtSwesen, sich selbst überlassen und frei in seinen Ansichten, als eine Gefahr für den Staat; seine wahre Aufgabe und sein einziges Existenzrecht ist ihm: dem Träger der Staatsgewalt als geistige Stütze zu dienen. Sein Gedanke war: eia Volk ist ein Ganze-, dies Ganze bat ein innere- Band, da« ist eine Einheit von Principien; auS ihnen entspringt, aus ihnen beruht der Staat. Daher die Nothwendigkeit für den Staat, eine Doctrin zu haben, zu sormuliren, zu lehren, als Grundlage für seine Stabilität. Unterrichten ist Nebensache, die Hauptsache ist: bilden, formen nach dem Modell, da« dem Staat zusagt, und daS der Staat eben darum ein Recht hat, durch Gebot aufzunöthigrn (69). „Ihr wesentlicher Nutzen ist, daß die Bürger durch die öffent liche Erziehung eine Fatzvn erhalten, wie sie der oberste In haber und Hüter der öffentlichen Gewalt für nöthig hält; daß sie denken, was die Staatsgewalt für gut hält; baß sie wollen, was die Staatsgewalt für nöthig halt (69, 70). DaS war die Idee, der die Universität von Frankreich da- Dasein verdankt. „Es kann keinen festen politische» Zustand geben", so sagte Napoleon zu seinem Minister Fourcroy, „ohne einen Lehrkörper mit festen Principien. Lernt man nicht von der ersten Jugend an, ob man Republi kaner oder Monarchist, Katholik oder Atheist sein muß, so wird der Staat niemals eine Nation bilden; so wird er au unsicheren Grundlagen beruhen und beständig Unordnungen und Umwälzungen au-gesrtzt fein." Freie Forschung, rme ungeregelte Philosophie und eine geschichtliche Betrachtung der Dinge sind gefährlich. Ein kurz gefaßter dogmatischer Unterricht, daS isi Alles, waS Noth thut. Da« ist der Geist der napoleonischen UntrrrichtSpolitik. Miß traum, Polizeisinn und die Abwesenheit jedes tieferen Blicke- für da« Wesen der wissenschaftlichen Studien und ihre B;- hängigkeit gewonnen; neben den angeilellten Lehrern giebt es freie Curse, neben den Vorlesungen Uebnngen. Anfänge der Selbst verwaltung und der Zusammenfassung der Facultäten zu einheitlichen Körperschaften näbern sie den deutschen Univer sitäten auch von Seilen der Verfassung an. Unter den be ständig wechselnden Ministerien ist die Richtung der Ent wickelung stets dieselbe geblieben. So darf der Verfasser schließen: Vor dem AuSbruch der Revolution von 1789 Halle Fi-amreich Universitäten, aber nur dem Namen nach; heule bat es Universitäten in Wirklichkeit, denen nur der Name noch fehlt. Olme Zweifel ist der entscheidende Antrieb auck hier die Rivalität mit Deutschland gewesen. Die Form, in der sich die beiden Nachbarvölker gegen seitig ihre Lehren gegeben haben, war eine harte; es waren die zerschmetternden Niederlagen von 1806 und 1870. Die Lehre ist darum nicht minder heilsam gewesen. Man e> kannte in beiden Fällen, „daß die Stärke eines Volke- nicht allein in seinen Armeen liegt, sondern auch >n seinen wissensch.istlichen Schulen" (337). Möchte es der Belehrungen von jener Art nicht bedürfen, um bei ten Völkern diese große Lebre stelS gegenwärtig zu ballen. Möchte der belle und klare Geist W. v. Humboldt s, der am Eingang unserer Universität stedl, ihr Leitstern bleiben und den bonapartfftischeu Geist, den Geist polizei licher Bevormundung und kurzsichtiger industrieller Nützlich- keltsgcdanten, ihren Hochschulen immer fern hallen."
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite