Volltext Seite (XML)
BezugSPreiS U der Harptrxpedition oder de» tm Stadt. teztrk mrd den Vororten errichteten Ros« aaoestellen ab geholt: vierteljährlich ^4L0. vei gwetmaliger täglicher Zustellung wS Laos LLO. Durch dt» Post bezogen für ««ffchland und Oesterreich: vierteliährlich >l . Direct» täglich« Arruzbandieudung k>- Luslaud: monatlich ?LO. Di» Morgen-Lu-gabr erscheint um '/,7 Uhr. dt» Abendsusgabe Wochentags um - Uhr. Morgen-Ausgabe LeLaction «n- ErveLltis«: Aehannesgassr 8. Dir Expedition ist Wochentags ununterbrochen ge-ffuet von früh 8 bi» Abends 7 Uhr. Filiale«: Llt» Me««'» Sortlm. (Alfred Hahn). Universitätsstrahe 1, Leut» Lösch». Katbarinenstr. 14. pari, und Königsvlah 7. MMtr TlUcklllt Anzeiger. ÄmLslilalt des Königlichen Land- nnd Amtsgerichtes Leipzig, des Natljes und Notizei-Ämtes -er Ltadt Leipzig. Unzeigrn-PrrlS die 6 gespaltene Petitzeile 80 Psg. Reclame« unter demRedacttonssrrick (sge- spalten) öO-^, vor den Familienuachrichte» (Sgespalten) 40/^. Erößere Schriften laut nnserrm Preis- verzeichn^. Tabellarischer und Ztfierajatz nach höher«, Tarif. Extra-Beilage« (gefalzt), nur mit der Morgen»Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l SO.—, mit Postbefördernug ^l 70.—. ^nuahmeschlvß fir Anzeige«: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Margen.Ausgab«: Nachmittags 4 Uhr. Für die Montag.Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stund« früher. Anzeige» sind stets an du Exprditieu zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^52. Donnerstag den 30. Januar 1896. Sv. Jahrgang. Russisch-armenische Erziehungen. I derselben wurden mehr und mehr eingeschränkt. DaS Alles I bat liefen Eindruck auf die armenische Bevölkerung gemacht. r. 8. Seitdem Armenien mit seinen Unruhen und Metzeleien I Von jeher haben kirchlich» Fragen im Orient eine wichtige in den Borderarund de» öffentlichen Interesses getreten ist, I Roll« gespielt und dru Ausschlag zu mancher bemrrkenS- wurdea Biele überrascht, weil von allen inieressirten Mächten I wenden Entscheidung gegeben. So waren die Erscheinungen Rußland die größte Gleichgiltigkeit den Borgängen in diesem I der Unzufriedenheit denn auch etwa- Natürliche«. Spater Lande eutgegengrbrachl hat. Der Zarenpolctik entsprach eS! traten noch agrare Eonflicte hinzu, in deren Verlaut sonst nicht, Ereignisse ungenutzt zu lasten, die der Pforte I armenische Bauern offene Zurücksetzung vor russischen Schwierigkeiten bereiten konnten, und Armenien zumal I Ansiedlern erlitten. Au- dem Innern Rußland- wurden wurde immer auSgrspielt, wenn eS den Nachweis galt von der I Colouisten hergefübrt, — namentlich iu die Gegend „RegierungSunfäbigkeit" der Türkei. Für die gegenwärtige I von Kars — und ihnen Landstücke zugewiesen, die Haltung des Petersburger CabinetS dürfte in erster Linie I unter nichtigen Vorwänden confiscirt worden waren. Der der Wunsch maßgebend sein, daS Reich der O-manen zu I wirtbschaftliche Erfolg freilich blieb meisten» aus; der Russe schonen und eine Ausrollung der Orienlfrage unmöglich zu I bat nun einmal wenig Neigung zum Ackerbau, und im fremde» wache«, welche bei der herrschenden Lage iu Asien den Russen I Laude vermag er erst recht nichts zu leisten, wo Boden, in hohem Maße unbequem werben müßte. Man hält es an I beschaffende« und Klima ihm unbekannt sind. Die Be. der Newa augenblicklich für wichtiger, sich die Hände frei zu! mübungrn der zarischen Negierung, einen nationalen Bauern, halten und die Entwickelung der Dinge an der chinesischen I slaud in Armenien zu schaffen, müssen durchaus als verfehlt Greaz« zu beobachten, als sich in Händel am Bosporus zu I betrachtet werden. Erreicht wurde nur, daß die Stimmung stürzen, deren Erfolg zudem sehr zweifelhaft ist. I in Armenien immer erbitterter wurde und dir allen Sym- Aber sicher ist das Verhalten der russischen Regierung I pathien für das Zarenreich fast völlig schwanden, außerdem bedingt gewesen durch das gespannte Vrrhältniß,! Die Thaffache bleibt allerdings bestehen, daß in den letzten in der sie gerade jetzt zu den Armeniern stebt. Die I Jahren nicht wenige Armenier sich in Rußland niedergelassen Beziehungen derselben zu den Russen sind seit Langem reckt I haben. Zn den Kaukasusländern giebt es blühende Eolonien, «igrathümlicher Natur. Durch sortaesetzteS Umschmeicheln I wo die rührigen Asiaten eine Zuflucht vor türkischer Willkür hatte da» Zarenreich dieses Volk sich früher schon geneigt zu I gefunden haben und den trägen Russen empfindliche Con- machea gewußt; verschiedene Umstände spielten hier mit. Der I currenz zu bereiten vermögen. Die Letzteren haben deshalb Druck, den die Pascha» übten, die Glaubensgemeinschaft mit! begonnen, RegierungSbilfe gegen die „Eindringlinge" an- Rußland unddieWeltstellung deSReiche-,welchrSder „Beschützer ! zurufen. Gleichwohl ist die Ansiedelung der Armenier im vrieutalischer Christen" sein wollte, da» Alles barte bewirkt, I Allgemeinen nicht bestimmend für da» Berhältniß beider daß seit Jahren die Sympathien der Armenier sich Rußland! Völker. Die Colonisteu im Kaukasus haben Schutz gesucht -«gewandt hatten. Auch unterschied sich die russische Ver-! vor Willkür und benutzten die günstigeren agraren Verhält- waltung in vortheilhafter Weise von der Herrschaft der I nifse im Zarenreiche, um dort sich eine neue Heimath zu Türke». Wenigstens in den angrenzenden Gebieten, welche! gründen. Noch ist übrigens die Frage offen, wie weit dir General PaSkewitsch bereits im Jahre 1827 sür seinen Kaiser! russische Regierung beabsichtigt, den Armeniern in ihrem erobert hatte. Die zarischen Beamten ließen die Armenier l Laave Kreideit zu gewähre», denn bereit» lrbnt sich der zu Beginn im Allgemeinen uubebelligt; sie mischten sich wenig I nationale Chauvinismus gegen diese Ansiekler auf. »» di« inneren Berdältniffe d«S Lande» und waren zufrieden,! Iu einem künftigen Kriege zwischen Rußland und der wen» dir Bevölkerung ihrer staatsbürgerlichen Pflicht im ! Pforte werden die Armenier schwerlich zu rrsterem halten. Großen nackkam. Auch war die Corruption russischer I r» sei denn, daß die Zareupolitik sich abermals ändert, was ReaierungSmänner doch immer nicht so schlimm wie die I gegenwärtig aber nicht anzunebmrn ist. In Petersburg Willkür türkischer Machthaber, welche die Armenier' schon ! kennt man wohl den Werth der Armenier und weiß, was sie im ihres GlaubeuS wegen verachteten. Die ursprünglich von ! letzten Türtenkriege genutzt und geschadet haben Und weil der russischen Regierung befolgte Taktik war geschickt. Sie man darüber klar sieht, wünscht man Verwickelungen zu gewann ihr Popularität in neuerworbenen Provinzen und I vermeiden und wird, wenn eS irgend möglich ist, den wirkte günstig auf andere Volksgenoffen ein, die vielfach noch I Frieden mit der Türkei aufrecht zu erhallen wissen, unter türkischer Botmäßigkeit lebten. Die Folgen äußerten I (Bon dieser Haltung bis zum Abschluß eines Bündnisses fich deutlich im Kriege 1877/78. Damals baden die Armenier mit der Türkei ist e« allerdings noch sehr weit, wenn eS auch den Russen nicht geringe Dienste geleistet. Ihre Lande«- nicht überraschen darf, Rußland und die Pforte demnächst in kenutaiß und Vertrautheit mit abgelegenen Gebirgspässen einer Art «utents „corckiale" zu sehen. An eine russische machte sie zu werthvollen Wegweisern für die Truppen; ihre Besetzung Anatoliens im Einverständuiß mit dem Sultan zur Verschlagenheit befähigte sie, den Feind zu täuschen und den endgiltigen Pacificirung deS Lande» aber ist augenblicklich gar Russen Dortbeile zuzuwenden, die diese allein kaum jemals I nicht ZU drnkeo. Rußland fällt eS gerade jetzt nicht ein, in erworben hatten. AlS Kundschafter, als Lieferanten und als Anatolien sich die Hände zu binden, um England in Ostasie» Pfadfinder waren sie thätig und mancken schönen Erfolg I freie Hand zu lassen. D. Red. d. ,Aipz. Tagebl.") haben die Russen den aewandten Armeniern zu verdanken. I AlS nach dem Berliner Eongreß die Russen einige armenische I Provinzen behielten, war man dort damit keineswegs un- > Deutsches Nkich, In der ersten Zeit hatte auch Niemand Ursache zu klagen, I U Berlin, 29. Januar. Der Reichstag hat gestern Alles blieb in jeder Hinsicht beim Alten. In der Folge! einstimmig den Antrag Hitze angenommen, durch den die freilich wurde es wesentlich anders. Auch dort begaun dre I verbündeten Regierungen u. A. zu eiuer Erwägung über die russische Regierung Alles daran zu setzen, um die eroberten! Möglichkeit und Zweckmäßigkeit der Einbeziehung einer Provinzen politisch und wirthschaftlich dem Gesammtreiche I Wittwen- und Waisensürsorae in den Rahmen der einzugUedera. Zunächst empfand mau als störend die Un-1 bestehenden Arbeiterversicheruna ausgefordert werden. An- adhäugigkeit der Kirche. Trotz der Aebnlicbkeit de» EultuS I gesicht- dieses Beschlüsse- dürfte eS von Interesse sein, die und der Zugehörigkeit zur Orthodoxie bestehen ganz bedeutende I Betrachtungen wieder hervorzuziehen, welche die ver- Gegensätze zwischen der gleichen Glaubensgemeinschaft in I büudeten Regierung» iu der Begründung zum Entwurf Armenien und Rußland. Ja Armenien war die Kirche I über die Invalidität», und Altersversicherung seiner Zeit selbstständiger wie anderswo und hatte mit der Befassung de-I über die Fürsorge sür die Wittweu und Waisru russische« Klerus auch jetzt uichtS zu thun. An ihrer Spitzel verstorbener Arbeiter angestellt baden. Bevor au steht der KaiholikoS, welcher sie seit den Tagen des heiligen I die Lösung der Aufgabe (der Juvallvitäts- und AlterSver- Gregor». des ersten Patriarchen de» Lande», mit fast UN-1 sicheruug) selbst herangetreten werveo konnte, so heißt es da- umschränkter Gewalt regiert; und wa» als politische- Mo-1 selbst, handelte cS sich zunächst um die Vorfrage, ob mit der ment nicht zu übersehen ist, — die Bevölkerung war zufrieden l Fürsorge für alte und erwerbsunfähige Arbeiter gleichzeitig und wachte mit Eifersucht über die Unverlftftichkeit ihrer I die Fürsorge für die Wittwen und Waisen verstorbener Kirch e. Sehr bald wußte die russische Regierung eS ein-1 Arbeiter zu regeln sei. Diese Frage hat au» prakiiscken zurichten, daß die Machtstellung de- KatbolikoS eingeschränkt l Gründen verneiut werden müssen. ES wird sich empfehlen, ward und er selbst unter den Synod in Petersburg gestellt I die Regelung der Wittwen« und Waisenversorgung zunächst wurde Ja Zukunft sollte ihm nur noch eine Art Veto > noch auSzuseyen, um zuvor durch die bei der Durchsübruug verbleibe». I ver Alter-- und JnvaliditätSvrrsicherung zu sammelnden Mit diesem Eingriff in Sonderrechte begann der Proceß I Erfahrungen zu einem zutreffenderen Urtheile unter Anderem der Entfremdung. Die Armenier empfanden da» Vorgehen I auch darüber zu gelangen, ob die Industrie und die sonst in Rußland« «IS nationale Beleidigung, dir um so nachhaltiger! Betracht kommenden BerusSzwrige die mit der Wittwen- und wirkte, als sie außer Staude waren, das Geringste dawider I Waiseaversorguag notbwenvig verknüpfte Mehrbelastung zu zu thun. Da» Zarenreich blieb bei diesem ersten Schritte I tragen im Stande sind. Die letztere würde nach den nicht stehen. So lang« der von der Bevölkerung erwählte l hierüber angestelllen überschläglichen Ermittelungen eine sehr KatholikoS «atioualgesiunt war, hatte die Oberhoheit de» I erhebliche sein, bei nur 60 ^ Reute für Wittwen und Synod« keine sonderlich« Bedeutung, der angesehendste Manu I nur SO -ck Rente für jede- Ki»d würde sich nämlich des Lande« besaß Mittel und Wege zur Genüge, um die I eine Belastung von rund 1b auf den Kopf de» russischen Pläne zu durchkreuzen, und seine vielgewandtea I männlichen Arbeiter», also bei etwa 7»/, Millionen manu Oneutalea standen ihm hilfreich zur Seite. I licher Arbeiter eia Bedarf von rund 120 Millionen Man trug veshalb Sorge, eine gefügige und dem Russen-»Mark ergeben. Immerhin wird ein erheblicher Theil Hu« ergebene Persönlichkeit an die Spitze der Kirche I aller Wittwen, nämlich diejenigen, welche selbst berufsmäßig Armenien» zu stellen. Diese- Ziel erreichte man, indem I Arbeit in fremden Betrieben verrichten, im Falle der Er- man da» Wahlsystem änderte, den Wahlakt unter russische I werbSunfahigkeit schon an den Wobltbatrn des vorliegenden Beamtencontrole stellte und unbequeme Wähler fern zu halten I Gesetzentwurfs (über die Invalidität-- und AllerSver- wußte. Auf diese Weise wurde da» Resultat gegen frlibrr I slüeru"g), welcher sich auf weibliche Personen mit- weseutlich anders. Der KatbolikoS gilt beute kaum mehr I erstreckt, tbeilnehmeu. Im Uebriaen ist sür Wittwen oper noch al« LandrSvertreter, sondern ist zunächst bestrebt, di« I Waisen, ganz abgesehen von den Bestimmungen der Unfall- voa der Newa vrrlautbarten Wünsche genau zu erfüllen. I nersichrrungsgeietz«, durch eine Reihe von WohlthätigkeitS- Kria anneuischer Protest gegen diese» Vorgehen fand in ! anstalten, wenn auch nicht ausreichend, so doch einigermaßen Petersburg Berücksichtigung, «ad als die allgemeine I gesorgt. Auch werben nach dem JnSlebentreten Ver In- Mißstimmung der Bevölkern»« za deutlich hervortrat, I validitätSversicherungdiezenigen Anstalten, welche gegenwärtig -riss mau weiter nnd härter in die Landesrecht« eia. Die I genöthigt sind, ihre Mittel durch Unterstützung von Invaliden blühenden armenischen Schulen wurden theils geschloffen, > »«den derjenige» von Wittwen und Waisen zu zersplittera, theils ihrer Borrecht« entkleidet und russischen Beamte« zur I dazu übergehen können, den letzteren «in« «rdöhtr Fürsorge Lnsstcht unterstellt. Die Priester. Lanvivatea wurden g«. I zuzuwenden, weil die Invaliden ihrer Fürsorge van» nicht »»»naea, fich in Tiflis ««»bilden ,« lassen, wo die geistliche I ««hr in dsm gleichen Maße bedürftig sein werden. Schnl» armenierfeindtich«Tendenzen versslgt. Den Armeniern I O Berlin, 29 Januar. Daß fich die socialvemvkra- wurd« dort keine Sonderstellung eingeräumt. Der Minister I tische Presse in Beleidigungen und Verleumdungen der des Äauera ferner erhielt rin erhöhte» Aufsicht-recht in I Gegner etwa» leisiet, ist bekannt, und es nimmt deSbal » alle» Angelegenheiten, die die Kirche betrafen. Die Rechte f nicht Wunder, daß beständig Anklagen wegen solcher Ber eden gegen socialdemokratische Redacteure schweben. Zur leit steht der Redacteur der „Berg. Volksstimme", Fransten in gelingen, unter einer solchen Anklage, die viel Staub aut- wirbeln dürste. Der Genannte batte in diesem Organ und in der periodischen Druckschrift: „Solingener kritische Tage" behauptet, der frühere Bürgermeister von Solingen van M eenen habe als Zeuge unter Eid eine falsche Aussage abgegeben, sowie städtische Gelder zu Gunsten seiner beiden Söbne, von denen der eine praktischer Arzt, der andere jetzt Bürgermeister in Trarbach ist, ver wendet ,c. Dieser Proceß gelangt in den nächsten Tagen zur Verhandlung. Gegen den Verantwortlichen de» „Branden burger Volksblatt", Wolfgang, schweben nickt weniger als vier Beleidigungsprocesse, und der Redacteur des „Proletariers aus dem Eulengebirge". der frühere Buchbinder und Führer der „Unabhängigen" Feldmann, hat sich drei Anklagen wegen Beleidigung zugezogen, die in Liegnitz, Reichenbach und Schweidnitz verhandelt werden sollen. Eine Serie von Majestät«- und anderen Beleidigungsprocessrn ist auch gegen den Redacteur der „Thüringer Tribüne" eingeleitet. Berlin, 29. Januar. (Telegramm.) Die (vom „Leipz. Tagebl." nicht erst erwähnte) Nachricht, der Kaiser :räfe am lü. Februar d. I. in Genua zur Begegnung mit König Humbert rin, ist vollständig erfunden und entbehrt jeder thaisächlichen Unterlage. (Wieverb.) Berlin. 29. Januar. (Telegramm.) DaS Kaiser- paar unternahm gestern Nachmittag eine gemeinsame Spazier fahrt. Bei der Abreise der großherzoglich hessischen Herr schaften gab der Kaiser daS Geleite nach dem Potsdamer Bahnhof. Zur Abendtafel waren geladen: der Großberzog und die Erbgroßherzoain von Sachsen-Weimar, die Land grafin von Hessen nebst Prinzeß-Tochter Sybille, Herzog und Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg, Herzog und Her zogin Friedrich Ferdinand zu Schleswig-Holstein-Sonderburg- G-ückSburg, Erbprinzessin von Anhalt, Rittmeister Prinz Ernst von Sachsen-Weimar und daS Gefolge der genannten Herrschaften, sowie der Generalatjutant von Plessen. Heute Zormiltag machte da» Kaiserpaar den üblichen gemeinsamen Spariergang im Tbiergarlen. Bon demselben zurückgekehrt, empfing der Kaiser den Flüaeladjutanten Major von Jacobi auläßlich deffeu Rückkehr auf seinen Posten nach Rom, sowie den Flügeladjutanten Oberst von Arnim, anläßlich dessen Commantiruug al» AbtheilungS-Cbef im Militair-Cadinct, ,ur Meldung. Von 10'/» Ubr ab körte er den Vortrag des Chefs de» Geheimen Civil-CabinetS. Berlin, 29. Januar. (Telegramm.) Am kaiser- ichen Hofe wird heule der Geburtstag deS Prinzen Ausnst Wilhelm gefeiert. Der Prinz, geboren am 29. Januar 1887, vollendet deute daS neunte Lebensjahr. X. Berlin, 29. Januar. Der Kaiser sandte nach seiner Ernennung zum Cbef deS 6. bayerischen Infanterie-Regiments „Kaiser Wilbelm, König von Preußen" an den Commandeur kiese» Regiments, Obersten Hoffman» in Amberg, folgendes Telegramm: „Berlin. Es gereicht Mir zur Freude, an die Spitze deS ruhmreichen Regiments gestellt zu sein, dessen Name sür alle Zeiteu mit der Neuerstehung deS Deutschen Reiche- und dem unvergeßlichen Begründer desselben verknüpft ist. Ich werde stets dessen eingedenk sein, daß daS Regiment -ereitS zum Hweileu Male auf demselbcu Boden vereint mit deutschen Stammen für deutsches Neckt kämpfte. Gott sei eruer mit seinen alten Fahnen. Wilbelm, I. H." (-) Berlin, 29. Januar. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiger" wendet sich in längerer Ausführung gegen Artikel, die in letzter Zeit in verschiedenen Zeitungen er schienen sind und eine bessere Fürsorge der Reicks regieruag für sogenannte Kriegsveteranea fordern. Der „ReickSanz." führt auS, daß solche Artikel Unzufriedenheit und Mißtrauen erregten und legt dar, daß bei der all gemeinen Wehrpflicht kein Entschädigungsanspruch daraus erwachse, wcuu dir Einzelne», wie ihre Pflicht eS erbeischt, persönlich an der Bertheivigung de« Vaterlandes theilnebmen. Bei Mannschaften, die durch Dienstdeschävigung erwerb- unfähig gemacht worden sind, erkenne auch da» Reich eine Ent schädigungSpflicht an. Eine Entschädigung an alle Soldaten zu gewähren, sei aus politischen Gründen bedenklich, finanziell aber gar nicht durchführbar. Weiter wird auSgeführt, daß die zur Unterstützung bereit stehenden Mittel, deren jährlich er Betrax sechs Millionen erreiche, den lebenslänglich invaliden Veteranen und ihren Hinterbliebenen, welche einen gesetzlichen Anspruch haben, zu Gut« kommen. Für alle an einem Kriege betheiligt gewesenen Combattanten und ibre An gehörigen, sowie für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen würveu jährlich fünfzehn Millionen verausgabt. (-) Berlin, 29. Januar. (Telegramm.) Gegenüber einer von der „Köln. Ztg." in einer Corresoondeiiz au- Baltimore über die Kriegsdrauchbarkeit de» neuen amerika nischen kleinkalibrigrn Gewehr» gebrachten Erzählung von der Erschießung »an EaiVaten stellt der „ReichSanzeiger" fest, daß mindesten« seil Anfang der 50er Jahre im Frieden eine Vollstreckung der Todesstrafe an preußischen Soldaten nicht stattgefunden habe. Da« Militairstrasgrsetzbuch bedroht überhaupt nur die im Felde begangenen militairischen Ver- brrcheu mit Erschießen, während bei den im Frieden be gangenen nichimiliiairischen mit Todesstrafe bedrohten Ver brechen di« Todeestrafe durch Enthaupten angewandt werke. tztz. Berlin, 29. Januar. (Privattelegramm..) Das GtnatOmmtftertum trat deute Nachmittag 2 Uhr im Reichs» tag-gebäude unter dem Vorsitz de» Fürsten Hohenlohe ,u einer Sitzung zusammen. — Dir Börse wurde gestern vom ReichSbaakdirrctor Or. Koch besucht, der ,wisch n zwei beeideten Börsenmaklern Platz nahm, um bei der CourSfeststelluna zugegen zu sein. Die Maßnahme dürfte mit den Vorbereitungen zur Aus führung des Börsengesetzrs in Zusammenhang stehen. * Tharn, 28. Januar. Die Ansiedlung-commission bat, wir wir der ,Mtn. Zig." entnehmen, da« Rittergut Wangerin angekanft, da» unmittelbar an die große deutsche Ansiedelung RinSk anstößt. * Weimar, 28. Januar. Aussehen ruft hier eioe An klage wegen unchristlicher Lehr« hervor, die Major von Hagen, der Vorsitzende de» hiesigen konservativen Vereins, gegen den DiakonuS Graue bei der obersten Kircheubekölde erhoben bat. Herr von Hagen hat schon rüher eiumal denselben Geistlichen der Irrlehre bezichtigt , die oberste Kirchenbehörde bat damals aber seine Anklage als gegenstandslos zurückgewieseu. Seine zweite Anzeige hat eine Reihe angesehener Bürger veranlaßt, eine Vertrauens kundgebung für DiakonuS Graue zu beschließen und u veröffentlichen. tz Aus Thüringen, 28. Januar. Die Spitze der sehr be- mrrkrnSwerthen Depesche de» Herzog» Georg von Mei ningen an die Stadtverordneten in Gräfenthal richtet ich gegen den im Meininger Land großgezogemn Geist der ewigen Verneinung des Freisinns, namentlich in den sür die Wohlfahrt des Vaterlandes wichtigsten Fragen. Wobl in einem Theile Deutschlands wurde die durch daS Reich ge- chaffene neue Ordnung der Dinge freudiger begrüßt, als in den deutscheu Kleinstaaten. Herrschende mittelalterliche Zu- 'tände und Mißbräuche befriedigten dort am allerwenigsten die berechtigten Erwartungen und freiheitlichen Verheißungen. Die ältere Generation, welche die ganze Misöre der bundrs- taatlichen Verhältnisse auSgekostet hat, weiß ein Lied davon zu singen und hat darum auch ein ganz andere- Verständniß ür die durch das Kaiserreich gewonnenen Errungenschaften. Darum stimmt sie auck nicht ein in die Schmähungen der jüngeren, denen sie ein Recht dazu nicht zugestebt. Der nun vom Herzog Georg gegeißelte Geist der Verneinung wurde aber gerade von dein Herzog!. Landrath vr. Baumbach, der in diesen Tagen da« Zeitliche gesegnet hat, entfacht. Heutzutage geht nun auch in Meiningen die Sache deS FreistnuS be deutend rückwärts, seitdem die von ihr inS Schlepptau ge nommene Landbevölkerung in Massen abfällt, weil sie im reisinn einen Gegner der Landwirthschaft erblickt. DaS rlegramm de» von seinen Unterthanen hochverehrten Herzogs wird diesen Abfall sicher noch unterstützen. * Mainz, 28. Januar. Hier tagte vorgestern eine Ver sammlung zünftlerisck angehauchter Handwerker au» den Städten Darmnadt, Gießen, Offenbach, Groß-Gerau, Heppen heim, Alzey, Oppenheim, Mörstadt, Mainz, WormS und Bingen, um zu der Organisation de- Handwerks Stellung zu nehmen Da« Ergebuiß war, daß mau sich gegen die von der Regierung geplante Angliederung der Handwerkerorganisationen an die bestehenden OrtSgewerbe- vereine erklärte. Herrn von Berlepsch s „Vorschläge" wurden gerübmt, die deS Herrn von Boetticher verworfen. Zum Schluß wurde eine Vereinigung hessischer Innungen,c. unter dem Namen „Centralverband hessischer Innungen und Be rusSvereine" gegründet. (Voss. Ztg.) * Saarbrücken, 28. Januar. Im Saarthal bestand bis vor einiger Zeit einnational-liberal-freiconservatives Car teil, bei welchem die freiconservative Minorität sich insofern lehr nützlich erweisen konnte, als die Klerikalen in Saarbrücken nicht daS Reichstagsmandat erhielten. Wie die „Pfälz. Presse" schreibt, ist dieses Carlell seit einiger Zeit durch den Eigenwillen deS Frbrn. v. Stumm gesprengt. Der Riß in der Saarbrücker Bürgerschaft, der dadurch ent stand, wurde durch die vorsichtige Haltung der „Saarbr. Ztg." überdeckt; Frbr. v. Stumm versuchte nun, sich in Saarbrücken ein eigene- Organ zu verschaffen, und da die Absicht, die „Saarbr. Ztg." ru erwerben und die hiesigen National- librraleu um ihr Lrgau zu bringeu, mißlang, haben geeignete Mittelspersonen den Saarbrücker „Generalanzeiger" auf gekauft. Die direkte Theilnahme deS Frhru. v. Stumm wird nun aus Schloß Halberg m Abrede gestellt. In der Sache wird aber durch dieses Demeoti nichts geändert, und moralische Eroberungen wird Frhr. v. Stumm nicht machen. * Stuttgart, 28. Januar. In Mannheim haben sich bekanntlich die Demokraten von der allgemeinen Festfeier des ReichsjubiläumS abgesondert, weil man ihrer Forderung, einen Trinkspruch auf Bismarck vom Programm des Fest banketS zu streichen, nicht stattgab. Die Männer der nationalen Parteien waren so gesinuungstüchtig, daß ihnen ein Ziigeständniß dieser Art ein zu theurer Preis war für eine äußerliche Einigkeit. Nicht ganz so charaktervoll haben sich, wie man den „Bert. Neuest. N." schreibt, die nicht demokratischen Mitglieder der bürgerlichen Collegien unserer alten Reichsstadt Reutlin gen benommen. AlS dort im Schooße des Collegiums über die Abhaltung einer Feier des 18. Januar berathen wurde, machten die demokratischen Mitglieder zur couckitio sine qnn von ihrer Zustimmung, daß ein Toast auf BiSmarck unterbleibt. Und die anderen gaben nach, um der Oeffeutlichkeit gegenüber den „einstimmigen Beschluß" zu retten. Die Stadt Reutlingen ist der Wahlkreis des Reichstagsabgeordneten und württem- bergischen Kammerpräsidenten Friedrich Payer. Mit ver dientem Spott bemerkt mit Rücksicht darauf der Corre- spondrnt der „Württemberg. Volk-zeitung": eS sei nur zu verwundern, daß mau nicht statt auf BiSmarck ein Hoch auf den seligen Bundestag vorzrschlagen habe. * München, 28. Januar. Die dem Landtage zugrgangene Novelle zum Heimatbgesetz erleichtert, der „Franks. Ztg." zufolge, die Erwerbung der Heimath am Aufenthalts ort unv g,ebt der bisherigen Hrimalhgemeinde, drzw. dem FiScuö daS Recht, zu verlangen, daß ein in einer anderen Gemeinde eine gewisse Zeit Lebender dort „dir Heimath er kält". Den Berechtigten soll hiergegen nur unter bestimmten Voraussetzungen ein Einspruchsrecht zusteben. Di« Ausent- baltSgemeinde soll eine wesentlich erweiterte Pflicht zur Unter stützung fremder Hilfsbedürftiger, dal heißt zur Entlastung der Hrimathgemeiude derselben, haben. Frankreich. * Pari», 29. Januar. (Telegramm.) Hiesige Bliitter behaupten, Kaiser Franz Josef, dessen Aufenthalt in Laturbie mit Faure'S Reise nach Nizza zusammenfällt, werde den Präsidenten ver Republik in Nirza be uchen. — Faure'S Gegner verbreiten, daß die Hau-- uchung h,j Edward« zur Beschlagnahm« der Lickt- »ilver von drei Briefen geführt habe, die Faure als lnterstaatSsecretair der Eolonien während der Verhand lungen über die Erneuerung des Vorrechtes der indochinesischeu Staatsbank an Edwards, damaligem