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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960108027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896010802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896010802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-01
- Tag 1896-01-08
-
Monat
1896-01
-
Jahr
1896
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Dieser Eindruck dürfte sich auch bei der Lerathung des Etats des Aus wärtigen Amtes geltend machen. Es fehlt weiter nicht an Momenten, welche einen günstigen Einfluß auf die Be- urtheilung deS Eolonialetats ausüben; die Entwickelung der Dinge speciell in Deutsch-Ostafrika ist geeignet, gewissen Recriminationen, die sich iu uuce bereits vorwagten, völlig die Spitze abzubrcchen. Ganz ohne Rückwirkung werben die Vor gänge der letzten Wochen außerhalb der Reichsgrenzen auch in Be zug aus den Marinertat und namentlich in Bezug aus die verlangte Verstärkung unserer Kreuzerslvtte kaum bleiben. WaS sich im Uebrigen an Aenderungen im Rahmen des Etats möglicherweise ergeben wird, dürfte diesen Umständen gegenüber wenig ins Gewicht fallen, zumal mehr und mehr zugestanden wird, daß die Auf stellung deS Voranschlags mit großer Vorsicht erfolgt ist. Die finanzielle Seite der EtalSberatbung liegt darnach für die Reichsregierung durchweg günstig, und die Er örterungen, welche sich sonst bei dieser Berathung abzuwickeln pflegen, werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach diesmal mehr auf die Parteien, als auf die Regierung beziehen. Auch für die sonstigen Aufgaben, die der Volksvertretung harren, erscheint der Boden keineswegs ungünstig. Die Treibereien, welche auf das Scheitern deS bürgerlichen Gesetzbuches abzielen, haben sehr wenig Anklang gefunden; iin Gegen- iheil gewinnt die Anschauung an Ausdehnung und Kraft, daß das Zustandebringen dieses Werkes durch die schwerwiegendsten politischen, nationalen und juristisch-technischen Rücksichten ge botensei. Hand in Hand mit dieser Ueberzcugunggeht die Einsicht, daß ohne eine weise Beschränkung etwaiger Wünsche daS Ziel un möglich erreicht werden kann. Für das Gesetz zur Be kämpfung des unlauteren Wettbewerbs scheint sich nach und nach eine feste und breite Basis zu finden, so daß an dem Zustandekommen dieser Vorlage kaum zu zweifeln ist. Dem Zuckersteuergesetzentwurf gegenüber beginnen bereits die von verschiedenen Seiten geltend gemachten Svnber- wünsche zurückzufluthen, und das Zusammentreffen der Inter essen weiter landwirlhschaftlicher und industrieller Kreise in der Nothwendigkeit der Erhaltung einer leistungsfähigen einheimischen Zuckerindustrie macht sein Gewicht mehr und und mehr geltend. Was das Börsenresorm- gesetz anlangt, so ist auch hier die Aussicht auf eine Verständigung gewachsen. Daß die Börse an diesem Gesetz nicht zu Grunde gehen wird, ist nachgerade von allen eompetenten Stellen anerkannt worden. Je mehr der Um stand in den Vordergrund tritt, daß es aus dem Boden dieses Gesetzes ermöglicht wird, Organe zu schaffen, welche ein vermittelndes Glied zwischen der Legislative und der Börse darstellen, desto mehr dürfte der Widerstand gegen das Gesetz hüben und drüben, bei den Gegnern wie bei den Ver- lheidigernderBörse,schwinden. AuSden Eommissaren,welche von Rezierungswegen den einzelnen Börsen bestellt werden, wird sich zweifellos eine Art begutachtender Organe ent wickeln, wie wir sie bereits in anderen Zweigen deS öffent lichen Lebens besitzen. Die Ergebnisse ihrer Thatigkeit werden die Grundlage zu einer sicheren Beurtheilung der Wirkungen des Gesetze« und eventuell den Anstoß zu einer Evrrectur desselben in der einen oder der anderen Richtung abgeben. Für Diejenigen, welche aus dem neuen Gesetz üble Folgen für die Börse befürchten, wie für Diejenigen, denen rer jetzige Gesetzentwurf nicht weit genug gebt, wird damit die mittlere Linie der Erfahrung sehr bald gegeben sein. Alles in Allem läßt sich darnach wobt sagen, daß die Erwartung positiver Leistungen des Reichstags zur Zeit mit größerer Berechtigung als bisher gehegt werten darf. Zu einen, Vorspiel zum Hammerstein-Proeest bat sich der in Hannover verhandelte BeleitigungSproceß gegen den svcialdeiiiokratischeu Rcdacteur Rauch gestaltet, über den wir im heutigen Morgenblatt ausführlich berichtet haben. Durch die Aussagen, die der Berliner Oberstaatsanwalt Drescher in diese», Proteste über die Vorgeschichte der Straf verfolgung Hammerstein's und über das Verhalten des Kreuz- zeitungs-Comitös gemacht hat, wird dieses Coinitö in einer Weise compromittirt, die seinen fortgesetzten Belheuerunge» von der Unkenntniß der Verbrechen Hanimerstein's bis zur erfolgten Anzeige den Boren entziebt. Noch vor einigen Tagen schrieb die „Eons. Eorr": „Niemals ist von einer Partei oder einer anderen Gemein- scha'l von Ehrenmännern die Entlarvung eines bisher als Ehrenmannes bekannten und geschätzten Mitgliedes mit größerem Ernste und Nachdruck betrieben worden, ais dieses seitens der conservativen Parteileitung im Fall Hammerstein geschehen ist". Und jetzt eraiebt sich aus den zeugeneidlichen Aus sagen des Oberstaatsanwalts Drescher, der die Sache Hainmerstein bis auf eine Urlaubsreife vom 15. Juli bis 1. September persönlich geführt hat, aus das klarste, daß das Kreuzzeitungs-Comitö und speciell sein Vorsitzender Frbr. v Finkenstein das Haupthinderniß der rechtzeitigen Strafverfolgung Hanimerstein's gewesen ist! Wie im April die Erklärung des damaligen Vorsitzenden Grafen Kanitz eine Deckung für Hammerstein gewesen ist, so haben im Juli die Aussagen de« Grafen Finkenstein ihm eine Frist zum Verschwinden verschafft. Als Graf Finkenstein am 25. Juli vernommen wurde, machte er entlastende Aussage» zu Gunsten Hammerstein's; er stellie für das Verschwinden des Pensivns- fonds jede eigennützige Verwendung durch Hammerstein in Abrede, obwohl für 20 000 -L die Belege fehlten; er bestritt in Bezug auf den Papierlieserungsvertrag, daß irgend etwas Strafbares festgestellt sei, und ent lastete auch sonst. In seiner dann am 2. August erstatteter Anzeige an den Staatsanwalt aber mußte Graf Finkenstein selbst zugeben, daß ihm schon am 2l. Juli, also 1 Tage von seiner Vernehmung, vom Papierlieferanten Flmsck der Papier lieferungsvertrag und zwei Wechsel mit gefälschten Unter schriften zugegangen waren. Er will allerdings nicht gewußt haben, ob sich auch unter den Wechseln Hammerstein's Name befand, ob dieser also der Wechselfälscher war. Damit steht aber im Widerspruch der vom Papierlieferanten Flinsch vor gelegt« Briefwechsel mit dem Grafen Finkenstein, wonach Letzterer schon am 19. Juli die Fälschung der Unterschriften feststellte und sich am 2l. Juli persönlich davon aus den Documenten überzeugte. Er erklärte dabei, daß er Hammerstein das nie zugetraut hätte^ also ist eS schwer erklär lich, daß er den Namen Hammerstems unter de» Wechseln, der doch mit das Wesentlichste war, nicht sollte gesehen haben. Aber noch mehr: Trotz der angegebenen Unkenntniß von dem Namen des Fälscher« telegraphirt er sofort an Hammerstein um Aufklärung, wodurch dieser gewarnt und zur schleunigen Weiterreise aus Sistrans veranlaßt wird. Es ist also fest gestellt, daß Graf Finkenstein Mittbeilungen über Hammer stein unterließ, die er schon seit einer Woche hatte, ja, daß er Hammerstein noch entlastete und durch sein Tele gramm ihn auf das Kommende vorbereitete und erst fünf Tage »ach Absendung dieses Telegramms die erste, aber sehr unvollständige Anzeige machte. Erst am 9. September, als Hammerstei» schon über alle Berge war, trat Graf Finkenstein, wie Herr Drescher auSsübrte. mit Angaben hervor, die er schon am 25. Juli machen konnte. Oberstaatsanwalt Drescher trug daher kein Bedenken, als seine persönliche A isicht auszusprechen, daß das Verhalten des Grafen Finkcnsiein. insbesondere die Depcscke an Hammer stein , einzig und allein Veranlassung gewesen seien, daß Hammerstein nicht sofort dingfest gemacht werde» konnte. Es wird Sache weiterer gerichtlicher Untersuchung sein, sestzu- stellcn, ob dies Verhalten nicht an die Grenze der strafbaren Begünstigung reicht. Jedenfalls liefern die Aussage» deS Oberstaatsanwalts Drcsch.'r und seine Erklärung, von oben herab habe bei allen betheiligte» Kreisen nur die eine Mei nung geherrscht, daß gerade bei dieser Sache auch jeder Schein einer iaxen Behandjnng vermieden werden müsse, den erfreu lichen Beweis, daß von behördlicher Seite auch ferner nichts versäumt werden wird, was volles Licht auf die ganze An gelegenheit und alle Schuldigen Wersen kann. Leider hat die maßlose Hetze der englischen Presse in der Transvaalangelegenheit zu einer Erregung des Mobs von London geführt, die sich am Montag in tumultnarischen Kundgebungen gegen Deutsche nnd Holländer Lust gemacht und zu antideutschen Kundgebungen im Gaiety Tbeater Anlaß gegeben hat. Hoffentlich führen diese Roh heiten des Londoner Pöbels, die sich, wie unS gemeldet wird» zum Glück nicht erneuert haben, in England zu einer gewissen Ernüchterung, die praktische Folgen nach fick» ziehen muß. Sollte es indessen zu erneuten Ausschreitungen kommen, so würde die Forderung vollgiltiger Genugthuung Deutschlands und Hollands und damit eine neue moralische Niederlage Englands nicht ausbleiben. Es wäre gut, wen» die Nachricht sich bestätigte, daß das englische 'Parlament früher, als beabsichtigt war, Zusammentritt; dann würde die amt- ilche Behandlung der ganzen Transvaalfrage dem Lande klar machen, daß die Schuld an dem Vorgefalleiien ganz wo anders liegt, als in Berlin und Pretoria, nämlich in England selbst. Die deutsche Presse theilt ausnahmslos diese auch von uns von vornherein vertretene Ueberzeuaung. Selbst die anglophile „Freisinnige Zeitung" urtueilt: „Die Auesälle der englische» Presse gegen Deutschland falls» auf England selbst zurück. Vor der Abjcndung des Telegramms des Kaisers an den Präsidenten Krüger hotte die englische Regierung amtlich erklärt, daß sie keine Verantwortung für den Zug Jaineson's trage, denselben mißbillige und alle Anstrengungen mache, Jameson zum Rückzuge zu bewegen. Das Telegramm des Kaisers vermeidet es daher auch ganz folgerichtig, England irgendwie zu erwähnen, und spricht nur von beivafsneten Schaaren, welche als Friedens störer in Transvaal ringebrochen sind. Wenn nun die englische Presse gleichwohl das Telegramm des Kaiser» als gegen England gerichtet angreift, so macht sie dadurch das Vorgehen Jameson'« zur Sache Englands und charakterisirt England selbst als Friedensstörer im Transvaal." In England ist man heute freilich mit ganz verschwindenden Ausnahmen noch sehr weit von dieser Ueberzcugung entfernt und die Londoner Negierung darf nicht aus der einmal an genommenen Rolle der Entrüstung über die „Privalleistnng" vr. Jaineson's herausfallen. Das Ministerium giebt sich denn auch mit der Aussage des Direktoriums der briti schen südafrikanischen Gesellschaft zufrieden, daß Jameson eigenmächtig handelte und vie Gesellschaft nicht dafür veranlwortlich gemacht werden kann. Besteht aber, was zu erwarten ist, die Transvaalregierung auf einem Einschreiten der Londoner Regierung gegen die Gesellschaft, so wird sicherlich bei der Milde, welche alle englischen Cabinette von jeher den großen Handelsgesellschaften gegenüber gezeigt haben, auch das jetzige unionistische Ministerium die Concession der Gesellschaft nickt zerreißen, wenn nickt positiv erwiese» wird, daß das Direktorium den Einsall befahl, veranlagte, oder um ihn wußte. Als ein Zeichen der in England be ginnenden Ernüchterung muß aber doch constatirt werden, daß wenigstens ein Blatt die Verantwortlichkeit der englischen Regierung zugiebt. Die angesehene juristische Zeitschrift „Law Journal" beschäftigt sich nämlich mit der Frage und führt dabei Folgendes auS: „Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die britische Regie rung in internationaler Hinsicht für die Acte ihres Commisstrs verantwortlich ist, mag sie auch noch so schnell seinen Unternehmungen entgegengetrcten sein und seine Thaten desavouirt haben. Jedes andere Negiine der internationalen Beziehungen würde die schwersten Mißbräuche herbeiführen; denn es könnte geschehen, daß eine Regie rung heimlich Thaten zuliebe, welche sie später bestimmt von sich abweisen müßte, obwohl diese schon zu vollendeten Thatsachen geworden sind. Jede Regierung, deren Untergebene gefehlt haben, ist der vollsten Verantwortlichkeit den anderen Nationen gegenüber unterworfen und diese Verantwortlichkeit legt ihr die Pflicht der Entschädigung auf, sobald Verletzungen des internationalen Rechts rrkolgt sind." Abgesehen von dieser rein juristischen Begründung kann cs nach allgemeinem internationalen Brauch keinen, Zweifel unterliegen, daß die englische Negierung für den Friedens- bruch verantwortlich ist. Großbritannien hat unter den ber gebrachten Formeln die Gebiete nördlich und östlich vo» Trans vaal in seine Interessensphäre einverleibt. Mag es dieselben nun einer Colonialgescllscbaft zur Verwaltung übergeben haben oder nicht, so trägt es den Mächten gegenüber allein die Verantwortlichkeit für alle Ausschreitungen u. s.f. Offenbar trägt auch der Rücktritt Cecil Rbodes' mit zu der be ginnenden Ernüchterung bei. Zu dieser öffentlichen Sübne an das beleidigte Völkerrecht würde das ofsicielle England sich nie verstanden haben, wenn es nicht thatsäcklich sich schuldig fühlte. Aber wir geben uns nickt der Hoffnung bin, daß damit nun auch den Zetteleien und Anschläge» NbodeS' ein Enke gemacht worden sei. Auch als Privatmann ist Cecil Rbodes der mächtigste Mann des englischen Südafrikas und sein Einfluß in Politik und Finanz wird durch seine Demission kaum geschmälert worden sein. Vielleicht daß er, der sich amtlich unmöglich gemacht bat, nun in unverantwortlicher Stellung erst reckr seine Pläne, wenn auch nicht mehr in dem Umfang seines überspannten Panafrikanismus, verfolgt mit Hilfe der Crea- turen, die seine Energie und sein Geld ibm dienstbar macken. Worauf diese Pläne >ctzt geben, das kann man Wohl abnen, aber nickt wissen: soll dock RhodeS mit dem Gedanken spielen, die Capcolonie vom Mutterland? losreißen und ganz Südafrika sich als Herrscher untertban zu macken! dazu, wenigstens Alles Und er ist der Mann wagen, um zum Ziele zu gelangen. Aber auch dann wird dez Arm unseres willenSmäcktigen Kaisers stark genug sein, um gewichtige deutsche Interessen gegen jede Schädigung zu sichern. Daß es dazu nicht der Ausübung einer Art Schutzherrschaft über Transvaal dusch Deutsch land bedarf, liegt auf der Hand. Nichts liegt auch ver deutschen Regierung ferner als dieser Gedanke, der ihr nur von Gegnern untergeschoben werden kann, um in Entstand gegen uns Stimmung zu machen. Wir haben zu einem Protectorate ebenso wenig Lust, wie die Buren selbst, die bekanntlich ibre Un abbängigkeit gegen jeden, wer es auch sei, zu wahren gewillt sind. Nur das praktische Interesse, die praktische Politik bringt 5s Annalise's Pflegemutter. Roman von L. Hatdhetm. RachdniS »ertetkn „Aber wozu? Um Gotteswillen, wozu alle rosigen Hüllen der Phantasie und Liebe heradreißen? Warum soll ich mit cynischem Lachen Ihnen sagen: Ihre Tochter hat Geld, geben Sie mir das Mädchen zum Weibe, ich kann just ein, reiche Frau brauchen!" „Weil ich Ihnen da« Mädchen Wohl geben werde, aber, so lange ich lebe, niemals mein Geld! Und auch nach meinem Tode werde ich e< fest legen! Denn Sie sollen e« nie ver lieren können! Wer bürgt mir dafür, daß Sie Ihr eigene« Geld so treu verwalten, wie ich e« that?" „Meinetwegen, thun Sie, wa« sie wollen!" Er ließ sie gar nicht zu Ende sprechen. „Ich verstehe Sie nicht, Baronin! Sie sind ander«, ganz ander«, al« mir Ihr Wesen au« Ihren Briefen entgegentrat!" Der zornige Borwurf schien sie zu erschüttern. Ihre Augen wurden feucht. „Ick bin, wie di« Hammerschläge de« Leben« mich ge schmiedet haben." „Aber so ohne jedes Vertrauen?" „Ohne jede«! Ich kann glauben, daß man ein schöne« liebreizendes Weib liebt; aber da« ist ein Rausch, ein slüch- lizer Sonnenstrahl." Er sab ganz entsetzt in ihre Augen. Wa« war mit der Fra» geschehen? Sein jugendgrüner Stolz bqumt« sich auf gegen sie. Die Art, wie sie ihm jede Illusion vernichtete, ihn vor sich selbst demüthigte, legte ihm da« Wort aus die Lippen: „Unter diesen Umständen verzichte ich auf zneine Werbung." Aber bätte sie dann nicht höhnisch lächelnd geantwortet: „Ganz wie ich dacktel Da« armx Mädchen war'« nicht, sondern meine Erbin!" Nein, zurück konnte er nicht fnrhr. Er hätte e« auch nicht gewollt; sein jugendlicher Stolz redete ihm e,n. er liebe Anna list und werde da« Leben nickt ertragen können ohne sie. Ufld diese« Gefühl that ihm wohl; er kam sich sehr hoch- nnnig und edel vop. I« großer Erregung war er im Zimmer hin und ber geschritten. Jetzt meinte er, seine Ruhe wieder zu haben. Er wollte zeigen, daß er ein ganzer Mann sei. „Ich mache keinen Anspruch aus eine Mitgift, noch auf eine Erbschaft, Mama! Denn ich liebe Annaliese und kann mir mein Leben ebne sie nickt mehr denken. Gestatten Sie meine Werbung unter dieser Voraussetzung?" Adele Jwanoivna war wirklich erstaunt. Nicht so sehr über sein jünglingbaftr« Feuer — er kannte ihre Pflegetochter ja kaum — als über die Leichtigkeit, mit welcher sie ibn be herrschte. Aber so war e« nicht gemeint! Gab sie ihm Anna list auf diese Bedingung bin, so brauchte er sein eigenes Ver mögen, und sie mußte es auszahlen. „So ist es nicht gemeint, Alfred!" sagte sie langsam, denn sie besann sich noch, wie sie ihren Willen am besten einkleiden möchte. „Mir wird nichts erwünschter sein, al« dereinst ihr und Ihnen Alle« zu vererben, was mein ist. Aber ich habe nicht umsonst in unserer großen Welt gelebt, nicht umsonst selber erfahren, wie schnell ein Vermögen ver- than wird. Ja wohl — ich selbst habe das meinige gänzlich eingebüßt durch meinen zweiten Gatten. Wäre nicht meiner Großmutter Erbschaft —" Sie schwieg plötzlich, obwohl sie anscheinend noch mehr zu sagen geneigt gewesen war, und preßt» die dünnen farblosen Lippen fest aufeinander, daß der Schrei ihrer Brust nicht entschlüpfte, der ihre Qual verrathen hätte. Sie mußte schweigend dulden, wenn sie daS Geld Alfred'« zurückbehalten wollte, um damit wieder zu gewinuen, wa« möglich war. „Ach, nur einen Theil im besten Falle!" Wa« der Geiz, die Geldgier ihr für Schmerzen bereitete. Er sab ganz betroffen und mitleidsvoll in ihr versorgte« blasses Gesicht. E« siel ihm auf, zum ersten Mal im Leben, wie heiß und gierig ihre Blicke brannten. Aber er verstand di« Bedeutung ihre« Blicke« nicht, sondern nur, daß sie ibm nickt zutraute, ein guter HanShalter zu sein. Lieber Gott, ihm lag inz Grunde gar nicht so viel daran, sein Geld zu verwalten I Er batte freilich dem StaatSrath zugestimmt, aber ein Herzens wunsch war es nicht. „Es scheint, Sie möchten mich aus Ihrer Fürsorge noch nicht entlassen?" fragte er heiter. Er kam ihr ja gern ent- geSt". S>e atbmete hoch auf. „Ja, Alfred, so ist e«! Ich gebe Ihnen Annalist'« Hand, wir bleiben zusammen, ich werde Sie nicht stbr gfniren. Und während ich Jbnen Ihre Zinsen zahl», behalte ich mir die Verwaltung beider Vermögen vor. Ich hake bi« zum Ablaus Ihre« fünfundzwanzigsten Jahres Ihnen gegenüber überhaupt die Pflicht der Vormundschaft. Sie wissen, daß ich Ihre persönliche Freiheit nie beschränkt habe. Leben Sie mit Anna- iist, wo Sie wollen! Sie wird eine reizende, kleine Frau werden, aber kehren Sie immer zu mir zurück und suchen Sie, sich an den Gedanken zu gewöhnen, demnächst meine Güter selbstständig zu leiten." „Sie lebt nicht lange mehr", rief ihm die innere Stimme überredend zu. Welches Zukunftsbild! Annalist sein Weib! Er kannte Warja, das schöne Vesitzthum, welches Adele Jwanowna von ihrer Großmutter geerbt hatte. „Ich willige mit Freuden ein, theure Baronin!" rief er und küßte feurig ihre Hände. Sie hatte noch eine Bedingung. Er sollte ihr, nachdem sie ibm sein Vermögen heute vor dem Notar anSgezahlt, seine Verwaltung für eine Reibe von Jahren notariell übertragen. „Aber erst die Geschäfte und dann — Annalist! „setzte sie lächelnd hinzu. Er willigte in Alles; sie lebte ja nicht ein Jahr mehr. Sie entließ den freudestrahlenden Liebhaber stbr herzlich. O, sie konnte liebenswürdig sein! Und er ging von ihr wie ein Sieger. Da« stolze be^ glückende Gefühl, Annalist sein nennen zu sollen, berauschte ihn förmlich. Daß sic ihn verschmähen könnte, fiel ihm heute gar nicht ein. So jung er war, auf dem Gebiete der HerzenSsicge glaubte er sich reich an Erfahrung. E« trieb ihn mit nizgeduldiger Sehnsucht zu Annalist; aber — erst die Geschäfte. Beinah» schoß Adele Jwanowna über da« Ziel weg, al« sie Alfred Glogow-ky, sann, daß er sein Zimmer betreten, folgende« Billel sandte: „Lieber Alfred! Ein Mann braucht nur Minuten, „m eine Tborheit ,u bereuen, zu welcher ihn die Lieb« trieb. Ick biete Ihnen ehrenvollen Rückzug; nehmen Sie Ihre Werbung zurück." Er starrt« betroffen auf die großen steilen Buchstaben. Da« Blut schoß ihm zum Kopfe, seine Gedanken üb.-rstürzlen sich in unklarer Hast Hatte er eine Dummheit gemacht? Und sie selbst wollte ihn schonen? Ja! Ja! rief e« in ihm, nickt um Annalist'« willen, aber, das Geld, seine Selbstständigkeit! Unsinn, sie ist eine Sterbende! Soll ein Mann meiner Art nickt dabin gelangen, diese Frau zu beherrschen? Ein Mann von meiner Willenskraft? Er sah Boris mit seinem finsteren, verbissenen Gesicht noch an der Thür stehen. Eilig ging er zum Schreibtisch. „Was ich gesagt habe, habe ich gesagt!" lautete seine trotzige Antwort. Er freute sich selbst über seine energische Handschrift nur noch mehr über die Energie, die ihm die Worte dictirt hatte. Adele Jwanowna empfing eine halbe Stunde später die Herren zur ReckmnngSablage. Sie sprach kurz, klar nnd geschäftsmäßig; der Notar war sichtlich überrascht von ihrer Routine in Geldsachen. Auf jede Frage die präciseste Antwort gebend, nannte sie ibm die Summe und Nummern der VermögenSobjecte, die ibrer Verwaltung übertragen worden waren, als ibr erster Mann Glogowsky gestorben. Mit keiner Miene verrieth sie ibre Freude über die mit Alfred getroffene heimliche Verein barnng, aber sie wußte in ihr Wesen gegen ihn eine besonders achtungsvolle Fügsamkeit zu legen. Er sollte Alles bestimmen, ihn fragte sie um seine Meinung. Er empfand ibr Wesen mit Behagen. Der StaatSrath, der im Anfang den Verhandlungen triumphirend zugrhört hatte, begann, aufmerksam zu werden. Er sah seinen jungen Freund einmal fest unk gleichsam warnend an. Sie bat etwas vor! Nimm Dich in sicht! sagte dieser Blick. Und plötzlich gewann in der Seele Alfred « wieder das dunkle Gefühl, daß er eine große Dummheit begehe, die Oberhand. Aber zuriickweichen? Jetzt, wo er eben noch seinen in der Leidenschaft gethanen Ausspruch bekräftigt hatte? Nun war der Momezzt gekommen- Er sollte die Deckarge ertbeilen, seine Namensunterschrift geben. Unwill kürlich blickte er auf, zögernd, hoffend, die Baronin werde nicht zugeben, daß er weiter gehe. Sie sah ihn nur mit fester Erwartung an. Der alte StaatSrath und der Notar blickten Beide im höchsten Grade betroffen auf, als Alfred Glogowsky, mit fester Hand seinem Namen noch »inen langen Schnörkel beifügend, sich dann bock aufrichtrte und, der Baronin eine » - o > » >
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