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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.05.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960526029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896052602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896052602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-05
- Tag 1896-05-26
-
Monat
1896-05
-
Jahr
1896
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Jedenfalls glauben wir un» von unserem Auswärtigen Amte keiner unnöthigen Zurückhaltung in dieser Beziehung versehen ru dürfen, zumal da Deutsckland noch immer für den unge heueren Dienst, welchen eS China durch den Anschluß an Frankreich und Rußland seiner Zeit geleistet hat, auf — Er kenntlichkeit wartet. Deutsche- Reich. * Leipzig, 26. Mai. Unter den nach Schluß der Redaction eingegangrnen Telegrammen unserer Abendausgabe vom 21. d' M. befindet sich nachstehende Meldung unseres Berliner 88-Correspondenten: „Das Staatsministrrium hat heute Bormittag wieder eine Sitzung abgehalten. Der „Assefforenparagrapb" wird in der Fassung de» Herrenhauses von der Regierung im Abgeordnetenhause befür- wartet werden. Zwei kleine Vorlagen aus dem Justiz» und dem Etseobahuministerium werden dem Landtage noch diese Woche zu gehen." , , Die ministerielle „Berliner Corrrspondenz" faßt die im obigen Telegramm enthaltenen drei Meldungen irrthümlch als eine Mittheilung „über die Berathungen deS StaatS- ministeriumS" auf und bemerkt dazu: „Diese Mittheilung verdankt lediglich der Phantasie ihre- Ber- fassrrs ihren Ursprung. DaS Staatsministerium habe (sic) in seiner oorberrgten Sitzung über keinen einzigen der genannten Gegenstände verhandelt." Da unser §8 Korrespondent nicht gemeldet hat, daS StaatSministerium habe über die von ihm genannten Gegen stände verhandelt, wird die „Vossische Ztg." wohl mit Recht annebnien, daß die ministerielle Erklärung nicht erfolgt wäre, „wenn das StaatSministerium in der That den Affefsoren- Paragraphen für völlig unentbehrlich und höchst nütz lich hielte". * Berlin, 25. Mai. Während „Wolff'S Bureau" gemeldet hat, Prinz Heinrich von Preußen sei in Moskau von allen Großfürsten rc. auf dem Bahnhofe empfangen worden, wird dem „Berl. Tagebl." von anderer Seite berichtet: „Tie Ankunft des Prinzen Heinrich von Preußen am Mon tag vollzog sich nicht ganz programmgemäß. Es war keiner der Großfürsten an der Bahn, nur Prinz Leuchtenberg machte dir Honneurs. Der Vorfall wird mit einem Mißverständniß erklärt. Wie es heißt, sollte der Zug deS Prinzen Heinrich eine halbe Stunde Verspätung haben; dies sei den Großfürsten telephonisch mitgetheilt worden. Ta der Train nun doch richtig einlief, hätten sie sich ver spätet. Nur Prinz Leuchtenberg, dem keine telephonische Nachricht »gegangen, sei deshalb pünktlich auf dem Bahnhof erschienen. Prinz Heinrich schien natürlich etwas verwundert. Alle Eeremonien wurden schnell erledigt und der Prinz fuhr ohne Aufenthalt in sein herrliches Heim am rothen Thor im Hause des Herrn von DerviS." Die Oeffentlichkeit hat ein Recht darauf, über die Richtig keit oder Unrichtigkeit dieser Meldung informirt zu werden. * Berlin, 25. Mai. AuS dem vom „Reichsanzeiger" veröffentlichten Notenwechsel in Sachen deS Amerikaners Stern sei dir Note, die StaatSsecretair Freiherr von Mar schall an den Botschafter Frhrn. von Thielmann richtete, hier wörtlich wiedergegrben: Berlin, den 13. Oktober 1895. Deutscher Botschafter Washington. Telegramm. Den Empfang der zweiten Note bitte ich Eure Excellenz, dem Glöbttzsecretair schriftlich zu bestätigen und dabei zu bemerken, daß Sie sich lediglich aus Ihr erstes Schreiben beziehen und die kaiser- liche Regierung nach einem allgemein bestehenden Gebrauch Anträge oder Beschwerden ausländischer Regierungen grundsätzlich nur durch deren Vertreter in Berlin rntgegennehme. Fernerhin wolle Eure Excellenz auch jeglichen Versuch einer amtlichen Reklamation ijber dir Ausübung deS einem deutschen Sooverain zustehenden Begnadigungsrechts, sowie über daS gerichtliche Verfahren a limine zuriickweisen. Bor einigen Tagen hat mir Mr. Runhon erstmals über den Fall Stern gesprochen uud ist vorgestern nochmals darauf zurück gekommen. Er wünschte unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Instruction seiner Regierung meine ernste Aufmerksamkeit auf diesen Fall zu lenken. WaS daS gerichtliche Urtheil betreffe, so sebe er dasselbe als »ine feststehende Thatsache an, die nicht mehr zu ändern sei, und wolle deshalb auch keine Kritik daran üben. Dagegen könne er sich nicht enthalten, zu erwähnen, daß Herr Stern ungewöhnlich hart behandelt worden zu sein scheine, einmal durch Ablehnung der dem Baron Thüngrn am folgenden Tage gemachten Entschuldigung, verbunden mit dem Angebot, den Armen 5000 zu zahlen, sodann durch die Forderung einer ungeheuer hohen Bürgschaft und endlich durch die neben der Geldstrafe erkannte Gefängaißstrafe. Ja den Bereinigten Staaten sei Stern eia sehr angesehener und auch einfluß- reicher Mann. Die ihm in Deutschland widerfahrene schlechte Behandlung habe nicht verfehlt, einen peinlichen Eindruck zu machen, wovon die Presst Zrugniß ablege; im Interesse der freundschaftlichen Beziehungen beider Länder sei es deshalb dringend angezeigt, daß di« Gefängnißstrafe Stern erlassen werde. Ich erwidert» dem Botschafter, daß ich jeden versuch, baß einem deutschen Souverain zusteheude Begnadigungsrecht zum Gegenstand einer Reklamation zu machen, sowie jede Kritik eines von einem deutschen Gericht erlassenen StrasurthrilS principiell zurückweisen müsse; thatsächliche Mitthrilungen aber, die mir der Botschafter im Interesse eines verurtheilten amerikanischen Staatsangehörigen zu machen habe, sei ich selbstverständlich gerne bereit zur Kenntnis und Entscheidung der verfassungsmäßig zuständigen Behörden zu bringen; irrthümliche Vorstellungen, welche die öffentliche Meinung eines befreundeten Landes beeinflussen könnten, würde ich gerne richtig stellen. Was die Höh« der Bürgschaft anlangr, so werde diese von dem Gerichte nach freiem Ermessen, den Vermögens verhältnissen deS Angeklagten entsprechend normirt; die gericht liche Verfolgung strafbarer Handlungen könne aber bei uns durch Geschenke, auch an Arme, nicht beeinflußt werden; die Gefängnißstrafe endlich sei durch das Strafgesetz vorgesehen. In Deutschland sei vor Gericht Jedermann gleich; die Rechtsprechung liege in den Händen unabhängiger Gerichte; Amerikaner würden genau wir Deutsche behandelt. Wenn Herr Stern auf dieselbe Achtung in Deutschland Anspruch mache, deren er sich in Amerika erfreut, so möge er auch, so lange er in Deutschland ist, sich so be nehmen, wie man es von einem gebildeten und anständigen Mann erwarte. Herr Stern habe dies nicht gethan. Bezüglich des Schutzes, den Beamte im Dienst gegen Drohungen und Beleidigungen zu be- auspruchen haben, scheinen in den Bereinigten Staaten mildere An« schaumigen als hier vorzuherrschen; wo aber deutsche Gesetze und ihre Anwendung in Frage ständen, seien lediglich deutsche An schauungen maßgebend und bestimmend. Zur Zeit werde mit eiserner Strenge in New-Dark das Gesetz über die Sonntagsruhe angewendet, und seien schon verschiedene Deutsche mit un- verhältnißmäßig hohen Geld- und selbst Gesängnißstrafen bestraft worden, weil sie Sonntags Selterswasser oder Bier verkauften. In Deutschland sei die Sonntagsruhe in dieser Strenge unbekannt; gleichwohl dächten wir nicht daran, zu interveniren, und deshalb erwarteten wir auch eine analoge Haltung seitens der Regierung der Vereinigten Staaten. Ich müsse es daher ablehnen, die mir gemachten krilisirrnden Bemerkungen der königlich bayerischen Regierung zu übermitteln oder denselben sonstwie eine Folge zu geben. Herr Runyon suchte mich soeben nochmals auf, um mir mitzutheilen, daß Herr Stern, einer telegraphischen Mittheilung seiner Regierung zufolge, einen Strafaufschub von 60 Tagen wünsche. Ich erwiderte, daß ich es Herrn Stern anheimstellen müsse, den Weg einzuschlagen, der für alle Verurtheilten maßgebend sei, nämlich den Strafaufschub unter Angabe der Gründe durch eine Eingabe an die zuständige bayerische Behörde zu erbitten. Marschall. Wir können Angesichts dieser Note nur nochmals unsere Befriedigung über die würdige Haltung der keuschen Regierung aussprechen. — Die Nachricht, daS preußische Kriegsministerium beab sichtige die Errichtung einer eigenen Militairdruckerei, kann die „Post" bestätigen. — Der „Messenger" behauptet, daß der frühere deutsche Gesandte in Peking, Herr v. Brandt, zum Rathgeber der chinesischen Regierung in auswärtigen Angelegenheiten ernannt worden sei und eine Wohnung in Peking erhalten solle. Die Nachricht bedarf der Bestätigung. — Die Abänderungsvorschläge zur Juvalivitäts- und Altersversicherung, welche der „Bund der Land wirt he" durch eine Commission hat ausarbeiten lassen, sind nunmehr in Gestalt eines Gesetzentwurfs der Wirtschaft lichen Vereinigung deS Reichstages übergeben worden. — DaS „Volk" veröffentlicht folgende Erklärung: „In dem in Nr. 118 dieserkZeitung veröffentlichten Artikel: „Der Gewissensstandpunct in der Politik", ist mir der Satz mit unter gelaufen: „Oder sollen wir (Pastoren) auch ein absolut ergebenes Corps werden, das der Monarch lediglich für die Noth als stets bereite Waffe in der Hand hält?" Diesen Satz bedauere ich nachträglich, da er dem sonst möglichst objektiv gehaltenen Artikel ein schlecht subjektives Gepräge giebt und nehme ihn als übereilt hiermit zurück. k. Sprenger-Sülbeck." — Der „Voss. Ztg." wird geschrieben, daß sich die Be schwerden der Confectionsarbeiter auf die Damen-Con- fection nicht beziehen, da diese weitverzweigte Industrie bereitwillig Alles gethan habe, um vorhandenen Mißständen nach Möglichkeit abzuhelfen. Um so größeren Anlaß haben dir führenden Geschäfte der anderen Zweige des ConfectionS- gewerbes, dasselbe Entgenkommen zu zeigen. — Professor v. Buchka, Lehrer der Chemie an der Universität Göttingen, ist in das Reichspatentamt berufen worden und hat de» Rus angenommen. * Dortmund, 24. Mai. Die Hauptversammlung deS west fälischen Hauptvereins deS evangelischen Bundes wird im October in Dortmund tagen. Wie dem „Hann. Cour." gemeldet wird, hat Graf Paul HoenSbroech zu diesem Tage einen Vortrag zuzesagt. * Halle a. S., 24 Mar. Professor v. Kähler-Halle a. S. hat ebenfalls seinen Austritt aus dem ActionScomitö, und somit aus dem Evangelisch-socialen Congreß überhaupt, erklärt. * Raumburg, 24. Mai. Der OberstaatSauwalt am kiesigen OberlandeSgericht hat auf eine von dem Social demokraten Lankau in Magdeburg eiligereichte Beschwerde geantwortet: „Auf Ihre Beschwerde vom 12. d. M. finde ich mich nicht veranlaßt, gegen den Ersten Amtsanwalt Eh recke wegen ber von ihm im Hauptverhandlungstermin vom 6. März d. I. zur Begründung des gegen Sie gestellten Strafantrags gethane Aeußerivg, „Ihre Handlungsweise zeuge von ehrloser Gesinnung", im AufsichtSwege ein zuschreiten. Ob seine Auffassung richtig war oder nicht, kann völlig dahingestellt bleiben, jedenfalls war sie es nach seiner Ueberzeugung, und eS kann den Beamten der Staats anwaltschaft nicht verwehrt werden, zur Begründung der von ihnen am Schluffe einer Hauptverhandlung zu stellenden Strafanträge Dasjenige rorzutragen, was sie nach pflicht mäßiger Ueberzeugung hierzu für erforderlich halten." Der Beschwerdeführer wird sich nunmehr an den Iustizminister wenden. * Fürth, 24. Mai. In einer Versammlung des Vereins „Fortschritt" wurde bezüglich der Ersatzwahl im Reichs tagswahlbezirk Ansbach - Heilsbronn - Schwabach folgende Resolution gefaßt: „Damit auch in Bayern endlich einmal daS Zusammengehen der freisinnigen und der Volkspartei bei Wahlen zur Thatsache werde und damit unter Umständen der Sieg deS agrarischen Candidaten verhindert wird, erscheint es nothwendig, day die entschieden frei- sinnigen Reichstagswählrr im genannten Wahlkreis für den demokra tischen Candidaten eintreten. Dagegen wird die sichere Erwartung ausgesprochen, daß bei den nächsten allgemeinen Reichstagswahlen zwischen den genannten Parteien ein generelles Wahlbündniß aus Grundlage des bisherigen Besitzstandes (Wahlkreis Fürth-Erlangen eingeschlosseu) getroffen werde." Durch diese Resolution werden sich die Deutsch-Freisinnigen im Wahlkreise jedenfalls nicht beeinflussen lassen. * Stuttgart, 24. Mai. Gegenüber einem Artikel der „Württembergischen Volkszeitung" erklärt der „Staatsanzeiger", daß die Zurückziehung des Reversaliengesetzes auf Antrag deS CultuSministerS vom Staatsministerium ein stimmig beschlossen wurde. t Oesterreich-Ungar». * Wien, 25. Mai. Die hiesige deutsche Botschaft ließ für das Ulanen-Regiment König Karl (1. würt- tembergischcs) Nr. 19 zu Ulm einen prachtvollen Lorbeer kranz mit Schleifen in den württembergischen Landesfarben am ersten Pfingstfeiertag am Sarge des Erzherzogs Karl Ludwig in der Kapuziner-Gruft niederlegen. * Pest, 25. Mai. DaS „Ungarische Correspond.-Bureau" meldet: Die AuSgleichSverkandlungen zwischen der ungarischen und österreichischen Regierung wurden mündlich und schriftlich fortgesetzt. Nicht ausgeschlossen ist es, daß die Vorlagen bezüglich der Valuta- und Bankfrage noch in dieser Reichslagssession eiugebracht werden. Frankreich. * Melun, 25. Mai. Bourgeois hielt hier eine Rede, in welcher er erklärte, die Demokratie müsse sich für zwei Ideen begeistern, welche wichtiger seien als alle anderen, näm lich erstens für die Reform der Steuern durch Einführung einer progressiven Einkommensteuer mit Steuerfrei heit für die untersten Clasfen; sodann für Revision der Verfassung mit Beibehaltung deS Senats als con- trolirender Versammlung, aber unter Abänderung des gegen wärtigen Organismus desselben, so daß jedem Conflicte vor gebeugt werde. Bourgeois verlangte ferner, daß Bürgschaften für die Verantwortlichkeit der Minister geschaffen würden und daß ein besonderes Verfahren hinsichtlich der Mißtrauens voten gegen die Ministerien beobachtet würbe. Er wünsche eine starke Regierung mit einer festen Richtung. Er verab scheue die colletivistischen Socialisten und bleibe dem Principe der menschlichen Freiheit und des persönlichen Eigen- thumS treu. Die sociale Pflicht bestehe darin, zu arbeiten an der Verwirklichung der Souveränität Aller im Interesse der Solidarität Aller. * Ehambsry, 25. Mai. Der italienische Staatsmann Menabrea ist, 87 Jahre alt, gestorben. (Menabrea war, stets eine gemäßigte Politik im Innern ver folgend, in den 60er Jahren nacheinander Marine« und Bauten- minister, sowie Ministerpräsident, als welcher er zugleich da» Poitrfeuille des Aeußeren inne hatte. Seine Nachgiebigkeit gegen die Kirche und gegen Frankreich hat ihm viele Feinde zugezogen. Bon 1876 bis 1882 war er Botschafter in London, von 1882 bis 1892 in Paris. In letzterer Stellung suchte er die seit 1881 be stehende und seit dem Zollkrieg noch verstärkte Spannung gegenüber Italien zu mildern.) Italien. Die Dreibund-Debatte. * Rom, 25. Mai. Deputirtenkammer. (Ausführlichere Meldung.) Abgeordneter Jmbriaui entwickelt in einer Interpellation seine Ansichten über die auswärtige Politik in Europa. Redner sagte: Die Mehrzahl der Schäden erwächst Italien aus der Zerfahrenheit der Politik und au» dem Dreibund. Er wünsch» dir Vereinbarungen deS Dreibunds kennen zu lernen und frage, ob derselbe ein Protektorat sei oder eine Garantie biete, und wenn die» der Fall wäre, von wen« oder worauf. Redner verlangt, daß die Regierung das Gerücht dementire, wonach die Tripel-Allianz zur Unterdrückung etwaiger Volks-Agitationen dienen würde (Lebhafte Zwischenrufe. Lärm.) Redner fragt, welche Haltung die Regierung gegenüber England eingenommen habe, welche» er zum großen Theil für die Metzeleien in Armenien verantwortlich macht. Jmbriani beschäftigt sich sodann in längerer Rede mit der englischen Politik, dir er interessirt nennt. Die Mission Italiens sei eine eminent friedliche, weshalb Redner erstaunt sei darüber, daß Italien unausgesetzt der englischen Politik gefolgt sei. Er beklagt es, daß man alle Mittel angewandt habe, um die Meinungsverschieden heiten zwischen Italien und Frankreich zu vergrößern, mit welchem Italien, wenn es wollte, sich verständigen könnte. (Zuruf: „Und Biserta"?) Jmbriani fährt fort: „Man sucht Ruß- land zu necken und trachtet, uns (Italien) Deutschland und dessen Kaiser in Allem unterthänig zu machen." (Zuruf: „Er ist unser Freund.") Als Jmbriani in seinen Ausfällen gegen den deutschen Kaiser fortfährt, rrtheilt der Präsident ihm einen Ordnungsruf. — Jmbriani erklärt: „Mit dem Dreibünde werden die Sieger oder die Besiegten die Hörigeu Deutschlands sein. (Zwischenrufe: „Wir waren diejenigen Frankreichs.") Jmbriani: „Wir wollen nicht Unterthanen Frankreichs, noch Deutschlands, noch Oesterreichs sein." Jmbriani fragt, was man in Venedig anläßlich der jüngsten Zu- sammenkunst gemacht habe. (Gelächter.) „Wir werden", sagt Redner, „bald vor einer weiteren Erneuerung des Drei bundes stehen, deshalb erhebe ich meine Stimme. Angesichts des afrikanischen Unglücks, der Mittelmeer-Frage und der That sache, daß das Adriatische Meer ein ausschließlich österreichisches Meer werde, wünsche ich vom Ministerpräsidenten ein Wort zu hören, Laß ich mich beruhigen kann." Ministerpräsident di Rudini erwidert: Wenn Jmbriani hartnäckig an feinen Anschauungen festhalte, so sei er stets seinen Principien treu geblieben. Er, Rudini, habe immer geglaubt, daß der Dreibund eine Nothwendig. keit ist. Wenn er nicht bestünde, so müßte man ihn schaffen. Man habe ost von dem Schaden gesprochen, der Italien vom Dreibunde zu- zugefügt sei, diese Behauptung aber niemals erwiesen. Der Drei- bund habe Italien niemals auch nur die geringste Last auferlgt, während er den Erfolg gehabt habe, den Frieden lange Jahre hindurch zu erhalten. Italien befände sich im Dreibund unter denselben Bedingungen wie Oesterreich und Deutsch, land ; wie könnte man also davon sprechen, daß Italien unter einem Protektorate siebe. Rudini protestirt lebhaft gegen solche Unter stellung; wenn Jmbriani die Ehre gehabt hätte, persönlich den deutschen Kaiser kennen zu lernen, so würde er in ihm einen warmen und aufrichtigen Freund Italiens und einen königlichen Souverän von sehr edlem Geist und hoher Gesinnung erkannt haben. (Sehr lebhafter und anhaltender Beifall.) Die äußere Politik sei fortdauernd seit vielen Jahren unverändert, dies beweise, daß sie eine wahrhaft nationale und populäre sei. Wenn Jmbriani auf die Freundschaft Frankreichs mit Rußland Hinweise, so liefere er damit ein Argument, welches den Grundsatz bestätige, daß kein Staat isolirt bleiben könne. (Sehr gutl) Redner sei glücklich, daß Jmbriani von den Beziehungen Italiens zu Eng land gesprochen habe, weil er ihm noch einmal die Freundschaft mit England und das vollständige System der italienischen Bündnisse darlegen könne; diese Freundschaft mit England rühre nicht allein von Gefühlen, sondern von Interessen her, weil die Interessen Englands und Italiens im Mittelmeer gemeinsam seien. (Sehr gut!) Jmbriani, sagte Redner, habe von einer Politik von Nörgeleien gegen andere Staaten gesprochen, Redner könne Jmbriani versichern, daß dem gegenwärtigen Ministerium eine solche Politik vollständig fremd sei, weil der Dreibund aus den Frieden zwischen allen Großmächten abziele. Einige beschuldigten ihn zu großer Zärtlichkeiten gegen Frankreich und Rußland. Er fühle sich erfreut durch diese Anklage, welche beweise, daß er eine herzliche Politik auch mit Mächten verfolge, die an dem Dreibund nicht theilnehmen; eine Herzlichkeit, die übrigens auch in den Beziehungen zwischen Rußland und Deutschland und zwischen Oesterreich-Ungarn und Frankreich rxistire. Di Rudini schließt, die Politik der Regierung bestehe darin, am Dreibund» festzuhalten und gleichzeitig herzliche Beziehungen zu allen Mächten, namentlich zu Rußland und Frank reich aufrecht zu erhallen. (Lebhafter Beifall.) * Florenz, 25. Mai. In allen Ortschaften, in denen die Strohhutflechterinnen die Arbeit eingestellt hatten, herrscht vollständige Ruhe. Die Arbeit ist in den Privat häusern und Werkstätten wieder ausgenommen. Ein großer? Theil der Truppen ist nach Florenz zurückgekehrt. Auch in Empoli, wo gestern Abend während der Kundgebungen der ausständigen Hutflechterinnen die Carabinieri von der Waffe Gebrauch machen mußten, um sich gegen die mit Steinen werfende Menge zu vertheidigen, wobei der Deputirte Morelli durch einen Steinwurf leicht verletzt wurde, ist die Ruhe wieder hergestellt. An diesem trüben, grauen Novembernachmittage wanderte Beatrix ziellos durch die Gartenwege dahin. Ihr Leben war jetzt ein vollständig verändertes geworden, und sie gab sich stets trüben und schwermüthigen Gedanken hin; alle ihre Hoffnungen waren gescheitert, ihre Illusionen zerstört, und die schönen Aussichten ihrer glücklichen Kindheit schienen sich für immer in ein undurchdringliches Düster gehüllt zu haben. Trixie kehrte, eine vollständige Andere, mit ihrem Vater von dem ereignißreichen Besuch in Highmoor zurück. DaS arglose, vertrauende junge Mädchen, welches keine Ahnung von dem Bösen hatte, das in der Welt vorging, war mit einem Male zu einem ernsten Weibe herangereift. Sie mußte erfahren, daß den schönsten Versprechungen, die daS Leben den Menschen macht, nicht zu trauen sei, und war sehr geneigt, dem Schicksal zu zürnen, weil sie schwer an der Last trug, die ibr dasselbe aufgebnrdet. Dennoch gestand sie sich selbst, daß sie eigentlich froh wäre, von Philipp Seuda- more befreit zu sein. Sie batte ihm seit dem Vorfall mit dem Bouquet, wo er sich in einem so unwürdigen Lichte gezeigt, wohl niemals wieder so rechtes Vertrauen schenken können, und war überzeugt, daß seit diesem Abend — wie wohl sie sich bereit erklärt hatte, die Beleidigung zu vergeben und zu vergessen — ihre Zuneigung zu Philipp anfing, zu erkalten. Ihre Beziehungen zu ihm waren ihr mehr oder weniger drückend geworden, bis endlich die leidige Katba- strophe mit dem Brillanthalsband ihn für immer von ibr geschieden hatte. Ihre Achtung vor ihm war seitdem voll ständig erloschen und machte dem Bewußtsein Platz, daß sie Philipp nicht mehr liebte. Der Zauber, den Philipp durch seine schöne Erscheinung, durch sein einschmeichelndes Wesen auSgeübt batte, war erloschen, und damit zugleich kam die Erkenntniß, daß der Capitain als gewissenloser Glücksjäger von Anfang an nur auf ihr Geld speculirte. Oft glaubte sie, daß sie einem Mann niemals wieder Vertrauen schenken könne, und manchmal stieg die Frage in ihr auf, ob wohl Victor Greville eine Ausnahme vor den anderen Männern mache. Er hatte ihr seine Liebe bekannt, und sie war schwach genug gewesen, sich zu ihm hingezogrn zu fühlen, und dock täuschte sie sich in ihm vielleicht ebenso, wie sie sich in Philipp getäuscht hatte. Victor war auch nur ein armer Edelmann, vielleicht war es auch bei ihm nur da» Geld, welches ihn zu ihr hinzog. Seit dem Tage ihrer Abreise von Highmoor hatte sie nicht» von Helene und Victor gehört. Wie konnte er also etwa» für sie fühlen! Und Helene? Nicht ohne Bitterkeit meinem Namen haften bleibt, nur einen Menschen giebt es, der mir vielleicht helfen könnte — ihre Augen richteten sich flehentlich auf Helene Grrville'S bleiche» entsetztes Antlitz — der durch eia Wort, eine Andeutung den Namen meines Vater» von dem schmäblichen Verdacht reinigen könnte, der auf ihm ruht. Mein Leben wollte ich gern dafür hingeben. O, mein Gott!" rief sie, die Hände ringend und verzweiflungs voll um sich blickend au». Und noch einmal ruhte ihr Blick mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Angst und flehent licher Bitte auf dem schönen bleichen Antlitz Helene Greville'». Niemand antwortete. Tiefe» Schweigen herrschte im ganzen Zimmer. Maa hätte daS Geräusch einer zur Erde fallenden Nadel vernehmen können. Mit einem schweren Seufzer schritt Beatrix langsam auf die Thür zu, welche Sir Victor sich beeilt hatte, für sie zu öffnen. Beim HinauSgehrn hörte er sie noch verzweiflungs voll murmeln: „Daan möge Gott mir helfen, mein Schicksal zu tragen", und damit enkschwand fit seinen Blicken XVII. ES war im November. Die Tage waren kurz und das Wetter trübe und regnrrisch. Ein düsterer Himmel hing über der rauchigen Fabrikstadt. Manchester mit den vielen Fabriken, den großen Kaufhäusern und großartigen Webereien, den unzähligen Schornsteinen, aus denen mächtige Rauch wolken ausstiegen, bot gerade im November einen wenig an genehmen Aufenthalt. Hodden Hall, de- großen Seifenfabrikanten Hopley schöne Besitzung, war erst durch den Reichthum des jetzigen In haber» der Prachtbau geworden, al» den «» sich jetzt präsen- tirte. Ein umfangreicher parkartiger Garten dehnte sich hinter dem Hause au», da» Hau» selbst war mit allen Bequemlich keiten, mit allem Luxu» der Neuzeit auSgestattet, der Garten mit einer Steinmauer umgeben, und am äußersten Ende der selben stand auf einer Anhohe ein Pavillon, von welchem aus man emen großen Theil der Stadt übersehen konnte. Mr. HoplA liebte diese Aussicht sehr. „Es ist mir ein so heimischer vertrauter Anblick", sagte der gute Mann, wenn er seine Augen auf den hohen Schorn steinen seiner Fabrikgebäude ruhen ließ. War er doch in dieser Stadt geboren und aufgewachsen und hatte seinen Weg vom einfachen Arbeiter an gemacht, bi» er sich zu der stolze» Stelluog «ine» Eigenthllmrr» und Fabrikherrn hinauf gearbeitet halt«. konnte sie an die Freundin denken! Freundschaft sowohl wie Liebe hatten ihr nicht Wort gehalten. Als sie an diesem trüben Wintertage durch die verödeten Gartenwege dahinschritt, sagte sie wohl zum hundertsten Male zu sich selbst: „Philipp Seudamore hat mein Halsband gestohlen — ich weiß eS und habe die Ueberzeugung, Helene Greville weiß eS auch. Durch ein Wort hätte sie mich retten — durch ein Wort hätte sie meinen Namen von dem schmählichen Verdacht reinigen können, der durch diese Halsbandgeschichte auf den selben gefallen ist — und doch hat sie geschwiegen? Würde ich ebenso an ihr gehandelt haben? Würde ich meine Hilfe einer Freundin im Falle der höchsten Noth verweigert haben?" Durch Seudamore'S plötzliche Abreise und Helenes Still schweigen war der Diebstahl unaufgeklärt geblieben. Mr. Hopley war mit Mr. Larcombe nach Inverneß gefahren und hatte das Halsband von dem alten Most zurückgekauft, der nur die Aussage, die er Mr. Betlow früher gemacht hatte, wiederholte. Er war hocherfreut, die Brillanten für den schönen Preis von 1800 Pfund Wiederverkäufen zu können, und betheuerte, daß er das Halsband dem Herrn, dem so viel an dem Besitz desselben zu liegen scheine, gern überließe. So wurde der Handel abgescklossen und der Schmuck nach Hodden-Hall zurückgebracht. Mrs. Hopley verschloß ibn in ihrem Inwelenkasten, denn Trixie konnte den Anblick des Halsbandes nicht ertragen und hatte ihre Mutter gebeten, daS Geschenk wieder zurückzunehmen, da sie nichts in der Welt bewegen könnte, sich je wieder mit dem Halsband zu schmücken. Die Gäste, die sich in Higbmoor aufgebalten, waren unverzüglich aufgebrochen. Sir Victor und Helene kehrten nach London zurück, wo sie mit ihrer Mutter zu sammentrafen, während Miß Jane Harnaß ebenso spurlos verschwunden blieb wie der Capitain Seudamore. Man batte nur gehört, daß der Capitain nach Einreichung seines Abschiedsgesuches auf Reisen gegangen wäre. TrixieS Vater war sehr liebevoll gewesen und batte seiner Tochter nicht einmal Vorwürfe über die Abweisung deS Grasen von Sanfoine gemacht. Nichtsdestoweniger konnte die Liebe ihrer Eltern und der gewohnte Verkehr, den sie mit ihren Freunden in Manchester batte, Trixie nicht für Alles entschädigen, was sie erduldet hatte, am Schwersten aber bedrückte sie daS Bewußtsein, daß durch das schändliche Be tragen Philipp Seudamore'S ein dunkler Fleck auf ihrem Namen ruhe. „Wir müssen mit Dir nach London, Trixie, und dort wird sicb, wie ich hoffe, im Laufe de» Winters eine Partie für Dich finden", sagte Mr. Hopley eines Tages zu ibr. „Ein Manchester Kaufmann ist mir nicht gut genug für meine Tochter; ich habe ein Recht, etwas höher hinauf zu blicken. ES giebt ja noch mehr Grafen in der Welt!" „Mein theurer Vater, ich bitte Dich, keine Heirathspläne für mich zu entwerfen." „Ach, mein Kind, daS sind nur Redensarten, Du wirst das Alles überwinden, wie die Geschichte von dem Anderen ebenfalls bald vergessen sein wird." „Ick werde das Geschehene niemals vergessen, Vater", antwortete das junge Mädchen, nicht eher, „als bis Alles völlig aufgeklärt sein wird." Obgleich Mr. Hopley die Gefühle seiner Tochter achtete, sagte er zu seiner Gattin, als er mit ihr allein war: „Es würde ja unnatürlich sein, wenn sie sich in ihrem Alter diese Kleinigkeit so zu Herzen nehmen wollte!" und MrS. Hopley, die nicht sehr feinfühlend in solchen Dingen war, erwiderte darauf mit Entrüstung: „Es ist überhaupt läckerlich, daß sie das Alles in solcher überspannten Weise auffaßt!" „Trixie hält eS aber für sehr entehrend, in dem Verdacht zu stehen, eine so unwürdige Handlung begangen zu Haben, und ich kann ihr nur beistimmen!" „Ack Unsinn! Die Sache ist nicht bald so schlimm", sagte MrS. Hopley in sebr entschiedener Weise. „Ich weiß nur eins, wenn ich mit ihr zusammen dort in Highmoor gewesen wäre, so würde das Halsband nicht verloren gegangen sein, die ganze Geschichte wäre überhaupt nicht geschehen und nock mehr — Trixie würde heute wahrscheinlich Gräfin von Sanfoine sein!" Aber Trixie war unglücklicher Weise ganz anders geartet wie ihre Mutter. Sie litt noch immer schwer unter dent Verdacht, der auf ibr lastete, und besonders unter der Vor stellung, daß Mr. und Mr». Larcombe denselben theilen könnten. Und Victor Greville — WaS mußte er von ihr denken — er, welcher versichert hatte, daß er da» Vertrauen zu ihr niemals verlieren würde! Hatte nicht auch er, gleich den Anderen, sich von ihr abgewendet und sie wahrscheinlich vergeffen! Ein Diener kam vom Hause her auf Trixie zu. „WaS giebt'S, Thomas?" „Ein Herr ist da, gnädige» Fräulein, der Sir zu sprechen wünscht!" (Fortsetzung folgt.)
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