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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.07.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960715010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896071501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896071501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-07
- Tag 1896-07-15
-
Monat
1896-07
-
Jahr
1896
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S23L kühnst«« Phantast«» eddacht« Bttbkflerung der wirthschaft- lichra und der social«» Lage ia den Schooß fallen würde. Die« ist da» Narrenseil, an welchem die Socialdemokratie einen großen Theil unserer Arbeiterschaft führt und vermöge dessen fir eS unzweifelhaft erreichen würde, daß etwaige ge sonderte Berufsorganisationen der Arbeiter sich alsbald in de» Dienst der Bestrebungen auf Erreichung der politischen Herrschaft für die breite Masse stellen und so mehr und »ehr nur Cadre« für da« socialdemokratische Heer abgeben würden. In England stand dagegen früher der weitaus größte Theil der Arbeiterschaft, weil er Wahlrecht nicht be saß, dem politischen Leben auch fern." Etwas unklar lautet der Schluß: „In dem Wahlrechte liegt, wie dies übrigens auch die Erfahrungen mit der Aenderung des Wahlrechts in Belgien beweisen, ein für die richtige Direction der Social politik b»chwichtigeS Moment, daS, wenn man nickt eine arge Entgleisung herbeiführen will, nicht so unbeachtet bleiben darf, wie die« leider bei der Berufung auf ältere Erfah rungen und England vielfach der Fall ist." Dverltu, 14.Juli. (Telegramm.) Der BnndeSrath hat in seiner heutigen Sitzung das Margarine-vesetz elbgelehnt und dem Bürgerlichen Äesetzbnche seine Lu ftimmun- erthcilt. -- Berlin, 14. Juli. (Telegramm.) Das Staats ministerium hielt heute Nachmittag unter dem Vorsitze seines Biceprästdenten Vr. v. Boetticher eine Sitzung ab. 6. 8. Berlin, 14. Juli. (Privattelegramm.) Der bekannte Gouverneur von Metz, General der Infanterie ». Arndt, hat seinen Abschied erhalten. 8. Berlin, 14. Juli. (Privattelegramm.) Darüber, wie die Entscheidung der verbündeten Regierungen über die Ttzeilnahmc TentschlandS au der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900 in Paris aufgefaßt wird, äußert sich eine Pariser Correspondenz der „Straßburger Post" u. A. wie folgt: „Die Beitrittserklärung des deutschen Reiches, die außer in Chauvinistenkreisen mit großer Befriedigung, ja stellenweise mit herzlicher Freude begrüßt wird, klärt für die Ausstcllungscommission die Lag« wesentlich. Nicht nur die Frage der Platzvcrtheilung, sondern auch die Anordnung des Ganzen ist nunmehr erheblich er. leichtert, da man nach den Erfahrungen von 1889 den Platz für die übrigen Völker genau berechnen, bei der bisherigen Ungewißheit über die Betheiligung der Deutschen aber doch nicht frei verfügen konnte." Dazu bemerkt die „Nat.-Ztg.": „In hiesigen maß gebenden Kreisen wird angenommen, daß die der Bedeutung der deutschen Industrie entsprechende Beschickung der Pariser Weltausstellung im Hinblick aus die Bethciligung der anderen großen Culturstaaten geboten sei, wie eS denn auch als Un freundlichkeit hätte gedeutet werden müssen, wenn Deutsch land abgelehnt hätte, bei dem friedlichen Wettbewerbe im Jahre 1900 zu erscheinen. Allerdings werden die deutschen industriellen mit sich selbst zu Rathe gehen müssen bei der von ihnen zu treffenden Entschließung, biS zu welchem Grade die von ihnen gemachten Aufwendungen in Einklang mit den zu erzielenden Vortheilen gebracht werden können. Mögen andererseits die politischen Beziehungen seit der letzten Pariser Ausstellung immerhin eine Besserung er fahren haben, so darf doch der politische Moment um so weniger als entscheidend in Betracht gezogen werden, als keineswegs ausgeschlossen ist, daß sich bis zur Jahr hundertwende wieder ein Wandel in der öffent lichen Meinung Frankreichs vollzieht." — Die schon wiederholt angeregte Idee, durch Einrichtung von Arbeitsausweisen und Stellenvermittlung im Bereich der Kriegervereine der Socialdemokratie entgegen zuwirken, wird jetzt feste Gestalt gewinnen. Wie man hört, wird die Organisation dieser Stellenvermittlung generell ins Werk gesetzt werden. Berlin würde die Centrale sein und die Zweigvereine sich in den Orten befinden, wo die General kommandos der ArmeecorpS ihren Sitz haben. Der Arbeits nachweis soll für Arbeitgeber und Arbeitnehmer unentgeltlich sein, bei letzteren soll auch kein Druck behufs Eintritts in die Kriegervereine auSgeübt werden. Vom Bundesvorstand sind Rundschreiben an die einzelnen Verbands- und Bezirks vorstände wegen dieses Arbeitsnachweises bereits versandt worden; eS handelt sich zunächst darum, zu ermitteln, wie weit dieselben an dem Werke mitarbeiten wollen und wie hoch die Kosten sich stellen. — Dem Präsidenten des Bundes der Landwirthe Herrn von Ploetz hatte die „Germ." bekanntlich vorgeworfen, daß die viel gerühmte „Selbstlosigkeit", mit der er die „Interessen der Landwirthschaft" vertrete, sich auf der festen Grundlage eines „MinisterzebalteS" aufbaue. Zugleich batte daS Blatt die „D. Tageszta." aufzefordert, sich über diese GehaltSsrage zu äußern. Die „D. Tagesztg." antwortet darauf, wie zu erwarten war, mit Schimpfereien gegen die „Germania", schweigt aber über die Gehaltsfrage wie das Grab. Die Selbstlosigkeit des Herrn v. Ploetz scheint also in der That eine recht gehaltvolle zu sein. — Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: „AlS einen „Beitrag zum Consulatswesen" veröffentlicht die „Rhein.-Westf. Ztg." zwei Privatbriese aus Kimberley (Cap- colonie), worin aus Anlaß der angeblich bevorstehenden Ernennung rknes Herrn Hirsche, ein»« Angestellten der bekannten englischen Firma Wernher Beit u. Co. zum kaiserlichen Consul in Kimberley heftige Vorwürfe gegen den deutschen Generalkonsul in Capstadt und daS Auswärtige Amt gerichtet werden. Wie wir von zustän- diger Seite erfahren, hat, nachdem der bisherige deutsche Consul in Kimberley, Webner, wegen Verlegung seines Wohnsitzes nach Port Elizabeth sein Amt niedergelegt hatte, der genannte Herr Hirsche sich um seine Nachfolge beworben. Ter kaiserliche Generalkonsul in Capstadt hat, wie eS seine Pflicht war, diese Bewerbung demnächst dem Auswärtigen Amt zur Beschlußfassung vorgelegt; letzteres hat jedoch nach Lage der Verhältnisse es abgelehnt, dem Bewerbungs- grsuche näher zu treten und zugleich angeordnet, daß die konsu larischen Geschäfte in Kimberley biS aus Weitere« von dem General- consul in Capstadt wahrgenommen werden." — Der von dem Centralverein fürArbritSnachweisunter- haltrne Centralarbeitsnachwei« befindet sich in fortschreitender er« sreulicher Entwickelung. Im letzten Quartal (April-Juni) meldeten sich inSgesammt rund 7560 Arbeitslose, vo» Lene» 5100 in Arbeit gebracht wurden, also mehr als 66'/, Proc. Auf den allgemeine» Arbeitsnachweis für ungelernte Arbeiter) entfallen 4113 Arbeitslose mit 2853 be- etzten Stellen, aus den FachbildungSnachweiS für Maler 2062 Arbeitslose mit 1336 Stellen, aus die Schlosser 778 Arbeitslos» mit 482 Stellen, aus die Klempner 416 Arbeitslose mit 362 Stellen. Außerdem besteht noch der FacharbeitSnachweiS für Maurer und jimmerer und der für Lackirer. Verhandlungen schwebe» wegen Einrichtung eines Arbeitsnachweises für Lederzurichter, Handschuh, macher und Grlbgießer. Der Arbeitsnachweis für weibliche Personen befindet sich gleichfalls in guter, wenn auch langsamer Entwickelung. * Schweiz, 12. Juli. Bei der ReichStagSwahl kam es zu einem blutigen Auftritt zwischen Polen und Deutschen. Wir berichtet wird, entspann sich zwischen einem polnischen Edelmann, der im Begriff war, nach der Wahl nach Hause zu fahren, und mehreren deutschen Besitzern aus Buckowitz ein Wortwechsel. Die Deutschen hielten daS Fuhrwerk an; da hierdurch die Pferde scheuten, sprang der Pole vom Wagen und forderte seine Angreifer auf, von seinem Gefährt zu lassen. Als daS nichts fruchtete, die deutschen Besitzer vielmehr anscheinend beabsichtigten, auf den Polen loszugeben, zog dieser plötzlich einen Revolver und feuerte einige Male auf die Deutschen. Hierbei wurde einer von diese» durch einen Schuß in die Brust schwer verletzt, während ein anderer von einer Kugel in den Oberarm ge troffen wurde. Eine Untersuchung ist eingeleitet worden. * Llintcrbcrg, 12. Juli. Das Befinden des Gouverneurs v. Wissmann bessert sich langsam, aber stetig. DaS günstige Wetter, die schöne Harzlust und die Ruhe tbun das Ihrige dazu; darin sehen die Aerzte einen wichtigen Factor für die vollkommene Genesung des Gouverneurs. * Nordhausc», 12. Juli. Der in der letzte» Zeit in der Presst vielgenannte Redakteur Wiertelarz von der socialdemokratischen „Thüringischen Tribüne" in Erfurt, der eine wegen verschiedener Preßvcrgchen wider ihn erkannte Gesammtsirafe von vier Monaten Gefängniß abbüßen muß, batte bei der LbcrstaatSamvaltschast zu Naumburg den Antrag gestellt, diese Strafe nicht im Landgerichts- gcfängnisse zu Erfurt, sondern in demjenigen zu Nordkausen abzumachen. Denn in Erfurt fei der Erste Staatsanwalt Lorenz Gcsüngnißvorstand, der mit ihm in Beleidigungsklage siebe, und es sei dadurch die objektive Behandlung seiner Person bei der Straf verbüßung nicht außer Frage gestellt. Die Oberstaatsanwaltsckast genehmigte den Antrag, und Wiertelarz trat in Folge dessen dieser Tage zur Strafverbüßung im Landgerichtsgesängnisse zu Nordhausen an. (Frkf. Ztg.) * Darmstadt, 14. Juli. (Telegramm.) Die Erste Kammer nahm daS von der Zweiten Kammer abgelehnte neue Weinsteuer-Gesetz an, vertagte sich bis zum 23. dss. MtS. und wird dann über die Verstaatlichung der Hessischen Ludwigsbahn und den preußisch-hessischen Staatsvertrag beratben. Die Schließung des Landtags erfolgt am 25. dss MtS. (Wiederholt.) * Würzburg, 14. Juli. (Telegramm.) In dem Processe des Frhrn. v. Tbüngen gegen die Gemeinde Burgsinn wurde heute daS Urtheil verkündet. Nach dem selben werden die beiden Klagen des Frhrn. v. Thüngen vom 18. Jnli 1888 und vom 15. Juli 1894 wegen ein getretener Verjährung abge wiesen und dem Kläger die Kosten, sowie die Erstattung der Auslagen an die Gemeinde Burgsinn auferlegt. * Karlsruhe, 12. Juli. Das jetzt üblich gewordene, noch etwas scheue und langsame Entgegenkommen an den Ultramontanismus im Lande Baden bereitet doch manche beklemmende Ueberraschuna, die freilich von Allen voraus gesehen wurde, die das Wesen jener Richtung kennen und sich nicht vo» der zeitweilig beliebten sanfteren Tonart ein nehmen lassen. Unter großem Pomp feiert man die Grund steinlegung zu einer monumentalen Kirche im östlichen Stadt- theil der Residenz. Man beschränkt sich nicht auf den rein kirchlichen Charakter der Feier, wogegen ja Niemand ein Wort eingewendet hätte, sondern der aus Freiburg er schienene Domcapitular kält in Gegenwart des Hofes, staat licher und städtischer Beamten verschiedener Confessionen, eine Rede, die alles Andere war, nur keine Predigt. Sie wäre von einem socialpolitischen Klerikalen in einer agitatorischen CentrumSversammlnng ganz an, Platze gewesen. Das NegierungSorgan giebt ihm aber die Ehre eines wört lichen Abdrucks und bezeichnet sie als hochbedeutsam. Unmittel bar darauf erscheint in einem ultramontanen Blatte, das als Organ des badischen CentrumSführers gilt, ein Artikel, der sich wie ein Hohn auf den ganzen Vorgang auSuimmt. Der Platz zu der Kirche ist nämlich vom Großhcrzog geschenkt worden, wie denn auch der hohe Herr den Altkatholiken und den Protestanten Plätze zum Kirchenbau freigebig zur Ver fügung stellte. Das ultramontane Organ hat nnn kein Wort des Dankes für die Huld deö Landesherrn unmittelbar nach der Feier, die der Letztere mit seiner Anwesenheit beehrt. Im Gegentheil, es erklärt, durch den Kirchenbau würde der Werth der Bauplätze in der Nähe gesteigert, wovon die Civilliste ihren Vortheil habe. Solche unwürdige Ver dächtigung wagt sich bis an die Person deS Monarchen, als ob die huldvolle Gabe auf einer Güterspeculation beruhe. Die vsficielle „Karlsruher Zeitung" beschränkt sich darauf, den Hergang sachlich richtig zu stellen. Eine Kennzeichnung ultramontaner Rücksichtslosigkeit vor dem Lande unterbleibt aber. Es wäre vielleicht doch am Platze gewesen, auch bei diesem Anlaß darauf hinzuweisen, wer die Achtung vor der Monarchie durch eine gewissenlose Agitation und gewissen lose Presse verletzt. Die Rede des DomcapitularS, der als ein Anhänger der klerikalen Demagogie gilt, mit ihrem Hin weis auf die Kirche — sollte wohl heißen das Centrum — als die Stütze von Macht, Gesetz und Monarchie hätte dadurch eine hübsche Illustration erhalten. (Hamb. Nachr.) * Metz, 12. Juli. Am 10. Juli wurde hier ein Brau- gehilse österreichischer Nationalität, Namens Hamlich, unter dem Verdacht der Spionage festgenommen. Hamlich soll Unterosficiere bestochen, bezw. den Versuch gemacht haben, Patronen sowie Mittheilungen über das Heer zu erlangen. Heute wurde Hamlich mit mehreren Unterofficieren in Gegen wart eines Untersuchungsrichters confrontirt. (M. N. N.) Oesterreich.Ungar«, RetchSk«u,ler Fürst H-henlahe * Alt-Auffee, 14. Juli. (Telegramm.) Der Reichs kanzler Fürst Hohenlohe bat sich beute nach Ischl begeben, wo er vom Kaiser Franz Joseph empfangen werden und an der Mittagstafel tbrilnehmen wird. Am Abend gedenkt der Reichskanzler zurllckzukehren. Frankreich. Attentat auf Sen Präsidenten Aaure * Parts, 14. Juli. (Telegramm.) Wenige Minuten vor 3 Uhr, als der Paradewagen de« Präsidenten auf dem Paradeplatze erschien, feuerte rin etwa 40jähriger, ziemlich anständig gekleideter Mann, der an einem Baume an der Straße lehnte, 2 Revolver- schüfst in der Richtung aus den Wagen de« Präsidenten ab. Der Präsident wurde nicht getroffen. Die Menge warf sich sofort auf den Attentäter und hätte denselben buchstäblich zerrissen, wenn die Polizei sich nicht ins Mittel gelegt und sich seiner Person be mächtigt hätte. Auf dem Lommissiriate erklärte der Attentäter, er habe nur blinde Schüsse abgeseuert. Li-Hun--Tschang; das Nationalfest; das neue Sletnbohrgewehr. * Parts, 14. Juli. (Telegramm.) Die Ankunft Li-Hung-Tschang's lockte gestern nur eine geringe Volks menge zum Nordbahnhof und Grand Hotel. Die Blätter fahren fort, sich über ibn kühl zu äußern, einzelne sind geradezu feindselig. So schreibt „Soleil": „Ich mißtraue diesem listigen und geriebenen Chinesen, der bei de» abend- ländischen Barbaren umherfährt, ihre Fabriken und Wersten besichtigt, ihre Fachleute ausfragt, überall sachliche Er klärungen verlangt, Bemerkungen aufschreibt und Berichte verfaßt. Ich erkenne nicht recht das Ziel, daS er verfolgt, aber ich habe das Gefühl, daß er im Zug ist, uns hinein zuleg en, um es vornehm anszudrücken." — DaS Nation al fest läßt sich wie gewöhnlich an. Das Wetter ist senegalisch und läßt für die Nachmittags- Truppenschau viele Unfälle befürchten. Wer irgend konnte, bat Paris verlassen, das seit gestern unbestrittener Besitz der Bettler, Marktschreier, Kneipwirthe und Gassenjungen ist. Ungeachtet deS Polizeiverbots wird emsig geschossen und Feuerwerk abgebrannt, es sind auch schon gegen zwölf Meldungen von weggerissenen und gebrochene» Gliedmaßen, aufgerissenen Unterleibern und aus gebrannten Augen eingelangt. Von dem Toben mit Trommeln und Trompeten, das die ganze Nacht in allen größeren Straßen herrschte, macht man sich keine Vorstellung. — In einer langen, auf Versuchen beruhenden Studie, die vr. Doyen im „Figaro" veröffentlicht, gelangt er zum Schlüsse, daß die neuen Klein bohrgewehre als Kriegswaffe nichts taugen, da sie den getroffenen Feind nicht kampfunfähig macken. Ein Mann, der von fünf oder sechs Schüssen in Kopf, Brust, Röhren knochen und Unterleib getroffen ist, merkt cs häufig nicht ein mal, sondern stürmt und kämpft ungeschwächt weiter, wenn er auch vielleicht nack mehreren Stunden oder Tagen stirbt. DaS Kleinbobrgewehr kann beispielsweise niemals einen Reiter angriff aushalten, auch wenn jedes einzelne Pferd und jeder Reiter getroffen sind. (Voss. Ztg.) Italien. Das „reconstrnirte" Miuistcrium. * Nom, 14. Juli. Wie der „Messagers" und „Popolo Nomano" übereinstimmend melden, dürfte sich das neue Cabinet wie folgt zusammensetzen: Rudini (Präsidium und Inneres). Brin (Marine), Costa (Justiz), Branca (Finanzen), Gianturco (Unterricht) und Guicciardini (Ackerbau) würden auf ihren Posten verbleiben. Neu besetzt werden die Posten für Aeußeres durch Visconti Venosta, Schatz Luzzatti, Krieg Pelloux, öffentliche Arbeiten Finali, Post und Telegraphie Prinetti. (Wiederholt und berichtigt.) Baraticri. * Die „N. fr. Pr." veröffentlicht eine Unterredung mit General Baratieri in Arco, der sagte, er sei fest ent schlossen, Niemandem gegenüber jemals über die unglück liche Schlacht und die eigentliche Ursache der Katastrophe Enthüllungen zu machen. WaS er sagen konnte, habe er vor dem Kriegsgerichte dargelegt, und das sei bekannt; alles Andere sei unwahr. Er sage nichts zu seiner Rechtfertigung, denn dies könnte anders ausgelcgt werden. Sollte er aber gegen seine Absicht genöthigt sein, Enthüllungen zu machen, so werde dies nur vor der italienischen Kammer geschehen. (Boss. Ztg.) Dänemark. * Kopenhagen, 14. Juli. (Telegramm.) Prinz Hein rich von Preußen ist gestern an Bord der Dacht „Espe rance" hier eingetroffen. (Wiederholt.) Afrika. Der Anfstand in Rhodcfia. * Bnlnwayo, 14. Juli. (Telegramm.) Meldung des „Neuter'fchen Bureaus". Aus den Bezirken Mangwe und Tati sind beunruhigende Nachrichten eingelanfen. Auf der Straße von Tati, 25 Meilen südwestlich von Bnlnwayo, wurden große Massen von Anfständischen bemerkt Der Ausstand scheint sich nach dem Süden zwischen Bnlnwayo und dem Protektorate des Betschuana-LandeS auSzubreiten. Die Makeilaka's befinden sich in großer Zahl im äußersten Nordwesten der Concession von Tati. Man befürchtet, daß die Aufständischen des Matoppo-GebirgeS sich anschließcn. Amerika. * Buenos Aires, 14. Juli. (Telegramm.) (Deputirten- kamnier.) Im Verlauft der zweiten Lesung deS Gesetzes zur Unisicirung der argentinischen Staatsschuld schlug der Deputirte EntrerioS vor, der Staat solle bis zu 65 Proc. den Gläubiger» jener Provinz«» zahle», Here« Boa« uagrniigead feie«, dies« Summe zu reallsiren. Di« verathuug der Artikel findet Mittwoch statt. Lolomal-Nachrichteir. * Der Lompagnieführer JohaourS tritt am 15. Juli mit seiner jungen Frau von Neapel au« die Rückreise nach Ost afrika an, um dort von Moschi sau« die Verwaltung deS Bezirks am Kilimandscharo von Neuem zu übernehmen. Der Oberrichter Eschke aus Ostasrtka ist am Freitag mit Urlaub in Berlin ein- getroffen. Er hatte vorher eine Reisrjnach den holländischen Besitzungen im Sunda-Archipel gemacht, um die dortigen gerichtlichen Ein richtungen kennen zu lernen. * Die Meldung, wonach der Ingenieur Theodor Rehbock am 31. Juli nach der Lüderitzbucht zur Untersuchung aller Ver- hältnisse, die bei einer künstlichen Bewässerung deS aus gedehnten Hinterlandes SüdwestasrikaS inBetrachtkomme», absahren soll, ist insofern nicht zutreffend, als an diesem Tage nur alle für die nothwendigen Vermessungen und Bodrnuntersuchungcn erforderlichen Instrumente abgehen. Herr Rehbock selbst wird sich wahrscheinlich ichon vorher von England zunächst nach dem Copland begeben, uundie dortigen-Wasser- undtBodenverhältnisse zu studireu. Herr Rehbock ist ein noch junger, aus Amsterdam gebürtiger Bau- Ingenieur, der seine Studien an der technischen Hochschule zu Berlin erledigte und hier auch die Diplomprüfung als Ingenieur, wie auch die erste Hauptprüfung für das Staatsbausach ablegle. In der Praxis war er als Constructeur bei dem Aufbau der ReichStagSkuppel und nachher als Hilfsarbeiter unter einem der ersten Wasserbauer Deutschlands, dem Baudirector Franzius in Bremen thätig. Er machte vielfache Reisen durch England, Amerika, Frankreich und die Niederlande, sludirte besonders die großen neueren Thalsperren und Sammelweiher und schrieb 1892 in der „Zeitschr. für Bauwesen" über die Theorie versteifter Bogendrücken, 1894 im „Ceutralblatt der Bauverwallung" über die Wasserstraßen durch die kanadischen Seen. Von Capstadt aus wird Rehbock sich zunächst nach Swakopmund begeben, um von dort aus den Zug landeinwärts zu unternehmen. Die Arbeiten, die die Anlage großer Sammel becken zur Beförderung des Getreidebaues, sowie die Ausführung von Brunnen für die Beschaffung von Trinkwassrr ins Auge fassen, sind auf etwa ein Jahr berechnet. Dir bedeutenden Beträge, mit denen das Reich und die Colonialgesellschaft bei den Kosten des Unternehmens betheiligt sind, beweisen, welchen Werth man in den leitenden Kreisen einer rationellen Bewässerung des deutschen Ge bietes in Südwestasrika beimißt. (Boss. Ztg.) Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlMn Dienste. Departement her Finanzen. Forstverwaltung. Der Oberförster und Verwalter des Reichenbacher Reviers im Forstbrzirkr Grillenburg Wilhelm Arthur Jordan ist in gleicher Eigenschaft auf das Marbach» Revier in demselben Forstbezirke versetzt worden. Knust und Wissenschaft. Franz Wocnig, Verfasser der bekannten und weitverbreiteten botanisch-kulturhistorischen, ethnographischen und kunstgeschichtlichen Werke: Die Pflanzen im alten Egypten. 2. Ausl. Leipzig 1888. — EinePußtensahrt. 2. Ausl. Leipzig 1894.— Pjlanzenformen im Dienste der bildenden Künste. 2. Ausl. 1881. — A in N i l. 3 Bdchu. Leipzig 1890-1896 rc., welcher seit dem Jahre 1890 der Steppenflora des unga- rischen Tieflandes seine besondere Ausmerksamkeit widmet, setzt auch in den kommenden Monaten, im Auftrage LeS königlichen ungarischen Ministeriums, seine interessanten botanischen Studien in den Pußteugebieten des ungarischen Tieflandes fort. Seine an Strapazen reiche Exkursion gilt diesmal in erster Linie der Sand flora der Putzten, der Pflanzenwelt verschiedener ausgedehnter Sumpsterrains lSLrköz und SsrrSt) und in zweiter Linie der Flora des Bakonyerwaldes im westlichen Ungar». *— Leipzig,, 14. Juli. Allvicrteljährlich werden an der „Handels- Akademie Leipzig", Johannisplatz 3—5, neben den üblichen fach- wissenschaftlichen Curjen auch (honorarfrei, nur Einschreibegebühr) Hebungen im Schön- und Schnrll-Schreiben (deutsche und lateinische Schrift, sowie Kopsschrist) und in „Zierschrift" aller Art abgehalten, die von Autoritäten aus diesem Gebiete geleitet werden. Der erste dieser Curse beginnt Freitag, den 17. Juli, Abends 8 Uhr. Vermischtes. <5 Halle a. 2., 14. Juli. Die Entscheidung betreffs der weiteren Führung unseres StadttHeaters ist nun gefallen; etwas unerwartet haben die Stadtverordneten gestern Abend in geschlossener Sitzung beschlossen, die Pachtung deS Theaters vom September 1897 ab auf 5 Jahre dem Theaterdirector M. Richards in Posen zu seinem Gebote von 30000 .Zl Jahrespacht zu übertragen, während der Magistrat beantragt hatte, dem jetzigen Inhaber Herrn Rahn die fernere Pachtung zu übertragen. Herr Rickards gilt in der Theaterwelt als sehr tüchtiger Director. Es darf als sicher gelten, daß der Magistrat dem gestrigen Beschlüsse beitritt. — Königsberg, 14. Juli. (Telegramm.) Der jüngst geborene Sohn des Grafen Wilhelm Bismarck wurde heute getauft. Graf Herbert und Graf Rantzau mit Ge mahlinnen sind als Pathen anwesend. (Wiederholt.) ----- Wo Alles stiehlt . . . AuS Wien, 12. Juli, wird berichtet: Der Taglöhner Leopold Lontkin war beim Eisen bahnbau nächst dem Jnvalidenhause beschäftigt. Eines Tages wurde er beim Holzst«hle n betreten und zur Anzeige gebracht. Gestern stand er vor dem Strafrichter des Bezirksgerichts Landstraße. — Richter: Geben Sie zu, das Holz gestohlen zu haben? — Angekl.: Ja. — Richter: Weshalb »baten Sie das? — Angekl.: Ja, bitt', Herr kaiserlicher Natb, wenn Alle stehl'n, werd' doch ich net so dumm sein, und nix stebl'n! — Auf Grund dieses Geständnisses wurde Lontkin zu zwölf Stunden Arrest verurtheilt. — Richter: Nehmen Cie die Strafe an? — Angekl.: O nein, i sitz' meine zwölf Stund' ab, aber (mit erhobener Stimme) — dann recurrir' i. Entweder muß der ganze Bauplatz g'straft werd'» oder i bin net z'sried'n. I werd' net ganz allan für hundert Andere büß'n! der einzelnen VolkSgenofsenschaften und deren scharfe Cha rakteristik. AlS Ergänzung zu CurtiuS' griechischem GeschichtS- werke darf man die Sammlung von Reden und Aussätzen ansehen, durch die er weiten Kreisen ein besseres Verständniß der griechischen Cultur vermittelt bat. Als Cnrtius zu Ansehen gelangt war, nahm er die Erforschung des klassischen Bodens, der er in jungen Jahren allein nachgegangen, mit Hilfe anderer im großen Maßstabe auf. Hierbei zeigte er sein ganzes Organisationstalent. Er wußte junge Fachgenossen, Techniker und vor allem Officiere als Mitarbeiter zu gewinnen. 1862 führte er mit Boetticher eine preußische wissenschaftliche Expedition zum Studium der Topographie von Athen nach Griechenland. Einen steten Charakter gab er dann der topographischen Forschung in Griechenland durch die Errichtung der archäologischen Reichsanstalt in Athen. Später wurden neue Fahrten ausgerüstet, so daß das Feld topographischer Ausnahmen immer weiter ausgedehnt werden konnte. Kaupert, Rcgely, Adler, Hirschseld, Milchhöfer, Gelzer, Furtwängler, Dörpfeld, Treu, Purgold n. Ä. waren Curtius' Gehilfen. Das bervorragendste Verdienst hat CurtiuS um die zuvor lang angestrebte planmäßige Aufdeckung der Stätte der olympischen Festfeier. Schon 1852 hatte der Gelehrte den Prinzen Wilhelm für dieses Unternehmen interessirt, auf dessen Notbwendigkeit schon Winckelmann bingcwiescn batte; unermüdlich wirkte er seitdem in Wort und Schrift für diesen großen Plan und er wußte seine eigene Begeisterung so sehr mitzutbeilen, daß, als das neue Reick geschaffen worden, eine seiner ersten FrirdenSthaten die Bewilligung der h«tr«ichtlichea Mittel wurde» di« die Ausführung deS Gedanken? erheischte. 1874 schloß CurtiuS mit der griechischen Regierung den Vertrag über Olympia, 1875, im Herbst, begannen die Ausgrabungen. Reich, sebr reich war die Ausbeute; eS ist unmöglich, in wenigen Worten die Förderung zu kennzeichnen, die der Wissenschaft durch die großen Schätze zu Theil wurde, die nun dem Boden wieder entstiegen; man kann sagen, daß mit den Aus grabungen von Olympia eine neue Epoche der Wissenschaft vom Alterthum anbebt. Zwar sind durch diese Ausgrabungen unsere Sammlungen nicht mit kostbaren Originalen gefüllt worden, denn man überließ die Funde der griechischen Regierung und begnügte sich mit dem Recht des ersten Abgusses; aber die Wissenschaft, auf deren Förderung eS allein ankam, empfing eine Fülle von Erkenntniß und An regung. Die Beobachtung des geschichtlichen Werdens der hellenischen Welt, das uns gerade die olympischen Funde so anschaulich vor Augen führen, war für Ernst Curtius von jeher inneres Bedürfnis und Ziel aller Forschungen im Großen wie im Kleinen. Aller bloS antiquarischen Gelehrsamkeit abhold, die sich mit dcr Sammlung und systematischen Ordnung von Einzelheiten begnügt, hat er auch die alltäglichen Einrichtungen der Griechen, wie Wege- und Wasserbau, Markt- und Stadt anlage, mit demselben geschichtlichen Sinne erforscht, wie ihre Entwickelung auf dem Gebiete des Staates, der Kunst und der Religion; die biß in die jüngste Zeit verbreitete Vorstellung, als ob die homerische Götterwclt, wie sie in den homerischen Gedichten überliefert ist, ein von Anfang an fertiges, in der Hauptsache unbewegliches System bilde, ist niemals gründlicher widerlegt und seit Otfried Müller ist nichts Tieferes und Klareres über griechische Mythologie ge schrieben worden, als eS Curtius in seinen „Studien zur Geschickte des griechischen Olymps" gethan bat. Die „Gesammelten Abhandlungen" bewiesen aufs Neue, mit wie feinem historischen Tact und mit welcher Treue der Verfasser der „Griechischen Geschichte", des „Peloponnesos", auch den unscheinbarsten Lebensäußerunge» des griechischen Volkes nachgegangen ist. Aber noch hervorstechender erscheint in seinem wissenschaftlichen Wesen der universale Zug: wie von hoher Warte schaut er das Einzelne in dem großen Zusammenhang, der wirklich alle Erscheinungen mit einander verbindet: Land und Leute, Natur und Geist, Religion und Kunst. Da ist nichts unbedeutsam und nebensächlich, da« anspruchsloseste Werk der Kleinkunst hat, so betrachtet, irgendwie einen geschicht lichen Wertb, und die scheinbar äußerlichste Thätigkeit der Hellenen ist doch unauflöslich niit den innersten Triebfedern ihrer ganzen Geschichte verbunden. So gestaltet sich unter den Händen de« weitschauenden Meisters das schlichte Thema vom „Wegebau" zu einem großen kulturgeschichtlichen Ge mälde. Neben der Fürsorge für das große Werk seiner Aus grabungen, daS er vom ersten Spatenstiche jan mit rastlosem Eifer verfolgte und leitete, dessen Seele er recht eigentlich war, beschäftigten ihn die „Geschicht e der Stadt Athen" und zahlreiche Untersuchungen, deren Ergebnisse er schließlich in jenen meisterhaften „Abhandlungen" gesammelt heraußgab, beschäftigte ihn endlich sein Amt als akademischer Lehrer, dem er mit wahrer Hingebung und glücklichstem Erfolge oblag. Da er ganz voll von seinem Gegenstände war, wußte er auch Andere damit zu erfüllen, seine warme Begeisterung strömte auf seine Hörer über, und groß ist dir Zahl derer, die sich dankbar seine Schüler nennen dürfen. Wie CurtiuS über seine Thätigkeit als Archäologe und über ihre Wirkung dachte, gebt aus einigen Distichen hervor, die er vor zwölf Jahren an seine Freunde richtete: .Wehmuthsvoll durchdacht' ich den Lauf der geschwundenen Jahre, ' Dachte des Maßes von Kraft, welches dem Menschen gesetzt. Fragte mich still, wie lang' wirst Du Dein Feld noch bestellen, Bis auch Dir vom Pflug sinkt die rrmaltende Hand? Da kam Euer Geschenk .... Und eS entschwand, wie Nebel zerrinnt im sonnigen Lickte, WaS bei der Wende des JahreS meine Gedanken getrübt; Mein Werk endet ja nicht mit dem (so suhlt ich's bescheiden), WaS ich schüchtern begann, olS ich den Samen gestreut. Siehe, wie Hand au Hand sich rrih'n al- Glieder der Kette . . . Und dir Fackel des Lichts — sie wird vom Nachbar dem Nachbar Brennend gereicht; taghell leuchtet ihr Schein . . . Treten die Jüngeren so im Chor an die Seite des Alter-: Zieht ein Leben sich voll durch das Vergängliche hin, Blüht unsterbliche« Wesen, wo sonst nur Todes Gewalt herrscht. Und da« Vereinzelte schließt sich zum unendlichen Ring." Er ist nun dabin! Schon zu seinen Lebzeiten wurde seine Büste in dem Museum von Olympia ausgestellt. Sein Andenken konnte an keiner würdigeren Stätte verewigt werden als da, wo im Alterthume die Bildsäulen derer standen, die im Wettkampfe um de» höchsten Preis gesiegt hatten.
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