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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.02.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980228020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898022802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898022802
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-02
- Tag 1898-02-28
-
Monat
1898-02
-
Jahr
1898
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tssr «o Km« dm griechisch«, Staat in irgend einer Form zu sichern und so den antidynastischen Machenschaften den Boden zu entziehen. Eine deutsche Bolksbank für Böhmen ist in Leitmeritz in« Leben getreten. Sie verdient die Unterstützung auch Reich-deutscher, denn sie soll Helsen, dem Ansturm der Tschechen einen Damm entgegrnzusetzen. Die Tschechen sammeln riesige Summen, um an der Sprachengrenze Wirtb- schaften zu kaufen, Grundbesitzer und Gewerbsleute anzu siedeln. Wenn ihnen der Plan gelingt, ist die Gefahr für den deutschen Besitzstand groß. Unsere Brüder an der Sprachen scheide leiden unter den herrschenden Verhältnissen sehr. Wetterscheiden und MißwachS haben in den letzten Jahren Elend gebracht; zum allgemeinen Notbstande kommt die nationale Bedrängniß. An den Deutschen der Sprachen grenze kühlt sich der Haß der Gegner, gegen sie wenden sie sich in erster Reihe; ihre nächste Umgebung, die eine Quelle d«S Erwerbes und geschäftlicher Zuflüsse sein soll, birgt auf der einen Seite Feinde und bringt statt Erwerb Kampf bis zur Vernichtung. Das deutschböhmische Hinterland hat selbst mit dem hussitischen Ansturm zu thun und kann daher nur wenig helfen. So stehen unsere Brüder allein auf sich selbst angewiesen. Die Folgen zeigen sich. Bauern, welche vor wenigen Jahren als wohlhabende Leute galten, müssen Schulden machen. Zwang-verkäufe finden alle Tage statt; der Preis von Grund und Boden ist nahezu um die Hälfte zurück gegangen; Handwerker sind gezwungen, ihre Selbstständig keit anfzugeden und Sitzgesellen zu werden. DaS wissen die Tschechen, und darum stürmen sie von allen Seiten gegen daS Deutschthum loS. Aber unsere Volksgenossen in Bödmen brauchen und wollen keine Almosen; statt Vesten benöthigen sie billiges Geld, um über die schwerste Zeit hinauszukommen, um die Ausfälle und Verluste verwinden zu können, welche . sie durch Hochwasser, Wetterschäben und gegnerische Anfein- 'dung erlitten Haden. Hilfe soll ihnen eine wirthschaftlicke Einigung, eine Genossenschaft bringen, die, wie eingangs sHon erwähnt, unter dem Namen „Deutsche Volksbank für Böhmen in Leitmeritz" in daS Leben getreten ist. In diesem Unternehmen schaaren sie sich zusammen zu einer geschäft lichen HilfSvcreinigung, die ihnen billigen Credit und andere Vortheile bringen wird. Der Mtglleverantheil beträgt einschließlich der Beitrittsgebiihr 12 fl. 50 Kr. (21 ^l); er kommt sotzungsgemäß mit 3"/, Proc. zur Verzinsung; erst wenn die Höhe deS Grundstöcke- die Hälfte der Antheile erreicht hat, kann auch höhere Verzinsung gewährt werden. D»Verwaltungsstellen der BotkSbank sind Ehrenämter. Die Vorstand-« und AusslchtSrathSmitglieder haften für dir richtige und gewissenhafte Führung der Geschäfte mit ihrem ganzen Vermögen, die Mitglied haftung ist auf den Antheil beschränkt. Die GeschästSgebahrung unter liegt drrösfentlichrnRechnungslegung und staatlichen Aufsicht. Es kann daher ein jeder unbesorgt der Bocksbaak al- Mitglied beitreten, er schenkt sein Geld nicht, nimmt vielmehr am Gewinne und den übrigen Einrichtungen Theil, welche auch Reichsdeutschen sehr nützen können. Die Bolksbank errichtet nämlich Zahlstellen in ganz Böhmen, mtelchr geschäftliche Auskünfte rrthrilen, Forderungen ein- zirhro und überhaupt dir wirthjchajtlichen Verhältnisse der Mitglieder fördern. Die Deutsche Bolksbank übernimmt auch Spareinlagen, welche sie mit 3'/« Proc. verzinst. Der Urversender deS BucheS, welche- auf beliebigen Namen lauten kann, gilt al- Eigenthümer. Die Rentensteuer wird von der Volksbank getragen. „Wir Reichsdeutschen", bemerken hierzu die „Alldeutschen Blätter" treffend, „haben Millionen für argentinische, griechische und türkische Werthe vertrauensvoll hingegeben. Vertrauen wir unser Geld einmal unseren schwerbedrängten, für deutsche Heim-lh und deutsche Ehre ringenden Brüvern in Böhmen an, und eS wird doppelte Zinsen tragen!" Mitglieder-An- meldungen und Einzahlungen für die Deutsche Volksbank in Böhmen übernimmt die Geschäftsstelle deS Alldeutscheu Ver bände-, Berlin Vs 53, Lützowstraße 8bd, wo auch die Satzungen zu haben sind. Im dänischen Folkethingist kürzlich eine Illustration zu. den Bedel'schen Behauptungen von der Milde Ntchkdeutscher Militarstrafsyfteme gegeben worden, die wir den Socialdemokratrn zur Beachtung empfebleu. Der „Hamb. Corr." erhält folgenden Bericht über die Folkething- Berhandlung vom 24. diese- MonatS: In der gestrigen Sitzung. deS Folkething- interpellirte der Abgeordnete Zahle .die Regierung .über die Strafbestimmungen für die dänischen Soldaten in Westindien. Dieselben . seien, äußerte der Abgeordnete, äußerst grausam und .barbarisch und eine- cwilisirten Staate- durchaus un würdig. DaS gelte ganz besonder- von der Prügelstrafe. In groben JnsubordinationSfällen erhielten die Soldaten 150 Stockschläge in Verbindung mit 30 Tagen Dunkel arrest bei Master und Brod. Im übrigen Reiche seien diese barbarischen Strafen längst abgeschafft — sie be ständen aber noch heute auf den westindischen Inseln. „Die Unglücklichen", führte der Redner au-, die sich zum Milltairdienste auf den Antillen, wo die Dienst zeit 6 Jahre dauert, anwerben lasten, erhalten 60 Kronen Handgeld, die auf der Hinreise verbraucht werden; ihre Löhnung beträgt später nur 15 CtS. (60 täglich nebst einem Pfunde Brod und dem Mittagessen. Nach Verlauf der 6 Jahre sind die Mannschaften körperlich wie geistig voll ständig gebrochen und erhalten bei der Rückkehr in die Heimath zum Entgelt für alle Mühen und Strapazen ein Almosen von — 10 Kronen? Außer der Prügelstrafe wird übrigen- noch eine andere, weit grausamere Art derZüchtigung, da-Krummschließen, angewandt. Dänemark bat allerdings, so fuhr der Redner fort, weder Bortheil noch Freude an feinen westindischen Be sitzungen. aber man darf doch unmöglich die Bevölkerung in dieser Weise vernachlässigen, man ist einfach verpflichtet, der Verwaltung mehr Aufmerksamkeit zu schenken al- bisher. Man muß endlich darnach streben, ein veraltetes und grau sames Militairsystem, das in Dänemark selbst seit 188l außer Gebrauch ist, fallen zu lassen und den unglücklichen Soldaten ein menschenwürdiges Dasein zu schaffen. Finanzminister Hörring antwortete hierauf, die Regierung habe diese Frage schon lange untersucht und wünsche selbst, vor Allem die Prügelstrafe und daS Krummschließen abzuschaffen, man habe jedoch noch keine Bestimmungen über die Einführung anderer Strafen ge troffen. DaS dänische Strafgesetz könne in Westinbien nicht a»:,e!. .rn>t werden, weil die Verhältnisse dort ganz ander- lägen. In den Colonien habe man ausschließlich mit ge worbenen, im Mutterland« mit wehrpflichtigen Leuten zu thun. UebrigenS sei die Rottingstrafe in den letzten Jahren nur 14 Mal zur Anwenduug gebracht. Die Soldaten, die sich anwerben ließen, wüßten, daß sie einem strengen Dienst entgegenginaen; e» sei traurig, daß man überhaupt zu ge worbenen Soldaten seine Zuflucht nehmen müsse. Jeden falls werde die Regierung die erwähnten Strafbestimmungen ändern. Deutsches Reich. * Berlin, 27. Februar. Die „Berl. Pol. N." schreiben: In ben Verhandlungen des Abgeordnetenhauses ist mehrfach die A b - trennung des Medicinalwesens von dem Kul - tusministerium und die Ueberweisung des selben an das Ministerium des Innern angeregt worden. Diese Anregung wurde mit dem übergroßen Umfange des Geschäftsverkehres des Cultusministeriums, welcher dem Chef desselben nicht ermögliche, der Gesundheitspflege die ihr ge bührende intensive Aufmerksamkeit zu widmen, begründet, während die Gesundheitspolizei auch an sich in näherem Zu sammenhänge mit dem Reffort des Ministeriums des Innern als mit Cultus und Unterricht stehe und daher dort besser aufge hoben sei. Die Berechtigung dieser Ausführungen ist von der Staatsregierung wenigstens theilweise anerkannt worden, aber die Beschlußfassung über eine etwaige Aenderung der Ressortoer- hältnisse einem späteren Zeitpunkte Vorbehalten worden. Jetzt dürfte die Abtrennung der Mrdicinalabtheilung vom Cultus- ministerium und ihre Uebertragung auf das Ministerium des Innern im Princip beschlossen und die Vorbereitung für deren Ausführung mit dem Ziele in die Wege geleitet sein, die Reffortveränderung durch den Staatshaushaltsetat für 1899 festlegen zu lassen. * Berlin, 27. Februar. Mehrere Blätter von hier berichten, daß in Sachen der den Privatpostanstalten zu ge währenden E n t s ch ä d ig u n g für den Fall einer Erweiterung des Postzwanges in dem von der Regierung gewünschten Sinne bereits Verhandlungen stattgefunden haben. Mit der Berliner Packetfahrt-Actiengesellschaft soll — von wem? wird nicht gesagt — eine Verständigung auf folgender Basis angestrebt werden: Neben einer Entschädigung für die Beamten und Unter bediensteten, welche infolge der Einstellung des Briefverkehrs zur Entlassung kommen würden, und Abfindungen für die Auflösung von Verträgen, sowie Ersatz für wrrthlos werdende Betriebsein richtungen wäre der 16^/sfache Betrag des jährlichen Reinver dienstes, welcher sich aus der Beförderung geschlossener Briefe ergiebt, als Ablösungsquote festzusetzen. Die „Berl. N. N." be merken hierzu: „Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Angaben zutreffend sind. Was die Berliner Packetfahrt-Actiengesellschaft anbetrifft, so berechnet dieselbe in einer Denkschrift zu der Ent schädigungsfrage einen Mindestverlust von 110000 Mark von der durchschnittlichen Jahresdividende von 170000 Mark als Folge der Ausdehnung des Postregals, während in den letzten sechs Jahren die Dividende sogar nie »unter 200000 Mar^ be tragen haben soll. Der Verlust, nicht einmal nach dem üblichen Zinsfuß von 5, sondern nur von 6 v. H. capitalisirt, ergiebt eine Entschädigungssumme von 1833 260 Mark. Dazu kommen Entschädigungen für etwa 500 zu entlassende Beamte, Abfindung der Mieths-, Anstellungs- und Lieferungsverträge und andere Verluste in Höhe von insgesammt 300 OOO Mark, so daß die Ge sellschaft 2133 260 Mark Entschädigung glaubt verlangen zu können. — Verschiedene Blätter gaben dieser Tage eine Meldung des „Kropper Kirchlichen Anzeigers" wieder, die besagte, „daß die beiden ältesten Söhne des Kaisers in der bald voll endeten evangelischen Kirche in Jerusalem bei Gelegenheit des kaiserlichen Besuches zu Ostern 1898 confirmirt werden sollen." — Wir hatten von dieser Nachricht keine Notiz ge nommen, da eine Osterfahrt des Kaisers nach Jerusalem über haupt nicht in Frage kommt, die Reise zur Kirchweihe vielmehr erst für den Herbst in Aussicht steht. Aber auch abgesehen hier von, theilt die „Kreuzzig." mit, daß die Confirmation der Prinzen nicht zu Ostern, sondern voraussichtlich erst um Pfingsten herum stattfindet. — „Aus besonderer Quelle" wird der „Franks. Ztg." mit- getheilt: „Es steht außer Frage, daß die bayerische Re gierung der Militairstrafproceßordnung unter keinen Umständen zustimmen wird, wenn nicht dasbayerische Reservatrelyk ve» eigenen obersten Militairgerichkshof» gewahrt wird. Wird das Reservatrecht nicht angetastet, und stimmen der Reichstag und die Bundesfürsten einer Militair strafproceßordnung zu, die nicht in allen Punkten der bisherigen Stellung der bayerischen Regierung entspricht, so wird diese ihre Einsprüche fallest lassen, um dem Zustandekommen einer Reichsprocetzordnung nicht rntgegenzutreten. Aber wie bemerkt, Voraussetzung ist die Erhaltung des Reservatrechts, das in diesem Falle als Hoheitsrecht betrachtet wird. Auch einen bayerischen "Senat beim Reichsmilitairgerichtshof wird Bayern ablehnen ustd auf einem in Bayern bestehenden selbstständigen obersten Gerichts hof bestehen. Dagegen wird wohl von Bayern zugestanden werden, daß die Mitglieder des bayerischen obersten Gerichtshofs sich nach Berlin zum Reichsmilitairgerichtshof begeben, um das Entsprechende festzustellen, wenn einmal rin Widerspruch in den beiderseitigen Rechtsprechungen eintreten sollte." — Die Petitionscommiss ion des Reichstages hat eine Petition des „Vereins der Freundinnen junger Mädchen" in Heidelberg berathen, worin verlangt wird, minderjährigen Mädchen zu untersagen, als Kellnerinnen zu dienen, ferner die Arbeitszeit zu beschränken und über die 10., höchstens die 11. Nachtstunde hinaus auszuschließen, die Annahme von Kell nerinnen ohne bestimmten Lohn zu bestrafen. Es wurde in der Petition dargelegt, daß das monatliche Durchschnittsgehalt einer Kellnerin 10 Mark beträgt, wenige erhielten mehr, etwa H sämmt- licher Kellnerinnen sogar gar keinen Lohn. Jnb'zug auf dieArbeits- zeit haben statistische Erhebungen ergeben, daß mehr als die Hälfte der Kellnerinnen täglich 14 bis 16 Stunden, nicht ganz ein Viertel 16 bis 18 Stunden oder weniger als 14 Stunden, ein kleiner Bruchtheil mehr als 18 Stunden beschäftigt werden, während nach Angabe der Arbeitgeber sich die Zahl der 14 bis 16 Stunden beschäftigten Kellnerinnen auf 56,3 pkt., der 14 bis 18 Stunden thätigen auf 19,3 pCt. belaufe. Es wurde be schlossen, die Eingabe dem Reichskanzler zur Berücksichti gung zu überweisen. — Dem Bureau des Reichstags ist vom Kaiser eine Tafel zugegangen, welche die Seestreitkräfte Deutschlands, Rußlands und Japans in Ostasien zur Darstellung bringt. Die Tafel trägt den Namenszug des Kaisers und das Datum: Februar 1898. Die Tafel ist vervielfältigt worden und in 10 Exem plaren der Budgetcommission zugcgangen. — Auf einer Anfrage des Vorsitzenden des Berliner Ge werbegerichts hat der Vorstand des Schuhmacherfabri kantenverbandes erwidert, daß dieser Verein auf weitere Verhandlungen mit dem Gewerbegericht verzichtet und die Rege lung des Arbeitsnachweises mit den Arbeitern direkt versuchen wird. — lieber die socialdemokratische Theorie schreibt der Socialdemokrat vr. Konrad Schmidt im „Vorwärts", anschließend an letzthin von Bernstein geäußerte Ansichten, von Lenen er wisse, daß sie „nicht alleinsrehen und von einer starken Strömung in der Partei getragen werden". Schmidt giebt die ZusammenbruchS- theorie des kommunistischen Manifestes preis. Die wirthschastlichen Verhältnisse hätte sich nicht in der Richtung, die das kom munistische Manifest vor 50 Jahren erwartete, entwickelt. Der Capitalismus habe vielmehr eine unvorhergesehene Anpassungs fähigkeit bewiesen. Tie „wachsende Verelendung" sei auch nicht eingetreten. Die nächste sociale Aufgabe sei nicht die unmittelbare Aufhebung des kapitalistischen Privateigenthums, die definitive Vergesellschaftung der Production, sondern die dauernde, immer weiter erstreckte gesellschaftliche Controle über die Productionsbedingungen, die Einschränkung der Sphäre, in der die anarchische Concurrenz und damit das Privateigenthum der Capitalisten frei zu schalten vermöge. (Für die Beurtheilung der Socialdemokralie ist eine solche „Mauserung" eines einzelnen Theoretikers bedeutungslos. Immerhin verdient es verzeichnet zu werden, wenn akademisch gebildete „Genossen" die Axt an die Wurzel deS socialdemokratischea Dogma- legen. Red. d. „L. T.") — Die staatlichen Schullehrer- und Lehrerinnen» Seminare der preußischen Monorchie sind im Wintersemester 1897/98 von II 853 Zöglingen besucht. Davon waren 6409 Interne und 5444 Externe. Von den ersteren wiederum waren 4368 evangelisch und 2041 katholisch, unter den letzteren 3719 rvangeliich und 1717 katholisch. Der dritten Classe gehörten 4l44, der zweiten 4119 und der ersten 3590 an. — Die Zahl der Zöglinge auf den Präparandrnanstolten beträgt 2484, wovon 77 evangelische Interne und 2407 Externe waren. Unter den letzteren befinden sich 1524 Evangelische und 883 Katholische. Die Zahl der Zöglinge i in den dritten Classen beziffert sich auf 235, in den zweiten aus 1147 und in den ersten auf 1102. * Plön, 26. Februar. Der im vorigen Herbst im Wahl kreise Plön-Oldenburg gewählte konservative Gutspächter v. Tungeln auf Schmoel wirb für die nächste Reichstagswahl wieder candidiren. * Löban, 26. Februar. Eine deutsche Wählerver sammlung deS Wahlkreises Rosenberg-Löbau bat den Landratb v.Bonin - Neumark als Canvidaten für den Reichstag aufgestellt. Der Wahlkreis war zweimal polnisch ver treten. (Berl. T.) * Bückeburg, 26. Februar. Major a. D. Strosserist, wie die „Schaumb.-Lipp. Landesztg." meldet, als konservativer Reichstagscandidat in Schaumburg-Lippe in Aussicht genommen. * Maib-tur», 26. Februar. Dee ToaservatiSe Verein Neuhaldensleben- Wolmirstedt hielt heute Nachmittag hier im „Münchener Hofbräu" unter Vorsitz des Majors a. D. Schmelzer seine Generalversammlung ab. Nach einem kurzen Bericht über den Stand der Casse wurd« über die Aufstellung eines Kandidaten zum Reichstage und zweier Candidaten zum Landtage gesprochen. Hinsichtlich der Reichs tagswahl wurde beschlossen, da Herr Ho sang die Kandidatur wieder angenommen habe, von der Aufstellung eines eigenen Can didaten abzusehen und kräftig für den Candidaten der national- l i b e r a l e n Partei Herrn Hosang einzutreten. Bei der Land tagswahl will man die bisherigen Abgeordneten Herren v. Haffel- bach und Böcker deibehaltrn. Nachdem noch Einiges über Wahlvorbereitungen besprochen worden war, gab Landtagsabge ordneter v. Hasselbach einen Bericht über den Parteitag der konser vativen Partei in Dresden. Schließlich wies er noch auf die Politik der Sammlung hin, die von den Conservativen kräftig ge pflegt werde. Ein freudiger Zug habe auch auf dem letzten nationalliberalen Parteitag in Magdeburg geweht, und nach den Reden der Abgg. Friedberg und v. Eynern dürfe man wohl auf eine Annäherung zwischen nationalliberalen und kon servativen Wählern rechnen. Zum Schluß bat Herr v. Hassel bach alle Anwesenden, kräftig für dir Wahl des nationalliberalen Candidaten Herrn Hosang einzutretm und tapfer innerhalb der erlaubten Schranken für diese Kandidatur zu wirken. Durch das Eintreten für diese Kandidatur gebe die konservative Partei des Kreises ihre Selbstständigkeit nicht auf; ein rinmüthiges Vor gehen sei aber nothwendig, um den Kampf gegen die Social demokraten mit Erfolg durchzuführen. (M. Z.) * Anlda, 26. Februar. Der Gemeinde Schweben im Kreise Fulda ist vom Kaiser ein Gnadengeschenk von 10150 Mark zum Schulhaus-Neubau bewilligt worden, ebenso hat die Gemeinde Nieder-Kalbach im hiesigen Kreise ein kaiserliches Gnadengeschenk von 19000 Mark zum Neubau einer zweiclassigen Schule mit Lehrerwohnungen erhalten. <5 Sattowitz, 27. Februar. Der Ausstand in derBigogue- spinnerei von Schön in Sielce ist beigelegt. * Wiesbaden, 26. Februar. Wie der „Rhein. Kurier" mit- theilt, hat sich ein jüdis cher Schüler des hiesigen Gymna siums von einem anderen katholischen Schüler katho lisch t a u f e n lassen. Beide Schüler wurden vom Gymnasium entlassen. Der taufende Schüler habe die Taufe für einen Spaß angesehen. Trotzdem halte man auf katholischer Seite dir Taufe für giltig, weil der Täufling das ernst« Bestreben gehabt habe, Katholik zu werden, und katholisch bleiben wolle. * Nürnberg. 26. Februar' Auf den Antrag der Vereinigten Pinselfabriken in Nürnberg beschloß der dortige Magistrat, mit einem vom einer französischen Firma erfundenen Apparat neuer dings Versuche zur Desinfektion vonÄhierhaaren anzustellen. * München, 26. Februar. Der bayerische Justiz- mi ni st er hat die Präsidenten der Oberlandesgerichte veranlaßt, die ri cht er li che n B e a m ten auf das rechtzeitige und gründ liche Studium des Bürgerlichen Gesetzbuches und der einschlägigen Reichs- und Einführungsgesetze aufmerksam zu machen. Bei Beförderungsvorschlägen soll eingehend geprüft werden, ob der künftige Träger einer Stelle nach seinen bisherigen Leistungen und Bestrebungen, nach Lebensalter und Gesundheits verhältnissen der ihn erwartenden Aufgabe auch tatsächlich ge recht werden kann, ob er sich genügend mit dem Studium der neuen Gesetzgebung beschäftigt, ob er auch unter der Herrschaft der neuen Gesetzgebung den Pflichten der angestrebten Stellung nach jeder Richtung vollkommen gewachsen ist und ob man an nehmen kann, daß er in der ganzen Ueberlritungszeit in seiner Stellung werde bleiben können. Oesterreich-Ungarn. Tie deutsche Sprache; LocialiftischcS * Wien, 26. Februar. Der akademische Senat der Wiener Universität beschloß, daß sämmtliche Eingaben in Universitätsangelegenheiten in deutscher Sprache verfaßt seia müssen. * Pest, 27. Februar. Die Polizei verhaftete gestern Abend eine große Anzahl Socialisten in ihrem Stamm local, dem „CafS Continental". Frankreich. Hetze gegen da- Ausland. * Paris, 27. Februar. Im Allgemeinen herrscht heute in der Presse ein ruhiger Ton. Doch werden von gewissen Organen die auswärtigen Journalstimmen, insbesondere die Aeußerungen der deutschen und belgischen Presse, zu einer Hetzcampagne gegen daS Ausland benützt. Die unabhängigen liberalen Blätter führen die NullitätSzründe an, die aus dem Verfahren vor dem Schwurgerichte hervor gehen, und wollen nunmehr eine Entscheidung der obersten Instanz abwarten. Aber einstimmig kommt die Ansicht zum Ausdruck, daß trotz der Verurtheilung Zola'S und trotz der gestrigen Drohrede MLline'S die Campagne noch nicht zu Ende sei. UebrigenS erklärt sich heute Rochefort ent schieden gegen die Schaffung strengerer Preßgesetze. vberstlteutenant Picquart. * Pari-, 27. Februar. Hier verlautet, Picquart be absichtige, in türkischeDienste zu treten. Von mehreren war rosa mit daran gewirkten Kanten in feinen Farben drapirt. Die Baronin hatte die Stoffe selbst in Wien gewählt, das sie auf der Durchreise berührte; jetzt kam sie von Ischl und die Prinzessin von Schlangenbad, 'da traf man hier zusammen. Ottilie fragte den Inspektor, ob er die Prinzessin schon kenne. „Oa ja", entgegnete er lachend, „im vorigen Frühjahr hatten wir ja das Glück, die Bekanntschaft der hohen Frau zu machen. Zch hoffte mit dem alten Baron, die Gnädige habe an dem einen Male genug, aber — solche Ehre ist nie zu theuer bezahlt." Ottilie wunderte sich über dir Ausdrucksweise des Beamten, schwieg aber urw folgte der in BewundevungsauSrufm un erschöpflichen Liess durch alle Räume. Ueberall fürstlicher Luxus, die Durchlaucht sollte nichts Gewohntes vermissen. ' Ottilie war froh, als die Besichtigung beendet war, sie ver ursachte ihr mehr Pein als Vergnügen. Sie stand am Fenster, als die Equipagen der Ankommenden vorüber rollten. Es war um die fünfte Nachmittagsstunde, die Sonne schien hell, und dichte Staubwolken hüllten di« Wagen ein. Die Karosse mit den Damen kam zuerst, vierspännig heute und mit einem Spitz reiter voran. In grau« Starckmäntel gehüllt, die Reischüte mit Schleiern umwunden, saßen der fürstliche Gast und dir Baronin in dem'Wagen; in dem nächsten folgten Fräulein von EichSfeld mit der Dame der Prinzessin und «der junge Baron auf dem Rücksitz. Die Dienerschaft und die hochgrthllrmten Gepäckwagen machten den Schluß. Mochte daS eine Unruhe und «in Wirrwarr geben drüben — Ottilie lehnte müde und gelangweilt am Fensterpfosten. Ihr war so unruhig zu Muthe, sie hatte zu nichts Lust, weder zur Arbeit noch zum Lesen, ihre Gedanken schweiften fortwährend ab. Ludwig war im Herrenhause, der Inspektor hatte ihn gebeten, ein wenig mit nach dem Rechten zu sehen, und es quälte st«, daß er dort war. Er halt« ebenso wenig mit den Menschen zu thun wie sie. Am nächsten Mittag sprach Ludwig einen Augenblick vor. Er war noch immer drüben in Anspruch genommen, die Baronin hatte ihn rufen lassen und hunderterlei Anliegen an ihn gestellt. „Sie ist ja ziemlich unverfroren in dieser Hinsicht", sagte er lachend, „und wenn man irgend ausweichrn kann, muß man sich hüten, ihr in die Hände zu fallen. Ich konnte nur leider nicht avsweichen. Und derweilen plagt sich mein Alter auf dem Felde bei der Ernte." Er sah sehr hübsch aus in seinem dunklen Sonntagsanzuge mit der feinen, dlendeetd weißen Wäsche, und sie und Tante Liess gatteten ihn biS M Hau-thür. ntM «mim Gi- da» thun", sagt» sie schmollend, „Sie brauchen doch nicht auf jeden Wink für die Baronin da zu sein, noch dazu, wenn es Ihnen gar nicht paßt." Er zuckte die Achseln. , „Rücksichten habe ich immerhin zu nehmen", entgegnete er, „es ist eben die Gutsherrschaft." Er bemerkte die Verstimmung und versuchte, ihr in die Augen zu sehen. Sie wich aber seinem Blick aus. Halb verdroß es, halb freute es ihn. Sie entbehrte ihn augenscheinlich, sein Thun und Lassen war ihr nicht gleichgiltig. Ihm kam ja dieses Intermezzo auch gründlich in die Quere, es schob ihm sein Glück hinaus, na — jedenfalls währte dieser Trubel nicht lange, solch ein fürstlicher Gast blieb höchstens ein paar Tage. Mit einem unterdrückten Seufzer ging Ottilie ins Haus zurück, es war wieder so öde. Das Wetter war wunderschön, die Sonne leuchtete in ihrer vollen Pracht, das ganze Dorf sah festlich aus. Dor jeder Thür war gekehrt und grüne Büsche an die Hauspfosten gesteckt worden wie zum Pfingstfest. Auf den Dielen war frischer Sand gestreut, und alle Wege im Bosket und um das Herrenhaus waren frisch geharkt. Ottilie war es zu eng im Hause, und sie wagte sich doch nicht hinaus. Es packte sie wieder die kindische Furcht und Scham von damals. Am anderen Morgen in der Frühe trat sie einen Spaziergang an. ES war schön und so thaufrisch, daS erquickte. Sie vermied wieder ängstlich den Park, sie lief weit ins Feld. Ihr schwarzes Trauerileid hatte sie noch nicht abgelegt — in wenigen Tagen war'S ein Jahr seit der Mutter Tod, sie trug schon hin und wieder ein helleres Band, und heute Morgen steckten ein paar frische Rosen in ihrem Gürtel. Sie hatte sie auf dem Sims vor ihrem Fenster gefunden und wußte wohl, wer sie ihr gebracht hatte. Die bog in den schmalen Pfad ein, der zum Kruge führte, sie wollte Mutter Heidemann einen guten Morgen wünschen. Ludwig war sicher schon auf dem Felde. Sie war rasch ge gangen, und ihre Wangen waren frisch geröthrt, leichtfüßig eilte sie die Stufen im Schatten der Linden hinauf. Da prallte sie plötzlich zurück. Eine ganz fremde hohe Stimme schlug an ihr Ohr und ein seltsames, Helles, leichtes Lachen. Ihre Füße blieben einen Moment wie angewurzelt, dann war ihr nächster Impuls, schleunigst Kehrt zu machen und zu entfliehen. Aber es war schon zu spät. In der Thür, zwei Schritte vor ihr, standen die Eichsfeld und eine Fremde. Es gehörte nicht diel Combinationsgabe da zu, zu errathen, daß es die Frau Prinzessin war. Ein hochgeschürzte» weiße» Moraenkleid von elfenbeinfarbenem Stoff mit reicher Stickerei, bauschig Arrmeln und allerlei Schleifen und Schnörkeln umhüllte die kleine, aber nicht mehr zierliche Gestalt. Der lose Anzug, der die Formen nicht ein preßte, verrieth die für die Kleinheit des Wuchses überreichliche Fülle, das Antlitz der Dame entbehrte jeglicher Frische. In der nüchternen Morgenbeleuchtung sahen die Züge welk und der Teint grau aus. Sehr Helles, röthlich blondes Haar umrahmt« in Löckchen, die in die ohnehin schon niedrige Stirn fielen, den Kopf mit der Stumpfnase und den ungemein Hellen, blauen Augen. Hinten war das Haar in einen losen Knoten aufgesteckt, der unter dem mit weißem, klarem Stoff garnirten Schäferhute hervorlugte. Lange dänische Handschuhe von gelblicher Farbe bedeckten die Hände und Arme. Sie redete mit der Krugwirthin, deren volles Gesicht hinter ihr sichtbar war, sehr leutselig und scherzend, versuchte sich unbe hilflich in dem Dialekt der Gegend und lachte hell auf über ihr eigenes Ungeschick. In diesem Moment wandte sie sich um, und ihren Lippen entfuhr ein: „Ah!" Sie hob die langstielige Lorgnette, welche ihr am Gürtel hing, an die Augen und fixirte das erröthende Mädchen, welches in richtiger Vermuthung über den hohen Rang der Frau einen tiefen Knix nach den Regeln der Etikette machte. Das schien die hohe Frau sehr zu überraschen. „Ah, wer ist denn dies? Welch ein Anblick hier auf den ländlichen Gefilden — wie heißen Sie, Kleine?" Ottilie war sehr verwirrt, sie wünschte sich im Stillen dahin, wo der Pfeffer wächst. Emily von Eichsfeld trat gewandt heran und stellte das junge Mädchen vor. „Eine Enkelin des früheren Müllers im Dorf, Durchlaucht, und Tochter des ehemaligen Gutsbesitzers Röpke, welche sich hier bei den Schwestern ihres Vaters aufhält." „Ah! Wo ist denn ihr Vater und ihre Mutter?" Die Durchlaucht äußerte sich lebhaft interessirt, sie setzte sich auf die Bank draußen unter den Linden und winkte Ottilie zu sich heran. Die Fragen regneten mit rücksichtsloser Bestimmt heit von ihren Lippen, kreuz und quer, bis sie so ziemlich dm Sachverhalt und Zusammenhang ergründet hatte. Sie wandte sich dazwischen häufig an die Eichsfeld, machte auf französisch allerlei Bemerkungen, wie reizend, wie entzückend die Kleine sei, eine Rose auf dem Misthaufen, wie sie sich mit geringer Umschrei bung ausdrückte, und setzte dann ihr Examen fort. Ottilie stand wie auf Kohlen, ihr war das Französische ge läufig und keine der Nebenbemrrkungm entging ihr. Zuletzt brach die Prinzessin in ein sehr laute», durchau» nickt «tikelten mäßige» Lachen au» und bemerkte den Jrrthmn, in dem st« stch „In dem Bernerschen Institut in Weimar sind Sie erzogen worden, ha! ha köstlich! — Da haben Sie also all die niedlichen Sachen verstanden, die ich über sie sagte. Ei! «i! da müssen wir wohl der bösen Eitclkeitssaat Vorbeugen, wer konnte das aber auch ahnen, Kind, Ihr Leben ist ja ein Roman. Eine ver wunschene Schöne, la belle et la HSte — wo ist dmn la dßte, denn natürlich haben Sic hier schon einen ländlichen Anbeter gefunden, so einen Koloß, der Sie taps taps als sein Eigenthum in seine Höhle tragm will. Ha! ha! ha! wie purpurn das süße Gesichtchen glüht. Hab ich Sie erschreckt, vaignormo, ja, ich bin garstig. Sie haben ganz recht — aber wie interessant, wirklich einmal etwas Anderes als ioujour perckrlx!" Sie zog das jetzt in seiner Verlegenheit und V-rwirrung ganz hilflose Mädchen zu sich heran, nahm ihr dm Strvhhut vom Kopfe und strich mit ihrm weißen, ringgeschmückten Händen, von denen sie die Handschuhe abgesireift hatte, durch das köstliche Blondhaar. Ein Sonnenstrahl, der durch die Lindenkronen fiel, spielte darüber hin, und es schimmerte wie gesponnene- Gold. „Köstlich! Sehen Sie, liebe Eichsfeld, daS ist jugend-schöne unverfälschte Natur, mixnonne, da» leiden wir nicht, daß Sie hier im Verborgenen verblichen, nein, nein! Ich glaube, wir leiden es nicht." Sie neigte ihren Kopf und blinzelte den neuen Schützling schelmisch an. „Wissen Sie, wer ich Lin?" fragte sie. Ottilie stammelte schüchtern: „Ich vermutihe, Ihre Durchlaucht, die Frau Prinzessin", und küßte ihr ehrerbietig die Hand. „Richtig, Mein«, also daS hat das kluge Köpfchen gleich herausgebracht, nun — wir sehen uns weiter. Wie ist es, liebe Eichsfeld, Sie wissen um die Tagesordnung, sagen wir nach dem Lunch oder besser heute Abend nach dem Diner, um welch« Zeit also?" „Die Mittagstafel ist um 5 Uhr angesetzt", berichtete Emily. „Um 5 Uhr, gut, dann kommen Sie um 7 Ubr, da haben wir jedenfalls rin Stündchen frei. Um 7 Uhr also, Fräulein, Fräulein — ja, wie war Jbr Name doch — Röp — Röpke — stellen Sie sich pünktlich ein, wir müssen uns näher kennen lernen." Mortsetzun- folge.)
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