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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.11.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961112018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896111201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896111201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-12
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
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«8b »erde „in der Hauptsache eine parlamentarische Zusammen kunft" sein. Um diese Meinung irrtbiunlich erscheinen zu lassen, weist da- Organ der Parteileitung aus die Zusammen setzung des die Mehrheit der „Delegirten" bildenden Vorstandes des WablvereinS bin, der „zu fast zwei Dritteln aus durch freie Wahl der Parteimitglieder im Reiche vele- tzirten Parteimitgliedern" bestehe. Wenn das richtig ist, so ist in der Bildung des Vorstandes neuerdings eine Aenderung eingetreten, von der die Oesfentlichkeit nichts erfahren bat. Nach den letzten officiellen Bekanntmachungen besteht der Ausschuß des WablvereinS aus 53 Mitgliedern, von denen 24 von Parlamentariern und 29 von den einzelnen Provinzen bezw. Ländern gewählt sind. DaS sind kaum mehr als die Hälfte Nichtparlamentarier. Nun haben allerdings noch „Vertrauensmänner" für die Provinzen Zutritt, wie viel, wissen wir nicht. Aber diese Vertrauensmänner sind gleichfalls vom Vorstand bestellt, der also tbatsächlich diesen „Delegirtentag" theilS repräsentiren, tbeilö ernennen wird. Die „Cons. Corr." macht dem „Vaterland" noch zum Vorwurf, daß eS die mit wenigen AuSnabmen zu den Nichlparlamentariern zählenden „delegirten", d. h. geladenen Vertreter der Parteipresse nicht in Rechnung gezogen bade, aber das sächsische Blatt wird wohl wissen, daß diese Herren nicht zahlreich genug sind, um den von ihm gekennzeichneten Charakter der geplanten Veranstal tung zu atleriren. Es ist also von einem „Parteitage" keine Rede, was die „Cons. Corr." jetzt auch selbst bemerkt. Man hätte keinen Anlaß, sich mit der Beschaffenheit der Versammlung zu beschäftigen, wenn nickt die„Kreuz;tg." nack der Anberaumung deS nationalliberalen Parteitages höhnisch bemerkt hätte, dergleichen zu unternehmen, sei keine Kunst, sondern Mache. CS scheint aber dock, als ob der konservativen Partei das „Leichte schwer", allzu schwer gefallen sei, denn daß der Wunsch nach einer Versammlung von wirklichen Vertretern der Parteigenossen im Reiche innerhalb der Partei vorhanden gewesen war, ließ sich aus den Ausführungen ces „Vaterlands" unschwer erkennen. Eine „öffentliche Volksversammlung" soll allerdings stattfinden und zwar in Dresden. Die Wahl der Stadt ist bemerkenSwerlb. Solche Versammlungen werden, wie es gar nickt anders sein kann, ganz überwiegend von Bewohnern des Versammlungsortes und der nächsten Umgebung besucht. Wenn man nun die Hauptstadt desjenigen Bundesstaates wäblt, in dem die conservative Partei zuerst und am entschiedensten auf dem auf Tivoli betretenen Wege Halt ge macht bat, so liegt doch die Vermutdung sebr nabe, die con servative Gesammtleitung sei sich bewußt, öffentlich nur dort bestehen zu können, wo der Eindruck ihres Verhaltens durch landschaftliche Besonnenheit sehr erheblich abgeschwächt worden ist. Q Berlin, I I. November. Die amtliche Bekanntmachung, daß die zwanzigprocenlige Tarifermäßi gnug für Dünge mittel von dem 1. Mai 1897 auf weitere fünf Jahre in Kraft bleibt, wird in den landwirtbschaftlicken Kreisen mit großer Befriedigung ausgenommen werden. Sie beweist, daß die Regierung, trotz der von den agrarischen Slimmsübrern erhobenen Anzweiflungen ihres guten Willens, in der An wendung der „kleinen Mittel" unbeirrt forlzufabren gewillt ist. Die Maßnahme der Staatsregierung ruft ferner wieder ,n Erinnerung, daß vor zwei Jahren die Anregung im Abgeordnetenhaus»?, durch die Ermäßigung der Düugertarife die Nothlage der Landwirthschaft zu erleichtern, von national liberaler Seite ausging. Die in Aussicht gestellten Be- lanntmachungen der Eisenbahndirectioncn dürften in einer Auszählung der von diesen Tarifermäßigungen berührten Düngemittel bestehen und in der weiteren Mitthcilung, baß bei Düngerkalk, Mergel und Cbuisalpcter auch der Nachweis der Verwendung zu Düngezwccken verlangt wird, wenn die Tarifermäßigung in Kraft treten soll. Davon entbunden sind landwirthfchaftliche Vereinigungen, bei denen sofort nach der Ausfertigung die Frachtermäßigung be rechnet wird. Andere Empfänger haben nnter Beifügung deS Frachtbriefes mittels einer Bescheinigung einer öffent lichen Behörde oder einer landwirthschaftlichen Vereinigung Lurch die nächste Station der zuständigen Eisenbahntireclion den Nachweis der erfolgten Verwendung zu Düngezwecken zu liefern, worauf dann die Tarifermäßigung zur Auszahlung gelangt. Es ist schließlich nicht ausgeschlossen, daß das Ver- zeichniß der Düngestoffe, für welche bisher die Tarisermäßi- gung galt!, noch eine Erweiterung erfährt. * Berlin, II. November. Der „Vorwärts" berichtet über die Verhandlungen der socialdemokratischen „Preßcon ferenz" vom 8. und 9. d. M. u. A. Folgendes: „Gegenüber vereinzelten Fällen, wo constatirt werden mußte, daß trotz Aufwendung bedeutender Mittel ein nennenSwerlber Erfolg nicht erzielt wurde, konnte doch festgestellt werden, daß in den weitaus meisten Fällen die aus der Parteicasse gegebenen Gelder die angeslrebte Wirkung erreicht haben, und die betreffenden Blätter dadurch in die Lage gebracht wurden, nunmehr aus eigener Kraft sich zu halten. Allseitig betont wurde, daß die Grenze der Unterstützungs möglichkeit für die Parteipresse in dem letzten Jabre überschritten worden ist, und daß gleich hohe Summen nicht mehr gegeben werden sollen. Man sprach sich auch gegen nicht genügend vorbereitete Neugründnngen von Blättern aus und empfahl den bestehenden Blättern, bei Umänderungen, Vergrößerungen rc. möglichst vorsichtig zu sein. Beschlossen wurde, vaS Format oer illustrirten Unterhaltungsbeilage „Neue Welt" zu ver größern, dagegen dieselbe von Neuzahr ab wieder achtseitig, statt wie in letzter Zeit zwölfseitig erscheinen zu lassen . . . Weiter wurde die Schaffung eines BureauS zur Lieferung selbstständiger Parlaments-Berichte für unsere Partei presse beschlossen und die Parteileitung mit der Ausführung dieses Beschlusses betraut. Um unsere Provinzialpresse in Zukunft rascher zu informiren, wurde beschlossen, daß die politischen Mittheilungen de» „Vorwärts", in besonderen Abzügen, bereits mit der Abenbpost versandt werden sollen, so daß sie sich schon am Morgen oder doch im Laufe deS Vormittags in den Händen der meisten Nedactionen be finden . . K. Berlin, II. November. (Telegramm.) Die für heute Mittag beabsichtigt gewesene Vereidigung der Recr Uten der in Berlin, Cbarlottenburg, Spandau und Gr.-Lichterfelde garnisonirenden Gardekruppen wurde auf Befehl des Kaisers abbeslellt. Voraussichtlich sinder dieselbe im Falle günstiger Witterung morgen in den ersten Nackmittagöstunden >m Lust garten vor dem hiesigen Schlosse statt. — Großfürst Wladimir von Rußland wird beute Nachmittag gegen 5Vr Uhr in Wildpark eintreffen, im Neuen Palais Wohnung nehmen und morgen Nachmittag den Kaiser zur Hosjagd nach Letzlingen begleiten. (Daß auch der Reichskanzler sich dorthin begeben wird, ist schon erwähnt. Red. d. „L. T.") O Berlin, N. November. (Telegramm.) Das Staats Ministerium kielt heute Nachmittag 2 Ukr unter dem Vor sitze I)r. v. Boetticher's im Reichslagsgebäude eine Sitzung ab. L. Berlin, N. November. (Privattelegramm.) Die „Berl. Börs.-Ztg." schreibt: In parlamentarischen Kreisen ist die Rede davon, daß sofort nach der Rückkehr des Reichs kanzlers der Ausschuß des BunSesraths für auswärtige Augelruenlicitcu zu einer Sitzung berufen werden würde. Dieser Ausschuß, in dem Bauern den Vorsitzenden stellt, ist unseres Erinnerus während ter Amtsführung Bismarck's nur zweimal znm Zwecke materieller Verhandlungen be rufen worden. (?) 8. Berlin, II.November. (Privattelegramm ) Die „Post" berichtet: Der BunSesrath hat Keule Vormittag die lL'tals-Brrathuust beendet. W»e wir hören, sind die Forde rungen für die Erhöhungen der Beamten- und Officiers- Besoldungen, für die bekanntlich Pauschalsummen ein gesetzt waren, in dem Etat gestrichen. Sie dürsten nach weiterer Berathung im Bundesratbe später dem Reichstage in Form eines Nachtrags-Etats zugehen. L Bcrliu, N. November. (Privattelegramm.) Wie ein Berichterstatter meldet, ist von vr. Karl Peters an den Vorstand der Abtbeilung Berlin der Deutschen Colonial-Gesellfchaft aus London folgendes Schreiben gelangt: „Sehr verehrte Herren I Gestatten Sie mir, Ihnen meinen verbindlichsten Tank auszuivrecheu für die herzlichsten und ver trauensvollen Worte, welche Sie die Güte hatten, an mich zu richten. Zu einer Zeit, da ich in der dreistesten Weste mit verläumderischen Anschuldigungen verfolgt bin, von einer Stelle, welcher wir gewohnt sind, nach den Traditionen des preußischen Beamtenthums Glauben zu scheuten, und bevor es mir selbst gestattet ist, hierzu öffentlich und vor der ganzen Welt meinerseits Stellung zu nehmen, thut cs mir doppelt wohl, den Ausdruck des Vertrauens von meinen alten colonialpolitischen Freunden in Deutschland zu empfangen. Ich bin derselbe, der ich seit dem Jahre 1884 gewesen bin, und hoffe, Ge legenheit zu haben, oies noch durch Thatcn zn beweisen. Auch wird es keiner Jntrigne gelingen, mich von der Bahn abzulenkcn, welche ich für die Entwickelung unseres Volkes als die richtige halte. Wenn ich hierbei nach wie vor Unterstützung in der Heunath finde, wird auch der Erfolg schließlich nicht ausblciben. In dieser Uebcrzeugung bleibe ich rc." Die „Nat.-Ztg." findet den Ton dieses Schreibens An gesichts der bisher nicht widerlegten Beschuldigungen gegen Üi. PctcrS durchaus unangemessen. ö. Berlin, II. November. (Privattelegramm.) Am gestrigen Luthcrtage bat der Evangelische Bilnö vier große Feiern veranstaltet, die sich eines zahlreichen Besuches zu erfreuen batten. K Berlin, ll. November. (Privattelegramm.) Die natioualliberalc Reichstagsfraction und der VentralvorstanS der nativualliberalen Partei sprachen entgegen dem Beichluß ces Mainzer nationalliberalen Parteiauöschusses, bei der Reichstags-Stichwahl Wahlenthaltung zu beobachten, die Erwartung aus, daß die Mainzer Parteigenossen den bürger lichen Candidaten gegen den Socialdemokraten unter stützen werden. — Zur Kennzeichnung des verstorbenen Cardinals Hohenlohe wird der„Weser-Ztg." der folgende charakteristische Zug mitgetheilt, der tem genannten Blatte von dem berühmten verstorbenen Kirckenbistoriker C. von Hase berichtet worden ist: Hase kam läufig nach Rom und halte auch unter den Männern des Vatikans viele Bekanntschaften. Zu diesen zählte vor allen der verstorbene Cardinal. Derselbe führte ihn bei einem Besuche einmal in sein Musikzimmer, setzte sich ans Clavier und spielte das protestantische Schutz- und Trutzlied: „Ein' feste Burg ist unser Gott", und fang es freudig mit. Hase fiel da auch ein, und im hoben Alter stand ihm diese Scene noch lebendig vor Augen. Fürwahr auch ein schönes Bild: der protestantische Kirchenbistoriker, der Verfasser der „protestantischen Polemik", und der Cardinal der römischen Kirche singen dieses Lied und verbinden sich im Geiste Lulber's. — Hohenlohe wußte auch genau, wie ihn die Jesuiten haßten. Er deutele Hase bei einem Besuche einmal an, daß er vor Vergiftung durch die Jesuiten auf der Hut sei. Dieses war wenigstens der Sinn des Aus spruches, den Hase vertrauten Schülern einmal mittbeilte. Nun sind die Beiden zu den Tobten entboten, und das eben Mitgetbeilte wird keinen von ihnen in der Achtung der Nachwelt zurücksetzen. Ob Rom noch viele solcher humanen Carvinäle hat? — Die „Nat.-Ztg." macht darauf aufmerksam, daß eine Anzahl dem Reichstage angebörender Beamten, ins besondere Richter, welche Mitglieder deS CentrumS sind, es abgelehnt haben sollen, während der viermonatigen „Vertagung" ihre amtliche Thätigkeit aufzunehmen. — Die Freisinnige Volkspartei wird im preußischen Landtag einen Gesetzentwurf einbringen, dessen einziger Paragraph lautet: Die auf dem märkischen Provinzialrecht, insbesondere der Visitation?- und Consisiorialordn ung deS Kurfürsten Johann George von 1573 (Mhlius, Band I, Abtbeilung I, Seite 273) und der Flecken-, Dorf- und Acker- Orcnung vom 16. December 1702, beruhenden Verpflichtungen der bürgerlichen Gemeinden bezüglich der Bauten und Repa raturen von Kirchen-, Pfarr- und Küstergebäuden werden aufgehoben. Die bezüglichen zur Zeit bestehenden Ver pflichtungen der bürgerlichen Gemeinden geben auf die Kirchengemeinden über. — Wir hatten kürzlich berichtet, daß der Vorsitzende des Westfälischen Bauernvereins, Frbr. v. Landsberg- Velen, fick gegen den Antrag Kanitz und somit gegen die Bestrebungen des Bundes der Landwirthe erklärt habe. Die „D. Tages-Ztg." veröffentlicht zum Beweise, daß dies nickt der Fall fei, ein längeres Schreiben, das Freiherr v. Landsberg an einen Herrn Sänimerinann-Sckcda gesandt bat. Frhr. v. Landsberg betont darin, er sei Mitglied des Bundes der Landwirthe, und fährt dann fort: „Ans meiner Stellung zum Antrag Kanitz habe ich nie Hehl gemacht und nnr hypothetisch geäußert, daß, wenn das Eintreten für den Antcag Kanitz Bedingung für die Mitgliedickast des „Bundes der Landwirthe" sei, ich anshören müsse, Mitgtied des selben zu sein." WaS würde aus dem Bund der Landwirthe, wenn alle seine Mitglieder über den Antrag Kanitz so dächten wie der Freiherr v. LandSberg? - Oldcuburg, 11. November. (Telegramm.) Der Land tag wiederholte mit 30 gegen 7 Stimmen in namentlicher Ab stimmung das Mißtrauensvotum gegenüber den Ministern Jansen und Flor. Minister Jansen verlas einen Protest, in dem die Beschlüsse des Landtages staatsrechtlich für unzulässig erklärt werden. * Posen, 10. November. In der heutigen Stadtver ordnetensitzung wurden 2 Millionen Mark als Zuschuß für die Eindeichung der Warthe behufs Verhütung von Ueberschwemmungen in den unteren Stadrtbeilen PosenS bewilligt, dagegen wurde das Verlangen ter Staatsregierung, die Ausführung des Entwurfs in städtische Regie zu nehmen, abgelehnt. Die Staatsregierung hatte einen Zuschuß von einer Million Mark in Aussicht gestellt, cs aber abgelehnt, die Ausführung deS Entwurfs vorzunehmen. * (Hotha, 10. November. In der gestrigen letzten Land tagswahl im Bezirk Ichtershausen wurde der Social demokrat Schneider Hildebrandt aus Gotha gewählt. Der neue gorliaiscke Landtag besteht auö sechs National liberalen, sechs Freisinnigen und sieben Socialdcmo- kraten. (Magdeb. Z.) * Coburg, 11. November. (Telegramm.) Die Herzogin, der Erbprinz von Coburg, sowie die Großherzogin von Hessen sind von hier nack Darm stadt abgereist. Die Herzogin reist von Darmstadt nach England weiter. k>. Vom Rhein, 10. November. Nachdem bereits in einer Reihe von rheinischen Wahlkreisen die Berichte der Dele girten vom Berliner nationalliberalen Parteitage cutgegengenommcn worden sind und bei dieser Gelegenheit überall die ungetheilte Befriedigung über den Verlauf und das Ergebuiß der Berliner Beratknngen ausgesprochen worden ist, bat diese allgemeine Zufriedenheit mit den Beschlüssen des Delegirtentages nun auch die Bestätigung des rheinischen Centralcomitös erkalten. Die Versammlung des Comitös, die am Sonntag in Köln statlfand, war aus allen Tkeilen der Provinz, auch aus dem bergischen und niederrhcinischen Industriegebiet, sehr gut besucht, von keiner Seite aber ist irgend ein Wort gefallen, das auch nur auf die geringste Unzufriedenheit schließen ließe. Im Gegeutheil war ins besondere die Genugthuung über die auf die Wirtbschafts- politik Bezug habende Resolution allgemein. * Karlsruhe, 10. November. Wie die „Weimar. Ztg.", so siebt auch die „Karlsruher Zeitung" sich genöthigt, zu erklären: „Unsere Artikel, gegen die sich die Hamburger Abwehr richtet, tragen weder einen amtlichen, noch einen halb amtlichen Charakter, sondern entspringen der Initiative der Nedaction." Frankreich. Die Depeschen Kaiser Wilhelm'«. Paris, 11. November. (Telegramm.) „Figaro" stellt heute der Wahrheit gemäß fest, daß während des Zarenbesnchs ein Austausch von Depeschen zwischen Kaiser Wilhelm und dem Zaren überhaupt nicht stattgefunden hat. Wegen der Anordnungen für Nikolaus' Nachweise nach Darmstadt verkehrte er drahtlich einzig mit der Berliner russischen Bot schaft. (Voss. Ztg.) Tas Cabinet Möline. * Paris, 11. November. (Telegramm.) Die radi- calen Blätter wollen dem gegen Möline's Wunsch mit 273 gegen 255 Stimmen gefaßten Beschluß der Kammer, Guille- met'S Vorschlag zur Aenderung der Senatswabl- ordnung für Montag auf die Tagesordnung zu setzen, große Bedeutung beimessen; sie jubeln, die Tage des CabinetS Msline seien gezählt, die Ratten verließen bereits das sinkende Schiff, die Regierungsmehrheit bröckle ab und werde vielleicht schon morgen bei Mirman'S Anfrage über den Rbeimser Katbolikcncongrcß verschwunden sein. Tbatsächlich sind diese Hoffnungen der Radikalen übertrieben. Wo eS sich um den Kampf gegen den KlerikaliSmuS und um die Betonung der Rechte der Kammer gegen den Senat bandelt, da geben immer zahlreiche Gemäßigte mit den Nadicalen; aber okne besondere Ungeschicklichkeit der Regierung braucht ihr auS dieser wohlbekannten Neigung keine Gefahr zu erwachsen. (Voss. Ztg.) geben und hernach ein Beefsteak und eine Flasche Rothwein. Kaum war er satt, als er plötzlich emporschnellte. „Wo ist da- Telephon?" „Hier, bitte im Nebenzimmer." Ugrumoff läutete energisch. „Bitte mich mit dem „Courier" zu verbinden." „Wer spricht?" „Reporter Ugrumoff. Schreckliches Ereigniß. Mord au» Eifersucht. Eine vornehme Dame ist zum Opfer gefallen." „Kommen Sie unverzüglich in die Redaction." „Erst müssen Sie mich auSlösen. Bin halblodt vor Müdig keit und habe hier im Gasthaus gesessen. Schicken Sie den Diener mit Geld für die Zecke. Der Thäter ist ein junger Mann auS den vornehmsten Kreisen." „Sofort I" Ugrumoff setzte sich rasch nieder und schrieb den Bericht. Als der Diener ankam, war das Manuskript beendet, und er warf sich rasch in eine Droschke erster Güte. „Nun?" fragte der Redakteur ungeduldig. „Bitte", rrferviren Sie mir LOO Zeilen und geben Sie mir zehn Rubel." Der Redakteur warf ihm wüthrnd das Geld hin, und Ugrumoff ging an di« Arbeit und lieferte daS Manuskript an den Setzer ab. „Morgen wird daS ein Skandal werden", brummt er. „Der Redakteur wird mich binauSwerfen. Wa» thun? Ich mußte mir Geld verschaffen." Die Beschreibung des sensationellen Ereignisse» zerfiel in drei Capitel. DaS erste trug die Uebrrfchrift: „Ein geheimniß- vvller Mord" und lautete: „Die blutige Ebronik de» Verbrechen» ist um ein Ereigniß reicher. In dem Hause Nr. 85 in der N.-Straße ist ein schrecklicher Mord begaagen worden. Lin angesehener junger Mann, dessen Namen wir vorläufig verschweigen, bat den Dolch gezogen und die glacSbehandschuhten Hände mit Blut beschmutzt." Das zweite Capitel bieß: „DaS Opfer" — und Ugrumoff dachte an die Heldin seines Romans, den der Redakteur nicht veröffentlichen wollte, und schrieb mit fliegender Hast Zeile um Zeile au» der Schilderung seiner Heldin nieder. Das dritte Capitel trug den Titel: „Die Frage". Urgrumoff ließ hier seiner Phantasie die Zügel schießen und schrieb: „Der Mord wurde beganaen, der Tkäter ist gefunden, aber wo ist der Leichnam? Was ist mit dem Leichnam ge schehen? Gebt unS den Leichnam heraus!" Nach vollbrachter Arbeit ging er nach Hause und schlief einen traumlosen, ruhigen Schlaf. Aber als er aufwachte, begann er sich unbehaglich zu fühlen. Heftige Reue begann an seinem Herzen zu nagen, als plötzlich Tritte 'M Vor zimmer laut wurden. „O web", seufzte Ugrumoff, „von der Redaktion!" Richtig war's der Redactionsviener. „Ein Brief vom Rrdacteur." Er erbrach das Schreiben nnd laS: „Rasch einen Bericht. Wir drucken daS 22. Taufend. Die Polizei bat den Mord durch Sie erfahren. Ich habe Skobloff auf den Schauplatz deS Ereignisses geschickt, aber er verwechselt Alle», ich kann seinen Bericht nicht drucken. Der Untersuchungsrichter ist an Ort und Stelle." Ugrumoff drehte den Brief hin und her und la- ihn noch mals durch. Dann fragte er: „Ist unserem Redacteur etwas zngestoßen?" „Nein, Polizisten geben aus nnd ein und sagen, eS sei ein Rätbsel, wie Sie die Details erfahren haben. In der N.-Straße ist ein riesiger Menschenandrang." „Du warst dort? Existirt dort ein Hau» Nr. 85 und ist dort ein Mord geschehen?" „Ja, aber in der Tkürnummer haben Sie sich geirrt, eS ist nickt fünfzehn, sondern zwölf." „Hurrah! Jetzt soll er mir einen amerikanischen Reporter loben. Einen Mord im vornherein wittern und beschreiben, da» ist keine Kleinigkeit." Er rannte auf die Straße. Der erste Polizist rief ihm entgegen: „Sensationelles Ereigniß!" „Ich weiß. Ich sollt's nicht wissen, da ich's doch auS- specnlirt habe?" NI. „Wo ist meine Frau? Wo kann sie sein?" Diese Frage batte Victor NaraSneff die ganze Nacht hindurch gequält, daß er kein Auge schließen konnte. Morgens körte er Schritte im Zimmer. „DaS ist Sascka", dachte er. Aber statt Sascha sab er einen bärtigen Polizeichef eintreten, dem mehrere Polizisten und der Untersuchungsrichter folgten. „Wo ist der Mörder?" fragte dieser. „Hier", erwiderte die Hausmeisterin, auf NaraSneff weisend. „Sie baben Ihre Frau ermordet! Leugnen Sie nickt! Wo ist der Leichnam? Herr Untersuchungsrichter, gehen Sie ans Werk." Die herrschende Unordnung, die unigestürzten Möbel, Alle» bewies nur zn klar, daß hier etwas geschehen war. — Aber wo ist der Leichnam? „Herr NaraSneff, ich muß Sie verkästen. Sie sind deS Morde» angeklagt." Kausen Si< Verlrenkvi (Fortsetzung in der 1. Beilage.) mit seinem volle, d'Hulst, päpstlicher ArchidiakonoS des Bekehrten ziizusühren und dieser größere politische Bedeutung geben. (Boss. Ztg.) inskunstSstl Nelies-WeltI Packhosstr. 1 lag? 9—12 öiitcnt-,hleb Tnchhalle), Jssentliche Universit Wockenta des Som ist geössn abends) ! Annahme nähme d Filiale i geöffnet. Crpcbltiov RcSactiou BuchSruckc Ttto Klein straße 3: Louis Löst Katbarini Kein 6 Und die seit Zcosessoren dec örandl's Schn Mei voUstän! vovsung, hier öiäduilgen rc. «.'Millich nur '.. eile der echi Ertraclc l, 1 Gr., T dstterlleepulve Pillen im nicht eben für ihn ein. Seine Gaben waren auch nicht die auf eine Menge Eindruck machen und zu VolkSthüm- führen. Er war ein grundgelehrter Mann, hatte indes, eigene Gedanken. Er sprach glatt und richtig, doch Bei der B« ördert: der Muldner § ll Hütlenmeis iid der Thl wckner Schr r Hüttenwm u Picehütcen ktztere bei de' um Hüttenwa i-nLanten Tzs ei der Muldn Mgr. d'Hulst s. * Paris, 8. November. Mgr. d'Hulst, Namen Maurice Le Sage d'Hauteroch» Graf Prälat, Generalvicar des Erzbisthums Paris, Capitels von St. Denis, Rector der hiesigen katholischen Hochschule, der (wie gemeldet) gestern, kaum 55 Jahre alt, einem Herzleiden erlegen ist, war eine der ausfallenden Menschenerscheinungrn der Kammer, in der er als Nachfolger des Bischofs Freppel einen bretonischen Wahlkreis vertrat, obschon er ebenso wenig wir jein Vor- ganger mit der Bretagne irgend etwas zu thun hatte, da er, wenn- gleich in Paris geboren, doch aus dem Avignonschen stammte, wie Freppel ein Elsässer war. In seinem Aeußerrn verkörperte er die Vorstellung, die das Volk sich vom Jesuiten macht. Er war hochgewachsen, hager, etwas vorgebeugt, nach katholischem Priester, brauch glatt rasirt, und sein Antlitz mit den schmalen, gekniffenen Lippen, der großen Nase, den kalten, durchdringenden Augen nahm solche, lichkeit wenig ohne Wärme und Schwung. Er war höflich, aber kühl und nie bemüht. Jemand durch Liebenswürdigkeit zu gewinnen. Wenn er trotzdem zu einer führenden Stellung in der ultramontaoen Partei gelangte, so verdankte er dies seiner vornehmen Geburt, seinem Reichthum und seinen großen Familienbeziehungen. Zu einem Bis- thum in Frankreich konnten ihm diese Vorzüge nicht verhelfen; denn die Bislhümer vergiebt die Regierung und diese scheute in ihm einen unversöhnlichen Gegner der bestehenden Ordnung. Aber alle Ehren, die seine Partei zu vergeben hat, häufte sie auf sein Haupt. Sie stellte ihn an die Spitze der Pariser katholischen Hoch- schule und folgte willig seinen politischen und gesellschaftlichen An regungen. Im Pariser Erzbisthum ivar cr allmächtig und er brauchte uur den Wunsch zu äußern, um vom Cardinalerzbischos Richard zweimal als Fastenpredigcr an die Nolre-Dame-Kathedrale berufen zu werden, die von den französischen Katholiken gerne als der erste Predigtstubl der Christenheit bezeichnet wird. Für die romanische Welt mag das auch gelten. Jedenfalls ist mit der Kanzel von Notre Dame das Andenken solcher Größen, wie Lacordaire, Hyacinthe, Felix Mont- habrö u. s. w. verknüpft. Mgr. d'Hulst hatte an dieser ehrwürdigen Stätte wenig Erfolg. Seine klaren, verständigen, trockenen Bor träge langweilten die Zuhörer nnd vertrieben die Gläubigen, die sonst während der Fastcnpredigten die weiten Räume des gothischen Domes znm Erdrücken füllten. Seit zwei Jahren, seit dem Erwachen des „neuen Geistes", befand er sich in einer ziemlich schiefen Stellung. Für ihn war Katholicismus mit Königthum gleichbedeutend. Die Republik war nothwendig die Verkörperung der Gottlosigkeit; der Glaube erforderte, daß Frankreich unter dem Scepter eines Königs stehe. Der Papst bekehrte sich zu einer andern Ansicht. Er begönnerte die Republik und befahl der hohen und nicdern Geist lichkeit in Frankreich, sich olme Vorbehalt der bestehenden Staats form anzuschließen. Dazu konnte Mgr. d'Hulst sich nicht entschließen. Trotz der Pflicht des Leichengehorsams setzte er den päpstlichen Mahnungen und Einschärsungcn stillschweigenden, doch unbeug samen Widerstand entgegen. Er blieb königZtreu und ein Feind der Republik, und sein Einfluß hielt Len rechten Flügel der Ultra montanen davon ab, dem Beispiel der „Bekehrten" zu folgen. Sein Verschwinden vom Schauplatz wird wohl die Folge haben, viele Conservative, die bisher Monarchisten geblieben waren, der Gruppe der zu Nutzland. „knx vvdis". * Petersburg, 10. November. Interessant ist ein heutiger Mahnruf der russischen „Petersburger Zeitung", es sei für die Franzosen endlich an der Zeit, ihre Revanchegedanken aufzugeben und vergessen zu lernen. In diesem pax vodi8 überschriebenen Artikel heißt eS wört lich: „Huben wir Russen daS Jahr 1812 und Scbastopol nicht vergassen oder hat Oesterreich etwa nicht 1866 ver gessen? Und bat denn Deutschland in der Vergangenheit nickt auch Niederlagen erlitten? Wir sind überzeugt, daß, wenn man sich in der Frage einer Aussöhnung zwischen diesen beiden Völkern an den Kaiser von Rußland um Hilfe wendete, nachdem man sich von der Legende losgesagt hat, daß Fran zosen und Deutsche nur Haß gegen einander hegen können, diese Vermittlung gern geleistet werden würde. Mögen es die Völker Europas wissen, daß nur der Kaiser von Rußland allein den beiden Volkern sagen kann: paxl Schweiz. Ein „Jwischcusall". * Bern, 11.November. (Telegramm.) Der Gärtner der französischen Gesandtschaft in Bern, ein geborener Berner, weigert sich, die Gärtncrwohnung im Gesandtschafts garten zu verlassen, da ikm nicht in gesetzlicher Frist gekündigt wurde. Die Gesandtschaft drokte, sie lasse den Gärtner durck französische Gendarmen in Civil aus dem Gesandtschafts gebiet entfernen, wenn er nickt Keule freiwillig gehe. Die Berner Regierung ließ ofsiciös erklären, sie müßte Polizeihilfe verweigern, da der Gärtner nur auf Grund eines Berner Gerichisurtbeils polizeilich auS seiner Behausung gebracht werden könne. (Voss. Ztg.), Im selben Moment stürzte Ugrumoff herein. „Ich bin der Reporter deS „Courier«." „Ab, Sie sind der! Um wieviel Uhr haben Sie Ihren Bericht eingeschickt?" „Um elf." „Ab, und daS Verbrecken ist erst um zwei Uhr Nachts geschehen, denn der Hausmeister bat gehört,wie sich das Ehepaar um diese Stunde gezankt hat. Wie konnten Sie das um elf Uhr schon wissen?" „Das ist eben meine Reporterkunst, Herr Richter. Ich habe es voraus gewittert." „Sind Sie ein Prophet?" scknaubte ihn der Richter an. „Wachmann, verkästen Sie diesen Herrn. Er ist einer der Mitschuldigen. Er selbst hat sich verrathen. Da Sie so ein Meister im Erratken sind, können Sie mir nicht sagen, wo sich die Leiche befindet?" „Nein!" „Narasneff, gestehen Sie, Ihre Frau getödtet zu haben?" „Ich — meine Frau? Herr, ich bin Ritter deS WlakimirordenS und GerichtSassessor. Halten Sie mich für einen Mörder?" „Wo ist also Ihre Frau? Antworten Sie. Wo ist ihre Leicke?" Im selben Moment wird die Thür ausgerissen und die gesuchte „Leiche" stürzt herein. „Sascha, süße Sascha — man beschuldigt mich hier ..." „Victor, verreih mir, ich bin an Allem Schuld", schluchzt Sascha, in die Arme ihre» Gatten eilend. „Ich hab'» errathen", brummte Ugrumoff. in iüst zu haben leicht zu erlern 'MWLSS »s vrürts «icke cke» Mktrkeho-, I.
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