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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931213023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893121302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893121302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-13
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
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Abend-Ausgabe. timigcr.Tageblatt Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. A»Heige»»PAeriA die 6 gespaltene Petilzeile -0 Psg. Meckamea unter demRedaclimoSftotch (<««» spalten) 50-^. oor den Aa»ili«naachrichira («gespalten) 40^,. Größere Schriften laut ««ieretn Prrie- verzeichnitz. Tabellarischer und Zrsferujas nach tzötzerem Tarif. Ertra-VeilagNt (gesalzti, nur mit der Morgen - Ausgabe. ohne Postbeiörderu.g W—, mlt Postbeförderu», 70 —. Auuaikweschlvk für Anzeigen: Abend-Au-gab«: Vormittag» 10 Udr Marge»-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- and Festtag» früh ' ,9 Uhr. Bei den Filialen und Äanadinestelleo je eine halbe Stund« srüher. Gnzetge» sind stet» an die GgDeDtti«» zu richte». Druck und S«iag von E. Polz i» Leipzig. ^635. Mittwoch dm 13. Decembcr 1893. 87. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Letptig. 18 Tecember. Wie oorau-zusehen war, giebt sich da« Centralorgan «r»e»tkchenL«ci»1He»»«kr«ttr, der „Vorwärts", in seiner 2es»«chang de« Pariser-Kamme r-Attentat« milder «s-eirizfttn Miene von der Welt den Anschein, als ob er tie zoiß Geschichte dcü Aufheben« nicht für werth halte, welche« von ihr gemacht werde. Die „Eile, mit der dir eimfiische Rcaction da» Ereigniß zu fructificircn sucht", kommt tv» socioldtmokratischrn Centralorgan „löckst verdächtig" vor, wl e« giebt zu verstehen, daß in Wahrheit gar kein Zzuiizwmbenattentat, sondern wohl nur eine Spielerei mir .zaenverkskörpern" vorliegc. Gutgläubige Leser de» „Bor- «rll' müssen daraus unfehlbar den Eindruck gewinnen, des neu eS auch hier wieder einmal mit einer bezahlten Lvck- ,'ktzelei zu thun habe und daß der „von der herrschende» Mt mcnopolisirte" Nachrichtendienst nur darum au» der Me einen Elcphanten macke, damit mau der verhaßte» Locioltemvkratie etwa« am Zeuge sticken könne. Don sitl- lchrr Entrüstung über den anarchistischen Mordbuben al sein Derbrechen keine Spur, so sebr dte Geschichte den «rltemokralischea Parlei-Pfründeninbabern auch gegen den «nch gehen mag. Offenbar ist e- ihnen nur zu wobl de- ^1. daß die Anarchisten Fleisch von ihrem Fleisch und Blut n» ibrem Blute sink. Wagt man e« auch picht, au» Furcht «er Polizei und Staatsanwalt, das Verbrechen direct in stutz zu nehme«, so erklärt man da» Ganze doch für einen lommenjuogenstrrich, nicht Werth, daß ernste Männer sich -«zetzeuder damit befassen. Auf diese Art schlägt der .SowärtS" zwei Fliegen mit einer Klappe ; er salvirt sich IM den Rücken nnd schläfert bei den von ihm journalistisch diluate» Arbeitermasten da« Gewissen immer mehr und «drei», bi« Liese endlich auch angesichts der scheußlichsten Lertiftevsrevel vom Gefühl der vollkommenen „Wurstigkeit" utl »erlassen werden. Ditstr Einscktlaseruug der Gewissen »ß «us dir «ine oder andere Werse ein Ende gemacht «rle». wenn die von den. Anarchisten- drohend« Gefahr nichl nchezrotz emporwacksen soll. - Lnw man den Schnrckengang der Verhandlungen der tchlsche» Kammer über da« Wahlgesetz beobachtet, dann «Ile man meinen, die Regierung und die Rechte hätten e» iuaf abgesehen, die allgemeinen Wahlen im Jahre 1891 Möglich z» machen. Nachdem volle drei Jahre auf die laiwn de« Art. 47 der Verfassung verwendet waren, befand »S Ministerpräsident Bceroacrt iu der Nolhwendigkeit, den komern einen überstürzten, unvollständigen und ver- vitcken Wablgesehentwurf vorzulegen. Wie mangelhaft ttrstldt aber auch sein mag, so muß er doch endlich erledigt meita. Die Regierung hat aber offenbar die Absicht, dir Lüotle cndlo» io die Länge zu ziehen. I« geradezu ver- „oiswidriger Weise hatte der Minister De Burlrt eS sich o dev Kopf gesetzt, den Ausschluß der geschiedenen Ehegatten von dem den Familienvätern »ustehenden Rechte der drei- jHe» Stimmenabgabe zu verlangen. Die Linke konnte ach! anders, als ihre Pflicht thun. da« heißt den Absichten t« Negierung einen allerdings nutzlosen Wioerstand ent- Mhesen. Da« praktische Resultat par, daß die klerikale ÜWlilil nach sechs oder sieben verlvrruen Sitzungen und einer idemaligen Verzögerung der Abstimmung über daS Wablgesrtz nt dnjlusstellulig der Wählerlisten demAntragr der Regierung iba twh deipflicktelc. Die ganze politische Lage ist gegenwärtig Madig abnorm. Der Ernsu-wahlkörp«r eristirt nicht oür.und der Wablkörper de» allgemeine« Stimmrechte« kN-irt noch nicht. Wenn e« nun zwischen der Krone und stn» Xathgebern zu einer MclnuiigSverschiedenbeit kommt, dann ist der König eine« seiner wesentlichsten Vor rechte beraubt: des Rechte«, die Kammern aufzulösrn und Neuwahlen einzuberufen. Die Krone ist, mit andere» Worten, der Willkür brr Regierung preiSgegrdr». Jede Verlängerung einer derartige» Lage bedeutet eine große Gesabr sür da« Land. Den Kammer» erwächst daraus die Pflicht, sobald als möglich da« Wablgesetz zu erledigen, da andernfalls die Aufstellung der Wählerlisten nickt ge- säbrdet — denn da« ist sie schon —, sondern gau; unmög lich würde. Au» dürste der heutige Tag die Nachricht von der vollständigen Bildung de« Cabinel« CriSpi bringen, da« offenbar ein „große«" Cabinet aus breiter parlamentarischer Grundlage darstellen wird. Uebcr da« Programm CriSpi'S find einstweilen ebensoviel Variationen im Umlauf, al» e« politische Anschauungen in Italien giebt, und diese sind be kanntlich sehr zahlreich. Da« Richtige treffen wohl die, welche eine Politik der Ersparungen und — neuer Steuern ankündigen. CriSpi leitete sie, wie bekannt, bereit« im Januar l89l ein, konnte sie aber nicht mehr zur Entwickelung bringen, da Rudini noch im nämlichen Monate das Cabinet zum Sturze brachte. Seitdem versuchten sich Rudini und Giolitti an der Lösung de» gleichen Problem« und kamen darüber zu Falle, aber Italien gewöhnte sich allmählich an den Gedanken, daß e«, um Ersparungen zu ermögliche», eine Menge überflüssiger und kostspieliger regionaler Institutionen opfern müsse und daß da« neuerlich« Anziehen der Steuerschraube ein unabwend bare« Uebel sei Mau schreibt CriSpi den Plan zu, zur Durchführung der rrsteren Maßregeln sich eine Art Dictatur- vollmackt vo» der Kammer übertragen zu lassen, wa« aller dings allen Kammersiürmen und allem Wettlaufen der Deputirteu um die Gunst ihrer Wähler rin Ende machen und die Bewältigung der Schwierigkeiten berdeiführen würde. Bezüglich der Steuern spricht man von der abermaligen An ordnung der im Volke tief verhaßten, für den Staat aber einträgliche« Mahlstener. E« ist kein Zweifel, daß nur ein Mau» von der Energie mw dem Herrfchertalent CriSpi'S Derartige« wagen darf, für jeden Anderen wäre die Sache von vornherein aussichtslos. Darin jedoch, daß CriSpi bereit ist, trotz seiner vorgerückten Lrbentjahre dem StaatSwvhle Italien« seine ganze Popularität zu opfern, muß man einen neuen Beweis seines hohen Patriotismus erblicken; ihm gilt das Vaterland Alle«, der Einzelne Nicht«. Ueber den italienischen Bankscandal hat man kaum in irgend einem Lande so tugendsam sich entrüstet, wie in Rutzlemd. Jetzt muß dir bekannte Zeitschrift „FrecRussia" eingeslehen, daß die Corruplion iu Rußland auch in den höchsten Kreisen eine grauenerregende ist. So ist in der NovcmbcrauSgabe der Zeitschrift zu lesen: „Das wichtigste Mnimerium vom Ktandpmict der Regierung, nämlich dao SrregSminjstrrium. ist durch und durch cor- rumpirt. Hörigen März wurde ei«» Tbatsache entdeckt, welche ein« förmlich« Panik hrrvoeries. Die famose Neubewafsnung, sür welche während der letzten drei Jahre je 20 Millionen Rubel ouSgegebeu wurden, hat eia höchst melancholisches Resultat ergeben; alte neue« Flinten sind absolatwerthlo» und der Netto- verlast de« Ministerium» beträgt 37 Millionen Rubel. Alles muß wieder von vorn onaesaugen werden. Um da» zu versiehe», muh man den Srad der Devravation kenne», den die Berwaltung des gegenwärtigen Kriegsminister» Waoaowski in de» letzien zedn Jahren erreicht hat. Man wird an die Tage Nicolais erinueri. Diebstahl and Verschleuderung haben in den Regimentern »ine solche Höh« »rreicht, daß viel Tdcllc der Arme« ihalsüchiich Mangel an M«»ition und anderen Bedürfnissen leiden Und während der letzten 6 Monat« sind ähnliche Mihslände im Militair- bezirk von Moskau entdeckt worden." Vielleicht ist die Sache nicht ganz so schlimm; vielleicht übertreibt die Zeitschrift absichtlich, um da» Ausland glauben u mache», die Ausrüstung der russischen Armee mit neuen Gewehren sei mißlunaen. Schwerlich aber ist die sclzende weitere Miltkeilung übertrieben: „Letzten Marz sand eine Gerichtssitzung bei verschlossenen Tburen in Et. Petersburg statt. Herr Rbaza (Mitglied de» Neichsralhs' und Herr Wvschntgrad4ki (der edeinaiige Finanzminister) waren aageNagt. der erstere, in Sveculationen aus da« Fallen des Rubel- co«rse« 11.40000 Rubel verloren zu daben, der letztere, weil er Lbaza s plötzliche Verluste aus der Reichsbank d«ck:e Die An- klage behauptet, daß Abaza im Oktober UM sür 100000 LitrI. englisch Gold mit dem Zahlungstermin am 1. November kaufte und 10000 Lstrl. Garantie deponirte. Da der Rubel um 1.', Proccnt fiel, gewann er 15000 Lstrl. Dadurch ermuthigt, speculirte er weiter aus das Fallen des RubelconrseS und beauftragte den Bankier Rassaiomitich, zuni 13. November 1892 I 000000Lfirl. englisch Gold zu sausen, und devonirte 25OO0Linl. Aber der Rubel, der plötzlich nach dem Aussuhrverbot siel, stieg ebenso plötzlich wieder, so daß der Verlust dos Depositum übertral. Trotzdem sudren Rassalowilsch und Abaza fort zu spielen, La sie hofften, das Steigen des Courses sei nur ein schnell vorübergehendes Stadium. Im Innuar I893 übertras der Verlust die Höhe des Depo- sltumS um 90000 Lstrl. Rassalowitsch verlor nun de» Muth, gab die Spekulation aus und verlangte von Abaza die Rückzahlung der 90000 Lstrl. Abaza wandte sich an WhichnegradSki und dieser beauftragt« di« Reichsbank, die Summe an Abaza ans- zuzahlen. Dabei blieb es, bis Witte Ainanzminisler wurde. Er entdeckte den Betrug und, da er fürchtete, daß die Control beamten auch da« Geheimniß ergründen könnten, versagte er ein auSsührticheS Memoire über die ganze Angelegenheit und legte «S dem Zaren vor. Der Zar setzte eine Special-UntersuchungS commission eiu, die auS folgenden Herren bestand: ReichSconiroleur Filippow, SolSki, PopedonoSzew, Wannowsti und Doronzow-Daichkow. Do nun die Richtigkeit der Klage er wiese» wurde, stellte die Commission einen Antrag aus BersoIgung, den Filippow dem Zaren unterbreitete. Aber der Zar ließ die weitere Verfolgung einstellen und jagt«: „Abnza und Wnichne- gradski find für mich tobt, mit Tobten habe ich nichts zu jMassen". Die „Kreuz-Ztg." bemerkt denn auch zu dieser Erzählung, daß sie richtig sei und daß jetzt der große Einfluß erklärlich werde, den der Finanzminister Witte infolge seiner glücklichen Entdeckong auf reu Zaren gewannen hat. Eine höchst interessante, aus neue Ueberraschungen vor bereitende Nachricht gebt der „Köln. Zlg." au» der serbische» Hauptstadt zu. Don dort wird nämlich dem rheinischen Blatte von bracklenSwertker Seite Folgendes mitgetficilt: „Ter Gang der Ereignisse in Serbien Kat die Ellern des junge» König« äußerst beunruhigt. Milan soll seine Besorgnisse seiner gewesenen Gemahlin i» einem Schreiben mikgetheilt und diese aus Grund dessen sofort in Petersburg Schrille eingeleitet haben, deren Zweck eS ist, dem königlichen Sohne, im Falle eine« ernsten Zusammenstoßes mit dem radikale» Bauernbecre, die Unterstützung de« russischen Hose« zu sichern. Frau Natalie soll au« der russischen Hauptstadt oereitS eine beruhigende Antwort erhalten habe» Die Zarin war eS. die ifir durch eine Vertrauens. Person die Mittdcilung mach» ließ, daß sowohl sie als auch ihr kaiserlicher Gemahl dem jungen Könige ihre aus richtigste Freundschaft bewahrt babe» und daß Alexander lll ihn in keinem Falle im Stiche lasten werde. Was darunter zu verstehen ist, mag aus einer Aeußerung de« Erkönigs bervorgebcn, die er erst vor einigen Tagen im Caf« AnglaiS in Paris gethau haben soll. Milan versickerte dabei einem ihm befreundeten Aristokraten, er seke eS bereits ein, daß die Dinge in Serbien zu einer Katastrophe sübren müßten Gott sei Dank, soll er nun binzugesügt haben, sei sein Sobn für alle Fälle geborgen. Er brauche nicht zu warte», bi« es zum Aeußersten komme. So lange c« gebe, möge er in Belgrad bleiben; drohe ikm aber Gesabr. so würde er sich eine« Tages aufmachen und die guten Serben ihrem Schicksal überlassen. Der Zar sei sein auspatc und werde ihn in Schutz nehmen. Auch sei ein gut dotirter russischer Garde-Osficier beute weil Messer daran, als der jeweilige König von Serb > e n." Leider scklt in der intereffanten Mitlbeilung nur ein .Hinweis darauf, wie >na» fich iu Petersburg die Gestaltung der Dinge in Serbien nack einer Flucht de« jungen König» denkt, oder vielmehr, in welche Babn man die Entwickelung der Dinge daselbst zu lenken versuchen wird. Tic vom Präsidenten Elevclaud vorgcschlazcn« Wieder cinsevung der Königin Liliuokalani von Ha»«tt stößt aus große Schwierigkeiten, sowohl auf den SandwichSiustl« elbsr, wie in, amerilanische» Congreß. Nack einer über Auck lank cingcgangencn Drahtnachricht au« Honolulu vom 24. November sind die Bewohner im Allgemeinen gegen di« Wiedereinsetzung der Königin, und diese Nachrichten decken sick mit anderen Berichten auS Hawaii. Einige Zeitungen veröffentlichen zudem das Gerücht, daß die Kouiam in ikre Wiedereinsetzung selber niebt einwilligen will, wenn sie nicht de» bewaffnete» Beistandes der Bereinigten Staaten gewiß ist. Zu diese.» Sinne spricht sich die „Hawaiian Gazette" au«: „Dir Monarchie wird nicht wieder hergestellt werden, wenn nickt Truppen der Vereinigten Staaten tie Ex-Kön«qin schützen. ES mag kleine Zwiespalte in den Reihen der Hesormpartei gebe», wir find aber beule einiger und entschlossener al« lemals." Wie auS Washington gemeldet wird, soll Prä sident Clcveland gesonnen sein, die Entscheidung in der Hawaiischen Frage ganz dem Congresse zu überlassen «chließlich ist cS sebr gleichgiltig, ob Monarchie oder Republik aus den Inseln besteht, wenn nur Ruhe uop Sicherheit gewährleistet ist. Eine Besitznahme durch Pie Vereinigten Staaten ist längst abgelcbnt und auch fernerhin ausgeschlossen. Deutsches Reich. Berti». >2. Tecember. Ten Ccntrum-blättern geht die eiitgegenkcminenre Haltung, welchc der FraettonS- rcdner d«i der Brrglhung der Slempelsteuerrorlage zu dieser und auch sonit zu der Steuerreform eingenomwe«, viel zu weit, was wieder aus starke Meinungsverschiedenheiten iu der Partei schließen laßt. Die „Germania", ähnlich auch die „Kölnische Bolksztg ", entwerfen ein ziemlich ungünstige« T ßkr von den Aussichten der Tteucrprvjectc. Bon den vor geschlagenen Steuern soll danach sickere Aussicht auf Annahme nur derjenige Tbeil der Stempelsteuer haben, der sich auj Börse und Lotterie bezieht. Unbedingt sicher soll die Ablehnung der OuiltungS und Frachtbriestlempel sein. Die Weinstcucr sei cbcnsalls schon so gut wie verloren, vielleicht bleibe ein Steucrchcii auf Schaum- und Kunstwrine übrig. Die Tabaksteuer endlich habe bis jetzt ebenfalls sehr geringe und sür die billigen Sorten gar leine Aussichten. Wenn da« wirklich die Stimmung im Cculrum ist, dann wird freilich nicht viel hcrauSkoiumcn. * Berlin, t2. Tecember. Mit dem Rücktritt de- württcm- bergischc» Gesandten von Moser beschäftigt 'ich neuerdings eine ossiciöse Zuschrift, die wir in mehreren Blättern ver sinke». Nack einer Wiederholung bekannter Zeitungsnach richten kommt sic zu folgendem Schluß: „Vollends verkehrt ist der Versuch, den Abgang des Herrn von Moser mit einer neuen M i 1 i l a i r c o n v e n t i o n in Verbindung zu bringen. Er bat damit nicht- zu thun, und eine Militairconvention steht überhaupt nicht in Frage, so daß auch die Sorge um die Befragung des wurtlem bergisckcn Landtages und um eine Aenderung der be stehende», zur ReickSversassuna gehörigen Verträge gänz lich überflüssig ist. Aus Wunsch de« König- von e.or,«,,' »r.c>»8ie» potir ««>- »-.» » ä« »v«I ^enilletsir. Leben n« Leben. >1 Aomau iu zwei Bände» vo» R. Gerhardt. »rr»,lnc (Fortsetzung.) Ichtitidendrr Wind, der ihr den Athem brustm und Schauer ia-ter Schneeflocken in« Gesicht trieb, empfing Antonie draußen. ch> dem schmalen «Kätzchen, zwischen Gärte», da« sie durch schreite» mußte, hatte der Sturm den Schnee, der heute tag- iiter gefallen, in fußhohen Wellen zusammengeweht. Antonie eilte hindurch mit ihren dünnen Lchuhen -- jetzt hatte sie ichou die Straße erreicht, konnte einen Schlitten »ebmrn. Aber c< war spät, schon nach zehn Uhr, die wenigen Schlitten, die ihr uitgegenkamen, waren besetzt — oder glitten vorbei, ohne »s ihren Anruf zu achten. Die lebten K-ufläden wurden zeschlo»«, in den Wohnungen verlöschten die Lichter, au« re» Thirren der Schenken kam lärmende« Gesindel — Antonie eilte vorwärts, achtete auf nicht«. Auch aps den Trottoir« >«z der Schnee, beim Ueberschreitcn der Oorrstraßen trat fir ix Hobe Schneewehen, feuchter Schnee hing an ihren Röcken, leg aus ihrem M»nt»1, den der Wind auseinander trieb, auf ihrer Eapuze, legt« sich flimmernd vor ihre Augen. Die Ga« ilemmen der Laternen schwankten und flirrte» durch raschelnde Lhneewolke» — hier und da huschte eine vermummte Ge- »i«ll an ihr vorüber, ohne sich um die rinssme Frau zu de limmern. Eiu paar Mal war e» Antonie, al« drehe sich Alle« um « her im Kreise, al« tanzten die Gasflamme» «inen verrückten l«»; um sie herum. Ein paar Mal klammerte sie sich an mnn Thürpfosten, einen Laternenpfabl, um nicht umzufinken. !ann tonale sie zuerst die Füße nicht wieder beben, sie waren iorr di« zum Knöchel, dann bi« zum Knie. Aber sie wllte, sie mußte rorwärt« — nnd die Füße gehorchten ckder. Endlich fuhr doch ein leerer Schlitten so nahe an ihr dor ther. daß sie ikn anhalten konnte. E« wird mein Tod sein, dachte sie in sich zusamme»schaurr»d, »de« sie auf dem feuchten Sitz Platz nadm Um so Keffer «um hat er. wa« er will. hielt der Schlitten am Bahnhof. Antonie bezahlte b« Kusch«, schwankte die Stufen hin»«, hetrat die Warte- äle. Frostig dumpfe, von Tabakrauch, Groadämpsen. dem Geruch überheizter eiserner Oesen schwere Lust erfüllte die großen, schlecht erleuchteten Räume. Leere Tische ond Stühle; hier und da eine Gruppe von Reisenden in gewaltigen Pelzen, Bierseidel und Groggläser vor fick, gähnend, Karten spielend, aus den Bänken auSgrstreckt schlafend. Decken, Probekisten, Fußsäcke, Plaidrollen neben sich ausgehäuft. Einige schläfrige Kellner ab und zu gebend. Don Roloff keine Spur. „Wo wollen sie bin", fuhr ein Beamter die verschleierte Frau an, welche die Thür zum Bahnsteig zu offnen versuchte. Jetzt kommt kein Zug." „Der Schnellzug nach Berlin, stammelte Antonie. „Dann geht er ab." „Ist abgegangen. Neun Uhr fünfundzwanzig." „Und der nächste — ..Personenzug? Elf Ubr süofundvierzig." Der Beamte zog die Tbür hinter sich zu, und Antcnie sank auf den nächsten Stuhl und suchte ihre Gedauken zu sammeln Elf Uhr fünfundvierzig. Jetzt stand der Zeiger der Uhr aus elf Ubr dreizehn Minuten. Aber mit dem Personenzug fährt man dock nickt nach Berlin. Vielleicht ist Alfred gar nicht zur Bahn gegangen Er wußte dock, daß e« zu spät war zum Schnellzug. Wahr scheinlich hält er sich irgendwo in der Stadt aus und kommt nach Hauff — in einer Stunde — in zwei Stunden — oder er ist schon zn Hause und sucht sein« Frau und ängstigt sich. Antonie saß und sah gedankenlos zu. wie da« schmelzende Schnrewaffer von ibren Kleidern tropfte und auf dem Fuß boden zusamme»rann. Sie sollte nach Hause — sie wollte nach Hause — aber ihre Glieder waren schwer wie Stein und sie konnte fich so wenig bewegen wie rin Träumender, der mit Gewalt vorwärt« strebt. Vielleicht kommt Alfred noch. Elf Uhr zwanzig, üs fehlen nur noch sünfundzwanzig Minuten. Ihre Augen hängen an der Thür. E« kommen und geben jetzt verschiedene Per sonen. Aber Alfred ist nicht darunter. .Gehorsamer Diener, Frau Professor Bischen ungemüth lich, hier zu warten. Mein Frauchen hat sollen kommen mit dem Schnellzug, bat abtrlraraphirt. Zug versäumt, kommt erst mit dem Prrsonenzua. Ist gewesen zum Besuch bei ihren Eltern in Wirballen Unangenehm, sehr unangenehm." Antonie war bei der Anrede zusammengeschreckt. Ein schmächtigr« dunkelfarbige« Männchen mit wollenen Hand schuhen und buntem, wollenem Sbawl um den Hai« stand mit devoter Beugung und zutdunlickeni Grinsen vor cbx. „Frau Professor kennen mich wohl nicht?" fragte er mit etwa« heiser und fettig klingender Stimme. „Isidor Katz, Antiquar, Hab' die Ebre von der Kundschaft vom Herrn Ge mahl Hätten beinah' den Anschluß versäumt, Hab' ich ge habt dir Ebre auszumachen die Coupötbür sür den Herrn Professor. War sein Glück, daß die Züge von Berlin heut' alle haben Verspätung wegen des ScknecsallS." Antonie starrte den Zudringlichen an, ohne zu begreife». Welche Züge?" stammelte sie. „Erlauben Krau Professor, der Schnellzug, womit ist ge fahren der Herr Gemahl, sollte abgebn zekn Ukr acht, ist erst abgegangen zehn Ubr vierzig Minuten Kommt erst nach wölf in Insterburg an. Herr Prosefsor reisen wobl zu Verwandten in die Provinz? Werden dock müssen über nachten in Insterburg. Befehlen Frau Professor, daß ich hole eine Droschke?" Antonie dankte kur; und stand auf. Sie batte endlich verstanden. Eine Provinzialbabn batte Anschluß an den ^chnellzug. Morgen — sic wußte nicht waun — konnte Alfred bei Hildegard sein. Zu spät! Alle« umsonst! Alle« verloren! Schwankend hielt sie sich an der Stuhllehne. Ihm folgen ? ES gingen ja mehr Züge nach der Richtung. Heute Abend wobl nickt mehr. Aber der Frühzug der Südbahn, derselbe, der sie im Sommer mit Alfred zu den Geschwistern gebracht — da» war der Zug, der sic in« Verderben ge führt. Der Portier reißt die Thür aus, sckwe.ikt die Glocke „Einsteigen — Richtung BrauaSberg — Elbing." Die bepelzten Reisenden in den Ecken teö Wartezimmer- greisen nach Koffern und Plaidrollen und drängen in« Freie — Anlonir tritt ebenfalls hinaus. Die Luft draußen ist raub und rauchig. Die Gasflammen flackern durch da« Düster. Der Zug steht aus dem zweiten Gleiß, die Reisenden stauen sich und ibr Gepäck in die Coups-. — Antonie wankt Len vahnsleg hinab» gedankenlos, zerstört, unfähig, einen Be schluß zu fassen. Bi« morgen früh hier warten — allein — oder zurück i» da« leere Hau» — umberirrrn durch dir Nacht Wie ein »»seliger Geist, der nicht Ruhe findet. Die Locomotive bewegt sich — schiebt vor und rückwärts, puffend, weiße Wölkchen hervorqualmcnd. Wenn sie über ein lebendige« Etwas binwrggiuze — über ein zuckendes, gefoltertes, verzweifeltes Menschcnherr. Da« würde ibr Hin - und Hergcben gar nicht störe». Sie ist ja ein eisernes sühlloscs Ungetbüm, von dem Niemand verlangen kann, daß cS ein Herz haben soll und menschliche» Erbarmen. ES gebt über den weichen warmen Menschcnleib hinweg wie das Schicksal, blind und taub, zermalmend — Wenn Alfred erführe — Antonic schaudert, vermag nicht auSzudcnke». Aber ei» Zauber ist iu dem zermalmenden Nngethüm, der sie festhält, sie muß Leu Babnsteg aus und nieder mit ibm — und ein unwiderstehliches Verlangen übcrkommt sic, ibm näher zu gebe», ganz nabe — sich in seinen Weg zu werfen — Sie läßt sich vvni Perron uiegergleiten, überschreitet da? erste Gleis, steht auf dem zweiten. Hier unten ist c« dunkel. Niemand iu der Näbc Die rothglübendcn Augen de- zer malmenden Ungetbüm- stieren sie an, kaum zehn Schritt von ibr entfernt. ES pufft, faucht ibr seinen weißen Brokern aus schwären Nüstern entgegen. Jetzt bewegt eS sich — jetzt — Sie kniet aus den Schienen — sie liegt — Plötzlich ein zorniger Schrei, ein gellendes Pfeifen — Antonie fühlt sich gepackt, cmporgeriiieu, von harten Männer- sausten gehalten, geschleppt, getragen. „Sind wobl verrückt?" brüllt cS ihr in« Ohr. „Der rückteS Frauenzimmer — rein toll — will sich um» Leben bringen —" „St! ein bischen manierlich, Leute", inabut der Station- chcs. der hinzukommt. Man hat die halb oder ganz Ohnmächtige in einem Wartesaal erster Classe aus ein Sopba gelegt. Die StationS beamten umstcben sie, brummig, mitleidig, neugierig. „Kennt sic Niemand? Ist Niemand da, sie nach Hause zu bringen? Oder ins Krankenhaus? Hier kann sic doch nicht bleiben." ^ „Gott gerechter. Gott gereckter, die Frau Professor —" Herr Isidor Kap, der sein Frauchen nebst Gepäck m eine Drosckle geladen, fiat etwas von einem gerckebenen Unfall ge hört, ist berbeigelause», bat sich berzngedrängt und steht auf geregt, brennend vor Neugier und HistSdercitschast, »eben der unglücklichen Frau. „Gott gereckter! Was fern Unglück! Wa« werd sagen der Herr Professor!" „Schreien Sie nicht! Kennen Sie die Dame?"
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