Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.04.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930415026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893041502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893041502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-04
- Tag 1893-04-15
-
Monat
1893-04
-
Jahr
1893
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
^. > i > . Iltiie ikrtttm r»«k. ^>»1«; l>r.'»i,. «VltL. I^LUt- IVltL. . L-- 6 Al t r. p->» UtL- m (»O- X- Otr. i» Orr. 8lüik p-i,. 8tütli >0 6tr.- mit -n»»l- >»«r, lt-ben»; n . 5 8L. eliei' SN Ult». n»tr. VOD- »»»«. ü»»ü». läe. tlnck- >»ttL. »»«« tl»»- »v iLSl- tttül. ». Stn. Ü»,V. »»»«. >»«» S«n Ati». n > rk»utt. , suul- e«ud»r V».- nr I» r- v»» >- vo» i- V»» «- V»» S»Ut»u, ' »»o» e»r»t» >«i>l»r« -1, 2 H°- I»k,r » »d»« 0»»»tL No»«» Vezug».Preis ! G t« Henptexpediti»« oder den tm Stadt» i und de» Vororte» errichteten Au«. 12eß»llen abgeholt: vierteljährlich /l4.50. Izy Meimaliger täglicher Zustellung in» I he»« F 5.50. Durch die Pos» bezogen sür iLrärjchload und Oesterreich: viertel,ädrlich l^t tz.—. Direkte tägliche Kreuzbandiendung t>1 Lutlaad: monatlich 7.50. ! rt,Lvrgen.Au»gabe erscheint täglich '/,7Uhr, die Ldcad-Ausgab« Wochentag» 5 Uhr. Xrdactto» und Lrvedittou: Io»unne«nafir 8. ! Nk Expedition ist Wochentag» uaanterbrochr» geiffaet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. /Malen: ktt, »le««'» Sartt«. (Alfred Hahn), Universitättstratze 1, Lnni« Lösche. Jatharineustt. I». patt. und Lönig-vlatz 7. Abend, Ausgabe. 'riprigtl-Tagtblatt Anzeiger. Drgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Slnzetgeu.PreiS die 6gespallene Pclitzeile SO Pfg. veclamea unter dem Redactioa»strich <4go» spalten) 50^. vor den Familiennachrichie» (6 gespalten) 40 ^ Gröbere Schriften laut unserem Prri». verzeichnitz. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Vellage» (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe. ohne Postbesörberung Fl SO.—, mit Poslbesörderung Fl 70.—. AunalimeWuk für Anzeigen: Abead.Au»gab«: vormittag» 10 Uhr. Margea-Ausgabe: Nachmittags »Uhr. Sonn- und Festtag« früh VF Uhr. V«t den Filialen und Annahmestellen je eine Halde Stund« früher. R»zei>t« sind stet- an di« Expeditl»» zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» t» Leipzig. Sonnabend den 15. April 1893. 87. Jahrgang. Wegen-er Messe l ift unsere Expedition morgen Sonntag Vormittags bis 1Ä Uhr ! geöffnet. LxpeÄltlon «len L.e1prlKer T'sxeblattes. Der Llaatsstreich in Lelgrad. * E» liegt beule eine Uebersülle von Nachrichten über den LlaatSstrcich in Belgrad vor. Bis jetzt gewähren dieselben aber kein klares Bild über die Ursackcn der Umwälzung und über die Rollen, welche dabei die verschiedenen Persönlichkeiten und Parteien gespielt haben. Die Uriheile hierüber gehen ror der Hand ganz auseinander, und es wird wohl noch tiaiger Lage bedürfen, ehe weitere und zwar auch unparteiische Onsormationen anlangen, die dann gestatten werden, Klarheit über die neuesten Borgänge in Serbien zu gewinnen. Wir vermögen unS zwar von der Anschauung, daß der junge Eerbenkönig unmöglich aus eigenem Willen und eigener grast sich zu dem Staatsstreich emporgeschwungen bat, laß vielmehr Rußland hinter dem Putsch steckt und besonders Alexander'« Ellern dabei als Helfershelfer sehr thätig gewesen sind — wir weisen nur darauf hin, daß die Königin Natalie in diesen Tagen vom Zaren in Livadia emvsangen wurde — nicht zu trennen, stellen aber unser Urtheil noch zurück. Wir werden ja sehen, welchen Verlauf die Dinge »n Belgrad schließlich nehmen, woraus sich dann wohl auch ergeben wird, ob diejenigen Recht gehabt baden, die heule daS Borgehen des Königs Alexander in rosigem Lichte erscheinen lasten. ES sind folgende Nach richten eingegangen: Berlin, 1b. April. Nach einer Meldung de» „Bcrl. Tagebl." aus Belgrad ist da» Gerücht, nach welchem die abgesetzten Regenten zur gerichtlichen BeranlwonunH gezogen werden sollen, unbegründet. ES wird vielmehr ein umsastender politischer Gnadenact erwartet. Belgrad, >3. April. Die Hvftasel, zu der di« Regenten und jünuntllch« Minister geladen waren, dauerte bi- Mitternacht. Plötz- lich erhob sich der König, danktr den Regenten sür ihre di»- herige Mühewaltung und erklärte, er Hab« hiermit selbst die Regierung ongetreten. Die Regenten und Minister waren wie aus den Wolken «fallen. Der Regent Belimarkovic gab in zorniger Weise feinem Unwillen Ausdruck, wobei e» zwischen ihm und dem erste» Adjntauten des Königs zu einem hestigen Zusammenstoß kam. Der gauze Staatsstreich wurde in euur Brraidung zwischen Dokic und dem Exkönig Milan vor einigen Tagen m alle» Eiazelheiten vereinbart. Ob auch die Königin üiatalte die Hand im Spiele harte, ist ungewiß, aber wahr- scheinlich. An einen maßgebende» russischen Einfluß glaubt man hier nicht. Doch geschah Alle« ohne Zweifel mit Wissen u»d Zustimmung Perstans» Da« neue Cabinet besteht außer an» dem fortschrittlichen Kriegsminister Franassovic «nd dem parteilosen Bautenminister Stankovic au» gemäßigten Radikalen. Toste, der srüher Erzieher de» König» und zuletzt Präsident de» «toatSrathS war, »nd Franassovic, der dem König bei dem Attentat der Helen« Markovic das Leben rettete, sind erklärt« Liebtinge Milan'». Der Minister de» Aeußeren Nikolic war Unterrichtsminister im Ministerium Pasic, der Finanzminister Wuic und der Minister de» Innern Mitosavlievic verwalteten dieselben Ministerien im Labinet von Genie. <M. Z.) Belgrad, 14. April. Im Laufe deS Tage- kamen vereinzelt« Lolksansammlungen vor, weshalb Patrontllengänge durch die Lladt angeordnet wurden. Dieselben wurden jedoch am Nachmittag wieder eingestellt, al« die Bevölkerung an die Vorbereitungen zur Illumination der Stadt ging. Aus dem Inner» des Landes treffen fortwährend Glückwunschtelegramme «in Die Ruhe ist nirgend» gestört worden. DaS Haus des bisherigen Regen ten Belimarkovic wird zum Schutze gegen etwaige Angriffe durch Gendarmerie bewacht. Tie Regierung ist entschlossen, allen Ausschreitungen gegen die Liberalen in Belgrad sowie im zanzen Lande entichleden entgegenzutreten. Nachträglich verlautet, >ie Regenten Ristic und Belimarkovic erhoben gestern, als der König »ach dem Mahl seine Volljährigkeit erklärte, Einspruch. Daraus öffneten sich die Tduren und da» in dem angrenzenden Saale um Koka Milovanovic versammelte OssiciercorvS begrüßte den König mit Beifallskundgebungen. Nunmehr gaben sich die Regenten gefangen und wurden in da» neue Palai» abgesührt. Belgrad, 1b. April. Ti« Illumination und der Fackel« zug sind glänzend auSgesallen. Die Ruhe wurde nirgend» gestört. Biele Slädie in der Provinz veranstalteten ebensall- Festlichkeiten. Tie Hutdigungsadressen mehren sich. Belgrad, 14. April. Ristic wird nach Aushebung des HauS- arresie« Serbien verlassen. Die Rückkehr der königlichen Eltern wird bald erwartet. Au» allen Theilen de» Lande» sind Huldigung». Telegramme eingegangen. Belgrad, 14. April. In den Plan de» Sturze» der Regent« schast und de» liberalen Cabincl» waren eingeweiht und mitnnrkend Garaschaniu, Oberst Milovanowilsch, Oberst Franassowitsch und andere radicale und fortschrittliche Militairs. Der König Alexander stimmte zu, al» ibm die Nolkwendigkeit dargelegt wurde, die Verfassung zu sichern und einen Bürgerkrieg zu verhindern, weicher durch die einseitige liberale Parteiherrjchast drohe. Die Staal-druckerei wurde ui» 10 Uhr Nacht» besetzt und die Proklamation unter Polizeiauf- sicht gedruckt. Der liberale Polizeipräsect Tenitsch war im Ldeater und wurde dort verbastet und zeitweilig internirt. Ta» neue Mini- slerium, obwoki der Mehrheit der Pcrionen noch radical, will ver- söhnlich Vorgehen. Im Boik machte der StaalSstreich «inen guten Eindruck, weil endlich ein definitiver Zustand geschaffen wurde. Belgrad. 14. April. Die Ankunst Milan» wird hier jeden Augenblick erwartet. Viele behauplen, er befinde sich bereit» seit gestern in Belgrad. Wahrscheinlich wird er jedoch erst heute mit dem Lrient-Erpreßzua eintreffen. Eine der neue» Regierung nakestehend« Persönlichkrit äußerte sich über die Lage folgendermaßen: Tos Vorgehen des Königs war daS einzige Mittel, um aus der schwierigen politischen Situalion einen Ausweg zu finden. Ta» gegenwärtige Cabine» sei ein Cabinet der Mäßigung. Sowohl die Perlon des Minister- Präsidenten Dokic. als die des KriegSminislerS Franassovic böten eine Gewähr, daß Serbien den Psod sriediicher Enttvickelung nicht verlassen werde. Auf «in« Frage über die künftigen Beziedungcn Serbien» zu Oesterreich sagle dieser Gewährsmann: Jede serbnche Regierung muß den größten Werth daraus legen, die sreundschaft. lichcn Beziehungen zu dem mächtigen Nachbarreich zu erhallen und die Traditionen fortzusühren, die seit der Regierung Milan'» bestehen. Pest, 14. April. Lbwohl-die neueste Wendung in Serbien hier im ersten Augenblicke überraschte, wird doch zugegeben, daß der Staatsstreich, wenn ex auch «iwo» versrnbt kam. da der König erst im August d«» kommenden Jahre» großiäh-ig wird, fast der einzige AuSweg war a»S der Sackgasse, in weiche die Regentschaft und das Ministerium geriettzeu. Di« Urheberschaft drS Staatsstreichs wird vielfach Milan zugeschoben. Mon verinuthet, der Staatsstreich wnrde schon bei den Berathunge» Milan'S mit Natalie über ihre Aussöhnung vorbereitet. Bestärkt wird diese Bermnihung dadurch, daß der nunmehrige Minister- Präsident Dokic, welcher der Vertrauensmann Milan'S ist, letzthin bei diesem in Paris geweien sein soll. Pest, 14. April Aus Belgrad wird gemeldet, daß beide Regenten und alle Minister unter strengster Milttairaussicht stehen. Ter neue Minister des Innern Milosavlivic ist radical, ebenso der Minister de» Aeußeren Avdra Nikolc, während der Bautrnminisier Stankovic Fortschrittler ist. Ter Minister sür Volkswirlbschast Miloschevic ist radical. Heute wird die Ankunft Milan S er- wartet, der an der Seite deS König- bleiben wird. Milan bereitete seit Längerem den Staatsstreich vor und bewog den minderjährigen König dazu. Durch Berufung drr Radicale» wird Blutvergießen im Inneren befürchtet, da die Radikalen sich an den Liberalen rächen werden. Da» Militoir steht unter Gewehr in den Straßen und Casernen, vor dem KönigSpalais ist die Leibgarde ausgestellt, welche drr Better des König», Major Constantinovic. befehligt. Die Kanonen der Festung sind gegen di« Stadt gerichtet sür den Fall eine» Aufstandes. Wien, 14. April. Die politische Umwälzung in Serbien kam den hiesigen maßgebenden Kreisen vollkommen überraschend. Doch erblickt man in ihr keinen Grund zu Besorgnissen. Man glaubt vielmehr, daß der durch den unentschtedenen Ausfall der Wahlen und durch da« ungesetzlich« Vorgehen de» liberalen Cabinet» in Serbien geschaffene Instand nndalibar war und möglicher Weise zur Revolution geführt hätte, während der nunmehr gefundene AuSweg die Hoffnung auf eine weitere Ans rechthattung der Ordnung im Land« gestattet. DaS halbamtliche „Fremdenblatt" schreibt: „Die Verhandlungen zwischen Liberalen und Rabicalen zur Erzielung einer Einigung blieben erfolglos. Die» scheint zum Eingreifen, zum Duraibauen de» Gordischen Knoten» veranlaßt zu baden. " Die ,.N. Fr. Pr." schreibt: „Wir in Oesterreich baden keine Ursache, die Belgrader Ereignisse miß. günstig oder gar seindtich zu deurtdeiien. Die ungesunden Zustände, die in den ietzien Wochen dort derrschien, gaben zu manchen Besorg- Nisse« Anlaß, die wir nun a>» erledigt betrachten dürfen. Wie die Tinge in Serbien liegen, mußie man aus Schlimmere» gefaßt sein, al» aus diese unblutige, prompt vollzog»»« Umwälzung. Eine Revolution von unten baue ernste Störungen der Rübe im Orient Hervorrufen können; die Revolution von oben, bei der kein Schuß gefallen ist, wird keine Erschütterungen nach sich ziehen." Aehniich ist die Auffassung der übrigen Zeitungen, nur die beiden „Tag- btätter" fürchten russische Jntriguen. (M. Z.) Wien, 14. April. Der Staatsstreich in Serbien wird von unterrichteter Seite aus da» Zusammenwirken Mrlan's mit den Radi- raten zurückgesühri. Der neue Krikgsminisier Franassovic war siel» ein Vertrauensmann Milan s, der immer ans die Versövnung Milan'S mit Natalie binardeileie. Minister bcs Aeußer» wurde Nikollc. Unter- richtsminister im früheren radicale» Ministerium. Ta Franassovic der Fortschrittspartei oiigehorl, dnrsle auch diese befriedigt sein. Ter hienge serbisch« Gesandte Simic halte ein eingehendes Ge spräch mit dem Grasen Kalnvky, um »h» zu versictxrn, daß der Staatsstreich nicht gegen Oesterreich gerichtet sei. sAllgem Zeug.) — Wie die „Wiener Allgcm. Zig." mittheilt, hat drr serbische Gesandte Simic einem ihrer Mitarbeiter erklärt, der Minister Gras Kalnoky habe bei der osficiellen Mittheilung der jüngsten Belgrader Vorgänge sür die »eugeschaffenc Lage das gleiche Wohl- wollen gegen Serbien bekundet wie srüher. Pari», 14. April. Die Blätter beurtheilen die jüngsten Er eignisse in Serbien in günstigem Sinne. Der „Tempi" hebt hervor, König Alexander habe dadurch, daß er die Regierung persönlich übernommen habe, dem Lande vielleicht den Bürgerlrieg erspart. Einzelne Blätter sprechen die Ansicht aus, die Vorgänge in Serbien seien von Milan inspirirt. Eine demselben besreundele Persönlichkeit erklärt« einem Redacieur der „LiberlS", Milan wolle burchou« außerhalb aller mit den jüngste» Ereignissen verknüpften Lomdinationen bleiben und siche auch dem Vorgehen seines Sohne» vollständig fern, er habe dasselbe erst heule früh aus telegraphischem Wege ersahren. Betreffs des Verhallens des Königs Alexander müsse dervorgehobe» werden, daß derselbe ttniner aus besser« Be- ziehangen zu Rußland Werth gelegt habe. Sofia. 15. Apnl. Die Ereignisse in Serbien haben hier nicht überrascht. Die hiesige Regierung will bereits seit einiger Zeit unterrichtet gewesen sein. Man glaubt, daß Serbien sich nicht nach dem Regierungswechsel einer Erhebung Bulgarien« zum König, reich abgeneigt zeigen werde und drr junge König Leu Bulgare» srruildiaMlich «ntgegenkommen dürft«. Politische Tagesschar». * Leipzig. 15. April. Man schreibt unS auS Süddeutschland: „Es gehört zu den zahlreichen Fehlern drr Regierung bei der Vorbereitung und Empfehlung der Militair vor läge, daß die Neu ordnung der MilitairzerichSbarkeit nicht mit der vor geschlagenen HcereSresorm verbunden worden ist. Es wäre damit der Vorlage bei der süddeutschen Bevölkerung ein werihvoller Slein ins Brclt gelegt worden. Bei der zweiten Beralhung de« Etat« und durch spätere Vorkommnisse sind die mit dem preußischen Verfahren verbundenen Mißstände abermals in ein grelles Licht gerückt worden, wa« dem Unmuth über die Verzögerung einer sachgemäßen Lösung neue Nahrung gegeben und icdcnsallS nickt dazu deigetragen hat, die Opfer- Willigkeit für militairischeZwecke rucrböhen. ZmSüden mangelt jegliches Verständniß für die Zurückhaltung der Mititairverwal- lung in dieser Angelegenheit, da die bayerische Armee de» Beweis erbringt, daß die Schlaasrrtigkeit de« Heere« durch eine den Ansprüchen drr Zeit entsprechende Strafproceßvrdnung durchaus nicht beeinträchtigt zu werden vennag. Hat auch der Kaiser vor zwei Jahren nach der Besichtigung seme An erkennung der beiden bayerischen Anneecvrp« wiederholt und in ungewöhnlicher Form zum Ausdruck gebracht und insbe sondere Hervorgehoden, daß di« bayerischen Truppen keinem anderen deutschen Contingente nachstehcn: die DiSciplin, diese Voraussetzung der militairischcn Leistungsfähigkeit, kann also auch nach der Auffassung norddeutscher MilitairS bei einer Gerichtsverfassung, wie sie in Bayern besteht, auf der Höhe der allgemeinen deutschen DiSciplin erhallen werden. Für den heutigen Menschen bat der Mililairstrafproccß etwa« Unheim liches, dunkle Befürchtungen Erregendes. Die Befürch tungen mögen in Folge der Gewissenhaftigkeit der Mililair- justizdeamtkn zum großen Tbeil unbegründet sein, sie werden aber besteben oleiben, so lange daS Gesetz besteht. Es hieße die Menschennatur gänzlich verkennen, wollte man glauben, daß ein Gericht, da- Soldaten aburtbeilt, weniger vcrlrauen- einflößend sein könne und dürfe, wie jedes andere Gericht. Dem Militairgerichte fehlt aber zur Zeit Alle-, was wir in der Eivilgcrichlsbarkeit als Garantien derLtertraucnSwürdig- keit kennen und schätzen gelernt baden. Bor Allem giedt cS tändige Gerichte überhaupt nicht, daS Militairgericht wirv vielmehr sür jeden einzelnen Fall gebildet. Sodann bekommt daS Gericht während der eigentlichen Verhandlung weder den Angeschultigtcn noch die Zeugen zu Gefickt, der Auditeur tbeilt den Sachverhalt auS den Acten mit und erörtert ibn nach der rechtlichen Seite; die Verlheidigung durch einen Rechts kundigen, wo sie überhaupt gestattet ist, ist nur schriftlich zulässig; persönlich darf der Vertheidiger nur dann erscheinen, wenn tie Anklage aus ein mit dem Tode bedrohte« Ver brechen lautet: Die Richter also vermögen persönlich weder eine» Eindruck von dem Angeklagten, noch von der Glaub würdigkeit der Zeugen zu gewinnen, sie gehen am Gängel- bandc der Auditeure. DaS Verfahren findet bei verschlossenen Tbürcn statt — ein Umstand, der besonders geeignet ist, da« Vertrauen in die Rechtsprechung abzuschwächen und schiefen Vorstellungen Vorschub zu leisten. Vor längerer Zeit wurde daS Gerücht verbreitet und allmälig in ganz Deutschland geglaubt, in Köln sei ein kriegsgerichtlich verurtbeilter Soldat hin gerichtet worden. An der ganzen Erzählung war kein wahres Wort, sie erzeugte aber um so mehr Beunruhigung, als man nickt die Hinrichtung, wohl aber die ZeitungSmittheilunzen über da« Verbrechen beS an geblich Hingerichteten bezweifelte. Derartige Gerüchte könnten in Bayern nicht einen halben Tag alt werben. Anzuerkennen ist, baß die Orsfentlichkrit de« Verfahrens unter Umständen gerechtfertigte Bedenken Hervorrufen kann, namentlick, wenn eine skandatsüchtige oder militairfeintliche Presse in entstellender Weise über die Verhandlungen berichtet. An diesem Puncte mag wobl auch der Widerstand militairischer Kreise gegen die Reform de« ganzen Verfahren« eiasetzcn. Allein e« ist selbstver- stänklick.daß da-Gesetz dem — wohlverstandenen —allgemeine» Dienstinteressc in demselben Maße Rechnung zu tragen hgl, wie die bürgerliche Strafprocrßordnung den höheren Gesichts punkten gegenüber die« thut, indem sie den Ausschluß der Oeffentlichkcit in gewissen Fällen vorsiebt. Der national liberale Antrag verlangt auch nur die Oeffentlichkcit, „soweit nicht besondere mititairische Interessen Ausnahmen »oth- wendig ersckeinen lassen". Mit dieser Einschränkung wird die preußiscke Militairverwaltung ebenso gut bei einer Ein richtung bestehen können, bei welcher die bayerische Armee zwanzig Jahre bestand, ohne daß Inspccteure, wie Kaiser Friedrich, Feldmarschall Gras Blumcnthal und Kaiser Wilhelm II., sic den übrigen deutschen HeereSlbcilcn unebcn- bürtig fanden." Ein AuSslug in die Provinz hat dem Pariser Berichterstatter der „Nationalzeitung" die Gelegenheit gegeben, die außerhalb Pari- herrschende Stimmung, sowie die gegen wärtige politische und geschäftliche Situation in den Departement« auS eigener Anschauung kennen zu lernen. Allgemein wurde ihm bestätigt, daß im ganzen Lande, in allen Kreisen ein« immer mehr zunehmende Miß stimmung herrscht, welche schon vor dem AuSbrnche de« Paoamascandal« ezistirte. aber durch denselben wrscnl lich verstärkt worden ist. Die Zollpolitik der Regierung bat bi« jetzt die versprochene günstige Wirkung aus die Industrie und die Landwirthschast nicht au«gcübt» wohl /««illetsn. krimula voris. Erzählung von A. Brüning. »erdeten. (Fortsetzung.) .Gabriele, endlich!"" Gert hatte e« gerufen in stürmischer Freude; mit wenigen heftigen Schritten stand er vor der jungen Frau. Mil einem leisen Schrei fuhr sie erschreckt empor und wandte ihm ihr blasse« Antlitz zu. Einen Augen blick hing sein Blick an dem reizumflossencn Bilde, doch dann verzogen sich seine Lippen zu einem bitteren Lächeln. „Sie brauchen nicht so vor mir zu erschrecken", sagte er, ,,c« ver langt mich nur vor dem «scheiden nach einem guten, freund lichen Wort, nach einem versöhnenden Abschied von Ihnen — seit einer Stunde ging ich hier im Parke umher. Sie erwartend, da ich hoffte, daß Sie vielleicht rin gleiche- Verlangen trügen. Ich glaubte Sie in ihren Zimmern — als ich Sie nun plötzlich vor mir sab. mag meine Freude darüber wobl einen etwa« zu lebhaften Ausdruck gesunden haben; doch Sie können ganz ruhig sein, ich werde mich nun zu beherrsckrn wissen. Sie sollen über kein Ungestüm mehr zu klagen haben. Wollen Eie sich nun wieder setzen und mich anboren?" .Ick danke Ihnen", antwortete Gabriele, .daß Sie ge kommen sind. Und ich hoffe inbrünstig, daß Sie der Geist einer wahren, in Gotte- Willen ergebenen Versöhnung hier herführt. Doch warum dieser feindselige Ton?" Ihr Anblick enlwassnete ihn .Ja, wir wollen unS nicht diese vom Eckicksal geschenkte Stunde durch Bitterkeit selbst verkümmern", sagte er mit weichem Klange. „Gabriele, nicht wahr, Sir gestatte» mir noch einmal diesen Namen?" unterbrach er sich, „ich kann Sie mit keinem andern nennen in diesem Augenblick — Gabriele, ich weiß, ich habe Ihnen Biele« abzubitten: ich habe Sie gequält und beleidigt absichtlich und oft in dieser Zeit — e< war grausam, unritterlich von mir und doch — »enn Sie wüßten, wie sehr ich selbst dabei gelitten — Sie würden mich gewiß milder beurtheilen. Seit ich Sie hier, wohin ich voll Heimathsrhusucht meine Schritte gelenkt, um hier zu genesen von schwerem Körper- und Seelenleidrn, wiedergesunden, al« Gattin Desjenigen, den ich meinen treuesten Freund genannt, ist eine Hölle entfesselt in meiner Brust! Welche Kraft habe ich aufbieten müssen, um die Gesüble, welche mich durchstürmten, unter einer glatten, lächelnden Miene zn verbergen! Wie Hab' ich gekämpft, um den Mann nicht zu Haffen, dessen Gastfreundschaft ich genoß, und dem ich mehr und Größere« verdanke al» da« Leben! Mehr al« einmal stand ich auf dem Puncte, e« zu vergessen, und wenn Sie gerecht sein wollen, müssen Sie zugeden, daß e« kein Wunder gewesen, wenn dir Lage, in der ich mich befand, einen Menschen mit heißem Blute wie mich zum Bcrbrechen getrieben .. .E« ist zuviel — zuviel, wa« da« Schicksal mir ohne mein Verschulden genommen: erst die Braut gerade in dem Augen blicke, wo ich meine« Glücke« mir voll bewußt geworden, und dann auch noch da« Letzte: den Freund, an dessen Treu« meine Seele wieder emporzuranken gehofft, nach dem schweren Schlage — e« ist zu viel!" Die Erinnerung an Da«, wa« er gelitten, ließ ihn nun dach die gelobte Selbstbeherrschung vergessen — tiefer Groll klang durch seine Stimme. .Halten Sie ein, Sie thun Unrecht, wenn Sie anklazcn!" widersprach ihm Gabriele. .Ungerecht sind Sie gegen die Vorsehung, gegen Gott, dessen zu gedenken einem Soldaten, zumal im Angesichte blutiger Schlachten, wobl anstände. Dann seien Sie nicht blind gegen sich selbst. Im Gefühle Ihrer Kraft, Ihrer geistigen Ueberlegenheit über Biele, auch vieler anderer Vorzüge, deren Sie sich nur zu bewußt waren, befanden Sir sich aus dem besten Wege, gänzlich der Selbstsucht und dem Hockmutb zu verfallen. Gott bat e« mit Ihnen besser gemeint; er legte ihnen ein harte- Schicksal, ein schwere- Opfer auf, und stellte Sie auf die Probe, ob Sie Manne« genug seien, sich selbst zu überwinden! — Ich will jetzt nicht beurtheilen, ob Sie diese Probe bestanden haben; Sie haben ja noch Zeit, sie zu bestehen. Ich will nur Ihre ungerechten Anklagen zurückweisen." .Seien Sie ferner nicht ungerecht gegen Manfred! Er war ahnungslos; denn ich verschwieg ihm mein srühere« Berhältniß zu Ihnen. Wenn also von Schuld überhaupt die Red« sein kann, dann trag« ich diese Schuld. Aber Ihnen arge«««,, Herr v. Wald««, bi« ich auch ohne jede Schuld! Dean d»« Gebot d«r Kindesliebe mnßt« mir höher stehen, al« jede selbstsüchtig« Regung, und höher auch al« die Rücksicht auf Sie, dessen Rechte den Rechten de« Vater« nicht gleich kommen konnten. Aber Dessen will ich Sie doch versichern — und ich darf e« jetzt —: Nicht« andere« hätte mich auch vermocht von Ihnen abzulasseo, al« nur allein die Liebe zum Bater! Lassen Sie dadurch sich befriedigen und schließen Sie darauf endlich mit mir und Ihrem Schicksal Frieden!"" Ihre sanfte Stimme schien ibn anfang« zu besänftigen. Bald aber ward ihm gerade ihre Ruhe fast unerträglich; eS demüthigte ihn, sie stärker zu sehen als sich selbst. Also sie batte ihn wirklich vergessen können ? Kaum Hörle noch er etwa« Andere« au- ihren Worten. Nein, nein, er glaubte e« nicht! Wie? sie sollte stärker sei» al« er? Verstellung, nicht« al« Verstellung! „Gabriele!" rief er heftig und trat an sie heran. „Gabriele, glaubst Du mich zum Besten halten zu können? So meinst Du mich zufrieden stelle« zu können? Aber Deine Heuchelei hilft Dir nicht-: Du bist unglücklich in Deiner Ehe, Du liebst mich noch, mich allein — gesteh' eS, gesteh' c« nur mit einem Wort, und »ch will scheiden und nie mehr Deinen Frieden stören!" Er batte ihre Hände ergriffen und de» Blick voll beschwörender Gluth auf sie gerichtet. .Ehe ich sterbe!'" rief er nochmal« weicher und sank vor ihr nieder. Die junge Frau stand bis in« Innerste erschüttert. Ihre Seele blutete um den Mann, dessen schöne-, stolze« Haupt zu ihren Füßen zu sebcn, sie nicht ertragen konnte. „Sieben sie auf, Gert, bei Ihrer Ehre beschwöre ich Sie!"" stammelte sie. Muß ich Sie an den Degen erinnern, den Sie tragen, und de» Sir nicht länger entweihen dürfen in einer Stellung, die Ihrer und meiner gleich unwürdig ist? Noch einmal, stehen Sie auf!" » „Nicht eher, al« bi« Du da« Wort gesprochen, ohne da- ich nicht von hinnen geben will", rief er außer sich — „Du kannst und wirst mir diese einzige geringe Entschädigung sür den unerhörten Raub, den Dn an mir be-angen, nickt ver weigern!"" Gabriele rang im heftigsten Kampfe: Die beiße, nie erloschene, vergeben» bekämpfte Liebe riß mächtig an ihrem Herzen, und e« drängte sie gewaltsam, ehr er vielleicht aus immer schied, sich einmal, Alle« vergessend, an seine Brust zu werfen und unter Schmerz und Seligkeit da« heiß begehrte Grständniß hervorzustammeln. Die Versuchung trat in diesem Augenblicke verlockend an Gabriele heran — aber sie dauerte nur wenige Secunden. Ihre reine Natur behielt den Sieg. Durch die Thränrn hindurch, die ihre Augen umschlcicrtcn, glomm der Strahl eine« heiligen FeurrS. „Und wenn ick nun Ihr ungestüme« Begehren erfüllte, Gert, wenn ick daS frevle Wort spräche — was dann?" fragte sic mit klarer, sanfter Stimme. „Wa« dann? ..." wiederholte er, von der unerwarteten Frage einen Augenblick verwirrt, „was dann ? Dann eile ich, versöhnt mit meinem Geschick, von hier auf das Schlachtfeld und stürze mich in den Kugelregen, wo er am dichtesten ist!" „Und ich, Gert?" fragte sie weiter mit demselben klaren, sanften Ton, der so seltsam abstach gegen den leidenschaftlich bewegten Klang seiner stimme. „Nickt wahr, Sic finden keine Antwort?" fuhr sie mit einem traurigen Lackeln fort, als er. betroffen schwieg. .So will ich sic Ihnen geben: Ich bliebe zurück bei einem Gatten, zu dem ich hinfort da« Auge nicht mebr erheben könnte, mit einem nie schweigenden Borwurs im Herzen und auch de« Letzten beraubt, was mich in der trostlosen Ocde eine« solchen Dasein« ausrecht erhalten konnte: der Achtung vor mir selbst und vor Demjenigen, zu dem emporzuschauen einst mein Glück gewesen." Er subr auf. .E« ist nur die Wahrheit, waS ich gesagt habe", subr sic unerschütterlich fort. .Ja, Gert, wenn ich jetzt Ihren stürmischen Bitten erliegen würde, wenn c« Ihnen gelange, mich meine Pflicht vergessen zu machen, so würden Sie wohl da» Bewußtsein eine« errungenen Triumphe« mit sich nehmen, meine Achtung aber hätten Sic verloren — erscheint Ihnen dieser Preis nicht zu doch?" Er antwortete nicht. Nur ein Stöhnen entrang sich seiner heftig arbeitenden Brvst. „Gert!" Mil weichem Klange ertönte sein Name von ihren Lippen. „Wollen Sie selbst mir nun die Ächtung vor Ihnen rauben, indem Sie mich verleiten, und sei eS auch nur mit einem Worte, an dem edlen Manne zu freveln, dem wir Beide so viel Gute- verdanken? Oder wollen Sie von hier in den Kampf ziehen, mit reinem Schilde — eine uncntweihte Erinnerung mit sich fortnehmend und zurücklaffend? Verlangen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite