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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930325027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893032502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893032502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-25
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
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Tabellarischer und Ziffernlatz nach höherem Tarif. ktzptra-Hrilagrn lgeialjtt, nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poftbesörderung -sl 60—, mit Poslbesorderung 70 — Ännatlmetchlub für Änzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Ubr Morgen-Ausgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- nnd Festtag« früh ' ,9 Uhr Bei den Filialen und Annadmestellca je eine halb» Stunde früher. > Anzeigen sind stet« an die iLypetzltion zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. Sonnabend den 25. März 1893. 87. Jahrgang. Zm gefälligen Beachtung. Unsere (rrpcdition ist morsten konntag, den 28. März, Vornlittags nnr bis V28 Uhr slößnet. kxpe«I1tl<»i <Ie8 'Irleelilttltod. Politische Tagesschan. * Leipzig. 2ö März. Fürst BiSmarck legte Gewicht daraus, daß die Beamten de« Reiche« und Preußen« nicht nur ikre direkten Bcruss- rtlichtea zewissenbasl erfüllten, sondern auch ungerechtfertigten öffentlichen Angriffen gegen ihre Vorgesetzten Behörden mit Nachdruck entgegentraten Freilich durste er sich in den ireilau« meisten Fällen darauf verlassen, daß die betreffenden Leamlea mit Ueberzeugung für seine Politik eintraten. Sein Nachfolger scheint dagegen in tiefer wie in so vieler anderer Ansicht üble Erfahrungen gemacht zu haben. kenn beute überraschen die .Bert. Polit Nacbr" durch folgende Meldung: ,J» der Erregung, von welcher zur Zeit auch die Versamin- lsaaen der wirthschastlichei! Bereinigungen drimgesucht mrden, ist es jüngst vorgekommen, daß trotz Anwesenheit eine« Aegiernngsvertretcrs scharse, über die Grenzen sachlicher Kritik »eil hinausgehende und persönlich zugcjpitzle Angriffe gegen die Neichsreglerung gerichtet sind. Um zu vermeiden. Laß au« der ki^wesncheil eine« Regierungsvertreters solche Schlüsse gezogen wer de», wie in den erwähnten Anglisten enthalten waren, sind dieBe- amlen de« Reiches angewiesen worden, ihre Stellung za derartigen Angriffen dadurch deutlich zu markiren, daß sie auf di» fernere Theilnahme an den Verhand lung«» verzichten und die betreffende Versammlung verlasse»." Die Bereinigungen, in denen so scharfe, persönlich zu- -estiyle Angriffe gegen die ReichSrcgierunz gerichtet zu werden kllezeo, worden also künftig unter sich sein. Den Beamten, di, st/ite /Bersanimlungcn künftig zu verlassen haben, ist tamu vdackarscheinlich ein Dienst erwiesen, denn cS ist nicht immn leicht, zu vertheidiacn, wa« man verlheidigen sollte und wohl auch möchte. E« fragt sich nur, ob auch der .ReichSregierung" und der Leffentlichkeit damit gedient ist. Bezüglich der Militairvorlage erhält die Münchener .Allaem Ztg." aus Berlin folgendes Privattclcgramm: ..Persönlichkeiten, deren Beziehungen die Authenticität ihrer ^»wrmationen verbürgen, sprechen sich dahin au«, daß ungeachtet -Her gkgkvlkeiligen Versicherungen der ossicivsen Press» der Auf» liiungsgedan ke an leitender Stelle mehr und mehr in den Hintergrund tritt. ES sollen Verhandlungen ringe» Inlet sein, an denen sich auch Mitglieder de- Lentrums und der ireisinnigen Partri brtheiligen, um unter prtncipteller tzenehmigung der gesummten Regierungsvorlage eine keivilligung derselben in einzelnen Raten, auf »ine Rüde von Jahren verlheilt, zu sichern." Dieser Modus wäre, wenn die Regierung sich vor einer ehrlichen Zurückziehung und Modificiruna der Vorlage auS Hrünbcn scheut, die kaum in der Sache selbst liegen können, wobt der einzige gangbare Weg. Tie zu bewilligenden „Raten" an Mannschaften und Chargen mußten allerdings im Gesetz sowohl bezüglich der Termine als auch der Ziffer» genau scstgclegt werten, um für den künftigen Reichstag verbindlich zu sein. Günstiger könnte die Regierung kaum auS der Sackgasse kommen, in welche die so verfahrene Behandlung der Militairvorlage sie gebracht hat. Und auch der Reichstag hatte allen Anlaß, aus ein solches AuSknnslSmittel cinzugeben und einem Eonslictc auSzuweickcn, der sür da« Reich und alle seine Theile von den übelsten Folgen sein müßte. In dem Streit um die Vorlage sind von den Gegnern der Reform in ein seitiger, wohl auch absichtlicher und bewußter Weise überGebühr fast nur die neuen Belastungen hervorgehoben worden, und eS läßt sich nicht verkennen, daß in breiten Volksschichten die ganze Reform lediglich im Lichte einer ungeheuren neuen Anforderung an die Wehr- und Steurrkraft des Landes erscheint. Dem gegenüber ist es billig und gerecht, auch die andere Seite, die in der Abkürzung der Dienstzeit liegende Entlastung der großen Masse derHeercSpsiichtigen, dem Volke mehr zum Bewußtsein zu bringen, als cS bisher geschehen. Frühere Militairvorlagen stellten in der Tbat nur eine Erhöhung der Lasten, ebne Ersatz in anderwcilen Erleichterungen, dar. Diesmal wir» aber doch in der zweijährigen Dienstzeit eine Entlastung deS einzelnen Wehrpflichtigen geboten, deren Werth wahrhaftig nicht zu unterschätzen ist und von den Betkeiligten mit Freude anerkannt werden wird. Scheitert jetzt die Ver ständigung. so ist gar nicht abzusehen, ob und wann dir Verkürzung der Dienstzeit wieder angeregt und vorgcschlagen werden wird. Es mag wohl sein, daß man alSkann daS Heerwesen aus den bestehenden Grundlagen um so straffer und energischer entwickelt und auöbildet. Ob dabei die Lasten des Volks im Ganzen und insbesondere de« einzelnen dienstpflichtigen Manne« leichter erträglich würden, ist sehr zweifelhaft. Um so mehr ist zu wünschen, daß die angeblich eingeleiteren Verhandlungen zum Ziele führen. Tie ausländische Presse beschäftigt sich in hervor ragendem Maße mit der Ahlwardt Affaire. Von den Wiener Blättern ist eS besonder« die „N. F. Pr", die sich über die beispiellosen Vorgänge im deutschen Reichstage ver nehmen läßt, lieber das energische Eingreifen de« Senioren- conventS sagt daS Blatt: Es ist eine Procrdur, so scharf und kurz und unerbittlich, wie sie noch niemals von einem Parla mente an einem seiner Angehörigen vollzogen worden, ein Bersabre» wie ein Gottesgericht. Dann beißt eS weiter: „Unerhört aber wie diese Scrnen selbst, ist, was sie hcrbeigeführt hat: die Telahayc nnd Döroulede sind weit überhole». Das An sehen Deutschlands, seiner Kriegs» und Finanzver» waltung, seiner hervorragendsten Männer ist ein Spielball in der Hand des Antisemitismus, der feine infamen Verdächtigungen bi« hart an di» Stufen des Thrones schleudert.. ES ist eine unaus löschliche Schmach, daß dies möglich geworden; aber die Re- gierung und der Reichstag sind sich bewußt, daß dieselbe nicht geduldet werden darf, wenn die Ehre de- deutichen Volkes durch einen frechen Anlisemiten-Häuptling nicht für immer besteckt werden soll. Und dies ist die Lichtseite an dem dunklen Bilde. Daß Ahlwardt einen Sitz im Reichstage cinnimmt, ist sür diesen eine Demllthigung, welche beklagt, aber nicht rückgängig gemacht werden kann: doch daß, wie sich zeigt, weder der Reichstag, noch die Regierung gewillt sind, den „Rector aller Deutschen" sür etwas Anderes zu behandeln, als er ist, das gehört zu den tröstlichen Wahrnehmungen, die sür uns in Oesterreich nur mit der bitteren Empfindung gemischt sind, daß wir sie — in Berlin machen müssen, Ahlwardt ist der Typ»- der gewissen- und scrupel» losen Verlogenheit, welche die antisemitische Agitation kennzeichnet, und den betrogenen Wählern von Araswalde-Friedeberg gebührt bas traurige Verdienst, diesen Tvpus in Deutschland parlaments- sähig gemacht zu haben, wo man vor AhlwarLI's Wadl mit ge» rechtem Stojze sich rühmen durste, es noch nicht so herrlich weit gebracht zu kaben, wie im österreichischen Reichsrathe und wie im niederösterreichischen Landtage, Direct aus dem Gefängnisse ist Adlwardt in den Reichstag gelangt, und wenn die Session zu zu Ende ist, wird er auch wieder direct au« dem Reich-tage in da« Gesängniß zurückkehren. Das gerichtliche Erkenntniß, dessen Straf maß er noch abzubüßen hat, urlhcilte von ihm, wer ihn einen gewerbsmäßigen Beleidiger nenne, sage nicht zu viel. Run denke man sich dieses Individuum aus der Nednerbüdne de« deutfchen Reichstages, der vermöge der geistigen Eapacilät und de« politischen Ernstes seiner Mitglieder noch immer zu den vornehmsten Parlamenten Europas zählt, und man begreift das Ungeheuerliche und das Widerwärtige des Schauspieles, daß der Kostgänger von Plützensec sich erdreistet, unter dem Schutze der Jmniilnität die Jauche seiner infamen Verleumdungen nicht bto« über Privatleute, sondern auch über die döchste» Reichabehörden auszuschlitten. Indessen, im deutschen Reichstag ist es noch nicht so weit, Laß inan einem solchen Eindringling gestattet, ungestraft da« Parlament aus da« Niveau einer Anlikemitenkneive herabzu- drücken. Man vermag freilich mit der Geschäftsordnung der rohen Verwilderung nicht beiziikommeu, welche au« der Tivvii-Braiicrci in das Haus aus der Leipziger Straße sich zu verpflanzen droht, aber man verfügt über die wirksamen Accente, welche dem Gefühle sur die Würde des Reichstage« zu Gebote stehen, und ans alle» Bänken, diejenige der Minister nicht ausgeschlossen, ist die Empfindung lebendig, daß der Mißbrauch der Immunität, durch welchen die Antisemiten die Volksvertretungen vcrunedren, nicht geduldet werden dari. Diese Accente der gerechicn Enlrüsliing ersetzen bis zu einem gewissen Grade die Lücken der Geschäftsordnung, wenn der Wille vorhanden ist, sich ihrer zu bedienen." Die Umtriebe der belgischen Revolutionaire, welche in den neuesten, in Seraing und an verschiedenen anderen Orten gemachten Dynaniitfunten, sowie in den vielfach versuchten Einwirkungen auf den Geist der Druvpcn besonders ceialaitt hervortretcn, sind jedenfalls bcachtenöwerthe Zeichen der Zeit. E« ist offenbar, daß die Umslurzpartei an kein Siege de« allgemeinen gleichen Wahlrecht« starke Zweifel hegt unv des halb tas Widerstreben der öffentlichen Meinung durch cinige demonstrative Drohungen auf einen minder entschiedenen Ton herabstimmen möchte. Indessen ist diese Taktik zu durchsichtig, um Erfolg baden zu können, unter der Voraussetzung allerdings, daß Mililair- und Eivilbebörden aus ihrem Posten und wachsam sind. DaS ist aber, wie die letzthin geglückten Verhaftungen mehrerer berüchligten Anarchisten bargclhan habe», durchaus der Fall, auch soll in den Kreisen der belgischen Arbeiter schaft wenig oder gar keine Rcigung herrschen, den anarchistischen Hiittermännern zuliebe »bre eigene Haut zu Markte zu tragen. Daß die Resercndumsbcwcgung nicht die von de» Umsturzhetzern gehofften Früchte tragen wirk, steht schon jetzt zweijcllos fest. Wie sehr der Panamascand al trotz der verschiedenen Vertrauensvoten, die der französischen Regierung aus diesen, Anlässe gewährt worbe» sind, verwirrend auf vie gesaminie innere Politik Frankreich« cingcwirlt hat und auch jetzt noch einwirkt, erhellt unter Anderem daraus, daß der Streit über den von Ankrieux mit X. bezeichneten Pananiachcck-E>» psänger noch nickt deenbel ist. Es war bezeichnend, daß fran zösische Blätter selbst, die im Uebrige» jeden gegen Rußland gerichteten Angriff aus« Schärfste verurtbeilen, nicht davor zurückichrecken, darauf anzuspiclen, daß dieses X. mit einem hervorragenden Diplomaten identisch sein könnte. Rack der entschiedenen Zurückweisung dieser Anschuldigung tauchte eine andere Version aus, die bezweckte, die Persönlichkeit des Präsidenten der Republik selbst in den Seantal bi»cinzu;iebeu. Es wurde darauf biugewiescn, daß ein Sohn Earnot« diese» gerate so compromittirl bade» könnte, wie Wilson seiner Zeit seinen Schwiegervater IuicS Gr«'-v» dtoßgettelll hatte. Tie Urheber dieser Gerüchte mußten sich in der Hoffnung wiegen, daß auch Earnot wie sein Vorgänger durch einen Scantal qenötbigt werden lö»»le, zurückzutrctcn To verdient kenn iiervorgekoben zu werden, daß Einest Earnot sich veranlaßi fühlt, daö ihn betreffende Gerücht in aller Form zu dcmen tiren. Ein Pariser Telegramm vom gestrigen Tage meldet nämlich: „Der Sohn des Präsidenten der Republik, Ernest Earnot, bat an den Dircctor des „Eclair" ein Schreiben gerichtet, in welchem e» heißt: „Ihr Journal hatte eine gehässige Verleumdung hinsicht lich meiner Person wiedergegede». In demselben war behauptet worden, ich wäre im Jahre 1888 Besitzer eines Panama-Checks gewesen. Da Sie sich zum Echo dieser nichiswürdigen Luge gemacht haben, so ersuche ich Sic, ein sormellcs und absolutes Dementi zu verössentlichen. Im Jahre 1888 war ich LI Jahre und besuchlc »och hie Bergwertichule; aber in keinem Aller besudelt man sich di» Hände, wenn man den Rainen Earnot lragt. Genehmigen Sie re." Wie die Boulanzisten und Moiiarchisten durck dieses Schreiben eine neue Enttäuschung erfahre», ist auch den Republikanern auf anbcriu Gebiete eine solche, und zwar von russischer Seite, zu Tkeil geworden, ta bei den Leichcn- fcierlichkcilcn sür IuicS Fcrr» die gcsamnite russische Bot schaff in Pari« durch ihre Abwesenheit glanzte Der Pariser Eorrelpoiideut der „Rat,-Ztg." berichtet iu dieser Hinsicht: „Es hat eine ziemlich starte Betheiligung des diplomatischen Corps an der Trauerseicr sür Jule« Fcrry stallgesunden, und es haben Vertreter särnnitlicher Botschaften und Gesandt- schasbn der Leichenfeier in« Palais Luxemburg beigewohnt init alleiniger Ausnahme der russischen Botschaft, von der sich Niemand eiugesanbcn hatte Ter „Temps" nennt zwar unter den Anwesende,, den General Prodenetn. Mililair-Ättachs der russischen Vvlichajl, aber c« beruht diele Angabe aus einem Jrrlhum, da ein russischer Militair-Attachi- diese« Namen« hier gar nichl czislirt, und dcr wirkliche MiUtaic.Ailaäß-, General Baron Frcderick«, wie die säninitlichen ander» Mitglieder der russischen Botschaft, der Tranerseier fern geblieben ist. Dcr rnisiiche Boiichnster Baro» von Mohrenheim, wie auch mehrere andere Botschafter, baden sich dahin geäußert, sie könnten einem Civil-Begräb»»»' nicht beiwohnen. Diese anderen Bolichailer batten sich aber durch ihre nicht so streng kirchlich gejinnien Seereiaire und Attaches verrieten lasten, wahrend die lanimliiche» Mitglieder dcr rusti'chen Botschaft ersichtlich den tirchlichen Standvunct ihres Ebels theile». Man wird natürlich daraus schließen, daß der rustiichc Botichasler Grund zu der An- uahme hat, Herr Jules Fern, sei kein Fanatiker dcr russischen Allianz gewesen." Die politische Lage m Engl and ist nicht gerade glänzend. Tie von Glabslvtie in Angriff genommene» Reformen sind bereit« in« Stocken gerathcu und babe> ist da« Parlament so überlastet, daß cS, nach emem drastischen Aussvruch der „Pall Mall Ga;.", wenn die jetzige Session bis zu Weih nächte» Ib!>4 dauerte, nicht lni Stande sein würde, alle Ge schäfte zu bewältigen, welche die Reczicruiig ibm zu unter breite» aiizcsangt» und noch i» Berettschajl hält. Die Vor lagen töililcii in zwei Elasseu cingetveilt werde»: solche, welche wieder sallen gelassen werde» solle», und solche, deren Inhalt zu so langen Debatten nnd so großem Wider stande Veranlassung geben wird, daß sie keine Aussicht Feuilleton. Ums Gel-. R «»»druck »erboten. Novell» von A. Heyl. iFortsetzung.s Traurig sah die Mutter dem Liebling nach, o daß sie ibm Helsen könnte; wie gern hätte sie daS niedliche Geschöpf, kas er, sie wußte eS ßewiß, mehr als se mit verzehrender Üeidenschajl liebte, al- liebe Tochter in die Arme gesöhloffen; wenn sie auck einst andere Pläne gehegt hatte. Ihre Wünsche Ismen nicht in Betracht, wo sein LebenSglück auf dem Spiele sunt. Tie jungen Leute konnten das erlösende Wort nicht sinken, daS den Bann hob, unter dem sie Beide seufzten, die Zauberkreise zerstörte, die in schlimmer Stande von einer bösen Hand gezogen wurden. Sic war machtlos dem Ber- dsiizniß gegenüber; sie konnte Nichts thun, als geduldig hoffen u»L Gott bitten, ev möge den jungen Herzen seinen Frieden gkben. So dachte die Mutter, während der Sohn auf Termine von Stahl zuschritt, dir ein glückliches Stündchen mit Sykow verplaudert batte und beim Anblick deS DoctorS schon ahnte, daß die Zeit zur Heimkehr gekommen war. Noch nie war c« Herminen vergönnt gewesen, mit einem Freunde über ihr Sorgen und Grämen zu sprechen, noch nie war ihr so ti»! Trost geworden, soviel freudige Zuversicht ans bessere Tage, als in dieser gottbegnadeten Stunde. Er wollte >br beisteben m§it Rath und That, und wenn da» Schlimmste bcrcindrechem würde, der unabwendbare Ruin, dann sollte sie nickt venlaffen sein, er wollte mit starker Hand daS Un glück aufbali en, ordnend eingreifrn und retten, was zu retten war. Nur beiter sollte sie sein, nur nicht verzagen, eS mußte AÜe>! gut werden. Ehe Hermine von ihm ging, faßte Zykcn ihre Hand mit den Worten: „DaS war eine lener dcrrlick en Stunden, wir sie nur selten im Leben kommen, an die man ein Erinnerungszeichen knüpfen soll. Wollen Sie ein solches k on mir annebmen, Fräulein von Stadl?" „Gern. Herr Sykow." Sie pachte, er würde ihr eine schöne Vlun e pflücken und zum Andenken an den heutigen Abend iiber«ichcn. Wie verwundert war sie, al« er einen Finger steckte „Er gehört Ihnen von Gotte» egen, tragen Sie ihn mir zu liebe", bat er. sprachlos aus da- Kleinod, dessen kostbare Steine ibr io bekannt I cntgcgenleuchte'en Es unterlag keinen, Zweifel, der Ring ihr«r Mutter, der schmerzlich vermißte Ring, war " n Besitz gelangt. „DaS ist ja der Ring meiner Herr Sykow. diese Freude!" ihr stumm die Hank. „Sie haben mich sehr t", stammelte sie «rröthrnd. Ring an ihre, unk Recht« p Tie blickte wieder in ,b Au I ler — o, Er drückt glücklich genia „Wirklich, habe ick das", flüsterte er, ibr zärtlich in die feuchten Augen blickend. „O, daß ich cs immer könnte!" Er sah dem Wagen nach, der sie davon führte und kehrte erst zu seinen Gästen zurück, als derselbe seinen Blicken ent schwunden war. Unter den Zuschauern deS heiteren Feste«, die sich an da« eiserne Gitter drängten, war auck LipS „Sie ist bezaubernd, entzückend", sprach er bei sich. „Keine von allen Königinnen und Prinzessinnen, denen se gehuldigt wurde, ist mit meiner Herzenskönigin zu vergleichen. Eine Künstlerin ist sie! Sie hat die herrliche Fahne gestickt, und Niemand zollte ihr die verdiente Anerkennung. Es ist nur gut, daß ich in Sykow'S Comptoir anwesend war. als Ingram daS Kunstwerk überbrachte. Ick werde ihren Ruhm ver kündigen; man ist nicht umsonst in» Lvceuin gegangen, man weiß sich auSzudrückcn, man weiß zu schreiben." In gehobener Stimmung und in der Absicht, seinen Vorsatz unverzüglich auszuführen, machte sich der Laden- Jüngling auf den Heimweg. Kühn schwang er seinen neuen Reitstock und summte die Melodie vor sich bin: „Die Dame, die ich liebe, nenn' ich nicht, doch habe ich ihre Farben aus erkoren." XIV Herminr war am andern Tage noch beseligt von den be glückenden Erlebnissen des vorbergegangenen Abend» und suchte die Einsamkeit, um ungestört ihren Gedanken nach- hängen zu köiznen. Der Ring, den sie am Finger trug, war ibr nun doppelt Werth geworden, seitdem er ihr als Geschenk de« trauten Freunde- von Neuem angebörte Sie grübelte darüber nach, wie da« zugegangen sein könne, daß gerade Sykow da« Kleinod erworben, und wie er Kenntniß davon erkalten bade, sic sei die Eigcntbümerin deS Ringe« gewesen. Sie saß beim Scheine der Abendsonne in ihrem traulichen Zimmer und blickte hinaus nach den westlichen Stadttheilen, wo die Fabrikschlote der Firma Luckner und Compagnie unter allen andern mächtig bcrvorragten. Sonder bar, heute stiegen keine Rauchsä»lei> dort auf. Sollten die Arbeiter noch einen zweiten Festtag kalten? Blauen Mon tag, dachte sic. Hoffentlich würde sie morgen früh wieder die Rauchsäulen sehen, die vom regelmäßigen Geschäftsbetriebe Zeugniß geben. Ack, diese« Hoffen war kein reckt zuversicht liche«. Es beschlich sie ein banges Gefühl, ein Ahnen naher Gefahren, die den lieben Menschen dort unten droben könnten Während sich trübe und angenehme Empfindungen in ihrer Brust uni die Herrschaft stritten, körte sie den Schritt ihre» OhcimS aus der Treppe. Er kam fast nie in ibr Zimmer, wa« konnte er beute von ihr wollen. Sie erhob sich, um ibm entgegen zu geben und ihn zu begrüßen; denn sie batte ihn seit gestern nickt gesehen. Ebr sie die Tbür erreichte, wurde diese deftig aufgeriffen und der Oberst von Elermont stand auf der Schwelle, bleich w>e der Tod, mit blitzenden Augen, in der geballten Faust ein zerknittertes ZeitungSblatt haltend. „WaS ist geschehen?" fragte sic erschreckt. „Bist Du ta« Fräulein von Stahl, die in diesem Sckmierblatt verherrlicht wird, weil sie für da« Fabrikvolk eine Fahne umS Geld gestickt hat, eine Fabiic, welche gestern von jenem Plebs durch allerhand wüste Gelage cingcweikt wurde? Ich frage noch einmal, bist Du das Fräulein von Stahl?" ries er zornbebend. „Keine Ausflüchte", grollte er. „Ja oder Nein!" „Ja", antwortete Herminc mit bebender Stimme, „ich habe die Fahne um« Geld gestickt, weil —" „Weil Du ein entartetes, ehrvergessene« Geschöpf bist", keuchte er, „die unwürdige Tochter eine« edlen Geschlecktes. Ich wollte, ich könnte eS nicht glauben, daß Du Dick so hcrabwürdiast, obgleich es hier schwarz auf weiß zu lesen ist." „In dieser Zeitung?" fragte Hermine, die ihre Fassung nur mühsam behauptete. Er warf ihr da« Blatt vor die Füße und hob die geballte Faust empor. „Ja, die Schmach dringt in die Oesienllichkeit. LieS selbst, wie Dein Name gebrandmarkt ist. Wie konntest D» Dich erdrcisten, hinter meinem Rücken so beschimpfende Aus- träge anzuilibmen, und wie konnte man es wagen, Dich damit zu beleidigen?" „Die Notk hat mich dazu gebracht", vertbeikigte sich Hermine. „Du willst Dich mit der Wirklichkeit nickt bekannt machen, sonst kältest Du längst cinsehen müssen, daß eS so nicht mehr lange fortgeben konnte. Jede Andeu tung von meiner Seite reizt Dich zum Zorn. Du willst Deine Villa, Dein Reitpferd, Deine Dienerschaft, Deine Spielpartien nickt aufgcben, Du willst die Ausgaben nicht reduciren. Du treibst blind in das Verderben unk ick, die ich Dick lieb babe, die ich Dir zu Dank verpflichtet bin, ich wollte so lange als möglich daS Schlimmste von Dir fern halten; darum arbeitete ick um« Geld und zahlte mit dem Erlös meiner Arbeit die drückendsten Schulde»" „Leere- Geschwätz", unterbrach er sie. seine W»tb kam» bemeisternk. „Du hättest das Geld aus standesgemäße Weise erkalten können, durch Bittgesuche und Gnadcngebalte an höchste Herrschaften, durch Unterstützung au« adeligen Stiftungen; da aiebt'S Mittel und Wege gcnmi, die nicht compromittircnd sind Du hast eS vorgezogen, die Traditionen Deiner Familie mit Füßen zu treten: Du hast für da« Arbeiter- Volk umS Geld gearbeitet, hast Lick demnach mit dieser Menschenrasse aus gleiche Stufe gestellt »nk hast Schimpf und Sckande über die grauen Haare Deines Oheims gebracht. DaS wäre noch eine Weil» so fortgegangen, wenn sich nicht ein verrückter Ladcndiener gemüßigt gesunken hätte, Dein Lob in dieser Zeitung auszuposaunen. Ick komme soeben au- der Redaction, wo ich mich genau erkundigt bade. Dcr infame Verfasser heißt LipS, unterzeichnet sich aber K. v. L Da« ist wohl jener Kurt von der Lippe, der Dir huldigt und den kein Mensch unter diesem Namen kennt. Recht so! Gleich »nv gleich gesellt sich gern. Die Fabucnslickerin und der Laden- tzeiigel löniicii sich associiren und der feige Krämer Sykow, dcr meiner Ehre diesen furchtbaren Schlag versetzte, kan» dem sauberen Paare das notbige Eapital vorschießen." „Es ist genug, Onkel, Du käst tem Recht, mich so zu beleidigen", rief Hermme entrüstet aus. Hätte sie alle Injurien schweigend biugcnonniieil, so wäre daS sür den Oberst von Eleiiiioni eine lR'nuglkuuiig gewesen und sein Zorn hätte sich allmälig wieder gelegt Ibr Wider spruch brachte ilin um Sinn und Verstand. „Kein Reckt!" keuchte er, vor Wutb bebend. „Kein Neckt, eine Elende zu züchtigen, die uiick be'chimpft bat — da« will ick sehen!" Er hob die geballte Faust. Hcrniinc richtete sich koch aus und streckte die Hand zur Abwehr au«; er sah den Ring an ihrem Finger. „Lügnerin, Henchlcrin!" schrie er rasend vor Wulh. „Du hast den Ring nicht verkauft. Du bintorgebst mich, wo Du kannst, Schlange — Erbärmliche —" Er packle die Wehrlose und schlug iie mit mächtigem Faustschlag nieder. Ein herzerschütternder Websitirei entrang sich ihren Lippen, während sie zu Bode» slürzle. Ter Oberst verließ rasch da« Zimmer und die Tbürc heftig hinter fick zuwerscud, eilte er die Treppe hinab Er kam sich selbst unbeinilich vor und flüchtete aus der Nälie de« unglücklichen Opfers, weil ihm bangte, er könne in dieser maßlosen Auf regung ein Verbrechen begeben Sobald des Obersten Schritte verballtc», erhob sich Her- minc und verriegelte die Tbür, um da« nochmalige Eindringen deS rasenden MauneS, dcr i» seiner heillose» Verblendung der schrecklichsten Tbat fähig war. z» Verbinder». Tie weinte nickt, sie jammerte nickt, sic nahm sich nickt Zeit, darüber iiachziikenlcn, wohin sic sich wende» wollte, sie hielt nur den eine» Gedanke» fest, daß sie hier nicht bleibe» könne, nacktem ihr dieser Schimpf widerfahren war Tic fühlte den Faustschlag iu ihrem Nacken wie ein Brandmal, das ibr dcr Henker aufgcdrückt batte. Sic batte eS so gut, so recht von Herzen gut gemeint — tas war nun die Vergeltung. — Dock das durste sic jetzt nickt beklagen: die Zeit drängte; sie mußte fort, fort vo» dieser Stätte der Schmack Wohin? Sie wußte eS nickt. Tic wollte sich »eck darüber besinnen, wenn sie draußen war iu Gottes freier Lust. Sie packle ihr« notkwcndigstcn Sachen in eine kleine Reisetasche, nabin da» Geld, da« ihr »och übrig blieb, Neidete fick rasch an und lauschte dann mit angekaltenem Alken,, ob sic keine Schritte >m Hause hörte. Als Alles rubig blieb, schlich sie aus den Zeben hinunter und verlieh da« Hau«, ebne Jemand zu de»
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