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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931206026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893120602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893120602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-06
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
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Vezug«.Prri< >, tza Hanpttxvedition ode» den Im Stadt, kzick und den Bororten errichteten Au-> äärestellen abgeholt: vierteljährlich.^l4.öO. bei zweimaliger täglicher Zustellung in» ^aus ^l 5.S0. Durch die Post bezogen für Deulschland und Oesterreich: viertel,äbrlich > . Directe tägliche Kreuzbandiendung inl Slutlaud: monatlich .«i 7.S0. TieMnrgen-Au-qobe erscheint löglich '/,7 Uhr, die Abend-Au-gabc Wochentag- ä Uhr. Lkdortion and Erpedition: Johanne»,affe 8. TfiTrvedition ist Wochentag- ununterbrocheu geeijiret von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: ttt» RIemm's Lartim. kSllsre» Hahn), Universitätsslratze 1. Louis Lösche. K«chari»e>>str. 14. pari, und König-Platz 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgcschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Auzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. ' Reclamen unter demRedaction-strich t4ga» spalten) LO 'j, vor den Familrenuachrichten (6 gespalten) 40»!,. Größere Schritten laut unserem Preis- rerzcichniß. 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Cardinal Nampolla hatte die Nachricht telegraphisch von -cm „Führer^ des EcntrumS" erbalten, als welcher denn wohl Herr vr. Lieber anzusehen sein wird; den Dank empfing Herr Lieber dann durch den bereit- er- Iväbmen Artikel des vatikanischen Zntransigcnteiil'latteS ..Vooe «lella Voritä", in dem er ersucht wurde, seine Gedanken über die russisch-französische Politik des BaticanS das nächste Mal für sich zu bebaltc». Zm Jesuitenorden selbst wird zur Feier der Nückkebr nach Deutschlanc ein dreitägiger FestzoitcSdienst für den heiligen OrdcnSslister vorbereitet. Die ersten von dem Orden zu crnchtenden Eollegien sollen angeblich nach Westfalen und »ach Hamburg komme». Da- möge der NeicvSlaz »och bei der drillen Lesung im Auge behalten. Auch der BundeSratb , dessen Existenz der Iaiican anscheinend ganz vergißt, möge sich bei seiner Entscheidung den Triumph vergegenwärtigen, den der Reick-- taqsbeschluß vom Freitag den franzosen- und russenfreund- liclen ralicanischcn Politikern bereitet bat. Oder sollte man im Balican etwa wissen, daß Preußen den ullramontancii Polen nicht nur in Bezug auf ihre Schulwünsche ent- zegenzukommen für zweckmäßig hält, sondern auck die Hilfe der Jesuiten in den Provinzen mit polnisch sprechender Bevölkerung zur Erreichung deutschnationaler Ziele für wiinschenswerth erachtet? Eine in der „Köln. Ztg " als ossiciöS gekennzeichnete Ver teidigung der bevorstehenden Wiedereinführung des polni schen Sprachunterrichts in den Volksschulen der östlichen gemischt - sprachigen LandeStbcile besagt: Der von dem Ctiltu-.umister Gras Zedlitz cinAeführte, sogenannte „Privatunterricht- im Polnischen — in den Scbullocalcn durch die angestellten Lebrer — sei an manchen Orten in schlimmster Weise ausgebeutel worden und ausgeartet. Tie staatliche Schulaussicht über denselben bade sich so gut wie unwirksam erwiesen. (!) Vielfach habe die Betheiligung an dem Privatunterricht geradezu den Charakter einer Agi tation und einer Demonstration angenommen. Eultusininister Vosse sei deshalb der Ansicht, daß cs besser sei. diesen Privatunterricht wieder auszubeben und das, was in dem- sctben geboten und ermöglicht werten soll, „eine gründliche und nachhaltige Erlernung des Religionsunterrichts (sic!) seitens der polnisch redenden Kinder der Volksschulen in den Regierungsbezirken Posen und Brombcrg", in de» amtlichen Stundenplan der Volksschulen selbst zu ver legen. DaS Preußische Staatsministerinm solle sich inzwischen auch niit dieser Absicht des EnltuSministers einverstanden erklärt haben. — Da der Wortlaut der Ministcrialversügung nock nicht veröffentlicht ist, wird man mit dem abschließenden Urtbcil vorläufig noch zurückhalten müssen. Einige Worte der Kritik sind indessen schon jetzt erlaubt. Die ofsiciöse „Vcrtheidignng" des Vorgehens der Regierung gesteht klipp und klar ein, daß alle die schlimmen folgen emgctrcten sind, die dem Grafen Zedlitz bei dem Erlaß seiner PriratunterrichtS-Verfügung vo» nationaler Seile angeknndigt wurden. Anstatt nun Liese Zedlitz'sche Bersügulig einfach aufzuheben, vergrößert man daS fehlerhafte Zugeständnis Die preußische Negierung ist also der Ansicht, daß das Ganze weniger sei als der Tbeil, daß der Teufel am zweckmäßigsten durch der Teufel Obersten aus- gelriebc» werde! Der Austritt des Herzogs Alfred von Sachsrn- Poburg-tzlulha aus dem englische» Geheimen Rath, dem er als englischer Prinz angehörte, hat überall Befrie digung und Gcnuglhuung bcrvorgerusen. llebcrraschenv ist dieser Schritt allerdings nicht gekommen, denn die Summe» der Presse, die das Verbleiben des Herzogs in jener Körper schaft einer Kritik uuterwa.rfen, dürsten dem Herzog, der ein fleißiger Zeitungslcser ist, nicht unbekannt geblieben sein. Auch har der Herzog jchon vor längerer Zeit die Absicht ausgesprochen, seinen Austritt aus dem Geheimen Nalh zu bewerkstelligen. Wenn nun seinerZeit un englischen Unterbaute behauptet worden ist, daß der Gebeime Nalh absolut nichts zu devculen habe und nur noch nenunell bestehe, so ist das, wie nur bereits nachgemiesen ha.'eu, nicht richtig. Es löunen Fälle Vorkommen und sind bereits vorgekvmmen, in denen die Königin eine Enlscheivnng mchl eher getrosten sehen will, als biS die Meinung des Geheimen Raths cingebolt ist. Zn welche Lage würde der Herzog Alfred nun verletzt worben sein, wenn er den Austritt ans dem GeöeuncnNath nicht bewerkstelligt batte und wenn cs zu Differenzen heikler 'Natur zwischen Deutschland und England gekommen wäre! WährendvcöKrimkricgs brachten Preuße» unk die kleineren deulschcn Staaten insgesauunt Ruß land eine wohlwollende Neutraluäl entgegen, wänrcnt England sich bekanntlich im Krieg mit Rußland befand. Herzog Alfred iiinßte also einsehc», daß er möglicherweise doch als deutscher Fürst anderer Meinung sein konnte, wie als Mitglied des englischen Geheimen Raths, und dcSbalb legle er die letztere Stellung nieder. DaS deutsche Volk und vor allen Dingen die Coburg-Gothaer werden ibm für diesen Schrill Dank zollen; die Möglichkeit, daß die frühere Toppelstellung des Herzogs im Reichstage zur Besprechung gelangen könnle, ist ja nun auch aus der Well geschafft. Dem neuen franzöfiichrn Ministerium wird trotz seines ersten Sieges in der Depiilirlcnkammcr von keiner Seile ein langes Leben prophezeit. Selbst seine Anhänger rechnen aus. daß cS leine compacte Mehrheit hinter sich habe und deshalb bei der nächsten besten Gelegenheit inS Schwanken kommen werde. Zm besten Falle, so sagt man sich, werde cS sich durch Laviren und Diptomatisiren eine Weile hinfristen könne», in diesem Falle aber aus die Durchführung der versprechen«! social politischen Reformen verzichten müssen. Zn diesem Sinne bc- urtbeilen auch die „B.P.N."dicLage desEadinelöPcricr, indem s»c schreiben: „Das Gezänk und die Zwietracht der Parteien über wuchern alle sonstigen Zntcrcssen, die dcsHecrcü und dcrMarine, sowie der Eolonialpolitik ausgenommen. Letztere ist zur Zeit sogar besonders bevorzugt, weil sie eine bequeme Ableitung des überschüssigen Tbatcndrangcö gestattet und den Franzosen die ausgiebig benutzte Gelegenheit bietet, sich in anderen Erd- tbeilcn für die notbgcdrungcne Zurückhaltung zu entschädigen, welche sie sich in Europa einstweilen »och auscrlegcn müssen. Bon den socialen und wirthschafllichcn Resormgclüstcn des Herrn Pericr wird man sich daher keine gar zu überschwänglichen Vorstellungen machen dürfen. Die Oppo sition der rechts- »nd linksextremen Parteien wird schon dafür sorge», daß das Eabinct die Neigung zu wcilauSschauenten innerpolitischen Actionen im große» Styl bald und gründlich verliert und zu»> Bewußtsein kommt, daß daS Hemd ihm näher sitzt als der Nock. Schon die Art und Weise, wie die äußerste Linke die Verlesung dcS Programm- ausnabm, giebt einen Vorgeschmack der Kämpfe, welche der Negierung harren. Der bürgerliche, so gut wie der socialdemokratischc Radi calismus baffen das Eabinct, weil dieses die bestehenden Einrichtungen nickt bedingungslos dem Umsturz prcis- gebcn, sondern nach Möglichkeit conscrvircn will. Auf die Mitwirkung dieser Elemente kann die Negierung also nickt rechnen und ebensowenig auf die klerikalen »nd monarchische» Widersacher der republilanischen Staatsordnung. Alle diese Leute werden bloß durch das An denken an die Nussenfrcniidschast und aus Furcht, dieselbe zu verscherzen, von dem sofortige» Ansturm wider daS Eabinct zurückgcballen. Wenn Casimir Pericr nickt in hoben» Maße eie Kunst des DipIomalisircnS und Hinhalten- versiebt, so sieht eS um die Stabilität seiner Ministerhcrrlichkeit übel aus. Denn die Zahl der Portescnillejäger ist Legion und ibr Bemühen um Erlangung politischen Einflusses wird immer leidenschaftlicher." Italien ist immer noch auf der Sucke nach einem Finanz minist er. Nachdem Boselli bas Finanzporte- seuillc abgeleknt. bat Gras Guiceiardini das Gleiche ge- tban. Es wird nun, da Zanarkelli nicht eines Finauz- mniisterS willen in eine Veränderung der übrigen, mit so großen Mükcn zu Stande gebrachten Liste willigen mag, nichts Anderes übrig bleiben, als für das Fiuanzporleseuille eine bescheidene Größe zu wählen, die sich einfach den College» sügt. Diese sind bereits bekannt. DaS Auswärtige über nimmt General Baratt er, der als Gouverneur der erythräischen Eolonic sich wobl bewährt Kat unv für einen der begabtesten Ossieierc gilt. Er ist Trientiner und gilt für sehr liberal, sogar für irretentistisch. Doch wird daS Letztere in Abrede gestellt; eö ist auch undenkbar, baß er mit solcher Gesinnung als Minister in die DreibundSpolitik cinträte. Generallieutenant Asinari di San Marz an». Eonimandant de- IX. Armeecorps »Rom), übernimmt daS Kriegöininisreriuni, Vaechelli den Schatz, Fortis die öffentlichen Arbeiten. Eacco-Ortu den Handel, di Blasio die Post, Gallo Unterricht, Admiral Nacchia bedält die Marine. Zanarbelli war. nachdem er einmal ausschließlich aus die Linke angewiesen war, in seiner Auswahl sehr eingeschränkt, da er weder aus die Freunde Giolitti'S. noch auf die Criöpi'S, noch aus die Nicorera'S rechnen konnte und auch aus die 7 Mitglieder des Bank-UntersuchungSauSichusses verzichten mußte, die sich durch die Ausdeckungen ihres Berichts den unversöhnlichen Haß der Ebrenwertben zugezvgen haben. Befriedigung erweckt die tkcilweise Lösung der Krisis nirgends. Aber die Schablone der parlamentarischen Regierung duldete nicht, daß das Ministerium außerhalb der Kaminerparteien genommen wurde. Zetzt ist eS — abgesehen von der Finanzlückc — mit Ach und Krach unter solchen Umständen zu Stande gekommen, daß man wohl sagen kann, es ist der letzte Versuch, der mit einem parlamentarische» Ministerium gemacht wirb. Schwerlich wird es den Stürmen, die seiner in der Kammer warten, lange gewachsen sein. Die Neubildung des serbische» Ministeriums stößt, wie zu erwarten war, aus Schwierigkeiten, deren Beseitigung jedenfalls nicht leichter dadurch wirb, daß König Alexander sich an seinen Batcr um Nalh gewendet Kal. Ein gestern in Belgrad aufgegebencS Telegramm meldet über die Lage: „Die Cabinetsdildung wurde bis spät Nacht- nicht vollzogen, doch erwartet man bis heule Mittag die Veröffentlichung der neue» Miuisterlisle. Tie Personenwagen bereiten unerwartete Schwierig keiten. ES tritt eine völlige Personenvcrjchiebung cm. Ter bisherige Minister de- Neußer» Ni kolkt sch tritt in das neue Eabinct nicht ein; bestimmt genannt werden nur der Kriegsminister Eiruitsch, der auch da- Aeußcre übernehmen soll, sodann der Handel-minister Milvschewitsch, der, falls Vuitsch nicht annimmt, das Finanzresjort übernimmt, ferner der bisherige Justizminister Maximowitjch und der Baulenminister Stanko- wilsch. NiS Eullusminislcr wird Professor Luka Lazarewitsch genannt. Vom Fmanzuicnisler Vuitsch wird bekannt, daß er an General Grmiich ein Schreiben richtete, in dem er auf da- Be stimmteste erklärt, die Leitung der Finanzen nicht mehr übernehmen zu wollen." Nack» anderen Meldungen glaubt man in Belgrad über haupt nicht, daß durch die jetzige Neubildung des EabinctS ein dauernder Zustand werde hcrbcigeführt werben. Biel wird freilich davon abhängen, ob cS gelingen wird, die finanziellen Schwierigkeiten, in denen verdien sich befindet, zu bewältigen. Die Aussichten hierfür sind wenig günstig, und da eie Opposition nnr zu sehr geneigt ist. den Hebel bei diesen Punclen auzusetzen, so sind Ucberraschunzcn nicht ausgeschlossen. Admiral Mcllo widerspricht den Meldungen, daß er die Wiedereinführung der Monarchie in Brasilien beabsichtige. Der BerichterstatterdcS„N.-P.Her." in Buenos-ApreS erhielt durch Vermittelung dcS Ür. Run Barbosa das folgende Schreiben des AdmiralS: ,.A» Bord des Dampfers „Aguidabahn" im Hafen von Rio dr Janeiro, 20. November. An den Redacteur des „Herold". Der „Herald" »ordert mich aus, den Zweck der revotulionairen Be wegung auseinanderzusetzen. Ich versichere Sie, Laß cS meine un wandelbare 'Absicht ist, wie ich cs in meinem letzten Manifest erklärt habe, die republikanische conslitutionelle Re gierung, die Peixoto zerstört hat, wieder ciuzuführe», Le» nationale» Friede» i» allen brasilianiichen Sioatcn zu fordern und eine bürgerliche Regierung an die Sielle des Militari-mu- zu setzen, jenes snrctilbarc» politischen Snsiems, welche- der jetzige Ticlalor entwickelt hat der für Brasilien in dieser Weile jenes surchl- bare Unheil anstistei, da- in alle» ipauischcn Eieniemwcse» zu finden ist. Alle Berichte über monarchische Plane sind absolut falsch. Cuslodio ZosS de Mello." Zn Ncw-'ljork ist die Nachricht eingctroffen, daß das Dynamit - K a » o n e n b v o l ^.Nietheroy" und die „America", welche beide von Peixoto angrkaust worden sind, am Soii.ilag von St. TH»waS nach Nord-Bra silien ab gesegelt sind. Ter brasilianische Gesandte in Washington soll geäußert baden, Mello täusche sich, wenn er glaube, daß er die neuen Schisse zu einem Gefecht aus ofscncm Meere werde zwingen können Dieselben hätten de» Befehl, die Znsurgciitenschiffe so lange zu uicidcn, bis sie selbst brasilianischen Ossi eieren übergeben worden seien. Ericson'S unterseeisches Kanonenboot „Dcstroyer" ist am Sonntag ebcusaUS nach Nord-Brasilien abgescgclt. Der Dampfer „Sa» Lu iS" »abm cs ins Schlepptau. ES soll zu dem „Nictberoy" stoße». Die brasilianischen Agenten in New '.'-ork werde» wahrscheinlich jetzt keine weiteren Schiffe mehr in Ncw-Aort aiikausen. Zn den Aeußelunge» der Botschaft, mit welcher Präsident Eleveland die ordentliche Session LcS Eo»- grcsscs eröffnet bat, über die den Vorgängen in Brasilien gegenüber beobachtete strenge Neutralität bilden die obigen Millheilungen einen seltsamen Eominentar. Deutsches Reich. Z Leipzig, Tecember. Verschiedene Blätter erinnern jetzt daran, daß Gras Eaprivi als Ministerpräsident die Erklärung abgegeben bat, Preußen werde im BunkcS- ralh gegen die Aushebung LcS Zcsuilengesetzes stimmen. Feuilleton. Lebe» um Leben. 26j Roman in zwei Bänden vo» M. Gerhardt. Nachdruck verbot!». (Fortsetzung.) Frau Markwald fand »ichl gleich Worte auf diesen Aus bruch. Bertha lag erschöpft aus den Kisten, und sie zog die Decke um sie zurecht, setzte sich, faltete die Hände im Echooß und seufzte bitterlich. Göy war ja ei» Anderer geworden! — Sie wiederholte ^s schüchtern und Bertba nickte dazu, mit schwermüthigem Spottlächeln, »nd Frau Markwald war wfrieden, daß sie nichts einwendetc und sich ruhig verhielt, ne verstummte und seufzte wieder. „Mutter — Mutter!" sagte Bertba leise, „warum hast Du mich überredet! — Ach, Mutter, warum hast Tn mich zu dieser Heirath gedrängt wider meinen Willen? Tu hast mich in mein Unglück gelrieben. Mutter!" „Kind, um GctleSwillen. nicht diese furchtbare Anklage! Ich babe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Tein Glück- hakt' ich vor Augen, HcrzenStochter, nur Dein Glück." „WaS wußtest Tu, was mein Glück war? Wie konntest Tu glauben, eS aus diese Weise zu erzwingen? — Aber kreilich, ich mußte Dir ja nicht folgen. Damals war ich frei. Zetzt — jetzt —" Eine dumpfe Pause, Frau Markwald drückte ihr Taschen tuch an die Augen, ihre Brust hob und senkte sich in cr- slicklem Weinen. „Mutter", beganst Bertha mit gedämpfter Stimme »nd lizenihümlichem Ausdruck, „Mutier, Tu hast cS gewußt, we«balb die Minna damals ins Wasser ging?" Frau Markwald fuhr in die Höhe, tunkelroth vor Er regung. „Tie Minna? WaS meinst Du? WaS weißt Du?" „Alle- weiß ich. Sie war Waldemar'S Geliebte. Zn seiner Mutter Hause —" „Wer — wer hat Dir davon —" „Gleichviel wer. Die Hannchen, denk' ick, die Schneiderin. Beim Anpaffen meiner AuSsteuerkleitcr. WaS schwatzt man nicht au-, die Langeweile zu vertreiben? — Du hattest Wohl nicht daran gedacht, cS ihr zu verbieten. — Mutter, wenn e« Dir da» Gewissen beschwert, mir da- — da- verheimlicht zu haben — beruhige Dich. Ich Hab' eS gewußt, vor der Hochzeit — und babe Waldemar doch genommen. Zch halte cS beinahe vergessen, lange Zeit, aber in der Krankheit bab' ich immer davon geträumt. Und wenn ich den armen Aldo ansehe, muß ich daran denken. Das ist schrecklich, Mutter." Fünfte« Capitel. Sonntags, pünctlich zur Kaffeestunde, hielt die Siewcrt'scke SlaatSkutsche vor der gastlichen Thür des Gravelischker Wohn hauses und Frau Zda und Frau Antonie stiegen aus. Tie beiden Herren machten den Umweg über da« Städtchen, um .^Cigarren zu kaufen", und dem Superintendenten und dessen Sohn^einen kürzlich abgestattetcn Besuch zu erwidern. Die drei Siewcrt'schen Sprößlinge tollten schon seit dem frühen Morgen mit den beiden jüngsten Markwald'S im Garten, Hof und Ställen umher. Es war heute der letzte Feiertag und die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme klein Ltto'S, sollte Abends im Gravelischker Ponywagen nach der gemeinsamen Pension in Wohlan befördert werden. Antonie begrüßte Hildegard mit großer Herzlichkeit, aber ihre Erscheinung machte dem sungen Matchen einen beklemmenden Eindruck. Worin lag es. daß sic so sehr verändert erschien? Die scharfgewordcncn Linien des feinen Gesicht-, die Fältchen um Augen und Mundwinkel, dir kränkliche Farbe waren cs nickt allein. Für die Toileltenkünstc, die Antonie brauchte, hätte Hildegard vielleicht kein Auge gehabt. Aber die Be merkung, die jugendliche Menschen »n Vollgefühl ihrer Kraft- blütbe so abstoßend berührt, drängte sich ihr ans: Antonie wünschte, jünger zu erscheinen, als sie war. Sic trug sich übertrieben modern, fast kokett in Schnitt und Farbe ihres AnzugS. Sic sprach unv lachte viel mit ungewohnter Munter keit, die dock nicht recht von Herzen kam. jo daß LaS Lächeln um ihre Livpcn zuweilen erstarrte und ihre Scherze ver unglückten. Die Eroberung Vater Markwald'S machte sie im Sturm, schloß mit Alma Freundschaft und ließ sich Nclly'S Geheimnisse und Zukunftptäne erzählen Nach dem Kaffee ließ sie sich von diesen Beiden zu den Rosen führen, während Tante Zda Hildegard ihren Arm reichte und sic abseits zog. Sic hatte ja Richard Lasten versprochen, da- Wort für ihn zu führen. Und was ihre bedaucrnSwertbe Schwester sie an« einigen vertraulichen Andeniungen hatte crrathen lassen, machte die Verheiralbung Hildegard s noch besonder- wünschenS- wcrth. Zm verschwiegenen Schatten einer Lintenlaube bol sie ihre ganze Beredsamkeit aus, Hildegard zur Einsicht über den Werth eine« braven liebenswürdigen Mannes, eine friedlich schönen Wirkungskreises zu erwecken. Und welche Freude würde sie ihren Ellern bereiten! — Za, ein gutes verständiges Mädchen durste man wohl an die ungesicherte Lage ihrer Familie erinnern, und ihr an's Herz legen, daß sie als gut verbeirathete Kran den Zhrizen ein Halt und eine Stütze sein würde. Hierauf erwiderte Hildegard mit großem Ernst: „Tante Zda, ich bin im Elternhause mit den Geschwistern ausge wachsen, aber als ich einst am Rande dcS AbgruntS irrte, wußten meine Eltern nichts von mir. Wenn ich jetzt meine KindeSkflicht freudig erfülle, so ist daS sicherlich nur in der Ordnung. Mein Znnenleben aber gehört mir allein, und ihm Gewalt anthun — Schein und Lüge cinsübren in mein tägliches Leben — und wäre cS zu heiligem Zweck — nie mals! niemals!" „Wer verlangt das?' versetzte Frau Siewert. „Wäre Lassen Dir von Grund der Seele zuwider, so kältest Du Recht, so zu reden. Aber im Gegentheil, der Verkehr niit ibm ist Dir lieb, daS stellst Du nickt in Abrede. Anderiisalls wäre eS ja auch unverzeihlich, daß Du ibm nickt längst einen Wink gegeben, seine Besuche bei Euch cinzustellcn. Denn anS seinen Absichten hat er nie ein Hebl gemacht." „Zch ebensowenig au« meiner Gesinnung gegen ihn", cnt- gegncte Hildegard. „Vielleicht balle ick andere Gründe, mir seine Besuche gefallen zu lassen " „Tie ich nickt wissen darf?" „Wenn Tu sic nicht erräthst, Tante Zda, n—- nein!" „Ich sehe, Tn hast kein Vertrauen zu mir. Laß Dir aber sagen. Hilde, mit solch romantischen Anschauungen von Liebe und Ebe, mit solch überspannten Ansprüchen an das Leben findet ein Mädchen sein Glück nickt." „Zch mache ganz und gar keine Ansprüche, Tante Zda. Zch wünschte nur, daß sich Niemand mit meinem Glück zu schassen machte." „Darf man eintreten?" ließ sich AntonienS sanfte Stimme vom Eingang der Laube vernehmen. „Ja. komm nur", erwiderte Zda. „Du weißt ja, WaS wir miteinander haben. Vielleicht hast Du mehr Einfluß aus dies eigensinnige Matchen als ich." Erbitzt und gekränkt, mit bochgezogcnen Brauen saß sie da, ganz Maria Theresia, wie der aus die Herrschcrtngenkcn seiner kleinen runden Frau scbr stolze Otto Siewert zu sagen pflegte, wenn ibr sanfte« Regiment sich einmal in etwas demonstrativer Weise gellend machte. Sie meinte e« so gut. Sie hatte die beiden jungen Leute so lieb, hätte so gern ein Paar a»S ihnen gemacht. Nicht entfernt wäre cS ihr in den Sinn gekommen, daß ihre Ein mischung als »»berufene, unwillkommene aufgesaßt und zn- rückgcwiesen werden könnle. Antonie »äberte sich der schlanke» Mädchengcstalt, die im Schatten der Laube, stickt gegen den gerieselten Stamm einer Rüster gelehnt, saß. Fleckige Sonnenlichter schwankten über ibr weißes Kleid, ihr answärlS gerichtetes Antlitz hin. Mit lcickter Hand befestigte Antonie eine vcllerblühtc rotbe Rose in ibre» dunkeln Locken. „Meine lbeurc Hilde, bereite mir dock die Freude, Dir so de» Brautkranz in S Haar flechten zu dürfen." „O bitte, bitte, verschont mich!" ries Hildegard in nervös reizbarem Ton. „Niemals werdet Ihr mich im Brautkranz sehe» " „Welche Nebcrtrcibung, Hilde!" versetzte Frau Zda vor wurfsvoll' „Zch will Dich gewiß zu keinem Entschluß dränge», Kind. Aber glaube mir. Du wirst in Jahr und Tag andcr- denle», und wir wollen nur wünschen, daß Lassen seiner Neigung treu bleibt." „Ein so vortrefflicher, gediegener junger Mann —", begann Anlcnic unsicher. Hildegard unterbrach sic erregt: „WaS bedeutet das hier? Warum wollt Ihr mich nickt versieben — Ihr, die Ihr Beide an- Liebe gchciralbet habt — Tn — Antonie, der der geliebte Mann Gott und Welt und Alle« ist!" „Soll ich Dich jo verstehen", fragte Antonie mit bebenden Lippen, „daß eine andere Liebe — daß — jene erste, kindische Leidenschaft — beute ncch —" „O, schweig' davon, um Gotteswillen!" rici Hildegard heftig. Ihre Augen flammten durch die Dämmerung, sic riß einen Zweig ab und streute die Blätter ans den Boten. „WaS quält Zbr mick? Sekt dock, wie glücklich Bertba aus solche Weise geworden ist. Soll ich —" Ein dumpfes Geräusch — Rädcrrolstn oder Gewitter ließ Antonic aunalncn und alle Drei verließen die Laube. Nack zwanzig Schritten stieß Antonie einen Frcukciirns aus und flatterte voran — ihrem Gatten entgegen, der mit Nell» voir der Seite des Hause« bcranlam. Hildegard, die gleich anfangs zurückgeblieben, wandte sich und floh in den Schalten der Gebüsche zurück — sic konnte ibm jetzt nickt begegnen. Ein Schleier war zerrissen, der ihr das eigene Innere ver hüllt. Vo» wohlmeinender Freundeshand zerrissen — die nicht wußte, was sic that. Es hatte Mittags etwas gewittert, im Südwest stand
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