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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.12.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931223024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893122302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893122302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-23
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
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skier bei Metema gesamdst und den Negu» Johanne« ge lobtet. Nrimonti verfolgt den Feind nnd hofft, ihm wettere Verluste zuzusügen. Durch re» Sieg lei Argodat wird für längere Zeit dir Ruhe in» Sudan gesichert. Amerika. * Washington, 20. December. Im Senat setzte Hoar seinen Angriff aus den Präsidenten Eleveland wegen kessen Hawaii - Politik svrt. Die Anweisungen re» chräsitenten seien geradezu lächerlich ru nennen. Der Senat beausnagte schließlich, aus Antrag Morgan« von Alabama, seinen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten. Bericht zu erstatten, ob Unregelmäßigkeit im diplomatischen Verkehr zwischen den Vereinigten Staaten und Hawaii vorgrkommen wären. Der Ausschuß darf Zeugen zu Aussagen zwingen. * Peio-Aark, 20. Decemder. Die Bereinigten Staaten- Schaluppe „Kearfarge" hat Befehl erhalten, nach San Domingo zu segeln, um die amerikanischen Interessen aus ter Insel zu schützen. Aus San Domingo haben türzlich Un ruhen stattgefunden. * PtztlaSrlptzta, 20. Decemder. In Washington heißt e«, daß dir Regierung im Besitze von Nachrichten au« Brasilien ist, denen zufolge Marschall Peixoto Boden rerliert, die Insurgenten dagegen an Stärke gewinnen. DaS Kriegsschiff „Saug Francisco" soll nach Rio de Janeiro fegeln. Das rortige Geschwader der Vereinigten Staaten wird bann vier Kriegsschiffe zählen. * Nach Melkungen aus Oestcrro, die in Buenos AnrcS versiegen, hat am Itajahy-Ftuß ein Kampf zwischen ten brasilianischen RegierunzStruppen und den Aufständischen statiaefunden, bei welchem 400 Mann getöktet fein sollen. Tie RcgierungStr uppen bemächtigten sich keS Schiffe- .Meteors" nud machten die Bemaunnng nieder. Lolonial-Nachrichlen. * Wie die „Magdeb. Ztg." aus Victoria lBritlsch Columbia) sich über London telegraphiren läßt, fand im Bismarck-Archivet aas der Insel Reupvmmern «in heftiger Kamps zwiichen den ltingebororn und Deutschen statt. Obwohl in einem der ZujamrnenstSße nicht weniger als 90 Eingeborene siele», treffen diese weitere Anstalten zum bewaffneten Widerstand« gegen die Deutschen. — (Bereits vor einigen Monaten ist in Neu- iwmmern ein« Differenz zwischen Eingeborenen und Deutschen ent. standen, die durch einen leichren Kamps beigeirgt wurde. Doch nadm man damals schon an, daß mit bteiem Kamps« die Feind seligkeiten nicht beendet seien, ja »S wurde sogar der Vorwurf er dodea, daß man die Eingeborenen nicht nachhaltig vrrsoigt Hab« und wettere Kampfe wurden in Aussicht gestellt.) Gerichtsverhandlungen. Königltches Landgericht. Strafkammer 1U. 6. Leipzig, 23. Decemoer. Bon recht bedenllicher Ausdehnung Ist bereit» der StrasregisterailSzug des am 31. August I87l in Lengenseld im Vogtland geborenen Tapezierers Adoli Alexander Römhild. Bereits im Jahre 1889 wurde Röinhild wegen schweren Diebstahl- und Uaterichlagung mit lO Monaten Gesangniß deslrasl. Im Jahre 1891 wurde er wegen schweren und einjachrn Diebstahls und Betrüge zu 6 Monaten 2 Wochen Sesäagniß verunheilt, welche Strafe dnrch ein Zusatzurlheil auf 7 Monate I Woche Ge- i-ngniß erhöht wurde. I:» Jahre 1892 erhielt Röinhild wegen Diebstahls und Beirug« ? Monate 2 Wochen Gesangniß zudicnrt ii»d im selben Jahre noch wegen der gleichen Verbrechen l Jahr Gesäiigniß. Angeldern Hot er wiederholt Vorstrafen wegen BettcinS und Landstrei«t>enS erlitten und man thut dem Angeklagten sicher lich nicht Unrecht, wenn man ihn als ardellSscheurn Menschen be- zeichnet. Nach seiner Entlassung au» der Strafanstalt Zwickau, welche am 17. Oktober diese- Jahres erfolgte, wandte er sich nach Leipzig, wo gegenwärtig sein» Eitern wohnen. Diese behielten auch den unge- rachenen Sohn «in paar Tage, als er aber keine Arbeit fand, wurde chm von seinen Eltern gerathen, sich Arbeit anderswo zu suchen. Diesen Rathschlag befolgte indesjea Römhild nicht, sonder» blieb vielmehr in Leipzig. Im Oktober noch wurde er aber brüst- dank und verblieb acht Tage im Krankenhaus. Am 5. Noveinbrr miethele er sich bei dem Buchdrucker Sz. in Schlafstelle ein. Nm diesen zu veranlassen, ihn ohne vorherige Bezahlung auszn- nehmen, schwindelte er dem Sz. vor, er habe bei dem Bilder- rahmeniabrrkaalea W. Arbeit gesunden »ad zeigt« auch «ine von W. angeblich unterschriebene Arbeitsbescheinigung vor. dir er sich von einem Unbekannten aus der Herberge nach seinem Diktat hatte ansertigen taffen und dann mit W.'S Namen »aterschricden hatte. Er hatte aber auch Sz. vorgejpiegelt. daß er nur Haiuburg zugereist sei. Dies war in der Absicht geschehen, uin Tz. zu vermögen, ihm zur Auslöjaog seiner Koffer- Neid zu borgen Am folgenden Tag kam daun auch Römhild z» Sz. uud 'agte ihm, sein Koffer stehe aus dem Magdeburger Bahnhof, er brauche zur Abholung 3 und bat Sz., ihm da« Eleld zu leihen. Sz gab ihm jedoch nicht-, sondern erklärte, er wolle selbst auf die Bah» g.'hen. Das paßte natürlich Römhild nicht, er verschwand, ,edoch ohne zu bezahle» uud kam nicht wieder. Q An demselben Tage noch miethele er sich bei einer Fron M. ein. Hier gab rr sich für einen aus Plauen zugereisten Schlosser- gestllen au» uud erklärte, rr habe beim Schtofiermeistrr Br. Arbeit grinnden. Zum Beweise seiner Behauptung zeigt« er eine selbst geschrieben« Arbeitsbescheinigung Br.'S vor. Andern Tag- erbat er sich 2 von Frau M . wn seinen Soffer von der v«d» »u holen. Er erhielt auch da« Selb, ließ sich aber bann bei Frau M. nicht wieder blicken. Ni-n zog er zur Frau H., der er vorschwindeite, er sei beim Schlossermeister H. in Arbeit. Als er aber am 8. No vember sich l 80 erbat, um seine Sachen von der Bahn holen zu können, wurde er abgewieien. Am 9. November besuchte er seine Eitern und stahl bei dieier Gelegenheit dem dort wobnenbeu Metall- ardeiter S. eine Taschenuhr im Werth« von 18 -ck, die er nach- malS für 2 -sl 50 ^ versetzte. Am l8. November wurde Römhild verhaftet. Während man dein Angeklagten bezüglich d»S Rucksalls, betrug- und der schweren Urkundenfälschung mildernde Umstund« nochmal- zubilligt», konnte man bezüglich des Riicksallsdiebstahls zur Zubilligung mildernder Uiustände nicht gelangen. Es wurde daher Römhild zu 2 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehrverlust vrnitthetlt. auch seioe Stellung unter Polizeiaufsicht für zu lässig erklärt. O. Leipzig. 23. Derember. Wegen Beleidigung der Architekten Schmidt in Wurzen wurde der verantwortliMe Redakteur der vor- maligen „Aurzrner Zeitung" Max August Diehl am 30. Oktober dieses Jahres vom Schöffengericht Wurzen zu 75 Mark Leid st rase vernrtheiit. Aus die von Diehl gegen diese- Urkheil eingelegte Berufung wurde dasselbe heule von der Strafkammer V de« Landgerichts ausgehoben nnd aus 25 Mark Geldstrafe, eventuell 5 Tage Hast rrkaunt Hausbescherverein Leidig-Ost. Verein auf 5.38 beim Leipziger Verein aus 5.65 -sü Daran» »i zu erseben, daß die genannten Vereine durchaus nicht billiger winbicho'tete.i, und daß ihre Ersolg» nur i» dem Verzicht aui eine gewisje Höhe der Verzinsung zu suche» seien. Tabei enthielten die Miclhcontracle Bedingungen, die der Hausbesitzer nicht durch- zusühren vermöchte. Der Redner bemerk!« schließlich, daß der Nutze» der Bauvereine keineswegs verkannt werde» soll, nud daß bejonderS die Erhebung des Miethzinjes in Wochenzahlungen für Viele eine Wohlihat sei: nur gegen die falschen Schlüsse, die man aus den Erfolge» der Banvereine ziehe, gelte es Front z» uiachen. Verkehrswesen. * Zur Zeit werden wieder weitere 26 Eisenbahnwagen der Postverwaltung mit elektrischem Lichte verlebe» werden. Die Wagen sind für die Linie Brrlin-Breslau und Berlin-Köln, sowie für die Aranksnrter Perionenzüge bestimmt: es werden nach Fertigstellung dieier -Vagen inSgesanim» 47 derartige mit elektrischem Licht veriekene Postwagen aui de» deutschen Bahnen eoiirsire». Aui dem Anballer Bahnhof in Berlin ist eine neue LaLeslativn speciell für die Beleuchtung der nach Dresden, Leiozsg nnd Frankfurt gebenden Wagen eingerichtet worden. Die Poilvcrwaltnng erzielt durch die Einführung des elektrischen LichtS ganz bedeutende Cr- parnisse: wahrend beispielsweise die Gasbeleuchtung für die Tone Berlin-Frankfurt und zurück 13.50 .« toslete, stellt sich der Preis der elektrischen Beleuchtung nur auf 2 -ckl 1) Leipzig, 23. Decemder. In seiner Decemberversamnllnng vollzog der Verein zunächst die Ausnahme von zwölf neuen Mit gliedern. Dann svrach Herr Redakteur Kunis i» eingehender Weise über die Bestrebungen zur Herstellung billiger Wvh» nungeu in verschiedenen Städten. Der Vortragende wies zunächst darauf hin, daß sich in neuerer Zeit die Bestrebungen zur Herstellung billiger Wohnungen mehren. In einigen größeren Städte» haben sich Vereine gebildet, die diese» Zweck verfolgen, so in Berlin die „Teuliche Baugeiellschast", die 220 Wohnungen her- gestellt hat, in Dresden der „Gemeinnützige Banverein" mit nahezu 200 Wohnungen, ia Leipzig der ..Verein zur Herstellung billiger Wohnungen" in Linden»», mii 353 Familien- und Emzelwohnunaen. An anderen Orten sind ähnliche Vereine in der Bildung begriffen, die sich um Hypotheken zu billigem Zinsfüße auS den Mitteln der Alter-- und Jnvalibilätsversicherung bewerben. Im Allgemeinen werde, wie der Redner weiter bemerkte, Zeder den Bestrebungen. den wirthschofflich Schwachen z» unterstützen, sympathisch gegen uberstehen, o»ch dir Hausbesitzer, denen die ge dachten V> reine allerdings Concureenz bereuen können, nehmen ihnen gegenüber eine wohlwollende Stellung ein. Die Hausbesitzer müßten itdoch ihre Stimme erbeben und Bedenken zum Ausdruck bringen, wenn, durch solche Bestrebungen ihre Lage sich verichlechter» oder wenn dir Erfolge dieier Vereine gegen die Hausbesitzer auS- gebeutet r.ürdrn. Eine Verschlechterung der Lage der Hausbesitzer könne dadurch entstehen, daß die Bauvereiue zur Herstellung billiger Wohnungen in einzelnen Orlen oder Ortsideilen in kurzer Zeit mehr Wohnungen Herstellen, als dem Bevölkerungszuwachs entspricht: sie entzögen dadurch, nach Ansicht des Redners, den Hausbesitzern ein» große Zadi Mwiher, schüfen ein« Menge leerstehender Wohnungen, was sich unler Umständen zu einer ganz besonderen Ealainiiät steigern könne. Daß man di» Erfolge, die die Bauvereiue zur Herstellung billiger Wobiiungen erzielt haben, gegen dir Hausbesitzer und die hohe der vo» ihnen geiorderten Miethen zu Felde zu ziehen versuche, dürse i» einer Zeit, wie der unjrigen, nicht Wunder nehmen; denn die „Hetze gegen daS Capital" (und sei solche- auch klein) sei eben »in Zug der Zeit. Glücklicherweise beiänden sich die, welche die Erfolge der Bauvereiue gegen die Hausbesitzer auszubeute» versuchte», in einem sehr leicht nachweisbaren Jrrthume. Die Bauvereine zur Herstellung billiger Wohnungen seiea ansgelprochenermaße» Vereine zu ivohlii.äiigen Zwecken, und erst in zweiter Reihe — und auch dann nur bi» zu einem gewissen Grade — Erwcrbsgesellschasten. In erster Reihe solle dem wirihichaitlich Schwachen »ine Wohlihat erwiesen werden, weshalb die Belheiligten Geld zu geringen Zinsen darleihen nud die Verwaltung der Geiellschast mehr oder weniger als Ehrenamt führen. Ta nun die wenigsten Hausbesitzer in der Lage oder gewillt seiea, ihr Geld zu geringerem al» dem laudeSübtichrn ZinSsuß auzulegen, und da man ebensowenig verlangen könne, daß Jemand seine 'Arbeit (die Verwaltung des Hausest umsonst verrichte, so ergebe sich, daß mau die Leistungen der Banvereine zur Herstellung billiger Wohnungen und die Leistungen der Hausbesitzer so lange nicht miteinander vergleichen könne, so lange man nicht beide aus gleiche Grundlage gebracht habe. Bringe man aber beide aus gleiche Grundlage, so zeige es sich, daß dir Bauvereine durchaus nicht billiger arbeiteten, als dir Hausbesitzer und daß die vermeintlichen Erfolge lediglich in dem Verzicht ans eine gewisse Verzinsung und Entlohnung gewisser Arbeit zu suchen seien. Dieser Verzicht sei eben al- eia Geschenk und nicht als eine Leistung, für die Gegen leistung g,fordert werden müßt», zu betrachten. Nach diesen allgemeinen Erörterungen kam der Redner auf die Bauvereine zu Leipzig uud Dresden zu sprechen. Ter „Gemein- nützige Bauverein zu Dresden" ist am 2l. Novenider 1886 als Acliengesellschast begründet worden, daS Rktiencapital betrug ur sprünglich 200000 ^tl, es wurde aber später zwei Mal um je 200000 erhöht. Die Aetionaire erhallen 4 Proc. Dividende, der Ueberschuß fließe in den Reservefonds. Die Häuser bestehen aus dem Kellergeschoß, Erdgeschoß und 4 Obergeschoß»», die Wohnungen meist auS Stube, ein oder zwei Kammern mit Küche, Keller- und Bodengelaß. Der Quadratmeter Wohnung-raum kostet im Durch- schnitt 4,30 .6 In Leipzig kostet dem Bauverein der Quadratmeter Wodnungs- raum 3,90 Leg« man aber die in unserem Bezirk herrschenden Miethprrise und die landesübliche Verzinsung de- Anlagecapilals von 5 Proc. zu Grunde, jo ergebe sich. Laß der Quadratmeter Wohnung-raum sich bei unS aus 5 bit 5,50.«stelle, beim Dresdner Jagd nnd Sport. * Einen Dislanzritt von Vraunschweig nach Ersurt haben ain Monlag und Tien-iag die Lieutenant- Meyer nnd von Lucius vom braunschweigische» Hniaren-Regiinent Nr. 17 zilrückgelcgt. Die Lssiciere eilten ab von Braunschweig am Montag, den >8. Decemder, dcS Morgens um ' -5 Uhr und langte» am vlgenden Tag, Dienstag 9 Uhr. in Ersurl an. Die über 215 km lange Strecke wurde demnach in 29 Sttnide» zurückqelegt. Bei de» Radau-Wasserfällen mußte» Schraubsivllen und Stroh'ohle» ein gelegt werden, weil die Straße, welche in bedeutender Höhe über das TorshauS führt, mit sußbohen, Schnee bedeckt und glatt gefroren war. Am Toridaus wurden die Pferde gelrankt. Die Tour ging weiter über Oderlicide, Brauiilnge nach Zorge und mußte meistens führend zurückgelegt werben, in Zorge wurde gesülteit uud getrünkl. Von da ging es bei dichtem Nebel über Ellrich nach Nordhauie», wo man um 7 Uhr Abends anlangte. Dort wurde eine zweistündige Rast gemacht nnd nm 9 Ubr >5 Minuten der Ritt nach Sonders- Hausen iorlgejetzt. Von dort an mußte wieder das gebirgige Terrain der Hainleile nberwundeu werden, größt,ntdeils fühlend, lieber Straußfurt, Gebescc longlen die Reiter »m 9 Uhr Morgen- in Erfurt an. Bedenkt man, daß bei dem Ritt über 40 Kilometer geführt werden mußten, die Straße sehr glatt und gesroren war, ferner, daß die dlirckpchiiitlliche Temperatur 5> Gr R. unter Null war, von dem Ritt 20 Stunden in die Nacht- und nur 9 Stunden in die Tageszeit fielen, starker Nebel und gebirgiges Terrain fehr hinderlich waren, fo ist diese Leistung eine recht bcmerfenswerlhe zu nenne». Pferde und Reiter waren bei», Eintreffen in bester Verfassung. — Für „Fun ny Face", den Sieger in der Marlow Handikap, Steeple Chase am Donnerstag, ist »ach der „Sportwelt" in An bettacht seiner Pönalilat von sieben Psund das Gewicht für das Clewer Handicap Siceple-Lhaje Plate nicht angenommen worden. Das Stabil'»-. Jlliistririk- Fachblatt für die Interessen des RadsabrenS und des SpieliporlS. Redaction Willy Werner, Verlag E. Gruinbach in Leipzig, Giockeiislraße N, VlII Jahr gang. Nr 52. Inhalt: An uniere Freunde, Leier und Mitarbeiter! — Die Londoner Miiioiial - Ausstellung >893. — Riindxha». — Die Eniwickeliing der D. R. B — Lbersllieuieiiant Oscar Schade! (mit Bild). — Ti» schonst» Sühne. — Vereinsnachrichten. — Be- kanntniachungen des Sporl-Ausschnsses des deutschen Radsahrer- Buiides. — Ausschreibungen. — Telegramme re. Vermischtes. --- Vcrltn, 22. Tecrmder. Tr», „Kl. 2." zufolge bat die Actienstkscllscdast „Inn", welche die bekannte Wirtbschasl „Zum Prälaten" betreibt, daS Kroil'sche Theater gepachtet. Die jäbrliche Pachtsuninic beträgt 61 0«.»,» ^i.', wovon 6000 .^ für Abnutzung ter mit übernommenen Maschinen für elek trische Beleuchtung u. s. w. gerechnet sind. ---- Breme», 22. Deceinber. Tie „Weserzeitling" erhielt folgende Nachricht: „Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Baltimore", welcher am 20. Teecniber von Bremerhaven nach Bahia, Rio de Janeiro und SantoS in Tee gegangen war, ist gestern Morgen 5 Uhr in der Nabe von Terel von einer schweren See getroffen nnd gestern Abend mit Schaden nach Bremerhaven znriickgckchrt. Der Dampfer „Baltimore" wird nach erfolgter Reparatur am 25. Deceinber die Reise nach Brasilien wieder anlreten." -^sKiel. 22. Decemder. Auf der Kaiserwerft wurde Nacht- «in Matrose NamcnS Busch vom Posten erschossen. Halte a S., 22. Teeeinber. Unsere Polizei hat einen ge fährlichen Hochstapler und Falschmünzer in der Perion des steckbrieflich verfolgten, vielfach vorbestrafte» itauimanns Carl Ziese von hier in der Wohnung eines hiesigen Agenten ermittelt und in Leipzig sestuehine» lassen. Ziele hatte in der Wohnung des Agent,» W. eine Falschmünzerei mit Willen der Ehesrau und der beiden Kinder de» W. eingerichtet. Tie ferliggesiellten Ein- und Zweimarlsiücke von nicht gerade gelungenem Gepräge haben die beiden tkinder in verschiedenen Geschäften absetzen muffen. Der Agent W. war öfter verreist uap faeink von dem Treiben feine- Logisherrn. nffliber die Familie A. recht freigebig uulerbielt und mit de» weibliche» Personen derselben auf fehr oerlrauteni Fuße stand, »ichlS gewußt zu haben, denn er wurde bald wieder ans der Hast entlassen. Als das in einem diesigen Geschäft abgesaßte Mädchen zu lange ausblieb, witterte Ziese Unheil und vcrdustele schleunigst »och Leipzig, woselbst er gestern init Hilfe dortiger Criminalbeamlen ermittelt und dingtest gemacht wurde. Die in Halt genommene Frau »ad die beiden Kinder des Agenten W. baden Alle« ringestande» und da- durch nicht nur sich, sondern auch Z slarl belastet. Die zur Falsch, münzerei gebrauchten Apparate re. sind mit Beschlag beleg» worden Trotz der mangelhaften Falsifikate scheint eine ganze Parti» derselbe» an den Mann gebracht worden zu sein, denn die Familie W. lebte seit Monaten in besseren Verhältnissen als sonst Ziese ist ein gefährlicher Mensch, den» er entwich mit einem wirklich Geisteskranken auS der hiesigen königl. Jrrenklinik, wohin man ivn aus dem Ge>»ngniß. woselbst er mit Geschick den „wilden Mann" spielte, zwecks Untersuchung seines Gesundheitszustandes gebracht batte. Hoffentlich wird er letzt aus längere Zeit seinem verbrecherischen Treiben entzogen. ---> Gera, 22. Deceinber. Da» RcichSpostamt plant die Errichtung einer zweiten Thüringer Obrrpost-Direclion, deren Sitz voranSsichklich Gera sein dürfte. Pävrrboru, 21. Deceinber. Eine ebenso verwegene als geschickt opcrirente Diebesbande hat hier in der gestrigen Nacht eine» wirklich in mehr als einer Beziehung sehr chwerrn Diebstahl auSgesükrt. D» Diebe brachen und stiegen in das in der Bahnbosstraße gelegene Union-Hotel ein und entwcndclen ans dem zu ebener Erde gelegenen Eomplvir einen über 4 Ecntncr schweren riscrnrn Grldschrant. der dem Nestanrateur G. Roder gebürte, ohne daß sie auch nur im Geringsten in ibrer Arbeit gestört worden wäre». Sie luden ten Geldschrant ans eine Karre unk führten ihn hinaus vor daS Thor auf das Feld, wo sie denselben gewall am erbrachen und seines Inhaltes an Geld und Silbersache» .'eraubtrn. In dem Geleschraukc befanden sich auch Brief chasien, Portemonnaies, Brieftaschen »>il Geld u. s. w., was die Gauner Alles mitgehen stießen. Bis jetzt ist rS noch nicht gelungen, auch nur c»ne Spur von der Diebesbande zu ermitteln. --- Lobten;, 2t. Deceinber Die kiesige Polizeidirec- t ivn stak, wie die „Franks Ztg." bericstket, gestern eine weitere, namentlich die HantetSkreise inteiessirendc Verordnung erlaffen. Jeder Iustaster eines offenen Geschäftes ist ver pflichtet, an diesein seinen Namen oder die Bezeichnung seiner eingetragenen Firma in einer Schrift anzustringen, die für Jedermann von der Straße au- deutlich lesbar ist. Sind die Inhaber des Geschäftes ausschließlich weiblicken Geschlechts oder Minderjährige, so muß diese« auS der Aufschrift unzwei deuliz bcrvorgesten --- t-dtuburg, 22. December. Der Proceß gegen Monson. welcher angeklagr war, ten Lieutenant Hambrough, seinen ehemaligen Schüler, ermordet zu haben, um sich in den Besitz der Summe zu setzen, init welcher testen Leben ver sichert war, ist heule zn Ende geführt worden. Monson wurde wegen mangelnder Beweise sreigcsprdchen. --- Petersburg, 22. Drcember. In den Gouvernements Beffaradicn, Wolbhiiien, Kiew und Tschcrnigvw komme» täglich noch einige Erkrankungen an Ehotera vor. In den übrigen GouverncuienIS hat die Ehotera fast gänzlich aus gestört. In größerem Umfange tritt die Epidemie nur noch >u Petersburg auf. Repertoire vom 24. bis init 30. Derember. Sonntag, 24. December Neues Theater: Robert Mid Bertram. Anfang Uhr. — Alte« Theater: Rach- mittag» 3 Uhr: Prinzrisiu Volbhaar. Abends: Geschloffen. Carola-Theater: Geichlossrn. Montag, 25. Deceinber. Neues Theater: Znm 1. Male: Die brrkaukte Braut. Komische Oper in 3 Acten von K. Sabina Musik von F. Smetona. Anfang '/,? Uhr. — Altes Theater: Nachmittags 3 Uhr: Prinjrsffn Goldhaar. Abends 7 Uhr: Z»m I. Male: Mäurrblümchen. Lustspiel in 4 Acten von O. Bliiinenkdal und G. Kodelburg. — Carota-Theater: Girofiö-Girofta. Ansang 7 Uhr. Dienstag, 26. Tccemder. Neues Theater: Lohrngrin. Anfang '/,? Uhr. — Altes Theater: Nachmittags 3 Ubr: Prinzrssiu Gotbliaar. Abends 7 Uhr: Neu einstudirt Orpheus tu der Unterwelt. Burleske Oper in 4 Acten Munk vo» I. Lsseiibacki. — Carola-Theater: Zum 1. Male wiederholt: Miiurrblüiuchen. Anfang 7 Uhr. Mittwoch, 27. Deceniber. NeneS Theater: Zum t. Male wieder bolt: Dtc vrrkauste Brau». A»sang 7 Uhr — Altes Theater: Nachmittag« 3 Uhr: Pritizrssitt Goldüaar. Abends ', -8 Uhr: 1-i»r Nack« tu Brurdig. Toniirrstag, 28. December. Neues Theater: Mignon. An- fang 7 Uhr. — Altes Theater: NachinitiagS 3 Ubr: Priiizrfsin Goldhaar. Abends '/,8 Udr: Mauerblümchen. Freitag, 29. Deceniber Neues Theater: Die »rrkauste Brau». Anfang 7 Uhr. — Alte» Theater: Nachmittags 3 Uhr: Prinzessin Voldbaar. Abends '/,8 Uhr: Unsere Don Juan«. Sonnabend, 30. Deceinber Neues Theater: Tristan und Isolde. Aaiang ti Ubr. — Altes Theater: Nachmittags 3 Udr: Prinzessin Goldhaar. Abends '.,8 Uhr: Maner- blümchrn. Nickt diese- Lebewohls wegen war er nach Berlin gekommen. Er weilte schon seit einer Woche hier, mit Borbereitnngen zu seiner großen Reise beschäftigt. In den nächsten Tagen ge dachte er aufzubrecken, und zwar in entgegengesetzter Welt- richtnng wie die Geschwister — zunächst nach Egypten und dem Orient. Ia, er war frei. — Aber zunächst lastete da« Bewußtsein seiner Freiheit noch wie eia dumpfer Druck — wie eisiger GrabrSstauch ans seiner Seele. Dem Tode Antonien« war eine schwere LeidenSzeil vorauSgegangcn, deren tirfeingegrabene Spuren noch henke in dem blaffen, erschöpften Antlitz ihre« Galten deuklich waren. Und wie sich das Schicksal in gefühlloser Ironie gesällt, so hatte eS in diesen Tagen eines durchgerungenen vittern TodeSkampfeS von allen Seiten die Mauern niedrrgerisien, dir einen bockstrebcnden Geist jahrelang in enger Hast gr- baltrn. Urberall drang jetzt Luft und Lickt zu ihm, überall öffnete sich freier Weg für ihn. Eine Berufung an dir Straß- burgrr Universität, d,e er vor zwei Jahren mir Freuden be- grüßt hätte, schlug er jetzt aus, da er sich vorläufig an keine amtliche Toätigkeil binden wollte. Jetzt, da er selber zn langer Wanderschaft rüstete, trug rnau ihm von Staat« wegen eine Studienreise au» Staatsmitteln an. „Ich habe im Stillen nie daran gezweiselt, daß mein Buch eine» Tage« emportauchen würde aus Duukel und Vergrffrn- deir, wie e» so manchem bedeutenden Werk geschehen", sagte Roloff zu Hildegard „Solch' rin Buck hat srm eigne» Dasein, losgelöst von fernem Autor, und geht selten ganz unter. Daß ick diesen AusrrstebungSact erleben würde, und so bald, stade ich nicht erwartet. Die Welt lebt jetzt schneller als je zuvor, sieberdasi schnell. Es ist, al- wäre der HemmungSnerv am WeltorganiSmu« gelähmt, und alle LebcnStbätigkciten rasten in wildem Uebersturzrn vorwärts — dem Ende entgegen." .O' welch finsterer Pessimismus!" versetzte Hildegard vor wurfsvoll. „WaS Sie mit Mutb und Freude erfüllen sollte, giebt Ibnen nur Stoff zu WrltunterganaSgedanken!" Roloff seufzte. „Kann ick's ändern? — Ich bin nickt ttiedr jung, Hildegard, ich kann nickt mestr hoffen und alanben und Luftschlösser bauen. Der Tod itt mein Tischgescll gewesen, seitdem liegt mir ein Geschmack von Aich« und Verwesung auf der Zunge. — Ach wanim — warum blewrn Sir nickt in der Heimatb ?" „Sie basten mir 2dre Zustimmung gegeben, Herr Proseffor — haben sich mit Allem kinoerstanden erkürt", machte Hildegard geltend und blickte rbn voll geheimer Sorge a» „Ach ja. ja!" erwidert« er ungeduldig und zog die Augen brauen zusammen. ,Mie hätte ich Sie hindern dürfen, mit welchem Reckt?" „Und daß rS mich nach allem Erlebten, stier nicht duldet, daß ich nickt länger so hinznvegetiren vermag, daß ich meine Kräfte fühlen, üben, irgendwie bethätigen muß, da» ver stehen Sie so gut —" „Wie sollte ick nicht?" erwiderte er gedrückt. „Aber Sie so allein in die Welt ziehen taffen — »ei», allein wäre besser — drnn Hrinz wird wie ein Gewickl an Ibnen hängen." „Nein, o denken Sie nicht schlimmer von ihm, al« e:'S verdient. Seien Sie überzeugt, Ihr Rettung-werk wird kein vrrlorrncS sein. Heinz ist jetzt Alle« — Alle», wa» mir von der -Heimatb übrig geblieben. Und allein werke ich auch im allerschlimmsten Fall nicht sein, sondern untrr Menschen, die mir ohne Borurtheile enlgegrnkommen und denen ich etwas leisten kann." „Ia, Sie — Sie haben Alle« — Jugend, Spannkraft, seelischen S.l'wnng, feurigen HoffnungSmuty — Alle», um rin neue» Leben zu beginnen!" „Und — ich habe einen Freund", fügte sie leise stinzn. Er griff nach ihrer Hand und preßte sie schmerzlich. „Ach — werden wir unS Wiedersehen, Hildegard?" Sir batten all' da» mehr al- einmal durchgesprocken in diesen drei Tagen, da ihnen ein öftere» ungestörte» Beisammen sein vergönnt gewesen war. Hildegard hatte fick in einem ruhigen Pensionat eingnartiert und wartete auf Hein;, der mit ihr znsammrntreffen sollte. Sie kam auS der Schweiz, wo sie sich mestrcre Wochen bindnrch aufgeballen. Unmittelbar nach ihrer Abreise au» der Heimat» statte sich der Schluß der Tragödie in Königsberg zugetragen Sie und Roloff batten einander in der Zwischenzeit fast au« den Augen verloren Diese Reise hatte Hildegard im Aufträge istre» ermordeten Schwager» unternommen. In seinem kurz vor seinem Ente abgetaßteu Testament hakte Götz all' die Berbällniffe, die istm wichtig waren, mit ter ihm eigene» scharfen Bestimmtste» üder da« Grab hinaus und für die Daiier zn gestalten gesnckt. Sein Kind statte rr zum Universalerben eingesetzt, seine Wtttwe sollte i» Dannenberg wosturn und von den GutSeinkünsten testen. Jede» Verfügung-recht über ibr Kind und besten Erbe war ihr entzogen, »nd eine zweite Heirath gleich bedeutend mit Verzicht ans Alle«, wa« von ibrcm ersten Gatten berlam. Hildegard hatte der Verstorbene mit der Sorge für feinen Sohn betraut, da rr wisse, daß die Mutter keinen Wertst auf die« Vorrecht lege. Konnte Hildegard fick enlschlirgen, den kleinen Aldo ganz zu fick zu nehmen und seine Erziehung zu ihrer Lebensaufgabe :u machen, so sollte sic eine sehr beträchtliche Iabresrente bezieben. Ei» Legat, daS bei bescheidenen Ansprüchen ihrc Eristenr sicher stellte, war ibr aber auch für den Fall anSgesetzl, daß sie durch Krankheit, Heiratd oder andere Lebenspläne verbindert wurde, jenen scbr dringlichen Wunsck> eine« besorgte» Later« zu erfüllen. — Sie sollte in diesem Fall die vorzüglichste Er ziehungsanstalt für da» in der geistigen Entwickelung zurück gebliebene Kind ausfindig machen, ibren Neffen persönlich der selben übergeben und siä' von Zeit zu Zeit von seinem Wohl befinden überzeugen. Nach kurzem Schwanken war Hildegard zu der Erkenntniß gekommen, daß sie da» Vermächtniß ihre» unglücklichen Schwagers nur in dieser letzteren Fassung anziincdinen vermöge, daß eS sich selbst und Andere nntzloS opfern hieße, wollte sic ibr Leben einem schwachsinnigen Kinde Weibe». So batte sie denn als bald ibre Nachforschungen begonnen, wobei ihr Götz bereit« vorgearbeitet, und batte den Kleinen, im Einperstäntniß mir dessen Mutter und Vormündern, nach einem Erziehungsbause in der Schweiz gebracht, dessen Leiter ihr in mcbrwöchicheni Zusammenleben nach Gesinnung und Art der Wirksamkeit hinreichend bekannt und vertraut wurde, daß sie ibren Schutz befohlenen mit voller Zuversicht in seinen Händen zurück- taffen konnte. Bertha klagte, daß Waldemar ihr mit seinen Anordnungen schwere» Unrecht gelhan, fügte sich aber in schicklicher Er gebung. Ihre Mutter war bei ibr, und sie lebte so zurück gezogen, wie e» sich sür eine auf so schreckliche Weise ihre» Gatten beraubte Wittwe gekörte. Indessen war eS ihr bereit» gelungen, sich mit den Vormündern ihre« Kinde» aus guten Fuß zu stellen Diese Herren, bei deren Wahl Waldemar sorgfältig die Gefahr verwandtschaftlicher oder eigennütziger Voreingenommensteit zu vermeiden gesucht, fanden leinen Grund, bei Ausfüdrung der Testainent-besiimmungen mit un- nöthizer Gehässigkeit gegen die scköne Wittwe vorzugeben Dannenberg und Gravelischken mußten srüber oder später einem tüchtigen und zahlungsfähigen Landwirtb in Pacht ge geben werten. Und da Herr von Lüdrriy feinen Abschied genommen batte, um sich aus den Gütern seiueS Oheim» la»d- wirthschastlichen Studien binzugeben, fo vermutheten Einge weihte, daß die Vormundschaft den Mann ihre» Vertrauens bereits entdeckt hätte. Nack der Schwei; batten Siewerl nnd Heinz an Hilde gard geschrieben. Es batte sich gefunden, wa« sie ersehnt — rin gemeinsamer Wirkungskreis m der Ferne sür sie und den Bruder. Im südlichen Brasilien suchte eine aus neuem Land gegründete, zum großen Theil au» deutschen Emwanderrrn sich reorntirende Eolonie einen deutschen Lehrer für ihre aus wachsende Jugend. Er sollte womöglich verheirathrt sein, aus den vorbildlichen Einfluß eines dentsch-gemüthlicken, wohl geordneten HauSwcscnS wurde Werth gelegt. Hrinz mit leiner Gymnasial- und fragmentarischen Unwersität-bildung konnte als vollkommen qualisicirter Bewerber gelten, und eine Schwester an Stelle der Frau würde man sich gefallen lasten. Hildegard statte ebne Bedenken zugegriffen. Selbst wenn diese Aussicht schlschlug, fo würde sich dort an Ort und Stelle eine neue eröffnen Nach Hause brauchte sie nicht ziirnckz ikehren, ibre Vorbereitungen waren getroffen, Abschied von Mutter und Geschwistern schon für diesen Fall genommen Nelly statte sie nach Berlin begleitet und weilte noch bei L-car'S künftigen Schwiegereltern. Und einige Tage nach istrrr Ankunft in Berlin hatte Roloff, von seinem Schwager mit ihrer Adresse versehen, sie in ihrer Pension ausgesucht Auch die drei kurzen Tage ihre» Beisammenseins waren jetzt verflossen — Tage voll schwrrmülhigen Glück-, voll schmerzlich süßer Rückblicke und unruhvoller Ausblicke in eine Zukunft voll unabsehbarer Möglichkeiten. Tage, viel zu kurz, um mit einander aus den einzig zulässigen Ton stillzestcherter Freundschaft sich zn stimmen, und doch lang genug, um da» Feuer unlöschbarer Sehnsucht, schmerzlichster Entbehrung neucnlzündet im Innern mit sich fortzunehmen über daS kalbe Erbrnnd. Hein; war zu den Beiden getreten, der Zug stand schon ans dein SckienengleiS. Sir gingen mit einander die Wagenreihe stinast, wählten ein Eoup4 und stauten da» Hand gepäck fort. Während Hildegard noch damit beschäftigt war, drückte Hein, in tiefer Bewegung seine« WohItbäterS Hand „Ich stoffe, Hilde soll nie bereue», daß sie ten Mutb ge funden, fick mir anzuvrrtrauen. Jetzt darf ich'« wagen. Ibnen gut z» sagen für mich selbst. Herr Proseffor. Wenn wir un- Wiedersehen — in Jahr und Tag. hoffe ich —, werden Sie mich bereit finden, Ibnen Reckeaschaft adzulrgen." Hildegard war wieder anSgestiegen Roloff stand vor ist», wortlos, deftig erschüttert, ibre beiden Hände in den leinen Jetzt ertönte da» Abfahrtssignal — da schlang sie ihre "lerne um leinen Hai» nnd drückte ihre Lippen in bechem K»ß aus die seinen Im nächsten Moment batte sie sich auf da» Triltbrel de» Wagen« geschwungen, die EoupSthür fiel blnter ihr in» Schloß, rer Zug setzte sich in Bewegung. „Leb' wohl! — Leb' wobt! — Und, so Gott will, aus Wiedersehen"'
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