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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.11.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18931123012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893112301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893112301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-11
- Tag 1893-11-23
-
Monat
1893-11
-
Jahr
1893
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8324 19. d. M. dkm Stadtrathr vor und ist von demselben auch in der vorgeschlagcuen Weise einstimmig angenommen worden. ES ist voranSsichllick, daß auch die Sladtverorvueten dieser Scala beitrele» werden. In der neuen Scala bleibt dir i Icn'tr Classe der jetziae» Scala mit einem Einkommen von '>>«» bis 3<»o .0! völlig steuerfrei, und die nächsten Elasten bi» i cinci» Einkommen bi» zu «WO ^ werden ganz erbeblich entlastet Der entstehende Au«sall soll durch cm schärfere» Hcranziehen der köderen Elasten von 5500 jährlichen Einkommens auswärts gedeckt werden u. Pirna, lg. November. Hier kam der Fall vor, daß cm Musikwerk zum Entdecker einer Diebin wurde. Um einige Gläser ein.»kaufen, begab sich eine Frau vom V.inde in einen hiesigen Glasladen Nachdem sie verschiedene Gläser betrachtet balle und ibr kein« gefiel, begab sich der iiibaber des Geschäfts an da» Ende de» Badens, um weitere «Bläser zur Auswabl auf den Laventisch zu stellen. Al- er zurückkam, entgegnet« die Frau, sie müsse plötzlich fort und müsse deshalb von einem Kauf absehen. Mit diesen Worten nabm sie den Tragkorb auf die Schultern und wollte sich cnlsernen. Jetzt konnte man aber au» dem Korbe vie lieblichen Töne cnics Strauß'schen Walzer» vernehmen. Die Frau batte in Abwesenheit des Geschast-inbaber» ein Glas mit Musikwerk unter ein Tuck im Korbe verschwinden lassen Durch die Erschütterung aber, als die Frau ven Korb schleunigst aus Len Rücken beförderte, setzte sich da» Spielwerk ,n Tbäligkeit. lt. Pirna, 2l. November Zwischen dem hiesigen Kirchen- vorstand und dem Sächsischen Alterthumsverein sind jetzt betresss der Rückgabe einer der hiesigen Stadtkirche gehörigen werthvvlle» Altarbckleiduna aus dem ll. Jahr' l'»»dcrl, welche seinerzeit nach ihrer Aussliidiing gegen Revers ten Saninilungen des genannten Verein- einverleibt wurde, Verhandlungen gepflogen worden. Die Verpflichtung zur Rückgabe wird uiinmwnndeu anerkannt; damit verbanden sich >edoch Bedenke» hinsichtlich einer Ueberstthrung nach hier, da cs sich um ein Kunstwerk ersten Range- bandle und somit entsprechende Gaiantien für den Schutz desselben er wünscht erscheinen. Die Frage, wie ein solcher im hiesigen städtischen Museum zu beschaffen ist, befindet sich nun gegen wärtig in der Erörterung. — Wie dem Handwerke da« Master abgegraben wird, das zeigen folgende Zeilen: Während im Plauenschen Grunde sogenannte Vackoereine die Bäcker schon schwer geschädigt baten, bat man in Denben an säuimttiche Bäcker das unverschämte Verlangen gerichtet, dem Eonsumvrrein Prccente z» bezahle» unk zwar für Brod, welche- von den locialdkiiiolratischen Evnsuinentcn gekauft wird, 8 Procent, von allen andere» Backwaare» sogar l.'< Procent. Leider sind die Bäcker nicht unter sich einig, »nd wenn sich auch nur einer finden wird — eS sollen sogar zwei sein —, der dem unverschämten Verlange» Nachkommen wird, so ist der Ruin der übrigen so gut wie gewiß. Die Bäcker haben so wie so schon sehr unter der Mühlencvncurrenz zu leiden, »inige Mühlen sollen täglich sogar so viel Brod verbacken, daß davon bequem 90 bis l00 Bäcker ihr Brod finden würden; wenn nun also auch die Socialdemo kra t ie noch c n Leuten als Blutsauger aufgesetzt wird, so »st auch dieses ehreuwcrlhe Handwerk ruiiiirt. * TrrSven. 21. November. In der letzten Versammlung des hiesigen Eonservativcn Vereins wurde seiten« des Vortiagenden, Herrn von Schorlemer-Alst, Abrechnung mit den Antisemiten, die der Führung de- Reich-tag»- abgeordneten Zimmermann folgen, also mit den sogen Resormern, gehalten. Der geiiaunte Redner führte Fol gende» aus: Die gelammte ontisemitische Bewegung sek auf konservativ» Quellen, aus Stöcker juriickzusühren. Wenn die Conservaliven sich der Stvcker'ichen Bewegung gegenüber etwa» zurück haltend gezeigt Hullen, so sei es in der Besorgnis ge. schedeii, das; er die entfesselten Elemente nicht in der Hand inerde hatten können Es Hab» sich gezeigt, daß die Eonjervo- iii'c» hier,nil im Nechte gewesen seien. Redner wie» nun »ach, > aß die Antiseiiiilcn verschiedene Puncte de- conservaliven Programms > ihren eigenen gemachi Hallen, daß sie aber dann, als die Eonser- itive» >902 ihr Programm t» Bezug aus de» ttamps gegen das iubenihuin ichulser foruiulirten, behauptete», die Conjervalive» hätten ihr Programm abg,schrieben. Nach all dem Gesagten, was erweisbar wat>r sei, sollte» die Herren de» Mund nicht so voll nehme». Die oniervative Partei werde von den Antisemiten tnS alte Eisen ae- i.'vrsk»: sie habe aber gezeigt, daß sie lebenSsädig jel. Redner de» >»te oin Schlüsse seines Vortrags nochmals, daß die conservatioe ,!ar!ei „ne chrinüche Partei sei und einen in ollen seine» Functionen christlich verwaltete» Staat verlangen müsse, ober uninögliche, da» Privairechi ver.ctzende Forderungen nicht zu den ihrigen mache» ranne. Tie Antisemiten hatte» unter Führung eines Ahlwardt Bahnen eingejchlagen, aus welchen die Evniervaiivea ihuea nicht > tgen können. Sic hatten Ahlwardt beigestimmt, als er gesagt labe, das Tischtuch sei zwischen Antisemiten und Eonservotiven crschnülen Redner sormlilirte am Schluß» nochmal» kurz di« Forderungen, dse vom christlichen Siandpuncte aus die Conservaliven >:rllen uittßien, und erklärte, daß sie stet» eine christliche Partei sein »ad ihrem alten Banner folgen wollten, aus io«lche«i dt» Wort» leuchten: „Mit Gott sur König und Vaterland". — Wie es den Anschein gewinnt, wird der von der königl. StaatSltgierung z»m Zweck der Herstellung, bez Ansreckt- baltuug res Gleichgewichtes im SlaatSdauSbaltS-Eiat be antragte Wegfall der Scknildotatlonen an die Schul gemeinden. wozu bekanntlich seither ein Tkeil der SlaatS- ..rnntstkner benutz, wurde, aus Widerspruch stoßen, weil die „rchldeilige Einwirkung aus den Haushalt der betressenden Gemeinden vielfach eine sehr bedeutende ist. In welchem Maße unsere Stadt Leipzig berühr« wird, das haben wir schon in aulbenlischer Weise dargelegt In derselben Lage bcünbeii sich viele andere Statigenieinden de- Lante- Hcnte wird darüber vom „Pirnaer Auz." au- Pirna geschrieben: So ersteulich eS auch ist, daß e« gelungen, bas nach Lag« der Tinge alleldiiigs siart gkiahitete Gleichgewicht im Staatshaushalte hirzusiklle», ohne zu einer Erhöhung der Einkommensteuer greisen u luiisscii, so wird Loch der Umstand, daß dt« bisherig» Ueder- Weisung eines Ttxites der Staatsgiundfteuer an die Schulgemeinden Nicht Hai ausrechi erhalten werden können, manche Schul gemeinde in die Nvihwendiakeit verletzen, stärkere Ansprüche «» Li« Steuerlrail ihrer Mitglieder »u stellen Auch sue Pirna ist die Sache von weitgreijender Bedeutung, l i der Hausdatlpto» sür di» Volksschule der Stadt Plrna aus da» Jahr 1993 solgend» Betrag» »schwelst: ,'>268 k>4 ^ " aldeil von der ElaatSgrunditeuer nach 263 42? Grundsieuer- ('ii beiten ü 2 jeriier 4000 LtaalSbeihilse zum Dirnu« ewkviiii»,!, der Lehrer der »inlache» Volksichute uach tl'/, ii acigen Stelle» >r chiO .st und « Htlsslehrerßellei, j, 150 -st r r letztere Posten bleibt unberührt, da diese StaalSbeihitse i Dieiiileinkoiniiien der Lehrer auch in Fukunit gewährt wird i : »egen wird für den Anstalt de« Grundsieuerantheits durch »nt- n chi ude Erdödung der Schulaniagen. die im dte-iädrigen Haushalt» > . , bereits mit r» 573.t>0 ^ „ugettellt sind. Ersatz getchasteu werden ii ie». Bit»» aber di» socialdemokralischeu Btalier dei Beiprechung d .< Gegeasiaubes zudem Schlüsse kommen, „daß dei einer Erhodung oer directen Siaalssteuer» auch Diei'Uigen mit gelroßea worden war»», der:» «.»der „höhere Schule«" beiuchen. während »unmedr dt» ua. .iiiiitklie Elaste, die ihre Kinder in die Volksschule schickt, allein die F»cki» bezahle» müsse", so ist di» hierbei obwaltend» Absicht der 7 >ibetz»ng unverkennbar, denn bekanntlich werden die Schulaniogen Ni:! t nur von den Eltern der die Volksschule besuchenden Kinder, sinder» von allen Mitgliedern der Schulgemeinde autgedracht. gleichviel ob sie uberdoup« »chulpflichtig» Kinder haben »der nicht. Bon eiuer Erdödung des Schulgeldes aber ist nicht di« Red«. — Ansgng Decemder findet die von Reich« westen ange- ordnele statistische Erhebung über die Verhältnisse de» in, Ketlnerde rufe deschästigten Personen statt, und eine Wolke von amtlichen Fragebogen bat sich über jene, dem deutschen tbeuren Statten, wo Barchu« und Gambrinu» wallen, entladen. Die Fragebogen entbaltea 2.1 Fragen über die persönlichen Verhältnisse der Wirtb-bau-bediensieten. die Zahl per >m Betrieb beschäftigten Personen, die regel mäßige Lrdeit-zeil und die Verlängerung derselben an ge wissen Tasten de» Jahre«, die regesmäßig« An«grhttrit, die Gelegenheit »um Besuch de« SonnlagSgolte«dienste«. di« Gebalir- und Naturalbezüge; ferner darüber, ob die Anstellung durch eine Stellenvermittelung geschah, und welche Gebühr dafür bezahlt wurde, ob die Kellner für ihre Stelle dem Principal Pacht zu entrichten haben, schließlich über dir Lehrting-verhältniffe. Alle- die« ist, wie die „Dre-d. Nachr." bemerken, recht hübsch und gut au-gedacht, „glücklich ist die Form (resp. da» Formular) gefüllt"; aber „wird- auch schön zu Tage koninien, daß e« Fleiß und Kunst vergilt?" Nach dem Plan de« Reich-amle« sollen die Fragebogen sür einen Tbril der Betriebe von den Principal»«, für einen anderen von den Kellnern oder Kellnerinnen schriftlich beantwortet werben. Dir arme» Kellnerinnen! Wir fürchten, daß manche Hebe, gewohnt den Bierkrng. nicht die Feder zu führen, bei dem Anblick der 25 Frage» einen tödt- lichen Schrecken bekommen, manche« minder zart angelegte Wesen über dir „neugierige Fragerei" in einen bellen Zorn geratben wird. Und doch befleißigt sich da- Reich-amt einer anerkennenSwertben D>«cr«tion; e« fragt nur nach den persönlichen Verhältnissen, nicht nach den sonstigen „Verhält nisten" der Labung spendende» Damen, auch nicht nach den Trinkgeldern und ähnlichen Bezügen. Ob r< aber nicht zweckmäßiger gewesen wäre, die Erhebung durch Bertrauen»- personen — Männer und eventuell au» Frauen —, welche sich in den größeren Städten gewiß hätten finden lasten, oder durch persönliche Einvernahme der Betheiligteo zu be wirken, lasse» wir dahingestellt; bei diesem Anlaß kälte auch ein- der wichtigsten Momente, die Wohnung-verbältniffe der Wiilh-dau-bedieusteten, näher geprüft und durch Augenschein sestgestellt werden können. — Eine Verstärkung de- Gendarmeriecorp« um einen Krei-obergendarni und bk Fußgendarmen, die einen Mehraufwand von 103 80» bedingt, wird in dem neuen sächsischen Etat gesorvert. Dresden, 2l. November. Dem Obersten Osterloh, Eominandenr de- FuHArtill-rie Regiment- Nr. 12, wurde der Rothe Adler-Orten dritter Elaste, dem Major Löblich, etat-mäßigem Stab-ossicier destelbe» Regiment-, dem Haupt mann und Eompagnie-Ehef Steiniger in demselben Re- iment der Rolbc Adler-Orden vierter Elaste und dem Oberst- leutenant Kunde, Bataillon--Eonimandeur im F»ß- Arlillerie-Regiment Nr. 12, der Kronen Orten dritter Elaste vom Kaiser verliehen. — LandgerichlSdirector vr. Eberhardt, Vorsitzender der HI. Strafkammer de» Dresdner köuiglichen LandgeiichlS, ist, wie der „Dr. Anzeiger" miltbeil», zum LanbgerichtS- präsideotcn in Bautzen ernaunl worden. Vermischtes. —» Hamburg. 2l. November. Der Bankier Loui« Haus mann, welcher vor mehreren Monaten nach Berunlreuung van 50,00» -K entflohen war und steckbrieflich verfolgt wurde, ist als Leiche aus der Elbe gezogen worden. (Bert. Tagebl.) --- Lübeck. 2l. November. Die Direction der Lübeck- Büchener Eisenbahn macht bekannt: Heute Nachmittag um 2 Uhr wirb mit Zug 59 der Betrieb auf per Lübeck- Iravemüuder Bahn wieder ausgenommen. -- Schiietbemüdl, 2l. November. Der Magistrat und die Sladloerorviielcn beschlösse» riastimmig, daß da» Pro- ject des Oberbergdauptmauus Freund auSgesübrt werde und der Brunnenmeister Beher seine Thätigkeil ein stelle. Die nölbigen Mittel wurden bewilligt. -r-Altrubur«. 2l.November. Wie jetzt verlautet, leugnen die zwe, in Weimar verhafteten Individuen, den GuISdesitzer Lehmann au« Flößbcrg ermordet zu haben, und schiede» die ganze Schuld — nach einer Meldung der hiesigen Zeitung — aus den Handelsmann Albert Donner aus Halle. Alle Polizeiorgane sind von diesem Verdachte drahtlich in Kenntniß gesetzt und ersucht worden, den Dvuner, Vesten Steckbrief noch erlassen werden soll, sofort zu verhaften. Außer drin Kltislheraesellen Max Zahn au« Zwickau ist auch der Kauf mann Max Kubale aus Klein-Laskowvica (im Kreis Komtz) hier zur UntersuchungSbasl cingelicfert worden. — Naumbur« a. L., 21. November. Der langjährige Präsident de« hiesigen Oberlandesgerichl-, Wirklicher Geheimer Lber-Iustizraih 1>r. v. Brandenstein, hat seine Entlastung nachgesuchl, um m den Ruhestand zu treten. Wie verlautet, ist die Eiittassung ertbeil« und demselben au« diesem Anlaß der Ebaratter al« Wirklicher Geheimer Rath, mit dem Tilel Excellenz, verliehen. Weida, 20. Novcinber. Ai» Sonnabend wurde der Bürgermeister Friedrich au- dem benachbarte» Wünschen der t an der sogenannten Schasbrücke bei VcitSberg al« Leiche ausgesuuden. Die Todesursache ist bis jetzt nicht sestgestellt. ---- Aus Baden. 20. November. Der Gattenmorv in Ihringen, über den schon kurz berichtet, stellt sich al» eine Tbat außerordentlicher Rohheit, wie sie schlimmer nicht gedacht werten kann, heran«. Der praktische Arzt l)r. Schelldorf ist ein moralisch und sittlich vollkommen verkommener Mensch, der seine junge Frau wiederholt miß handelte, so daß sie de» Lesleren zu ihrer in Ihringen lebenden Mutter sich flüchtete. Nach deren Angaben hat sich da« Verbrechen wie folgt abgespielt: Schelldorf, der ange trunken war, versuchte zuerst seoie Frau mit dem Messer zu löd'.cn und warf sic dabei auf den Boden. Sie schrie um Hilfe. Schelldorf griff »unmchr zum G>st und schüttete seinem Opfer den Iudalt eine» Fläschchen-, angeblich Eyankali, >n den Mund; uach drei Stunden aualvollen Leiben« starb die Unglückliche. Wie Freiburger Blätter melden, zeigte der Mörder dei der Verhasiung keine Reue. Er ist 29 Jahre alt, sein Lpser war 26 Jahre. — Badische Blätter rufen anläßlich de- Mordes nach einer Acuterung der Vorbe dingungen sür den ärztlichen Berus, damit so wenig quali- sicirte Leute wie Vr. Schelldorf nicht zur Ausübung der Praxis zugelasscn würden. Die ganze Schilderung des Herganges niacht aber den Emb'uck, daß man eL iu Vr. Schelldorf, der schon als Student sehr excentrisch war, überhaupt mit einem Uiizurcchiiuiig-sähigen zu tb»n hat. —- lieber den Mord selbst berichten die Blätter noch: Schelldorf wurde in seiner Wohnung aus seiner F>au kniend gefunden; in der eine» Hand hielt er rin kleine« Fläschchcn mit Blausäure, in der andern ein Messer. Er hatte seiner Frau zurrst den Hals absckiueiten wellen und, alS die- ihm nicht gelang, ihr mit dem Messer den Mund aufgcbrochen und baS G>st den Hals hinunlergegosten. Von den aus die Hilferufe der Frau leider zu spat herbeigeeilten Leuten wurde die Frau aus ein Bett getragen, wo sie, trotz Beistände« von 3 Aerztrn, nach 3 Stunden starb, der Mörder aber einstweilen in ein Zimmer einaesprrrt, wo er über l Liter Wein trank, den ihm ei» Zechbruder zugetragen. Wie e» heißl, behauptet Schelldorf, er Hab« seiner Frau Gegengift rinstöben wollen. (Fks. Ztg.) — I»stel««rf, 20. November. Ein in der Lorettostraßc wobnender Tagelöhner, Adam Estertz. der mit einer Frauen«- person zusammen lebt, tödtet« gestern Nachmittag einen bei ihm zum Besuch anwesenden Hau-treund, ernen Schlosser, durch einen Revolverschuß. Der Thäter und dir Frauens person wurden verhaftet. — Wie«. 2l. Ncvember. Mit Tbranen i« den Augen trat Hosratb v. Strllwag, der Nestor der Professoren unserer Universität, gestern vor seine Hörer, »nd indem er «inen Brief entfaltete, sagte er Folgende«: „Hier in diesem Briefe werte >ck> verständigt von der Verbreitung de- Ge rüchte«. daß mit Ende de« Wintersemester« auch mein Ebrrn- iadr adgrschlosien wäre. Meine Herren! Ich habe eia sGöne« Alter erreicht, bin aber gegrnwäNig trotzdem m einem solchen Zustande, um welchen mich viele viel Jüngere beneiden dürste»; meine Rech»« führt mit vollster Sicherheit ohne jede Zittcrbewegung da- Messer, mein Auge erkennt unbewaffnet die geringste Trübung in der Hornhaut, doch, daß ,ch Jemandem zu lauge existiren werde, dachte ich niemals MitEntsetzcn denke ich an die Zeit, wo ich mit meiner Arbeitslust durch Nichrs- thun der Lethargie verfallen werde müssen. Aber so befiehlt es da- Gesetz Wie grausam ist seine Macht und wie schwach unsere Kraft! Bi« zur letzten Stunde der mir gewährten Zeit aber wollen wir beisammen bleiben; und wenn die Stunde de- schmerzlichen Scheiden« geschlagen hat, dann wünsche ich Ibnen einen solchen Lehrer, der Ihnen ebenso gesinnt ist, wie ich cs bin. Und mußt' ich auch hier und da kleine „Tödtuugen" bei den Rigorosen vornehme», so sind Sie nur lheilweisr, zum größten Theile ist aber das gegenwärtige System daran Schuld. Ihre Kräfte werden zersplittert durch vie gleichzeitig zu siudirruden Fächer, der größte Theil hat in den praktischen Iahreu noch nicht das theoretische Rigvrosum abgelegt, und dann soll Alle« im „Lausschritt" ädsolvirt werben. Glauben Sie eS mir, daß es mich mehr schmerzt, wenn ich zum 'Wersen gezwungen bin, al- vielleicht den Bctroffenen, denn als Lebrer hänge ich mit Liebe an meinen Schüler», doch al« Prüfer muß ich als strenger Richter Ihuen gegcnüberstehen. . . . Sagen Sie eS nun Ihre» Eollegcn, daß eS uns noch ge gönnt sei, bi« Ende dieses Schliliab-es baS Berhältniß. wie e« zwischen Ihnen und mir herrscht, aufrecht zu erhalle» und zu pflegen — Hosrath Siellwog geht noch nicht!" Stürmischer Applaus, Hoch- und Prosit-Rute folgte», die sich noch steigerten, al« der gerührte Lehrer seine feuchten Auge» trockuele. --- Wien. 2l. November. In der heutigen Sitzung de« G-mei»teralt>S warf der kürzlich au- dem Zrrenbause entlassene Ingenieur ProchaSka. welcher vor 3 Jahren eine gleiche Scene im Herrenhause hervorrief, sein Testament und bektographirte Anklagen gegen da- Parlament und die Behörden in den Sitzungssaal; er wurde von der Galerie entfeint und der Polizei übergeben. —- Part-, 2l November. Nach Meldungen an« Barsten, scheiterte daselbst der norwegische Dreimaster „Gratia". Drei Personen ertranken. --- ls'üerbanrg, 21 November. Der Sturm hat sich gelegt. Tturn« an drr ljolkändlschen Küste. Auch die holländische Küste wurde vom Sonntag Morgen bi- Montag Abend von einem ungewöbnlich bestiaen Stuim bkinizesncht und baden sich zahlreiche Schiffe stark descbärigt, in die Häsen geflüchtet. Soweit bekannt, ist der Verlust von Menschenleben nur in einem Falle zu beklagen, indem ein Sckeveiiiiiger Fischerboot gegen die Userbesestigungen der Maa-mündung geschleudert, zerschellte, wobei fünf Mann der Besatzung umkame». — London, 22. Ncvember. Der „Times" wird aus Teheran vom 2l. November gemeldet, daß die Erv- erschütterungen sortdauern. Die Städte Mesched und Kascha» wurden zerstört; ein großer Verlust an Menschenleben und Eigen thum ist zu beklagen. --- Petersburg, 2l. November. Nach Meldungen au« Tiflis brach in der vergangenen Naä't in einer dortigen P ctroleui»-Raffine, ie Feuer aus, wodurch diese, sowie drei andere kleine Rasfincrien in Asche gelegt und eine fünfte grössere tbeilweise beschädigt wurden. Ter materielle Schaden ist bedeutend. Ein Verlust au Menschenleben ist nicht zu beklagen. Vach Schluß der Redaktion eingegangen. * Potsdam, 22 November. Der Kaiser ist heute Nach mittag 2 Uhr 4? Minuten mittelst Sonderzuge- von der Wildparkstation nach Kiel ab gereist. * Hambnra, 22 November. (Privattelegramm.) Die „Hamburger Nachrichten" melden: „Fürst Bismarck, der die letzten drei Monate in Folge seiner Erkrankung vor wiegend liegend hat zubringen müssen, ist jetzt so weit hergcstellt, daß er wieder regelmäßige Spaziergänge unternehmen kann. Tie Wiedererlangung des früheren Kräjte- zustandeS macht unter dem Einflüsse der Jahreszeit nur allmälige Fortschritte. Die Schonungöbedürstig- keit besteht innerhalb der gegebenen Grenzen noch fort, andererseits ist die Hoffnung berechtigt, daß der Winter- ausenthalt in Friedrich-ruh den Fürsten gesundheitlich soweit fördert, daß er im Frühjahr wieder in den Voll besitz der früheren Kräfte gelangt sein wird." Ferner bringen die „Hamb. Nachr." einen bemerkeu-werthen Leitartikel über die Beziehungen zu Rußland unter dem alten und dem neuen Eurse Der Verfasser mißt die Schuld an dem jetzigen Zustande nur den Handelsverträgen von 189l und der neuen Polenpolitik zu und schließt: „Wir haben in diesem Artikel nur Nachweise» wollen, daß die osficiösen Blätter sich irren, wenn sie annehmen, daß 1879 die Drähte zwischen Berlin und St. Petersburg vom Fürsten Bismarck schroff durchschnitten warten seien; sie wurden c« damals nicht und haben sich unter der Negierung Kaiser Alexander « lll. bis l890 vollkommen haltbar und zuverlässig erwiesen. Die Situation, welche der alte EurS zwischen Deutschland und Rußland hinteriieß, war nach der Richtung de- gegenseitigen Vertrauens und Wohlwollen« ebenso enl- wickelungsjähig wie dir in Bezug aus England bestehende Situation, und sie war eS in höherem Maße, da in Ruß land nicht wie in England jeder Eabinetswcchscl die Gc- sammlpolitik de- Laude« io Frage stellen kann." * München. 22 November. (Kammer der Abgeord neten.) Der Antrag der Liberalen, die Steuerfreiheit drr SlandeShcrren aufznhcben, wurde mit 7V gegen 67 Stimmen abgclchnt, dagegen der Antrag de« Cenlrum« nach lebhafter Debatte angenommen. Nach letzterem Antrag soll eine Enquete vorgenciiniien werden über den fiScalischcn Umfang dieser Steuerfreiheit, um den Betrag sestzustcllcn, welcher sür die eventuelle Ablösung innerhalb der verfassungs mäßigen Zulässigkeit ersorderlich ist. Ter Minister te- Jnnern, Freiherr v. Frilitzsch, erklärte, eine solche Enquete werde angestell« werden, dieselbe würde aber in der gegen wärtigen Legislaturperiode kaum mehr abgeschlossen werden können. * Wien, 22. November. Im Elub der deutschen Linken erschienen heule die Minister vr. v. Plen er und Gras Wurmbrand, von den Anwesenden stürmisch begrüßt. Plrner gedachte in einer Rede der Entstehung und der E»l- wickrlung de- CoalitisnSgekankenS, de- Rücktritt« de- EabinetS Taafse, sowie der Bildung de» Ministerium- Windischgrätz. Er sowie Gras Wuruibrand halten e« für die Psticdt gewissen hafter Politiler und erachten r« zugleich im Interesse der Parle, gelegen, die Mitwirkung bei diese» Wandlung'» nicht unver sucht zu lassen. Di« politische BerantworUichkelt fordere, daß die Partei an den Situationen, die sie geschaffen, selbst Hand aoleze; die Sache sei allerdings in Oesterreich schwieriger als ander-wo. Da- neue Regime könne sich nur auf die Eoalition dreier Parteien stützen. Die hierin liegende Schwierigkeit unterschätze er nicht, er zieh« aber vor, darüber mit gutem Willen hinwcgzukommen, al« einfach den früheren Zustand oder eine Combiuation mit Ausschluß der deutschen Linke» hcrbeizufllhren. Principielle Ansprüche könnten weder von recht« noch von link- erhoben werden, aber eine Reihe von wichtigen Reformen ließe sich zu Stande bringen, falls die Regierung von den Coalition-parteien unterstützt würde Die Erwartung wäre nicht ausgeschlossen, daß ein frischerer, krus tiger Zug durch die Verwaltung wieder hindurchginge. (Beifall) Der Redner richtete dann an die Partei die Bitte, die ge- ämiiite Negierung zu unterstützen; dir Eonsequenz dieser Unterstützung würde eine solche Annäherung der großen Par leien sein, wie sie au« einem politischen Zusammenarbeiten überhaupt entstehen könnte. Er appellirte an alle Erinnernnzen, alle Freundschaft; wenn der Versuch gelingen sollte, so möchte man nicht gleich beim ersten Anlässe Mißtrauen sich ein chleichen lassen und wenigsten« im Anfänge politische Geduld haben, bi- die neue Eombiuation sich einigermaßen eiagelebt haben würde. Dieser Tag bedeute nicht den Abschied, sonder» hoffentlich eine glückliche Neuordnung, die sich vielleicht aiub nach außen hin zum Wohle de« Vaterlande« wirksam und fruchtbar gestalte. (Stürmischer Beifall.) Der HandelS- ininister Graf Wurmbraud erbat al-dann di« Unter lützung der Partei für da- gesummte Eabinet, welche« sick- in schwierigen Zeilen die große Ausgabe der Vereinigung der gemäßigten staatserhaltcnden Parteien gestellt habe behufs Förderung de- Wohlstände» und Kräftigung de« StaalS gedankcnS. Die- setze ei» großes Maß von Selbstvrrleugnuiir und staalSniäiinische» Zurückhaltung seiten« der Parteien und der einzelnen Persönlichkeiten voran«. Die Aufgabe bestelle darin, in Fühlung mit der eigenen Partei da« Verständnis niil den coalirten Parteien möglichst zu fördern. Der Minister gedachte al-dann der hoben Verdienste seine« Vorgänger« im Amte und schloß, da- Ziel der Stärkung der Staat-bürger in, großen Eoncurrcnzkamps der Nationen sei gewiß d.-r Unterstützung aller Patrioten Werth. (Lebhafter Beifall.) * Wien, 22. November. 2m Polenclub erklärte der Minister v. IaworSki, der Polenclub habe stet« an der Ueberzeugniig festgehalten, daß die unumgänglich nothwendige parlamentarische Majorität weder mit dem Hohenwartclul ohne Linke, noch mit der Linken ohne Hohenwartclub zu Stande kommen könne. Damit die geschaffene Eoalition lebensfähig erkalten werde, sei e« nöthig, daß sich die Parteien nicht nur negativ aneinander reihten, sondern r« solle ihnen ein Programm vorgelegt werden, auf welche« sie sich einigen sollten; die Mitglieder de- Poleuclub- möchten morgen nach erfolgter Erklärung der Negierung ihre Meinung bezüglich ihre« Verhältnisses zur Regierung und zu ven Parteien im Club aussprechen. Ter Minister schloß, die Gefühle unbe grenzter Dankbarkeit sür den Kaiser und die konservativen Prineipicn belebten ihn auch heute. (Lebhafter Beifall.) * Wien. 22 November. Im Club drr Eon servativen dankte der Minister Falkenbayn für da« ihm bisher ent gegengebrachtc Vertrauen und bat, dasselbe ihm auch für tie Zukunft zu bewahren und eS überhaupt drr ganzen Regier»»- eiltgegenzubringen. Der Obmann de- Clubs, Graf Hoben- wart, stellte al-dann den Verlauf der Krise, sowie die Bildung de- EoalitionSiuinisteriumt kurr dar. Der Club beschloß, morgen Abend eine neuerliche Sitzung zu halten und die morgige Erklärung der Negierung zum Gegenstand der Berathung zu machen. * Pari», 22. Ncvember. Di« Conservaliven tadeln da- Programm der Negierung, billigen aber den Theil, welcher die Socialisten betrifft. Die radicalcn Organe werfen der Erklärung vor, daß sie einen verneinende» und aggressiven Charakter habe. Die allgemeine Ansicht gebt dabo», daß da- Ministerium eine große Majorität sür sich haben werde. * Paris, 22. November. Heute Nachmittag fanden in dem Palais Bourbon drei Versammlungen von Dcxutirten statt, um über die gestern begonnene Znler xellalion zu bcrathen. In der ersten Versammlung, an welcher 150 rcgicruiigSfreundliche Republikaner theilnahiiien, wurde beschlossen, dem Cabiuet da« Vertrauen au-zudrückcn. Tie zweite Versammlung, welche die Deputieren der äußersten Linken umfaßte, beauftragte Pelletun zu erklären» daß da« Programm deü CabiuetS unzulänglich sei, und eine rabingeaende Tagesordnung einzubringen. Die dritte Ver sammluiig, welche von 75 fortschrittlichen Republikanern ge bildet wurde, bekundete dieselben Ansichten wir die äußerst« Linke und beschloß, sich mit derselben über die Einbringung einer Tagesordnung zu verständigen. * Madrid, 22. November. Bei den hiesigen Muni- cipalwahlen wurden 18 Monarchisten »nd lO Republi kaner gewäblt. In den meisten Städten der Monarchie ist der Sieg der elfteren in gleichem Verhältnisse. Die Ruhe ist nirgends gestört worden. * Kopenhagen, 22. November. Der König hat einen sofortigen Bericht über den Umfang drr an der Westküste Jütland- durch die Stürme verursachten Unfälle ein- gesordert. Zur Unterstützung der Hinterbliebenen und der Geschädigten werden Subskriptionen eröffnet, an deren Spitze die Prinzessin Waldemar und dir Gemahlin de« Miuisterpräsidenlen Estrup stehen. An der Börse wurden sofort 8500 Kronen gezeichnet. Außerdem werde» noch weitere private Veranstaltungen beabsichtigt. >V Dorpat. 22. November. (Privattelegramm) Die ari dester Ouelle verlautet, soll die theologische Facultät in ein „Lutherische» Eolleg" umbenannt und nach Peter«- bürg übergefiibrt werden. Der berüchtigte Rector unserer Universität, vudilowitsch, wurde zum ordentlichen Professor sür slawische Sprachen ernannt. * Loßa. 22. November. Die Leiche de« Grafen Hartenau soll mit Einwilligung der Familie ausTtaal«- kosten hierher überführt und in der ältesten orthodoxe» Capelle beigesetzt werden.
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