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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.08.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930830024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893083002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893083002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-30
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
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Wenn man den Berichte» der Parteiblälter vollständig Glauben schenken darf und keine Uebertreibung untergelaufen ist, so berechtigt allerdings die stattliche Besuchsziffer von 3000 Personen zu den: AuSspruche, daß die Versammlung in Bezug aus ihre Größe eine glänzende sei. Was aber fehlt, das ist der Glanz der Namen, welche frühere Katholikenversammlungen zierten. Bon vornherein mußte man gespannt darauf sein, in welcher Weise der im Centrum zum Ausbruch gekommene Zwie spalt eine Rückwirkung auf die Versammlung üben würde; man erwartete mit lebhaftem Interesse, ob die konservativen Herren aus Schlesien, ob Herr von Schorlemer-Alst gemeinsam mit Herrn Lieber, der ihnen so übel mitgespielr hatte, zu Würzbnrg lagen würden. An Einladungen hat es vorher nicht gefehlt, galt xg poch, nach den großen Schlappen, die das Cenlrum in der letzten Zeit sich geholt hatte, wieder das Bild einer geschlossenen und einigen Partei zu bieten. Und dazu wurde die Katholiken- versammlunz zu Würzburg als eu, „culraler Boden aus- crsehen; dort sollte von Politik keine Rede sein, nur kirchliche und sociale Fragen sollten berührt werden, in denen eine Verschiedenheit der Anschauungen nicht herrsche. Noch vor wenigen Tagen hat bekanntlich Herr Lieber in Hildesheim erklärt, es sei ein zwar spät erkannter, aber unzweifelhafter Fehler gewesen, daß der Culturkampf die katholischen Generalversammlungen mit Politik diirchiräukl habe. Die Erkenutniß kommt jedenfalls sehr spät, denn noch im vorigen Jahre haben politische Fragen eine große Rolle auf der Mainzer Versammlung gespielt. Erst jetzt, nachdem die Politik der vielgcrühmten Einigkeit im Cciitrum einen bösen Streich gespielt hat, macht man die Entdeckung, daß die Behandlung politischer Fragen aus den Kalbo- likenversammlungen ein Fehler gewesen ist. Die Be mühungen, die »ltramonlanen Dissidenten zur Teil nahme an der Würzburger Vcrsaniiiilung zu bewegen, scheinen trotzdem vergebliche gewesen zu sein, beim diejenigen Personen, aus deren Gewinnung cS besonders abgesehen war, sind von Würzburg ferngeblicbcn. Die „Germania" hat in ihrem Berichte einen besonderen Abschnitt den Thcilnehmern mit adligem Namen gewidmet, ihre Liste der adligen Besucher ist ziemlich lang, aber die Namen, die man am liebsten mit auf die Liste gesetzt hätte, sind nicht verzeichnet. Von den Abgeordneten, die sich bei der Militairvorlage direct in Wider spruch mit der Mehrheit der Partei gesetzt hatten, ist nur Prinz Arenberg zugegen, dessen Anwesenheit aber, da er politisch nie sehr hervorgelretcn ist, wenig zu bedeuten hat. Von ganz anderer Bedeutung ist es, daß die Namen des Grafen Ballestrcm, des Freiherrn von Huene, des vr. Porsch in der Präsenzliste fehlen; mit dem Namen des Freiherrn von Schorlemer-Alst scheint nur ein Spiel getrieben zu sein. Wäre noch Aussicht vorhanden, daß die einstmals so viel gefeierten Führer noch nachträglich auf der Katholikenversammlung erschienen, so würde die ultramontane Presse eö sich nicht haben entgehen lassen, cs der Well laut und deutlich genug anzukündigen. Aus dem Schweigen der klerikalen Blätter in_ dieser Hinsicht ist zu entnehmen, daß die konservativ gesinnten Ultramontanen es mit ihrer Absage an Herrn Lieber sehr ernst nehmen, daß an eine Versöhnung auf dem eigens erst für neutral erklärten Boden der Katholikenversammlung nicht zu denken ist. Das Ceiitrum wirb also in Ruhe sich weiter zur demo kratischen Oppositionspartei entwickeln können. Damit fällt auch die schöne Rechnung der „Kreuzzeitung" zusammen, welche die adligen nnv coniervativen Mitglieder des Ccntrums ausgefordert hatte, keine Abstineiizpolitik zu treibe», sondern nach Würzburg zu gehe» und zu versuchen, ob sie den alten Einfluß in der Partei wictererlangen könnte». Das feudale Blatt war in großer Angst und Besorgniß, daß daS Cenlrum sich „unmöglich" machen könnte; den» dann wäre das schöne Spiel mit der doppelten Mehrheit vorbei. Die konservative Partei wäre nicht im Staude, der Regierung gegenüber ihre Unabhängigkeit zu beweisen und ihr in der Gewerbe- und Handelspolitik die scharfe Opposition zu machen, welche sie in ibrem Interesse für nothwendig hält. Mit der Bildung eines einflußreichen rechte» Centrumsflügclö ist eö aber nichts geworden, und man muß nn» abwarle», ob die „altpreußischen Conservativen" wirtlich einen gelinden Schänder vor dem Bündniß mit dem „Mnßpreußen" Lieber empfinden. Tie Frage der SenatSreform, welche die belgische Constiluante nun schon seit Wocken beschäftigt hat, hat sich »unnichr zu einem wirklichen Conflict zwischen den beiden Häusern des Parlaments zngcspitzt. Schon seit geraumer Zeit ist eine gewisse Gereiztheit unö Spannung zwischen dem Ober- und dem Unterhaus« zu Tage getreten. Der Senat schien ungehalten darüber, daß die Kanimer zuerst über alle Senatsreformvorschläge berietb, und enljchicd, daß die Priorität der Beralhung nach Ansicht der Senatoren diesen ge bührte. Die Senatoren benutzten daher die erste beste Gelegenheit, Len Abgeordneten ein Sckimppcheu zu schlagen, indem sie das den Dcpulirleu günstige Diätengesctz abänverle.i. Dafür rächten sich die Deplitinen wieder, indem sie den vom Senat ange nommenen SenatSreforiuentwurs schonungslos ablehnte». Die Regierung, welche über die Eenatsreformsrage ebenso wenig eine selbstständige Meinung besitzt, wie über die anderen Fragen der VersassuiigSrevision, bcsinvet sich in Folge dieses parlamentarischen Gezänkes in einer recht unangenehmen Lage. Es klingt denn auch sehr glaublich, daß der letzte Miiiislcr- ralh sich ganz ernstlich mit der Frage LesRücktritls des Gesainuit- ministerlums beschäftigt habe. Soweit bekannt, befürworteten der Ministerpräsident Beernacrt unv derJustiziiiinisterLejeunc den Rücktritt deö Cabinels, während der Minister des Inner», Deburlet, den Gedanken bekämpfte. Letzterer wurde auch fallen gelassen. In der That ist cs nicht gut denkbar, daß die Regierung in diesem Augenblicke die Flinte ins Korn wirft. Sie hat die Bcrsassungsrevision in Angriff genommen und ihr allein liegt die Pflicht ob, sie zu Ende zu führen. Allerdings kann sich das Ministerium Beernaert daraus berufen, daß es jede Autorität eingebüßt hat. Aber ein GeschäslSmiiiisteriiiin — und nur eia solches kann ihm Nach folgen — wird auf die parlamentarischen Kreise auch nicht mehr Einfluß üben. In Spmiirn ist eS eine ständig wicderkehrende Er scheinung, daß fueristische Demonstrationen, also Proteste der aus ihre provinziellen Vorrechte eifersüchtigen Volksclemente gegen die cenlralisirenden Bestrebungen der Madrider Regierung, regelmäßig dann in Erscheinung treten, wenn ein liberales Ministerium am Staats ruder ist. Der ConservatismuS gebt Conflictcn mit den alten Uebcrlieserungcn und Einrichtungen instinctiv aus dem Wege, iudeß der Liberalismus cs mit Recht für seine Auf gabe ansieht, den modernen Staatsbegriff auszugestalten, ohne immer Rücksicht darauf nehmen zu können,ob er im Verfolg seines F.°-, w° S-d.in-" ans größtmögliche Vereinfachung rcö Verwa „g^ rrr.: 2r V ÄMAAx'L'uK betreffenden Provinzen nun, statt dem Prii'k'P der ocere sicbei dcn Maßregel beizupflichten. schopsen Argwohn, als j L't'ei..-Schlä gegen bre «Ubergeb^ »laut »nd denke» aut Abwebr. Dabcr die feil wachsende Erreaung der Bolksleideiischaslen. ^ daher die Demonstrationen gegen den Ministerpräsidenten «aga,la und die Not!,Wendigkeit, Militair nach rem Schauplatz- die,er Ausschreitungen heranzuzichen. In England beherrschen nach wie v°r die Homerulc- vorlage einerseits und die Arbeitslosigkeit und die Arbeitseinstellungen andererseits das ^.ageSintereije. Da« Schicksal der Homerulcvorlage nn e»gli,chen Ob er banse ist von vornherein besiegelt. Unklar ist maii sich mir iiock, welchen Weg Gl ad stone c,„z„,chlagcn ge denkt, »m die Bill nochmals ohne allzu v.el Zeitverlust durch daS Unterhaus und vor taS Haus der Lords zu dringen. Vor aussichtlich dürfte Gladstone die Taktik befolgen, die nächste» Monate der theitweisen Verwirklichung des Ncwcastlcr Reform- proaraniills zu widmen und dann erst Homcrule zum zweiten Blake im Parlamente zur Erörterung zu stellen. Die,er Vorgang scheint freilich die Gefahr mit sich zu bringen, dag die Unionisten im Unterhaus- neuerdings eine ebenso um- sasseude Berathung der Vorlage wie in der gegenwärtigen Tagung berbeisübren und dadurch den Eindruck der Reform- thaten des Cabinels abschwächen würden; unmittelbar vor den Neuwahlen wäre das für die liberale Partei nicht unbe denklich. Sir EbarlcS Dille, der liberale Parteiführer und Vertreter für Forest of Dean, bat am 28. August dem Eabinet einen Ausweg auö dieser Klemme gewiesen. Er lenkte nämlich die Aufmerksamkeit auf den halb vergessenen Beschluß eines l86t niedergcsctzten Sonderausschusses des Ober hauses, dcinzusolge bei nochmaliger Einbringung einer Vor lage im Unlerhause, die schon in der vorhergehende» Tagung angenommen worden sei, ein abgekürztes Verfahren eingeschlagen und diese durch eine bloße Resolution des Unterhauses dem Oberhause zum zweiten Male übermittelt werden könne. Lord Salis bury gebrauchte dieses Mittel im Jahre 1869. Gladstone antwortete, binsicktlich der Thatsachc, daß die gegenwärtige Geschäftsordnung den Verhältnissen der Neuzeit nickt mehr ganz angepaßt sei, werde die Regierung die von Dille an geregte Frage reiflich erwägen, aber der Zeitpunct für eine Entschließung darüber sei noch nicht erschienen. — Was die Arbeitslosen in dem britischen Jnselrcich betrifft, so bat auf Gladstonc's Wunsch der Sccretair des Vereins für die Arbeitslosen in England, Williams, dem Premierminister praktische Vorschläge, den Arbeitslosen Beschäftigung zu verschaffen, unterbreitet. Williams stützt sich dabei aus Gesetze der Königin Elisabeth, der Könige Karl I. und II. und der Königin Anna, und fordert das Ministerium auf, im Parlament sofort eine Bill einzu bringen, welche den Armenpflegern, den Vcstrien und anderen Gemeinde-Vertretungen die Vollmacht ertheilt, in ihre» Districten nützliche Bauten zu beginnen und l 000 000 Psd. Sterl. zu dem angeführten Zwecke zu bewilligen. Gladstone hat durch seinen Sccretair antworten lassen, daß seiner Meinung nach die Negierung dem Parla ment keine solche Bill vorlezen könne. Ocffentliche Bauten unterständen dem Localverwaltungsamt. Der Marquis von Salisbury, dem Williams gleichfalls geschrieben chatte, ließ alinvorteii, daß die jetzige Politik viel Schuld an der herrschenden Arbeitslosigkeit trage. ES sei schlimm, daß da- Parlament dieser wichtigen Sache keine Aufmerksamkeit zu- wende. — Die Noth unter den Bergarbeitern wächst inzwischen in Südwales, M onuiouthsbire und Süd-Lan- cashire von Tag zuTag, zumal, wie uns beule aus London telegrapbirt wird, die Grubenbesitzer sich weigern, in Gemeiiischaft mit den Bergarbeit ern auf eine Erhöhung tcr Koblcnve rkaufS Preise hinzuwirkcn und dadurch eine entsprechende Lohnerhöhung herbeizüführen. Sie lehnen sogar ab, die Löhne auf der Höhe zu erhalten, wo dieselben sich zu der Zeit befanden, als die Grubenbesitzer den Berg arbeitern von der beabsichtigten Lobnabäuderung Mittcheilnng machten. Die Grubenbesitzer erklären, die Haltung der Grubenarbeiter, die durch ihre Führer immer noch aufgehetzt werden, verhindere jeden Vergleich. Wie sich die zTimcs" auS Tanger telegraphisch berichten lassen, rückt der Zug de- Sultans von Marokko zur Be schwichtigung der aufsässigen Volksstämme seines auS- gekebnlen Reiches nur langsam vorwärts. Gefechte von irgend welcher Bedeutung hat der Sultan mit den mächtigen Stämmen, deren Gebiet er bis dahin durchzogen, überhaupt nicht zu bestehen gehabt. Trotz der vielen Ungesetzlich keiten, deren sich die Stämme in den letzten Jahren schuldig gemacht haben, scheint der Sultan, doch nickt willens zu sein, sie zu züchtigen. Vielmehr scheint er Alles auszubiclcii, die Einwohner bei guter Laune zu er halten, während er ihnen andererseits seine Macht zu zeigen gedenkt. Auf diese Weise hofft er namentlich den Stämmen, deren Gebiet an daS der Franzosen grenzt, Achtung ein- zuslößcn. Ter Zug dcS SultanS hat einen Punct erreicht, wo die Straßen nach Tafilelt und der Stadt Marokko sich abzweigen. Niemand weiß, welche Richtung der Marsch jetzt nehmen wird. Tie Sterblichkeit unter den Truppen ist in Folge der Hitze, dcS Mangels an Proviant und der herrschenden Krankheiten ziemlich groß, der Preis für Lebens mittel ungefähr viermal so hoch als in Fez. Aus der Be merkung über die Straßenabzweigung läßt sich entnehmen, daß der Sultan sich jetzt etwa in Oglat-Bu-El-Adam, 45 geographische Meilen südlich von Tafilelt, befinden dürfte. Deutsches Reich. 6. H. Berlin, 29. August. Die Nicktverbändler unter den Buckdruckern haben trotz der heftigsten Anfeindungen der bezahlten Agenten des Verbandes immer mehr an Boden gewonnen und sind nun so weit, daß sie ihren ersten „Nicht- vcrbändlcr-Delegirtentag" am 3. und 4 September in Erfurt abhalten werden. Der VerbandStag wird sich mit dem „Zu sammenschluß" aller NichlverbandSvercine Deutschlands 4) zur Errichtung von Uiilcrslützungscasscn, 2) zur Herbeiführung einer Tarifgcmeinschaft und 3) zur Förderung der Collegialität beschäftigen. Mil der Herbeiführung einer Tarifgememschafl werden die Herren Wohl kein Glück haben; sämmtliche G? Hilfe» zur Jnnehaltung gleichmäßiger Arbeitsbedingungen z bestimmen, ist ebenso unmöglich, wie sämmtliche Prin Fenilletsn. Sein einziges Gut. bj Roman von B. Corony. Nachdruck verlöte» (Fortsetzung.) Frau von Arnheim wandte den Kopf und blickte nach den Minarets hinüber. „Der Bau scheint nach dem Muster irgend einer Moschee auSgeführt", sagte sie mit schleppendem Ton. „Ganz richtig", erwiderte der Freiherr. „Ich selbst entwarf die Zeichnung, setzte mich mit einem berühmten Architekten in Verbindung und hatte die Freude, eine treffliche, getreue Nach bildung des in Konstantinopcl stehenden Originals hier vor zufinden. Mißfällt Dir meine Idee?" „Ich bcdaure »ur, daß die Kunst gerade dazu dienen mußte, daS Symbol des Unglaubens hier zu errichten. Dieser Halb mond auf der Kuppel paßt schlecht zu dem frommen Glocken geläute, daS vom Dorf herüber tönt." „Aber, beste Olga, Du entwickelst Anschauungen, die mir ganz neu sind!" ries Gisbert, unangenehm überrascht. Von Deinem Standpunct aus betrachtet, müßte es also auch unrecht sein, eine Statue der Venus zu besitzen oder den Salon mit Gemälden zu schmücken, welche Scenen aus der Mythologie darstcllen." „In meinen Zimmern wirst Tu auch nichts dergleichen finden. Auf die Gefahr hin, mich in Deinen Augen lächerlich zu machen, kann ich Dir nicht verhehlen, daß ich in dieser Hinsicht sehr streng denke." „Ich bin ebenfalls weit entfernt, ein Gottesleugner zu sein; wie aber die Form dieses Pavillons, der doch »ur dazu he stimmt ist, den Park zu ziere» und meine Sammlungen aus zunchmen, Dein religiöses Gefühl verletzen kann, ist mir durch aus unverständlich." „Ich sehe allerdings, daß wir unS nicht verstehen", sagte Frau von Arnheim, auf deren Wangen wieder die kreisrunden rothen Flecke erschienen, aber schon nach wenig Augenblicken ftbwanden, um einer auffallenden Bläste Platz zu machen. Die GesickitSzüge schienen jetzt merkwürdig verfallen. „Ich dachte, wir ließen den Meinungsaustausch über dieses Thema fallen", mischte sich Fräulein von DombrowSky ein. „DaS sind Ansichten, über die zu streiten ganz zwecklos wäre. Jeder muß da nach seinem eigenen Gefühle handeln, ohne der Anschauungsweise Anderer die Berechtigung absprechen zu wollen. Es ist übrigens spät geworden, und wenn Du nichts dagegen einzuwendcn hast, so schlage ich vor, daß wir unS zurückziehen. Ich habe mit Prisca alle Koffer auSgepackt und bin müde." Damit erhob sie sich, und die übrigen Anwesenden kamen ihrem Beispiel nach. DaS entschlossene Wesen des alten Fräuleins ließ allerdings keinen Zweifel darüber walten, daß fic gewohnt war, ihre Anordnungen befolgt zu sehen. „Gute Nacht, Onkel! Wenn der Thau noch auf den Gräsern flimmert, werde ich schon bereit sein zu unserm Morgenritt!" ries Konstanze. „Vertraust Dü mir Deine Tochter auf mehrere Stunden an?" wandte sich der Freiherr an seine Cousine. Sie ließ nervös die Kette, an welcher das goldene Kreuz hing, durch ihre schlanken, weißen Finger gleiten, murmelte einige unverständliche Worte und warf einen fragenden, nn- sichern Blick auf Alexandra. Diese nickte, und nun erst äußerte sich Frau von Arnheim zustimmend. Sic schien wirklich in mancher Hinsicht ganz unselbstständig zu sein und ihre Entscheidungen von dem Willen der DombrowSky ab hängig zu machen 4. Capitel. Es war noch früh am Tage, als Konstanz« schon in einem Neitkleid von feinem blauen Tuch vor dem Spiegel stand und den Hut mit der langwallenden weißen Fever auf daS dunkle Haar drückte. Jenny, die Kammerjungfer, welche Gisbert, als die Ankunst der Damen angekündigt war, aus G . . . . kommen ließ, reichte ihr eben die zierliche Gerte dar, während PriSca auf einem niederen Schemel kauernd mit vor Bewunde rung leuchtenden Blicken zu ihrer jungen Herrin aussah. Sie wohnte stets der Toilette derselben bei. Es war daS eine Gewohnheit, von der sie nicht lassen konnte, ebensowenig wie davon, daß sie zuweilen in ihrer B^zeisterung, ohne eS selbst zu wissen, daS vertrauliche „Du" wieder gebrauchte, mit dem sie dereinst daS Kind anreden durfte. Ein Diener kam, zu fragen, ob das gnädige Fräulein bereit sei, und Konstanze eilte nun, die lange Schleppe dcS Kleides anmuthig über den Arm werfend, dem Freiherr» entgegen. Ihre steinen, silbernen Sporen klirrten melodisch, als sie in een gepflasterten Vorbof schritt, wo die beiden prächtigen Thiere auf und ab geführt wurden. Sie war in der That eine treffliche Reiterin, deren Schönheit jetzt noch stolzer und blendender erschien. Lebenslust sprühte au» den schwarzen Augen, unbezwingliche Leidenschaftlichkeit athmcte ihr ganzes Wesen. „Wir wollen daS Dorf vermeiden und gleich den Weg an der Mühle vorüber nach dem Walde cinschlagen", entschied Herr von Hohenfels. Die Mühle war nur zehn Minuten entfernt. Vor ihr breiteten sich üppige, außerordentlich frische Wiesen aus. Ver gißmeinnicht wuchs, namentlich zu beiden Seiten dcS Baches, i» so reicher Fülle, daß der Rasen stellenweise fast bläulich schimmerte. „Welch ein reizendes Bild!" rief Konstanze, ihr Pferd an haltend. Der Freiherr schien diese Worte überhört zu haben. Sein Blick hing an einer kindlich zarten, weiblichen Gestalt, die, sich tief zu den glitzernden Wellen herabbeuzend, Blumen pflückte. Ihr Gesicht konnte er nicht, sehen, aber das goldbraune, in zwei langen, dicken Flechten über ihre Schustern hängende Haar fesselte seine Aufmerksamkeit und erinnerte ihn lebhaft an das einzige Weib, das er jemals wahrhaft geliebt hatte. — Arme, weiße, früh verblühte Rose! — Da wandte sich daS Mädcken ui», und nun vermochte er kaum einen AuSruf der U-berraschung zu unterdrücken; in ihrer ganzen, elfengleichcn Anmuth stand die Unvergeßliche wieder vor ihm. Die schönen Augen, von der Farbe des VergißmeinnicktstraußeS, den die feinen Händcke» hiellen, halten denselben träumerisch, sinnenden Ausdruck. Ter unbeschreibliche Zauber keuscher Lieblichkeit, der die Verstorbene einst schmückte, umfloß auch dieses jugcnd- Ilche Wesen, daS crröthend zu ihm aufsah, seinen Gruß schüchtern erwiderte und dann über die Brücke in die Mühle schritt „Wer ist denn diese Kleine?" fragte Konstanze. „Ich weiß eS nicht, aber ihr Anblick rief wehmüthigc Er- mncrungen wach in mir", erwiderte er und setzte ablenkcnd hinzu: Die Sonne wird bald glühen, wir müßen un» beeilen, den Schatten deö Waldes zu erreichen." Kaum mit den Hufen den Boden berührend, flogen die wachsender Bewunderung beobachtete GiSbert seine Begleiterin, deren Muth zuweilen an Tollkühn heit grenzte Sic war doch ein herrliche-Geschöpf voll Feuer und Leben, aber auch em eckte« Weltkind, der flüchtigen Stunde huldigend und schon zetzt das hrißbrgehrrnde, leidenschaftliche. Tropenblume, mitten im kalten Norden erblüht. Keine seraphqleiche Lichtgestalt. wie >e Fremde, deren Anblick ihn vorhin so seltsam bewegt hatte, Glanze der Schönheit strahlende- -idejen, ,n besten brennende Augen man nur zu sehen brauchte um zu ahnen, daß in der jungen Seele sich gute und bi e Jnstiiicte stritten und daß in der Tiefe des heißen Herze S ein Dämon schlummerte, der bei der ersten unsanften Be rührung erwachen konnte. Aber reizend, unbeschreiblich reizend mußte er sie nennen, und daS Vertrauen, welche- sie ihm be wies, entzückte den so lange Vereinsamten. Sie sprach sich so offen über ihre Bekümmernisse aus, zeigte ihm so rückhalt los die dunkelsten, rätselvollsten Schatten ihres Familien lebens, stellte sich in so bezaubernder Weise unter seinen Schutz, daß er nicht nur ihr, sondern auch sich selbst gelobte, sie einer schönen, glänzenden Zukunft eutgegenzuführe». Die Sonne sandle bereits ihre sengrndsten Strahlen zur Erde, als Hodenfels und seine Nichte wieder an der Mühle angelangt waren »nd nun, langsam heimwärts reitend, an dem Edelhos vorüber kanien. „Sieh, dort stebt daS niedliche Mädchen, welches heute Morgen so eifrig Blumen pflückte", flüsterte Kvnstan»e dem Freiherr» zu. Er folgte der angedcutetcn Richtung und erblickte, an dem ihm so wohlbekannten, rosenumrankten Fenster lehnend, da- Ebenbild der einst geliebten Frau, lieber ihrem Haupte schwankten vie bliithenschweren Zweige, und die großen Kinder augen sahen naiv erstaunt zu ihm herüber. Die Tochter der Entschlafenen — die holdeste Verkörperung des kurzen, süßen JugendlraumcS! — Wieder ueigte er sich grüßend, und aber mals erröthcte das aumulhige Gesicht, und daS feine Köpf chen nickte dankend. „Hildegard!" rief plötzlich eine zornige Männerstimme. „Was stehst Du hier am Fenster? Die Großmutter wartet auf Dich!" Das Mädchen erschrak. Die grünen Ranken, zwischen denen Purpnrkelche glühten, schlugen leise rauschend zusammen, und die Märckengestalt war verschwunden. Durch den Garten in» Hans schritt HanS Rainer, die Stirn düster gefurcht »nd Herrn von Hohenfels einen Blick unversöhnlichsten HasteS zuwerfcnd. Wie er langsam, mil schweren, wuchtigen Schritten vorüberzing, einige Worte, die fast wie ein Fluch klangen, vor sich bimnurnielnd, merkte man cS ihm an, daß er gern Streit gesucht hätte. Ter Ausdruck des Grolles hatte sich im Lause der Jahre fast versteinert auf seinem Antlitz. Konstanze gab ihrem Pferde einen leichten Schlag und sprengte vorbei. Gisbert folgte ihr. „Welch ein finsterer, unheimlich auSschcnder Mann!" sagte ffe. „Was hat er gegen Dich?" „Zwischen uns besteht eine alte Feindschaft, Kind!" er-
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