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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.09.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930906021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893090602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893090602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-06
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
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Mag man auch an der Beweisführung des genannten Organs Manches und an der Form seiner Dar stellung Vieles "auSzusctzcn haben, so wird sich die unbefangene und unabbängizc Poesie doch nicht der Pflicht entziehen können, seinen AuSsübrungen Beachtung zu schenken. Der Verdacht, daß die Preisbildung jetzt wie im Jahre 189l durch die Speculation künstlich, also aus unzulässige Weise beeinflußt werde, ist so dringend, daß er sich mit dem Hinweis auf das eherne Gesetz von Angebot und Nachfrage nicht ab- tbun läßt. Wir hatten 1891 eine der vorhandenen Menge nicht entsprechende Tbcuerung und sehen beule einen durch die Markt- und Zollvcrhältnisse nicht erklärten Tiefstand der Getreidepreise. Vor zwei Jahren wurden die Zölle sür die exorbitant hoben Preise verantwortlich gemacht, jetzt soll der gedrückte Preis bei Erhöbunz des Zolls auf russisches Getreide beweisen, daß Zölle der Lantwirtbschaft nichts nützen können. TaS Verwerf liche dieser Doppelzüngigkeit bedarf keiner Hcrvorbcbung. Noch verwerflicher aber wäre cS, wen», wie daö Organ des „Bundes der Landwirtbe" behauptet und wir nicht abzuweisen vermögen, der Preisstand damals wie heute „gemacht" worden wäre, nicht nur um einen illegitimen Handelsgewinn zu erzielen, sondern auch ju dem Zwecke, Argumente gegen den landwirtbschaftlichen Zollschutz zu liefern. Nichtig ist, daß die Gctreidcpreise eme starke Neigung haben, auf einem niedrigen Niveau zu bleiben, so lange der Produccnt die Waarc noch im Speicher hat, und zu steigen, sobald sie in die Hände der Speculation gelangt ist. Diese Erscheinung ist mit dem „elementaren" Walten dcS Gesetzes von Angebot und Nachfrage unvereinbar und weist allerdings aus eine „Mache" hin, die ucrst den Producentcn aushungert, um sodann den Con- umenten zu bewuchern. Die Angaben über die „sichtbaren Vorrätbe" sind unzuverlässig und tendenziös, Jedenfalls sich nach 1891 hcrauSgestcUt. daß die Getreideknapphcit nicht von der Art war, um die damaligen enormen Preise zu rechtfertigen, und höchst wahrscheinlich wird sich diesmal ergeben, daß dem Tiefstand der Preise der vorhandene Ueberfluß nicht entspricht. Bleibt noch der Zoll. 189l HungerSnoth wegen eines Zolls von 50 189.1 Un- verkäuslickkeit trotz eines Zolls von 75 aus die Waare eines riesigen ProductionSgcdieteS, ja sogar — man bekommt das wirklich zu lesen — wegen dieses Zolls! Also gleiche Ursachen, entgegengesetzte Wirkungen —der Verdacht, daß zur Stütze dieser Logik Thatsache» künstlich geschaffen werde»,ist jcdeiifallsweniger ungeheuerlich, als die Logik selbst. Die Eorrespondenz dcö „Bundes der Landwiribe" schließt mit der Aufforderung an die Producenten, sich ihr Getreide nicht zu einem Schaden- Preise ablocken zu lassen, sondern mit dem Verkauf nach Möglichkeit zurückzuhatlen. Für die Zweckmäßigkeit seines Ratve« trägt das Organ die Verantwortung. Wenn aber die „Vossische Zeitung" von ihm sagt, die Aufforderung bezwecke selbst nichts Anderes, als eine „Mache", so muß gegen diese Form der Rechtfertigung einer unsoliden Speculation Verwahrung eingelegt wer den. Es ist, mit Verlaub, denn doch Zweierlei, wenn ein Erzeuger daS Eintreten von Umständen abwartet, die dem Absatz seine« Products günstig sind, und wenn Händler, die der Production und selbst dem thatsäcklicben Waarenverkehr sernstehcn, durch den Verkauf von Waare, die sie nicht besitzen, sür sie günstige Umstände „machen". Die Kundgebungen deS Kaisers Franz Josef von Lest erreich während seines Aufenthaltes in der galizischen Stadt JaroSlau, die Art, wie er in den Antworten auf die an ihn gerichteten Ansprachen daö einträchtige Zusammen wirken der beiden VolkSstämmc dcS Landes belobte, die Beweise der Treue, Anhänglichkeit und dcS Patriotismus hervorhob und der Befriedigung über die ausgezeichnete, um sichtige, feste und zielbcwußte Verwaltung Ausdruck gab, wobei er ans den Stattkalter binwieS, baden nicht bloS großes Aussehen und einen tiefen Eindruck hervorgerufen, sondern werden auch vielfach commentirt. Niemand vermag nämlich zu verkennen, daß eö sich darum bandelte, der galizischen Be völkerung mit besonderer Wärme Anerkennung zu zollen, waS nicht ohne Einfluß aus die Stellung der Vertreter Galiziens im RcichSratbe u.id in dem Parteiwcsen überhaupt bleiben kann, sondern daß auch den Kronländern, die gleichsalls mehrere Nationalitäten beherberge», vor Allem den Ezechcn, ein Spiegel vorgehalten werden sollte. Unter diesem GesichtS- puncte baden die erwähnten Acußcrungen dcS Monarchen eine besondere, nicht bloS Galizien allein angehende Bedeutung erlangt. Dänische Marinekrcise betonen neuerdings mit be sonderem Nachdruck die Nothwendigkeit, die Befestigung von Kopenhagen, falls diese nicht ganz wcrlhloö sein solle, durch eine befestigte Flottenstation im Großen Bell — etwa bei Agersösund — zu ergänze», um cS der dänischen Flotte zu ermöglichen, daß sie die Verbindung zwischen den einzelnen Landcötheilcn aufrecht erhalte und eine Landung des Feindes auf Seeland verhindere. So führt in der „Tidsskrist sor Söväscn" Prcmicrlicntenant W. Hovgaard auS, daß Dänemark gar nicht im Stande sei, seine Neu tralität im Falle eines deutsch-französischen Krieges aufrecht zu erhalten, wenn die dänische Flotte nicht Herr deS Großen BelteS bleibe, WaS sie nach Ansicht des Verfassers nur dann vermag, wenn sic sich auf eine befestigte Station stützen kann. Sehr interessant sind die Ansichten Hovgacrrd'S über Das, waS Deut schlank beim AnSbruch eines drutsch-sranzösischen Krieges thun wird: „Deutschland wird sofort fragen, will und kann Dänemark sich neutral halten? Selbst wenn Dänemark einige Garantie sür ieinen guten Wille» bieten könnte, kann es irgend welche Garantie übernehmen, das; c» die Mittel besitzt, die Neutralität ausrecht zu erhalten? Deutschland muß daher aufs Aeußerste versuchen, den Ereignissen vorzugreife», vor oder bei dem Ausbruche eines Krieges mit Frankreich Jütland, Fünen und die Belte zu besetzen. Das kann Deutschland ohne sonderlich große Opfer thun, da cs aus der Sec, das will sagen in de» Belten, kaum Widerstand finden wird." Der dänische Marincosficier führt dann weiter auS, daß die Anwcscnbcil der dänischen Flotte im Großen Belt mit einem befestigten Stützpunkt das ganze Verhättniß ändern würde, denn die deutsche Flotte könne dann nicht ohne be deutende Opfer sich zum Herrn deS Großen BelteS machen und die Dänen könnten ihre Verbindungen zwischen Fünen und Seeland ausrechterhaltcn. Hovgaard sübrt weiter aus, daß eine Landung aus Seeland gar nicht zu ver hindern sei, wenn die deutschen Schlachtschiffe glatt durch die Belte geben könnten. Da die großen Panzer nicht durch den Sund gehen könnten, so sei der Große Belt der Sckllissel zur Ostsee. Der Gedanke ist durchaus richtig. ES ist aber nicht daran zu denken, daß Dänemark die praktischen Folgerungen daraus ziehen kann. Deutsch land wird kaum gestatten, daß der Weg in die deutschen F-ttilletsn. ^ Sein einziges Gut. 10s Roman von B. Corony. Nachdruck verboten (Fortsetzung.) Konstanze lehnte am Fenster. DaS goldige Grün deS Laubeö bildete einen entzückenden Hintergrund sür ihre könig* liche Erscheinung. „WaS nennst Du Glück?" fragte sie nach längerem Schweige». „WaS ick darunter verstehe, würde mir Schollen schwerlich geben. Sein kühler Verstand macht mich frösteln. Er ge hört zu jenen Menschen, die ihren eigenen Empfindungen eine gewisse Grenze stecken und sich immer und bei jeder Ge legenheit selbst gebieten können: bis hierher und nicht weiter! Zu jenen mit dewundernSwerthem Phlegma ausgerüstete» sterblichen, die nichts auS der rechten Bahn schleudert, die sich nie über die Schranken der Cvnvenicnz hinwegrcißcn lassen, nie die Olualen des Haffes und der Verzweiflung, aber auch niemals die überschänmende Lust, die weltvergessene Seligkeit eines heißen Herzens kennen lernen. Du fragst mich, welche Antwort Tu ibm geben sollst? — eine ablehnende!" „Triff Deine Entscheidung nicht zu schnell", mahnte der Freiherr. „Treue, beständige Liebe ist dem jähen Aujflackern der Leidenschaft vorzuzieben." „Ich denke ander«; lieber ein kurzes, sinnberauschcndeS Glück, nach dem man, wenn eS verschwunden, bedauernd und verlangend zurückblickt, als Jahre der Nüchternheit und Lange weile. In der EiSrcgion einer solchen Ehe würde ich ver kommen. Du mußt mich schon noch länger in Hohenfels dulden." „Ich säbc Dich nur ungern scheiden", erwiderte Gisbert. Er stand ihr gegenüber, und eS war, als zuckle auS den schwarzen Augen de« Mädchens ein Strahl, der bis in die Tiefe seines Herzens drang und ihm zeigte, daß eS doch wieder anS seiner Erstarrung erwachen könne. Er ließ den Blick über die lange Reihe von Gemälden gleiten: da waren reizende Frauen; manche zart, blond, sylphenglcich, andere im vollsten Glanze majestätischer Schönheit prangend, aber keine besaß classiscber geformte Züge, keine eine herrlichere Gestalt, keine sab stolzer und vornehmer aus als Konstanze von Arn heim. Wie, wenn er LaS wunderbare Geschöpf auf immer an sich fesselte, wenn er sich vor einem einsamen, freudlosen Alter rettete? Noch war eS vielleicht Zeit. Im nächsten Augenblick erschien ihm dieser Gedanke wieder unsinnig und unausführbar. Ein Altersunterschied von fünfundzwanzig Jahren! Konstanze war mittellos und ihre Abkunst, waS die Familie der Mutter anbclangte, nicht einwandöfrei — cS würde also scheinen, als wollte er sic zwingen, ihre Jugend und Schönheit für einen Titel und ein Vermögen zu ver kaufen? Und dann — seine langbewakrte Freiheit? Sollte er sie nun bingeben um zweier stammenden Augen willen? — Nein, nein! — Der Rausch war eben so jäh verflogen, wie er ihn ergriffen hatte, und dennoch erfüllte eS Herrn von Hohenfels mit srcudigcr Gcnugthuung, Scholten'S Antrag abgcwiesen zu sebcn. Ter Premicrlientnant verließ daS Schloß; auch die andern Gäste batten Abschied genommen und cS trat nun eine ge wisse Stille ein, da snbr ungefähr eine Woche später Graf von der Lauen, der Besitzer eines der benachbarten Ritter güter, vor und ersuchte Herrn von Hohenfels, einen seiner Freunde, Harald von Camory, der >etzt als Gast bei ihm weilte, vorstellen zu dürfen. Der Freiherr mußte die Bitte gewähren, obschon er eS nur ungern that. Es war ihm be kannt, daß die widersprechendsten Gerüchte über Camory umliefen. Dieser wurde von verschiedenen Seiten für einen großen, ekeln, aber unüberlegt handelnden Menschen erklärt, während Andere ihn wieder einen Wüstling und tollen Ver- sä,wcnder nannten, dessen Leichtsinn nur mit seinem Jähzorn verglichen werden konnte. In seine Verhältnisse war übrigens Niemand so recht eingeweiht. Man wußte nicht einmal, ob er noch reich sei. Er war früher Lfsicier gewesen, hatte aber nach dem Tode des Vater- den Abschied genommen und brachte jetzt den größten Thcil de« JahrcS auf Reisen zu. Herr von Hohenfels ließ also eine Einladung isür den nächsten Abend ergehen» und Graf von der Lauen fand sich mit seinem Freunde ein. Camory war ein junger Mann, besten fremdartige, düstere Schönheit von südlichem Gepräge das Interesse der Frauenwelt in hohem Grabe erreget. Sein edel geschnittenes Gesickft schien eine Stätte der Leidenschaften :u sein. UngebändigteS Feuer strahlte — wilden, ruhelosen Sinn verrathcnd — auS seinen Augen. Zuweilen genügt ein Moment, um un» zu zeigen, daß wir an dem Wendepunkte deS Lebens stehen. Alle süßen, un klaren Träume fließen dann zusammen zu einem einzigen Bilde, in welchem wir den Gegenstand unseres ahnungsvollen Lehnen-, unsere- heißen, leidenschaftlichen Verlangen- er- Meere versperrt werde. Dänemark ist al- Hüter von Spcrr- sorts nicht gefährlich, ater wenn sich eine fremde große See macht darin festsctzte, wäre die Sacke unbequem. Die Festungen sind eS, welcke die Nn,iralität Dänemarks am meisten gefährden, mögen sie am Bell oder am Sund liegen, sie gewähren jeder Großmacht Stützpunkte, welche Deutsch land in der Ostsee bekämpfen will. Dänemark, außer Stande, Garantien sür die Ausrechterhaltung seiner Neutralität zu geben, kann nur durch eine Anlehnung an den südlichen Nachbar seine staatliche Selbstständigkeit sichern. Nach einer unS auS Konstantinopcl zugehcndcn Mel dung bat das Memorandum» daS kürzlich der Psorte in Angelegenbeil der in Rumänien liegenden Güte r der griechischen Kirche überreicht wurde, folgenden Inhalt: ES bezieht sich zunächst auf das Pariser Protokoll und das Protokoll dcö Berliner CongresseS, sowie auf die Eircularnole vom 2l. August 1881, welche die Psorte an die Mächte richtete und in welcher der damalige türkische Minister deS Acußern, Ass im Pascha, die Nothwendig keit eines Schiedsgerichts zur Regelung der Frage her- vorhob. Sodann weist das Memorandum aus die Antworten der Mächte bin, die, mit Ausnahme des Berliner CabinctS, ihre Zustimmung zum Vorschläge der Psorte gaben. Die deutsche Regierung erklärte, daß sie keine zustimmcnde Ant wort erlbcsien könne, da eS ihr nicht bekannt sei, ob auch die rumänische Regierung die Einsetzung eines Schiedsgerichtes wünsche. Die Denkschrift erinnert hieraus an den weiteren zur Schlichtung der Streitfrage unternommenen vcrzed- licken Schritt der Psorte vom 29. November 1884, weist ans die Reckte der heiligen Stätten und die Verantwort lichkeit des Patriarchen von Jerusalem, sowie aus den langjährigen Stillstand der Angelc-zenbcit hin und erbittet schließlich von der Fürsorge des >LultaiiS, derselbe möge seine Regierung beauftragen, entweder die Frage im Ein vernehmen mit der rumänischen Regierung zu regeln, oder dieselbe »och einmal den Mächten zu unterbreiten, damit diese eine schiedsgerichtliche Entscheidung vereinbaren» der sich die Vertreter der heiligen Stätten gern untcrwerscn werden. DaS Memorandum ist. wie bereits telegraphisch gemeldet, vom 19. August datirt und trägt außer den Unterschriften der griechischen Patriarchen von Konstantinopcl, Jerusalem, Alexan drien und Antiochien diejenigen der Oberen der Klöster von AthoS und Sinai. In den eentralamerikanischen Repnbliken verschlimmern sich die politischen und socialen Zustände den neuesten bis Mitte August zurückrcichcnden Nachrichten zufolge von Woche zu Woche, und cö ist auch nicht die geringste Aussicht, daß über kurz oder lang die Lage in der einen oder anderen dieser Republiken sich »vier« bessern werde. In Nicaragua ver spricht der Waffenstillstand zwischen der unterlegenen Gra nada-Partei und der siegreichen Leon-Partei keine Tauer. Viele große Geschäftshäuser haben ihre Zahlungen eingestellt und das Geld ist überaus knapp. Tie ent lassenen Soldaten schaarcn sich zu Räuberbanden zusammen und schwärmen in der Umgegend der Städte und Dörfer, deren Bewohner ihres LebcnS nicht sicher sink, sobald sie sich auS dem Weichbilde hinauSwagcn. Die immer noch ahlreichen unmittelbaren Freunde und Ereaturen deö abge- etzten und fluchtigen Präsidenten Sacasa, die von ibm aus Staatsunkosten bereichert worden sind, wollen den Exprä- sidenten auS den Vereinigten Staaten zurückberuscn, damit er eine Gegenrevolution zu Stande bringe und sich wieder an die Spitze der Regierung stelle. Sacasa, der sich zur Zeit in Ncw-Aork aushält, hat darauf erklärt, daß er sicher zurückkehren würde, falls seine Gegenwart nöthig sei, aber kennen. ES ist als träte eine plötzliche Offenbarung, alle Rätbsel des Herzens lösend, an uns heran. Die erste Begegnung mit Harald von C>«nory erregte einen unbeschreiblichen Sturm in KonstanzenS Seele. So — gerade so hatte sie sich den Mann gedacht, dem cS vergönnt sein sollte, den kostbaren Schatz ihrer Liebe zu heben. Diese schwcrmütbige, finstere Schönheit, diese Augen, so unheimlich wie eine Gcwitternacht, riefen wollüstig süße« Grauen wach in ihr. Es war wie an einem Abgrund zu stehen, in dessen Tiefe eS gehcimnißvoll flimmert und glitzert von versunkener Wundcrpracht. Nun sab sie cS vor sich, da« wilde, phantastische, tödtlichc Glück, daS sie ersehnte. Jubel und Schmerz stritten in ihrer Brust. DaS herrliche Gesicht bekam einen ganz andern Aus druck. etwas Weiches, Sinnendes, das ibm neuen Reiz verlieh. Camory sühlte sich hingerissen, geblendet, nicht nur von der entzückenden Erscheinung dcS Mädchens, sondern auch von ihrem schillernden Geist, von ihrem bald träumerischen, bald von Lebhaftigkeit übersprudelndcn Wesen. Wie keine Andere war sie geschaffen, Bewunderung und glühende Wünsche zu erregen, Phantasie und Sinne gcsangen zu nehmen; wie keine Andere besaß sic die Macht, zu umstricken. Ihre Blicke, die Berührung ihrer Hand, der Hauch ihres Mundes mußten wie ein süßes, narkotisches Gift wirken und fähig sein, Ueber- legung, Vernunft, ja sogar vielleicht Pflicht und Ehre in Schlummer zu wiegen. Aber Sinnenrausch ist nicht Liebe, und Harald sagte sich, daß er diese heiligste und mächtigste aller Empfindungen nur sür ein Wesen hegen könne, daS Konstanze in Allem unähn lich sei. Ihm schienen Sanstmutb, zarte Zurückhaltung, holde Schüchternheit die anbetungswürdigsten Eigenschaften eines Weibe-, die Schutzbedürftigkeit der holdeste Reiz Fräulein von Arnheim kam ibm wie eine verführerische Bacchantin, aber nicht wie da- Sinnbild alles Hoben und Reinen vor. Da Graf von der Lauen seiner Gewohnheit gemäß fast unablässiig sprach und Niemand so recht zu Worte kommen ließ, siel eS nicht auf, daß der Freiherr schweigsamer als sonst war. Nur Alexandra bemerkte die geringe Aufmerksam keit, welche er den Erzählungen seine- Freunde- schenkte, und eS entging ihr ebenso wenig, daß er die beiden jungen Leute scharf beobachtete. Ohne sich den Anschein zu geben, that sie dasselbe. Al- Lauen und Camory da« »schloß verließen, verab schiedete sich auch Gisbert ziemlich rasch von den Damen. So finster wie beute hatte er lange nickt mehr auSgeseben. WaS war an- dem lebensmüden, rubcbedürstigen Manne ge worden? Sollte ihn nun doch wieder die wildbewcgte Fluth nicht, um eine Revolution zu leiten, da er „immer noch da- verfassungsmäßige Oberhaupt deö Landes sei". — In San Salvador ist die Regierung in argen Geldverlegen- beitcn, und man glaubt allgemein, daß die Herrschaft der Brüder Ezeta sich ibrcm Ende zuncige. Der Präsident hat seine vertrau testen Freunde in Verbackt, daß sic seinen Sturz planen. Der im vorigen Monat gemeldete neue Ausstand wird durch neuere Nach richten nur als eine vom General Antonio Ezeta angezettelte Meuterei-Komödie dargcstellt, durch die man sich einiger jener Unzufriedenen und Vcrsckwörer entledigen wollte. Oberst FloreS soll von Czeta veranlaßt worden sein, diese Schein- Revolte in Scene zu setzen und die Verhaftung der Generale Ezeta und Pareza aiizuordncn, als sich gerade eine Miliz- truppc von 4009 Mann aus der Plaza zur Musterung ein gestellt batte. FloreS' Soldaten «öffneten, wie abgekartet worden, ein Scheinst»« auf die beiden Generale, die Milizen sollten darauf die Soldaten zurllcktreibcn.FlorcS zum Gefangenen macken »nd dieser die dcrRcgierung vcrbaßlenUnzufriedencnal- Anstifter dcö AusstandcS angebcn. Polizei-Präsikcnl VaSquez, der jedoch nickt in de» Plan cingeweiht war. schoß plötzlich mit seinem Revolver den Obersten FloreS nieder und endete damit den Scheinkampf, obne daß der gekeime Zweck desselben erreicht wurde. — In San »Salvador sowohl wre in Guatemala und Honduras wünschen die sich nach Ruhe sehnenden besseren Elemente die Bereinigung von ganz Centralamerika zu Keiner Republik. Allein zwischen den beiden crstcrcn Republiken sind die Beziehungen sehr ge spannt, und Honduras, dessen neuer Präfitent Bogran mit der Granada-Partei in Nicaragua sympathisirt, wird selbst durch innere Unruhen zerrissen und steht am Rande de- Bankrottes. Die „Segnungen" einer von demokratischen Grund sätzen beeinflußten Staatsverwaltung machen sich gegenwärtig einige» australischen volonte» in einer Weise fühlbar, daß den Bürgern der betroffenen Gemeinwesen die Augen über gehen. Dank der dcmokratisckcn Wirthscbaft, die daS ^sleuerwesen absichtlich verfallen ließ, um nur ja nicht an Popularität bei den steuerpflichtigen Wählern zu ver lieren, wird Australien jetzt von Schulden «drückt, deren lcicktsinnige Contrabenlen lustig in den Tag hinein borgten, so lange es ging, und nun auf die schnöde Welt schimpfen, weil diese nicht länger ibr gutes Geld in den unergründlichen Schlund d« australischen StaatScassen vcr- sckwindcn sebcn will, bloS »m der schönen Augen einer gesiiiiiuiigSlücktigcn Dcmokratst'halber. Den Arbeitern ist man so lange mit Schmeickcleien und Versprechungen um den Bart gegangen, bis diese durch daS Maßlose ihrer Ansprüche die beimische Industrie nahezu concurrcnzunsähig gemackt und den heimischen ArbeilSmarkt zu Grunde gerichtet haben. Jetzt wendet sich die Wuth der mißleiteten Arbeiterbevölkerung Australiens gegen die fremdländische Production, obwohl diese dock »ur dem Triebe folgt, die von der demokratischen WirthsckaftS- politik geschaffenen Wüsteneien wieder angemessen auSzufüllen. Dynamitattcntatc gegen srcnitc, in Sidncy und anderen australischen Plätzen cinlauscndc Schiffe sind an der Tages ordnung. Dergleichen Attentate werden neuerdings anS Sidney. Melbourne und Brisbane siznalisirt. Ihre Ilrhcbcr waren jedesmal Arbeiter, die an ihren wirre» Reden al- Anhängcr der proletarischen Bewegung erkannt wurden. Deutsches Reich. 88 Vcrlin, 5. September. Ter Ministerpräsident Graf zu Eulenburg kehrt nock diese Woche von seinem Urlaub zurück, so daß um die Mitte dieses Monats daS StaatS- ministerium, bis ans den Grafen Caprivi, wieder vollzählig der Leidcnschaflcn umtosen? WaS kümmerte cS denn ihn, wenn Konstanze ibr junge« Herz an Harald von Eamory ver lor, wenn ibre Phantasie ihn zu dem Helden glühender romantischer Träumereien machte und wenn sie Illusionen hegte, die nichts weiter waren als glänzende Seisenkugeln? Lieble er sie etwa? — O nein! Liebe hatte er überhaupt nur sür ein Weib empfunden, und dieses war längst gestorben, wie eine vom Frost getroffene Blume. Nein, er liebte Kon- stanzc nicht wie einst die nun Entschlafene, aber er gönnte sie auch keinem Andern, denn ibre Gegenwart war gleichsam ein letzter goldiger Sonnenstrahl, der in die graue Einförmigkeit seines Lebens siel. Als er sic hierher berics, wußte er wohl, daß sie ihn über kur; oder lang wieder verlassen würde, aber jetzt quälte ihn dieser Gedanke, jetzt verfolgte er ihn wie ein unheimliches Gespenst. Während Hohensclö seiner fieberhaften Aufregung nicht gebieten konnte, während er vergebens einem immer mächtiger aufwallenden Gefühle zorniger Eifersucht zu wehren suckle, ruhte Konstanze auf ihrem Vager wie Tizian'S schlummernde VenuS; um ihre Lippen spielte ein Lächeln, daS von süßen Träumen erzählte. Die Ampel füllte daS reizende Gemach mit magischer Dämmerung und goß matten Rosenschimmer über Schultern und Arme der schönen Schläfcrin. 8. Capitel. Gras von der Lauen »nd Harald von Camory wurden jetzt häufige Gäste in Hohenfels, seinerseits ließ auch der Graf, ein Lebemann im vollste» Sinne deS Worte«, zahlreiche Einladungen ergeben, so daß bald zwischen den Besitzern der umliegenden Rittergüter ein reger Verkehr ungebahnt war. An dieser Ge selligkeit tbeilzunchmen, konnte Gi-bert nickt ablebncn, und so brachte säst >ed« Tag Fräulein von Arnheim in die Nähe Harald s und sic fühlte, wie die Leidenschaft sic mehr und mehr umgarnte, wie die Zauberfäden sick zu einem unzerreißbaren Netz verstrickten. Ob er nah, ob fern weilte — unablässig strahlten seine Augen sie an und regten ein bestig wogende» Meer heißer Wünsche in ihrer Brust auf. Allein Konstanz« besaß genug Selbstbeherrschung, um die Fieberschauer de- Ent zücken-, da« sehnende Verlangen und die erstarrende Angst vor sich selbst profanen Blicken zu verbergen. Nur den Frei herr» und Alexandra vermochte sic nicht ganz zu täusckc», obschon sie Harald keineswegs in ausfälliger Weise auSzeicknele. Nur wenn ihr der Zufall ein kurzes Alleinsein mit ihm gewährte, dann klang ibre Stimme weich und gleichsam verschleiert, dann schien sie plötzlich eine ganz andere geworden zu sein. Camortz
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