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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.09.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930913018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893091301
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893091301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-13
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
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(Fortsetzung «u» dem Hauptblatt.) Belgien. * vrüffel. 10. September. Zur brennenden Münz- fragr liegt hculr rin bcachienSwcrther Vorschlag de« als Münzautorität geschätzten Antwerpeucr Nationalökonomen Strauß vor. Strauß führt au«, daß die von dem französischen Statistiker Fsnille über den Umlauf der Siibermünzen in Frankreich veröffentlichten Zahlen gau> unzutreffend sind, daß Frank- reich nach dem Austausche der ausländischen Sllberlbaler noch über 2500 Millionen Franc» silberner Füuijrankenflücke behält. Der lateinische Münzbund muß auf der Grund lage der Goldwährung erneuert werden unter Einschränkung de» Silber- als Zahlungsmittels und unter Berstichluag der bc- theiligten Staaten, alljährlich einen Theil des Ueberschusjes der um- lausendrn Silberthaler einzulösen. Die den Metallumlauf durch einen Notenumlauf ersetzenden Staaten müssen ober zu dem Münzbunte nicht zugelassen werden. Kündigt Frankreich den Münzbund, so erlangt es die Zahlung von 200 bis 30t) Millionen ausländischer Silber- thaleru in Gold, aber es hat nur einen Borlheil, wenn er die Gold währung aunimmt — eine Reform, die idm 300 bis 400 Millionen Francs kostet, denn eS muß die ZahlungSsähigkeit des Silbers ein schränken und miirdesten» eiu« Milliarde Francs Cilbcrtbaler ent- werthrn. Die Schweiz ist zur Annahme der Goldwährung bereit. Die Regierungen Frankreichs und Belgiens schwanken in Folge der umlaufenden Masse Silbermünzen, aber die Goldwährung bleibt die einzige Lösung der Frage. Schweiz. * Bcru, S. September. Der BundeSrath hat dem kaisrrl. deutschen Consul in Basel, LcgalivnSrath Konrad v. Saldern, da- Exequatur crtheilt. — Nach der üblichen Vorstellung beim BnndeSpräsidenten und dem Chef deS Departements dcS Auswärtigen haben sich die ausländischen Offi eiere, die in amtlichem Aufträge den Manövern beiwohnen, nach dem Jura begeben. Von dort ver nimmt man, daß einer der Divisionaire, Oberst Arnold, während der Kritik von einer Obnmacht befallen wurde und das Commando abaeaeben hat. Der Gesundheitszustand der Truppen, 25000 Mann, ist befriedigend. Alle Berichte rühmen die vorzügliche Aufnahme, welche die Soldaten bei der jurassischen Bevölkerung finden. * Zürich, 10. September. Bei den bevorstehenden Na tiv n a l r a t h « w a h l e n wollen die Socialdemo kraten des ersten eidgenössischen Wahlkreise« (der nament lich die Stadt Zürich nmsaßl- selbstständig vorgeben. Sic beschlossen bereits, als Candidalcn auszustcllen den Nationalrath Vogelfänger und den bekannten Advo- calen Otto Lang. Zn der heutigen stark besuchten Ver sammlung bezeichnete Vogelfänger als nächste Aufgaben aus dem Gebiet der eidgenössischen Politik: Verwaltungsreform, Reform deö Parlaments, GesetzcSiniliative, obligatorisches Referendum, Banknoten-, Zündholz-, Tabak- und Getreitc- monopol und Unfallversicherung. Von anderer Seile wurden noch beigesügt: Abschaffung der politischen Polizei, unentgelt liche Krankenpflege. Zm Sinn dieser Forderungen soll ein socialdemckratischeS Wahlprogramm auSgcarbeitel werden. Italien. * Mailand, 12. September. (Telegramm.) Ver handlungen deS Staatsschatzes mit einer Anzahl aus wärtiger Banken haben, wie verlautet, mit Rücksicht auf die ungünstige Marktlage und die Schwierigkeit der Be schaffung eines größeren Geldbetrages zu keinem Ergebniß geführt. * Nom, 1l. September. Zn Anwesenheit der Vertreter von vierhundert Arbeitervereinen ist der diesjährige italie nische Socialisten - Congreß vor einigen Tagen in Reggio-Emilia zusammcngetrctcn. Unter den Theilnchmern bemerkte man außer dem von Zürich ber bekannten Advocaten T u r a l i und Frau Kulischow auch den früheren Abgeordneten Andrea Costa und die Parlamentsmitglieder De Felice Giusfrida. Masfei und Prampolini, ferner den Wiener vr. Adler und den Belgier Vander- vclde. Die Präsidentschaft des im Politeama Ariosto tagenden CongresseS wurde dem Sicilianer BoSco übertragen, dem Costa und vier andere norditalienische Genossen zur Seite stehen. Die Berathung betras zunächst die Frage, ob die in Ztalieo noch schwache Partei sich bei den Wahlen an andere extreme Parteien anschließen solle — ein Gedanke, der von der großen Mehrheit entschieden abzelebnt wurde. Aus Turati'S Antrag wurde alsdann den französischen So cialisten von der Richtung ZuleS GucSteS ein Sympathie- tclegramin gesandt. Die Regierung bat große, übrigens ga»; unnötbige SicherheitSinaßregeln getroffen. Die italie nischen Socialisten haben bisher niemals Ausschreitungen be gangen, wie sie sich auch von den Anarchisten und den durch ihre Messertcchnik berüchtigten verschiedenen republikanischen Schulen streng gesondert gehalten haben. Auch von dem diesjährigen Congrcsse sind die Anarchisten ausgeschlossen worden. Niederlande. * Amsterdam, 0. September. Der Zweiten Kammer unterliegt die Prüsung eine-Gesetzentwurfes, in welchen, die Bestimmungen bezüglich des Dienstes bei der „scbultori/' lBürgerwehr) enthalten sind. Ter Entwurf entspricht ganz und gar der LielliiigSidcc dcS KriegSuiiuisterS Sciiffardt, ei» Volk in Waffen zu schaffen. Ter Minister wünscht, daß an einen „^ckutior" in Zukunft dieselben An forderungen gestellt werken, wie an einen Liniensoltatc». Ter „sclluNeo" tritt in demselben Alter in Dienst, wie der Linien- soldat. Während jedoch Letzterer seine nillitcurische Erziehung in der Caseruc empfangt, wird Ersterer in seinem Heim, ihöorte, außerhalb der Casernc gedrillt, und zwar an Tagesstunden, dir nicht störend in den BcrusSzweig eingrcisen. Der Hanpt- werth der militairischen Erziehung liegt nach der Meinung keS Ministers in den Schießübungen. Geschäfts» oder Ver- gnüzungSreisendc können in dem Platze, in dem sie sich gerade befinden, an den militairischen Hebungen ryeilncbmen. Hierzu bemerkt die in Harlem erscheinende „Deutsche Woche nzcitung in den Niederlanden" sehr treffend: Man siebt also: eS bleibt ziemlich beim Alte», denn Gemüthlichleit gehl ja über Alles. Wie wird eS in Zukunft wohl mit der DiSciplin auSscbe»? Wird cs wohl noch angeben, daß ein „sobnttor" beispielsweise nach Beendigung der Uebung seinem Sergenlen, der gern einige Groschen nebenbei verdient, laS Gewebr mit den Worten übergiebt: ..Putzen Sie cS das nächst; Ml bester, denn ich wünsche hierüber vom Corpcral keine Grobbe.len zu empfangen" (historisch). Wenn die Zdce des Ministers zur Ausführung gelangt und die förmliche Zusanimcnsch.nelzung von ..»etnittcriz" und Linie zu Stanke kommt, dürste die Lchlagsertigkcit der niederländischen Armee einem weit größeren Zw- sei unter liegen, wie bisher. Spanien. * Madrid, 5. September. Angesichts der Unpopularität dcS Ministeriums ist in letzter Zeit wieder viel von einer MinistcrkrisiS die Rede. Freilich nimmt Niemand an, daß das neue Ministerium von der noch am Boden liegencen conscrvativen Partei gebildet werden könnte. Das geplante Ministerium soll vielmehr ein sogenanntes „Cabinct der Kraft" sein, zu dessen Präsidenten man den General Martine; CampoS, zur Zeit Gencral- capitain von Calalcnieu und einstigen inllilairiichcn Wiedcr- bcrsteller der Bourbonen - Dynastie in Spanien, ersehen hat. Während diese- Ministerium den Anforderungen deS Augenblicks genüge und sich dabei aus das Wohl wollen der Conservalivcn zder General gilt ebenfalls sA conservaliv) und die liberale Mehrkeil in den CorteS stütze, würde Sagasta sich damit beschäftigen, die große liberale Partei zu reorganisiren, und außerdem c,n Programm auszudenken, das der öffentlichen Meinung in Spanien sympathischer sei als das jetzige liberale Programm. Martine; CampoS würde sein Ministerium ans Con- servativen und ans Liberalen bilden; sogar CanalejaS, der unruhige, talentvolle, den äußersten linken Flügel der liberalen Partei führende ehemalige Zustizminister, solle in daS neue Cabinct eingestellt werde». „Ministerium der Kraft" solle cS dcSbalb heißen, weil Martine; CampoS in der Armee unbedingte Autorität genieße und, sich auf die Armee stützend, rücksichtslos Dasjenige auSsübren könne, was er dccretire oder in den Cortes dccretiren lasse (!). Andere wollen von einem Cabinct Martine; CampoS »ichlS wissen, rathen vielmebr dem jetzigen Ministerpräsidenten, den Minister dcS Znnern, Gonzalez, zu entlasten und das jetzige Cabinct durch Einstellung eines Führers der liberalen Linken zu stärken. Auch da» EultuSministerium, welches unbesetzt ist, könnte der Linke» überlasten werden. Dänemark. * Kopenhagen, ltt. September. A»S Ncstved wird von gestern gemeldet: Auf Einladung der Vorsitzenden der 9 land- wirtkschastlichcn Vereine im Amte Prästö wurde hier beute eine Azrarversamuilung abzebaltcn, die von ungefäbr 2t00 Personen besucht war. Namentlich redeten der Vorsteber ber landwirthsctiafklichen Schule, Zörgcn Pctcrsen aus Dalum, und der Gutsbesitzer Horalb Brantb, deren Reken starken Anschluß seitens der Versammlung fanden. Rußland. * Petersburg, l2. September. (Telegramm.) Die Regierung arbeitet augenblicklich auf Vorschlag ber Gouoerneure, die sich durchweg gegen die den Landes hauptleuten crthcilte Ermächtigung der körperlichen Züchtigung anssprachen, einen Gesetzentwurf aus, in dem die Bestimmung für die Landeshauptleute abgcäntert wird und an die Stelle der Körperstrafen FreibcitS- nnd Geldstrafe» scyl. — Zwischen den an der russiscb- denlichen Grenze manoverirendeu russischen und deutschen Truppen baben in letzter Zeit wiederholt freundschaftliche Begrüßungen starigesnnden. — Unter Leitung eines Grafen BobrinSki soll in Petersburg eine neue große politische Zeitung inS Leben gerufen werden, deren Eoncession durch die Oberpreßoerwaltung bereits erfolgt ist. * Warschau, 12 September (Telegramm.) Die hiesige Censn rl'.bördc verbot den Blättern über die öster reichischen Manöver in Galizien, sowie über die ZaroSlawer Ansprache des österreichischen Kaisers an die Fürsten SanguSco und CzarloriSky zu berichten. Orient. * Belgrad, 12. September (Telegramm.) Wie ver lautet, wirk Ende dieses MonatS der Köniz von Griechen land zm» Besuch des Königs Alexander hier cintrcffcn. Nach Ansicht volitischer Kreise wird dieser Besuch nicht ohne eine gewisse Bedeutung sein. — Die Regierung machte dem König Alexander den Vorschlag, das Vcr- bannunesdccret gegen die Mitglieder der Familie Kara- gcorgiewitsch auszubeben. * Sofia, 12. September. (Telegramm.) Bischof Clement legte von seinem jetzigen Aufenthaltsort Swati- Gcorg Berufung gegen seine Berurtheilung ein. Der Prcceß dürfte voraussichtlich sicher im Oclober vor daS Appellgericht kommen. Afrika. * Die dem „Rcutcr'scben Bureau" auS Kapstadt vom 12. Sepleinber gemeldet wird, ist die Vorbut des NHata- bele-StammeS gegen die Grenze deS Gebiets der britisch- südafrikanischen Compagnie im Maschonalandc vorgerückt. Die zur Aufklärung vorausgesandten Leute haben bereits den Luttdesluß erreicht. Zn dem Fort Victoria, welches zum Widerstand gegen Angriffe der Malabele gut ausgerüstet ist, wurde Sturm geläutet. Amerika. * Chicago, 12. September. (Telegramm ) Der Be such der Weltausstellung beginnt zusehends nachzu lassen. DaS sich ergebende Desicit wird aus weit über eine Million Dollars veranschlagt. Königreich Sachsen. * Leipzig, l3. September. Seitens der CentruniS- partei sind bekanntlich im Reich Stag Anträge angekiindigt, welche eine Abänderung der Gewerbeordnung be treffen. Da diese Anträge nicht nnr eine Gesabr für den deutschen Buchhandel, dem Leipzig seinen Aujschwnng mit verdankt, sondern auch eine Gesabr für die Volksbildung sind, so hat sich hier aus buchbändlerischen Kreisen ein ComitS gebildet, daS in geeigneter Weise gegen die gedachten Anträge zu agitiren gedenkt. Nachdem im Lause deS vorigen Monat« bereit« eine Sitzung des ComitöS stattgesunden bat» der auch der Vertreter unserer Stadt im Reichstag, Herr Professor I)r. Hasse, beiwohnte, wird am nächsten Freitag im Restaurant „Mariengarien" eine zweite Sitzung abgehaltcn werden. -llr. Die nördliche Dachseite der Thomaskirche erfährt gegenwärtig eine vollständige Erneuerung ihrer Be deckung. WitterungSeinslüssc babe» den allen deutschen Schiefer de« jetzigen Dache« terart morsch gemacht, daß eine Ergänzung desselben geboten erschien. Dieselbe wird nunmebr von Herrn Schiescrteckcrmcisler Earl Neu meister in einer Weise vor- genoinme», welche eine größere Dauerbastigkeit dcS Daches verbürgt. An Stelle teS deutschen SckncserS tritt der barte englische Palmerston-Schicser, der horizontal gelegt dem Dache eine zuverlässige Dichtung giebt. Bon der 1320 ,,m haltenden Dachfläche, die meinem Steigungswinkel von 60» bei einer von der Rinne bis zum First 30 in umfassenden Höbe liegt, ist bereits die eine Hälfte fertig gestellt; an der Herstellung der anderen Hälfte wird rüstig gearbeitet. Die überaus schwierige Arbeit geschickt von den sechs Böden der Thomaskirche aus, wobei große, von Auslegern getragene Gerüste am Ende de» Daches als Schutzbauteii angelegt sind. Beim Betreten dcS Dack- ZnneiirauineS, welcher ungefähr 44 m lang und 30 w doch ist, werden dem Besucher so recht die großen Dimensionen klar, mit welche» die bausübrenden Kräfte bei dieser Dach renovation zu rechnen baben. Tic Zimmerarbeiten liefert Herr Baugewerknieisler Wangcmann. — Die regelmäßig stattfindcnden Vorträge im Cbrist- lichen Verein junger Männer werden Mittwoch, den 13., Abends 8", Uhr fortgesetzt durch Herrn Subdiakonn» Dr. Zercmias, ber „lieber den Aberglauben" sprechen wird. Die Vorträge sind wie immer öffentlich und ist bei sreicin Eintritt Zctcrmann berzlich eingclabcn. A Bei einer gestern in der Gegend von Wiesenena bei Glesien von Leipziger Herren abgebaltenen Jagd wurde der Kutscher, der die Jäger von Leipzig auS »ach dem Zagdlcrrai» gefahren batte und den der Zagdberr mit aus das Jagdgebiet zu gebe» veranlagte, von einem der Theilnebnicr unglücklicher Weise in das Gesicht geschossen. Beite Augen dcS Getroffenen, der sofort in das KrankendauS nach Leipzig gebracht wurde, sind durch die Schrotladung verletzt; man zweifelt daran, daß dem Unglücklichen daS Sehvermögen erhalle» werden kann. ---- Aus dem Bureau des Stadttheaters: Im Neuen Theater gelangt heule die Over „Der Wildschütz^' zur Auf führung. — Im Alten Theater gebt deute als zweite Vorstellung zu halben Preise» „Hamlet" in Scene. — Am Freitag sstatt, wie zuerst bestimmt, ain Sonnabend) geht die große Oper Aranchetti'S „ASraöt" zum erste» Male i» Scene. Das Werk erfordert einen besonders umsangrcichen Apparat. I» den Hauptpartien sind be schäftigt die Herren de Grach, Wittekopf, Knüpfer und die Dame» Frl. v. Bahsel, Frau KrzyzanowSki-Doxat und Frl. OSborne. — In den großen Choren hinter der Scene wirken die sämmtlichei» übrigen Solisten unserer Lper mit. tz Kryslall-Palost. Zum letzten Male concertirt heute Mitt woch in der Neuen Halle die mit >o großem Beifall ausgcnommene Ingolslädtcr Pionier-Capelle unter Direction dcS Herrn Stabstroinpeler O. De ich mann. Ein gewähltes Programm hat derielbe für dieses Concert, welches Las letzte vor der Messe ist, tzusammkngestcllt. — Das Marine-Panorama im Kuppelbau der Atbcrthalle, Helgoland mit sturmdurchwühlter See und Rettung Schiffbrüchiger, dessen Verbleiben hier nur noch »ach Wochen gezahlt werde» darf, erfreut sich »ach wie vor eine« regen Besuches und allseitigc» Lobes. Dasselbe ist täglich von früh 9 bis Abends 11 Uhr geöffnet. — Das interessante Terrain der Gartenbau-Ausstellung übt »och immer große Anziehungskraft aus da» Publicum aus. Die Bauten und Freiwild Anpflanzungen re. sind noch fast sämmtsiM vorhanden. Herr G. Hossmeister bewirthschaftet noch das daselbst vorzüglich angelegte Restaurant und finden auch »och bei günstiger Witterung Loucertc daselbst statt. — In Schloß DrachenselS giebt heute Herr Musikdirektor G. Petcrbänsel mit seiner Capelle (Philharmonisches Or- che st er) ein Concert, dem ein reichhaltiges und gediegenes Pro- gramm zu Grunde liegt. — Seit 22 Jahren bat nun schon in Leipzig das segensreiche Werk der WeibnachtSbescheerung für würdige Arme manche Tkräne getrocknet und manchen Seufzer aus bekümmerten Vater- und Mullcrhcrzcn ver- Feuill-t-n. von Algier nach Gran. Bon M. R. Schenck. (Nachdruck «erröte».) m. Tlemcen, 25. März l8S3. Ei» Stück Erde, wo man in ewigem Wechsel gründete und zerstörte! Aus den Trümmern deS römischen Pomaria, von dem der Stein, eingemauert in dem Minaret, noch Kunde giebt, baut sich daS spätere Agadir aus, daS nach Belagerungen, Zerstörungen und Schicksalen aller Art dem heutigen Tlemcen Platz machte. ES ist spät Abends, als wir ankommen. Der erwünschte Regen fällt in Strömen. Trüb brennen die Lampen der Straßen, die, menschenleer und schweigsam, durchaus kein freundliches Willkommen bieten. Nur in den Kaffeehäusern herrscht noch Leben. Das große Fasten der Araber, Ramadam, hat begonnen, und sie entbalten sich bis 7 Uhr Abends aller Speise. Dann geht daS Schmausen an, und darnach beginnt daS Leben in den CasSS, wo man bei Karten- und Würfel spiel oder, geschaart um einen Märchenerzähler, sich die Zeit bis spat in die Nacht vertreibt. DaS Hotel ist beseht. Unsere Zimmer zu erreichen, muffen wir in ein schrägüber gelegene« HauS. Laune daher schlecht. Nächsten Morgen ist alle» daS vergessen. Heller Sonnen schein und blauer Himmel! Aus dem Thurme der Moscbee El Muhouar, unserm Fenster gegenüber, tbront ein Storchen- paar. Der Storchenvater steht neben dem Neste unv klappert vergnügt in die frische Morgenluft. Von allen Seiten ant wortet ein Geklapper — das sind die Sörche auf den andern Minaret» der Stadt — denn jeder Thurm ist von ihnen besetzt, nur ausgenommen der von Agadir, der ihnen wabr- scheinlich zu einsam liegt. Sie finden gerade an dem Leben der Stadt Gefallen; da, wo eS am tollsten hergeht, haben sie sich angebaut. Dir hohen festen Mauern, an denen entlang sich unsere Straße fortsrtzt, umschloffen einst nicht wie beute langweilige Casernen, Lazarethgcbäude und Speicher für KriegSgeräth und Fourage. In ihnen stand die Königsburg, dir 1145 aus der Stelle erbaut wurde, wo lOV7 Nusnfs-ben-Tachfiu, wäkrend er Agadir belagerte, sein Zelt ausgeschlagen halte. Herrliche Gärten und Höfe umgaben da» Schloß, von dessen Pracht- fülle alle arabischen Geschichtsschreiber erzählen und von dem die wunderbarsten Berichte sich im Volke forterben. Hier herrschten in Glanz und Hoheit die Dynastien der Abd - el - Ouaditen und Meriniden, die, aus einem Stamme, sich in ewiger Feindschaft bekriegten und belagerten, bi» dem Königreiche durch die Einnahme LranS durch die Spanier 1509 ein Ende bereitet wurde. Hier war, besonder» während der 22 jährigen Herrschaft der Meriniden, der Sammelpunct großer Männer aus den Gebieten von Kunst und Wissenschaft, die die Fürsten a: ihren Hof zu zieben wußten. Da» Brndrrpaar Abou-Zeld und Abou-Aiffa, Ge lehrt« von ungeheurem Wissen, zu deren Ehre und Gedächt- niß der Sultan Abou-Hammou-Moufsa eine Moscbee und eineSchule errichten ließ; ber großeRcchtSlehrer Abou l-Haffan, dessen Andenken in gleicher Weise geehrt wurde; Abou- Abd - Allah - ech - Choudi der Heilige, Erzieher der zwei Söhne dcS Sultan» Nar'moraccm — als Zauberer angeschuldigt und enthauptet und den wilden Tkieren als Beute gelassen, erscheint er den Thorwärtern 7 Nci-bte lang. Vom Volke gedrängt, überzeugt sich der Snllan von dem wunderbaren Vorgänge: „Schließ Dein Tbor, Wächter, Niemand ist mehr draußen als El-Halsui der Ueberwältiate", tönt wieder die Stimme des Hingerich teten. „Ich wollte sehen, ich habe gesehen!" Mit diesen Worten zieht sich der Sultan zurück, und die Sonne dcS nächsten Morgens sieht die Bestrafung dcS Groß-VezicrS. der den frommen Mann falscherweise angeschuldizt. Lebendig eingemauert bringt man ihn an die Stelle, wo der Heilige unter dem Schwert des Henkers starb und wo sein Leib lag, unbcgraben, eine Speise der Würmer und wilden Gezüchtes; der gelehrte Marabont, der Stolz seiner Zeit, Abon- Jshaak-Jbrahim mit dem Beinamen et-Tiyar (der Fliegende), der die Gabe halte, sich von einem Orte zum ander» zu aubern, — sie alle und noch viele andere Sterne der Ge- ehrsamkeit und Frömmigkeit haben in diesen Mauern geweilt und geschaffen. Aber was plage ich mich mit den Namen? Der Storch auf seinem Minaret reckt und streckt den Hals, als suchte er und sagte: „Wo sind sie Alle?" und er schüttelt sich und klappert; wie Hohn und Gelächter scheint eS mir, und eS klingt mir im Ohr der VerS von Omar Chiam, dem persischen Dichter: Der Rede Meister, Leuchten auserwählt, Der Schöpfung Dunkel nimmer sie durchdrangen, Sie haben Märchen nur der Welt erzählt Und sind, wie Andre — schlafen dann gegangen. Sind denn daS menschliche Wohnungen, da zu beiden Seiten der breiten Straße, die ausmüntel auf dem großen Platze de» Stadthauses? Hier ein Loch, wo man ans dunkeln Stufen hinunter gelangt zu einem Raume, der den Hof eine» Hause- bildet, aber viel rber einem Ziegeiistallc ähnlich ist. Dort halbe Höfe mit darum liegenden Zimmern, erade als wenn man in Puppenstuben sitze; Bretterverschläge ilden manchmal den Tbeil der vierten Wand, meist ist kiese aber durch Vorhänge a»S alten Säcken gebildet. Gegenüber Räume ohne Fenster und Tbüren, wie in der Luft hängend, u denen einige' unregelmäßige Holztreppen oder auch Stufen übren, die in die niedergerissenen Mauern kreuz und quer eingehackt sind. Dann wieder krllerartigc Gewölbe und Gänze, zu denen man nur gebückt, wohl oft auch kriechend gelangen kann. Ueberall Zerstörung, al« wenn vor nicht langer Zeit erst ein Erdbeben gewuthet hätte. Aber »em! Vor 4? Jahren bat die Regierung hier aus sanitären Gründe» einen breiten Straßenzua durchgeschlagen und so wie damals, liegt alle- heute neck. Keiner der Bcwobncr bat sich vertreiben lassen, wenn ibm nnr eine Ecke seiner EigenlhumS blieb und in diesen Winkeln wohnen sic nun, arbeite» sie und sichren ihre Geschäfte Den großen Play überschreitend, gelangt man zur Moschee Kibir, deren Innere- von großer Feierlichkeit und Weihe ist Tie Feinheit der Verzierungen dcS Mibrab mit seiner reizenden, zarten Kuppel wird als Bestes der arabische» Kunst mit genannt. 4)ar' moraccn, der erste König au« den, Hause der Äbd-el-Ouaditen ließ daS Minaret erbauen. Ein frommer und dcmiitkiger Man» muß dies gewesen sein; denn von seiner Umgebung gebeten, doch seinen Namen in diesem Bauwerk anbringen zu lassen, antwortete er: „Nein, Gott kennt ihn!" So etwas kommt heute kaum noch vor. An den Fenstern unserer Parterre Zimmer ist stets eine Versammlung von Kindern, die unablässig dereinschauen. Die Mädchen inlcressiren sich offenbar für die einzelnen Damen garderobe-Stücke, die uniberbängen. besonder« für die Hule, während die Knaben einen reelleren Zweck verfolgen. Sie wollen Führer sein. Einer davon, der größte, und ausgerüstet mit einigen französischen Brocken hat zwar heute Morgen bereits von einigen größeren, die das Schild eine« „Guide" mit höherer Erlaubnis tragen, seine Tracht Hiebe bekommen, daS hindert ib» aber nicht, sein Glück aus« 'Neue zu ver suchen und mich immer wieder zu fragen: „Wann gehst Du auS?" Er wartet im ärgsten Sonnenbrände bis ni» 4 Ubr, kann schließt er sich uns an, obwohl wir keine Notiz von ibm nehmen. Unverwüstlich nennt er uns Alles, was die Fremden zu besuchen pflegen, er bleibt uns auf den Fersen, selbst als ich Miene machte, ibn fortzujagen. Für drei kleine Geschwister und einen kranken Vater will er etwas verdienen — nun sei es! Welch unendlicher Reiz auch bier wieder, sich in den arabischen Straßen zu verlieren. Es ist das seine Viertel offenbar, wohin wir geratben sind. Die Straßen sind sauber gehalten und eS giert sogar einen Platz. Arabische Kauf- lcute wohnen hier und Händler, die die Producte de« Landes auskausen. Sic baben große Niederlagen an ibren Häusern, in denen allerhand Waarcn ansgestaxelt liege», hauptsächlich Weine, Lel und Getreire, Teppiche und Decken. Hier ist auch das HauS des Mufti, in das wir einen Blick zu wage» werfen. Der Hos ist ganz orientalisch: Säulen. Bogen und Wände bunt bemalt, und der Fußboden mrt Emaillefließen belegt. Ter Springbrunnen plätschert. Zwischen Blumen und Pflanzen bängen Vogelbauer, deren Insassen lustig pfeifen zu der Arbeit, die die in rer schattigen Halle kauernden Frauen unter Plaudern und Schwatzen verrichten. Von ihnen bemerkt, kekrcn wir zum Eingänge zurück, der, mit Vasen und Malereien geschmückt, deni Eintrctendc» von einer gewissen Noblesse des Besitzers erzählt. Im Sonnenschein aus den Straßen spielen die Kinder. Sie sitzen im Kreise an der Erde und sink lustig und sroh oder singen und tanzen im Ringelreigen Ein reizender An blick, diese Kinder t»er in Tlemcen. Alle, besonders die Mädchen schlank wie die Gerten, von zartem, wohlgestaltetem Gliedcrbau und meist hübscher GesichtSbiltung. Dazu die einfachen Hüllen aus großblumigen, Kellen Kattunen, die sich lvie um die kleinen Körper legen, die Arme sreilasscnd, nur gehalten mit einem Gürtel a»S Lahn (platter Goltdrabt) oder einem farbigen Bande Aus dem Kopse meist das spitze, goldgestickte Mützchen, unter dem die Haare ungezwungen bcr- vorqnellen — wahrlich, ein solcher KreiS, ein solcher Hause .Xindcr erscheint mir »mmer wie ein lebendig gewordener Feldblumcustrauß, wild und anmuthig zugleich. Erzählt nian uns nicht immer, daß die Zugvögel im Süden nicht nisten und brüten? Daß sic dies Geschäft nur bei uns auSsühren in der Heimatb? Ich fand das bisher so hübsch und nun — — — viele Tausende von Schwalben batten sich in unzähligen Nestern an den sonnenunistulheten Easernen angebaut und hatten gebrütet und lagen eifrig dem Füttern der Jungen ob. Das war ein Gezwuicher und ein Fort- und Zuflicgcn. Beinahe schwarz war oft der Himmel und die Front der Häuser durch ganze Klumpen von Nestern vollkommen verunstaltet. Unser kleiner Führer will unS unbedingt zum Sahridj, dem großen Bassin, siibrcn, er bat kein Interesse an den Vögeln, weiß nicht, ob sie bier bleiben oder sortgehen, unv kennt nicht den Namen der Schwalbe „Hirondelle", sondern nennt sie, zwar etwas roh, aber nicht unzutreffend: »cul blaue!" Wir vergegenwärtigten uns angesichts dcS wabrbaft riesigen Bassin«, auch Nauinacbia genannt, die Wasserkampfspielc, die die Römer bier ausgcsührt haben mochten. I» Staune» und Verwunderung schritten wir die 220 m der Länge und die 150 in der Breite ab und füllten uns im Geiste den jetzt ansgetrockneten Raum mit klaren Wasser, wie eS einst auS den mächtigen Muscheln an der Ostjcitc, von den Bergen bcrgclcilet, zngeflvsscn sein mußte. Kein Zweifel — ein solcher ^au kann nur römische» Ursprungs sein! O Irr- tkum. Das 14. Jahrhundert sah ihn erst entstehen und Abou-bachfin König von l3I8—37 ist sein Schöpfer. Ob Kampsspielo slaltgesniiden. ob die hoben Uscrmancrn je von dem Beifall viellansendtöpstger Mengen witcrbaUtcn — mau weiß eS nicht, aber man weiß, daß in den Fluiken dieser Bassins die zcizanitischen Fürsten von demselben Barbarossa, dcn sie in ihren Kämpfen zu Hilfe gernjen halten, ertränkt wurden. Seil 1810 dient der Raum als Erercirplay, weil ein unauffindbarer Abfluß entstanden ist, der die Benutzung als Reservoir nicht mehr gestattet. Mansourab! Wie oft hat mir der Name im Obre geklungen! Wie oft haben wir ibn genannt, seitdem wir von seine» Ruinen gekört, und der märchcnbasle Tburm bat u»S oft beschäftigt, wie er als einziger Ucbcrrest der blühenden Königstadt in seiner ganzen Höbe emporragt, aber nur mit seiner vorderen schöne» Hälfte — die andere ist eingestürzt, vom Erdboden verschwunden, denn Sclavcn baute» sie — Ehristenbändc. Da war endlich der Weg zu der merkwürdigen Stätte, zu dcn Trümmer» jener Stadt, die Abou-Nakoub 1303 während seiner achtjährigen Belagerung TlemcenS gründete. Sie sind sich Kart aus den Nabten gewesen, die beiten streitenden Heere von damals, denn kaum, daß man die Reste der Uinwallung deS alle» Tlemceii überschritten bat, so steht man schon dem Bab cl sidreiins gegenüber, cincm Tbore, welche» zu den äußere» Befestigungen MansourahS gehörte. Nur eine kalbe Stunde mag die Entjernung betragen und trotz der großen Nabe hat man keinen Blick von der einen nach der ankeren Stakt gehabt, die eigenartige» Tcrrain- verdällniffe verbargen jeder das Dasein der anderen. Durch alte Olivenhaine und Wcinbügcl zieht sich die Straße. Links hebt da» Land ziemlich stell an. bi» plötzlich
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