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Reklamen uater dem Redactioatstrich (4»I« spalten) 50^, vor de» Familienuachrtchk» (S gejpalte») 40 SrSger» Schriften laut »uferrm Preis« verzeichvib- Tabellarischer und Ztsfrrnsatz »ach höherem Tarif. Extra»vetlagen (gefalzt), nnr mit dt» Morgen-Ausgabe, oh»« Postbesörderuug ^l W.—, mit Postbesördrruug » Jinnahmeschluß fir A«)ri-e«: Abead-Ausgabe: Bonnittag« 1V Uhr.' Marge »-Ausgabe: Nachmittag« 4lMl^ Sonn- und Festtag« früh '/^d Uh». ' Bet de» Filiale» »ad Aauahmestelle» j» «I» halb« Stand« früher. ^ Anreise» find stet« „ dt» Trdeditiä» »» richten. Druck uad Berlag vo, U. Pal» kd ^i25. Montag den 21. August 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Nachdem di» öffentlich ausgeschriebenen Arbeiten zur Pflasterung von Wegen im städtischen Krankenhaus« zu St. Jacob hier vergeben worden sind, werden di« unberücksichtigt gebliebenen Bewerber hier durch au« ihren Angebote» entlassen. Leipzig, am IS. August 1893. Id. 3755. Der «alh »er Stadt Leipzig. 12SS. vr. Georg«. Eberl«, Res. Bekanntmachung. Di» öffentlich auSgefchrirbea« Lieferung der eisernen Decken-und Dachconstructioueu Loo« S für den Neubau de« Grafst»Museum« hier ist vergeben worden. Di« unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden deshalb hier durch au« ihren Angeboten entlassen. Leipzig, am IS. August 18SS. I». 3569. Der Math »er Stadt Leipzig. vr. Grorgt. Lberle, Res. Steckbrief. Gegen den am 83. September 1870 in Dresden geborenen Stallschwetzer Kranz vtto Mttzbach, zuletzt auf Rittergut Stösitz in Stellung, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Brandstiftung und schweren Diebstahl« verhängt. ES wird ersucht, denselben zu verhaften und in da- nächste Gerichtlgefängntß abzultefern. Leipzig, den 19. August 1893. Der Untersuchungsrichter bet dem Königlichen Landgerichte. Burkhardt, L.-G^Rth. Politische Tagesschau. * Leipzig, 80. August. Ein, auch von uu« kürzlich übernommener Artikel der „Nat.-Lib. Corr." über die Finanzen Per Netch»poftverwaltvug bat, wie der Telegraph bereit« gemeldet hat, die „Nordd. Allgem. Ztg" oder vielmehr «ine mit jener Verwaltung in naher Beziehung stehende Feder zu einer gereizten Ent gegnung veranlaßt. Wir bemerkten sogleich zu zener tele graphischen Meldung, daß der von der „Nordd. Allgem. Ztg." der „Nat.-Ltb. Corr." in die Schuhe geschobene Vorschlag einer Erhöbung de« PacketportoS gar nicht von dieser Seite herrühre und daß da« nationalliberale Parteiorgan die Antwort auf diese Unterstellung sowohl, wie auf die osficiöse Uebcrschußberechnung nicht schuldig bleibtu werde. Diese Antwort liegt heute vor und lautet folgender maßen: „Wir hatten darauf verwiesen, „daß die Erhöhung des PacketportoS schwerlich eine Mehr-Einnahme erbringen, sondern nur die Bevölkerung, die sich zur Zeit in der Benutzung des billigen Verkehrsmittel« einen förmlichen Luxus erlaubt, zu Weiser Oekonomie erziehen würde". Alle Well (bis auf den Verfasser des Artikels der „Nordd. Allg. Zeitung") at daraus den richtigen Schluß gezogen, daß wir vor einer 'rhöhung des PacketportoS gewarnt haben wollten. Wenn der Gewährsmann der „Nordd. Allg. Ztg." unserer freundlichen Empfehlung Folge giebt und den angeführten Satz nochmals durchlieft, kommt er hoffentlich zu der Ueber- zeugung, daß er sich in diesem Puncte ganz ohne Noth er eifert hat, denn an der Begründung unserer Stellung' nähme gegen eine Erhöhung des PacketportoS sollte hoffentlich nicht- AcrgerlicheS gefunden werden. Wenigsten« ist uns erinnerlich, daß die ReichSpostverwaltung selbst zu wiederholten Malen zu Gunsten einer Herabsetzung der Portosätze geltend machte, r« werde dann um so größerer Gebrauch von diesen Verkehrsmitteln gemacht werden. Wir haben daS jederzeit für richtig gehalten und glaubten keinen stärkeren Grund gegen die veutiurte Erhöhung aoführen zu können, als den oben reproducirten. Thatsächlich — daS kann Jeder bestätigen, der im GeschäftSleben seine Beobachtungen macht, — wird ja beute daS Fünfzigpfennigstück „nicht an» geschaut", wo eS sich um eine Postsendung handelt, so wenig wie die zehn Pfennig für eine Briefmarke. Man brauchte das Packetporlo nur auf sechzig Pfennig zu erhöhen, so würde dem Publicum z»m Bewußtsein gebracht, daß bei weiser Oekonomie im Gebrauch dieses Verkehrsmittel- gar manche Einzelsendung unterbleiben könnte. Dann wäre aber nicht der mindeste finanzielle Effect mit einer solchen Maßregel erzielt, und deswegen haben wir un eben gegen dieselbe erklärt. So ist eS auch allerwärlS ver standen worden. Der Gewährsmann der „Nordd. Allg. Ztg." entschließt sich jetzt vielleicht, unseren Bemerkungen dasselbe Berständniß entgegenzubringen, und behält dann, wie wir hoffen, hinreichend ruhige- Blut, um ein Paar Fragen in Betreff seiner weiteren Ausführung mit derjenigen „ruhigen Sachlichkeit" zu beantworten, die jüngst erst an derselben Stelle der „Nord. Allgem. Ztg." den Leipziger Textil' Industriellen empfohlen wurde. Wir hatten auf den sehr bescheidenen Ueberschuß der ReichSpostverwaltung hingewiesen Darauf wird nun erwidert, daß wir „nicht in der Lag« seien, di« Finanzen der Reichspost sachkundig zu beurtheilen , weil wir mit keiner Silbe den Ausfall von ll Millionen er wähnt hätten, welchen die Postcaffe durch die seit einiger Zeit ein getreteneErh öhung der Gehälter der un trrenBeamten erlitten habe. Zugegeben, daß die Betriebskosten der Post Verwaltung um einen solchen Betrag fick durch die Gehalts «Höhungen vermehrt haben. Aber wie sollen wir denn daS als einen „Ausfall" in Anrechnung bringen? Bei den Eisen bahnen, bei der Bergwerk-Verwaltung, kurz bei allen staat lichen und ebenso ganz selbstverständlich auch bei allen privaten Betrieben sind Gebattcr doch ein für allemal ordentlich Betriebsausgaben. Striaen diese, ohne daß die Ein nahmen sich ebenmäßig erhöhen lassen, so sinkt eben die BetrievSrente, und lediglich das ist eS, was wir zu coustatiren für angebracht hielten. Weitere 10 Millionen „Ausfall" berechnet der Artikel der „Nordd Allg. Ztg." daraus, daß die Post die Reichsdienstsache portofrei befördert, für Soldatenbrirfe Vergünstigungen gewährt und an den Geschäften der Arbeiterver sichrrnng unentgeltlichen Anthril nimmt. Wir versehen dies«Ziffer mit einem großen Fragezeichen und bitte» um nähere Erläuterung. Einstweilen erscheint sie unS um die Hälfte zu »och gegriffen. ^ Im Uebrigen ist nur zu bemerken, daß wir nicht das Verbältniß der ReichSpostverwaltung zu den übrigen steicbsverwaltungen erörtert haben, sondern ausdrücklich nur da« Verhältniß zur preußischen Eisenbabnverwaltung, wie dies auch im Februar gelegentlich der EtatSberathung im Abgeordnetenhause geschehen. Und auf daS, was wir unserrr- eitS zur Sprache gebracht haben wollten, geht nun der Artikel der „Nordd. Allg. Ztg." mit keiner Silbe ein. Dort handelt eS sich aber um den Hauptposten, der bei einer „sachkundigen" Beurtheilung der Finanzen der Reichspost in betracht zu riehen ist. Daß ihn der Verfasser des Artikels der „Nordd. Allg. Ztg." gleichwohl mit Stillschweigen über- eht, könnte un«, wie er zugeben wird, zu „liebenswürdigen" Bemerkungen begründeten Anlaß geben — wir behalten sie aber lieber für uuS." Schon wiederholt haben wir darauf hingewirsen, daß in Belgien ei» großer Theil der wallonischen Bevölkerung mit den Franzosen sympathisirt. Gewöhnlich nimmt man an, daß die flämische Bevölkerung, die von solchen fran zösischen Bestrebungen nichts wissen will, dem KtrrikaliS- muS zuneige, während die Wallonen wiederum den ent- zegengesetzlen Anschauungen huldigen. Au« dem flämischen ölatte „De Flamingant" geht ludeß hervor, daß die Hranzöslinge in Belgien thatsachlich auch mit der schlimmsten Sorte des KlerikaliSmuS, den Jesuiten, gemeinsame Sach« machen. Diese- Blatt veröffentlicht unter Anderem nach- iehenden Artikel: „BolkSverrath! ES ist also ein« ausgemachte Sache, daß bie ranzösisch gesinnten Doctrinaire und Jesuiten, wenn r« darauf ankonunt, das flämische Volk zu hintergehen, zusammen unter einer Decke stecken. Und wie sie darunter hohn- lachen mit Freiheit, Nationalität und Vaterlandsliebe! Wieder ein Beweis, ein klingender, ichlagender Beweis, welcher von Schülern de» „St.-Ignatius-Jnstituts" ln Antwerpen (einer von den ehrenwertben Anhängern Loyola's geleiteten Anstalt) zur allgemeinen Krantniß gebracht worden ist. Mau lese hierüber „Jong Antwerpen", ein flämisch-katholische« Studentenblatt. Ma» wird daraus entnehmen, daß in dem genannten Institut ei» UebungS- buch für de« Gesang gebraueP wird, «in in Parts herausgegebenr« Bach. In dieser „Gesangsschule" kommen u. A. folgende schöne, Vater- ländische Lieder vor, welche di« Schüler der Ehreuwerthen singen müssen." Eine- dieser Lieder führt den Titel: France mu xatris" und beginnt in französischem Texte: „Freunde, besingen wir daS schön« Frankreich, daS süße Land, das unS das Leben gab, wo unsere glückliche Jugend dahinfloß, umgeben von iebevollen Eltern." In demselben Tone geht eS dann weiter. Da- Blatt „Iong Antwerpen" läßt hierüber folgende« köstliche " ugniß folgen: „Wir machen besonder« daraus aofmrrksam, daß die jungen Studenten gezwungen sind, sogar gegen ihren Willen, diese Lieder zu lernen. Wir kennen einen dieser Knaben, der Thränrn in den Augen hatte, wenn er gezwungen wurde, dennoch zu singen. Sein Bruder hatte ihm die ersten flämischen Begriffe «„gepflanzt, und diese hatten Frucht getragen. ES ist noch zu bemerken, daß diese „Gesanasschule" die 35. Auslage erlebt hat und anzeigt: „154 000 Exemplare verkauft." Dieses Buch kann demnach vielleicht auch in anderen Schulen in Ge brauch sein. Und nun geben wir da- Wort Len Vlaminge», denen wir in Erinnerung bringen, daß eS dieselbe Schule ist, von welcher im vergangenen Jahre 10 Schüler wegen Thellnahme an dem Umzug z« Ehre» Peter Benoit's fortgeschickt wurden, und zwar ohne vorherige Warnung. Und wir fügen hinzu, daß alle Bia- mingen „Iong Antwerpen" dankbar dafür sein werden, daß es diese schändlichen Lbatsachen nicht in den Kohlendämpser gesteckt hat. Wir wissen >a, daß diese öffentlich« Bekanntmachung die Jesuiten nicht abschreckeu wird; diese Männer haben vor einem kleinen Lärm keine Augst. Sir haben übrigens Niemanden zu fürchten, keine Belehrung zu empfangen von dem Staat oder wer es auch sein mag. Aber da» Bolk muß Misten, welch« Gefühle diese Lehrer der Jugend den Söhnen unserer Bürger «inprägen: es muß wissen, ln welcher Weise die Jesuiten BolkSverrath pflegen. Und in der Erwartung, daß das Bolk seinen Besen er- greise, sind wir neugierig, ob sich kein Volksvertreter oder Senator finden wird, um in den Kammern das schändlich« Lev fahren der Jesuiten zu brandmarken." Die Arbeiterniedermetzelung von AigueS-MorteS wird nicht ohne Einfluß auf die fernere Gestaltung der ttalicnisch-franzüstschcn Beziehungen bleiben. Die Thatsache, daß zahlreiche italienische Staatsangehörige unter den Augen dcr unthätig zusehenden französischen Behörden niedergemctzelt werden konnten, wird durch nachträgliches Einschreiten der säumigen Sicherheitsorgane nicht aus der Welt zu schaffen sein, denn eS widerspricht der Natur der Dinge, daß Katastrophen, wie die Eingang- erwähnte, so plötzlich hereinbrechen sollten, um die rechtzeitige Vorkehrung von Abwehrmaßregeln durchaus unmöglich erscheinen zu lassen. In Wahrheit ist denn auch daS Verhältniß zwischen italieni schen und französischen Arbeitern schon geraume Zeit hindurch ein sehr ungemÜthlichr« gewesen» und dre Tendenz dieses Ver hältnisses zu stetiger Verschlimmerung wäre wohl darnach angethan gewesen, den OrtSbehörden die Erwägung nahe zu legen, ob man nicht vor einem jähen Ausbruch der VolkS- wuth stehe. Allein eS scheint, als ob die in Betracht kommenden Stellen insgeheim mit den französischen Angreifern sympathisirt und den verhaßten Italienern einen gehörigen Denkzettel gegönnt hätten; die mehr beleidigend und heraus fordernd als versöhnend und einlenkrnd redigirte Bekannt machung dcS Maire» von AigueS-MorteS wird wenigstens an ihrem Tbeilc ganz gewiß nicht dazu beitragen, der öffent lichen Meinung Italien- den Verdacht, zu benehmen, daß die SicherbeitSbeborden ihre- Amte- nicht mit pflichtmäßiger Um- sicht und Unparteilichkeit gewaltet haben. DaS ist aber gerade der Punct, worauf Alle« ankommt. Gelegentliche Reibungen zwischen concurreuzneidischen Arbeitern, namentlich wenn diese noch obenein verschiedener Nationalität sind, kommen wohl allent halben vor, ohne daß man gleich au« dem Geschrbniß eine politisch-diplomatische Activn macht. Ist Letztere« der Fall, dann Vars man mit Sicherheit überzeugt sein, daß irgend ein erschwerende« Moment im Spiele ist, und da- ist hier, bei der Angelegenheit von AigncS-MorleS, die Wahrnehmung daß in Frankreich unter gewissen Umständen italienische Staat«- anaehörige gleichsam als vogelfrei gelten. Wieder aber siebt diese Schutzlosigkeit der Italiener gegenüber den Ausschrei tungen de« französischen Pöbel« im engsten ursächlichen Zu- sammenhang mit der zwischen beiden Nationen, und zwar ohne da« geringste Verschulden Italiens, eingetretenen (Lot- remdung. Die Italiener werden in Frankreich, seitdem e Freunde und Bundesgenossen Deutschland geworden, mit einem Haß und einer Verachtung verfolgt, die jevcn Italiener, der auf seine nationale Ehre und Würde hält, im tiefsten Herzen empören muß. Dazu kommt der chon seit Jahren von Frankreich gegen Italien geführte 'ariskrieg, der ebenso wie die politische und nationale Heye nicht« Andere« bezweckt, als den südlichen Nachbar mürbe zu machen, damit er sich auf Gnade und Ungnade der französischen Anmaßlichkeit und Herrschsucht überliefere — kurz, da« Be nehmen Frankreichs gegenüber den Italienern ist ein solches, daß Letztere all ihre Selbstbeherrschung und Charakterstärke gebrauchen, um ihrer gerechtfertigten Empfindlichkeit Meister ju bleiben. Da» Benehmen der Franzosen ist immer da« gleiche: mögen sie als Staat gegen Siam, oder als Indi viduen gegen harmlose italienische Arbeiter Vorgehen, für die Schwächeren haben sie nur brutale Vergewal tigung und ähenden Spott. Diese Erkenntniß wird in Italien durch die Erfahrungen von Aigurs-MortrS einen dauernden Platz finden. Die englisch«» Socialdemokraten sind weit schlechtere Theoretiker al« beispielsweise die deutschen, praktisch aber md, wie überhaupt jeder Engländer, auch di« englischen Socialdemokraten und in dieser Beziehung ihren Genossen aus dem europäischen Continrnt weit überlegen. Sir haben daher auch, wie e« scheint, die Wahrheit begriffen, daß nur langsam und vorsichtig auSgrführte wirthschaftliche Ber- inderungen und nicht legislative Revolutionen sie ihrem Ideale näher bringen können. Sie werden mit der Zeit herauSfinden, Was für natürliche Schranken der Ausführung der von ihnen beabsichtigten großen Ver änderungen im Wege stehen. Die deutschen und hollänvi- chen Socialdemokralen stimmen untereinander darin überein, >aß politische Macht erworben werden müsse, um »ine voll- tändige wirthschaftliche Emancipation iu» Leben zu rufen. Indem sie da« glauben, spannen ste — wie da« Sprichwort agt — da« Pferd hinter den Wagen. In diescr Welt giebt e« keine politische Macht, die im Staude wäre, da» zu be werkstelligen. Politische Bewegungen sind nicht die Ursache, ändern nur das sichtbare Anzeichen und der Aus druck wirtschaftlicher Bewegungen. Wollen die Socialisteu wirklich etwas GuteS vollbringen, so müssen sie sich bequemen, zuerst die bescheidenen Verhältnisse de« täg lichen Leben« verstehen zu lernen, und sich nicht mit vagen Theorien beschäftigen. Je mehr Capital «S in der Welt giebt, desto Keffer ist eS für Jeden, und je mehr dem Wachstum desselben Hindernisse in den Weg gelegt werden, desto scblimmer ist eS ganz besonder« für den Arbeiter. Der Socialreformer sollte dahin streben, aus Jenen Capitalisten zu machen, die beute nicht- haben, und er kann die« nur lhun, indem er da« Privateigentum für Jeden lcher macht und indem er lehrt, daß der Fleiß, die Tüchtig keit, Arbeitsamkeit und Nüchternheit zur Erwerbung von Capital führen. Die englischen Socialdemokraten haben die« eingesehen oder sind doch aus dem besten Wege dazu. Da sich infolge de« Vorgehen« der Radikalen in Rorwcgtil die Kluft zwischen Norwegen und Schweden immer mehr erweitert hat, Ware wohl die Hoffnung berecdligt gewesen, daß wenigstens ein Theil des bisherigen Anhangs der Radicalen in Norwegen angesichts de« auf die Auslösung der Union hinzielenden Treibens der letzteren abtrünnig werden würde; doch wird man sich iu dieser Beziehung kaum allzu sanguinischer Hoffnung hingeben dürfen. Ueber die Stimmung in der norwegischen Bevölkerung bringt nämlich ein in Gothenburg erscheinende« große« coaser vativeS Blatt, „Göteborgs Posten", einen auS glaubwürdiger Feder stammenden und von der officiösen „Nya Dagligt Allehanda" gleichfalls veröffentlichten Artikel, in bem gesagt wird, daß daS Volk in seinen breiten Schichten so radical gesinnt sei wie nur je. ES sei nicht zu bezweifeln, daß die Linke bei den nächsten (im Herbst 1894 stattfiiidenden) StortbingSwahlen den Sieg davonlragen werde, und ebenso wahrscheinlich werde die Mehrheit so groß werden, daß man ein Reichsgericht in Thätigkeit treten lassen könne. Vor ein solche«, auS den 29 Mitgliedern deS LagtbinaS im Verein mit dem gesammten Höchstengericht bestehendes Reichs gericht kann nämlich da« Storthing die Minister unter An klage stellen, wenn diese nach Meinung de« Storthing« gegen die Interessen de« Landes verstoßen haben. DaS Ministerium Selmer wurde seinerzeit durch ein solche« Reichsgericht ab- aeseyt. Der radical gesinnte Theil de« norwegischen Volke«, Hecht es in dem erwähnten Artikel weiter, glaube an kriege rische Verwickelungen mit Schweden nicht. Daran, daß Schweden sein Recht jemals in anderer Weise al- in Wort und Schrift geltend machen, z. B. durch einen kriegerischen Einfall die norwegische Linke zur Vernunft bringen könne, denkt Niemand, und um Worte schert man sich wenig. Die gebildeten Classen in den Städten, die SchiffScapitame und der größte Theil der Seeleute, wird als rechten- und unionS' freundlich bezeichnet. In der Armee sei da» höhere Officier corp«, wie bereit« gemeldet, so gut wie ohne Ausnahme union-freundlich, während sich im HauptmannS- und LieutenantSrang der eine oder andere Anhänger der Linken finde. Dagegen seien sowohl die Unterofficiere, wie die Mannschaften im allgemeinen waschechte Anhänger der Linken. DaS Wahlergebniß in Norwegen könnte im nächsten Jahre ein andere« werden, wenn die große Masse sich darüber klar wäre, was folgen könnte, fall- man in Norwegen noch weiter ginge, wie z. B. ein Reichs gericht einseyte. Bi» jetzt aber glaube man in den raoicalen Massen an ernste Schritte schwedisckerseitS nicht. „Nva dag- ligt Allebanda" bemerkt bierzu, daß die liberalen Zeitungen Schweden» eine» Tage« bereuen werden, die Norweger in dem Glauben bestärkt zu haben, daß nicht- ru riskiren sei. jetzt nur ei» geringer Theil St. Louis, aber dem traurigen Eindruck, den diese paar Hundert brodlose Durchzügler bier binterlasscn, vermag sich Niemand zu entziehen, der st« gesehen. DaS GroS dieser armen Leute scheint sich nach Chicago aewaudt u haben, welches sich vor die Alternative gestellt steht, ihnen freie Fahrt nach dem Osten zu verschaffen oder sie u ernähren. Erntearbeiter werden allenthalben gegen guten wbn mit Kost und Wohnung verlangt, waren jedoch nur ckwcr zu erlangen. Aber große Schaarcn arbeitsloser Nänner zogen von Stadt zu Stadt, und da Chicago sich iu diesem Jahre besonders bemerkbar gemacht hat» so strömen ie in größerer Anzahl nach Chicago, al« nach jedem anderen Zlaye. Alle Stellen zu einem Lebensunterhalte sind aber dort bereit« überfüllt. Dennoch kommen täglich 100 bi« 1000 unbeschäftigte Handwerker und gewöhnliche Arbeiter in Chicago an - sie kommen zu Fuße und auf Frachtzügen. Die Möglichkeit, auf dem Lande Arbeit zu finden, wird von ihnen auSgrschlaaeu, unv sie begeben sich nach dieser großen Stadt, wo da« Au<- indigmachen von Arbeit für sie eine völlige Unmöglichkeit ist. Linen Begriff vom Stande der Ding« kann man sich machen, wenn man erfährt, daß in Chicago an allen Plätzen, wo Stellen vergeben werden, die Nachfrage nach solche» größer ist, als e« seit vielen Jahren der Fall war. <L« ist nicht sowohl eine Arbeitslohnfrage, al« eine Frage nach Arbeit. Wenn da« Einstromen von Unbeschäf tigten fortdauert, wird die Lage in Chicago sich auf recht entmutyigende Weise gestalten. Leute, welche hier her streben, sollten sich diese Thatsachen merken und edr sich ihnen unterwegs bietende Beschäftigung al-bald annchmen. So steht eS in Chicago, aber im Osten, wohin diese Arbeitslosen gewiesen werden, steht e« nicht besser. In besonder« empfindlicher Weise hat die Production»- oder Waarenkrise zunächst di« mannigfachen Gruppen der Eisen industrie ergriffen und dann auch zwei andere wichtige Industriegruppru: die der Uhrrnsabrikation und eine lieche von Textilbranchen. In diesen drei Iadustrie- gruvpen und verschiedenen anderen Geschäftsbranchen sind nach mäßiger Schätzung wenigsten« 50 000 Arbeiter in «mer halben Woche auS Verdienst und Broderwcrb herauSgeworfen worden. Zieht man ferner in Betracht, daß nach den von Professor Cook im „Forum" angrstellten Berechnungen vor Eintritt der Krisis 40 000 „TrampS" da» Land durchstreiften, ö bekommt man einen schwachen Begriff von der herrschenden Arbeitslosigkeit und dem Elend, welches sie im Gefolge hat. Ueber die gegenwärtig in den vereinigte« Ptaaten »«« Nordamerika herrschende ArbeitSnoth entnehmen wir der „Westlichen Post" in St Louis Folgende«: Bon dem Heer der Arbeiter, welche die Schließung so vieler Silbergrubrn Colorado« auf dir Wanderschaft geworfen hat, streifte bi« Deutsches Reich. u Berlin, 20. August. Als zum letzten Male im Reichs tage seiten« eine« Vertreter« der verbündeten Regierungen eine nähere Darlegung derjenigen Reformen gegeben wurde, welche für das Handwerk geplant wurden, waren danach füns gesetzgeberische Schritte inS Auge gefaßt, einmal die Beschränkung des Hausierhandels, sodann vie Organisation des Handwerks, dritten- die Regelung de- Lehrling-Wesen-, viertens die Verleihung von CorporationSrechten an die JnnungSausschüsse und endlich die Ausdehnung der Unfallversicherung auf da« Handwerk. Von sämmtlichen fünf hatte bisher einer eine Form enthalten, die seine Deralhung durch einen der gesetzgebenden Factoren de» Reiches ermöglichte. Ein Gesetz entwurf, der den Gewerbebetrieb im Ümherzirhen betraf, wurde im November 1892 dem BundeSrcuhe von der bayerischen Negierung unterbreitet und bat dort den Gegen stand von Beratbungcn abgegeben. ES steht zu hoffen, daß er bald soweit gefördert sein wird, um auch an den Reichstag gelangen zu können. Von den übrigen vier Plänen scheint die Ausdehnung der Unfallversicherung ans da« Handwerk noch am wenigsten gefördert zu sein. Man dürfte Wohl in der Annahme nicht fehlgehen, daß erst die Organisation de» Handwerk« abgcwartet werden soll, ehe mit der Ausführung diese« Plane« vorgegangen werden soll. Die Verleihung von CorporationSrechten an die InnungSauSschüffe ließe sich wohl, wenn ander- man jetzt noch den früheren Werth hierauf legt, leickt herbeifübren. Und für die Organisation deS Handwerks, sowie die Regelung de- LehrlingSwcsenS sind die bisher an den zuständigen behördlichen Stellen »or- aenommenen Arbeiten nunmehr soweit gediehen, daß sie der Ocffcntlichkeit haben zur Beurtheilung unterbreitet werden können. Die Grundzüge, wie sie für die Lösung der beiden Fragen im preußischen Handelsministerium ausgearbeitet sind, bieten eine solche Fülle neuer GesichtSpuncte, daß sie die öffentlich« Erörterung eine recht geraume Zeit beschäftigen dürften. Wenn wir nur einige wenige hier bervorheven möchten, so sind e- bezüglich der Organisation zunächst drei. Einmal ist nunmehr als entschieden anzusehen, daß man an den behördlichen Stellen eine obligatorische Organisation in Fachgrnofsenschaften und Handwerkskammern wünscht, neben welcher die facultative der Innungen, allerdings unter Be freiung von den der neuen Organisation zugewiesrnen Auf gaben, fortbestehen soll. Sodann ist die Frage, ob Hand werks- oder Gewerbekammern, zu Gunsten der erster«» ent schieden. Es sollen also nicht die kleinen Kaufleute und die Handwerker, sondern nur die letzteren organistrt werden. Dritten» wird die nähere Verbindung auffallen, in welche die Gehilfenvertretung zu der Meistervertretung gelangen soll. Sie soll einen wesentlich anderen Charakter annehmen, als sie eS bisher bei den Innungen hatte. WaS die Regelung deS LrhrlingswesenS betrifft, so dürften hauptsächlich die Be dingungen hervorzuheben sein, von welchen dir Befugniß zur An leitung von Lehrlingen, die Erreichung de« 24. Leben-jahreS und die Erwerbung genügender Kenntnisse, abhängig gemacht ist. Auf jeden Fall werden nunmehr nicht nur die Provinzialbehordrn, an welche die Vorschläge zunächst zur Begutachtung gegeben sind, sondern auch die aesammte Oeffentlichkeit und vornehmlich da- Handwerk selbst, Veranlassung haben, sich eingehend mit allen diesen Fragen zu beschäftig» und ihre Ansichten zur Kenntniß der zuständigen Behörden zu bringen. — Bei der Anwendung de« Art. 8 de« deutsch- schweizerischen AuSlirferung-vertrageS vom 24. Januar 1874 war e« streitig geworden, ob die für di« vorläufige Festhaltuna eine- AuSzuliesernden vorgesehene zwanzigtägigc Frist erst dann al» verstrichen zu gelten hat, wenn zwanzig Tage, von der auf die Festnahme folgenden Mitternacht an gerechnet, verstrichen sind, oder ob di« er»