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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189309101
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18930910
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18930910
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-10
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1893
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S342 wählt wurde. Derselbe erfreut sich großer Popularität. Kein »»d««r amerikanischer Staat birlrt die Lortheilr, di» Vene zuela besitzt. Dasselbe sühit jährlich Kaiser und Cacao zum Werth» von mehr al« lOO Millionen Franc» au», und dir diesjährig« Ernte wird dem Lande Entsckaeizung für di« Berlust« gewähren, welch« r« während de. Revoluliou erlitten hat. Di« Abwesenheit de» Papiergelde« und der Silber- Schwierigkeit und ei« permanenter »I p^ri DiScontosatz bilden eine sicher« Garantie seine» Wohlstände». Da« Nalionaleio- kamman wahrend der lebten ü Llonatr hat 30 Millionen Balivar«» (Franc«) überschritten. Bi» vor einigen Zähren wurde» dir Handel«gkschäftr hauptsächlich mit England, Frank« reich und Deutschland brtrieven Jetzt haben jedoch die Heiden letzteren Nationen ihren Handel mit Venezuela bedeutend vergrößert, während der mit England zurückgegangea ist. Mlltairisches. d,r nunmehrigen gesetzlichen Feststellung der Fr««drn»präsenzstLrkr de» deutschen Heere», welche entgegen den bisherigen Bestimmungen die EtatSziffer der Gemeinen al» Durchschnitt»- anstatt al» MaxunalstLrke srststtzt, kommt vom t. Oktober t. I. die bisherige Vorschrift r» Wegfall, daß die Gesammrzahl der nach der Friedensstärke zu belohnenden Gemeinen bei jedem Drupxealheilc innezuhalten ist. Dre nach dieser neuen im königl. preußischen Armee- Verordnungsblatt vom 8. September veröffentlichten Vor schrift in Zukunft sich ergebenden Etat-Überschreitungen finde» «hreu Au«aleich in der Gesammtheit der Armee, hauptsächlich durch dir jährliche Recrutenvacanz. Sodann fällt von diesem Zeitpunkte an dw bi»herize Befugniß der Truppentheile fort, an Stelle fehlender Unterofsiciere Gemeine einzustellen, was seine» Einfluß auf den Ersatz de» Untervfficictcorp» äußern müßte, wenn nicht, wie wir bereit» andeuteten, dieser Ersatz durch dir Einführung von Eapitulanten, die eine Classe »wischen den Gefreiten und Gemeinen einerseits und den Unterosficieren andererseits bilden, vorbereitet wurde. Be züglich dieser Eapitulanten bestimmt der gleichfalls im „Armee- »erordnungSblatt" auszugsweise veröffentlichte Nachtrags- etat Nr. 2: daß solche Mannschaften, welche sich zu einer Gesammtdienstzelt von mindesten» 4 Jahren (Vierjährig- Freiwillige der Eavallrrie von mindesten- 5 Jahren) ver pflichten, nach Ablauf der gesetzlichen 2 bzw. bei den be rittenen Truppen 3 jährigen Dienstzeit ein Handgeld in Höhe von lOO auSbczahlt erhallen und daneben vom Zeit punkte de» Eintritt» in da- l. Eavitulation-jahr eine erhöhte Löhnung zu empfangen haben. Auch können die Truppen- Eapitulanten mit „Vorbehalt", also solche Eapitulanten ein- stelle», welche sich erst gewiffermaßen einer Probedienstleislung zu unterstehen haben. Eine rückwirkende Kraft wohnt dieser Bestimmung über Empfang von Handgeld aber nur für solche Eapitulanten, die gegenwärtig Personen de» Friedeu-stande» sind, iane, wenn sie nicht einem früheren, wir dem l890rr Jahrgänge (bei der Eavallrrie dem l889er) Jahrgang« angehören. — Weiter veröffentlicht da» „Armee- vervrbnuna-blatt" eine Bestimmung, wonach Osficiere de» Beurlauvtenstande» die Feld- und Außartilleri« zur Förderung ihrer Schießausbildung zu einer 0- bi- 8 wöchigen Urbunz bei deu Ärtillerieschießsckulen «ingezogen werden können. — Zur Förderung der Ausbildung im Reiten werden für die jüngeren Hauptleute und älteren Lieutenant» der Fußtruppen Reitcurse während der Wintermonate eingerichtet, und zwar dort, wo Eavallerie und Fußtruppen eine Garnison theilen, in dieser, dagegen dort, wo nur Fußtruppen allein liegen, durch Abcommandirung de» nöthigen LehrpersonalS an Ofsicirrrn oder Unterofsicierrn, «v. bei Ge stellung von Dienstpserden au» der nächstgelegenen Eavallerie- Garnison nach der Garnison der betreffenden Fußtrnppe. — Ja den Orten, wo Bezirk» - EommandoS ohne weitere Garnisonen von Fußtruppen liegen, werden die Kannner- arbeitrn nicht mehr, wie bi-her durch nach Bedarf zu den betreffenden Bezirk» - Commando» zu entsendende Detache ment», sondern durch Eivilarbeiter besorgt, welche im Bedarfs fälle zu diesem Zwecke anzunehmen sind. Cholera-Nachrichten. * Hamburi, 9. September. (Telegramm.) Von den an Bord de» englischen Dampfer» „Gallina" «ingetrosseueri « Erkrankte» ist einer im hiesigen Kraiikenhause an Eholera gestorben. Bei den übrigen 5 ist Eholera noch nicht festgestellt worden. * Petersburg, 9. September. Vom l. bi» 7. September sind i» Petersburg 59'Erkrankungen an Eholera und 2l Todesfälle vorgekommen; in Mo-tau vom 3l. August bi« 3. September 82 Erkrankungen und 38 Todesfälle. Vom 2V. b>» 2«. August sind in dem Gouvernement Warschau ein« Person erkrankt und eine gestorben; in Wolhynien l2v erkrankt, 39 gestorben; in Woronesch 205 erkrankt, 80 gestorben; in Kasan 317 erkrankt, l »0 gestorben; in KurSk 774 erkrankt, 3l0 gestorben; in Mobilem 3l0 erkrankt, 122 gestorben. In de« Gouvernement Moskau sind vom 27. August bis 2. Sep tember 248 Erkrankungen und 9» Todesfälle vorgekommen; in dem Gouvernement Petersburg l3 Erkrankungen und 5 Todesfälle: in Radom 2l Erkrankungen und lv Todes fälle: in Tscheraigow litt Erkrankungen und 47 Tode-sälle; ,m Dongebiat vom 30. August bi« 2. September lV4 Er krankungen und 91 Todesfälle. Vermischtes. — Lübeck, 8. September. Wie in anderen deutschen Landeskirchen bat sich auch hier neuerdings lebhafter daS Be- dürsniß nach Wiederherstellung der seit Anfang diese» Jahrhundert» fast ganz beseitigten liturgischen Aul st attnog de» Gottesdienste» gezeigt. Einig« städtisch« Ge meinden hatten diesem Ledürfniß durch Einführung von Liturgien selbst zu genügen gesucht. Bei dem engen Zu- sauimrnbana der städtischen Kirchengemeinden trat indeß der Uebelstand störend brrvor, daß diese Liturgien der Uebrreinstim- mung entbehrten. In Folge dessen richteten mehrere Kirchrnvor- slande an den Senat da» Ersuchen um Einführuna einer einheit- Uchen Liturgie für die hiesigen städtischen Kirchengemeinden. Mit Rücksicht darauf, daß eine einheitliche Ordnung de« Gottesdienste« für die sammtlichen evangelisch-lutherischen Kirchen de« lübischen Freistaat» al» angemessen erachtet werden muß und daß e« gleichzeitig wünscbenSwerth erscheint, durch reichere liturgische AuSgestaltuiia der Gemrindca die Mög lichkeit größerer selbstthätiger Theilnabm« an den Gottes diensten zu gewähren und dadurch zur Förderung de» Besuche« der Gottesdienste beizutragrn, »ahm der Seaat Veranlassung, von dem Ministerium den Entwurf einer solchen Ordnung für die HanptgotteSdienste bearbeiten zu lassen. Nach eingehender Prüfung bat der Senat diesen Entwurf ge nehmigt und beschlossen, di« neue Ordnung mit drm 2l. Sonntag nach Trinitatis einzusührcn. -- München, 8. September. Die Typhusepidemie beim Jofanterie-Lribregiment ist Gegenstand einer ein gehenden hygieiniscken Untersuchung geworden. Die damit von, bayerischen KrieaSininifterium betraute Eommission ist zu den folgenden Anschauungen über die Entstehung der Epidemie gelangt: Dir Verbreitung der TyphuSerregtr ist durch das Spülwasser geschehen. Jnficirt wurden damit die Speiseiransportkessel und dir Monagegeschirre der Mann schaften. Das Spülwasser stammte au» einem Kessel« brunnen auf dem Terrai» der Hofgarten-Easerne. Die Verseuchung diese- Brunnens ist aus ungünstige Untergrund»- Verbältnisse der Hofgarten Easerne als örtliche und auf abnorme Trockenheit in den Frühjahr-monaten al» zeitliche Ursache zurück- zusühren. Zu diesem Urtheilc der Commission ist zu bemerken, daß da« Entstehen vonTyPhuSepidemirn in Folge von Brunaea- vcrniireinigung wiederholt beobachtet worden ist. Es handelte sich jede» Mal, wie in dem Münchener Falle, um Kessel- drunnrn. Erklärt wird die« dadurch, daß hei Kesselbrminen eine Verunreinigung de» Brunnenwasser« sehr schwer oder vielleicht gar nicht zu vermeiden ist. Au» diesem Grunde gilt e» jetzt als eine bygieinische Regel, nur Röhren- und nicht mehr Kesselbrunnen zu bauen. Dir Annahme der Commission, daß zur Entstebung der Epidemie eine örtliche und zugleich «ine zeitliche Ursache nötbig war, ist im Sinne der Münchener Schule gebalten. Nach anveren kommt e« wesentlich nur auf da- Vorhandensein oder Fehlen der TyphuS- erreg« an. Als da« letzte Ergebniß der Untersuchung ist der Nachwci« anzusehen, daß die Hosgarten-Easrrne den hygiei- uischrn Ansprüchen durchaus nicht genügt. — Bayreuth, 8. September. Premierlieutant v. Durch tarif hat einen halbjährigen Urlaub angetreten und begiebt sich >n eine Heilanstalt in München. V-u. Prag, S. September. (Privattelrgramm.) Auf den Bracher Kvhlenwerkrn erfolgte eine Explosion durch Gase, drei Bergleute sind todt, vier verwundet. — Konstantin»-»!, 2 September. Dem hier erscheinenden „Ticmpo" entnehmen wir folgende Schilderung, die da» Blatt bei Gelegenheit der Ankunft von Jakob Jbn - Isai, einem Eingeborenen von Bar-Tonoura, nahe bei Mossul an der türkisch-persischen Grenze, veröflentlicht. Jakoh Jbn- Jsai ist von seinen jüdischen Religwnszenoffen mlk einer Mission an da» Groß - Rabbinat beauftragt worden. Bar- Tanoura besteht aus ungefähr lvv Häusern und ist aus schließlich von einer jüdischen Bevölkerung bewohnt, die in höchst freundlichen Beziehungen mit den Muselmännern und Christen in den benachbarten Dörfern lebt. Die kleine Stadt ist am Fuße eine» Hügel« gelegen, auf dessen Spitze die zer streuten Ruinen einer alten Citadelle sich befinden. Nahebei ist eine Grotte, die in jener Gegend als die de» Propheten EliaS bekannt ist und von Muselmännern, Christen und Juden verehrt wird. Die Sprache der letzteren ist «haldäisch. Nach der Tradition setzten sich ihre Vorväter dort nach ihrer Rückkehr aus der Gefangenschaft von Babylon fest, oder, wie Andere sagen, vor 20—80 Jahrhunderten. Di« Juden leben hier in verhältnißmäßig guten Umständen Eine große Anzahl von ihnen webt rin solides Tuch au« Ziegen haar. Obgleich die Bevölkerung klein ist, so besitzt Bar- Tanoura doch zwei Elementarschulen, dir von 150 Schülern besucht werden. Vach Schluß der Redaktion elngegangen. * Straßburg, S. September. Unter dem Geläute der Kirchenglocken und den brausenden Jubelrufen einer viel tausendköpfigen, zu beiden Seiten der Straße dicht gedrängt stehenden Volksmenge hielt der Kaiser um 1'/, Uhr Nach mittags in Begleitung de» Kronprinzen von Italien und des Grobherzogs von Baden seinen Einzug in dir Stadt. Eine unbeschreibliche Begeisterung gab sich überall kund. Auf dem Vroglie-Platz«, unk« »ine« dort errichtete» Baldachin, fand der feierlich« Empfang u»d di, Begrüßung durch den Bürgermeister und deu Gemeiaderath statt, worauf der Kaiser sich mit seiner Begleitung »ach dem General- Commando begab. Um 2>/, Uhr reiste» der Kaiser, der Prinz von Neapel und der Großherzog von Baden in Be gleitung de» Statthalter» Fürsten zu Hohenlohe von dem reichgeschmllckte» Hauptbahnhof unter stürmische« Abschied»« rufen der Bevölkerung »ach Metz zurück. * Ttrotzbnr«, S. Eeptembrr. Di« Rede, mit welcher der Bürgermeister Back den Kaiser bei Illrrhöchstdesseu Eintreffen aus dem Broglie-Platz begrüßte, lautete folgender maßen: „Ew. kaiserlichen Majestät entbietet der Gcmeinde- rath der Stadt Straßburg seinen ehrfurchtsvollen und freudigen Willkommengruß. Mit aufrichtigem Dans erkennt unsere Be völkerung an, daß unter dem Schutze de» Reich» und der steten Fürsorge Ew. Majestät Reich»- und Landesregierung sich unser städtische- Gemeinwesen in günstiger Entwickelung be findet. Für dir Wiedergewinnung der durch di« Ungunst der Zeiten dem alten Vaterland« entfremdeten Herzen war «» von größerer Bedeutung, daß Ew. Majestät, folgend der Tradition Allerhöchst Ihrer in Gott ruhenden Vorfahren, der un vergeßlichen KaiserWilhelm I. und Friedrich, bei Allerhöchst deren wieterbolter Anwesenheit in ein unmittelbares persönliches Verhältnis zu den Bewohnern unserer Stadt und unscrc» LandeS getreten sind; dadurch ist im Volke da» Bewußtsein lebendig geworden, daß e« in seinem Kaiser nicht nur den mächtigen Schirmherr«, und Schützer der friedlichen Arbeit, sondern auch den gnädigen Herrn besitzt, dessen landeSvater- lichem Herzen sich auch der Geringste seiner Unterthauen mit vollem Vertrauen nahen darf. Die Kundgebungen der Freude und Ergebenheit am hentigen Tage kommen deshalb au» treuen Herzen. Sie sind nur getrübt durch den Gedanken an dir kurze Dauer Le- jemaligea Be suche». ES sei uns gestattet, der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß wir Ew. Majestät bald zu längerem Aufenthalte in unseren Mauern begrüßen dürfen." Der Kaiser antwortete hierauf, wir die „Straßburger Post" meldet, etwa Folgende«: „Mein lieber Herr Bürgermeister! Ich danke Ihnen herzlichst für Ihre freundlichen Worte. Ich bin er freut, hier Ihren Gemeinderath begrüßen zu können, die Vertretung einer Bürgerschaft, welche Mich heute mit so prächtigem Flaggenschmuck und so warmen Rufen empfangen bat. E» thut Mir leid, daß Mein Aufenthalt in der „wunderschönen Stadl" diesmal nur so kurz sein kann. Aber Lurch den Ausfall der württembergischen Manöver sind di» allgemeinen Dispositionen für Mein« Reisen so verändert worden, daß sie Mir hier keine längere Zeit de» Verweilen» mehr gönnen. Meiner Anhänglichkeit und Liebe für Ihre herrlich« Stadt, diese Perle der deutschen Land«, hätte eigentlich rin längerer Aufenthalt entsprochen. Ich Hab« in Meiner Jugend schon wie jeder Deutsche oft da» Lied „O Straßburg, o Straß burg, du wunderschöne Stadt" gesungen und dabei zu Gott gebetet, daß Straßburg, für da» Ich immer besondere Sym pathie empfand, wieder deutsch werden möge. Dieser Wunsch ist ja nun in der Zwischenzeit glücklich in Erfüllung gegangen, wenn e« Mir selbst auch nicht vergönnt war, dabei mit- zuwirken. Ich schätze Straßburg als rin« der besten deutschen Städte und bin überzeugt, daß auch die Straßburger io der Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reicht sich Wohl fühlen. Ich habe da» so recht da» letzte Mal empfunden, al» Ich ganz unerwartet hierher gekommen war. Als Ich da vom Polygon zurückritt und die Straßen in der kurzen Zeit so schön geschmückt fand, und den herzlichen Jubel des Empfange- hörte, da habe Ich Mich aufrichtig gefreut. Wenn Ich auch jetzt nicht länger bleiben kann, so hoff« Ich dafür später desto öfter Gelegenheit zu finden, ohne Ueberraschung länger« Zeit hier zu weilen. Ich fühle Mich wohl unter Ihrer Bevölkerung, deshalb Hab« Ich Mir hin in der Nähe auch ein Jagdgebiet eingerichtet. DaS wird Mich schon wieder hierher sichren. Nochmal» besten Dank, Mein lieber Herr Bürgermeister, auch dem Gemeindnath und der ganze» Bevölkerung für den schönen Empfang." * Ttratzburg, 9. September. Die Kaiserparade de» XV. Armee-Corp- unter dem Oberbefehl de» General» von Blume nahm einen glänzenden Verlauf. Der Kaiser ritt beide Treffen ab. AlSdann folgte ein zweimaliger Vorbeimarsch in mustergiltiger Weise. Der Kaiser war über die Leistung hochbrsriedigt. Nach der Kritik ritt der Kaiser auch die Front der Krirgervereine au» dem Ober- und Unterelsaß ab und sprach mehrere Krieger f» leutseligster Weise au. Um 1»>/, Uh, »erlich der Kaiser a» der Spitz« »er Fahnencompagni» bet leichte» Regen da« Paradrfeld. Dir fürstliche» Gäste u»d die Generale ritten nach der Parade zum Bahnhof« Neudorf- Straßburg und begäbe» sich von da um 1 Uhr mittelst Sonderzug» nach Metz. * Hamburg, 9. September. Ein gefler« voa Blankenese nach Schulau abges,gelte» Boot, in dem sich 4 Person«» befanden, ist am Bestimmungsort nicht angrkomine» uud später bei Wittenberge gekentert angetriebe». Bo« den Insassen fehlt jede Nachricht; man vermuthe», daß fl« sämmtlch ertrunken sind. V. vromberg. v. September. (Privattelegra««). Laut gestern hier ringegaugener amtlicher Nachricht hat der Kaiser sein Bedauern darüber, daß er nicht persönlich der am 17. d. M. statlfindendeo Enthüllung de» Kaiser- Wilhelm-Denkmal» beiwohnen könne, auSdrücke» lassen und mit seiner Vertretung bei der Feierlichkeit den eomman- direndrn General de« H. Armeekorps von Blomberg beauftragt. * Nordhanfrn, 9. September. Botaniker Professor Klltzing ist heute im 87. Lebensjahr gestorben. * Köln, 9. September. Wie die „Kölnische BolkSzeitung" meldet, setzte dir Staatsanwaltschaft auf dir Ergreifung de« Metzgers Busch off, bekannt au» dem Xauteoer Mordproceß, eine Belohnung von 500 ^ik * Köln, 9. September. Gestern verstarb, wie die „Kölnische Volk-zeitung" meldet, in Mühlheim am Rhein «in Raogier- meister der bergisch-märkischen Eisenbahn auf dem Transport zum Krankenhaus« unter choleraverdächtige» Erscheinungen. * Pari», 9. September. General Saussirr hat al» Präsident de« militairischen Club» ein« Frstcommission berufen zur Berathung über Veranstaltungen, welche für den Empfang der Osficiere de« russische» Geschwader» getroffen werten sollen. Zu dem nämlichen Zweck wird der Muoicipal- ralh von seinem Vorsitzenden einberufen werden. * Rom, 9. September. Wie der „Agenzia Stefan!" au« Rio de Janeiro gemeldet wird, wurde die Bark« de» italienischen Consul«, der sich von Bord de» italienischen Kreuzer» „Bausan" an da» Land begeben wollte, voa bra silianischen Soldaten ohne vorherige» Avertissement beschossen; dabei wurde ein Matrose verwundet, der am folgenden Tage starb. Der Eomuiandaut de»„Bausan" und der italienisch« Consul protrstirten beider brasilianischen Regierung, Welche al-bald Genugthuung gab, indem sie ihr Bedauern au«- drückte, da» Degräbniß des Matrosen auf Kosten der Regie rung anordnete, den Eommandantea der betreffenden Truppen- abtbeilung dem Kriegsgerichte überwie» und drm italienischen Gesandten eine Entschädigung von 100 Conto» übersaadtr. * Madrid, 9. September. Eine au» Gautauder «in- getroffrne amtliche Depesche bestätigt, daß gestern Abend dort Ausschreitungen vorgekommen sind. E» ist einiger Materialschaden angerichtet, aber kein Gebäude in Brand gesetzt. Ein ernsterer Zusammenstoß hat nicht stattgefunden und Niemand ist getobter. Die Ordnung ist wieder her- gestellt. * London, S. September. Wie dem „Reuterscheu Bureau" au» BuenoS-Ayrr» gemeldet wird, breitet sich di» in Tucuman auSgebrochrne Revolution über da» Land aus. Der Gouverneur, welcher sich mit 1000 gut bewaffneten Soldaten in Cabillo verschanzt hat, rüstet sich zu hartnäckigem Widerstand. Bisher haben nur einige Scharmützel stattge funden, bei denen einige Mann getödtrt sind. Man er wartet eine entscheidende Schlacht. * K»penha«en, 9. September. Au» Island auf dem Postwege einzelrosfen« Nachrichten vom 2S. August besagen, beide Abtheilungen de» Allhing» nahmen dir Brrfassung«- revision an; danach soll da» jetzig« irländische Ministerium in Kopenhagen aufgehobeu und dir Regierung Jßland» einem Gouverneur und drei vom Gouverneur zu ernennenden Ministern übertragen werden. Der Gouverneur sei vom König zu ernennen, unmittelbar dem Könige verantwortlich und soll in Reykjavik wohnen. Die Revision-Vorlage sei jetzt dem König zur Sanktion unterbreitet. ^V. Larpat» S. September. (Privattelrgramm.) Als weiter« Russificiruag»mahrrgel hat, wie au» bester Quelle mitgetheilt wird, der Unterricht«minister be schlossen, die studentischen Corporation«» a» unserer Universität aufzutösea. „der Alte" ließ sich in dieser Zeit schwerer Arbeit „nicht lumpen" e» gab Bier. Kaffee, Punsch und kalte Küche in, Ueberfluß, und dir „Mcßgratisicatioo" war auch nicht zu verachten. Wo sind jetzt jene Zeiten? Längst und wohl für immer vergangen! — — Die Buden verschwanden von den Straßen, dir sonst so belebten Höfe stehen meist leer, die Rcgalein- richtungen m den Hausfluren verfallen, und dir srüber so be schäftigten Ballenaufzüge in den großen Duribgängen strecken betrübt ihren Arm in die Luft. Daß bei solchem Verkehr und den kolossalen Geschäft-Umsätzen natürlich auch eine Menge Menschen ihre Existenz fanden, ist einleuchtend. So kamen speriell au» den ärmeren Gegenden de» Erzgebirges und Vogtland«» zu jeder Messe Hunderte von Leuten mit ihrem Schttbebock (einrädriger Handwagen) und der hölzernen Trage »u Fuß nach Leipzig, lösten sich für wenige Groschen bei der Behörde «ine» Arbeit-schein, wurden rrgistrirt und erhielten nun eine um den linken Arm zu tragend« Blcckniarke mit ihrer Nummer. Diese Leute traten nun als Packer oder Mrßhelfar bei den Fremden in Dienst, erhielten zwei Tbaler pr» Tag und kehrten nach der Messe ebenso wieder zu Fuß. diesmal aber mit einem hübschen Sümmchen ersparten Ver dienste», in ihrr Heimath zurück Sie waren treu und ebrlich und meist viel« Jahre bei demselben „Meßfremden" thätig. Solcher Existenzen aber gab «» vielerlei, und so verbreitete dir Leipziger Messe ihren Segen tausendfältig bi» weit in di« Fern« vom Bäuerlein, da» zur Messe mit seinen Gäulen kam, um bei Spediteuren oder dem Rollfuhrverein in den Dienst z» treten, bi» zum Rußbuttcnmaua und dem Verkäufer des „Wach—Holter—beer—säst", von der armen Witlwe. dir zur Messe mit Kind und Kegel in der ärmlichen Küche «uf der nur nothdllrskia mit Stroh bedeckten Diele schlief, um ihre Stube einem ..Meßsremtea" «inzuräumen, bi» zum Hotel l. Range» — Alle fanden Brod und Nahrung voa der Leipziger Messe. Der „Meßfremde", in keiner Weise identisch mit dem t gleich einem flüchtigen, oft nur scheinbar glänzenden »teor nur auf Tage die Mess» besuchenden „Meßonkel", war im Gegensatz zu diesem leichtlebigen, anspruch-vollen, über NllcS raisonoireuden, oft nur dem Vergnügen huldigenden und ebenso schnell, wie er gekommen, wieder verschwindenden, unbeständigen Meßbesucher — der Meßsreindr war rin Mann von soliden Grundsätzen. Bescheidenheit und Anspruchslosig keit bezüglich der Meßquarticre und Toleranz gegen mäßige Meßpreise und entsprechend verkleinerte Beefsteak», sowie den damals noch weitberÜbmten sächsischen Kaffee war seine loben»- wcrthc Eigenschaft. Er nahm e« nicht übel, wenn er für da» Bett in einem Zimmer de» 4. Stocke», welche» Zimmer außer ihm noch zwei, drei andre „Meßfremde" zur Nachtzeit be wohnten. sur die Nacht drei Marl bezahlen mußte, und siel nicht vor Schreck aus den Rücken, wenn er de» Morgen- seine Stiefel nur mit Studentenwichse (Sveichel) nothdürftig ge wichst fand. Wußte er doch, daß im klebrigen seine „Wirtb»- leute" Alle» thaien, wa- sie ibm an den Augen abseben tonnten; und war erst der ärgste „Meßtrubel" vorüber und die Masse der großen Einkäufer wieder abgereist, daun avancirte er ohne PreiSerhöbuiw znm Selbst- und Alleinherrscher in seiner Stube, die Wirlbin kochte ihm seine Lieblingsgerichte. Der Kaffe« wurde nicht mehr gar so sehr „in die Länge" ge zogen. er trat in de» Alleinbesitz eine» pfundschweren Hausschlüssel», den er sich wegen der Größe und de« Gewichte» desselben in den aus seiner Kehrseite befindlichen Hosrnriegel schnallte, und swälerte gern mit den ihn „Onkel" anrrdenden Kindern seine» Gastsreunte». selbst wenn dieselben nicht weib lichen Geschleckte» und jünger al- l6 Jahre wäre». Schon sein ganze» Aeußere bei seiner Ankunft machte einen vertrauen erweckenden, soliden Eindruck. Seine Hauptkennzeichen waren im Sommer laiiger Gehrock und bockgeschlossene Weste mit massivgoldtner Uhrkette nebst daran bangendem Petschaft, niedrige Neisemützc mit breitem Schild, Regenschirm, Cvlinder- butschachtel, Geldkatze, besckeideu« Baternwrder mit schwarz seidenem HalSluch und dickbäuchige Reisetascke mit den auf gestickten Worten „koo vozags" oder „Xu rsvoir"; im Winter kam ein mächtiger Reisepelz, Pelz- oder lanae Filzstiefel oder Fußsack (letzterer wieder mit Stickerei versehen), sowie rin dicker, 3—4 Ellen langer gestrickter Shawl hinzu, deflrn Enden ihm malerisch bi» auf die Knie herabfielen. Den Platz der Sommermütze hatte dann eine rund« Pelzmütze eingenommen. So entstieg er pustend, aber munter und beweglich, dem Post- oder Eisenbahnwagen, mit nie fehlender Pünktlichkeit empfangen von seinem über da- ganze Gesicht lachenden erzgebirgiscke» „Meßhelfer", der nun binter seinem „Herrn" mit dem Gepäck in« „Logis" trabte. Hier fand nun stierlicher Empfang statt, der „Meßfremde" schalte sich au» und hörte nun ebenso gr- wissenbast den Rapport seine» „WirtbeS" über etwaigen neuen Familienzuwachs oder sonstige intimere Familienereigniss« mit an, wie er selbst gewissenhaft über die Seinen zu Hause rapportirte; denn der „Meßfremde" wohnte ost wieder in der« sclbrn Familie, in welcker schon sein Vater gewobnt hatte, und oft verband die beiden Familien langjährige, enge Freundschaft. Nachdem sich der „Meßfremde" von den Strapazen der Reise erholt batte, ging e« sofort an die Arbeit, denn obwohl er meist schon Mittwoch oder höchsten» Donnerstag vor der „Vorwoche" «ingetroffen war, gab e» doch scharf zu thun. Da mußt« der „Meßzoll" (pro Centner 25 Pfennige) erlegt, die Ballen und Kisteu angenommen oder controlirt und dann — zunächst hinter verschlossenen Ladenthüren — auSgepackt werden. Daneben aab e« die langjährigen Nachbarn, welch« ebenfalls au» allen Richtungen der Windrose rintrafen, zu be grüßen, um Abend» todtmüde in den „Kahn" oder iu dir „Gondel" zu fallen. Freitag» und Sonnabend» trafen bereit» vir „Einkäufer" rin, machten ihre Runden, drangen bi» in die dunkelsten Winkel der Höfe, und Montag» ging da» Geschäft lo«. Da wurde geprüft und untersucht, geschachert und ge feilscht, die dickleibigen Brieftaschen der Einkäufer wurden schlanker und zusehends dünner, dagegen füllten sich die Geld katzen der Verkäufer Alle Quartiere waren doppelt und dreifach belegt, di« Hotels und Gastböfe bi» aus den letzten Bodsaalplatz oesetzt, und in den Judenherbergen in den Hinter- Käufern de» Brübl» und der Ritterstraßr lagen die Söhne Israel» schichtenweis» zur Nachterit neben- und auseinander. Alle» arbeitete, hastete, lachte, scherzte, denn Alle» verdiente Geld, und „Leben und lebe» lassen" war der allgemeine Wahl spruch. Daren aber die „großen Einkäufer" wieder verschwunden und die Vorwoche zu Ende, so stellte sich zur nun kommenden Mrßwoche di« „kleine Kundschaft au» der Provinz" «in. Diese treuesten aller Kunden brachten ebenfalls straffe Beutel mit, beglichen ihre alten Eonten und belasteten dieselben durch neue Einkäufe. DaS Geschäst war hier ein glattes, aus gegen seitigem, durch langjährige Verbindung begründetem Vertrauen bastrend. Immer noch war di» Arbeit eine scharfe, angestrengte, denn wenn sick auch die zweite Woche ihrem Ende »»neigte, dir .Funden" seltener wurden, fehlte e» dock nicht am Geschäft. Es stellten stck die Männer mit der scharf auSgevrägten Pbysiognomie ein. Sir fragten nach „ä Postchen Waare" oder „ä Ramschpostchen, er kann sein groß oder klein" — und dann neigte sich di« EugroSmessr ihrem Ende zu, und die Arbeit ließ bedeutend nach. Jetzt ging aber auch mit dem „Meßfremden" ein« bedeutende Umwandlung vor. Er häutet« sich geradezu. Er steckte «ine unternehmende, ja keck« Miene Hera«»; kam der Abend heran, so! legte er „den guten Anzug" an» steif- gestärkte Vatermörder, von einer leichtfertigen bunten Halsbinde lose umschlossen, schauten über die großgeblumtr seidene Weste mit dem breiten Kragen: in der Mitte de» vorhewdchenr prangte eine ungebeure Busennadel, der langschößige solide Rock verschwand, uud ein ..Schniepel" (Frack) oder kurzer Rock mit breitem Revers umhüllte nur flüchtig seine Hüften. Breite GalonS und straffe Stege zierten die Hellen Hosen, «in schwindelhafte- gischbeiastöckchen ersetzte den soliden Familirn- regeoschirm, und der nach oben kühn geschweifte Eyliaderhut hielt au» der Diese seine» Futteral» seine Auferstehung. Haupthaar und Backenbart erhielten durch Brenneisen und Bürsten sanfte Kräuselung und einen kühnen Schwung, der Trauring marschirte in di« Diesen der Westentasche und der „Meßfremde" stürzte sich — in den daraofsolgeoden lagen am chronischen Kater leidend — mit Todesverachtung io die Freuden uud Genüsse der Messe, heute birr — morgen da „den Affen loSlaffend" bi» da» allmälig« Verschwinden fast aller Einkäufer und auch etwa» „moralischer Katzeujammtc" ihn witder solideren Bahnen zulenkt« und er — den Trauring wieder ordnungsgemäß placirend — de« versübrerilchrn, aber, ach, so -emütblicken Leipzig wieder einmal Id« zagt«, schon im Barau« dir Wochen berechnend, welch« vergehra mußten, ehr er hier wieder seinen Einzug halten konnte.
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