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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.10.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951009023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895100902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895100902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-09
-
Monat
1895-10
-
Jahr
1895
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Einige Plänkeleien mit dem vorher- gesehenen für die Parteileitung siegreichen AuSgang, gar nicht zukunftöstaatliche, sondern höchst zeitgenössische Streitigkeiten wegen Geldverdienstes und sehr viel Selbstberäucherung: damit ist der Inhalt der Reden und Berhandlungcn erschöpfend gekennzeichnet. Herr Liebknecht hat sich in gewohnter Weise bemüht, den „Genossen" die höchste Meinung von ihrer eigenen Bedeutung beizubringeu und zu diesem Zwecke vermittelst einer von der selbsrgesetzlen Aufgabe gebotenen ver worrenen Dialektik die Socialdemokratie als die eigentliche Ver- fassungSpartci im Reiche, ja sogar als eine mit dem Reiche zusam menfallende Organisation charakterisirt. Aus dem Redegcwirre berausgehoben zu werden verdient nur die Behauptung, daß die Socialdemokratie das allgemeine Wahlrecht als eine dauernde Institution betrachte. Bekanntlich ist das nicht wahr, die Partei schützt das Wahlrecht nur als eins der Mittel, um zu dem Puncte zu gelangen, wo die Dictalur des Proletariats, mit der so wenig wie mit einer andern Dictatur das Be stehen eines Parlaments vereinbar ist, eingesetzt werden kann. Ans den Verhandlungen ist bemerkcnswerth, daß der im vorigen Jahre gefaßte Beschluß, in den Partei geschäften die Accordarbeit abzuschaffen, unter gleichzeitiger Ablehnung eines Antrags auf Aufhebung der Nachtarbeit annullirt worden ist. Die Befürworter dieser Beschlüsse lieferten, ohne es zu wollen, eine Kritik des Evlleelivlsmus, wie sie der „rückständigste Bourgeois" nicht vernichtender hätte üben können. Zn der Hamburger Partei druckerei ist die Accordarbeit abgesckafsl. Ein Delegirter ans dieser Stadt sprach sich, wie übrigens auch andere, höchst abfällig über die sociale Wirkung dieser „Wohlthal" aus. Es konnten allerdings statt 24 Setzer 30 beschäftigt werden, die einzelnen verdienten aber statt ca. 50 ca. 38 wöchentlich, hätten also eine Ein buße von 500—600 jährlich. Diese letztere Thatsache wiegt dem Svcialdemokraten schwerer, als der „kleine Bor theil", den die Möglichkeit, mehr Arbeiter zu beschäftigen, bietet. Programmgemäß hätte er glücklich über beide Effecte sein müssen. Denn was bedeuten sie anders, als die An näherung an das socialdemokratische Ideal, das die allge meine Lebenshaltung so weit berabdrückt, bis All? des gleichen Wenig theilhaftig werden? Daß der EollectivismuS, ohne die Mehrheit merklich zu bereichern, eine Minderheit berauben würde, ist von bürgerlicher Seite unter Hinweis auf die ProduclionS- verminderung und -Verschlechterung, die das Wegfallen des individuellen Interesses an der Arbeit zur Folge haben müßte, stets dargethan worden. In BreSlan bestätigte dies aber auch die Socialdemokratie. Man stellte fest, daß die Abschaffung der Accordarbeit in der Hamburger Druckerei jährlich 10 000^ gekostet hat, und erklärte dies, ohne Wider spruch zu erfahren, lakonisch mit dem Satze: „Es wird eben nicht mehr mit demselben außerordentlichen Eifer gearbeitet." Der Mann, der das sagte, „flog nicht hinaus", sondern bekam bei der Abstimmung Recht. Dagegen wurde der Genosse I)r. Rüdl aus der Partei ausgeschlossen, derselbe vr. Rüdt, dem soeben eine socialdemokratische Parteikonferenz des 0. badischen Reichstagswahlkreises ein Vertrauensvotum ertheilt hat. Es wurde auf dieser Parleiconferenz beschlossen, an den socialdemokratischen Parteitag in Lahr folgenden Antrag zu stellen: „In Erwägung, daß in Sachen des sogenannten badischen Partei streites durch den badischen Arbeitertag in Lahr endgiltig entschieden wurde, welcher Entscheidung sich Genosse vr. Rüdt gefügt Hot, trotz der geflissentlichen häufigen Angriffe seines Widersachers Dreesbach, ja, er ließ sogar noch die ungerechtfertigten und unanständigen Angriffe Frodme's in Mannheim stillschweigend über sich ergehen; in Erwägung, daß sich Genosse vr. Rüdt entschieden keiner Principlcnvertetzuiig schuldig gemacht hat, da sein Verhalten in dem „Ordensstreit" im badischen Landtag seiner Zeit von dem weitaus größten Theil der Sociatdemokrate», worunter als eifrigster Verfechter desselben der Offenburger „Volks freund", gebilligt wurde; in fernerer Erwägung, daß Gene; vr. Rüdt unser ReichSlagscandidat ist, als welcher er bei der letzte» Stichwahl ca. 0000 Stimmen erhielt, und als welchen wir ihn zu erhalten gedenken, wolle der Parteitag zur Tagesordnung übergehen und es allein den badischen Genossen überlassen, wieder ins Reine zu kommen." Eine reizende Illustration zu der vielgerühmten Einig keit der Genossen und Brüder! Dem großen Worte Bebel'S in der „Reuen Zeit", daß Deutschland schließlich leichter ohne Kaiser und Fürsten bestehen könne, als ohne Socialdemokraten, ist rasch eine Thal gefolgt, die überzeugender als Worte beweist, was Deutschland den Aposteln der Socialdemokratie zu danken hat! In Mülhausen i. E. ist, wie schon berichtet, der Fabrik besitzer Schwarze von einem seiner entlassenen Arbeiter ermordet worden. Der Verbrecher hat sich dann selbst eine Kugel durch den Kopf gejagt. In welchem Zusammen hänge die Socialdemokratie mit dieser Thal steht, lehrt der folgende uns beute zugehende Bericht: „Solche verbrecherische Thaten, wie die in Mülbausen sind in Deutschland nur selten zu beklagen gewesen, in Frankreich aber sind derartige Morde, die den grellsten Schein auf die Verrohung und Verhetzung der Arbeitermassen werfen, leider nichts Seltenes mehr, und dieselbe Stimmung, aus der in Frankreich die Verbrechen hervorgehen, war in Mülhausen geschaffen durch die Fanati- sirung der Arbeiter durch die Socialdemokrate». Ein Streik der Textilarbeiter war in der Fabrik der Firma Laederich L Compagnie ausgebrochen: etwa 300 Mann hatten, durch socialdemokratische Agitatoren aufgeslachelt — Mülhausen ist durch den Socialdemokrate» Bueb im Reichstag vertreten —, die Arbeit niedergelegt. Die genannte Firma ließ ihre Auf träge in drei anderen am Platze befindlichen Fabriken mit ausführen. Sofort schlugen sich die Socialdemokraten ins Mittel; es wurde den Arbeitern vorgeredet, daß sie Verrath an der Arbeitersache verübten, wenn sie sich nicht den Streikenden anschlössen, mit allen denkbaren Mitteln wurden die Arbeiter wider ihre Arbeitgeber aufgehetzt. Die Social- bemckraten erreichte,, ihren Zweck, weitere 800 Man» teg.en die Arbeit nieder, und schon schien es, als wenn es wieder zu einem Generalstreik wie 1890 kommen sollte, als eine Einigung erzielt wurde. Die Streikenden veranstalteten eine Art Festzug durch die Stadt, und Herr Bueb begab sich mit noch anderen „Genossen" zum Bürger meisteramt, um dort die Zusicherung zu erhalten, daß etwa „Gemaßregelle", alias entlassene Hetzer, von der Stadt Be schäftigung bekommen würden. Diese Vorgänge liegen etwa eine Woche hinter uns; daß das Bürgermeisteramt Herrn Bueb's Verlangen abgeschlagen habe, darf wohl als sicher angenommen werden. Wir wissen zur Zeit noch nicht, ob der entlassene Arbeiter Meyer, der seinen Arbeitgeber hinterrücks ermordete, in diesen Streik mit verwickelt war, aber das wissen wir, daß in Mülhausen der Boden gedüngt war, auf dem solche Schandtaten gedeihen, und das ist wieder ein neuer Strich i» dem dunklen Schattenbilde der socialdemvkratischen Verhetzung." Die erste deutsche Kronconcession s» Ehina, Hankau, ist einer der wichtigsten durch Vertrag mit der chinesischen Regierung der Schifffahrt geöffneten Häsen des großen 2)angtsestro,„es D.e Stad " d, ^eite ^ Kan liegt siusscs in den Jangtse;aufdrrech Yangtse- die Stadt Hanyang und ge^nuber a H„peh und der „fer Wulschang, die ^ Ar Handelsverkehr nu Sitz der vicekvn,glichen Regierung. Jahre 1894 sind Ä-» °«»-Vau«-«. dort 717 Dampfer und 90 » ^ gel,a» 0 Gesammt- Dampfer und 1304 Segelschiffe anSgelause ^ ^ r,l» aus tonnenzahl bel.es sich aus etwa ' 500 000, der ^ es., 53 696 024 Taels. Bis setzt e '"o Europäer, Eng- englisches S-ttlcm^ I," Hände» der lä^ Deutsche und Russe., wvh.'^^ ^ letzter» liegt fast der sta>>P - Unsere Landsleute jährlich auf etwa 40 Millionen belauf 1 (Farben. Einfuhrgeschäft thatig, sind bui > „ I ,„jl Thee überflügelt. Von Hankau gehen n ) ^.Mg^avrod beladene Karawanen über K.ach a nach !ich" L",awa»m. lichen Erzeugn... . ^ mit Europa vermitteln, hat der —^ Thees sich bedeutend vermindert, und Kenner ziehe anderen vor. — Schon früher einmal, ,m Jahre 1888 hatte die chinesische Regierung Deutschland e.ne'i^andtrcsie rur Besiedelung i» Hankau angeboten, damals aber so» das Angebot mit Rücksicht darauf ausgeschlagen »vord n sein, daß die deutsche Wehrkraft zur See "'cht a s"-che eine solche deutsche Besitzung a,ii Na»glse schützen. Abgesehen davon, daß die örtlichen Verhältnisse i> Hankau die Erwerbung eines eigenen Settlements dringenc wünschenSwerth machten. bat die deutsche Negierung setz mit jener schwächliche» Ansicht gründlich gebrochen und den Beweis dadurch geliefert, daß sie ein stattliches Geschwader nach Oslasien hinausgeschickt hat. Den Nutzen wenigsten,, hat, so bemerkt die „K. Ztg.", die Schwenkung der deutschen Politik in Ostasien gehabt, daß China sowohl wie Japan aerwunaen worden sind, zu der dort nicht mehr recht He^ gianbwn Erkenutniß zurückzukehrcn, daß Deutschland Willens und in der Lage ist, überall aus dem Erdball seine Interessen wirksam zu vertreten und überall da mitzureden, wo andere europäische Großmächte sprechen zu müssen meinen. Zum Schutze des jungen deutschen Settle ments in Hankau und der deutschen Interessen am Danglsc und Peiho reichen übrigens unsere kleinen Kanonenboote Iltis und Wvlf, die sich dort nachgerade Hauörecht erworben baden, aus, so lange keine Verwicklungen im Reiche der Milte eine größere Kraftentsaltung nothwendia machen. Ihres geringen Tiefganges wegen können sie die Flüsse weit hinaufgeben,' und ihre verhältnißmäßig starke Bemannung gestattet ihnen, wirkungsvoll einzugreifen. Wir haben nnS bei unserer Beurtheilung der Unruhen in Konftanttnopel und der ihnen zu Grunde liegenden Ursachen von vornherein an die officiösen und officiellen türkischen Berichte gehalten. Ans ihnen war herauszulesen. daß die Schuld an dem Massacre mit höchster Wahrschein lichkeit auf türkischer Seite zu suchen ist, wenn auch der Zweck der Darstellung des ottomanischen Preßbureaus gerade der entgegengesetzte war. Heute liegt aus derselben Quelle ein zusammenfassender Bericht Uber die Ge schehnisse der letzten Woche vor, welcher folgenden charakteristischen, die Richtigkeit unserer Auffassung be stätigenden Eatz enthält: „Von indirekten Ursachen abgesehen (so ist zu lesen, nicht wie es in der nach Schluß der Redaction des heutigen Morgenblattes ab- aedrnckten Konstantinvpeler Correspondenz beißt: von de» ausgedeckten" Ursache»), fällt nach unparteiischer Beurtheilung aller i» Betracht koini,lenden Umstände die Schuld, den Beginn der blutigen Vorgänge am Montag veranlaßt zu haben, auf die Armenier, auch wenn ein Armenier als erstes Opfer fiel, weil sie eine friedliches!) Kund gebung mit den Waffen in der Hand ins Werk setzten." Dann beißt cS weiter, die Erbitterung der bereit stehenden (!) türkischen Bevölkerung sei hervorgerufen worden durch einzelne energische Angriffe der Armenier bei der Pforte. Nach dieser Darstellung ist von Neuem festgestellt, daß die Demonstration eine» friedlichen Charakter trug. Das wußte man bekanntlich aus der Pforte, und zwar aus dem Munde der Botschafter. Trotzdem wurden die Demonstranten, als sie in die Nähe der Pforte kamen, von der Polizei — jede» falls nicht sehr sanft — zurückgedrängt. Daß es bei der Erregung, in welcher sich die Armenier aus naheliegenden Gründen be fanden, zu einem Handgemenge kam, ist sehr erklärlich. Es kann natürlich, wie bei allen derartigen Vorkvmm- niffen, nicht mehr constatirt werden, wer in dem Durcheinander zuerst gestoßen und geschlagen bat, so viel aber steht fest, daß die Konstantinvpeler Polizei es war, welche zuerst zur Anwendung von Gewalt schritt und einen Armenier niebcrmachte. Das war dann bas Signal zu den weiteren Blutscenen, bei welchen auch die Armenier von ihrer Waffe Gebrauch gemachr haben. Den Vorwurf, daß die Demonstranten Waffen trugen haben wir schon durch den Hinweis auf die Sitte des Orients zurückgcwiesen, daß sie vielleicht mehr Waffe» als gewöhnlich mit sich führten, erklärt sich daraus,daß dieArmenier, denen nickt unbekannt geblieben war, daß die türkische Bevölkerung „bereit stand, ihren Glaubens genossen zu Helten", sich für den äußersten Fall der Noth- wehr gerüstet hatten. Nach Allem kann, wenn man überhaupt von einer Schuld der Armenier reden will, diese nur darin bestanden habe», daß sie „einzelne energische Angriffe bei der Pforte" gemacht haben, daö heißt, den Weitermarsch bis zur Pforte erzwingen wollten, da man ihnen denselben ungerecht fertigter Weise verwehrte. Daß die Armenier dabei von ihren Waffen Gebrauch gemacht hätten, wird ihnen nicht vorgeworfen. Eine andere Frage ist die, ob es nicht klüger gewesen wäre, die Demonstration zu unterlassen, jedenfalls hat sie ihren Zweck vollständig verfehlt. So ganz leicht dürste den Italienern der Waffengang im Hinterlande von hertfthräa nicht werden. NeguS Menelik und Ras Mangascha sind nicht die Leute, auf ein bloßes Stirnrunzeln des Generals Baratieri hin zu Kreuze zu kriechen, um so weniger, als die Aufnahme der abessynischen Gesandtschaft in Rußland und die von dort nach der Heimath mitgenomnienen Eindrücke dem Sclbstbewnßtseiii der abessynischen Machthaber gewaltigen Vorschub geleistet haben. Daß russische und französische Emissäre sich in Abessynien aufhalte» und daselbst Hand in Hand arbeiten, ist ein öffentliches Geheimniß; sie legen der Ausbreitung des italienischen Einflusses auf Schritt und Tritt Hemmnisse .m den Weg und bestärken de» NeguS i» der Vorstellung, daß er an Rußland und Frank reich einen Rückhalt finden werde. Das genügt, um Abessynien den Wünschen Italiens gegenüber unzugänglich zu machen und letzteres in die Nothwendigkeit der Anwendung drastischerer Mittel zu versetzen. Es ist deshalb wahrscheinlich, das General Baratieri mindestens zu einer militairischen Demonstration gegen Tigre schreiten und, falls diese erfolglos bleibt, ungesäumt zu einer ernstgemeinten Action übergehen wird. Auch die allgemeinen Frreilletsn. Schwere Kämpfe. Roman aus dem großen Kriege. 33j Von Carl Tanera. Nachdruck verboten. lFortsehuna.) Tann biß sich auf die Lippen. Er sprach nichts. Aber man konnte sich denken, was seinen Kopf durchzog. 3l40 Mann gegen 12—13 000! Dazu war es die letzte Reserve. Wenn dieser Gegenstoß mißlang, was dann? Aber es muß und wird gehen! Nun sprach er laut und fest: „Ja, General von Orff. Marschiren Sie nach dem rechten Flügel ab und Handel» Sie den Umständen gemäß." Keine Muskel zuckte dabei in dem ritterlichen Gesicht des Generals, und doch hatte er durch diesen Befehl die volle Verantwortung für eine Hand lung übernommen, von deren Ausgang nicht nur daS Schicksal der Schlacht, sondern sogar das Bestehen seines ganzes Corps abhing. Horn, der als tüchtiger Osficier wohl wußte, was cS für einen Feldherr» ist, in einem solchen Moment und unter solckcn Umständen seine letzte Reserve aus der Hand zu geben, konnte seine Bewunderung kaum zurllckhalten. Am liebsten hätte er dem General, diesem Feldherrn, wie er sein soll, laut zugejubelt. Der selbst aber stand jetzt da wie ein Bild von Stein. Er batte sich nicht in seinem Untergeneral und nicht in seinen Altbayern vom Strand der Isar, der EnnS und der Donau geirrt. Voraus ein Bataillon Zweier und die 4. Jäger, dann ein Bataillon Elfer und die 9. Jäger, so griffen 3l40 Mann an. Bald mußten sie in einer einzigen langen dünnen Linie Vorgehen. So warfen sie sich den in Wirklichkeit 14 Bataillone starken Franzosen deS Admirals Iaursguiberry entgegen. Und diese? Sie mußten die so überaus kühn vergehenden Bayern Orff'S wirklich für blaue Teufel halten, denn sonst wäre es dock nicht möglich gewesen» daß 14 Mann vor 3 zuerst stockten, hierauf hielten und wirr feuerten und schließlich auS- rissen. Ibr schneidiger Führer brgchle sie zwar bald wilder zum Sieben. Vorwärts ließen sie sich jedoch nickt mehr treiben. Sie hatten zu gesvaltigen Respekt vor den nun ihre Kameraden der Infanterie unterstützenden bayerischen Artilleristen und deren sicher treffenden Geschossen. Jetzt stand die Schlacht verhältnißmäßig günstig. Von rückwärts aber kam die Meldung: „Das Infanterie- Leib-Regiment mußte vor der Armee des Generals Martin des Palliöres die Stadt Orleans räumen. Etwa 35 000 Franzosen haben letztere besetzt und scheinen in nordwestlicher Richtung Vordringen zu wollen." Diese Armee beabsichtigte also das von der Tann'sche Corps im Rücken zu fassen und es somit zwischen zwei Feuer zu bringen. Das durfte um keinen Preis geschehen. Darum befahl jetzt bei Einbruch der Dunkelheit General von der Tann: „Rückzug gegen Norden über Patay nach Toury, um dort abermals der französischen Loirarmce ent gegen zu treten und somit die Aufgabe, die Belagerung von Paris zu decken, in vollem Maße zu erfüllen." 15 Nach allen Seiten sprengte» Adjutanten und Ordonnanz- officiere über das Schlachtfeld und verkündeten: „Das Armcecorpö zieht sich langsam über Gemigny, Saint Sigismond, Saint Psravy und Patay nach Toury zurück. Der linke Flügel beginnt. Die Bataillone inarschircn ge schloffen hinter den Schützenlinien ab, jeoes 200 Schritt Distanz vom vorderen. Dann folgen die Schützen nach und sammeln sich, sobald sie hinter der Schützenlinie des nächsten Bataillon« angekommen sind. Die Artillerie hält so lange als möglich. Die 3. bayerische Infanterie-Brigade und die preußische Husaren-Brigade Baumbach bilden von St. Sigis- mond an die Arriöregarde." Langsam, sogar i»it einer gewissen Umständlichkeit sam melten sich zuerst die so sehr zusammengeschosienen Bataillone des General Dietl und verließen den Walv von Montpipeau. In EoulmierS wüthete bas Infanteriefeuer weiter. Die Dämmerung war aber bereits so dicht geworden, daß man nur noch an dem Aufblitzen der Schüffe zu erkennen ver mochte, wo ein Feind stand. Das französische Feuer ließ je doch immer mehr nach. Die 31. und 38. Linieninsanteristen sowie die 22. und 66. Mobilgarden hatten von ihren Zu sammenstößen mit den borstigen Gesellen i», Park von EoulmierS genug. Höchsten« die 7. Chasseurs de Vincennes wagten noch einige Schüsse mit ihnen zu wechseln. Jetzt traf auch bei den Vertheidigern de» Parke« d,r Be fehl zum Rückzug ein. „Die UntcrstühungSrügr bei den Compagnien hinter dem Torfe einrücken! — Zuerst marschiren di« Bataillon« des folgt als letztes. Wenn die geschlossenen Bataillone ^ Schritt Abstand haben, ziehen sich die Schützen langsam na Richtung auf Gemigny." Man hätte dock meinen sollen, den seit früh 6 Ubr l Abends 5fts Uhr kämpfenden Truppen, die nicht eine Mim Ruhe und Erholung gehabt hatten, müsse eine solcher Best erwünscht gekommen sein. Nichts von alledem. „Hergott sakral Jetzt wo wir grad' frische Patroi kneyt bamm! Jetzt hätt' i' gern die Bande no' amal a lauf n lass',,. Oan oder zwoa möcht' i' do' no' verschieaßn „Sergeant Stößler, die Compagnie sammelt sich je hinter dem Dorfe. Bleiben Sie mit Ihrem Zuge etwa no 5 Minitten und feuern Sie noch tüchtig hinüber. Da, folgen Sie an den Ostausgang von Coulinier« nach." „Sehr Wohl, Herr Oberleitnant." Der Unterofficier wandte sich wieder z» seinen Leute Parkes"" «erthridiger des so lang unstritteiil „Dort schnelles (krachtS) no'! Da feiert'S drauf' - Hinter dem Busch links von dere Pappel ribrt st' 'S aa in Linke FlügelgrnpP'n drafschießn!" I' ° aa m So leitete der Sergeant da« Feuer seines Zuge«. Nu „Aufborn r« feuern! - Jetzt bleibts no' zwoa Äinutch z' b'^rg"? ' 2' Hab' da vor» no' w. Damit lief er etwa 30 Schritte in der Richtung aeg >e Franzosen vor, blieb stehen, drehte ihnen die Kehrsei zu, entkleidete jich und erleichterte sich, wie wenn er zu Kan Rann, der Kaserne ,n aller Sicherheit wä, zurück^ gemächlich an und trabte zu seinen Schütz «»> '' was i' von ehane denk' — Je no a orntlis Schnellfeuer „über'" ' KL„7-°°-° L- «"theidiger den Park v. gemacht^"' w"i^ „Leute, im Tritt marschiren. wenn auch der weich. Bod. fast grundlos ist. Müßt vor Euch selbst und vor den Kameraden beweisen, daß »vir nur auf Besebl das Schlacht feld räumen. Fest austreten! Stramm die Gewehre tragen!" Und wie traten die braven Kerls ans! Der Schmutz spritzte über den Helmen zusammen, so stampften sie auf die Erde. Gesprochen hat keiner ein Wort. Aber diese Ge sichter! Die sprachen, und zwar deutlich genug. Darin lag Wuth über den nvthwendig gewordenen Rückmarsch, drohender Ingrimm, »veil zum ersten Male eine Schlacht nicht mit dem gewohnten „Hnrrah" und „Draus" endete, und wildeste Energie, um die sich nach und nach geltend machende Ueber- miidling nicht Herr werden zu lassen. Das »var der Rückzug der Bayern von der Tann'S nach der Schlacht bei Coulmiers. Kein einziger Gefangener, der nicht so schwer verwundet »var, daß er durchaus nicht mehr geben konnte, fiel in die Gewalt des FeindeS; nicht rin einziges liegcngebliebcnes Gewehr außer von Todten und Schwerverwnndeteii habe» sie erbeutet. Und was das Glänzendste von Allem ist: die Franzosen wagten nach der Abwehr ihrer letzten Angriffe a»f Conlmiers und Cheminicrö es nicht mehr, bei» deutschen Linien so nahe zu kommen, baß sie überhaupt etwas von dem Rückzug ihrer Gegner gemerkt hätten. Sie errichteten in ihren Stellungen Schützengräben und dankten während der ganzen Nackt ihrem Schöpfer, daß diese wilden blaue» Teufel nicht ans den Gedanken kamen, sie während der Dunkelheit zu überfallen. Eine der letzten Batterien, die den Rückzug der Infanterie deckte und immer noch Geschosse nach den feindlichen Stellungen hinüberwarf, war die Kartätschenbatterie deS Grafen Thür heim. Nun wurde es auch für sie höchste Zeit. „Herr Lieutenant Baron Laßberg, bilden Sie mit den Bedienungskanonieren eine Schützenlinie und decken Sie den Rückzug der Geschütze! Folgen Sie ans etwa 400 Schritt der Batterie „ach!" Es geschah Früher schon batten alle Batterien sich nftt eroberten Cbassepotgewcbrcn ausgerüstet. Nunmehr traten die Kanoniere als Schützen auf und brachten den Fpqnzosen durch ein lebhaftes Gewebrsener die Ansicht bei, hqß hier auch noch Infanterie stände. Ans solche Weis« haben diese Artilleristen und die der Batterie Reder noch lange d„,Feind anfgebalten »nd ibm die Lust genommen, sich naher umzn- sehen, ob hier Infanterie oder Kanoniere feuerten- Neben dem Lieutenant v. Laßberg lag ein alter Feuer« wer.er. Sr glaubte den jungen Lfsicirr aufmerksam macken
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