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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.10.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951001014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895100101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895100101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-01
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Monat
1895-10
-
Jahr
1895
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Königreich Sachsen. Die vorliegende Nummer enthüll an anderer Stelle noch folgend« «ater diele Rubrik fallend« Sonderarttkrl: Alte« Theater („Der grobe Komet"). — IV. Hauptversammlung de« Benin« sächsischer Rralschullehrer (II.). — Erzgebirg-verein (Delegirtenversammlung). — Realgymnasium zu Leipzig (Abschied-seier). — Gerichtsverhand lung-, (Schöffengericht; Entscheidungen de« Reichsgericht«). — Zum 20>ährigen Bestehen der höheren Fach- und weiblichen Gewerbeschule (Tarola-Berein). — Leipziger Fröbelverein (Prüfung). — Männerturnverein zu Lindenau (Borturnerjubilüum). — Turn- verein zu Eutritzsch (Schauturnen).—Herbsl-BanötS im Krystall-Palast. Hl Leipzig. 30. September. Im Publicum bat sich die Meinung gebildet, der man vielfach in der Unterhaltung begegnet, daß die Gleise der elektrischen Straßenbahn von der Ecke bei Cafö Frische bis zum Eingang in die Poststraße quer über den AugustuSplatz gelegt werden. Diese Anschauung ist irrig; denn die Gleise werden von der ge nannten Ecke an bis zu dem Wartehause der Pferdeeisenbahn führen, worauf nach einer Eurve die Wetterführung der Bahn parallel dem Neuen Theater nach der Poststraße erfolgt. Vom Neuen Tbeater bis zum ersten Gleise der elektrischen Bahn ist ein Abstand von vierzehn Metern vorgeseben, so daß der Fußweg über den AugustuSplatz am Neuen Tbeater vorbei nicht im Mindesten beeinträchtigt wird. * Leipzig, 30. September. Die Leipziger Pferdebahn-Gesell schaft, die ja bekanntlich ebenfalls zum elektrischen Be triebe übergehen wirb, hat, wie wir hören, zur Anlage einer Kraftstation das früher Stengel'sche Grundstück am Floß- Platz erworben. — Heute haben die rum Dienst ohne Waffe auS- gehobenen Recruten, Öekonomie-Handwerker (Schneider, Schuhmacher) und Krankenwärter bei ihren Truppentheilen einzutreffen. Nächstdem gelangen von den zum Dienst mit der Waffe bestimmten Recruten diejenigen der Cavallerie- regimenter am 5. Oktober und die der Znfanterietruppen, Jager, Pioniere, Feld- und reitenden Artillerie am 19. Oktober zur Einstellung, während die zum sächsischen Fußartillerie- regiment Nr. 12 nach Metz und der sächsischen 7. und 8. Compagnie des preußischen Eisenbahnregiments Nr. 2 beorderten Recruten am 15. October zu ihren Regimentern abzugchen haben. k. Nur vier Ehrenmitglieder zählte der Allgemeine Turnverein zu Leipzig nach dem Tode des unvergeßlichen Zenker und darunter keins, das nicht selbst Turner und Förderer des Vereins gewesen wäre — gewiß ein Beweis, daß er nicht verschwenderisch mit derartigen Auszeichnungen verfährt. Aber andererseits ehrt er sich auch selbst, wenn er Männern diese Ehre anträgt, deren Bedeutung weit über seinen Kreis hinaus allseitig anerkannt wird. Unser hoch verdienter Oberbürgermeister Vr. Georgi und der lang jährige Geschäftsführer der deutschen Turnerschaft vr. Fer dinand Goetz in Lindenau, beide einst eifrige Mitglieder des Vereins, find bei Gelegenheit seiner 50 jährigen Jubel feier zu Ehrenmitgliedern ernannt worden. Während Jener am- Anfang letzter Woche durch den Vorstand des Vereins in solcher Eigenschaft begrüßt wurde, wobei der Vorsitzende Director vr. I. C. Lion treffende verständnißvolle Worte sprach, wurde Herrn vr. Goetz am Sonnabend in Lindenau bei Gelegenheit einer dortigen Turnerfeier die Ehrenurkunde überreicht. Vier Mitglieder des Turnraths batten sich in Vertretung des Vorstandes eingefunden und begrüßten durch ihren Wortführer Professor Küchenmeister nach einem Glückwunsch an den Jubilar des Tages Ernst Gold st ein (seit 25 Jabren Vorturner im Lindenauer Männerlurnverein) das neue Ehrenmitglied, über dessen Verdienste um die Turn sache vor Turnern zu reden müßig sei, mit einem dreifachen Gut Heil! An demselben Tage mit Herrn vr. Georgs Kat der Vorstand des Allgemeinen Turnvereins auch Herrn Stadt verordneten AL. Vogel, seinem langjährigen Vorsitzenden, die Urkunde über die vor mehr als Jahresfrist verliehene Ehrenmitgliedschast nachträglich überreicht. r. Leipzig, 30. September. Der Vorstand des Vereins für Volkswohl, der unausgesetzt bemüht ist, das Wissen und Können seiner Mitglieder durch Unterrichtsertbeilung in den verschiedensten Fächern, durch volkSthümliche Vorträge, durch Vorführung wichtiger Erfindungen u. s. w. zu erweitern, hatte für gestern Vormittag eine Besichtigung der städtischen Elektricitätswcrke veranstaltet. Die Aussicht, einen Blick in die geheimnißvolle Werkstätte der neuesten Lichterzeugung zu thun» war für Viele so verlockend, daß sich gegen 400 Theil- nehmer zu dieser Besichtigung eingefuuden hätten. Der Vor sitzende deS Vereins, Herr vr. Gensel. und mehrere der Herren Vorstandsmitglieder führten die stattliche Schar vom Versammlungsplatze, dem Vereinshause, Löhrstraße 7, nach der an der Eulritzscher Straße gelegenen Haupt-Kraft-Station der städtische» Elektricitätswerke. Hier wurden die Besucher von Herrn Ingenieur Jost in liebenswürdiger Weise empfangen und zunächst in die mächtig große Halle geführt, in welche die beiden Dynamomaschinen aufgestellt sind, deren riesige Größenverhältnisse von den Besuchern staunend bewundert wurden. Herr Ingenieur Jost erläuterte hier die Einrich tung der Maschinen, den Vorgang der Krafterzeugung, die Fortleitung des elektrischen Stromes nach der Unterstation, die in derselben stattfindende Transformation und Auf- speichern»« der elektrischen Kraft in Accumulatoren-Batterien und die Weiterführung derselben zu BeleuchtungSzivecken. In zwei Gruppen wurden dann die Besucher durch sammtliche Räume geführt und demselben hierbei durch die Herren In genieur Jost und Maschinenmeister Schmidt die Einzelheiten der Anlagen, sowie die verschiedenen Einrichtungen und Apparate eingehend erläutert. ) Leipzig» 30. September. In einer Arrestzelle in L.-Lindenau, woselbst sie sich wegen Verdachts des Betrugs in Polizriaewahrsam befand, hat sich heute Mittag eine 20jährige Fabrikarbeiterin aus Schildau, die zuletzt in der Amalienstraße in L.-Lindenau gewohnt hat, durch Erhängen entleibt. Der Leichnam wurde in die Anatomie gebracht. ff Im hiesigen Krankenhaus« fand der 41 Jahre alte Obst- Pflücker Oswald u. Aufnahme. Derselbe in Ammelshain beschäftigt, hatte sich durch den Sturz von einer Leiter einen Knöchelbruch zugezogen. — Durch bloße« Umkaicken mit dem rechten Fuße wädrenv des Ausschachtrns zog sich der Arbeiter Friedrich F. einen Knochenbruch zu. Zunächst nach seiner Wohnung gebracht, mußte er Tag« darauf nach Anlegung eine» Verbandes mittels Krankenwagens dem Krankenhause zugesührt werden. 8 AuS dem Bureau des Stadttheaters: Im Neuen Theater wird am heutigen Dienstag Sardou'S „Madame Sans-GSne", im Alten Tbeater die Operette „Der Obersteiger" wiederholt. Im Carola-Theater nehmen heute die Gastspiel-Vorstelluogen de« Meßthaler-Ensemble« vom Neuen Deutschen Theater in München ihren Anfang mit Sardon'S Sittenkomödie „D e m t-M o n d e". Die Ausführung beginnt um V,8 Uhr. Das weitere Wochen-Repertvire des Ensembles zeigt sür Mittwoch und Freitag Wiederholungen von „Demi-Monde" an; am Donnerstag geht erstmalig Suder- mann'S Schauspiel „ Sodom'« Ende" in Scene, das am Sonnabend wiederholt wird. — Nachdem die Direktion auf An suchen des Herrn Cavellmeister Biester den Vertrag mit dem selben gelöst, tritt vom heutigen Tage ab Herr Cavellmeister Porst, der s. Z. ans seinen Wunsch daS Leipziger Stadttheater verlieb, wieder in den Verband desselben. — In den Ateliers des Theaters sind gegenwärtig zahllose Hände beschäftigt, um die völlig neue costümliche Ausstattung für die Neu» inscenirung des „Lohengrio" fertigzustellen Die Figurinen zu den erforderlichen nahezu zweihundert neuen Loltümen sind von Herrn Arthur Lewin gezeichnet. Den Decoraiious- und Be- leuchlungsproben folgen nunmehr die Theaierproben. Die erste Ausführung des „Lohengrin" in der neuen Ausstattung ist bekanntlich auf den 11. October angesetzt. 8. Die Abonnementsconcerte der Lentralhalle haben nunmehr wieder ihren Anfang genommen und auch in der laufenden Saison ist durch Herrn Carius für reiche Abwechselung gesorgt, denn neben den ständig Donnerstag durch die Capelle des 134. Infanterie- Regiments zur Ausführung kommenden Concerten werden Dienstag solche durch verschiedene Civilcapelleu veranstaltet. Wir in den Vorjahren, so hat Herr Carius auch diesmal wieder ermäßigte Zutrittspreise für den Besuch dieser beliebten Familien- Abonnementsconcerte festgesetzt. 8 Im Etablissement Battenberg (kleiner Saal) findet an jedem Dienstag, so auch heute, Theaterabend statt. Heute kommt das Charakterbild „Der Viehhändler aus Oberöstrrreich" zur Aus führung. Die DienSlagsveranslaltungen beginnen 8'/, Uhr. 8 Ein höchst interessantes, abwechslungsreiches Programm bietet das heute Abend in den Drei Lilien stattfindende Extra-Concert (Philharmonisches Orchester); enthält es doch u. A. die beiden neuen Schöpfungen des vielgerühmten Componisten Dellingrr Aniaa- Walzer und Bsbs Rose aus der Operette „Die Chanjonnette". — Freunden eines genußreichen Concerte« sei der Besuch der „Drei Lilien" heute Abend sehr empfohlen. — Der Kirchenbauverein für die Parochie L.-Seller- Hausen veranstaltete am Mittwoch den 25. September im Saale de« Trojahn'schen Schüvenhausr« sür seine Mitglieder und deren Angehörige und Freunde »inen gut besuchten Familienabend. Der- selbe hatte in erster Linie den Zweck der gegenseitigen Annäherung und des wechselseitigen Gedankenaustausches der einzelnen Glieder der Parochie — gleichviel ob dem Vereine angehörend oder nicht —, um damit die Hebung des kirchlichen Sinnes und Lebens zu unterstützen. Der sünfgliederige Vergnügung-» Ausschuß hatte zu diesem Zwecke die Gesangvereine der Parochie zu einer Art Sängerkrieg geladen. Denselben er- öffnete der „Liederkranz" (Herr Lehrer Kühn) io würdigster Weise mit Kreutzer's „Ich suche Dich". Ihm folgten der „Kirchen- chor" (Herr Lehrer Dietze) mit Brambach's „Abendlied", Frauenchor mit Clavierbegleitung, der „Sang er kreis" (Herr Lehrer Meißner) mit Abt'S Männerchor „Die stille Wasserrose", der „Turngesang, verein" (Herr Lehrer Reuter) mit dem Männerchor von Kinkel „Weh, daß wir scheiden müssen", der „Liederkranz" mit Schmölzer's Männerchor „Ave Maria", der „Sängerkreis" mit dem „Nacht- gelang im Walde". Männerchor mit Clavierbegleitung von Frz. Schubert, der „Kirchenchor" mit dem „Ländlichen Lied", einem Frauenchor mit Clavierbegleitung von R. Schumann. Den Schluß machte der „Turngejangverein" mit Jüngst'« feurigem Männerchor „Grüß Gott, schön Wien". Dazwischen erfreute Herr Schuldirector Jaehme die Zuhörer durch einen Vortrag über Las WeihnachtSiest und seine Gebräuche. In kurzer und klarer Rede legte er dar, warum man in der abendländischen Kirche den 2b. December gewählt, erklärte den Namen des Feste» und die Be deutung des Knechts Rupprecht, der Stolle, des Christbaumes, der Lichter, der Weihnachtskrippe ,c. Reicher Beifall folgte seinen Worten ebenso wie den Darbietungen der einzelnen Gesangvereine und dem tu der Mitte eingelegten Flötensolo von Popp „Alpen» scenen". Herr Musikdirectoc Hagen st rin spielte dasselbe mit feinem Empfinden. An diesen wohlgelungenrn Abend schloß sich e,n Tänzchen an, da« dir Erschienenen noch lange in fröhlicher Geselligkeit betsammrnhielt. * Grosszzschocher, 30. September. Die unter der exactr» Führung ihre« Vorturner«, de« Herrn Händel, stehende Riege „Frisch auf!" de- hiesigen Allgemeinen Turnvereins ver anstaltete gestern eia Schau- und Wettturnen, an welchem sich auch andere Mitglieder betheiligten; ausgeschlossen waren nur die Vorturner. Als Sieger wurden mit Eichea- kränzen preisgekrönt: 1) Otto Voigt, 36 Puncte, 2) Otto Zanarock, 30 V« Puncte, 3) Emil Bornemann, 28V» Puncte, 4) Paul Ruschlau, 26V» Puncte, 5) Otto Schinke, 25V« Puncte. Hieran schloß sich ein Tänzchen im Gasthose „Zur Mühle". Am Sonntag beging der hiesige Gesangverein „Liederkranz" sein 8. Stiftungsfest, verbunden mit einem Sänger- CommerS, an dem fick außer den hiesigen Gesangvereinen „Männerchor", „Frohsinn" und die „Sängerabtbeilung" des Arbeiterverein«, auch der Gesangverein „Lyra", L.-Lindenau, und der „Brehmer'sche Gesangverein", L.-Plagwitz, betheiligten. Alle vorgetragenen Gesänge legten beredtes Zeugniß ab von redlichem Streben der Vereine und von ernstem, treuem Fleiße ihrer Dirigenten. * Thekla, 29. September. Heute wurde hier durch Herrn EphoruS vr. Michet eine Kirchenvisitation abgehalten, bei welcher als Vertreter des Kirchenpatrons auch Herr Stadtrath Grüner aus Leipzig anwesend war. Herr Pastor Sparwald predigte über Apost.-Gesch. 16, 22—34. Der Ansprache deS Herrn Superintendent vr. Michel lag daS Wort „Trachtet am ersten rc." zu Grunde. Nach beendetem Gottesdienste fand in hiesiger Schule eine Haus väterversammlung statt, in welcher verschiedene, das kirchliche Leben unserer Parochie betreffende Fragen erörtert wurden. r) PaunSdors, 30. September. Vom Gemeinderath unseres Ortes war beschlossen worden, eine Sparcasse in Paunsdorf zu errichten, wvzu auch nach eingebender Er örterung der Verhältnisse die königliche Amtshauptmannschaft und der ihr beigeordnete Bezirksausschuß sich befürwortend ausgesprochen halten. Jetzt hat auch da« königliche Ministerium des Innern die Genehmigung ertheilt, so daß mit der Einrichtung der Sparcasse nun vorgegangen werden soll. Beschlossen wurde vom Gemeinderalb, einen Cassirer anzustelle» und die Stellung mit 1200 ^ jährlichen Gebalt auszuschreiben. — Als zweiter Gemeinveältefter unseres GemeinberalheS wurde Herr Schuldirector Wolf gewählt. — Der Gemeinderalb beschloß, beim Landwirlh- fchaftlichen Creditverem eine Anleihe von 4200 auf- zunehmen. Grimma, 30. September. Am gestrigen Morgen verunglückte daS ungefähr zweijährige Sohnchen des FleischetmeisterS W. in Grimma auf eine gräßliche Weise. In einem unbewachten Augenblicke, als man dem Kinde ein Stück Kuchen verabreichen wollte, fiel dasselbe in einen mit kochender Fleischbrühe angefüllten Kessel. Es trug am Unterleibe, am Rücken, wie auch am Hinterkopfe schreckliche Wunden davon. Obwohl sofort ärztliche Hilfe vorhanden war, so ist daS unglückliche Kind dennoch gestern Abend zum großen Schmerze der untröstlichen Ellern verschieden. * Vorna, 30. September. Gestern Abend gegen 10 Uhr signalisirte der Thürmer der Stadtkirche schon wieder „Feuer auswärts", gleichzeitig machte sich am westlichen Himmel ein Feuerschein bemerkbar. Es brannte in Hain, und zwar wurde eine dem Gutsbesitzer Ublmanu geböriar Scheune nebst Stallgebäude eingeäscherl. Die allgemeine Trockenheit und der dadurch hervorgerufene Wassermangel erschwerten das Löschen. In späterer Nachtstunde — gegen 2 Uhr — brach in demselben Dorfe abermals Feuer aus und wurde diesmal die neben der ersten Brandstätte gelegene Scheune deS Guts besitzers Patzschke in Asche gelegt. Krankcnberg, 28. September. In einer jüngst ab- gehallenen Sitzung deS engeren Comitös für Erbauung einer Zschopauthalbabn wurde an Stelle des früheren Vorsitzenden, des Bürgermeisters vr. Beck, der zum Stadt oberhaupt Freibergs berufen worden ist, unser jetziger Bürgermeister vr Mettig mit der weiteren Wahrung und Führung des gedachten EiseubahnprojectS betrant. In dieser Sitzung wurde weiter beschlossen, die Angelegenheit jetzt wieder aufzunehmen und alsbald erneute Schrrtte zu thun, um für da« Project weiter zu wirken. E« wurve eine Ab ordnung gewählt, welche demnächst bei der Regierung persönlich vorsprechen und die Wünsche eine» so regen Industriegebiets, wie es das Zschopauthal ist, nochmals vortragen soll. Darnach wird die Petition an die Land stande erneuert werden. * Zwickau, 30. September. Gestern fand im hiesigen Stadttheater unter Leitung de« neuen Direktor«, deS Herzog!, sächs. Kammersängers Koepke auS Halle, die Eröffnung der Saison statt. Zur Aufführung kam „Julius Cäsar" von Shakesveare. D,e Vorstellung nahm einen vollbefriedigenden Verlauf. Auch dem neuen Thealerdirector gewährt die Stadl 5000 -ck Subvention pro Saison, neben verschiedenen sonstigen Vergünstigungen. — Im Nachbarort Thurm baden sich um das erledigte Schuldirectvrat 20 Bewerber gemeldet. — Der hiesigen Bäckeruinung gehören noch 6 Veteranen des 1870/7ler Feldzuges an. Ihnen zu Ehren veranstaltete am 26. d. M. die Innung einen FcstactuS. — Seit Errichtung des hiesigen 9. Jnfanterie-RegimenlS Nr. 133 wurden die unmittelbar an die Caserne anstoßenden Privatgrundstücke als Exercirplatz benutzt. Nach vorausgegangener Kün digung durch da« Regiment sind vorige Woche diese Grundstücke an die Eigenthümer zurückgegeben worden, und es wird nunmehr der neuerrichtete Exercirplatz in HelmS- dorf, welcher 1200 m Länge und 750 m Breite bat, vom Regiment in Gebrauch genommen. — Vorgestern fand hier eine öffentliche Versammlung der Maurer und Zimmerer statt. In dieser wurde von der Streikcommission berichtet, daß die Maurer bei vier Meistern ausständig geworden seien und 31 Mindeststundenlobn hierdurch erzielt haben. Es wurde beschlossen, den AuSstand bei den übrigen Arbeit gebern, soweit sie nicht denselben Mindestlobn gewahren, fort zusetzen, bei Nichterfüllung dieser Forderung einen noch höheren Lohn zu fordern und eine Sammlung für die Aus ständigen ins Werk zu sehen. — DaS hiesige Landgericht ver- urtheilte den hiesigen Drabtwaarenfabrikanten Jvh. Theodor Einil Temper zu drei Wochen Gefängniß, weil er die seinen Arbeitern abgezogenen Krankencassenbeiträge nicht voll zur Casse abgefübrt batte (§. 82 k des Kr.-V.-Ges). — Geh. Rath Freiherr v. Massow auS Potsdam hielt gestern im hiesigen Evangelischen Arbeiterverein einen gediegenen Vortrag über die „sociale Frage im Lichte deS Evangeliums". —* Olbcrnha», 28. September. Am gestrigen Tage hatten sich im benachbarten Oberneuschönberg Vertreter der öster reichischen und sächsischen Behörden eingefunden, um die wegen deS BahnbaueS erforderlich gewordene Festlegung der Landesgrenze zu besichtigen. Nachdem die Ent fernungen zwischen den auf böbmischer Seite geschlagenen Markpfäblen und den auf sächsischer Seite am Bahnkörper angebrachter» Lachtern an mehreren Stellen geprüft und für richtig befunden worden waren, begab sich die Grenz- commission »ach dem Gasthaus zum Schwefelbad, woselbst ein Protokoll über die unverändert gebliebene Landrögreuze angefertigt wurde. Lengcnfel-, 28. September. In der letzten Sitzung des Stadtratbes und der Stadtverordneten kam das von Herrn Bürgermeister Giese eingereichte Gesuch, die Genehmigung der Ausübung der Praxis als Rechtsanwalt betreffend, dahin zur Erledigung, daß Herrn Bürgermeister Giess ein stimmig die Erlaubnis zur Ausübung der Praxis eines Rechts anwalts auf ein Jahr ertheilt wurde. 1t Falkenstetn, 30. September. In den letzten Tagen ging die irrthümliche Nachricht durch verschiedene sächsische Blätter, daß der Bahn bau Falkenstein-Plauen eifrig ge fördert werde. Diese Nachricht ist dahin richtig zu stellen, daß der Bau der neuen Straße von Falkenstein nach Plauen gute Fortschritte macht. Eine direkte Bahn verbindung zwischen Falkenstein und Plauen zu besitzen, ist zwar der Wunsch Vieler, aber an eine Verwirklichung des selben ist in absehbarer Zeit nicht zu denken. tt AuS dem Vogtlande, 29. September. Den Bäckern in den verschiedenen Städten wird noch eine fühlbare Con- currenz dadurch geboten, daß sog. Landbrod oder „Mühlen- brod" von den ländlichen Ortschaften eingefübrt und von vielen Stadtbewohnern auch wegen seines kräftigen Wohl geschmacks gern gesucht ist. Um nun dieses Gebühren mög lichst einzuschränken, hat kürzlich eine Anzahl Bäcker m Elsterberg an den Stadtgemeinderath das Gesuch gerichtet, auf Brod, welches von auswärts eingeführt und daselbst ver kauft wird, eine Steuer von 3 für das Kilo zu legen, bez. dasselbe vor dem Verkaufe an Rathsstelle Nachwiegen zu lassen. DaS Gesuch ist jedoch vom Stadtgemeinderath ad- gelehnt worden, da eine Berücksichtigung desselben der Gewerbeordnung entgegenhandle. * Meißen, 30. September. Gestern weilte Herr Bischof vr. Wahl auS Dresden hier, um Vormittags etwa 200 Gläubigen, die zum Theil aus weiter Ferne, aus Döbeln, Riesa, Ostrau rc. gekommen waren, das Sacrament der Firmung zu spenden und Nachmittags in feierlichem Vesper- gotteSdienste die Fahne des katholischen Gesellenvcreins zu weihen. An letzterer Feier nahmen Deputationen von Vereinen aus Dresden, Leipzig, Freiberg, Kamenz, Oschatz rc. Theil. Cölln, 29. September. Als ein Uni cum de« dies jährigen Weinbaues ist eine in den „Drei Rosen" aus gestellte kleine Rebe von einem blauen Burgunderstock zu bezeichnen, die 13 großartig entwickelte, vollbeerige Trauben trägt. Sie ist in dem Weinberge deS in Wembaukreisen rühmlichst bekannten Herrn Behrisch in Niederau gewachsen. Gesellschaftliches Leben in Lissabon. Von Franz Pellen«. Nachdruck »erboten. DaS gesellschaftliche Leben in Lissabon ist fast ausschließlich ans schablonenhafte Aeußerlichkeiteo beschränkt und in er starrte Formen eingezwängt, wie denn überhaupt von einem geselligen Verkehr der Portugiesen unter einander, wenn wir ibn nach unseren Begriffen beurtbeilen wollen, kaum gesprochen werden kann. WaS zunächst die Sprache, das HauptverkcbrS- mittel der Menschen anbetrifft, so ist diese wegen ihrer leichten Beweglichkeit und AnschmiegungSfäbigkeit zur Unter haltung sebr geeignet, kommt aber auch auS demselben Grunde der Neigung der Portugiesen zur Phrasenbaftigkeit sehr weit entgegen. Sie hat sich unter allen romanischen Sprachen die größte Aehnlichkeit mit dem Lateinischen bewahrt und ist neben der castilischen die einzige Mundart, welche sich auf der Halbinsel zur nationalen Sprache entwickelt bat. Durch die Eroberungen der Portugiesen über die ganze Welt ver breitet, bat sie von Überall her, namentlich von Brasilien — sie enthält allein 2000 Wörter brasilischen Ursprung« — und von Indien, fremde Bestandtheile in sich ausgenommen und sich assimilirt. Auch von den geschichtlichen Wandlungen im Innern ist sie Zeuge; so entsprechen der einstigen Be deutung der Juden im Lande zahlreiche HebraiSmen und au« der Zr,t der Maurenherrschast rübren noch viele arabische Wörter her, die aber fast ausnahmslos dem Gebiete de« äußeren VerkebrSlebenS angehören, ein Beweis, daß innigere Beziehungen zwischen Mauren und Portugiesen nie statt- gesunden baden. Die Aussprache bietet außerordentliche Schwierigkeiten, die sür einen Ausländer wobl al« in vielen Fällen unüberwindliche bezeichnet werden können. Enthält doch die Sprache z. B. allein 16 verschiedene Diphthongen, von denen 8 mehr oder weniger nasal sind. Ist man geneigt, dir Sprache beim Lesen für schön zu halten, so dürfte diese Ansicht wohl in ihr Gegrntbril Umschlagen, wenn man sie ört. Recht unangenehm macht sich für da« Obr bemerkbar d-ß häufige Vorkommen de« Sek-Laute«, den, bald weicher, ba» härter gesprochen, da« sehr oft wiederkrbrendr s und da« ^ im Auslaute, ferner ok, j und meisten« auch rc und g haben. Die Aussprache der Vocale ist meisten« eine unklare, bäufig dumpfe; am häßlichsten ist der Klang des », da das selbe fast ausnahmslos wie «in aufdringliches L lautet. Dazu kommt, daß in Lissabon etwas gelispelt wird, was den Eindruck der Affectirtheit macht. Im Norden dagegen wird ein reine« Idiom gesprochen und rühmt man besonders der Landbevölkerung, die weder schreiben noch lesen gelernt hat, nach, daß sie mit den großen Schwierigkeiten, die die Sprache bietet, mit Fertigkeit umzugehen verstände. Die Bauern in der Provinz Minho sollen im besonderen Maße die Fähigkeit deS ExtemporirenS besitzen und mit Leichtigkeit Verse zu Stande bringen, die kunstgerechter seien, als die eines mittelmäßigen Porten. Auch die Bauern in der Nähe von Coimbra gelten al- solche literLti-illiternti, die in ihrer gewöhnlichen Unterhaltung kunstvolle Perioden anwenden und da« Jmperfect und reine PluSquamperfect im Unterschiede zu den vorhandenen beiden Perfecta, sowie die Conjunctive, den deklinirten Infinitiv, Gerundium rc. richtiger gebrauchen als mancher Professor der benachbarten Universität. In dieser Sprache nun findet der Portugiese immer neue Anregung, seine Vorliebe für inhaltlose Rede wendungen zu betätigen. Und für eine geradezu bom bastische Redeweise ist der Portugiese in hohem Maße ein genommen. Das wird schon durch die Lange der portugiesi schen Namen angedeutet, durch die von vornherein der Eindruck de« Pomphaften hervorgerufen wird. E» herrscht nämlich die Gewohnheit, dem einfachen Familiennamen noch den Namen eines oder mehrerer näherer oder entfernterer Vorfahren bei zufügen, von dem man annimmt, daß er einen guten Klang besitze. Da« geschieht aber nicht nur in den Familien, die Träger geschichtlich berühmter Namen zu ihren Gliedern zählen, sondern jeder Schubsticker hat da« Bestreben, seinem Namen durch Hinzufüguug desjenigen irgend eine« Antecedenten einen volleren Klang zn geben, besonder« wenn dieser letztere mit einem in den Annalen der Geschichte de« Lande« verzeichnten gleichlautend ist. Auch die Frau behält ihren Namen nach der Berbeiratdung bei und vereinigt ihn mit dem ihre« Manne«. Die Hinzusügung anderer Namen wird häufig durch da« Wörtchen »cke" vermittels welche« also nicht, wie von Unkundigen oft angenommen w»rd, eine Adelsbezeichnung bedeutet, sondern lediglich die Abstammung bezeichnet. Da diese Namen jeder Einzelne sich selbst gewählt hat und dem gemäß einen großen Werth auf jeden derselben legt, so wird eS al« große Unhöflichkeit angesehen, im Verkehr einen von ihnen wegzulassen. Ebenfalls mit der größten Peinlichkeit muß man bei der Wahl der Anrede verfahren. Außer etwa kleinen Bettelkindern gegenüber, die mit „Du" angesprochen werden können, darf sie nur in der dritten Person geschehen. Alle Damen der besseren Stände und auch alle Herren, die auf Rang und Stellung Anspruch machen, müssen mit „Eure Er- cellen»" angeredet werden. Einen Grad niedriger steht die Anrede mit „Eure Herrlichkeit", und noch etwa« tiefer die mit dem einfachen „der Herr", beide finden ihre eigentliche Verwendung in den mittleren und unteren Classsn, sind aber immerhin eine gute Strecke auf und ab in der gesellschaftlichen Scala anwendbar. Anderer seits gebrauchen auch Angehörige der untersten Stände manchmal unter sich die Anrede mit „Eure Excellenz". Kinder wenden, während sie selbst von den Erwachsenen meisten« mit „der junge Herr", „das junge Fräulein" an geredet werden, unter sich dieselben Titulationen wie die Erwachsenen an, und e» macht einen komischen Eindruck, kleine Slraßenbuben beim Spiel etwa zu einander sagen zu hören: „Euer Gnaden betrügen", „Eure Herrlichkeit haben mir meine Peitsche gestohlen." Dasselbe Ceremoniell kann man bei der Vorstellung eines Fremden beobachten; eS genügt dabei nicht den oder vielmehr di« bloßen Namen de« Borzustellenden zu nennen, sondern es ist auch nöthig, demselben irgend einen, möglichst vollklingenden Titel beizulegen, dem dann noch schmückende Beiwörter wie „der ausgezeichnete", „der würdige", „der achtenSwerthe" u. a. binzugefügt werden. Ebenso wird auch in Briefen ein sehr große« Gewicht auf solche Formeln gelegt, und Phrasen bilden immer den umfangreicben Inhalt eine« solchen. Die Anrede muß mau jedesmal genau abwägen, da eine solche, dir dem Range de« Adressaten nach seinem Dafürhalten nickt entsprechend ist, von demselben abgelehnt wird, und an Versickerungen, daß man den Briefempfänger verehrt und sein gehorsamster Diener ist, darf man e« ja nicht fehlen lassen, wenn man al« höflicher Mann gelten will. Bon den Schlußformeln, deren Anzahl eine über aus große ist, ist die gebräuchlichste: „Gott bewahre Eure Excellenz", die auch geschäftlichen Miltheilungen hinzngefügt wird. Üeberhaupt wird der Name Gotte« in den erstarrten Grußformeln vielfach angewandt, am häufigsten beim Ab schied, indem mau dem „bi« morgen", „bi« nachher" und dergleichen ein „wenn Gott will" hinzusetzt. Auf dem Lande ist nicht selten der Gruß: „Gelobt sei unser Herr Jesu« CbristuS" und alS Erwiderung: „Und auf ewig sei er gelobt". Berühren derartige Formeln innnerbin nicht direct unsympatbisck, so macht einen geradezu widerwärtigen Eindruck der häufige Gebrauch von Schwurformeln, deren Anwendung in gebildeten und ungebildeten Kreisen bei den geringfügigsten Anlässen gang und gäbe ist. Dabei enthalten solche Redewendungen Ausdrücke, die auch die Frau auS den gebildeten Kreisen in den Mund zu nehmen sich nicht scheut, von einer derartigen Gemeinheit, daß sie bei uns auch in einer Gesellschaft von Stallknechten Erröthen Hervorrufen würden. Solche Gewohnheiten sind Wohl — um von den, guten Geschmack ganz abzusshen — nicht allein bezeichnend für die^ portugiesische Phrasenhaftigkeit, sondern sie weise» auch darauf hin, wie erschreckend tief die Lüge sich in den Geist dieses Volkes eingenistet hat: man glaubt der stärksten Mittel zu bedürfen, um seine Angaben auch bei der gewöhnlichen Unterhaltung al« glaubhaft er scheinen zu lassen, obgleich sie dadurch keineswegs der Wal» heit mehr entsprechen, als sie eS bei Weglassung jener Be- tbeuerungen thun würden. Dasselbe gilt auch in Bezug aus die ständigen Versicherungen auf „Ehrenwort", die zu den am häufigsten gebrauchten Ausdrücken auS dem Wortschätze auch deS zerlumpten Straßengesindels gehören. Harmloser, aber recht lächerlich ist die Sitte, Jemanden zur Theilnahme am Mittag- oder Abendessen oder dergleichen einzuladen, ohne daß eine solche Einladung ernst zu nehmen ist. Daß da« nur eine Form ist, ist ganz offenkundig, es wird aber doch für böslich gehalten, sie zu erfüllen. So erfreut sie sich denn, da sie sehr wohlfeil ist, allgemeiner Beliebtheit, und man braucht zur Zeit der Hauptmahlzeit nur in Ruf nähe eine« bekannten Portugiesen oder auch nur in irgend eine Berührung mit einem Unbekannten zu kommen, um ohne Weitere« im Besitze einer formvollendeten Einladung zu sein, die manchmal mit solcher Dringlichkeit wiederbolt wird, daß, wenn man nicht mit den Formen portugiesischer Höflichkeit genau vertraut ist» man der Meinung sein könnte, sie sei ernst gemeint. Hätte einmal ein uneingeweihter Ausländer den unglücklichen Gedanken, hinter einer solchen Einladung mehr al« bloße Form zu vermutben und sie anzunebmen, so würde er von seinem Gastgeber während des Essens gewiß eine recht eindringliche Belehrung darüber er halten, wie der Portugiese über äußer» und wirk-
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