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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189504080
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18950408
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18950408
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-04
- Tag 1895-04-08
-
Monat
1895-04
-
Jahr
1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.04.1895
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L53ö wenigstens 35 Jabre alten Familienvätern eine zweite WaK- stimme, wofern sie je nach der Größe der Gemeinde 5 vi« 15 Franc- Steuern entrichten; die Regierung hatte für die größeren Städte 20 Francs Steuerbetraa gefordet. Im Uebrigen wurde die Regierungsvorlage festgeyalte». Der Sieg der Regierung bei der bisherigen Verhandlung war voll ständig. Das allgemeine Stimmrecht wurde mit 103 gegen die 40 Stimmen der Socialisteu adgelehnt und nur Denen, welche bereits nach den früheren Normen io die Wählerlisten ein getragen waren, zuaestanden, daß sie mit dem 25. Jahre (mit einer Stimme) wählen. Bei den Abstimmungen lam es zu wüsten Scenen. Alle schrieen wie in einem Tollhauie durcheinander, die Socialisten brüllten und schlugen mit Fäusten aus die Tische. Bon beiden Seiten des Hause- beschimpfte man sich gegenseitig, und diesem Toben gegen über war der Präsident machtlos. Es bleibt nur abruwarten, wie die Socialdemokraten von der Couleur Anseele und Bandervelde sich zu der Annahme de« Gesetze» außer halb de« Parlament« stellen werden. Die Socialdemo kralen hatten, wenn sie den projectirten Generalstreik abbestellten, die« in dem Glauben gethan, die Negie rung würde nachgebea und von der Durchführung der den Arbeitern nickt günstigen Reform abseheo. Nun aber die Regierung nicht nachgegeben und das Gemeindewahl- Gesetz zur Annahme gebracht hat, ist wohl eine um so fanatischere Bekämpfung der Regierung durch die gefoppte socialdemokratische Fraktion und neue Gährung in den Arbeiterkreisen Belgiens zu befürchten. Sie sind diesmal ,ncht im Stande gewesen, die socialdemokratische Partei leitung, welche sich gegen den Generalstreik ausgesprochen hatte, zu deSavouiren und am Freitag die „Räder still stehen" zu lassen, denn wie eS sich herausstellt, waren ihre materiellen Mittel infolge deS harten, wenig einträglichen Winterö so erschöpft, daß an genügende Vorbereitung zum Massen- ausftand nicht hatte gedacht werden könne. Aber zweifellos werden mit Hilfe auswärtiger Genossen die Mittel geschafft werden, um Rache für den 5. April zu üben. Bon dem guten Eindrücke, den in Frankreich die Sendung unseres deutschen Landsmannes, des Präsidenten des Reichs versicherungsamtes, Geheimrath Budiker, zu dem Unfall- versickerungScongresse und der Eröffnung des Llusöe Social gemacht hat, legt nackträglich ein langer Artikel des „Figaro" Zeugniß ab. Der Verfasser, Edouard Fuster, hat sich bei dem Präsidenten Budiker genaue Auskunft über Ent wickelung und heutige Lage des Unfall-, Invaliditäts- und AltersverficherungswesenS geholt und rühmt, wie andere seiner Landsleute es gethan, neben der großen Sach- kienatniß und geschäftlichen Tüchtigkeit die persönliche Liebenswürdigkeit des deutschen Vertreters, die manche Eroberungen gemacht hat, und sein leicht umgäng liches Wesen im Kreise der französischen Minister, das dabei ganz fern von allem Bestreben war, die eigene Person in den Vordergrund zu bringen. Er erzählt, daß die nvch Berlin ergangene Einladung zur Theilnahme bei Eröffnung deS Socialmuseum« zuerst abgelehnt worden war uüd dann doch zuletzt angenommen wurde. Daran wird die Vermuthung angekoüpft, daß vielleicht der Kaiser selbst im Vertrauen auf die Sachkunde und die persönlichen Eigenschaften Bödiker'S und die friedlichen Gesinnungen der zur Förderung socialer Verbesserungen hier versammelten Männer die Anregung zur späteren Annahme der Einladung gegeben und dem deutlchen Abgesandten und seiner Sendung damit eine Art diploma tischen Charakter verliehen habe, dem dieser mit seltenem Ge schick und Tact gerecht geworden sei. Es ist erfreulich, dieser freundlichen Würdigung eine« freundlichen Schrittes zu be gegnen. — Noch erfreulicher aber ist das völlige FiaSco des vor einigen Tagen von verschiedenen „patriotischen Ver einen" einberufenen Pariser Protestmeetings gegen den „Gang nack Kiel". Die angekündigte „Monstreversamm- kvng" hatte knapp dreihundert Menschen angelockt. Zieht man von diesen die Comit^mitglieder und deren Gefolge — jeder Pariser Politiker, der etwas auf sich hält, hat jetzt solch ein au« seinen „Jüngern" oder „Clienten" bestehendes Gefolge, ohne da« er sich bei feierlichen Gelegenheiten nie öffentlich zeigt und da« ihn vielfach auch als Ehrenescorte tzei seinen Gänge» durch „seine" Stadt begleitet —, zieht »an, wie gesagt, von den knapp dreihundert Protestlern die Eomitsmitglieder und deren Gefolge, die ZeitungSbericht- erftatter und die au« reiner Neugierde Gekommenen und endlich die gewohnheitsmäßigen BolkSversammlungsbummler aib, so bleibt al« „Volk", da« in patriotischer Ent rüstung protestiren sollte, so gut wie nicht« übrig. D« sechs Deputaten, welche der Versammlung ein besonderes Relief geben sollten, waren von der Claffe derer, die kein Mensch ernst nimmt: radikal - soci-listisch boulangistische „Patrioten", die au« dem Randaliren ein Gewerbe machen und von Tellercollecten bei Volksversammlungen und von schauderhaft kriegerischen Zeitungsartikeln (die braven Leute -viffen ganz genau, daß ihre Harlekinaden den Frieden weder V Tonern noch nach außen gefährden) leben. Ueber die Mttrüstuugsreden und Revanche-Resolutionen deS Meeting« An Wort zu verlieren, wäre verlorene Mühe, selbst die Ugri/er Prüfe Hai, abgesehen von sehr geringen Ausnahmen, Har keine Notiz davon genommen. Deutsches Ateich« O Berlin, 7. April. Die „Nordd. Allgem. Ztg." batte be- s-«klich dieser Tage die auch dem ,/öripz. Tagebl." iw« ihrem Berliner tztz. - Eorrespondenten telegraphisch «meldete Nachricht dementirt, daß «in« Aendernng des bisherigeu System« der Colonisation n> Posen und Westpreußen geplant fei. Wie unbegründet diese« Dementi de« sich officio« grberdendrn Blatte« war, ergiebt sich au« der Mittheilung der „Post", daß es im Plane der preußischen StaatSreg,erung liege, an dem An- siedelungSgesetz von 1888 eine Aenderung vorzunehmeu. Nur werde diese nicht grundsätzlich umgestaltender, sondern ergänzender Art sein. ES handle sich darum, die Wirkung de« Fond« im Sinne de« Schutze« de« Deutsckthum« in den Ostmarken nicht abschwächen zu lassen, sondern zu ver stärken. Der Hundertmillionenfonds solle auch zum An kauf von solchen Gütern mit Verwendung finden dürfen, die nachher al« Staatsdomänen verwaltet, also al« Großwirthschaften verpachtet werden könnten. Diese Mit- theilung der ..Post" wird auch der „Nat.-Liberalen Corresp." al- richtig bezeichnet, welche hinzufügt: „Anderer seits bat, wie erinnerlich, der StaatSrath die Frage der inner» Colonisation im Ganzen aufaerollt. Die Wahr scheinlichkeit spricht dafür, daß auch nach dieser Seite bin Vorbereitungen im Gange sind, die eine Bereit stellung von Staatsmitteln bezwecken, damit auch außerhalb de« polnischen IavasionSgebiete« größere, also in deutschem Besitz befindliche Güter in Renten güter u. f. w. umgewandelt werden können. Mau würde sich aber, wenn diese Pläne reifere Gestalt gewinnen sollten, zweckmäßiger Weise wohl auf einige ostelbische Provinzen, etwa Brandenburg und Pommern, beschränken müssen, um nicht allzu sehr in« Weite zu gerathrn." * Berlin, 7. April. Die kürzlich au-gegebene Officier- Bekleidungsvorschrift ist maßgebend für die Officiere und SanitätSofficiere de« activen Heere«, sowie bei Ein berufungen oder Erscheinen in Uniform für die Officiere und SanitätSofficiere deS Beurlaubtenstandes, zur Disposition und außer Dienst. Der znuächst zur Ausgabe gelangte erste Theil enthält die AnzugSbestimmungen, bei denen acht Anzugs arten unterschieden werden, nämlich Dienstanzug, kleiner Dienst- anzug, Paradeanzug, kleine Uniform (früher meist Gesellschafts- anrug genannt) und vier verschiedene Anzugsarten für daö Erscheinen bei Hofe. Al« Neuerung ist hervorzuhen, daß beim Dienstanzug von allen Osficieren der Fußlruppen stets Stiefelhosen und hohe Stiefel angelegt werden müssen, auch dann wenn die Mannschaften die Hosen über den Stiefel tragen. Aus den Anzugsarten ist zu ersehen, daß bei den Husaren lange Tuch hosen überhaupt nicht mehr getragen werden; für sie giebt eS nur noch Stiefelhosen und Husarenstiefel einschließlich aller Anzüge für Hoffest«. Bei den Kürassieren wird der Küraß nur noch bei Paraden und Escorten angelegt. Nach den Erläuterungen zu den Anzugsarten dürfen bei Paraden während der Aufstellung und beim Vorbeimarsch keine anderen Augengläser als Brillen getragen werden. Weiter dürfen Hemdenkragen, Manschetten» Uhrketten nicht sichtbar sein. Bemerkenswerth ist, daß zur Feldausrüstung der Officiere das Tragen der Kartentasche sreigestellt ist. Zur Feldausrüstung muß jeder Officier einen schilffarbrnen Helm Überzug haben. Die Officiere und SanitätSofficiere deS Beurlaubten standes müssen außer bei Einberufungen Uniform anlegen bei jeder dienstlichen Veranlassung, bei allen Festlichkeiten in Gegenwart deS Kaisers, insofern nicht der Einzelne Veranlassung hat, in Hof-, Beamten-, Stände-, Orden«-(Johanniter- oder Malteser-Mniform zu erscheinen, bei Aufstellungen von Militair- und Krieger- vereinen ; bei den officiellen kameradschaftlichen Vereinigungen im Officiercorps des Beurlaubtenstandes, insofern nickt der Bezirkscommandeur in einzelnen Fällen eine Ausnahme gestattet. Die Uniform kann angelegt werden bei den von den Kriegervereinen veranstalteten und sonstigen vater ländischen Festen, sowie bei der eigenen Trauung. Da« Anlegen von Civilkleide rn ist den Osficieren jetzt auch während deS CommrndoS zur Militair- Turnanstalt zu dienstlichem Radfahren im Gelände (Rad fahreranzug) gestattet. Bei Urlaubsreisen war dies auch schon früher der Fall, jedoch ist für diese die Beschränkung eingetreten, daß den activen Osficieren und SanitätSofficiere», welche stets bei Pferderennen als Reiter wie Zuschauer Uni form tragen müssen, auch auf den Reisen zum Rennen das Tragen von Civilkleidern verboten ist. Tie SanitätS- officiere (Militairärzle) dü^en jetzt außer Dienst stets Civil tragen. Früher war die betreffende Bestimmung mit der Bemerkung versehen, den Sanitätsofsicieren sei daS außerdienstliche Tragen der bürgerlichen Kleidung zu ge statten, um sie in der Ausübung von Civilpraxis nicht zu behindern. (Schl. Z.) — Der Kaiser traf heute früh 8^/4 Uhr aus Kiel wieder hier ein und empfing um 11*/, Uhr den bayerischen CultuS- minister von Landmann, sodann um 11^/4 Uhr den außer ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister vr. Krüger, den Referenten im Proceß Leist, in Audienz. — Wie der „Kreuzztg." mitgetheilt wird, dürfte sich die Anwesenheit de« Kaiser« Franz Josef bei den diesjährigen in der Nähe von Stettin abzuhaltenden Manövern auf die Zeit vom 3. bi« 8. September erstrecken. — In der französischen Zeitung„Le Matin" vom S.März 18SL wird behauptet, daß sich tue deutsche Heeresverwaltung eine- von dem französischen Oberst Dsrus vor einigen Jahren erfundenen Säbel-Modells unter Nichtachtung der Reäste de« Genannten bemächtigt und mit diesem Säbel die preußische Cavallrrie bewaffnet habe. Diese Nachricht ist, wie der „ReichSanreiger" mittheilt, völlig unzutreffend. Der fragliche Sabel ist nicht einmal zu Probeversuchen berangezogen, geschweige denn Lei der preußischen Cavallrrie eingrfuhrt worden. — Wie die „Berliner Neuesten Nachrichten" hören, ist der Bremer Lloyddampfer „Kaiser Wilhelm" dazu bestimmt, bei der EröffnungSfahrt durch den Nordostse«»Caual dem Kaisrrschiffr zu folgen. — Bei den Handelsvertrags-Verhandlungen zwischen Deutschland und Japan sind laut der „Wefer-Ztg." be sonder- die Eisenzölle streitig. — An den Fürste» Bi-marck ist vom AuSschuffe der Deutschen Colonialgesellschaft am 1. April folgende« Glückwunschtelegramm abgesandt worden: „Die deutsche Lolonialgrsrllschaft bringt Euer Durchlaucht au dem heutige» denkwürdig»» Tage die iouigstru Glück- und Segen-Wünsche dar und verbindet damit den ehrfurchtsvollsten »iesemvsundeueu Dank für die bahnbrechende Unterstützung, die Euer Durchlaucht den colonialen Bestrebungen de- deutlchen Bolkr« stets gewährt haben." — Angesicht« der letzten Vorgänge im Reichstage wird an eine Arußeruog de« Ceatrum-abgeordaeteu Baudri an der Abgeordnetenhaus-Sitzung vom 7. Februar 1874 erinnert: „Daß 1886 die Rhen,Provinz, obgleich sie gänzlich von Truppen entblößt war, dennoch ihre Treue gezeigt hat, verdient wohl eine Anerkennung." Also dieselbe Partei, die jüngst dem größten Manne für unendliche, dem Vaterlande geleistete Dienste einen Glück wunsch zum Geburtstag versagte, verlangte derzeit dafür, daß die rheinischen Söhne sich in schweren Stunden der Gefahr nicht vom Vaterlande lo-sagten und nicht revoltirten, eine öffentliche Anerkennung im Abgeordnetenhaus«. — In Betreff von Personalverän errungen innerhalb deS Bundes der Landwirthe, von denen letzthin die Rede war, meldet die „Kreuzztg": „Am Bunde der Landwirthe treten demnächst die Leiter der „Preßabtbeilung", vr. R. Gebe! und I. Hoffmann, sowie die Leiter de« „Statistischen BureauS", vr. ZakrzewSki und vr. Thies, au«. 0r. Gebe! übernimmt die politische Leitung des „Local-AnzeiaerS". Anscheinend wird eine Neuorganisation der wissenschaftlichen Abtheilungea deS CentralbureauS de« Bunde- beabsichtigt. Jedenfalls wird damit nicht — wie freisinnige Blätter andeuten — eine politische Frontveranderung ve« Bunde- bezweckt." — Herr Richter erklärt in der „Freis. Ztg ", seine be kannten Aeußerungen ans dem in Berlin abgehaltenen frei sinnigen Parteitage (daS Cent rum wäre als Vorkämpfer für die Toleranz und heftigster Gegner jeder Unterdrückung des Glaubens und dcS Zwanges der Gewissen groß geworden seien in dem Berichte des „Bert. Tagedl." schief wieder gegeben. Er habe betont, daß die CeutrumSpartei gegenüber der früheren kirchenpolitischen Gesetzgebung einen großen Theil der katholischen Wählerschaft auf ihre Seite gebracht habe, unter der Vorstellung, daß jene kirchenpolitische Gesetz gebung die Glaubensfreiheit und die kirchlichen Freiheiten bedrohe. Jetzt aber biete die CentrumSpartei selbst in der Umsturzvorlage die Hand zur Unterdrückung der freien Meinungsäußerung über religiöse und kirchliche Dinge durch die Machtmittel des Staates. — Bei der Neuconstituirung des Wahlvereins der Deutsch-Couservativen wurde Frhr. v. Hammerstein nicht in den Gesarnmtvor stand gewählt. DaS Gerücht, er werde i» der nächsten Zeit nicht nur von der Leitung der „Kreuzzeitung" zurücklreten, sondern auch aus dem politischen Leben anSscheiden. erhält dadurch eine Verstärkung. — Die Frankfurter „Kl. Presse" behauptet übrigens, daß ihre Behauptungen über Fryrn. v. Hammerstein auf die Mit theilungen von Leuten zurückzuführen seien, die diesem auch jetzt noch politisch nahe ständen. — Geheimer Legationsrath Prof. vr. Aegidt. früherer Mit- arbeiter des Fürsten von BiSmarck, vollendet am 10. April sein 70. Lebensjahr. — Dem Tenats-Präsidentei, Geheimen Ober-Iusliz-Ratb Nessel hiersrlbst ist bei seiner Versetzung in den Ruhestand der Eharakter als Wirklicher Geheimer Ober-Justiz-Rath mit dem Range eines RathS erster Elaste verliehen worden. — Der preußische Landwirthschaftsminister hat neuerdings Staatsmedaillen in Bronze und Silber mit Fischerei- Emblemen und der Inschrift „Berdienst um dir Fischerei" prägen lasten, die bei öffentlichen Ausstellungen als Anerkennung für Leistungen auf den, Gebiete der Binnen- und Seefischerei ver- liehen werden sollen. " Tanztg, 5. April. Oberbürgermeister vr. Baumbach hat bei seiner letzten Anwesenheit in Berlin dem Kriegs- minister einen längeren Vortrag über die Entfestigung DanzigS gehalten, um über die Lage der Sache einige In formation zu erhalten. eS konnte ihm aber nach der „Danz. Zeitung" nur mitgetheilt werden, daß eine definitive Ent scheidung noch nicht ergangen sei. * Rendsburg, 6. April. Die Minister Or. von Boelticher, von Koller und von Hammerstein trafen in Begleitung de« Oberpräsidenten von Steinmann, der Mitglieder der Canal commission und mehrerer sonstiger Beamten zur Besichtigung der Brückenaulagen am Nord-Ostsee-Canal hier ein. Nach der Besichtigung wurde in dem BabnhofShotel daS Frühstück eingenommen, hierauf erfolgte die Rückkehr nach Berlin. * Hamburg, 7. April. Dem Commandauten des Ham burger Schnelldampfers „Normannia", H. BareudS, welcher, wie gemeldet, am 31. März unter den schwierigsten Verhält nissen die auS 31 Personen bestehende Besatzung deS englischen Schiffes „Arno" vom Tode deS Ertrinkens rettete, ging aus Kiel daS folgende Telegramm zu: „Zu der mit ausdauerndem Muthe glücklich durchgeführten Rettung der Besatzung d«S englischen Schiffe- unter erschwerenden Umständen spreche Ich Ihnen Meine vollste Anerkennung ans. (grz.) Wilhelm I. »." s AU»«a, S. April. Wegen Majestät-beleidigu»- ist hier ein junger Manu, der Sohn eiaeS Telegraphen- beamteu, verhaftet worden, der seit Jahren Schmähbriefe und Schmähpostkarten an den Kaiser abgesandt baden soll. Der Verhaftete stand im Begriff, io Altona al« Einjähriger einzutretra, als die Entdeckung durch seine Handschrift er folgte. Er hatte schon al« Gymnasiast Schmähkarten ver sandt. Vermuthlich handelt e« sich bei ihm um eiue krank hafte Anlage. * P»se», 8. April. Die erweiterte BereinSleitung de« Verein« zur Förderung de« Deutschthum« hält am 17. d in Graudenz eine Sitzung ab. Aus der Tagesordnung steht unter Anderm die Frage der Begründung einer Laudvank. * Detmold, 6. April. Folgende Erklärung wurde von der Mehrzahl der Mitglieder de« Landtage« dem Ministerium mitgetheilt: „An Fürstliche« CabiortSministrrium richten di« ergebenst unter- zeichneten LandtagSabgeordaetrn dir Erklärung, daß sie, ohne dadurch die auf Anordnung Sr. Durchlaucht de« hochseligen Fürsten Woldrmar vom 15. Oktober 1890 eingesetzte Regentschaft al« zu Recht bestehend aarrkeaaeo, lediglich in der Absicht eine für die schwebend« Frage vielleicht bedeutungsvolle Botschaft zu ver nehmen, der Einladung in da« Fürstliche Rrsideazschloß Folge leisten, sich aber gegen irgend welche rechtliche Folgen au« diesem Schritte verwahren und aller etwa gewünschten Aeaßernagen über die Einsetzung der Regentschaft sich enthalten werden. Detmold, den 4. April 1895." Die nicht Unterzeichneten Abgeordneten wollten sich, nach der „Rh.-W.-Z.", überhaupt mcbt in daS Restdenzschloß be geben. — Graf Ferdinand zur Lippe-Biesterfeld bat jetzt auch an den BundeSrath einen Protest gegen die Regentschaft deS Prinzen Adolf gerichtet. Atteubnr-, 7. April. Im nördlichen Lheile de« West" kreise«, welcher den 6. ländlichen Wahlbezirk bildet, sind al« Land- tagSabgeorduete gewählt worden: Mühleabesitzer Lehn in PeterSberg, Gutsbesitzer Häcker in Tünschütz, Holzhäudler Opel in HermSdorf und Gutsbesitzer Prager in XleiueberSdorf. Mit Ausnahme de» zuletzt genannten Herrn gehörten die Gewählte» be- retts dem Landtage an. Die Socialdemokraten, welche auch im Westkreise eine lebhafte Agitation entfaltet haben, sind «uter- legen. * Tt. Johann, 6. April. Die höhere katholische Töchterschule der Ursuliuerinnen in St. Johann ist vom Ministerium genehmigt worden. (Köln. BolkSztg.) " Straßburs, 6. April. Der Grobherzog von Baden traf heute Mittag zu einem kurzen Besuche des Statthalter« hier »in und reiste um 4 Uhr Nachmittags wieder nach Karlsruhe zurück. Oesterreich 'Ungar». * Wien, 7. April. Fürst Wilhelm von Monteuuovo, Sohn der Erzherzogin Maria Louise au« deren morganatischer Ehe mit dem Grafen Neipperg, ist gestorben. * Wien, 6. April. Nach Meldungen der Abendblätter auS Triest hat der Bischof Glavina Rundschreiben erlassen, in welchen er den KleruS von Istrien ermahnt, bei den bevorstehenden Landtag-Wahlen jegliche politische Agi tation zu unterlassen und namentlich jede Beeinflussung von der Kanzel herab zu vermeiden. * Graz, 6. April, vr. Chrysander hat in einem hier eingetroffenen Schreiben wiederholt, daß Fürst Bismarck sich freue, die Steiermärker zu Ostern empfangen zu können. Der Grazer Vollzugsausschuß stellte fest, daß der Obmann des Ausschusses an der Spitze der Steiermärker an den Altreichskanzler eine Ansprache richten solle. Der Ehren- >ocal wird von einem Herrn auS der Untersteiermark mit teierischem Wein gefüllt und von einen, Herrn auS der Ober- teiermark dem Fürsten mit einem passenden Spruche über reicht werden. * Prag, 6. April. In einem Rundschreiben an die Orts vorstände droht das Bezirksamt zu Smichow mit den strengsten gesetzlichen Maßnahmen, falls darin fortgefahren wird, auf den doppelsprachigen Anschlägen der Be hörden den deutschen Text zu beseitigen oder zu ver unstalten nnd bloß die tschechische Hälfte zu veröffentlichen. * Pest, 6. ?lpril. Die Blättermeldungeu über einen bevor stehenden Wechsel in den Justiz- und CultuSporte« feuille- werden vou dem „Ungarischen Correspondenz- Bureau" als vollkommen erfunden bezeichnet. Ein Gleiche« gilt von der Behauptung, daß principielle Zoncessionen betreffs der kirchenpolitischea Gesetzentwürfe be vorstünden. Italien. - v * Rom, 8. April. Der „Osservatore Romano" bespricht den Beschluß der vierten Section de« Staats- rat heS, durch welchen das Decret vom 20. September 1894 aufgehoben wird, das die Umwandlung des Katechu- menenhoSpizeS und die Beschlagnahme der Güter desselben angeordnet hatte, und rühmt ihn als einen Act höchster Gerechtigkeit. Dänemark. * Kopenhagen, 7. April. Die Kaiserin-Wittwe von Rußland wird gutem Vernehmen nach am Dienstag um 1 Uhr 30 Minuten mittelst SonderzugeS über Gjedser von hier abreisen. — Ja Warnemünde besteigt dieselbe den neu- gebauten russischen Kafferzug und setzt mit diesem die Reise nach Petersburg fort. (Fortsetzung in der 1. Beilage.- Langsam gingen sie den Weg, den sie gekommen, zurück. Still und einsam lag der Park. Nur hier und da kreuzte «« vereinzelter Spaziergänger ihren Weg. Eine Weile schritten sie stumm neben einander. „Erzähle mir ein wenig von Deinem Leben, Madeleine", fing Gafton de St. Sauveuer von Neuem das Gespräch au. „Davon ist wenig zu sagen. Mein Leben ist ruhig und still und spinnt sich fast immer in denselben äußeren Formen ab. Ein wenig häusliche Arbeit, Lectüre, Musicieren und Spazieren geben." „Aber Ihr habt doch lebhaften gesellschaftlichen Verkehr bei der Stellung deS Obersten!" „Einladungen kommen freilich geuug. Aber der Onkel liebt geräuschvolle Vergnügungen nicht und wenn er irgend kann, sagt er ab, oft sehr zum Aerger Elsa'«, die am liebsten alle Tage —" „Sein Beruf nimmt ihn wahrscheinlich viel in Anspruch? " unterbrach sie ihr Begleiter. „Sehr viel, besonder» in letzter Zeit." „Besonders in letzter Zeit?" ES lag ein Ausdruck un verkennbarer Spannung in dem Ton seiner Stimme. „Ja. Oft arbeitet er bi« spät nach Mitternacht in seinem Zimmer." Zn einer unwillkürlichen Bewegung beugte sich der Franzose weit vor, um der neben ihm Schreitenden besser in« Gesicht sehen zu können. „So? Wahrscheinlich sind e« private Arbeiten, ich meine militair-wiffenschaftliche Aufsätze, die der Oberst für Fach zeitschriften schreibt?" Madeleiae zuckte die Achseln. ,(Davon habe ich keine Ahnung." Ein Ausdruck von Aerger und Ungeduld huschte über de« Franzosen Gesicht. „Spricht er denn im Kreise seiner Familie nie von seinen Arbeiten und von Fragen seine« Berufe«?" „Sehr selten. E« würde un« ja doch nur langweilt». Manchmal bringt Herbert, der sich dafür interesfirt, die Rede auf militairische Dinge, zum Beispiel gestern." „Gestern?" Dem hastigen AuSrus folgte eine Pause. HM langsam die Frager „Wovon sprachen sie — erinnerst Du Dich nicht?" Madeleine dachte einen Augenblick nach, daun sagte sie: „Sie sprachen von einem neuen Plan, mit dessen Aus arbeitung mein Onkel beschäftigt ist." „Von waS für einem Plan?" „Von einem Mo — wie hieß eS doch gleich —?" „Von einem MobilisirungS-Plan?" warf er lauernd ein. „Ja, ganz recht, jetzt erinnere ich mich. Mein Onkel er zählte, daß er an einem neuen MobilisirungS-Plan des Armee korps, dessen Generatstabschef er ist, arbeite. Die Arbeit sei eine sehr dringliche." Sie waren am Rande des Parke- angrkommen. Madeleine blieb stehen, um sich zu verabschieden. Aber Gaston de St. Sauveur achtete nicht darauf. „Diese Arbeit ist eS wahrscheinlich, die die Nächte deS Obersten in Anspruch nimmt?" sagte er, da- Gespräch fort setzend. Sie erwiderte nichts. „Meinst Du nicht, Madeleine?" „Ich weiß nicht." „Aber kommst Du denn nie in das Arbeitszimmer Deine« Onkels?" „Doch. Else und ich wischen zuweilen den Staub veu seinem Schreibtisch. Er leidet eS nicht, daß daS Dienst mädchen seine Payiere berührt. Es sind Wohl oft wichtige Sachen darunter." „Natürlich, da« läßt sich denken. Aber die Cousine und Du —" e« war rin etwa« erzwungene« Lächeln und «in gekünstelter Scherzt»» — „seid Ihr denn gar nicht ne»- gierig?" „Nicht in Bezug auf Dinge, die un« nicht intrressiren aber nun muß ich wirklich eilen —" Sie reichte ihm die Hand, die er nahm und in der seintn frsthielt. Er sah ihr eine Weile forschend in die Angen, während sie unruhig von einem Fuß aus den anderen trat. „Madeleine, ich habe noch ein« Bitte an Dich", sagte «r dringlich. ,Mun?" ^E« interesfirt wich, als Soldat iuteressirt e« mich, zu wissen, mit welchen militairischen Fragen sich der Oberst be schäftigt. ES ist Neugierde von mir, nicht die gewöhnliche, müßige Neugierde, sondern sozusagen die Neugierde deS Fach mannes. Es reizt mich, einmal gleichsam einen Blick in daS Studierzimmer eines deutschen Officier« zu werfen. Willst Du Dir nicht mal die Aufschriften auf den Papieren Deines Onkels ansehen?" Es war ein ängstlich forschender Blick, der diese Worte begleitete, und in seinen Mienen verrieth sich gespannte Er wartung. Madeleiire aber war zu sehr von ihrer Unruhe beherrscht, als daß sie diese Wahrnehmung hätte machen und über daS, waS er von ihr forderte, Nachdenken können. „Gern, wenn ich Dir damit einen Gefallen erweisen kann", entgegnrte sie zerstreut, ganz von dem Gedanken in Anspruch genommen, welche Bedeutung man wohl zu Hause ihrem langen Ausbleiben beimefsen werde. Seine Augen leuchteten blitzartig und er drückte ihr mit einem sonderbaren Ungestüm die Hand. „Adieu, Madeleine! Dielen Dank, daß Du gekommen! Wenn unS nicht irgend eine andere Gelegenheit früher zu sammenführt, so erwarte ich Dich hier in acht Tagen, zur selben Stunde. Adieu! Noch einmal: sei guten MuthS und vertraue auf die Zukunft!" Er haschte nach ihrer Hand und wollte sie mit einer raschen Bewegung an sich ziehen, aber sie riß sich geschickt von ihm loS nnd eilte flüchtig davon. Sie mochte noch kaum hundert Schritt zurückgelegt baden, als Herbert plötzlich binter ihr austauchte. Als er sie er blickte. stieß er einen Laut der Ueberraschung au». „Du, Madeleine? Allein?!" Sie schrak heftig zusammen, faßte sich aber schnell und entgeanete mit unmotivirter Heftigkeit. „Bin ich denn ein Kind, daß ich nicht einmal ein paar Schritte allein gehen kann?" Er sah sie eine Weile schweigend und forschend an. „Rathe mal", sagte er dann langsam, während er seine Blicke unausgesetzt auf ihrem Gesicht verweilen ließ — „rathe einmal, wen ich soeben getroffen habe!" Sjx zuckt« mit den Achsnn und bemühte sich, ein« gleich- giltige Miene Hu zeigen, während ihr doch das Herz in un gestümen Schlagen pochte. „Den Pariser, Herrn barcher, beantwortete sich Herbert selbst und fuhr dann lauernd, mit mißtrauischem Blick fort: „Solltest Du ihm nicht auch begegnet sein, Madeleine?" „Nein", stieß sie mit Anstrengung hervor, während sie ihx Gesicht von ihm abwandte und eiue heiße Röthe auf ihren Wangen brennen fühlte. „Merkwürdig", sagte Herbert und sah sie argwöhnisch von der Seite an — „Ihr kämet aus derselben Richtung und müßt dicht an einander vorbeigezangeo sein." „Laß mich!" brauste Madeleine heftig auf, ärgerlich über seine Hartnäckigkeit und zugleich in der unwillkürlichen Ab sicht, ihre Verlegenheit zu maSkiren — „ich dulde nicht, daß Du mich verhörst wie eine Verbrecherin, die vor ihrem Richter steht." ^ Ein Gemisch von Scham und Zorn arbeitete in ihr; sie zürnte sich selbst, am meisten aber Gafton, der sie in eine so peinliche, unwürdige Lage versetzte und sie zwang, lügen und heucheln zu müssen. „Aber sei doch nicht gleich so heftig", besänftigte Herbert eingeschüchtert. „Ich glaube Dir ja, wenn Du eS sagst. Ich habe ja gar keinen Grund, an Deinen Worten zu zweifeln. Verzeihe mir, wenn ich Dich unabsichtlich gekrankt haben sollte." Seine Stimme klang weich und bittend, und als sie jetzt, ihr Gesicht wieder herumweudeud, zu ihm aufblickte, sah sie seine Augen mit einem so flehenden, innigen Ausdruck auf sich ge richtet, daß eS warm in ihr aufwallte und Zorn und Unmuth io» Nu schwanden. Und plötzlich zuckte ihr der Gedanke durch den Kopf, sich ihm anzuvertrauen, ihm Alle« zu sagen, di« ganze, volle Wahrheit. Aber diese Regung schwand blitz artig, wie sie gekommen. Wäre «S nicht eia schnöder Berrath an Gaston gewesen, an der alten, herzlichen Freundschaft, die sie mir dem Iuaendgespirlen verband? Schweigend, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt, legten Herbert «nd Madeleine den Weg nach Hanse zurück. (Forts«»»», folgt.)
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