Suche löschen...
01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.05.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950507010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895050701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895050701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-07
-
Monat
1895-05
-
Jahr
1895
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis » d« vd« de, t« Stttdt. lx^rk und den Vorvrten errichteten Aa«. -abestellmvierteljährlich ^l4.ÜO, btt zwttnialiaer täglicher Zustellong tn« hau« 550. Durch di« Post de,oaea sür Deutschlaud and Lesterrttch: vierkrliädrlich 6—. Ltrectr »glich» Kreuzbaudsenvu», ta» Liülaad: monatlich 7.50. Dt» Morgen-Au-gabe «rschttnt täglich mit Aus nahme Nack Tonn» und Festtagen '/,7 Uhr, dt» Abend-LuSgab« Wochentags 5 Uhr. Nedarlio« und Erprditto«: Jahannesgafie 8. DteErvedittou ist Wochentag« ununtrrbrochea g»«M»«t von früh 8 dt« Abend« 7 Uhr. Filialen: vtt» Me»«'« Sortim. <Mfretz Hahn), UniversitätSstraße 1, Laut« Lösche, Katharine» str. 14, pari, und KSnia«pla- 7. Morgen-Ausgabe. NWgtrIagMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeilr NO Pfg. Reklamen unter dem R»daction«strich (4ge- spalten 50^j, vor d«n Aamiltennachrichten >6 gespalten) 40^. Größer» Tchrüten laut unserem Preis, vnzttchotß. Tabellarischer und Ziffern! atz nach höherem Tarif. Eptra »Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen. Ausgabe, ohne Postbeförderung Sk—, mit Postdesorderung -M 7L—. ^uuahMschluß für Anzeigen: (nur Wochentag«) Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Margen-Ausgabe: Nachmittags 41U>r. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richte». Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. ^ 224. DienStng den 7. Mai 1895. 89. IahrgaU Amtliche Bekanntmachungen. Die städtische Sparkasse ««leiht Wert-pa-iere unter güustigrn Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1885. Dte Spareaffen-Deputation. Viebstahls-Sekanntmachung. ^ Gestohlen wurden laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine 3reihtge Helle Eorallevkette mit goldenem Schloß, ein »rethige« Corallenarmbaud mit goldenem Schloß, beides m einem Etui, ein goldene« tk-llier mit Medaillon-Brosche mit großer Perle, eine Porzellanbrosche in Goldfassung mit ein. gebranntem Damenbild und eine Grauatnadel in Hufeiseusorm, mit Goldfassung, am 30. v. M.; 8) 2 japanische Schwerter ohne Scheiden, ca. m lang, mit geraden, mit Fischhaut überzogenen Griffen, eine Wanduhr mit NußbaumgehLuse, ca. 1 m hoch und m breit, mit silbergrauem Mrtallziffrrblatl, durchbrochenen Zeigern, am Gehäuse mit gelben Metallverziernngen, darunter 2 Frauengrstalten, vom 25. bi« 27. v. M.; 3) ein dunkelgrauer Sommernberzieher mit einer verdeckten Reihe Hornknüpse, am 28. v. M.; 4) ein Leiter-Handwagen, 4rädrig, blau gestrichen, mit einem reparirten Hinterrad, am 22. v. M.; 5) ein -trädriger Hand-Rollwagen» ungestrichen, mit ge» schweistem Boden, Anfang v. M.; 6) 2 Persianer-, 5 Skunks- und einige andere Aelle, seit Anfang v. M, Etwaige Wahrnehmungen über den Verblieb der gestohlene« Gegenstände oder über den Thäter sind ungesäumt bei unserer Eriminal-Abtheilung zur Anzeige zu bringe«. Leipzig, den 6. Mat 1895. Das Poltz eiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml. Lekanntmachung. In unserem Firmenregister sind zufolge Verfügung vom 22. April 1895 am 28. April 1895 folgende Firmen mit dem Sitz in Dommitzsch eingetragen worden: unter Nr. 23: „T. Walther", Inhaber Kaufmann Traugott Walch er iu Dommitzsch; unter -kr. 84: „L. 8. Gräbner", Inhaber Fräulein Emilie »räwwr zu Dommitzsch. Ferner ist bet der unter Nr. 5 (früher Nr. 126 de« Register« des Amtsgericht- Torgan) eingetragenen Firma: „E. F. Gräbner" tn Spalte S vermerkt worden: Dte Firma ist durch Erbgang auf Fräulein Emilie Gräbner übergegangrn, vergleiche Nr. 24 des Firmenregisters. Ein» getragen zufolge Verfügung vom 22. April 1895 am 23. April 1895. Dommitzsch, den 23. April 1895. Königliches Amtsgericht. ^errtlietier LeLirkZVvrein I u »w vienstnx, Sen 7. Aal 1895, Ldevds 6 vstr iw Laale dvr eretso Lllrxvmobnle. Tnxeeordonnr: l. Xvtrns des 8tLnä«s»u^bus«a, dis Sntruueeu kür da« Seiüsd«- und Lbrvogsriebt betr. II. Wall der Xbxoordllktsu ruw XXIII. voutooben Xorate- tazxe, «ovie swas Ili^Iied» ttlr deu krüllwLsaussedus« der luvalideu-Veroorseunxsoa»»«. Hl. Xotrk^s, dis VertzLsotüobiuU der Serielle über die Ver- aawwluoxeu betr. Vr. Letnre. Klerikale Umstürzler in Ungarn. L L. In dem Kampfe gegen den Umsturz und für Religion, Sitte und Ordnung behaupten die Ultramontanen immer und überall in vorderster Reihe und die zuverlässigsten Kämpfer zu fein. Daß es aber gerade die Ultramontanen verstehen, in einer aller Religion, Sitte und Ordnung Hohn- sprechenden Weise und mit einem Geschick, das die Social demokratie mit Neid erfüllen könnte, den Umsturz zu fördern, zeigt daS Vorgehen der „katholischen Volkspartei" in Ungarn, wie eS auf Grund eigener Arsckauung von H. v. Ensian in seiner soeben erschienenen interessanten Schrift „Klerikale Umstürzler, eine Studie zur Geschichte der ultramontanen Volkspartei in Ungarn" (Berlin 1895, Rosen» bäum L Hart. 1 anschaulich geschildert wird. Ein Vorkämpfer dieser „Volkspartei" hat selbst erklärt: „Vor un« siebt daS Beispiel Deutschlands, wo da» katholische mit Erfolg auf- wo die katholische zur Geltung kommt." Die Partei lehnt sich also an auswärtige ultramontane Vor bilder an, wie denn auch ihr Programm „aus Niederöster- reich uud Böhmen nach Ungarn verschleppt ist". Während die Regierung in dem Gesetze über die Civilehe nur da« Recht de« Staates wahren und nicht in di« Lehren der Kirche einareifen will, während sie mit Wort und That ihre versöhnliche Gesinnung bezeugt, während auch die Protestanten zum Beispiel in Pest erklärten: „obgleich die Einkünfte der Kirche durch diese Gesetze eine Einbuße erleiden, machen uns dieselben doch nicht bange, denn wir vertrauen auf die Religiosität unserer treuen Gläubigen", setzen die ultramontanen Wühler Himmel und Erde in Bewegung und thun nicht andere«, als ob da« Christenthum und die Re ligion selbst in Gefahr sei. Sie ereifern sich darüber, daß dem Sacrament der Ehe durch die neue Gesetzgebung Abbruch geschieht: den eigentlichen Grund ihre- Widerstreben- aber verschweigen sie, nämlich den. daß durch di, Civilehe da« Ansehen der Priester und vor Allem ihre Einkünfte geschmälert werden! Unter den Führern der „Volkspartei" ist der Graf Ferdinand Zichy eine besonder- interessante Erscheinung, zumal er nach berühmten Mustern — vergleiche GörreS und Ile. Lieber — in späteren Jahren die Kapuze über die Iacobiaermütze gezogen hat. Der seiner Zeit wegen seine« Liberalismus mit Kerkerhaft bestrafte, seines Magnatentitels und seiner KLmmererwürde beraubte, au« den Listen deS Adels gestrichene, mit Franz DSak für die Trennung von Staat und Kirche begeisterte ehemalige FortschrittSmann „büßt jetzt, tiefschwarz gekleidet, daS „Hochroth" seiner sündigen Vergangenheit. Der Gedanke zur Gründung dieser „katholischen Volks partei" wurde zuerst auf dem Pester Katholikentag, am 16. Januar 1894, wo aber noch der versöhnende Emfluß deS FürstprimaS VaSzarh vorherrschte, gefaßt. Dort machte man der Priestrrschaft und den Laien die Sammlung der katholischen Streitmittel zur Pflicht, welche denn auch bald mit der aller- wärtS bekannten ultramontanen Rührigkeit ins Werk ge setzt wurde: „Zahlreiche katholische Parteiblättrr entstanden neu und der Ton der vorhandenen vergröberte sich merk lich. Die folgenden Monate riefen zu Dutzenden katholische Clubs in- Leben, Institute, an deren Nothwendigkeit bisher Niemand gedacht. Man wird nicht fehigehen, wenn man die Zahl derselben heute auf über hundert schätzt. Endlich bildeten sich ständige Commissionen zur Veranstaltung von Katholikenversammlüngea nach dem Pester Beispiel und zur Berathung weiterer katholischer Unternehmungen." Die Re gierung wurde von diesen Kämpfern für „Wahrheit" in der wahrheit-widrigsten und gehässigsten Weise angegriffen. Uud selbst vor Bischöfen machte der Fanatismus der Hetzcapläne nicht Halt. Die maßvoll gehaltenen Hirtenbriefe deS Erz bischofs Samafsa und de- Bischofs Bubics wurden als „gelinde gesagt: scandalöS" bezeichnet» und Letzterem gegenüber hat man bemerkt: „wegen Erlasses eines solchen Hirtenbriefes müsse sich der betreffende Bischof schämen!" Der Pfarrer NicolauS LepsSnyi warf einfach die Frage aus: „wenn der Papst einem König, der die Beschwerung der Kirche und die Beleidigung derselben mit seiner königlichen Autorität gut heißt, sagen würde: ,Du hast Dich der von uns erhaltenen Krone und de- Titels unwürdig erwiesen, wir fordern diese daher kraft der Gewalt, mittels welcher wir sie verlieben haben, wieder zurück'/ — aus wessen Autorität würde sich dann wohl der König stützen?" Für diese ganz im Dienste deS päpstlichen Kirchenrechts gehaltene Ausführung erhielt der Hetzcaplan der „Volkspartei" seine wohlverdienten sechs Monate Gefängniß, aber sein Beispiel wirkte für die Partei nur anfeuernd. In BonyhLd wurde Jeder, der nicht für den uitramontanen Candidatru stimmte, als „Judas" be zeichnet. Der Pfarrer der Gemeinde Bikitye trug den sechs- biß zehnjährigen Kindern in der ReligionSstunde seine Ansichten uiec die Einrichtung der Civilehe vor uud verglich dieselbe mit dem Hengstdepot der Gemeinde! Die Hetzcapläne er klärten bei den Wahlen, daß mit dem etwaigen Siege des Liberalismus der jüngste Tag anbrechen werde. Dann werde, wie der Pfarrer der Gemeinde Perlak seinen andächtigen Zu hörern versicherte, die Zeit des Weibes anbrechen, weiches Johannes der Offenbarer frei mit Namen nennt. Jeder werde ohne Umstände sein Gemahl verlassen und auf den Märkten eine andere Frau kaufen können, wie man Enten oder Gänse kauft, und zwar so oft als »S ihm beliebe. Da mit sollte auf die weibliche Zuhörerschaft eingewirkt werden; den Männern wurde eingeredet, sie müßten sammt uud sonders Juden werden, wenn die kirchrnfeiudliche Regierung am Ruder bliebe. Auch vou der Auferstehung könne nach einem Siege der liberalen Partei keine Rede mehr sein, denn die Frei maurer verbrennten alle Leichname, und somit würden Leib und Seele zugleich in die Hölle fahren! Doch genug! In Ungarn scheint ein Kanzelparagraph sehr nölhig zu sein. Deutsches Reich. LZ Berlin, 6. Mai. Wegen der Wahl in Lennep» Mettmann hat sich zwischen rechtSconservativen und mittel- parteilichen Blättern ein Streit entspannen, der die erfolg reiche Unterstützung der freisinnigen Candidatur durch die Nationalliberalen und die Freiconservativen zum Gegenstände hat. Die „Kreuzzeitung" macht geltend, daß nationalpolitisch zwischen Volkspartei und Socialdemokratie nicht der geringste Unterschied sei, daß die eine wie die andere jegliches Schlimme zu fördern und alles Gute zu verhindern suche; im Reichs tage thue und lasse der volksparteiliche Abgeordnete dasselbe wie der socialdemokratische, und deshalb sei eS unrecht und fehlerhaft, politischen Untergebenen deS Herrn Richter gegen Socialdemokraten zu Mandaten zu verhelfen; e« werde dadurch der Volkspartei der will kommene Schein einer staatSerhaltenden Partei verlieben und sie dadurch gekräftigt. Diese Kennzeichnung der Volkspartei muß als richtig anerkannt werden und ist auch nicht sehr ernsthaft bemängelt worden. Nach dem 23. März, dem geradezu frivolen Verhalten dieser Partei in den Steuer fragen, der fortgesetzten Unterstützung socialdemokratischer Candidaturen, der Parteinahme für die Polen u. s. w. wäre es auch vergebliche Mühe gewesen, den freisinnigen Mohren rein zu waschen oder auch nur für mildernde Umstände zu plaidireu. Nichtsdestoweniger ist man auf niittelparteilichrr Seite dabei stehen geblieben, daß dir Wahl socialdemokratischrr Reichstagsabgeordneter um den Prei« der Vermehrung der Richterffchen Truppe verhindert werden müsse. Und die« mit Recht. DaS social demokratische Programm erklärt dem Bestehenden in allen seinen Formen den Krieg; können auch Hunderttausende von socialdemokratisch Wählenden nicht für dieses Programm in Anspruch genommen werden, die socialdrmokratischen Ab- aeorvnetrn sind trotzdem auf dieses Programm gewählt. Die Anhänger der staatlichen uud gesellschaftlichen Ordnung haben ein starkes Interesse daran, daß die Träger de« Um sturzgedankens möglichst schwach im Reichstag vertreten sind, denn auch die für die socialdemokratischenIdeen nur scheinbaren Wahlerfolge besitzen werbende Kraft. Die Masse läßt sich durch große Ziffern immer imponiren und sie gewöhnt sich, wenn die Socialdemokraten immer stärker in den gesetzlichen Ver tretungskörpern auftrrtea, zwar nicht an da« Programm, aber an dir Partei, und hierin liegt im Falle einer rrvolutioaairrn Action eine furchtbare Gefahr. Die Halt- und Urthrilslosen werden den bekannten, wohl vertrauten und in ihrem Auf treten, namentlich im Vergleich mit den Anarchisten, schließlich gar nicht so blutrünstigen Führern immer unbedenklicher folgen, ohne eine Ahnung zu haben, wohin die Reise geht, und späterhin, wenn die Gemäßigten abgethan, sind diese Elemente entweder mit fortgrrifsrn oder riugeschüchtert und deshalb unfähig, sich den gesteigerten revolutionairen Gräueln zu widersrtzen. Wie'- lehrt die welsche Geschichte! Die platonische Neigung zum Staat, d,e dem Deutschfreismn nachgesagt werden kann, läßt daher noch immer d,e Wahl von Vertretern derselben als daS weniger V-rhangnißvolle erscheinen. Allerdings ist es ein höchst ungesunder Zustand, daß nationalgesinnte und positive Politiker Männer Wahlen, die durch ihre FractionSzugebörigkeit außer Stand gesetzt werden, Anderes als das Gegentbeil von dem zu thun, was ,n, Interesse des Reiches und der Gesellschaft den Wählern richtig erscheint. Und lange wird sich diese Politik, die Schläge mit Lieb kosungen vergilt, nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Wenn kein Wandel in dem Verhalten der Volkspartei cintrilt, werden die Parteiführer vielleicht fortfahren können, die Can- didaten dieser Partei anzuempfehlen, aber die Geführten werden keine Folge leisten. Aber Eine- kommt dem kürzer- lichen RadicalismuS zur Zeit unverkennbar zu Statten. Tie Leitung des Bundes der Landwirthe zeigt sich aus dem besten Wege, in reichspolitischen Fragen daS volkSparteiiiche Beispiel zu befolgen. Die Parole „ohne Kanitz keine Kähne" und die rn Scene gesetzte Demonstration gegen die Bewilligung der Mittel zu einer würdigen Repräsentation Deutschlands ^ gegenüber den Seemächten der Welt sind vielversprechende Anfänge. Dazu kommt die den Freisinn weit überbietende sociale Hetze der extremen Agrarier, die soeben dem Freisinn in Eisenach ein Mandat eingetragen hat. * Berlin, 6. Mai. Wie die „Kreuzztg.", nur in milderem Tone, sagt sich jetzt auch der „Reich Sboke" von dem Pastor Naumann loS, indem er u. A. schreibt: „Bisher hatten wir und vor Allem auch Herr Stöcker die christ» lich.sociale Partei ,ls eine Gruppe iunerhalb der konservativen Partei oder vielleicht besser gejagt, als die sür die sociale Agitation svnnirte konservative Partei angesehen. Wenn sich aber jetzt ein Theil von ihr scheidet, so können und wollen wir auch Las nicht hindern, sofern die dabei Belheiligten innerlich nicht mehr conser» vativ sind, vielmehr muffen wir es, um der Klarheit und Wahrheit willen wünschen; allein wir fürchten, wie gesagt: das neue Gebilde wird dann wie rin losgeriffenes Meteor umherichweisen, dis es irgendwo, sei r« bei der sozialistischen oder politischen Demokratie, niedersällt: Herr Naumann sollte nicht vergessen, daß das „Christ, tich-soziat" in seinem Sinne soviel discrepaute Elemente in sich schließt, daß, wie bei allen Sectenbildungen, die weitere Zerklüftung gar nicht ausbleibrn kanu, ähnlich wie wir es bet dem Antisemitis mus sehen." Inzwischen setzt sich Pastor Naumann mit der „Kreuz-Ztg." über die Begriffe „Conservativ und christlich-social" auseinander. Herr Naumann sagt im „Volk" am Schluffe einer Erklärung: „Was die Christlich-Socialen in erster Linie wollen, ist die Er oberung der großen Städte für daS Ehristenthum. Dieses Ziel aber laßt sich unter konservativer Fahne nicht erreichen, denn die Con- servativen haben sür die Interessen der großen Städte stets wenig Sion gehabt. Sie wollen patriarchalische Verhältnisse bewahren, wir aber freuen uns am Enstehen neuer Organisationen. Die konservativen halfen in Einkommensteuer und Erbschaftssteuer denen, die Geld haben, Leon sie gingen über gewisse bescheidene Steuersätze nicht hinaus, wir aber denken zunächst an Die, welche nichts haben, als ihre Arbeitskraft. Die Lonservativen wollen das freie Wort im Volk beschränken, wir wollen es durch unsere Mitwirkung nach Kräften veredeln und pflegen. Auch wenn es heute auf Grund irgendwelcher beruhigenden Erklärung noch einmal zu einem Friedensschlüsse käme, die gemeinsame Arbeit würde nicht gedeihen. 4.len säet». Die „Kreuzzeitung" hat den Stein in» Rollen gebracht, jetzt mag er rollen." X. Berlin, 6. Mai. (Telegramm.) Der Kaiser wohnte gestern mit der Kaiserin dem Gottesdienste iu der Friedens- kirche zu Potsdam bei. Heute früh nahm er von 7 Uhr ab den Vortrag deS Cbrf« des Geheimen Civil-Cabinets ent gegen, begab sich gegen 8 Uhr nach dem Tempelhofer Felde und besichtigte da« Garde-Füfiiier-Regimrnt. Nach der Be sichtigung kehrte er nach dem Neuen Palais zurück, wo im Kreise der kaiserlichen Familie der Geburtstag des Krön Prinzen gefeiert wurde. L. Berlin, 6. Mai. (Privattelegramm.) Als der Kaiser heute zur Truppenschau nach dem Tempelhofer Felde ritt, grüßte ihn ein Arbeiter mit einem stelzfüßigen Knaben. Der Kaiser zoa durch den Flügel-Adjutanten v. Moltke Er kundigungen über die Verstümmelung des Knaben rin und ließ hierauf den Arbeiter auffordern, in der Dragonercaserne zur Rücksprache zu erscheinen. ---- Berlin, 6. Mai. (Telegramm.) StaatSsecretair Or. v. Stephan empfing eine Abordnung aus Remscheid unter Führung deS Oberbürgermeisters v. Bobleu, welche ihm einen kunstvoll auSgestatteten Ehrenbürgervrief über reichte. ^ Berlin,6.Mai. (Telegramm.) Jule» Tiegsrie«, der frühere Handelsminister und Präsident des Pariser Llusve «oeial, dessen Einweihung der Präsident d«S ReichSversicherungs- amteS, Boediker, beigewohnt hatte, ist zum Studium der socialpolitischeu Gesetze und Einrichtungen hier einae-troffen. Er wohnte bereits einer Sitzung im Reichs- veasicherungsamte bei und erschien auch im Reichstage. L. Berlin, 6. Mai. (Privattelegramm.) Der „Post" »»folge wird am 13. Mai in dem Handelsministerium ein Ausschuß zur Berathung über die änhere Sonntagsruhe unter Theilnahme von Vertretern der Ministerien de- CultuS, deS Handel- und deS Inneren zusammentrelen. L. Berlin, v. Mai. (Privattelcgramm.) Die Deutsche LandwirthschaftS-Gesellschaft beabsichtigt, dem „B. L.-A." zufolge, nach den Pfingstfnertagen eine land- wirthschaftliche Studienreise nach Oberitalien. * Essen, 4. Mai. Für das Kaiser Wilhelm- Denkmal auf der Hobensyburg wurden von den Stadt verordneten einstimmig 34 000 ^ bewilligt. (B. T.) I.. ruiSbnrg, 4. Mai. DaS Preßorgan der Antise- m it en deS NiederrheinS, „Die Wacht an der Ruhr", hat ibr Erscheine» plötzlich eingestellt. — Bor dem Schöffengericht ,n D.n-lakea fand heute die Verhandlung gegen den hollän- dischen Dachdeckergehtlfen Oldrkotte statt, der beschuldigt war, ,n der Nacht zum 3. April di« am 1. April aepflaazte B.smarcke,che durch Beilhiebe gefällt zu haben. Oidekotte wurde zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt und sein Ardenzeber, der ultramontane Maurermeister Hagedorn, auf Antrag des Staatsanwaltes sofort wegen Verdachtes deS Meineides verhaftet. Oldrkotte beging die That auf Anstiften Hagedorn S, Hagedorn hat die- im ErmittelungSverfahrrn ndilch bestritten. — Bon Interesse dürfte noch sein, daß Oldrkotte nach tz. 304 deS St.-G -B. (Zerstörung öffentlicher Denkmäler) verurtheilt wurde. * Erfurt, 6. Mai. Der sechste evaugelisch-soeiale Kongreß wird, wie schon früher erwähnt, vom 4.—6. Juni sier zusammentreten. Das Programm ist folgende«: Dienstag. 4. Juni: a. Vormittags 10 Uhr: Sitzung des Ans chusses des Gejammtvcrbands Evangelischer Arbeitervereine n Loget's Garten, d. Nachmittags 4 Uhr: Sitzung des Ausschusses res evangelisch-socialen Congreffes in Loget'S Garten, o. Nach mittags 6V, Utir: Gottesdienst und Predigt in der Prediger- kirche. d. Abends 8 Uhr: Oeffentliche Begrüßungsversammlung im Kaisersaal. Mittwoch, 5 Juni: ». früh 9 Uhr in Bogei's Garten. 1) Eröffnung des LongreffeS durch deu Vorsitzenden. 2) Jahresbericht des Generalsecrrtairs. 3) Erstes Referat: Die moderne Naturwissenschaft und dir sociale Bewegung der Gegenwart (Professor v. Furrer-Zürich). d. Nachmittags 3 Uhr, ebenda: Zweites Referat: Tie socialen Aufgaben des Staats als Arbeitgeber (Geh. Regiernngsrath v. Masiow- Potsdam), c. Abends 8 Uhr, im Kaisers»«!: Fest Versammlung zu Ehren des evangelisch-socialen LongreffeS, veranstaltet vom evange» tischen Arbeiterverein. Donnerstag, 6. Juni: «.. früh 9 Uhr, in Vogel's Garten: Drittes Referat: Die sociale Lage der Frauen (Frau Gnauck» Kühne-Berlin und Hofprediger Stöcker-Berlin), o. Im Anschluß an den Congreß (voraussichtlich gegen 4 Uhr): Epecialconferenzen. Angemeldrt eine „lieber die Pflege des Ge- n ei»delebenS" von Pfarrer Kötzschke-Sangerhauseu, sowie ein« über „Evangelische Arbeitervereine unter der Landbevölkerung", von Pastor Rauh-Cladow. * Breslau, 5. Mai. Wie gemeldet, forderte ein vom Akademisch - Literarischen Verein ausgehender Aufruf am Schwarzen Bret die Studenten zur Unterzeichnung einer Petition gegen Z. 130 der Umsturzvorlage auf. Laut der „Schles. Ztg." sind jetzt die die Petition betreffenden Anschläge und Aufrufe in den verschieden UniversitätSinftituten durch Angestellte der Universität entfernt worden. * Stuttgart, 5. Mai. Da in der Rede deS Minister präsidenten Freiherrn von Mittuacht über die Umsturz vorlage Einiges enthalten ist, was in dem telegraphischen Auszuge nicht genügend berücksichtigt wurde, so tragen wir aus dem „Schwab. Merk." Folgendes uach: „Für die Einbringung der Gesetzesvorlage sind alle deutschen Regierungen verantwortlich, auch die württembergische. Er habe am 25. Oktober 1894, nachdem er Tags zuvor mit seinen Eollegen sich besprochen Hab«, tn Berlin in einer Konferenz der leitenorn deutschen Minister den Anschauungen und Vorschlägen des zweiten deutschen Reichskanzlers Grasen üaprivi, welchen die nach seinem Rücktritt eingebrachte Vorlage durchaus ent spricht, zngestimrnt. Diese Vorlage wurde sofort nach ihrer Eindringung sehr ungünstig beurtheilt. E» würbe alsbald gesagt, mit dieser Vorlage rverdr die deutsch« Freiheit begraben. Ties baden die Regierungen durchaus nicht wollen; aber sie wollten einem Mißbrauch der Freiheit energisch entgegentreten können. Gewalt samen Umsturz, friedenstörende Beschimpfung, Aufforderung und Verherrlichung von Verbrechen, Untergrabung der Disciplin im stehenden Heer, diese Dinar wollte die Regierung treffen, nicht den freien Meinungsaustausch. Wenn es der Reichstag sür noth- wendig hält, in dieser Beziehung Garantien in das Gesetz einzuführen, so werden die Regierungen, davon sei er überzeugt, hierin so weit gehen als nur möglich. Gegen eia Ausnahmegesetz bestehe in her öffentlichen Meinung eine allgemeine Abneigung, wenn man dann aus daS gemeine Recht übergehe, so seren wieder die verschiedenen Parteien damit nicht einverstanden. Solche Gesrtzesvorlagen müssen auch nach der Zeit, nach den Verhältnissen, nach de» Stimmungen be trachtet wexden, in denen sie entstanden sind- (Sehr richtig!) Wenn sie dann monatelang hernmgezogen werden, nach dem verschiedenen Parteislandpunct zerpflückt werden und dann in einer Werse abgeänderl werden, die dem ursprünglichen Inhalt in keiner Weise entspreche, dann schließlich werde allerdings Niemand befriedigt von dem jetzigem Zustand. Die leichtlebige Zeit habe die damaligen anarchisnichen Verbrechen bereits vergessen. Damals habe auch in einem Theil der Bevölkerung die Stimmung bestanden, daß die Regierung der Ausbreitung der social- revolutionairen Propaganda nicht länger zusehen könne. Die Regie rungen haben nichls wahrgrnommeir von Ueberwindung des Socia» lismus durch geistige Waffen oder durch sittliche Größe, namentlich gar nichts vom Zusammengehen der bürgerlichen Par teien, wie dies der Vorredner als »inen Hauptpunkt betont habe. Das Bürgerthum habe einfach nichts arthan. (Lebhafte Zustimmung.) Gleichzeitig sei Mangel an Vertrauen in die deutschen Gerichte entstanden, daß diese die Bestimmungen nicht richtig anwenden. Ter Bundesraih werde frühesten» zwischen der zweiten und dritten Lesung in einen Meinungsaustauich ein- tretcn. Wenn der Gesetzesvorschlag nach den Beschlüssen der Com mission angenommen würde, hält» die württembergische Regierung gewichtige Bedenken gegen dir Zustimmung; weitere bindende Erklärungen könne er im jetzigen Augenblicke nicht abgeben. * Aus Elsaff-Lothringcu, 5. Mai. DaS reichsländische, auö kleinen Anfängen berausgewachsene Kriegervereins- wesen hat in den letzten Jahren einen bedeutenden Auf schwung genommen. Die Zahl der Mitglieder ist nämlich seit 189l von 13 366 aus 17 230 angewachsen, also um 3864 Mitglieder gestiegen. Die nach erfüllter Militairpslicht in die Heimath zurückkehrenden Reservisten gewöhnen sich mehr und mehr daran, den Kriegervrreinen, die früher zast nur aus Eingewanderten bestanden, beizutreten. Jetzt bilden sie in einer großen Anzahl von Vrreinrn bereit« die Mehrheit Oesterreich-Ungar«. Zur Krise. * Wien, 5. Mai. Wie bestätigt wird, wurde Banfsy heute vom Kaiser sehr gnädig empfangen. Banfsy erklärte, er habe insofern unter dem Einfluß eines Irr- thums gehandelt, als er angenommen habe, daß die Note nach Rom schon ab^rsaudt worden sei. Jedoch erhelle aus den vorgelegten Schriftstücken, daß er sich des Ein vernehmens m,t Kalnoky versichert halten und zu seiner Beantwortung der Interpellation berechtigt erachten konnte. Der Kaiser antwortete, er werde Ka lnoky'S Entlassungs gesuch nicht annebmen und von Banffy's Rück tritt könne gar nickt die Rede sein. Es handle sich um Mißverständnisse und persönliche Diffe renzen; darum sei eine Ausgleichung möglich, die auch gefunden werden könne und müsse. Banfsy kam somit gar nicht dazu, seine Entlassung zu geben. Nunmehr ist der ungarische Hofniinister Baron Josika thälig, eine Aus gleichung hrrbeizuführen. Ungarischerseits meint man, daß unter dem Druck des allerhöchsten W llenS beiderseits jede mögliche Nachgiebigkeit werde gezeigt werden, daß eine Aus gleichung möglich, jedoch unsicher und jedenfalls sehr schwierig sei. Auch diesseits herrscht heute Au«glrich«stimuiung, jedoch soll der Ausgleich rin radicaler sein. AlS Umrisse desselben treten hervor: von Seiten Banfsy'« offen« und loyale Erklä-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite