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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980216017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898021601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898021601
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-02
- Tag 1898-02-16
-
Monat
1898-02
-
Jahr
1898
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Sachfischer Landtag. (Eigenbericht des „Leipziger Tageblattes". Nachdruck verboten.) Dresden, 15. Februar. Erste Kammer. 23. össentliche Sitzung Mittags 12 Uhr. Vorsitzender: Präsident vr. Gras v. Könneritz auf Lossa. Am RegierungStische: Regierungscommissare. Tagesordnung: 1) Vortrag aus der Regislrande und Be schlüsse aus die Eingänge. 2) Antrag zum mündlichen Bericht der vierten Deputation über die Petition des pensionirten Lokomotiv führers Alwin Strohbach in Bautzen um Gewährung einer lausenden Unterstützung neben seiner Pension. (Drucksache Nr. 46.) 3) Antrag zum mündlichen Berichte der vierten Deputation über die Petition des Kaufmanns August Wilhelm Schornherr in Dresden, Einkommensteuer - Reclamation betressrnd. (Drucksache Nr. 47.) 4) Antrag zum mündlichen Berichte der vierten Deputation über die Petition des Kaufmanns Hermann Puschmann in Falkenstein, die Durchführung von Schädenanfprüchen an die k. k. österreichische Regierung im gesandtschaftlichen Wege, eventuell Stellung eines entsprechenden Antrages bei dem Herrn Reichs kanzler betreffend. (Drucksache Nr. 61.) 5) Anzeige der vierten Deputation über eine für unzulässig erklärte Petition. (Druck sache Nr. 62.) Der Präsident eröffnet um 12'/. Uhr die Sitzung und läßt die Regislrande bekannt geben. Sodann berichtet Oberbürgermeister vr. Dittrich-Plauen über die Petition des pensionirten Lokomotivführers Alwin Strohbach in Bautzen um Gewährung einer fortlaufenden Unterstützung neben seiner Pension und beantragt Namens der vierten Deputation, die Kammer wolle beschließen: die Petition auf sich beruhen zu lassen. Die Kammer tritt dem Anträge ohne Debatte und einstimmig bei. Ueber die Petition des Kaufmanns Aug. W. Schornherr in Dresden, betreffend Einkommcnsteuerreclamation, berichtet Kammer- Herr von Schönberg aus Mockritz und beantragt Namens der vierten Deputation, die Kammer wolle beschließen: die Petition auf sich beruhen zu lassen. Der Petent beklagt sich über die Behandlung, die seine Steuer- reclamation erfahren hat, indem dieselbe von der Commission wegen eines Formfehlers zurückgewiesen wurde und er infolgedessen einige Steuerklassen höher hinaufgejetzt worden ist. Der Petent hat nämlich im Jahre 1896 kurz vor Abgabe der Declaration im November zwei Grundstücke in Loschwitz und Trachau erworben, jedoch in der Declaration nicht auszesührt, und zwar infolge der mißverständ lichen Auffassung, daß das nicht nöthig sei, weil er damals noch keinen Reinertrag aus den Grundstücken gezogen habe. Materiell war der Petent in gewissem Sinne im Rechte. Die Commission war aber im größeren Rechte, wenn sie, wie es das Gesetz verlangt, diese beiden Grundstücke zur Versteuerung heranzog, weil die Tecla- ration formell unrichtig gewesen ist. Der Petent ist im Lause des Jnstanzenganges gleichfalls mit feiner Reclamation abgewiesen worden und die vierte Deputation beantragt nach alledem, die Petition aus sich beruhen zu lassen. Landesbestallter Graf zur Lippc-Baruth kann nicht so ohne Weiteres zugeben, Laß die Grundstücke in die Declaration eingesetzt werden mußten. Wenn der Petent keinen Reinertrag daraus gezogen hatte, so war er dazu nicht verpflichtet, ja vielleicht sogar nicht berechtigt. Rittergutsbesitzer vr. Pfeiffer aus Burkersdorf ist der Meinung, daß die Petition, wenn sie sich als Beschwerde darstelle, zurückzu weisen sei; wenn aber von einer Petition die Rede ist, so konnte dieselbe aus Billigkeitsgründen eine bessere Censur erfahren. Rittergutsbesitzer Hempel aus Ohorn bedauert, daß der Petent wegen eines formellen Versehens nicht zn feinem Rechte gekommen ist und wünscht, daß in der Handhabung der Einschätzung etwas mehr den thatsächlichen Verhältnisse» Rechnung getragen werde, denn viele begehen aus Unwissenheit formelle Fehler. Gras v. Rex-Zedlitz kann ebenfalls nur bedauern, daß die Commission blos die formelle Seite ins Ange gefaßt hat. Wenn der Petent aus seinem auswärtigen Besitzthum kein Einkommen hatte, so sei es im hohen Grade entschuldbar, wenn er dasselbe nicht declarirte. Er bedauere daher ebenfalls, daß die Petition nicht eine bessere Censur erfahren habe. Kammerherr von Schönberg bemerkt, daß im vorliegenden Falle die Grenze zwischen Petition und Beschwerde sehr schwer zn ziehen ist und verliest im klebrigen die einschlägigen Paragraphen des Gesetzes bezw. die Instruction znr Ausführung desselben. Nach demselben ist es nicht anders möglich gewesen, als daß die Com mission den Petenten nach den neuen Grundstücken hat ein schätzen müssen. Graf zur Lippe-Baruch bringt einen zahlreich unterstützten Antrag ein, die Petition der Regierung zur Kenntnißnahmr zu überweisen. Oberbürgermeister vr. Georgi-Leipzig wirst die Frage aus, ob es nicht richtiger wäre, eine Declaration, wenn sie fehlerhaft auS- gesührt ist, überhaupt nicht als eine Declaration anzusehen. Er »einerseits habe ebenfalls Bedenken, dem Antrag der Deputation beizutreten, er werde vielmehr für den Antrag Lippe stimmen. vr. Pfeiffer - Burkersdorf hofft. Laß die Ueberweisung der Petition zur Kenntnißnahmr zur Folge Haden wird, daß das königl. Finanzministerium erwägt, erstens ob es zweckmäßig ist, in der bis herigen Handhabung des Einkommensteuergesetzes sortzufahren, und event. zweitens, geeignete Abänderungsparagraphen in dasselbe auf- zunehmen. Graf zur Lippe begründet kurz seinen Antrag. Ter Petent konnte feiner Ansicht nach gar nicht anders declariren. Staatsminister a. D. V. Rostitz-Wallwitz beantragt nach Lage der Dinge die Petition zur nochmaligen Berathung an die vierte Deputation zurückzuweisen, mit dem Wunsche, zu derselben einen Vertreter des königlichen Finanzministeriums zuzuziehen. Kammerherr v. Schönberg schließt sich Namens der Deputation diesem Anträge an, worauf der Antrag Nostitz einstimmig angenommen wurde. Zum vierten Punct der Tagesordnung, die Petition drS Kauf manns Puschmann in Falkenstein, Schädenansprüche betreffend, erstattet Kammerherr v. Schönberg den Bericht mit dem Anträge, die Petition in Uebereinstimmung mit den früheren Beschlüssen der Zweiten Kammer auf sich beruhen zu lassen. Ohne Debatte beschließt da» Haus einstimmig demgemäß. Zum Schluß erstattet die vierte Deputation die Anzeige, daß die Petition des Handarbeiters Aug. Scharf in Dresden, unklaren Inhalts, auf Grund von 8 23c der Landtagsordnung für unzulässig erklärt worden ist. Nächste Sitzung Donnerstag, Mittags 12 Uhr. Tagesordnung: Petitionen. -2- Dresden, 15. Februar 1898. Zweite Kammer. 44. öffentliche Sitzung, Vormittags 10 Uhr. Vorsitzender: Präsident vr. Ackermann. Am RegierungStiiche: Staatsmiietster von Metzsch und Regie- runaScommissaire. Tagesordnung: Interpellation deS Srcretairs Rüder «. Gen., die Sonderbrsteuerung der Consumvereine betreffend. Der Präsident eröffnet um 10'/« Uhr die Sitzung und läßt die Registrande bekannt geben. Die auf der Tagesordnung stehende, von Secretair Ahnert verlesene Interpellation lautet: „Am 12. Mai 1896 hat daS Königliche Ministerium de- Innern eine Verordnung erlassen, in welcher die Gemeinden darauf hin gewiesen werden, daß sie die Füglichkeit haben, durch Anlagen regulativ auf Grund der Gemeindeordnungen eine besondere Ge werbesteuer einzuführen, um den Schäden und Gefahren, welch« daS Ueberhandnrhmen von Filialen und von großkapitalistischen Ber« rinigungen auf dem Gebiete deS Detailhandels mit gewissen Maaren- gattongrn für den gewerblichen Mittelstand mehr und mehr mit sich bringt, von Seiten der Gemeinden zu begegnen. Welchen Erfolg hat diese Verordnung gehabt und welche Stellung nimmt die Königl. StaatSregierung zu den Bestrebungen der Ge meinden, diese Sonderbrsteuerung rinzuführen, gegenwärtig rin?" Dir Königl. StaatSregierung erklärt sich zu sofortiger Beant wortung der Interpellation bereit. Zunächst nimmt zur Begründung der Interpellation da» Wort Secretair Räber-Roßwein (cons.) und betont in seinen kurzen Aus führungen, daß gegenüber den Bestrebungen der Gemeinden, diese Sonderbrsteuerung rinzuführen, leider in den vier KrrtShauptmann- schäften ziemlich abweichende Anschauungen obwalten. Thril- weise sei die Sonderbestruernng überhaupt nicht, theilS nur bedingungsweise genehmigt worden, während eine Anzahl itegulative infolge erhobener Beschwerden an da« Mini- lirniw? wieder aufgehoben worden sind. Ja der angrzogeurn Herordnrtng sei lediglich von Filialen »ad großkapitalistischen Ver- eim'gungen die Rede. Das Königliche Ministerium des Innern habe aber später eine zweite Verordnung, und zwar im Mai 1897, erlassen, nach der im Falle vorhandenen Bedürfnisses diese Sonderbrsteuerung auch auf einzelne Personen ausgedehnt werden könne. Eine dritte Verordnung vom September 1897 ergänze die beiden vorhergehenden. Diese drei Verordnungen ständen aber in Widerspruch zu einander, hätten zu Verwirrungen geführt und die bedauerliche Erscheinung gezeitigt, daß, obwohl die Sache schon seit zwei Jahren schwebe, nur von wenigen Gemeinden die Besteuerung ringesührt worden sei. Zweck seiner Interpellation sei, die Grundsätze zu hören, stvrlche dir Regierung zur Zeit als maßgebend betrachte. Staatsminister v. Mktzsch: Wenn die Herren Interpellanten zum Ausgangspunkt die Verordnung vom 12. Mai 1896 genommen, so weise er darauf hin, daß dieselbe nicht eigentlich den Zweck gehabt habe, die grundlegenden Bestimmungen für eine derartige Steuer zum Ausdruck zu bringen, sondern daß die beiden anderen erwähnten Verordnungen bestimmt gewesen seien, die Grundsätze, nach denen das Ministerium eventuell diese Sonderbesteuerung geregelt wissen wolle, den Gemeinden gegenüber auszujprechen. Auf den Inhalt dieser Verordnung, und zwar besonders der zweiten müsse er umsomehr Bezug nehmen, als das Ministerium des Inneren mit den darin enthaltenen Grundsätzen etwas weiter gegangen sei und etwas weiter habe gehen müssen, als ursprünglich die im vorigen Landtage gestellten und angenommenen Anträge Anlaß gegeben. Schon damals habe sich das Ministerium und der Vertreter der Regierung nicht verhehlt, daß gewisse ungünstige Wahr nehmungen auch gerade bei dem Betrieb der Consumvereine zu machen seien und daß Schädigungen und Verdrängungen vieler kleiner kausleute rin unbestreitbarer Erfolg und großer Nachtheil davon ei. Namentlich trete dieser Nachtheil dann hervor, wenn die Aus- »ehnung der einzelnen Consumvereine und der Filialen eine große ei und der Kleinhandel in immer noch engere Grenzen getrieben werde. Es sei ferner zu jener Zeit von den Regierungsvrrlretern auszesührt worden und auch bei der Berathung einer Interpellation des Abgeordneten Auer im Reichstage vom damaligen Minister von Boetticher in Uebereinstimmung mit den Ausführungen des ächsischen Bundesbevollmächtigten zum Ausdruck gebracht, daß die Eiuführung einer Sonderbrsteuerung der fraglichen Art mit den gesetzlichen Bestimmungen wohl vereinbar sei. Damals habe das Ministerium den Grundsatz ausgesprochen, daß eine der artige Gemeindesteuer gesetzlich zulässig sei, wie sie in Le» be- treffenden Auträgen vom Jahre 1896 sormulirt gewesen seien. Hieraus sei zunächst die allgemeine Verordnung vom Jahre 1896 erlassen worden, dann sei die unter dem 6. Mai 1897 von ihm als „grundlegend" bezeichnete Verordnung anläßlich einiger Be- chwerdefälle in Sachen der Besteuerung der fraglichen Betriebe ergangen. Dieselbe sei den Kreishauplmannschaften mitzutheilen gewesen mit der Maßgabe, daß dementsprechend in Zukunst weiter verfahren werden solle und über den Fortgang der Angelegenheit dem Ministerium fortlaufend Bericht zu erstatten sei. In der Ver ordnung sei gesagt, daß den Gemeinden nach dem Leruialigen Stande der Gesetzgebung die Füglichkeit geboten ist, aus eine Besteuerung der raglichen Art zuzukommen, sobald und insoweit ein örtliches Bedürfniß dazu sich herausstellt; ferner daß die nähere Regulirunz und Bemessung dieser Steuer nach Maßgabe und unter Berücksich tigung örtlicher Verhältnisse zu erfolgen hat; daß ein solches ört liches Bcdürsniß dann wird angenommen werden müssen, wenn der Großbetrieb in einer Gemeinde des Kleinhandels sich derartig be mächtigt hat, daß dadurch in ausfälliger Weise das Fortbestehen eines auch im Allgemeinen und namentlich auch im Interesse jeder Gemeinde zu erhaltenden Mittelstandes im Kleinhandel und Ge- werbe erheblich erschwert oder gar unmöglich gemacht wird. Indem durch diese Sonderbesteuerung beabsichtigten und zu schassenden Aus gleich zwischen den dem Großbetriebe so ost unverhältnißmäßig zur Seite stehenden Vortheilen und dem Kleinhandel und Kleingewerbe daraus erstehenden Schädigungen hat die Condersteuer ihre Berech tigung und zugleich ihre Grenze zu finden. Erfolgt diese Besteuerung innerhalb dieser Grenze und nach Maßgabe dieser Verhältnisse, so wird auch den Erfordernissen Rechnung getragen werden. Hinzu- zusüge» habe er hier. Laß im weiteren Ausbau der Anträge die Hohe Kammer eine Erweiterung der Zulässigkeit der Sonderbesteuerung vorgenommen und vornehmen zu müsse» gedacht hat, indem man den Nahmen derjenigen Betriebe, welche überhaupt in die Sonder besteuerung einbezogen werden könnten und welche, wenn man au? die Sonderbesteuerung zukomme, auch wirklich einznbeziehen seien,erweitert habe und zwar insofern, als man gesagt,wenn man überhaupt zur Sonder- besteuerung gelange, so seien denn alle großkapitalistische Betriebe in die- selbe einznbeziehen,sie möge» durch eine Vereinigung, durch eine Genossen schaft, oder durch einen Einzelnen unterhalten werden. Das sei der große Unterschied, in dem die Regierung sich in ihren Ausführungen deS Antrags befinde. Wenn die Regiernng dazu gelangt sei, de» Rahmen zu erweitern, so sei sie von der Ansicht aukgegangen, daß man nur mit der einschlägigen Bestimmung in der Gewerbeordnung sich im Einklänge befinde, wenn man die Einbeziehung der Groß betriebe unterschiedslos ausspreche. Was die Verordnung vom 6 Mai 1897 anlange, so habe er die Regierung ausdrücklich als konsequent und dem zu erstrebenden Ziele dienend bezeichnet, daß die gewerbliche Sonderbrsteuerung der hier fraglichen Art, Lasern deren Einführung durch die örtlichen Verhältnisse und Bedürf- nisse veranlaßt und gerechtfertigt sei, nicht ans einzelne Formen und Gestaltungen des Großbetriebes beschränkt, sondern auf den Letzteren überhaupt erstreckt werde, ohne Rücksicht darauf, ob derselbe in der Hand eines Einzelnen, einer Aktiengesellschaft, einer Genossenschaft oder dergl. liege, denn da der Begriff des Groß- betriebe- nicht davon abhänge, ob dessen Inhaber eine einzelne Person oder eine Mehrheit von Personen sei, sondern im Wesent lichen durch die Art und den Umfang des Betriebes bestimmt werde, so könne auch bei Beurtheilung der Frage, ob und in welcher Weise der dem Kleinhandel und dem Kleingewerbe durch die Uebermacht des Großbetriebes drohenden Gefahr zu begegnen sei, ein Unter schied nicht gemacht werden. Für die Besteuerung habe das Ministerium einen gewissen Procentsatz vorzuschreiben An stand genommen und der Autonomie der Gemeinden die Wahl des BcsteuerungSmodus und die Höhe der Besteuerung überlassen, jedoch mit der Modifikation und mit der Einschränkung, daß auch La immer nach den örtlichen Verhältnissen und nach den örtlichen Bedürfnissen gefragt werde und dem entsprechend zu beschließen sei. — Wenn bei der letzten Verhandlung in der Hauptsache nur von der Anwendung einer Umsatzsteuer gesprochen und diese Art der Besteuerung als der eigentliche Steuermodus anempsohlen worden sei, so habe die Regierung kein Bedenken getragen, diese Steuermodalität als einen gangbaren Weg für die Besteuerung überhaupt von ihrem Standpunkte im Princip zuzulassen und sogar im einzelnen Falle es in der vorliegenden Verordnung ausgesprochen, daß vielleicht diese Besteuerung einer solchen nach dem Reingewinn vorzuziehen sein würde, weil die Umsatzsteuer viel klarer in die Er scheinung trete. Da» sei der Hauptgrund, worum die Regierung wenigstens ihrerseits kein Bedenken getragen habe, immer wieder unter Betonung der Bedürfnisse und der Brrhältnißmäßigkeit diesen Besteuerungsmodus anzuempsehlrn. Die Regierung habe weiter den Gemeinden und Behörden anempsohlen, bei ihren Entschließungen von Zeit zu Zeit immer wieder zu prüfen, ob der Maßstab nach den örtlichen Verhältnissen nach wie vor der gerechte blieb und bei- zubehalten sei oder entsprechende Abschwächungen vorzunehmen seien. Endlich sei aber vor der Hand ausdrücklich ausbedungen worden, daß eine höhere Anziehung drS Procentsatzes als bis zu 2 Proc. des Umsatzes vorläufig nicht als zulässig erachtet werden solle. Gegenüber der Frage der Interpellation, welche Erfolge diese Verordnung gehabt habe rc., sei er, der Herr Minister, heute nur in der Lage, einen statistischen Erfolg zu constatiren, La sich nach so kurzer Zeit des Bestehens der Steuer noch kein abschließendes Urtheil darüber fällen lasse, ob sie sich bewährt habe, oder gewisse Härten mit sich bringe, ob sie den Einfluß auSübe, den man beabsichtigt. Von der Mög» lichkeit der Einführung der Steuer hätten 6 Städte mit revidirter Städteordnung, 5 kleine Städte und 9 Landgemeinden Gebrauch gemacht. In 5 bez. 6 Städten mit revid. Städteordnung, darunter auch Dresden, sowie in 18—20 kleineren Städten und Landgemeinden sei die Einführung eines derartigen Steuermodus in Aussicht genommen. Ja 3 Gemeinden, darunter Bautzen, sei das aus gestellte Regulativ Mangels eine» örtlichen Bedürfnisses, in einer Gemeinde mit Rücksicht auf die Fassung beanstandet worden. In 6 Gemeinden habe man nachträglich davon abgesehen, während verschiedene Gemeinden eine abwartende Haltung brobach- teten. Fast allenthalben habe man 2 Procrnt drS Umsatzes gewählt und nur insoweit einen höheren Procrntsatz angenommen, als die Regulative früher bereits genehmigt worden. In Chemnitz habe der Stadtrath gegen Einführung der fraglichen Steuer Beschluß gefaßt, in Glauchau, Lübau, Stollbrrg, Zwickau, Frankenberg rc. hätten sich die Stadtverordneten ablehnend verhalten. Die Regie rung fei doll und ganz von dem Bestreben erfüllt, den noth- leidrndra gewerblichen Mittelstand zu schützen und zu fördern, wo sie nur immer könne. (Bravo!) Auch sei die Regierung geneigt, auf dem im vorigen Landtage von der Kammer angegebenen Wege, der Einführung einer Umsatzsteuer, da» zu thun, wa» sie gerecht- fertigt eracht». Zugleich müsse er aber die Reserve in Anspruch nehme», Hatz di« Regierung nicht sich dazu bestimmen lassen könne, diese Soudersttuer einsühren zu lasse» da, ivo sie eine direkte Gefährdung, wen» nicht Vernichtung der großkapitalistische» Betriebe in Aussicht stellt. Dazu könne und werde die Regierung die Hand nicht bieten und er, Redner, halte sich auch versichert, daß die Anträge der Kammer nicht dahin gezielt haben, den großkapitalistischen Unternehmungen, insonderheit auch nicht den Consuin-Vereinen, den Boden der Existenzfähigkeit geradezu abzubaucu. Er für seine Rerson möchte sich übrigens noch einigem Zweifel hingeben, ob mit der Einführung einer derartigen Steuer der Erfolg wirklich erreicht worden sei, den man bei billiger TenkungSweise zu erreichen bestrebt sei. Er glaube, die Gebrechen an denen der gewerbliche Mittelstand leide, lägen ganz wesentlich mit in der Ueberproduction und in der sich selbst bereiteten Concurrenz. Nach Ansicht der Regierung werde es einer unbedingten auch positiven Arbeit be dürfen, der Anstrengung der eigenen Mittel und Kräfte, nm den Mittelstand wieder zu heben, um ihn wieder concnrrenzsähig zu machen gegen die ihn allerdings drückenden großkapitalistischen Betriebe der gedachten Art. Zum Schluß spricht der Herr Minister noch den Wunsch aus: möchten die productiven Stände, möchte vorzüglich das Gewerbe in seiner vielseitigen Gestaltung vor allem den Werth und die Wichtigkeit einer Interessengemeinschaft erkennen, den Werth und die Wichtigkeit Les gegenseitigen Eon- tactes von Großbetrieb und Kleinhandel und Kleingewerbe in den Vordergrund stellen. Dieses genieinsame Wirken hat sich durch Generationen hindurch entwickelt und bewährt und es bietet Las- elbe die beste Garantie für ein segensreiches Gedeihen aller Ge- werbebelriebe, insonderheit auch für die Gesundung des leider jetzt erheblich kränkelnden gewerblichen kleinen Mittelstandes. (Bravo.) Auf Antrag des Abg. Huste wird in eine Besprechung der Interpellation eingetreten. Abg. Seifert-Zwickau (Soc.) bemerkt, daß die Darlegungen des Herrn Ministers bewiesen, in welche Klemme die Regierung durch den Antrag Rüder gerathen sei. Alle Versuche aus diesem Wege oder mit anderen Mitteln dem Mittelstände zu helfen, seien vergebliche, weil hier Kräfte zerstörend wirkten, die Niemand beseitigen könne. In längeren Ausführungen verbreitet sich Redner über die Ursachen der Nolhlage des Mittelstandes, bekämpft das Regulativ einer Eondersteuer, tritt lebhaft ür die Consumvereine ein, die durch Baarzahlung und Aufhebung des Borgsystems erzieherisch wirkten und den Sparsin» belebten. Durch die Interpellation würden die Interpellanten am wenigsten befriedigt sein. Die getroffenen Ver eine würben ja geschädigt, der eine mehr, der andere weniger, aber niemals beseitigt. Sie verlangten lediglich gleiche Rechte und Pflichte». Er ersuche die Regierung, Las ganze Regulativ zu be- eiligen und für etwaige steuerliche Bedürfnisse bann das gejammte Gewerbe und nicht blos einen Theil heranzuziehen. (Bravo bei den Socialdemokralen.) Abg. (Äroszmaun-Plauen b. Dresden (cons.) mcint, daß die Frage der Eondersteuer in zwiefacher Hinsicht eine lebhaftere Bewegung im Lande bervorgerufen habe. Die einen als Befürworter der Steuer hätten Hilfe von derselben erhofft, die andern als Gegner einer olchen Steuer, hätten dieselbe als eine ungerechte bezeichnet. Daß riefe Steuer eine ungerechte sei, bezweifle er. Er verweise aus die als Eondersteuer bestehende Schanksteuer, gegen die noch von keiner Seite Widerspruch erhoben sei. Er sei der Meinung, daß Betriebe, die sich mit Leichtigkeit erhalten, durch eine solche Steuer sehr wohl getroffen werden könnten, und daß unter solche Betriebe auch die Consumvereine zu rechnen seien. Er wolle nicht jede» groß kapitalistischen Betrieb unbesehen besteuern, wolle aber in erster Linie das Filialunwesen treffen. Er bestreite dem Groß- kapital das Recht, überall, in allen Straßen und Stadt- theilen seine Filialläden aufzuthucn und die dort ansässigen Ge werbetreibenden zu erdrücken. Ta durch eine solche Besteuerung den Schwachen und kleinen Leute» geholfen werde, so sei sie als richtig anznwenden. Man solle auch mit den Procenten der Steuer höher gehen, denn solche großen Geschäfte verdienten zehn Procent ihres Umsatzes. Wenn inan davon zwei Procent nähme, so würde diesen Geschäften noch lange nicht der Boden abgegraben, selbst nicht durch drei und vier Procent, die er dringend befürworte. Die Preisherab setzung der Consumvereine und der dennoch vorhandene Gewinn hätten ihn veranlaßt, von der gleichen Waare in verschiedenen Geschäften Proben cinkausen zu lassen. Bei der Prüfung habe sich die Minderwerthigkeit der aus den Consumvereinen entnommenen Maaren erwiesen, woraus sich allerdings bei billigeren Verkaufspreisen zur Genüge der gute Gewinn er- kläre. Die Gewinnvertheilung am Ende des JahreS sei der Köder, mit dem Consumvereine und sonstige kapitalistische Bereinigungen die Kunden heranzuziehen wüßten. Er habe auch die Vortheile und Nachtheile der Consumvereine gewissenhaft gegen einander abzuwägcn versucht. In Rücksicht auf die überwiegende» Nachlheile sei er für eine möglichst hohe Umsatzsteuer. Die Consumvereine seien lediglich VersorgungSanstaltcn für socialdemokratische Agitatoren. (Wider- spruch bei den Socialdemokraten.) Diese Consumvereine seien auch gleichzeitig Auskunstsanstalten für die einkaufenden Arbeiter. Welche Vortheile derartige Anstalten den Arbeitern böten und welchen Einfluß sie ausübten, vermöchte man sich zu vergegenwärtigen, tvenn man sich die Ziele der Socialdcmokratie vor Augen hielte. Wenn man ver gleichsweise aus ähnliche Gründungen von Staatsbeamten und Eisenbahnbeamten verweise, so treffe das nicht zu. Gerade letztere hätten sich nur vereinigt zu dem Zweck, um bei verschiedenen Kauf leuten günstigere Verkaussbedingungen zu erhalten. DaS ist ein Unterschied. Die Socialdemokratie bekämpfe in ihrer Presse und in ihren Reden immer die Großcapitalisten und die Großbetriebe. Sie scheue sich aber nicht, für eigene Zwecke großkapitalistische Betriebe zu gründen. (Sehr gut.) Auch hier würde wieder ein Stuck jener Gerechtigkeit bethätigt, die so verlockend für den socialdemokratischen Zukunftsstaat in Aussicht gestellt sei. Er hoffe dringend, daß die Regierung dem Regulativ zustimme und auch noch über 2 Procent Unisatzsteuer hinausgehe. (Bravo.) Abg. vr. Schill-Leipzig giebt die Erklärung ab, daß seine Partei freunde mit ihin auf Len Boden der ministeriellen Verordnungen sich nicht stellen können und werden. Es sei ja sehr zu beklagen, daß der sog. kleine gewerbliche Mittelstand in Bedrängnis; gerathen, er glaube aber, daß es nicht richtig sei, diesem Bedrängniß auf die Weise zu begegnen, daß man eine derartige Institution wie die Consumvereine durch besondere Besteuerung beglücken will. Sie steht auch im Widerspruch zu der Reichsgesetzgebung. Aus diesem Standpunkt haben er und seine Freunde vor 2 Jahren gestanden und sie können daher dem von der Verordnung eingeschlagenen Weg nicht folgen. Die vor 2 Jahren angenommenen Anträge seien die äußerste Grenze, wohin man gehen könne, und er hätte sehr gewünscht, daß sich die Regierung in diesen Grenzen gehalten hätte. Tie Consumvereine als solche zu besteuern, sei wirthschastlich höchst bedenklich, auch weil wir uns damit in Widerspruch setzen mit dem Geiste der Reichsgesetzgebung. Abg. Arätzdorf-Mikten (Soc.): Daß die Herren der Rechten von der Stellung der Regierung nichts wissen sollten, sei aus geschlossen. Nur weil die Reichstagswahlen vor der Thüre stehen, haben die konservativen die Interpellation eingebracht, in der Ab sicht, den Antisemiten den Wind aus den Segeln zn nehmen, nachdem sie auf ihrem Parteitag so elend Schiffbruch gelitten haben. (Heiter- keit rechts.) Beim Bund der Landwirthe finden sie ja auch keine Stimmung. Für uns (die Socialdemokraten) ist die ganze Sache keine Parteisache. Wir als Partei haben mit den Consumvereinen nichts zu thun, diese find lediglich private Unternehmungen. In der Vor lage der Umsatzsteuer liege ein Kampfmittel gegen die Socialdeuio- kratie. Redner wendet sich sodann gegen die Auslassungen des Abg. Großmann. Dieser habe gesagt, die Consumvereine wären Sinekuren für die Socialdemokratie. Darauf sage er, die Gemeindevorstände sind Sinekuren für die konservativen Candidaten. Redner begegnet dem Einwand Großmann's, als ob die Consumvereine AuskunstSstellen für die Socialdemokratie wären. Derselbe Herr Abgeordnete habe ebenso betont, daß der Zusammenschluß der Eisenbahnbeamten rc. zu billigem Einkauf etwas ganz Andere- wäre, als die Consum vereine. Es laufe aber doch auf dasselbe hinaus, ob man Consum vereine gründet oder den kleinen Kaufmann drückt, möglichst billige Preise zu machen. Aus unserm (socialdemokratischen) Großbetrieb fließen die Gelder in die Taschen der Mitglieder zurück. Der Abg. vr. Schill habe schon darauf hingcwiesen, daß es ganz unmöglich ist, die Conjumsteuer zn definiren und daß sie am aller wenigsten den Gemeinden überlassen werden darf. Im Oktober 1896 waren die Vertreter der sächsischen Consumvereine in Dresden versammelt. Dabei waren 118326 Mitglieder mit 281 Millionen Mark Umsatz pro Jahr vertreten. »Diese haben sich an die Regierung um Absendung eines Vertreters zu den Ver- Handlungen gewandt. Ja, wenn sich Arbeiter versammeln, schickt man wohl 50—60 Gendarmen, aber einen Regierung-Vertreter nicht, wie »in diesbezügliches Schreiben des Herrn Oberbürgermeister Beutler an den Abg. Postelt beweise. Es wird also mit zweierlei Maß gemessen. Wenn lauter Commerzienräthe zusammengejessen hätten, wären gewiß mehr als rin Regierung-Vertreter zugegen gewesen. (Heiterkeit.) Um di» Umsatzsteuer rechtlich zn begründen, mnß dem G'wrrbegesrtz Gewalt angethan werden. DaS, was von der konservativen Partei verlangt wird, ist ein Glied in der Kette, di« darauf hinansgeht, di« Arbrit« zu schädigen. Erst haben Sie ihnen das Wahlrecht ge- »oinmeu, dann das sreie Eoalitionsrecht, die Vermögenssteuer haben Sie abgelehnt in der Deputation. (Zuruf: Nicht wahr!) Und nun kommen Sie mit der Umsatzsteuer, um den armen Leute» auch noch die billigen Lebensmittel zu nehmen. Er schlage für die Er haltung dcs Mittelstandes andere Mittel vor. Machen Sie keine neuen Steuern, legen Sie Steuern aus die Bemittelten, ermäßigen Sie dir Einkommensteuer für kleine Leute, beseitigen Sie mit einem Worte die Blutstruer. (Redner wird wegen dieses Ausdruckes vom Präsidenten zur Ordnung gerufen.) Staatsminister von Mktzsch wendet sich zunächst gegen den AVq. Rüder und bemerkt, er habe »och nicht erkennen können, Laß in de» drei Verordnungen, die er citirt, ein Widerspruch stecke. Er würde dem Abg. Rüder für nähere Kcunzeichnung eines solchen Widerspruches dankbar sein. Der Abg. Seifert habe behauptet, daß die Ausführung einer Eondersteuer mit den Bestimmungen des 8 37 der Verfassung nicht im Einklang stünde und daher eine gesetzliche Grundlage für das Vorgehen der Regierung fehle. Diese gesetzliche Grundlage wird aber durch das Regulativ geschaffen. Den Borwurf, daß das Vor- gehen der Regierung eine Ungerechtigkeit für die arbeitenden Klassen bedeute, weise er entschieden zurück. Tie Regierung habe sich noch niemals an Maßnahmen betheiligt, die für irgend Jemand eine Ungerechtigkeit bedeute. Der Abg. Schill habe darauf hin gewiesen, daß Las jetzige Vorgehen der Regierung nicht in Einklang stehe mit der damalige» Stellungnahme und den im Deputalionsberichte niedergelegten Ansichten. Diese Ab weichung bestehe. Der Abg. Schill habe weiter seinen Stand punkt dahin gekennzeichnet, daß man die Cckkjumvereine ausdrücklich habe ausjchließen wolle». Auch das gebe er zu. Er glaube aber nichtsdestoweniger gerade auf Grund des Deputations berichtes und aus Grund des s. Zt. an die Negierung gelangten Schlußanlrages zu der Auffassung berechtigt zu sein, daß unter Hauptniederlassung auch die Consumvereine verstanden werden ollten und er habe sicher geglaubt, entsprechend zu handeln, wic es in der zweiten Verordnung geschehen sei. Hätte die Regierung ich auf den Standpunkt deS Abg. Schill gestellt, dann würde ihr jede Basis gefehlt haben und das Vorgehen wäre nicht in Einklang zu bringen gewesen mit den Bestimmungen der Gewerbeordnung. Er glaube, daß auch der RegierungSstanLpunct etwas für sich habe und keineswegs, wie von socialdemokratischer Seite gesagt sei, systemlos sei. Ter Abg. Fräßdors habe es als einen groben Ver loß bezeichnet, daß Las Ministerium deS Innern beziehentlich ich selbst einer Aufforderung des Herrn Postelt zu einer Proteslversaminlung in der Umjatzsteuersrage keine Folge gegeben habe. Ich übcrlasse es dem Urtheil der Kammer, ob das Ministerium überhaupt in der Lage war, in demselben Augenblicke, in welchem es die be treffenden Verordnungen zn erlaßen im Begriff stand, an einec Protestversammlung thcilzunehmen. Tas Ministerium habe über Haupt keine Veranlassung, derartigen Citationen Folge zu geben. Die Regierung habe Rede gestanden im Reichstag, er stehe hier im Landtage Rede, aber citiren lasse er sich nicht. (Bravo.) Abg. Huste - Bischofswerda (cons.) ist von den Verhandlungen o weit befriedigt, als cs eben möglich ist. Irgend einen großen Erfolg habe er nicht erwartet. Es fei aber Klarheit geschaffen worden. Den Interpellanten habe nichts ferner gelegen, als ich mit der Interpellation das Wohlwollen der Antisemiten in Sach en zu erwerben; ebensowenig hätten sie damit die Socialdemokratie ve kämpfen wollen. Sie wollten lediglich dem arg bedrängten Mittel- stände Hilfe bringen. Redner wendet sich gegen verschiedene Be- merkungen des Abg. Seifert und fordert nicht nur Besteuerung der Genossenschaften, sondern auch der großkapitalistischen Handels- treibenden. Er gebe zu, daß das eine scheinbare Härte gegenüber diesen Betrieben sei, sie sei aber im Jntrresse des Mittelstandes nöthig Im Gegensätze zu seinem Aractionsfrrunde Großmann sei er auch rin Gegner der Beamten - und Osficiersvereinr, die großen Schaden aurichteten. Die Gesetzgebung widerspreche durchaus nicht der Ver- sassung. Er bedauere, daß die Besteuerung abhängig gemacht werde von der Bedürsnißfrage und wolle nur hoffen, daß die Behörden hier nicht allzu zartfühlend sein möchten. Abg. Horn-Löbtau (soc.) wendet sich in längeren Ausführungen gegen die Vorredner und widerspricht der Sonderbestroeruoa. Er werde mit ungleichem Maße gemessen, denn die Beamten- und Officser- vereine würden nicht getroffen, wohl aber die Consumvereine, denen man besonders da gern zu Leibe gehen möchte, wo die Leitung eine socialdemokratische sei. Sie könnten den Standpunkt der Regierung nicht billigen, der immer nur der der Majorität sei. Man solle ausgleichende Gerechtigkeit walten lassen und wenn nothwendig, das ganze Gewerbe zur Steuer heranzirhen. Die Socialdemokratie werde Mittel und Wege finden, durch eine andere Organisation diesen steuerlichen Angriffen aus dem Wege zu gehen. Bicepräsident vr. Streit-Zwickau (Fortschr.) erklärt, daß er in der ganzen Angelegenheit von allem Anfang an eine recht kühle Stellung eingenommen habe. Ihn» scheine der eingeschlagene Weg nicht der allein richtige zu sein. Wenn eine solche Umsatzsteuer au> alle und jede großen Geschäfte gelegt werde, würde rin Thril des legitimen Handels z» Grunde gehen. Das Richtige scheine ihn, auch die Besteuerung der Filialen und Zweiggeschäfte zu sein, denn hier liege ein Mißbrauch der Capitalmacht vor. Wenn diese Auffassung aus de» langen Verhandlungen heute al- praktisches Ergebniß hervorgehe, so wäre das ein Bortheil. Die Frage sollte aber seiner Ansicht nach durch ein Landesgesetz geregelt werden (sehr richtig) und nicht durch Regulativ. In Zwickau seien nur all gemeine Erwägungen angrstellt und man sei im Stadtrath dort -u der lleberzeugung gekommen, daß sich nur durch eine Besteuerung der Filialen u. s. w. etwa- erreichen lasse. (Bravo.) Abg. Elrünberg-Hartha (soc.) exemvlificirt auf England, wo man auch durch eine Sondersteuer die Consumvereine vernichtet habe. An deren Stelle seien Aktiengesellschaften getreten, die bis zu 100 Zweiggeschäfte hätten, also noch intensiver arbeiteten al- die Consum- vereine. Eine Besteuerung der Filialen und Zweiggeschäfte würde ein geriebener Geschäftsmann schon zu umgehen wissen. Er widerspreche der Behauptung, daß die Consumvereine meist in socialdemokratischen Händen seien. Wenn eia socialdemokratischer Agitator als Lagerhalter gewählt sei, gehe er der Partei agitation verloren. (Widerspruch.) In der Gehestistung habe neulich eine Instruction über die Umsatzsteuer stattgefunden. Da habe rin Geistlicher gesagt, daß die Consumvereine sehr guten moralischen Einfluß ausgeübt hätten. Dieser Auffassung sei auch von juristischer Seite zugestimmt. Redner hebt die erzieherische Wirkung der Con- sumvereine auf Arbeiter hervor, die als Mitglied des Auffichtsrathes und als Lagerhalter gelernte und geschulte Geschäftsleute würden. Eine solche WissenSbereicherung sähen allerdings die Besitzenden nicht gern. Abg. Leupolit-Dresdcn (cons.) würde, falls er 1890 schon Mit- glied dcs Hauses gewesen wäre, auch Bedenken geltend gemacht haben. Er habe aus der Praxis die Erfahrung geschöpft, daß eine Regelung dieser Frage Sache der Gemeinde sei. Die Debatte habe auch gezeigt, daß diese Auffassung die richtige sei. Ter Rath der Stadt Dresden habe rin Regulativ ausgestellt, das zweifelsohne die Zustimmung der Stadtverordneten finden werde, in welchem ebenfalls ans die Besteuerung der Zweiggeschäfte zugekommen sei. Man wolle in Dresden nicht das Großkapital, auch nicht die Consumvereine, sondern lediglich die Auswüchse ans diesen» Gebiete treffen. Er sympathisire mit der Auffassung über die Feststellung der Höhe der Umsatz steuer von Seiten der Regierung. Es müsse abgewartet werden, welche Erfolge das Vorgehen in Dresden und in anderen Städten haben werde. (Zurus: Keine). Das Großkapital würde zweifelsohne jede Findigkeit entwickeln, um sich einer solchen Besteuerung zu entziehen. Da sei eS eben Pflicht, gegenüber einer solchen Findigkeit auszupassen und dafür zn sorgen, daß jeder Versuch einer Umgehung entsprechend corrigirt wird. Mit einem warmen Appell an die brssergestellten Kreise, für das Wvbl des Mittelstandes mit allen Kräften praktisch einzutreten, schließt Redner seine Ausführungen. Abg. Rüder - Roßwein (cons.) bemerkt dein Herrn Minister gegenüber, daß nach Auffassung seiner politischen Freunde ein Gegensatz in der zweiten und dritten Verordnung vorhanden sei, deren bezüglichen Text Redner nochmals verlirst. Derselbe wendet sich des Weiteren gegen verschiedene Behauptungen deS Abgeordneten Seifert und gegen eine Ausführung des Abg. vr. Schill. Auf Antrag des Abg. Richter wird gegen 13 Stimmen Schluß der Debatte ausgesprochen. Nach thatlächlichrn Berichtigungen und persönlichen Bemerkungen der Abgg. vr. Uhlemanu, Frätzdorf, vr. Schil, Radelt schließt die Sitzung. Nächste Sitzung: Donnerstag, 17. Februar, 10 Uhr. Tagesordnung: Verschiedene Lapitel de» Etat».
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