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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.01.1898
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980129026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898012902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898012902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-29
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
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728 zu bossen bleibt jedoch, daß di« zu Beseitigung oder Ver minderung der allgemeinen Unzufriedenheit bestimmten Maß nahmen ter Regierung mit dieser einen Anordnung nicht erschöpft sind. Das Cabinet wird im Gegeutheil gut thun, der Frage, wie der wirthschafltichen Nothlage zu steuern und die materielle Existenz der Massen erträglicher zu ge stalten sei. ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Eö giebt in Italien keine Ausgabe, die als dringender und wichtiger bezeichnet werden könnte. Wie sich nunmehr berauSstellt, ist der von einem englischen Kriegsschiff im -erfischen Meerbusen aufgebrachte Dampfer doch ein englisches Schiff; es gehört der „Anglo Arabian and Persian Dampfschiffs-Gesellschaft" und unternimmt regelmäßige Fahrten nach jenen Gewässern. Der „Beluchistan" führt die britische Flagge und ist in Swansea im Schiffsregister eingetragen. Aber die Waffen, die er an Bord hatte, sind russischen Ursprungs und waren durch ein anderes Schiff von Petersburg aus bis zur Themsemünvunz gebracht worden, wo sie auf den „Beluchistan" nmgeladen wurden. Das war im November; das Schiff wurde dann auf der Themse angehalten, weil es sich gegen die Londoner Hafenvorschriften vergangen, indem es Pulver in Blechbüchsen an Bord hatte. Die Gewehre, welche das Schiff ausgenommen hatte, waren angeblich für den französischen Hafen Djibuti am Rothen Meere bestimmt. Nachdem der Eapitän anscheinend befriedigende Erklärungen abgegeben hatte, wurde dem Scviffe mit den Waffen und der Munition, welche es schon an Bord hatte, die Abfahrt gestattet. Diese Einzelheiten verändern einigermaßen die Sachlage; es liegt jedenfalls in der Beschlagnahme des Schiffes keine direkte Verletzung russischer Interessen vor. Fraglich bleibt nur, ob die englische Regierung berechtigt ist, die Waffen aus einem der englischen Oberhoheit nicht im Geringsten unterstehenden Gebiete zu beschlag- nahmen. Man scheint dies, wie aus der Sprache englischer Blätter hervorgebt, damit motiviren zu wollen, daß eine Verletzung des Völkerrechts durch Rußland vorliege; aber diese wird sich wohl kaum nachweisen lassen. So meint die „St. James Gazette": „Streng juristisch genommen, mag ja keine Verletzung des Völker- rechlS vorliegen, wenn russische Agenten Waffen nach Süd-Persien einsührea. Jedenfalls aber zeugt die Handlungsweise nicht von Freundschaft gegen England. Der Fall liegt aber ganz anders, wenn die Waffen für Beludjchistan bestimmt waren, wo sich auch einige Stämme im Ausstand gegen die britische Regierung befinden. Außerdem würde die Waffeneinfuhr in Beludschistan am allerehesten die Afridis mit Waffen versehen können. ES ist eine feststehende Tbatsache, daß die Pathans auch von anderen Quellen Waffen bekommen haben, als von Britisch-Jndien. Die Behauptung, Laß Waffen und Munition in Djibuti für Abessinien gelandet werden sollten, ist nur ein Borwand, da der Dampfer an lenem Hafen vorbeigesegelt ist, ehe er in den persischen Golf eiulief. Der ganze Fall nimmt sich häßlich aus. Mau fragt sich, in welchen Beziehungen eigentlich Gras Leoutt« w, unter dessen Namen die Waffen gingen, zu der russischen Regierung steht. Es ist nicht so lange her, daß der Graf, welcher nach Abessinien zurück kehren wird, vom Zaren empfangen wurde. Er befindet sich zur Zeit in Konstantiuopel. Kürzlich soll er in Loudon gewesen sem, um weitere Wasseneinkäufe zu machen." Großes Zutrauen zur Berechtigung des englischen Vor gehens scheinen die englischen Blätter selbst nicht zu haben, wenn sie, wie in der vorstehenden Preßstimme, allerhand Möglichkeiten zu construiren suchen, welche allenfalls vor liegen könnten. Deutsches Reich. l- Lei-xig, 29. Januar. Wie wir bereit» in der gestrigen Abendnummer meldeten, war an die Leipziger Mitglieder des Alldeutschen Verbandes die Nachricht von einer von Mit gliedern in Plauen i. V. geplanten Huldigungsfahrt für Redacteur Hofer in Eger gelangt. Diese Fahrt, an der sich auch VerbandSmitglieder aus OelSnitz und Netzschkau betheiligen, findet kommenden Sonntag statt. In Eger er folgt die Üeberreichung eines Ehrengeschenkes in Gestalt eines BildeS sowie einer Geldspende an Redacteur Hofer. Von Leipzig aus betheiligen sich, wie in einer gestern Abend im „Thüringer Hose" abaebaltenen, spärlich besuchten vertrau lichen Besprechung hiesiger VerbandSmitglieder festgestellt wurde, nur einzelne Mitglieder; von einer ofsiciellen Be theiligung hat man abgesehen. U Verkitt, 28. Januar. Das soeben erschienene „Hand buch für das deutsche Reich auf vaS Jahr 1898" weist gegen seinen Vorgänger die verschiedensten Aenderungen auf. Zunächst hat der BundeSrath, namentlich soweit die preußischen Bevollmächtigten in Frage kommen, eine wesent lich andere Zusammensetzung erhalten. Neu sind unter den preußischen Bevollmächtigten die SlaatSsecretaire v. Bülow, Tirpitz, v. PodbielSki, Freiherr v. Tbielmanu und unter den Vertretern UuterstaatSsecretair im Reichspostamt Fritsch, Generalmajor von der Boeck, Geheimer Oberfinanzralh Or. Fehre und Geheimer OberregieruogSrath im Ministerium für Elsaß - Lothringen Halley aufgeführt. Letzterer ist übrigens auch Commisfar der Landesvcrwaltuug für Elsaß- Lothringen. WaS die übrigen Bundesstaaten betrifft, so sind al- bayerischer Bevollmächtigtenvertreter Ritter von Schnell, in gleicher Eigenschaft für Mecklenburg-Schwerin Oberzoll director Kunckel, für Lippe Staatsminister vr. Miesitscheck v. Wiswkau neu verzeichnet. Für Braunschweig ist überhaupt die Clafse der Vertreter neu geschaffen und zwar sind als solche Wirkt. Geh. Rath vr. Spieß und der elsaß-lothringische Geh. Ober-RegierungSrath Halley aufgeführt. Die Bevoll- mächtigtenstelle für Schaumburg-Lipp« ist gegenwärtig un besetzt. Als Commisfar der LandeSverwaltung für Elsaß- Lothringen ist der Oberregierungsrath LeydHecker neu m den BundeSrath delegirt. — Im Auswärtigen Amt ist bei der Colonial-Abtheilung eine neue Gruppe „Officiere" eingeschaltet. Darunter sind Ohnesorg,Major im Oberkommando der Schutztruppe, und Fischer, Hauptmann L In snitv der Schutztruppe, vermerkt. Außerdem sind zum ersten Male die Mitglieder des Colonialrathes und der DiSciplinar- behorden für die Schutzgebiete verzeichnet. — Beim Reichsamt des Innern wäre zunächst die andere Zu sammensetzung der Commission für Ärbeilerstatistik, an deren Spitze statt veS UnterstaatSsecretairS Lobmann der Unter- staatssecretair Fleck getreten ist, zu erwähnen. ES sind auS- geschieden die bisherigen sächsischen und hessischen Vertreter und an deren Stelle der sächsische Geheimrath vr. Fischer und der hessische RegierungSrath vr. Kayser getreten. So dann sind zum ersten Male die Mitglieder des Börsen- auSschusseS und der BerufungSkammer in Börsen-EhrengerichtSsachen verzeichnet. Auch ist neu im Nebenamt als technischer Referent für die bau lichen Angelegenheiten des Reichsamts de- Innern der preußische Geh. Ober-Baurath und vortragende Rath im Ministerium der öffentlichen Arbeiten Zastrau aufgesührt. — Die beim ReichS-Marineamt milgetheilte Liste S. M. Kriegsschiffe weist mehrere Aenderungen auf. Unter den Panzerschiffen 1. Classe ist als im Bau begriffen nur „Kaiser Wilhelm H." vermerkt. Die zweite Clafse der Panzerschiffe, in welcher bisher „König Wilhelm", „Kaiser", „Deutschland" geführt wurden, ist mit „Vacat" bezeichnet. Dafür sind die drei genannten Schiffe zusammen mit dem im Bau befindlichen „Fürst BiSmarck" in die neu ein gerichtete 1. Classe der Kreuzer ausgenommen. In der zweiten Kreuzerclaffe sind „Victoria Louise" „Hertha", „Freya" und „Bineta" neu verzeichnet. AuS der dritten Kreuzerclaffe sind „Olga", „Marie" und „Sophie" gestrichen und unter die Schulschiffe versetzt. * Vertin, 28. Januar. Der allerhöchste Erlaß über den Rang mehrerer Classen von Staatsbeamten hat nament lich für die preußischen Richter insoweit eine gewisse Be deutung, als nunmehr der Halste derselben die seit längerer Zeit angestrebte Gleichstellung mit den gleichwertbigen Beamten der innern Verwaltnng formell verliehen wird. An den GehaltSverhältnisien wird dadurch nichts geändert ; nur für UmzugSkosteu und Tagegelder hat der allerdöchste Erlaß eine materielle Bedeutung. Dagegen wird die äußere Rangstellung insoweit geändert und gehoben, als diejenigen Richter erster Instanz, Landrichter und Amtsrichter, sowie diejemgen Staats anwälte, denen bisher der persönliche Rang der Räthe vierter Clafse nach zwölfjähriger Dienstzeit verliehen wurde, nunmehr diesen Rang nicht mehr für ihre Person allein erhalten; sie zählen vielmehr künftig als LandgerichtSräthe, Amrsgerichts- räthe und alS StaatSanwaltschastsrathe kraft dieser Beförderung und im gleichen Range wie die RegierungSräthe zur vierten Rang- classe der höbern Provinzialbeamten. Daß einer dieser Tuet in der preußischen Justizverwaltung bisher unbekannt war, wird den Lesern nicht entgangen sein; der neugebackene StaatSanwaltschaftSrath aber zeichnet sich mit seinen sechs A-Amteo, fünf Zungenlauten und vier Zischlauten, die einem russischen Ohre schmeicheln könnten, nicht gerade durch Glätte und Wohlklang auS. Ueber daS Titel- und Rangwesen in Deutschland hat ja Mancher seine eigenen Gedanken: aber wie die Sache einmal liegt, so wird doch kein Unbefangener be streiten, daß der bisherigen schlechteren und minderwerthigen Behandlung der Richter gegenüber den Mitgliedern der königlichen Regierungen jede sachliche Grundlage fehlte, und insoweit ist jedenfalls die jetzige Neuerung als eine Handlung ausgleichender Gerechtigkeit mit Anerkennung zu begrüßen. Nach dem Erlaß vom 11. August 1879 konnte nur einem Drittel der Landrichter und Amtsrichter persönlich ein höherer AmtScharakter verliehen werden; der Erlaß vom 2l. No vember 1888 hat dieses Drittel auf die Hälfte der Gesammtzahl der Land- und Amtsrichter ausgedehnt; bei dieser Zahl ist auch der jetzige aberhöchste Erlaß ver blieben. (Köln. Ztg.) — Der Kaiser hat für die deutsche evangelische See- manusmission in England 6000 gegeben. — In der Fahrt der dem Prinzen Heinrich unter stellten Division nach Kiaotschau ist eine kleine Verzögerung eingetreten. Der Kreuzer „Gefion" ist in Aden angekommen, um von dort mit zwei Kohlendampfern nach Sokotra zu gehen, die dorthin beordert waren, um Kohle» für S. M. S. „Deutschland" zu überbringen. Die Kohlendampfer hatten jedoch, so berichten die „Hambg. Nachr.", das Geschwader verfehlt und waren nach Perun zurückgegangen. Gegenwärtig wartet S. M. S. „Deutschland" bei der Insel Sokotra auf das Eintreffen der „Gefion". Die genannte Insel liegt an der Nordostecke des afrikanischen ContinentSj vor dem Cap Guardasui, auf 12» 44" Nordbreite und ist im Besitze Eng lands. Prinz Heinrich wird in der Zeit vom 16.—18. Februar in Kiaotschau erwartet. — Bei den Conferenzen, die im October v. I. im Reichs postamt stattfanden, ist u. a. die Frage der Abholung von Postsendungen auSPrivatbriefkästea erörtert worden. Der „D. BerkehrS-Ztg." zufolge sind jetzt bei der Reichs- Postverwaltung Erwägungen im Gange, das Verfahren zur praktischen Durchführung zu bringen, wenn sich w den be- tbeiligtcn Kreisen Interesse dafür zeige. DaS Blatt bemerkt dazu: Soviel wir wissen, besteht daS Verfahren jetzt schon mit den Gerichtsbehörden iu Berlin. In den Dienstgebäuden dieser Behörden sind auf deren Antrag 10 Briefkästen aus gestellt worven, die werktäglich fünf Mal geleert werben. Die durch die Leerungen entstandenen Kosten werden alljährlich von der GerichtScasse eingczogen. Selbstverständlich wäre eS im Falle der beabsichtigten Ausdehnung des Verfahrens zu umständlich, die wirklich entstandenen Kosten in Berechnung zu bringen; vielmehr könnte — ebenso wie iu England — lediglich die Zahlung fester Vergütungen in Betracht kommen. — Dem Vernehmen der „B. P. N." nach ist die Vorlage wegen Verstärkung des Fonds der Central-Ge- nossenschastScasse soweit gediehen, daß die Genehmigung des Königs zur Einbringung an den Landtag nachgesucht sein dürfte. Der Entwurf wird, wie bekannt, die Verdoppe lung deS Fonds, also eine Erhöhung um 20 Millionen Mark, enthalten. Auch ist eS nicht ausgeschlossen, daß in ihm eine Bestimmung vorgeschlagen wird, wodurch der Finanzminister ermächtigt würde, in bejonderen Bedarfsfällen die der Central- GenossenschaftS-Caffe zur Verfügung gestellten Mittel selbst ständig zu erweitern. — Wie schon gemeldet, ist dem langjährigen frühern deutschen Gesandten in China, Wirkt. Geh. Rath v. Brandt, der zur Zeit in Wiesbaden lebt, der Rothe Adlerorden erster Claffe mit Eichenlaub verliehen worden. Diese Aus zeichnung dürfte damit im Zusammenhang stehen, daß Exc. v. Brandt aus Anlaß der Besetzung ter Kiaotschaubucht in den letzten Monaten wiederholt ins Auswärtige Amt als sachkundiger Berather nach Berlin berufen worden ist. — Im preußischen Abgeordnetenhaus hat der Abgeordnete Fetisch mit Unterstützung der conservativen Partei und deS CentrumS den Antrag eingebracht: „Die königliche Staatsregierung zu ersuche», dieselbe wolle im BundeSrath ihren Einfluß dahin geltend machen, daß dem Reichstage baldigst ein Gesetzentwurf vorgelegt werde, durch welchen die Ausübung des so verantwortlichen Baugewerbes von dem Nachweis der Befähigung zum selbstständigen Betriebe abhängig gemacht wird." — Abg. vr. v. Bennigsen wird vom 8. Februar ab wieder an den Reichstagsverhandlungen theilnehmen. — Die Abgg. NieS, Bachem und Herold haben einen Antrag einaebracht, durch den einige Aenderungen des preußlschen CommunalsteuergesetzeS eingeführt werden. — Im Monat Decembrr 1897 sind in Berlin 200 Proben von Nahrungs- und Genußmittelu chemisch untersucht und 39 davon beanstandet worden. Die Beanstandungen betrafen Milch, Butter, Eier, Citronöl, Chocolaüe, Jmperiallhee, Medicinal-llngar- wein und Roihwein. Die Milchcontrole erstreckte sich aus Revisioneu in 1309 Geschäften, wovon 73 zu Beanstandungen führten, die Buttercontrole aus 193 Geschäfte mit 22 Beanstandungen. * AriedrichSruh, 28. Januar. Fürst Bismarck, dessen Befinden sich soweit gebessert hat, daß er zum ersten Male wieder festes Schubzeug aulegen konnte, hat gestern, am Geburtstage deS Kaisers, wie alljährlich, außer seiner näheren Umgebung die in FriedrichSruh stationirten Beamten der Post und Eisenbahn sowie die eigenen Beamten beim Mittagessen um sich versammelt. Es waren inSgesammt 26 Personen bei ihm zu Tische. Im Verlauf der Tafel erhob sich der Fürst und brachte den Toast auf den Kaiser auS. * Schweiz, Westpreußen, 27. Januar. Die Strafkammer verurtheltte den Polizeidiener LaSkowSki von vier, welcher im Juli vorigen Jahres einen Schiffsgehilfen widerrechtlich arretirt, sowie gestoßen und geschlagen hatte, zu zwei Monaten Gefäugniß. V. Gnesen, 28. Januar. (Privattelegramm.) Die Polizei verbot die Aufführung deS polnische» Theater stückes „Aus der Warschauer RevolutionSgeschichte von 1794" wegen der Aufforderung zur Auflehnung gegen die bestehen den Staatsgewalten. (Wiederholt.) * Pose», 27. Januar. Eine Delegirteuversammlung deS SokolverdandeS des deutschen Reiches hat hier am 23. d. stattgefunden. AuS dem Berichte deS Verbandsvorstandes ist zu ersehen, daß dem Verbände rur Zeit 36 Vereine mit 2196 Mitgliedern »«gehören. Der Verband hat zwei Handbücher für Turner in polnischer Sprache verlegt und auch eine Fach-Bibliothek gegründet. Um den Vor wurf, daß die Sokolvereme sich mit öffentlichen An gelegenheiten beschäftigten, fernzuhalten, hat der Verbands vorstand den Vereinen untersagt, mit Sokolvereinen, welche dem Verbände nicht angehören, sowie mit Vereinen anderer Kategorien sich in Verbindung zu setzen. Die Sokoltracht soll nur aus besondere Erlauvniß deS VerbaudSvorstande- bei speciellen Veranlassungen angelegt werden dürfen; Zu widerhandelnde unterliegen diSciplinarischen Strafen. Die dem Verbände angebörendeu Vereine dürfen bei keinem Anlaß als solche an öffentlichen politischen Feierlichkeiten theilnehmen; eö wird den Vereinen zur Pflicht gemacht, in den Monats versammlungen Vorlesungen aus dem Gebiete der Gymnastik und Hygieine zu veranstalten. (P. T.) * Delitzsch, 28. Januar. Am Dienstag hielt der hiesige deutsch-sociale Reform-Verein seine Hauptversamm lung ab. Der anwesende Rittergutsbesitzer Schirmer- Neuhaus wurde ersucht, die Candivatur für die Partei zu übernebmen. Derselbe lehnte jedoch unter allen Umständen ab, wies vielmehr darauf hin, baß alle staatserhaltenden Parteien nur einen Candidaten aufstellen möchten und zwar wieder den bisherigen Vertreter, Herrn Grubenbesitzer L- Bauermeister-Deutsche Grube. Oesterreich-Ungarn. Tie Frontänderung der katholischen VolkS-artei. * Wien, 28. Januar. Cämmtliche tschechischen Blätter br- schäsligen sich heute mit der letzten deutschfreundlichen Rede vr. Ebenhoch'S im oberösterreichischen Landtage über die Sprachenverordnungen.Die„Politik"schreibt: „Die Majorität der Rechten hat zu bestehen ausgehört, es besteht aber noch keine andere Majorität. Es ist überhaupt die Frage, ob eine andere Majorität möglich sein wird. ES ist vielleicht gut, daß der Lauf der Dinge diese Richtung nahm; es braucht uns durchaus kein Kleinmuth zu überkommen, weil vr. Ebenhoch eine richtige Absage an uns richtete, vielmehr wird es für die ver bleibenden Parteien der Rechte» nun zur Pflicht, sich enger aii- einanderzuschließen zur Vertheidigung der im gemeinsamen Adrest- Entwürfe niedergclegten Principien, welche jetzt von den Conservativen verlassen wurden. Geschieht LieS, dann wird eine Majoritäts bildung zu Gunsten der Linken unmöglich und dann werden viel leicht auch die Conservativen über kurz oder lang zur Erkenutniß gelange», daß trotz alledem ihr Platz im Vereine jener Parteien ist, von denen sich jetzt vr. Ebenhoch so schroff loSsagt." „Narodai Listy" erklären, die Bombe, welche vr. Eben hoch vorgestern im oberösterreichischen Landtage in die actuelle Politik geworfen hat, könne nicht ohne Folgen für die Bildung der künftigen Verhältnisse bleiben. Tas verstehe sich von selbst. Schon daraus könne man erkennen, daß das, was geschah, und wofür alle Verhältnisse sprechen, mit Zuthun der Regierung geschehen ist. „Das Bestreben, das deutsche Cartell auseinander zu reißen, ist zunichte geworden. Sieger blieb die Taktik, welche daran gearbeitet hat, die Deutschen wieder zu vereinen. Es ver steht sich von selbst, daß die geänderte Situation einen natürlichen Einfluß auch auf die Aenderung der Taktik der Vertreter des tschechischen Volkes haben muß. Das ganze Deutsch thum ist gegen uns, wohlan, möge nun das, was sich zum Deutschthum nicht meldet, sich in einer Phalanx vereinen und im Namen der nationalen Gleichheit in den Kamps rintreten. Vereinigt giebt es acht Millionen Deutsche gegen sechzehn Millionen Slawen." „Hlas Naroda" führt aus: „Die politische Situation ist heute die: Entweder wird der nationale Streit in Böhmen bald beendigt, oder der Austritt aller Deutschen aus der Rechten steht bevor. Die erste Eventualität bedeutet einen großen Bortheil, die zweite eine noch größere Verwirrung, Gefahr und Risico, als dies bei der bisherigen Situation der Fall war." Ans -cn Landtagen. * Linz, 28. Januar. Der Abg. Wienhölzl stellt den Antrag, die Pilsener deutsche Staatsgewerbeschule nach Linz zu verlegen. Betreffs des Antrags Zehetmayr wird beschlossen, die Regierung auszufordern, daß sie mit allen Mitteln auf die so- iorlige Aufhebung des Mahlverkehrs hiuwirken möge mit den» gleichzeitigen Zusatzantrag Erb, daß diese Aushebung ohne weitere Zugeständnisse der österreichischen Negierung an die ungarische Regierung erfolge. Im Verlaus der Debatte bemerkte der Abg. Zehetmayr, daß der Mahlverkehr bereits aufgehoben wäre, wenn nicht die Vorgänge in den Parlamenten hindernd in den Weg getreten wären. Ter Abgeordnete B eurle führte aus, daß die Lbstruction nie eingetreten wäre, wenn Ebenhoch und Genoffen von Anfang an gegenüber den Sprachenverordnungen die Stellung eingenommen hätten, wie bei dem vorgestrigen Landtags beschluß. Zehetmayr erwidert, die Conservativen hätten immer die gesetzliche Regelung der Sprachenfcage gesördert. Ebenhoch erklärt, der vorgestrige Beschluß sei ein Coinpromiß, die Conservativen hätten aufrichtig dem Anträge zugestimmt und seien über die ein stimmige Kundgebung hoch erfreut, da sie die Interessen Les Friedens in Oesterreich, die nationale Bedeutung der Deutschen und die Interessen des Vaterlandes und der producireuden Länder vor Augen hätten. Seine Partei habe nie die Sprachenverordnungcn gebilligt, sondern die gesetzliche Regelung derselben verlangt. * Prag, 28. Januar. Die von tschechischer Seite ein- gebrachte Interpellation in der Angelegenheit der Beschlüsse deS NiederösterreichischeuLandlagev.betrefsenddie nationalen Schulen, fordert den Statthalter auf, er möge seinen Einfluß dahin geltend machen, daß das von dem Abgeordneten KoliSko iu dem Nieder österreichischen Landtage beantragte Gesetz, nach welchem in Nieder österreich die deutsche Sprache die einzige Unterrichtssprache sein Clairac war allein. Einen Augenblick blieb er unbeweglich in dem kleinen Gemach stehen, wo dies« seltsame Unterhaltung stattgefunden hatte, blickte sich um rmd ein furchtbarer Widerwille schien sich seiner beim Anblick dieser unmodernen, ausgebleichten Möbel zu bemächtigen. Seine blasses Gesicht überfluthete eine plötzliche Röthe, und er murmelte, die Fäuste ballend: „Wenn man nichts weiter braucht, als Muth und Energie!" „Du bist allein, Gaston?" rief Alice aus dem anderen Zim mer, „komm doch und ruhe Dich aus." Er wandte sich nach dem Spiegel und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, zwang seine dünnen Lippen zu einem Lächeln und trat in daS andere Zimmer, wo ihn Alice mit liebe vollem Vorwurf empfing. III. Die Clairac'S von Chantefosse gehörten einer alten Familie aus dem Anjou an, die vor der Revolution durch die Verschwen dung eines Familienmitgliedes, dem di« Chronik eine wenig de- licatc Roll« in den Liebesabenteuern König Ludwigs XV. zu schreibt, ruinirt worden war. Selbst der oft scrupellose Hof hatte sich diesem Manne gegenüber strenger als gewöhnlich ge zeigt, und er hatte vergeblich versucht, die verlorene Achtung durch gewagte Finanzoperationen wett zu machen. Mit einer Favoritin der Marquis« der Pompadour vermählt, hatte er seine Gemahlin in die Kreise der vornehmen Gesellschaft einführen wollen, doch man hatte ihm den heftigsten Widerstand entgegengesetzt, und so war der Graf von Chantefosse kurz vor der Revolution einer der eifrigsten Feinde des Königthums ge worden. Seine Spekulationen wurden immer gewagter, bis man ihn in der Schreckenszeit eines Tages verhaftete und Robes pierre ihn kurzer Hand auf's Schaffst schickt«. Sein Sohn, den das Schicksal seines Vaters gewarnt, hatte bereits im Jahre 1791 Paris verlassen und dem Vater anheimgestellt, für die Finanzen deS Hauses zu sorgen. Der Tod Chantefosses wirkte auf ihn wie ein wahrer Bankerott; er stürzte von der Höhe seiner Träume in die niedrigste Wirklichkeit zurück und durchstreifte die Welt unter dem Namen des Marquis von Clairac, unter dem er in den bedeutendsten Spielhöllen des Auslandes eine gewisse Berühmt heit erlangte. Er hatte Bonaparte seine Dienste angeboten, doch dieser hatte lange gezögert, seinen Namen von der List« der Emi granten zu streichen, denn es war ihm wenig daran gelegen, diesen Glücksritter seinem Vaterland zurückzugeben. Im Ausland hatte Herr v. Clairac eine sehr schöne und reiche Dame geheirathet, doch eines schönen Tages war sie seiner müde geworden und war »hm durchgegangen, wobei sie ihm nichts weiter hinterließ, als einen kleinen Jungen von vier oder fünf Jahren, der jetzt schon der abscheulichste Taugenichts von der Welt war. Was konnte Herr v. Clairac unter solchen Umständen thun? Er schloß sich an eine Abenteuerin an, die er in seiner Spielhölle kennen gelernt, und Beide durchstreiften die Badeorte, um Gimpel zu fang«n und auszubeuten. Im Januar 1814, als die Listen wieder in Frankreich blühten, wurde Herr v. Clairac in einem deutschen Städtchen von einem Landedelmann, den er ausgeplündert, niedergeschoffen und die Marchesina, wie sich seine Begleiterin nannte, kam nach Paris mit dem kleinen Gaston, wo sie kurze Zeit darauf starb. Im Jahre 1820, im Alter von 20 Jahren, sah sich der letzte Sprößling derer von Chantefosse ohne einen Louis in der Tasche auf der Straße. Er verstand nichts und hatte nichts gelernt, und stets hatte er sich daran gewöhnt, ein müßiggängerisches Leben zu führen. Das Erwachen war hart; und zu stolz, um zu betteln, aber auch zu faul, um zu arbeiten, lebte der kleine Vi comte in Noth und Elend von dem armseligen Haushalt, den er nach und nach ins Leihhaus schleppte. In den ersten Tagen, als seine Kleider noch frisch und elegant aussahen, war ihm das Elend nicht so sehr zum Bewußtsein gekommen und von Neugier getrieben hatte er sich unter daS Publicum der Tuilerien, der ChampS ElysSeS und deS Palais Royal gemischt. Allen unbekannt, hatte er auch Niemand wieder erkannt, doch beim Anblick dieser lebhaften Bewegung, dieses groß artigen Luxus war ihm ein Rausch neidischer Wuth zu Kopf ge stiegen. Me Juwelen, die in den Schaufenstern lagen, blendeten ihn förmlich; er hätte die Hände auLstrecken, sie berühren, ja, wirklich, sie an sich reißen mögen. Und er empfand einen fieber haften Haß gegen dir Leute, die das besaßen, was er nicht hatte. Es war nicht der Hunger, der ihm als daS Schlimmste erschien, sondern die demüthigende Niedrigkeit, von der er sich umgeben fühlte. Sein Traum wär« eS gewesen, unverschämt auftreten zu können und erhobenen Hauptes einherzugehen, wie die Elegants, die er mit neidischen Blicken betrachtete. Ein Schmutzfleck auf seinem Rocke hätte ihm ein« schmerz lichere Wunde bereitet, als wenn er mitten ins Herz getroffen worden wäre. Mit zusammengepreßten Zähnen und Thränen in den Augen war er entflohen, und durch die einsameren Straßen geirrt, während Haß und Wuth an seinem Herzen nagten. Da er Hunger empfand, so sann er auf eine Gelegenheit, sich in einen Laden zu stürzen, den betreffenden Gegenstand zu ergreifen und dann damit zu entfliehen. Oder er wollte hinter einem Manne oder einem Kinde hergehen, die ihm schwächer als er erschienen und sie berauben, ohne gesehen zu werden. Nur die Feigheit, nicht der Abscheu vor dem Verbrechen hielt ihn zurück. So schleppte er sich noch einige Tage hin, dann fühlte er sich gebrchen, und vom Fieber verzehrt, fiel er zur Etde. Was da mals mit ihm vorging, konnte er später nicht mehr sagen. Zu nächst hatte sich um den an der Erde liegenden Jüngling eine Menschenmenge gesammelt, die in der Annahme, man habe es mit einem Betrunkenen zu thun, höhnische Bemerkungen machte, dann aber, als sie einsah, daß es sich um einen Hungrigen handle, von Mitleid ergriffen wurde. Die Scene spielte sich in einem ziemlich lebhaften Viertel, in der Rue du Temple, ab. Man hatte den jungen Mann aufgehoben, an die Wand gelehnt, und die Frau eines Weinhändlers hatte ihm eine Tasse Bouillon gereicht. Doch es war stark zu be fürchten, daß ein Polizist ihn als Landstreicher mitnehme, und wäre nicht ein vorübergehender Arzt, der Doctor Berthomieu, näher getreten, so wäre dies sicherlich der Fall gewesen. Der Doctor erkundigte sich nach dem Schicksal des jungen Mannes, ließ ihn in seinen Wagen bringen und fuhr mit ihm nach Hause. Dieser Doctor Berthomieu, ein Mann von etwas über fünfzig Jahren, der mit seiner Tochter und mit seiner alten Wirthschafterin allein lebte, war in der Straße St. Paul, in der er wohnte, unter dem merkwürdigen Spitznamen „der Doctor Bär" bekannt. Und dieser Spitzname war nicht unverdient, denn der Doctor war sehr grob. Im Uebrigen aber war er der beste Mensch von der Welt und behandelte Jedermann, dem er näher trat, freundschaftlich und väterlich. Er hatte eine Art, sein Honorar zurückzuweisen, daß man Lust bekam, es ihm an den Kopf zu werfen; doch der betreffende Patient merkte bald, daß der Arzt nur aus Menschenfreundlichkeit so gehandelt und die Nothlage des in Rede Stehenden wohl erkannt hatte. Er hatte in seinem vergangenen Leben einen sehr großen Schmerz zu erduld«» gehabt; seine Frau war im Wahnsinn ge storben und für die Zukunft quälte ihn eine bohrende Unruhe, denn er bemerkte bei seiner Tochter, die er im wahren Sinne deS Wortes anbetete, Symptome von Nervosität, die ihn erschreckten. Er behandelte dieses Kind zugleich mit der Zärtlichkeit eines auf merksamen Vaters und Arztes. Er hatte es verstanden, diese überschäumende Phantasie zu dämpfen und den Uebcrschuß von Lebhaftigkeit auf das gebührende Maß zurückzuführen; und so war Alice — so hieß da- Kind — herangewachsen, ohne zu besonderen Befürchtungen Anlaß zu geben. Die fast all« ehrenhaften Männer der damaligen Zeit, war auch er der Behörde fchr verdächtig, denn er hatte sich bei der Restauration einige unehrrrbietige Arußerungen über die regieren den Kreise zu Schulden kommen lassen und man hielt ein scharfes Auge auf ihn. Er schien sich jedoch wenig darum zu kümmern, er behandelte seine Kranken, liebte seine Tochter, und blieb an scheinend der Politik völlig fern. Dennoch besuchte er von Zeit zu Zeit den General Foy und unterhielt auch ziemlich intim: Beziehungen zu dem General Lafayette, was der Polizei übrigens recht wohl bekannt war. Das war der Mann, der den Unbekannten, den er von der Straße aufgelesen und dessen Namen er nicht einmal kannte, mit in seine Wohnung genommen hatte. Für den Augenblick war er für ihn nichts weiter als ein Un glücklicher, ein Opfer des Hungers, den der Doctor mit der Er gebenheit eines alten Freundes pflegte und von dessen Lager er einen Monat hindurch kaum wich. Der Arzt besiegte den tödt- lichen Feind, doch die Reconvalescenz dauerte lange und wurde von häufigen Rückfällen unterbrochen. Endlich aber kam doch ein Tag, da der Doctor zu seinem Kranken sagen konnte: „Jetzt, da Sie gerettet sind, theilen Sie mir mit, wer Sie sind, und wenn es Ihnen recht ist, erzählen Sie mir Ihre Geschichte." Gaston hatte sich auf diese Frage schon vorbereitet. Seit das Fieber ihn verlassen, war sich der junge Mann nach und nach über zweierlei klar geworden: erstens, daß er «in Asyl gefunden, und zweitens, daß man ihm die Thür nur dann öffnen würde, wenn er es selbst verlangte. Der Doctor war ihm mit seiner hohen Gestalt, seinen mageren Wangen und seinen großen Augen etwas lächerlich erschienen; er sprach durchaus nicht vornehm, und man sah ihm den Philister an. Trotzdem war er ein gut- müthiger Mensch, und für den Augenblick war eS klug, ihn zu benutzen. Auf seine Fragen erklärte der junge Mann daher, er heiß: Gaston Vicomte v. Clairac, wäre Waise und schulde dem Doctor ewig« Dankbarkeit; dann fügte er hinzu, daß er ohne Schutz und Hilfe allein auf der Welt dastände. Den socialen Vorrechten seines Standes legte er nicht die geringste Bedeutung bei; er gab sich für einen armen, jungen Mann auS, der zu jeder Arbeit bereit sei, und der aufrichtig ringestand, daß er nicht viel gelernt hatte. lFortfetzu», f«l»t.j
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