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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.02.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980217019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898021701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898021701
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-02
- Tag 1898-02-17
-
Monat
1898-02
-
Jahr
1898
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Li« Morgen-Au»gabe erscheint um '/«? Uhr, Hk «bmd-Ausgabe Wochentag« um b Uhr. Filialen: Otto Slenini's Lortim. (Alfred Hahn). Ulliversität-strabr 3 (Paultnum), Laut« Lischt, katbartnrnftr. 1«, -art. uud Künigsplatz 7. Ledartion und Lrveditioa: Aohanne«,affe 8. Dir Expedition ist Wochentag« ununterbrochen gevffnrt von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. BezugS-PreiS t» der Hauptexpeditiou oder den im Stadt bezirk und den Vororte« «richteten Nus- aabestellen abgeholt: vtrrteljührltch^lLLO, bet zweimalig« tüglich« Zustellung in« Han« Ü.ÜO. Lurch dir Post bezogen kür Leutschtand und Oesterreich: vierteljLhrlich S—. Directe tügllche Sreuzbandirnduag in» Ausland: mooalltch 7^0. Morgen-Ausgabe. UpMer Tageblatt Anzeiger. AmLsMtl des Königlichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, -es Nathes und Volizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Auzeigeu-Pret- die 6 gespaltene Petitzelle 20 Psg. öieclamrn unter dem RedactionSsrrich (4ge- spalten) bO/^, vor den Farniliemiachrichtea (6 gespalten) 40,4 Größere Schriften laut unserem Preis Verzeichnis. Tcbellarischer und Zissernsay nach höherem Tarif. ttxtra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ^l 60.—, mit Postbesörderung 70.—. AnnahmeschlnL M Änzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Arteigen sind stets an die i-r-editio» zu richten. Druck uud Verlag von E. Polz in Leipzig. 85. Donnerstag den 17. Februar 1898. 92. Jahrgang. Ein Wort für unsere deutschen Lrüder in Ungarn. Man schreibt unS: Noch immer giebt es in Deutschland eine große Anzahl selbst namhafter Zeitungen, welche sich über die inneren Angelegenheiten des Reiches der „ritterlichen Nation" von Pest aus, wie sie betonen: aus „authentischer Quelle" infor- miren lassen, obwohl sie nunmehr doch wissen sollten, daß gerade in Pest auch nicht eine authentische Quelle besteht, welche reines, klares Wasser zu geben vermag. Wir haben in letzter Zeit nur allzu häufig erleben müssen, daß diese magyarischen Informa toren der ausländischen Presse die Brutalität des ungarischen Chauvinismus, wie si« bei keinem Culturvolk bisher wohl zum Ausdruck kam, durch allerlei hinfällige Erklärungen zu beschönigen suchten. Den Deutschen in Ungarn — oder ziehen wir die Grenzen genauer: den Sachsen in Sieben bürgen, welche sich einmüthig in jüngster Zeit, eingedenk ihres Deutschthums, eingedenk des großen Missionswerkes deutscher Culturverpflanzung ihrer Väter durch sieben Jahrhunderte im Lande der Magyaren, mit allen Mitteln, welche ihnen die Ver fassung in die Hand giebt, gegen die magyarische Seelen fängerei aufgelehnt haben, den Siebenbürger Sachsen allein verdanken wir es, daß wir volle Wahrheit über die Ungerechtigkeiten eines Volkes erhalten, das sich zu unseren Verbündeten zählt und schon deshalb die Deutschen, welche unter feinem Schutze stehen, mit einer gewissen Rücksicht, mit einer zuvorkommenden Ritterlichkeit behandeln müßte, um so mehr, als es gerade diese Deutschen, fast ausschließlich diese Deutschen waren, welche das ungarische Reich durch eisernen Fleiß und unwandelbarer Treue zum Thron zu der Höhe gebracht haben, auf welcher zu stehen seine Regierung gelegentlich der Tausendjahrfeier so überlaut in die ganze Welt rief. Die „Gleichberechtigung aller Nationen", welche unter der Stefanskrone vereinigt sind, ist längst ein imaginärer Begriff ge worden. Sie ist eine Unwahrheit, welche man immer weniger sich scheut auszusprechen. Wohl steht an der Spitze des Staates ein deutscher Fürst, aber — so sagt sein erster Minister ohne Scheu — „Se. Majestät machen le'.,.. die besorgt die ungarische Regierung!" Und worin sieht diezc Regierung, alias Minister präsident Banffy, jetzt das nächste Ziel, das diese Politßk erreichen mutz? In der allgemeinen, sei es auch gewaltsamen Magyarisi- rung des nichtmagyarischen Landes und Volkes innerhalb der grün-weih-rothen Grenzpfähle. Zunächst das Land. Ein Federstrich nur noch, der Namens zug des Königs, und das „Gesetz der Orts- namen-Magyartsirung" lätzt augenblicklich Namen verschwinden, an deren Träger — gute deutsche Städte und Dörfer — sich die stolzesten Erinnerungen deutscher Brüder im Auslande knüpfen. Freilich aus dem Herzen deS Siebenbürger Sachsen kann sie kein Gesetz reitzen, denn das Gesetz der Liebe und Ehre ist Gott sei Dank mächtiger als jede Matzrogel des Herrn Banffy. Vielleicht hätte die Adresse der wackeren deutschen Frauen Siebenbürgens, zu denen wir in inniger Verehrung auf schauen müssen, diese Sanctionirung noch vereiteln können, wenn nicht die ungarische Regierung statt des Königs die Politik machte, die ungarische Regierung, welche eine Audienz der säch sischen Fraucndeputation bei Franz Josef so trefflich zu ver eiteln gewusst hat. Er, der Machthaber in dieser Regierung, Ministerpräsident Banffy, den die Sachsen schon in seiner Eigen schaft als „Pascha von Bistrih" fürchten und hassen lernten, er hat die Frauen empfangen. Und was gab er ihnen für einen Trost mit? „Ich übernehme die Bittschrift, ob sie aber in die Hände Sr. Majestät gelangen wird, dafür kann ich nicht bürgen!" Ritterlich, sehr ritterlich! Ob Se. Majestät, wenn ihn die un garische Regierung doch einmal mitregieren ließe, d. h. wenn Banffy die Adresse ihm einhändigen würde, ob er, König Franz Josef, nicht doch machtvoll eingreifen und die Sanctionirung des Ortsnamen-Gesetzes verweigern würde, eingedenk vielleicht der Worte, die er am 21. Deccmber 1848 an sein „treues Sachsen volk" richtete, als dieses den aufrührerischen Magyaren nicht Folge leistete, sondern fest an seinem Fllrstenhause hielt? Damals sagte der König: „Als Wir bei dem Antritt Unserer Re gierung alle unter Unserer Kaiserlichen Krone vereinigten Völker überblickten, war eS Unserem Herzen wohlthuend und hat Uns hohen Trost gewahrt, in einer Zeit, wo jene heiligen Bande der Treue und Anhänglichkeit der Völker an den Thron vielfachen Versuchungen ausgesetzt und die Begriffe von Freiheit und Un abhängigkeit zur Verwirrung der Gemüther mißbraucht wurden, dichoheAufopferungzuerkennen.mitwelcher Ihr bereitwillig Haus und Hof, Werkstätte und Pflug verlassen und mit freudiger Hin- gebungvonGutundBlutdieWaffcnergriffen ha bt, um den seit Jahrhunderten bestehenden Bau der Gesammtmonarchie, ihre Einheit und Kraft, sowie die Rechte Unseres Kaiserlichen Hauses in dem Augenblick drohender Gefahr zu stützen und zu schirmen. Thron und Staat, für die Ihr gekämpft, werden Euch die ver diente Anerkennung zollen und die Bürg schaften zu schätzen wissen, welche Eure, von Unseren Ahnen so oft belobte Tapferkeit, Ausdauer und Treue, vornehmlich aber Euer Sinn für Ordnung und Gesetzlichkeit und der vernünftige Gebrauch der unter Euch heimisch gewordenen Freiheit für den Glanz der Krone und den Bestand des Staates gewähren." *) Es sei gestattet, hier ein Lob eines der alten Herrscher Ungarns wiederzugeben. Ludwig der Große hat es einer Sachsen deputation gegenüber im Jahre 1370 ausgesprochen: „Ihr seid diejenigen Bürger Meines Reiches, auf deren Kraft die Sicher heit der Grenze wie auf festen Säulen ruht und deren unwandel bare Treue die Erfahrung fortwährend rühmlich bewährt." Und diese Treue hat sich vererbt bis auf die Sachsen der Gegen wart. Diese Treue zu König und Vaterland nur war es, die ihnen die Kraft gegeben hat, so manches Unrecht über sich ergehen zu lassen. Bis vor Kurzem waren es die Namen ihrer Heimaths- orte, zwar auch keine tobten Dinge, sondern lautredende Namen aus der Geschichte der Deutschen in Ungarn, an welche „die Politik machende Regierung" des Herrn Banffy tastete. Jetzt geht diese Regierung aber gegen das heiligste Erbe der Sieben bürger Sachsen, gegen ihre deutschen Familiennamen vor. „Lege den häßlichen deutschen Namen Deiner Väter ab, oder Du bist ausgestoßen aus dem königlich ungarischen Staats dienst! Im Interesse des Dienstes und des Gemeinbewußt seins!" So tönt es jetzt kategorisch. Das heißt die Axt an legen an die Wurzel des Deutschthums in Siebenbürgen, somit an die Wurzel einer kräftigen Weiterentwickelung Ungarns zu hoher Cultur! Jetzt bäumt sich der deutsche Stolz gewaltig in Sachsin und Deutschlands Pflicht ist es, den bedrohten Brüdern ein kräftiges „Heil" zuzurufen. Sind wir auch machtlos gegen über den inneren Gewaltthaten der magyarischen Regierung, wenn sie sich auch gegen Deutsche richten, so muß, so soll sie doch erfahren, daß überall in Deutschland laute Entrüstung über die magyarische Vergewaltigung des deutschen Namens sich kundgiebt. Der moralischen Unterstützung der Deutschen im Reiche müssen unsere Stammesbrüder gewiß sein. Die „ritterliche Nation" muß es wissen, daß sie sich selbst betrügt, wenn sie die Worte unseres Kaisers, die er in Pest gesprochen hat, so deutet, als ob der Monarch die deutschen Brüder im Auslande ruhig zuschauend fremder Unduldsamkeit preisgäbe. Für keine Fremden thun wir den WarnungSruf, für Träger deutscher Sitte, deutscher Gottesfurcht, deutscher Cultur, für Pfleger deutscher Geistes- und Gewerbsarbeit im Auslande, für die Träger deutscher Namen, welche man einzuschachern versucht gegen „vorräthig" ge haltene Namen eines fremdes Volkes. Wir dürfen nicht schweigen, wir müssen reden, auf daß wir uns nicht ob unserer Untreue schämen müssen vor dem wackeren Sachsenvolk in Siebenbürgen, von dem sein großer evangelischer Bischof vr. G. D. Teutsch einmal gesagt hat: „Auch der Orkan, *) Wie verlautet, ist die Sanktionirung des OrtsnamenLgesetzes durch den König noch nicht völlig sicher. D. Red. der in unsernTagen alle Verhältnisse des Vaterlandes von Grund aus umkehrte, hat doch wenigstens dem Kranz der alten sächsischen Ehre und Treue kein Blatt geraubt." Deutsche- Reich. /? Leipzig, 10. Februar. Im „PorwärtS" lesen wir folgenden Ausruf an alle Lagerhalter in Consum- und ähnlichen Vereinen Deutschland«: „Wenige Wochen trennen uns noch von der General-Versamm lung de» Verbandes der Lagerhalter, die in Halle a. S. im Weist- biersalon abgehalten wird. Ter Verband hat sich trotz seines kurzen Bestehens bereits eine Achtung gebietende Stellung bei den jenigen Vereinen und Verwaltungen erworben, deren Lager halter sich ihm angeschlossen haben. Eine Anzahl drakonischer Contractesindin verschiedenen Vereinen gebessertund übermäs; ig lange Geschästsslunden gekürzt worden. Weiter ist in einerVer- iammlung des Verbandes sächsischer Consumvereine, die kürzlich in Chemnitz tagte, auf Anregung des Lagerhalter. Verbandes eine Commission von beiden Theilcn zur Regelung allgemeiner Streit fragen gewählt worden. Jeder Lagerhalter, der es ehrlich mit sich uud seinem Verein meint, wird mit uns der Meinung sein, daß es besser ist, häusliche Streitfragen auf diese Weise ans- zufechten. Wenn alle College» dem Verbände angeboren, wird es ein Leichtes sein, an allen Orten, wo sich Vereine befinde», die Lagerhalter beschäftigen, geregelte Zustände zu schaffen. All- jährlich werden vom Verbände statt st ische Erhebungen über Lohn und Arbeitszeit, sowie über Mancovergütungen und alles sonst Wissenswerthe veranstaltet und in Form einer Broschüre ver öffentlicht, dir jedem Mitglied zugesandl wird. Ferner leistet der Verband seinen Mitgliedern Rechtsschutz. Bei den Differenzen erfolgt, so weit wie nur möglich, persönliche Intervention. Es er geht nun an alle Lagerhalter die Aufforderung, die statistischen Er Hebungen zu unterstützen, Mitglied des Verbandes zu werden und sich an der General-Versammlung in Halle zu betheiligen. Tie Geschäftsstelle des Verbandes befindet sich inLeipzig, Nürnberger Straße 22, bei Karl Buhl." Daß diejenigen Vereine und Verwaltungen, bei denen der Lagerbalterverband sich eine Achtung gebietende Stellung er worben bat, socialdemokratische sind, wird in den» Aus ruf rücksichtsvoll verschwiegen. Ebenso rücksichtsvoll gegen die socialdemokratischen Arbeitgeber ist die Einsetzung einer Com mission, die „häusliche Streitfragen" auf dem Wege freundlicher Fruilletsn. Etwas über die San-Iosö-Schildlaus und über Achitdlauje überhaupt. Nachdruck verbot«,. Wir stehen mit dm Nordamerikanern in einem lebhaften Tauschverhältniß. Sie haben allerlei schöne Dinge von uns bekommen: die Ratte, die Hausmaus, den Sperling, die Wanze, wahrscheinlich auch den Floh, die Stubenfliege, die Küchenschabe, die Motten, die Blutlaus, die Eingeweidewürmer, die den Europäer zuweilen plagen, darunter auch die Trichinen, denn auch die Hausschweine sind wie die Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen, Katzen mit allen ihren Krankheiten erst aus der Alten Welt in die Neue eingeführt worden. Amerika hat sich dankbar bewiesen. Wir erhielten von ihm den Truthahn und, allerdings aus Südamerika, das Meer schweinchen, die Reblaus, den Coloradokäfer (versuchsweise!) und verschiedene andere Käferchen. In unsere Seestädte wurde auch die große Schabe, eine Bestie, die um ein Drittel größer ist als unsere Küchenschabe und entsprechend widerlicher und gefräßiger, seit etwa 30 Jahren elngeschleppt. Ueber eine Anzahl kleiner lästiger Jnsecten streitet man sich noch und wird sich wohl bis an das Ende der Tage darüber streiten, woher sie stammen — di: Amerikaner schieben sie uns in die Schuhe und wir den Amerikanern. Neuerdings hat nun Nordamerika den allerdings bei uns sehr abfällig beurtheilten und höchst ungünstig aufgenommenen Versuch gemacht, seinem JmportationSkranz unangenehmer Thierlein ein neues Blatt hinzuzufügen — die San-JosS-Schild- laus. Ich bin froh darüber, — nicht etwa über diese neueste Schmuggelleistung der Dankees, bei Leibe nicht! — aber wohl darüber, daß man nun endlich einmal weiß, wetz Geistes Kind jenes Scheusälchen eigentlich ist. Bis jetzt wurde mit der En tomologie in der Tagespresse «mgesprungen, daß der armen alten Dame angst und bange dabei werden mußte. — Bald war von einer Schildlaus, bald von einer Blattlaus die Rede, al» ob das touts-mems cdose seil Dann hieß eS etwas weniger unbestimmt, es handele sich um die San-Jostz-SchlldlauS, was Einen freilich auch nicht viel klüger machte. Endlich, endlich erfährt man auch den wissenschaftlichen Namen de» Belialskinde» und weiß nun doch wo und wie und kann seinen Mitmenschen Red' und Antwort stehen — eS ist ^spickiolms perniciosus, die „verderbliche" SchildlauS! Die Schildläuse taugen zwar alle, abgesehen von der Cochenille-, Kermes- und Lackschildlau», nicht viel, die hier ist aber eine ganz besonders unnütze Creotur. Es sind merkwürdige Thiere, diese Schtldläuse, und wenn sonst Niemand seine Freude an ihnen hat, die Zoologen haben sie. Das ist zwar nicht viel, aber doch etwa» — es ist eben kein Wind so schlecht, daß er nicht irgend Jemandem etwa» Gute» zubliese. Die Verwandtschaft der Blatt- und Schildläuse ist allerdings vorhanden, etwa so wie zwischen einem Pavian und einem Schöp». Sie bilden zusammen eine Unterordnung der Ordnung der Halbflügler (kkemipteru) oder Schnabrlkerfe (Kir^ncstota), die der PflanzcnläuseskkMrpktkjres). Die beiden anderen Unter ordnungen sind die Zirpen oder Cicadrn und die edlen Wanzen. Mehr von der Sorte giebt es nicht. Die Geschlechter der Schildläuse sind auffallend verschieden, und die Männchen verdienen den Namen durchaus nicht, wohl aber die Weibchen, wenigstens die der meisten Arten. Diese Weibchen sind aber gerade die Uebelthäter. Man kann auch hier die uralte, von Aeltermutter Eva's Tagen an ominöse Frage auf werfen: Oil e8t la komme? und sich auf Vater Goethe's Ansicht, der sie verantworten mag, herzhaft berufen: Geht es nach des Bösen Haus, Das Weib hat tausend Schritt voraus. Freilich gerade mit dem Laufen der Schildlausweibchen hat es so seinen Haken. Das können sie nur in der Jugend als Larven, denn sie müssen eine Verwandlung durchmachen. Später, wenn sie erwachsen sind, hört der Spaß auf. Jene Larven sind oval, flach, schildförmig oder geringelt, haben Fühler, einen schnabelartigen Säugrüssel, der scheidenartig zwei Paar Borsten umfaßt. Sie verfügen über drei Beinpaare, mit denen sie, so bald sie selbstständig in das Leben getreten sind, kurze Zeit auf ihren Futterpflanzen hin und her kriechen. Endlich versenken sie ihren Säugrüssel in das schwammige Parenchym derselben. Die Larven ein und derselben Art sind von zweierlei Gestalt: gestrecktere und weniger gestreckte. Die ersteren sind die des männlichen Geschlechts, dessen Verwandlung sehr interessant ist. Wenn die männliche Larve an ihrer Saugstelle ausgewachsen ist, zieht sie ihren Säugrüssel aus dem Parenchym ihrer Nahrungs pflanze, verfertigt sich einen Cocon, oder bei anderen Formen bedeckt sie sich mit einer Art weißen Mooses oder schimmelartigen Pelzes, der aus einer auf der Außenseite des Körpers aus geschwitzten Wochsmasse besteht. Unter dieser Masse oder in jenem Cocon wird sie zu einer Puppe, die sich nicht bewegt. Während die weibliche Larve noch langsam weiter wächst , geht das vollkommen entwickelte männliche Jnsect bald aus der Puppe hervor und schlüpft unter der Decke oder aus dem Cocon aus einer an dessen Hinter ende befindlichen kleinen Oeffnung heraus. Das zu Tage ge kommene Thierchen ist sehr klein und zart, hat, abgesehen von 3 ziemlich wohlenwickelten Bein- und einem Fühlerpaar, am Hinteren Körpcrende zwei lange, äußerst feine Schwanzborsten. Sein Säugrüssel ist verschwunden. Der Mittelleib oder das Bruststück ist durch ein schwaches, aber für den Flug genügendes Flügelpaar ausgestattet. Doch treten bei manchen Arten von Schildläusen neben geflügelten Männchen auch ungeflllgelte auf, die aber jenen im Uebrigen in allen Punkten gleichen. Die ge flügelten begeben sich nun auf die Luftreis« und suchen nach einer sanften Herzensfreundin, oder, da die Jnsecten statt des Herzens ein pulsirendes Rllckengefäß haben, eine Rückengefäß freundin. Denn diese sitzt ihrerseits fest und bleibt mittels ihres Säug rüssels mit ihrer Wirtspflanze verbunden, durchläuft keine so ausgeprägte Verwandlung wie die Männchen und stirbt alS ein feststhrndeS Thier, das zeit lebens zu saugen vermag, an Ort und Stelle. Wie bei den meisten festsihenden Thieren geht mit der Larve in gewissem Umfange ein rückschreitende Verwandlung vor sich: sie wächst verhältnißmäßig bedeutend, weit mehr als die männ liche. Ihre Gliedmaßen vergrößern sich aber nicht in gleichem Maße, auch der Hinterleib nicht, so daß die wesentliche Zunahme des Körper» auf Rechnung de» KopfeS und Bruststückes zu schreiben ist. Die Männchen leben nur ganz kurze Zeit, und ihre Mission ist es, activ dafür zu sorgen, daß die edle Sippe der Schtldläuse ja nicht ausstirbt. Da ihre Daseinsdauer so überaus kurz ist, bedürfen sie auch keineswegs der Nahrung, konnten also mit Fug und Recht das Saugwerkzeug entbehren. Das ist bei dem Weibchen ganz anders: das wächst und muß mehr Nahrung zu sich nehmen, als es selber verbraucht, denn es füttert nicht blos zwei, wenn es nur ißt und trinkt, wie es beim Brunnenklatsch im „Faust" heißt, sondern wohl ein halbes Schock. Endlich stirbt es und deckt mit seinem Körper und seinem Schilde oder seinem Wachspelz wie ein Gluckhenne seine junge Brut. Die aufopfernde Mutterliebe würde, wenn sie die Schildlaus bewußt ausfllhrte, einen versöhnenden Zug in ihr Lebensbild bringen und Manches gut machen, aber Mama Schildlaus verdient gar keine Anerkennung deshalb, sie muß so handeln, weil sie einfach nicht anders kann. Die Form des Schildes ist sehr mannigfach und oft sehr geschmackvoll sculpturirt, bisweilen auch elegant, wenn meist auch nicht farbenprächtig gefärbt. Die Familie der Schildläuse umfaßt 3 Unterfamilien, von denen uns hier aber nur eine intereffirt, eben die, zu welcher die unseren Obstbäumen feindlich gesinnte, jetzt am Horizont auf tauchende Amerikanerin gehört. Diese Unterfamilie ist die der Diaspinen, die bei uns zu Lande schon so gut vertreten ist, daß wir wirklich auf fremde Zufuhr aus Amerika verzichten können. Unsere Rosen, namentlich die Centifolien, werden von einer Art entsetzlich gequält, von einer anderen der Oleander, von einer dritten der Lorbeer, von einer vierten die Palmen u. s. w. u. s. w. Bemerkt sei noch, daß die meisten Schildlausarten in ihrem Menu gar nicht so sehr scropulös sind und eine ganze Reihe von Pflanzen mit ihrer Gegenwart zu beehren pflegen. So findet man die Oleanderschildlaus auch auf Akazien, Aloe, Magnolien u. f. w. Nun ist noch hervorzuheben, daß wir in Deutschland min destens eine Art (vielleicht auch zwei, wenn nämlich -Ispicliotns conckaekormis und pomorum wirklich verschieden sein sollten) haben, die auf Apfel- und Birnbäumen, Weißdorn- und Jo hannisbeerbüschen schmarotzt und die aus Europa nach Amerika verschleppt wurde und dort außerordentlich schädlich aufgetreten ist. Das ist keineswegs die einzige Art, mit der die alte Welt die neue beglückt hat. Die auf der Orange, vem Oleander und der Camellia vorkommende finden sich dieS- und jenseits des Atlantischen Oceans. Der Name Diaspinen kommt aus dem Griechischen von 6ia, das „durch", und aspis, was „Schild" bedeutet, und giebt eigentlich keinen rechten Sinn, aber das ist mit vielen wissen schaftlichen Thierbenennungen der Fall. Sehr viele von ihnen sind eben blos in so weit wissenschaftlich, als ein Mann, dem die Grundlage aller Wissenschaft, die Kenntniß der alten Sprachen, fehlte, sich erdreistet hat, sie irgend einem Geschöpf, das er zuerst beschrieb, beizulegen. Doch lassen wir das auf sich beruhen. „O, rühret, rühret nicht daran!" Besagte Diaspinen haben einen Schild oder, wenn man will, eine Decke, halb aus den Resten alter, abgestreifter Haut und halb au» einer wachsartigen Au»schwitzung des Körpers bestehend. Der letzte Hinterleibsring der Larve zeigt äußerlich allerlei feine Löcher und Anhänge, die bei den einzelnen Arten in Zahl und Gestalt sehr schwanken. Die Schale der männlichen Larve enthält blos eine, die weibliche aber zwei der eigenen abgelegten Häute. Die Gattung ^spiäiotus ist, wie in Europa, so auch in Nordamerika, die artenreichste der ganzen Unterfamilie; hier um faßt sie mehr als 20 Arten. DaS Schild der männlichen Larve ist nur wenig verlängert und die einzige abgestreifte Haut liegt mehr oder weniger im Schildcentrum, das des erwachsenen Weibchens ist dreimal so groß und fast kreisrund. Im Uebrigen, in der Farbe und Textur sind beide Arten Schilder einander fast gleich. Der .-Ispiäiotus perniciosus der anfängt, in unseren Zeitungen politische Streiflichter hervorzurufen, hat ein graues Schild und ist eigentlich im nördlichen Kalifornien und zwar besonders im Santa-Clara-Thal zu Hause. Er ist in seinem Vaterlande die allcrverheerendste Schildlaus, und bevor die Obstzüchter sich seiner Schädlichkeit noch halb bewußt geworden waren, hatte er schon ein gut Theil ihrer Pfleglinge vernichtet. Der amerikanische Staatsentomologe C. L. MarIatt bemerkt von der San-Josk-Schildlaus in dem im vorigen Jahre erschienenen Band des Jahrbuchs ,.c>f tde 0. 8. Oepartemeul nk -VFl-icnItuiw-', diese Feindin greife alle feinen Obstbaum sorten an. Sie sei zur Zeit weniger schädlich als bei ihren, ersten Auftreten. Es ist klar, einmal muß sie in historischer Zeit ihre bösen Streiche begonnen haben, denn jene Obstbäume sind aus Europa eingeführte Fremdlinge, und es ist eine bekannte Sache, daß schädliche Jnsecten, ähnlich wie verheerende Volks krankheiten, anfangs viel schädlicher und viel verheerender auf treten, daß ihre Schlachtopfer später, wenn auch nicht völlig, so doch bis zu einem gewissen Grade immun gegen sie werden — sie passen sich ein wenig an und erhalten größere Widerstands fähigkeit. Marlatt betont aber ausdrücklich, die Ansicht, die wohl laut geworden sei, die San-JosS-Schildlaus habe ihren schädlichen Einfluß eingcbüßt, sei ganz und gar aus der Lun gegriffen. Sie erscheint allerdings zufolge ihr verderblicher Witterungseinflüsie, auch zufolge einer Pilzkrankheit, die sie ab und zu befällt, auf einige Zeit wie ausgestorben, macht sich aber später immer wieder bemerkbar. Unsere auf Obstbäumen hausende Schildlausart, von der man bis jetzt nur die Weibchen kennt, hat ein Heller oder dunkler braunes, manchmal bläulich bereiftes verlängertes Schild, d_. sich nach vorn hin verjüngt und dabei im vorderen Theile etwa.- seitwärts gekrümmt ist, so daß es einigermaßen wie eine Schalen klappe der gemeinen Miesmuschel aussieht. Sic ist etwa ebenso groß (2 Millimeter) wie der ^spiiiiotus perniciosus Von ihr sitzen oft sehr zahlreiche Individuen dicht nebeneinander an glatten Rindenstellen der von ihr befallenen Obstbäume, und zwar sind alle Mitglieder einer und derselben Gesellschaft genau nach einer, bei den einzelnen Gesellschaften aber schwankenden Nichtung gewendet. In manchen Jahren sind die Thiere sehr gemein, und man sieht sie dann auch auf den Blattstielen, ja auf den Früchten selbst. Die Gegenmittel, die man gegen unsere Apfelschildlaus an wendet, sind verschiedenartig: 1) Man kocht Tabaksblätter, es braucht kein VarinaS zu sein, Pfälzer thuts auch, zu einer Ar: Brei, etwa von der Consistenz des Spinats, und mischt dann ein dickflüssige Lösung von schwarzer Seife darunter und beschmiert dann mittels eines festen Pinsels die befallenen Stellen mit diesem appetiterweckenden Compot. 2) Man bestreicht im Spätherbst oder im März die Bäume mit einem Kalkanstrich, die befallenen, um den FeiNd zu vertreiben, die nicht befallenen, um ihn obzu halten. 3) Matt macht eine Salbe aus Theer, Leinöl und Kulk und beschmiert die Bäume damit. Die Amerikaner wenden gegen die San-Josk-Schildlaus ein Gebräu von Kalkmilch, Sa!; und Schwefel an. „Wenn daS nicht gut vor die Wänzchen ist, Dann weih ich nicht, waS besser ist." ä I,.
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