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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.11.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951107026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895110702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895110702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-11
- Tag 1895-11-07
-
Monat
1895-11
-
Jahr
1895
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Zahl der am 14. Juni 1895 in Deutschland ort»- anwesenden Bevölkerung K17588S4 Köpfe (gegen 49 428 470 am 1. December 1890), was einer Zunahme von 10,14 Procent entspricht. An Landwirtbschaftübetrieben wurden 5 601 809, an Gewerbebetrieben mit mehreren Inhabern, mit Gehilfen oder Motoren 1 817 878 gezählt. — vr. PeterS hat den Posten des Landeshauptmanns für den Tanganjika-See deshalb abgelehnt» weil es sich herausgestellt hat, daß es nicht möglich war, die Beziehungen der Landeshauptmannschaft zum Gouvernement von Ostasrika den Wünschen des Herrn Di PeterS entsprechend zu gestalten. 1— Herr v. Bennigsen, welcher in unserer ostasrikanischen Colonie das Finanzwesen leitet, ist mit Urlaub aus Ostasrika zurückgckchrt. — Der Chef des Geheimen Civil-Cabinets, Wirkt Geh. Rath I)r. v. Lu ca» ns, ist am Dienstag von Sanssouci wieder noch Berlin übergesiedelt. — Der königl. sächsische Staats- und Kriegsminister General- Ueutenant Edler von der Planitz ist aus Dresden angekommen und hat im Hotel Windsor Wohnung genommen. * Pose«, 6. November. Gras zu Enlenburg-Prassen übernahm den Vorsitz der Abtheilung Ostpreußen des Vereins zur Förderung des DeutschthumS in den Ostmarken. * Halle, 5. November. Der nationalliberale Verein für Halle und den Saalkreis hatte für gestern Abend eine öffentliche Versammlung einbernscn, die auch von Anhängern anderer Parteien zahlreich besucht war. Den Gegenstand der Besprechung bildete „das Bürgerliche Gesetzbuch und die politische Nothwendigkeit seiner baldigen Einführung." Die Referate waren in dankenSwerthcr Weise von den Herren Geheimrath Professor Or. Conrad und Landgerichts- director Crönert übernommen worden. Der erste Redner schilderte die Entstehung des Gesetzbuches und wies darauf hin, daß bei Ablehnung des Entwurfes eine zehnjährige überaus sorg fältige und mühsame Vorarbeit verloren sein würde. Auch die jenigen Gesetze, die von der Einführung des bürgerlichen Gesetz buches abhängig seien, wie die Concursordnung, Grundbuch ordnung, Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, wären damit ack oalemlas Zraooas vertagt. In vielen Partikular- ,tasten sei die Einführung eines neuen bürgerlichen Gesetz buches schon tätigst eine dringende Nothwendigkeit und dieselbe sei lediglich in Erwartung des Reichscivilgesetzbuches zurück gestellt worden. Diese Staaten wären bei einem Scheitern des Entwurfes genöthigt, mit landesrechtlicher Regelung der Civilgesetzgcbung rorzugehcn, wodurch einem späteren Neichs- gesetzbuche neue Schwierigkeiten bereitet würden. Auch würde jede Verzögerung in den Erlaß des Gesetzbuches der vorhandenen Gegensätze nicht vermindern, sondern vermehren, und damit einem späteren Entwürfe die Lösung seiner Aufgaben geradezu unmöglich gemacht werden. Es sei undenkbar, daß ein solcher umfassender Entwurf Jeden befriedigen könne. Jeder käme dabei in die Lage, aus Lieblingsgedanken und lieb gewordene Rechtsätze verzichten zu müssen. Nichts desto weniger enthalte der Eutwurs große Fortschritte gegenüber dem bisherigen Rechte; besonders sei er auch von einem der Gegenwart entsprechenden socialpolitischen Geiste durchtränkt, der den älteren Gesetzbüchern fehle. Man könne das 25 jährige Jubiläum des deutschen Reiches nicht schöner feiern, als durch den Erlaß eines Gesetzeswerkes, das dem deutschen Volke endlich die so lang ersehnte Nechtseinheit bringt. Der Cor- referent illustrirte die Zerrissenheit unserer Rechtszustände drastisch an dem Großherzogthum Hessen, das nicht weniger als 22 Particularr echte besitzt. Er vcrtbeidigte den Entwurf gegen viele Vorwürfe, die ihm von Theoretikern, Praktikern und politischen Parteien gemacht worden sind. Professor Löning betonte unter lebhaftem Beifall der Ver sammlung die eminente Bedeutung, die die Rechtseinheil für den politischen Zusammenhalt und die Ausgleichung der Stammcsunterschiede des deutschen Volkes habe. Reichstags abgeordneter Vr. Friedberg glaubte versichern zu dürfen, daß die uationalliberale Fraction des Reichstages Alles aufbicten werde, um den Entwurf noch in der nächsten Session zur Verabschiedung zu bringen. Sie werde eine Ver ständigung mit den anderen Parteien über eine zweck mäßige geschäftliche Behandlung des Entwurfes versuchen, denn von dieser werde in erster Linie das Schicksal der Ge- sctzesvorlage abhängen. Schließlich nahm die Versammlung einstimmig eine Resolution an, in der Bundesrath und Reichstag ersucht werden, den Erlaß des Neichscivilgesetz- bucheS sobald als möglich herbeizuführen. Es ist somit von der national-liberalen Parteileitung in Halle in dankens- werther Weise ein erster Schritt unternommen worden, das Interesse für das Bürgerliche Gesetzbuch und dessen baldige Einführung in weiteren Kreisen der Bevölkerung zu wecken. Es wäre sehr zu wünschen, daß andere politische Vereine diesem Beispiel recht bald folgten. * Erfurt, 6. November. In der letzten Mitgliederver sammlung des conservativen Vereins wurde, wie das „Volk" mittheilt, folgendes, vom Reichstagsabgeordneten Jacobs kotier begründetes Vertrauensvotum für Hof prediger a. D. Stöcker unter allgemeiner Zustimmung an genommen: „Herrn Hosprcdiger Stöcker, der als Erster der glaubenslosen und revolutionairen Socialdemokratie in muth- voller Weise entgegentrat, versichert der conservative Verein zu Erfurt seines fortgesetzten Vertrauens und wünscht ihm zu seinem ferneren Wirken Gottes Segen!" * Stuttgart, 6. November. Die Deutsche Partei im 12. Reichstagswahlkreise beschloß Wahlenthaltung. (F. Z.) * Strasjburg, 6. November. Die Pariser Zeitung „Eclair" und die Pariser Zeitschrift „La Familie" sind in Elsaß-Lothringen verboten worden. * München, 6. November. Nack den „M. N. N." erklärte heute Stauffenberg in der Clubsitzung der Fraction der Linken, daß die Deutschsreisinnigen nicht beabsichtigen, auS der liberalen Vereinigung auszutreten. Oesterreich - Un garn. * Wien, 6. November. Ein Manifest der jungtschechi schen Partei für die bevorstehenden Landtagswahlen erklärt, daS Böhmervolk werde den Kampf und den Wider stand nicht ausgeben, so lange nicht für einen politischen und nationalen Ausgleich mit dem böhmischen Volke auf dem Gesammtgebiete der böhmischen Krone ernstlich Grund gelegt werde. Die Partei halte auf den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Gleichheit den vereinbarten Ausgleich mit den deutschen Landsleuten für wünschenSwerth und möglich, werde aber wie zuvor jedem Versuch, neue Privilegien für die Minderheit zu schaffen, welche das Vater land zerreißen und theilen würden, entschieden bekämpfen. Die Wahlen würden gewaltige Kundgebungen des einigen Böhmervolkes für das böhmische Staats recht und die nationale Gleichberechtigung der bürgerlichen Freiheit sein. * Wie». 6. November. DaS MilitairverordnungSblatt veröffentlicht die am l. Januar 1896 bei allen Cavallerie- Regimentern in Kraft tretenden Standesverände rungen, wonach der FriedcnSstand des Regimentsstabes um 2 Zugführer als Telegraphisten mit 2 Dienstpserden erhöht wird, der Friedensslank jeder Feldescadron um 4 Corporate und 4 Patrouillenführer, welch letztere den Gefreiten der Infanterie gleichgestellt sind, beim Ersatzcadre um 1 Corpora und 2 Patronillenführer. Während der Stand der Feld escadron um 8, der der ErsatzcadreS um 8 Soldaten ohne Chargenzrad vermindert wird, wird der Stand der Ueber- rähligen bei FeldescadronS von 5 Soldaten auf 12 und eben- foviele Dienstpferde erhöht. * Wien, 6. November. Das „Wiener Fremdenblatt" sagt: Einer conservativen That dars Gras Bobeni sich rühmen, indem er, unbeirrt durch etwaige Einsliisrerungen bequemer Opportu nität, für die Verwaltung großer Gemeindewesrn keine anderen Grundsätze gelten läßt, al» sichere Voraussetzungen für deren ersprießliche, unbefangene Pflege erfordern. DaS Cabinet, dessen Chef die „führende Hand" zur Devise hat, muß auch die Führung n der Klärung des BolksgristeS auf sich nehmen. DerBürger» meister der Refidrrz muß durch seine ganze Vergangenheit Garantie» für die neutrale Wahrnehmung der Rechte Aller bieten, welche der bisherige durch Agitation auS- gr füllte Lebe ns laus vr. Luegrr'S keineswegs bietet. Falls die Mehrheit des gegenwärtigen Gemeinderaths die Person Lueger'S höher stellt als die Autonomie der Stadt, wären allerdings Conslicte zwischen derPartei und der Regierung unvermeidlich: dann würde das Cabinet hoffentlich in der Lage sein, die Wahrung der Interessen der Stadt selbst in die Hand zu nehmen. * Wien, 6. November. Es verlautet, daß in Hernals, Ottakring und FloriSdorf ernstliche Judenunruhen auS- gebrochen seien. Die Meldung ist augenblicklich uncontrolirbar. * Prag, 6. November. Der deutsch-liberale Groß grundbesitz begann heute Vormittag unter zahlreicher Be helligung und in Anwesenheit vieler HerrenhauSmitglieder eine Berathungen unter dem Vorsitze des Grafen Oswald Thun. — Ter verfassungstreue Großgrundbesitz beschloß, an den Wahlen zum Landtag theilzunehmen. Frankreich. * Paris, 6. November. Die progressistische Gruppe beschloß, keinerlei Interpellation einzubringen, um den Fort gang der Reformarbeiten nicht zu stören; Bazille will darum auch seinen Antrag ans Abschaffung der Anarchisten gesetze zurückzieben. * Paris, 6. November. Der Finanzminister Doumer beabsichtigt, den Entwurf Ribot's wieder aufzunehmen, die Börsen st euer auf Operationen französischer Rente um ?,'« ihres Betrages herabzumindern. Die Mehrkosten für die madagassische Expedition betragen 10 Millionen Francs, welche zumeist auf den Rücktransport der Truppen entfallen. Belgien. * Brüssel, 6. November. Die „Jndöpendance belge" ver öffentlicht eine Erklärung de Burlet's, nach welcher Belgien in der Stoke-Augelegenheit jede Einmischung ab lehnt; die Angelegenheit gehe ausschließlich den Congo- staat an. Italien. * Rom, 6. November. Der „Popolo Romano" beschäftigt sich beute mit der Jsolirung Englands und erinnert an die Geschichte Napoleon's, die beweise, daß England auch allein stark genug sei. Es sei nicht der Brauch Englands, vorher Allianzen zu schließen, aber im Augenblicke der Gefahr würden ihm Verbündete nicht fehlen, die sich im Vertrauen auf Englands Macht und Zähigkeit gerne ihm anschkießcn würden. Außer der ostasiatlfcken und der orientalischen Ver wickelung bestünden in Europa Fragen, die ibrer Lösung harren; die Hoffnung, eine für sie günstige Lösung zu er halten, würde viele Mächte, kleine und große, veranlassen, sich um England zu schaaren. Das sei der Grund, weshalb England nicht isolirt sei. — In mehreren Zeitungen, zu Lenen die „Tribuna" sich gesellt, ist seit einigen Tagen ein großer Streit mit den militairischen Zeitungen über die Ver vollständigung der Rüstungen Italiens, ren Schutz seiner Grenzen und die Befestigung der Inseln. Es verlautet, daß der Befehl gegeben wurde, möglichst viel Kriegsschiffe zu armiren. Einige Blätter sprechen auch von einer großen Militairvorlage. Die „Tribuna" beziffert die von den Heiß spornen verlangte Summe aus 60 Millionen, zweifelt aber an der Möglichkeit, diese aufzubrinzen. (Frkf. Ztg.) Großbritannien. * London, 6. November. Der König von Portugal traf heute hier ein und wurde von dem Herzog von Coburg empfangen. Beide Fürsten fuhren, von der Leibgarde escortirt, nach dem Buckingham Palast. Orient. * Sofia» 6. November. Ja der gestrigen Nacbtsitzuiig der Sobranje sprachen »ach dem Ministerpräsidenten Stoilow noch eine Anzahl von Mitgliedern der Opposition. Krajew verlangte, die Regierung möge fick über das Ergebnis der »ach Rußland enl- sandlen Deputation äußern und die Worte bekannt geben, welche der Kaiser von Rußland an die Deputation richtete. Nachdem dies geschehen war (!). wurde die Adresse einstimmig mit Acciamation angenommen und die Sitzung um 2'/-Uhr Morgens geschloffen. — Die von der Sobranje angenommene Adresse drückt die Freude über die guten Beziehungen zu den anderen Staaten und die Hoffnung aus, der erwartete Abschluß der Handelsverträge werde die Laudwirthschast heben. Ferner spricht sie die Freude über die wohlwollenden Worte des Zaren an die Abordnung und die Hoffnung auf Wiederversöhnung mit der großen Schwester nation aus. Ueberzeugt von der Liebe des Prinzen für Bulgarien, betrachte die Sobranje es als heilige Pflicht, dein Prinzen Len glühenden Wunsch zu unterbreiten, daß der Thronfolger zur orthodoxen Kirche übertrete, wodurch die nationale Dynastie untrennbar mit dem Lande vereint werde. Die Sobranje zweifle nicht, daß die Weisheit des Prinzen der Volksstimme Rechnung tragen werde. * Ueber die Ereignisse, die zur Entscheidung des Prinzen Ferdinand von Bulgarin» bezüglich des UcbertrittS seines Sohnes Boris zum orthodoxen Glauben führten, meldet die „N. Fr. Pr." Folgendes: Die Minister Stoilow, Natcho- witsch und Petrow hätten dem Prinzen erklärt, daö Volk fasse die Frage der Religion des Thronfolgers als eine nationale Sache auf. Als solche möge sie auch gelöst werden. Eins der gefährlichsten Agitationsmittel gegen die Dynastie würde dann deren Feinden entwunden sein. Die hierauf erfolgte Erklärung des Fürsten, der Thronfolger werde im Geiste der Landeskirche erzogen werden, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Prinz Ferdinand wurde im Versammlungssaal der Sobranje mit Jubel be grüßt. Der Präsident der Synode Gregor dankte ihm Namens der Kirche und des Volkes und fügte hinzu: „Nie wird Bulgarien dies vergessen, und keinen« Feinde wird eS je gelingen, sich zwischen den Fürsten und sein Volk zu drängen." (Nunmehr ist der Negierung eine große Majorität in der Sobranje gesickert und sie hat begründete Aussicht, alle ihre Vorlagen dnrchzubringen. Damit hat sie ihren Zweck erreicht. D. Red.) * Aus Belgrad, 6. November, wird der „Franks. Ztg." gemeldet: In Bezug auf die Verhandlungen deS Fürsten Ferdinand von Bulgarien mit dem Papste, welche durch eine hohe, der Familie Orleans nahestehende Persönlich keit seit Wochen gesührt werden und den größten Schwierig keiten begegneten, verlautet von autoritativer Seite, daß der Fürst «nit dem Hinweis auf eine Gefährdung semes Thrones in Bulgarien die absolute Nothwendigkeit der Conversion deS Prinzen Boris dem Papste dargelezt hat, unter gleichzeitiger Versicherung, daß sämmtliche anderen, seiner Ehe etwa ««och entsprießenden Nachkommen unbedingt den katholischen Glauben beibehalte» werden. * Sonstanttnopel» 6. November. (Meldung des „Reuter'schen Bureaus".) Der Großvezier Kiamil Pascha ist seinesPostenS enthoben worden. — Der türkische Botschafter in Berlin, Tewfi Pascha, ist hier eingetroffen. * Aonstantinoprl, 6. November. Der Ministerrath trat beute zu einer Besprechung der Finan zlagr zusammen. Der Berathung wohnte auch Director Vincent bei. Afrika. * Rom, 6. November. Der „Tribuna" wird au» Massana vom heutigen Tage gemeldet: Infolge de« Siege» bei Debra Ailat hat Meaelik seinen Vormarsch eingestellt. Gerüchtweise verlautet von Bewegungen der Derwische, brr welche der Mahdi den Oberbefehl OSmar Digma bertragen habe. Obwohl es sich um unbestätigte Gerüchte tändelt, ist eine Abtheilung Verstärkung von Keren nach Kassala abgesandt worden. Amerika. * Havana, 7. November. (Telegramm.) Der „Heraldo" theilt mit, Maximo Gomez, der Oberanführer der Aus ländischen» werde an der Spitze bedeutender Streitkräfte sie Bewegung weiter führen, um in die Provinz Santa »lara einzubrechen. Zu gleicher Zeit werde auch der Rebellenführer Antonio Maceo in die Provinz Puerto Principe eindringen. DaS Blatt bemerkt hierzu, daß diese Bewegungen in Havana viel Aufmerksamkeit er regt haben. MM. Neues Theater. Leipzig, 7. November. Als RichardWagner im Jahre 1539 vor seinen Gläubigern von Riga eilig nach Paris floh, da nahm er zwei Acte seines „Rienzi" mit an den rettenden Bord. Ein gewaltiger Seesturm bot ihm unterwegs An regung und tbeilweisen Vorwurf zu seinem „Fliegenden Holländer", der, wie er selbst mittheilt, „fast fertig schon vorlag, als der „Rienzi" kaum beendigt war". Unter den chwersten Bedrängnissen und der bittersten materiellen Noth chuf er, in seinen Kunstanschauungen und -Grundsätzen „aus- allend umgewandelt, in tiefer Erschütterung" und in „hes tiger Umkehr, zu welcher Sehnsucht und Ekel gleichmäßig bei trugen" (vgl. Bd. I, p. 3 s. ges. Schrftn.), in kaum sieben Wochen das ergreifende Werk, das den voin Christenthum diabolisirten Wanderer Wotan, den wilden Jäger des Meeres, das Gegenstück des ewigen Inden, dem menschlichen MitleiLen so nahe bringt und die erbarmungsvolle Treue des Weibes in den erhabensten Tönen besingt. Im Holländer und in der Senta gipfelt die Tragödie, cknd eS trifft sich gut, daß wir für Beide Vertreter haben, die den erhabenen Stil der Partien zu fassen und treu wieder- »geben vermögen. Herrn Schelper's „grauenvolle Ruhe", eine „schrecklicke Energie", sein „zermalmender Ausdruck" er- cköpst das Wesen des nach Erlösung aus ahaSverischer Seelenpein Ringenden. Und tönt die düstere 6-Saile seines Organs erschütternd die Tiefe seines Elends wider, so finden die Schauder der Verzweiflung und der ungestüme Drang nach Erlösung den mächtigsten Widerhall in den höchsten Registern. Sein Holländer greift ins Herz, chlägt blutige Wunden, seine Erlösung erlöst auch den Hörer. Frau Krzyzanowsky-Doxat ist ihm darstellerisch ebenbürlig, wie wir schon mehrfach anzuerkennen Gelegenheit nahmen, das träumerische, großherzige Nordlandsmädchen, ern von jeder Sentimentalität. Auch ihr Gesang war von edler Begeisterung und fortreißcnder Leidenschaft, auf den Höhepunkten von unmittelbarer Wirkung. Den Erik zeichnete Herr Merket dem Willen des Componisten durchaus gemäß, mit männlich festen Strichen, wobei ihm seine reichen Sliiiini- mitlel trefflich zu Statten kamen. In der Erzählung befleißigte er sich «nit Neckt einer leichteren Tongebung, die ibre Wieder gabe besonders genußreich machte. Ueber die tüchtige Mary des Frl. Beuer, sowie den ansprechenden Steuermann des Herrn Marion ist nichts Neues hinzuzufügen. Die Chöre saugen frisch und sicher. Vielleicht bringt eine Festvorstellung gelegentlich auch die Wiederberstcllunz des Holländerchores im dritten Acte mit sich. Der „Sängerkreis" dürfte wohl auck bierzu hilfreiche Hand bieten. Für Herrn Capeltmeister Panzner war Herr Porst eingesprungen, durch seine SchlagferNgkeit neunenswertheu Störungen rühmlich vorbeugend. Immerhin hatte der plötz liche Tausch eine Einbuße an künstlerischer Accuratesse mancher Stellen in» Gefolge. vr. R. Krauß e. Carola-Theater. Leipzig, 7. November. Die von Th. de Glaser ge- eitcte „Douruös Juäic" bringt uns einen kurzen Cyklus von Vorstellungen, der uns mit der Spiel- und Sangesweise der Pariser Operettensängerinnen nnd -Sänger bekannt macht. Die gestern zur Aufführung gekommene comeckie-opeietts „va komme L von Henne- qnin und Millaud entspricht allerdings nickt dein Stil der größeren Operetten, was schon auf dem Titel durch de» Beisatz comsckie augedeutet ist: das Stück ist ein Lustspiel mit einigen Gesangseinlagen, aber ebne den musikalischen Aufwand der Operette; der Dialog ist über wiegend. Die Musik von Herve ist echte Chansonnctlenmusik. musikalischer Champagner, perlend und prickelnd. Der Stoff ist pikant und in vieler Hinsicht schlüpfrig. Unseres Wissens ist indeß daS Stück in deutscher Uebersetzung in Wien ge geben worden, wo die Geistinger die Rolle der Iudic spielte. Es handelt sich um eine allerdings in vieler Hinsicht unähn liche Variante der beiden „Klingsberge". Vater und Sohn be gegnen sich hier auf ähnlichem Gebiete, und der leichtlebige Vater bat einen pedantischen Sohn. Im Mittelpuncte der Handlung steht das Jagdessen mit Champagner und Gesang; der Haupt jäger wohnt zwar demselben nicht bei, aber eS gebt gleich wohl hoch her, und die darstellende Kunst findet Gelegenheit, die verschiedenen Stadien der Trunkenheit, die sowohl bei den Männlein wie bei den Wciblein herrscht, lebenswahr zur Anschauung zu bringen. .,ves ctioses", die sich daran knüpfen und im letzten Act zu Erörterungen und Enthüllungen führen, würden sich in der armen deutschen Sprach, wie Riccault in der „Minna von Barnhelm" sagt, etwas anstößig auS- nehmen; das Französische gleitet darüber hinweg. Die nicht allzuschwer fallende Verwechslung zwischen einer jungen Ehefrau nnd einer freizügigen Schönen bildet einen Knotenpunkt der Verwickelungen; der alte Gelehrte freilich weiß Beide Wohl zu unterscheiden, er geht immer von einer Weinsorte zur andern über und schwankt und taumelt zuletzt zwischen Beiden hin und her. Madame Iudic, welche die Anne spielte, ist gewissermaßen die Erbin deS Ruhmö der DSjazet geworden, der berühmten Vaudevillespielerin, nach dem sich das alte Vaudeville in die moderne Operette verwandelt hat. Die Döjazet spielte mit Vorliebe muntere, kecke Zofenrollen, und es ist bekannt, daß sie noch mit 60 Iabren in solchen Rollen auftrat. In Paris sieht man weniger auf den Taufschein als auf die Leistung, und in der Well de» Scheins sollte in der That der Tauf schein keine große Rolle spielen, da es sich ja auf der Bühne nicht um Jugend nnd Alter der Künstlerin handelt, sondern um Jugend und Alter der dargestellten Personen und sich Beides mit den Hilf-- und Knnstmitteln der Garderoben zimmer leicht zur Anschauung bringen läßt. Große Jugend und große Meisterschaft sind wohl nie vereint. Wir sind weit entfernt, Madame Iudic in jene Altrrs- linie zu rücken, welche für die Dsjazet keine Schranke mehr bildete; doch die Anforderungen an schlanke Jugendlichkeit, wie wir bei unseren Operettensängerinnen zu machen pflegen, sind in Paris unbekannt — indeß hat uns ja auch schon die Geistinger eines Besseren belehrt. Wie aber die Operette gesungen werden muß, da« können unsere Diva« ersten, zweiten und dritten Range« von der Iudic lernen. Bei uns ist da« Alle» ineistenS noch zu schwer, zu opernhaft — den Plauderton der Operette treffen bei un« nur wenige Sängerinnen, darin ist die Iudic Meisterin; der Cbansonnettrnvortrag bei der Tafel war wirklich perlender Cbampagnrrschaum, sprühende Tropfen, und bei diesem Blitzzug von Worte» und Tönen kam nickt« auS dem Gleise; wir finden dafür keinen anderen bezeichnenden Ausdruck al« den französischen. ..voludilitS" Wie charakteristisch war dabei «dre Darstellung! Die in den Gesang mit hereinspielenden Lichter de« Rausche« und dann dieser selbst kamen zu voller Geltung. Ueberhaupt das Spiel der Frau Iudic degagirt und ausdrucksvoll, besonders muß ihr deutsame«, vielsagendes Geberdenspiel kervorgehobei« werden. Sie erntete natürlich, besonders nack ihrer Pracht lristung im zweiten Act, reichen Beifall. Die Coralie erscheint bisweilen auf der Bühne, spielt aber mehr hinter den Con- lissen mit; sie tritt meistens mit einem Affectschrei auf, den Mad. Rose möglichst grell wiedergab. Den Vater und Sohn de la Boucaniöre spielte Herr Fioratti, welcher den Unterschied zwischen dem leichtlebigen Vater und dem gewissen- schaftlich gediegenen Sohn wirksam hervorhob; sehr ergötzlich war der Bodin-Bridet des Herr» CH ambly. Der Prinz von Cypern wurde von Herrn Hovey als lebenslustiger rou« gespielt, der elegante Tob deS Herrn Charletty und die anderen kleineren Rollen waren gut ausgearbeitet, auch die Dryaden und Hamadryaden. welche sich dann aus den Jägerinnen in Champagnerdamen verwandelten. Das Ganze ging auch ausreichend gut zusammen; man muß bedenken, baß die ganze Gesellschaft zwei Stunden vorher erst auS den Waggons gestiegen war, nach einer Tagfahrt von Elberfeld, und ihr dann kaum eine Stunde Zeit geblieben war, sich mit unserem Orchester vor der Aufführung zu verständigen. Rudolf von Gottschall Universität. -8- Leipzig, 7. November. Für das Jahr 1895/96 wurden bei unserer Universität folgende neue Preisaufgaben gesielli: 1) Bon der theologischen Facultüt: „Des Apostel Paulus Ueber- lieferuiig von der Einsetzung des Heiligen Abendmahls (I. Cor. II, 23 f.) ist nach ihrem literarischen und biblisch-theologischen Verhüll- nisse zu den synoptischen Berichten zu untersuchen". 2) Von der juristischen Facultät: „Ob und inwieweit nach früherem gemeinen und »ach heutigem Recht das Strafurtheil den Civilrichter und das Civilurtheil den Strafrichter bindet". 3) Bon der medic in «scheu Facultät: „Es ist die Casuistik über ÜNLiuatometr» und Ünemato- snlpinx congenita nachzusorschen und dabei besonders zu beachten, ob in Fällen, wo eine Contactinseckion sicher auszuf'chlicßen ist, eine tödtliche Peritonitis je vorkam". 4) Bon der philosophischen Facultät: 1. Section: „Die rhythmischen Formen des ältesten deutschen Minnesangs bis aus Friedrich von Clausen, mit besonderer Berücksichti- guug der Besetzung sowohl der ganzen Verse wie der Hebungen und Senkungen mit verschiedenartig betontem Wortinaterial. Auszuschließen sind die daktylischen Verse". — 2. Section: „Einfluß der Scholastik aus die Lehre Tescartes!" Nebenausgabe: „In der Kuhmilch ist Las Fett i» Form von Kügelchen enthalten, die von verschiedener Größe sind. Es ist zu ermitteln, ob die Größenunterschieds «nit einer verschiedenen Beschaffenheit bezw. Zusammensetzung des Fettes Hand in Hand gehen: die Untersuchungen sind möglichst auch auf die Milch anderer Nutzthiere auszndehiien." 3. Section: „Bei der Addition von Halogenen oder Halogen — Wassersloffsäuren zu ungesältigten organischen Verbindungen, verwandeln sich die lctzleren häufig — namentlich unter der Einwirkung von Licht und Wärme — großenthells in ihre Stereoisomeren, welche sich dann bei relativ geringerer Löslichkeit in festein Zustande abschcideii können. Es scheint dabei die Menge des angewendeten Lösungsmittels von Ein fluß auf Le» Betrag der Umsetzung zu sein. Dieser Einfluß soll an mehreren Verbindungen genau untersucht und quantitativ be stimmt werden." Evangelischer Missionsverein. Eine große Festgemeinde füllte am letzten Sonntag die geräumige Thomaskirche: zweierlei hatte sie hcrbeigezogen, Las Jahresfest des Evangelischen Mijsionsvereins und die Persönlichkeit des Jestprcdigers, des Herrn Superintendent Meyer aus Zwickau. Der Evangelische Mijsionsvereiu hat nun 75 Jahre in unsrer Stadl sein Werk getrieben, unter seinen Mitgliedern finden sich die besten Namen unsrer Mitbürger. Er wollte Las große Werk der Mission bekannt machen, die Herzen dafür erwecken und begeistern. Von Anfang an hat er bald selbstständig Einzelne für diesen Berus vor bereitet und mit seiner Unterstützung hinausbcglcitet aus ihr Arbeits feld; bald hat er den Mifsivnsanstalten zu Dresden, Berlin, Barmen u. a. die gesammelten Gelder überreicht, je länger desto ausschließlicher hat er seine Beträge an Basel abgcliefert, Las ebenso vorsichtig wie muthig, ebenso gründlich wie liebevoll verging. Hatte es in Indien begonnen, so ging es bald auf die Goldküste über, die offnen Thüre» nnd der Drang der Umstünde führten eS dann nach China und nach Kamerun. Die letzten Jahresbericht? des Evangelischen Missioiisvereins erzählen die Geschichte der Baseler Missionen in Kamerun, auf der Goldküste und in China. Ta über dem Lärm der Tagesereignisse, über der Verhandlung über den Gewinn und Verlust in den Colonicn diese stille, segens reich aufbauende Arbeit nur zu oft vergessen wird, sind Liese zusanimenfasjenLen Berichte sehr dienlich, eine klare Einsicht und Kenntniß dieser Arbeit zu gewinnen. — Tann aber der Prediger, ein Mann von umfassendem Wisse», tief eiiidriiigeudem Wissen, edler Begeisterung, von wuchtiger Einsackhcil und über zeugender Klarheit der Rede. Er predigte über die Worte LcS Herrn (Joh. 9, 4—5): „Ich muß wirken die Werke dcß, der mich gesandt hat, so lange cs Tag ist; es kommt die Nacht, da Niemand wirken kann. Dieweil ich bin in der Welt, bin ich Las Licht de« Welt." Ausgehend von dem Kaiser-Einzug des 26. Oktobers, schilderte er den Siegeszug des Erlösers durch die Welt. Ein solcher Zug ist die Mission — ein herrliches Gotteswerk, mit göttlichen Mitteln arbeitend, in der gegebenen Zeit. Wie freundlich wußte er den Einwürfen, die man gegen die Mission immer von Neuem wieder erbebt, zu begegnen, wie manches fragende Warten auf die Erfolge der Mission befriedigend zu erklären! Schon in der Kirche mußte über dem Strome der glänzenden Gedanken der Wunsch erwachen, noch einmal in der Stille jeden eilizeln auf sich wirken zu lasse». Mit um so größerer Freude werden es nun Alle begrüßen, daß dieser Wunsch bereits in der Erfüllung begriffen ist. Die Fe st predigt wird in der Buch handlung des Evangelischen Bundes demilächst erscheinen und für wenige Pfennige (20—25) zu haben sein. Gewiß wird sich keiner der zahlreichen Hörer und Verehrer des Predigers- die günstige Gelegenheit entgehen lassen, sich Las gcistgesalbte Wort noch einmal daheim zu vergegenwärtigen, zumal da der Reingewinn dein Missions- Werke selbst wieder zugute kommt. vermischtes. — Dortinun-, 6. November. Der erst zehn Jahre alle Knabe Leo Benke von hier wurde beute in die ErziebungS- anstalt Haus Hall abgcführt. Es klingt fast wie ein Märchen und doch ist es Thatsache, daß der Junge fast bundert Taschcn- diebstähle ausgeführt hat. Zu seinen Helfershelfern gehörten etwa ein halbes Dutzend gleichaltrige Knaben. Die Taschen diebstähle wurden meist auf den Jahrmärkten auSgefübn, über die der geriebene Knabe einen besonderen Kalender führte. — Pest, 6. November. In Gyomal wurde eine ganz; Familie mit Beilhieben ermordet und sodann beraubt. — Rom. 6. November. DaS Erdbeben, welches in der letzten Nacht hier verspürt wurde, war wellenförmig nnd dauerte vier Secunden. Seitdem sind die seismischen Apparate vollkommen ruhig. DaS Erdbeben wurde auch leicht in Rocca di Papa wahrgenommen. Schaden wurde nicht angerichtek --- TnuiS, 6. November. Am Hafen von Mabedia sank ein griechisches Schiff mit 13 Mann Besatzung, sechs derselben wurden von einem österreichischen Segler gerettet. «»«ui so» cker Seevurt« »u Uawdur». Vom 6. hiovewber 1895, Lloreevs 8 vkr. 3t»tjonr-X»me . c- ssa L'k 2 « kicktnvx unck 8tLrlee cke, VVimie». 11'eitse. e O 8 4- LelmuUet Odrwtikusuuä . Uosieiiu . . . 739 749 766 1V81V storlr 080 sciivndr IV ie>R:r 2ugf wollci'x ivolleeulor beäsckt -1- lO -s- 3 -h- 3 XeuinbrivL.'isvr. 757 8 sckvack Huld becksclit -1- 5 L»rl»rude . . 1Vi«,bmleu .5. vresluu . kiirr» . . 7«>0 758 76l 81V Sturm 81V mlisssix 8 ieieb: flexeo bsäeolet ivallieulo» -s- 16 -k- rs -s- «
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