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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.04.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960430010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896043001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896043001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-30
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
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2. WM z. LchMTMblM M AWün Nr.U JUiiMaz ÄI. April W8. (MM-AWbk.) Lriefe vom Leipziger Äusstellungsplatze. ii. X „Und der Regen regnet jeglichen Tag . . * Und war's auch nicht ganz so schlimm, wie der trübselige Shakespeare'sche VerS andeutet, lagen auch Stunden und Tage dazwischen, in denen ein häßlicher Wind dem Regen die Nebenaufgabe, die frühlingssüchtige Menge zu molestiren, erfolgreich abnahm — von Lenzathem erfüllt waren die letzten drei Wochen so wenig, daß Baum und Strauch selbst zu trauern schienen über diese plötzliche „kalte Behandlung" des Aprilmonds, nachdem ihnen der März bereits den ersten warmen Liebeskuß d«S LenzeS gebracht hatte. Aber — wenn der unfreundliche April, den wir diesmal ohne Bedauern von dannen ziehen sehen, glaubte, die Arbeiten auf dem mächtigen Ausstellungsplatze beeinträchtigen zu können, so irrte er sich. Den wetterharten Hunderten, die dort mit Grabscheit, Spitzhacke, Schaufel und Schubkarren emsig thätig sind, geht es wie den Heren in „Macbeth": „In snov, in tkunäsr null in rsin" — kurz, trotz aller Wetterunbill setzen sie ihre Arbeit fort. — Das gewaltige Werk der Ausstellung duldet keine müßigen Pausen. Und so haben denn auch die letzten Wochen trotz aller Ungunst der Witterung das Werk sichtbarlich gefördert. Freilich — dem großen Publicum wird nun für eine ganze lange Weile die Ausstellungs-Welt „mit Brettern vernagelt." Drüben von der Bismarckstraße her bis über die Gruner'sche Billa hinaus an der Carl Tauchnitz-Straße zieht sich schon die leuchtende gelbe Schranke eines übermannshohen Bretter zaunes durch das grüne Gelände dahin, um von hier auS in schrägem Winkel sich bis zum Scheibenholze fortzusetzen. Eine kurze Woche noch und die Umplankung des Riesenareals ist vollendet. Solch ein Bauzaun bat etwas Schroffes. Er ruft in seinem Alles abschließenden Brettergesüge dem Neugierigen zu: „Warte, Freuud! Warte, bis wir fertig sind, dann steht ja Alles zu deiner Beifügung. Aber bis dahin laß uns allein. Denn in der Fülle der Arbeit, die sich nun hinter mir in gebundener Zeit vollziehen muß, sind Besucher hemmend und störend. Willst du aber nur einen Blick werfen auf das Werden und Wachsen hier — sieh, da nnd dort und drüben sind breite Thore in mir zur Einfahrt der material belasteten Wagen — Niemand wird dich hindern, von dort aus einen Blick zu thun in die bunte Schaffenswelt, welche so fleißig arbeitet an der Lösung der Frage: wie eine Aus stellung entsteht." Nnd jeder Verständige wird antworten: „Ist recht! Um so überraschender wird uns das Fertige anmuthen. Glück auf zum schönen Werke!" Gleich hinter dem Bauzaun an der Carl Tauchnitzstraße sind rechts und links Colonnen von Arbeitern mit dem Aus heben des Grundes beschäftigt. Hier, wo dereinst das von den mächtigen Obelisken flankirte Hauptportal der Aus stellung sich erheben soll, wo in den Verwaltungsgebäuden der Aufenthaltsort für den „Kopf" derselben, für feine geistigen Leiter die Aufenthalts- und Dienstränme ersteben tollen, werden die ersten Bauwerke der Ausstellung in kürzester Frist aus dem Boden emporwachsen. Von hier aus hat man heute schon einen prächtigen Neberblick über das in der letzten Zeit Geschaffene. Vor uns liegt der erste mächtige, nach französischem Geschmacke angelegte Teich. Canalisations- arberter sind gerade beschäftigt, die letzten Wasserzuleit ungs- röhren zu legen, eine andere Arbeitercolonne vertieft die Sohle des weiten Beckens, das später einen entzückenden Anblick gewähren wird. Zn weitem Halbkreis umgiebt ihn eine Doppelallee neugepflanzter sechsjähriger Linden, die sich hinter dem Teiche zu einer imposanten vierfachen Linden allee erweitert, eine stolze, direct auf die neue Pleißenbrücke und auf die Zndustriehalle zuführcnde Avenue bildend. Man muß dem Pflanzen dieser Linden häufiger beigewohnt haben, um zu wissen, nut welcher gärtnerischen Sorgfalt in dem werdenden Ausstellungsparkc verfahren wird. Es sind ja in ihrer Art auch lebende Wesen, diese Linden, die ihrer Waldheimath entnommen sind, nm den AusstellungS- und späteren Stadtpark dereinst zu beleben mit ihrer grünen Pracht. Und zart wie lebende Wesen, die vom Schicksal auf einen anderen Boden plötzlich verpflanzt worden, wollen auch sie behandelt sein. Zu dem Erdloch, in das ihre Wurzeln sich senken sollten, wurden sie sacht herangefahren und mit aller Vorsicht hineingehoben. Und damit Wind und Wetter die zarten Wurzelfasern, die nun neu in den fremden Boden einbringen und aus ihm neues Wachsthum saugen müssen, nicht wieder erschüttern und losreißcn, hat die junge Linde in zwei hohen stämmigen, mit ihr verbundenen Pfählen, treue Beschützer bekommen, die auch den heftigsten Ost- und West wind nicht rütteln lassen an dem schlanken Stamme. Dieser aber hat seine schützende Bekleidung ebenfalls bekommen. Ein Geflecht von Schilfrohr umgiebt ihn nnd hält ihn warm gegen tückische Nachtfröste, die so manchen Frühlingskcim im Werden vernichten. Gegenwärtig erhalten die weiße Pfähle einen graubraunen schlichten Anstrich. Nach Süden hin, bis in den Wald hinein, ist bis zum Rennweg die Auffüllung des Terrains vollendet. Linden besetzte Wege ziehen sich hindurch, auf den dazwischen liegenden Flächen aber wird unsere heimische Gartenbaukunst, die gerade in Leipzig so viele hervorragende Vertreter zählt, aufs Neue zeigen, was sie zu leisten vermag. Drüben, an dem zweiten, um das Doppelte größeren Teiche, sind lange Arbeitercolonnen noch in voller Thätigkeit. Das Profil des Teiches ist vollendet, die Sohle zeigt sich schon fußhoch mit Grundwasser bedeckt. So roh und unfertig noch Alles ist, der leuchtende Strabl der Morgensonne, der über die weite Wasserfläche dahinspielt, giebt uns einen Vor geschmack von dem, was in schöner Vollendung hier einst dem Auge sich bieten wird. Hier wird in doppelter Bedeutung das „naffe Dreieck" der Ausstellung entstehen. Nicht nur der See wird diesem Theile jene Bezeichnung verleihen, drüben nach dem Walde zu wird er eingerahmt sein von allerhand reizend erbauten Erholungsstätten, in denen der vom Schauen ermüdete Mensch sich erquicken kann, vorn aber, unmittelbar an der Hauptallee gelegen, wird er flankirt von den von Weiten ragenden Bauten des Hauptrestaurants und des Wiener Casss. Gegenwärtig wird an die Structur dieses nach englischem Geschmack angelegten Teiches die letzte Hand gelegt. Nur ein schmaler Streifen Land verbindet die in der Mitte deS Teiches erhalten gebliebene Insel mit dem östlichen Rande. Auf dieser Insel soll die „Fontaine lumineuse" mit ihren in allen Farben des Regenbogens schimmernden hochaufstrahlen« den Wässern den vielen Wundern der großen Leipziger Aus stellung ein neues hinzufügen. Ein herrlicherer Platz für daS „nasse Dreieck" unserer Ausstellung, daS allerdings, mathematisch genommen, diesem Ausdruck nicht ganz entspricht, läßt sich kaum denken. In mitten der Niesenteich mit seiner klaren Fluth, seinen Wasser- und Lichteffecten, im Hintergründe der Alles umrahmende Laubwald, wohin der Blick trifft, zierliche Bauten und fröhliche Menschen — es gehört keine große Sehergabe dazu, um zu prophezeien, daß hier sich der Menschenstrom zum wirbelnden Strudel gestalten wird. Drüben, auf der Nordseite, nach der Bismarckstraße bin, wird die letzte Ausfüllungsarbeit vollzogen. Aus diesem Theile deS NuSstellungSparkes werden sich der KönigS-Pavillon und der Pavillon der Stadt, hinter chm der stattliche Theaterbau erheben. Zur Rechten des Eingangs aber wird „Alt- Leipzig" eine Fülle von Erinnerungen ausgießen über die jenigen, welche unser stolzes Leipzig nicht nur aus der Gegen wart, sondern aus Büchern, Chroniken und Sammlungen auch aus seiner glanzvollen Vergangenheit kennen. Und, an schließend an dasselbe, wird sich, parallel zur Bismarckstraße laufend, der weite, luftige, schöne Glasbau der Gärtnerei- Halle erheben, welche außer der Ausstellung, die ihr den Namen giebt, im Laufe der Ausstellungsmonate noch manche im höchsten Maße interessante Collectiv-Ausstellungen dem Publicum zugänglich machen soll. Drüben aber, hinter dem Pleißenfluthbett, auf den mäch tigen Flächen, welche die eigentlichen Ausstellungshallen auf nehmen soll, haben Maschinen- und Mensckenkraft in den wenigen Wochen eine Riesenarbeit gethan. Hunderttausende von Cubikmetern Kieserde sind herangeschafft und gleichmäßig aufgeschüttet worden. Auch hier wird nach wenigen Wochen der Grundstein gelegt werden zu den hochstrebenden Bauten, die bestimmt sind, zu zeigen, daß Gewerbe und Industrie Sachsens und der Thüringischen Staaten im herrlichsten Blühen sind. Sommerfahrpllill 1896. Die mit Beginn des Sommerfahrplans am 1. Mai in Kraft tretenden Fahrplanänderungen sind diesmal für Leipzig besonders zahlreich. Es tritt eine ganze Anzahl von Zug Vermehrungen und Verbesserungen in die Erscheinung. 1) Auf dem Berliner Bahnhof erhalten die Dnrckgangs- züge zwischen Leipzig und Berlin, welche bislang nur aus dem Bayerischen Bahnhof hielten, nunmehr auch Aufenthalt auf dem Berliner Bahnhof. Für die Bewohner der Nord vorstadt nnd der nördlichen Vororte von Leipzig bedeutet dies eine weitere Fahrzeit-Verkürzung, denn man fährt vom Berliner Bahnhof mit den DnrchgangSzügen erst 3,47 Vorm. bez. 6,33 Nachm. ab und kommt 6,10 Vorm. bcz. 9 Nachm. in Berlin an. In umgekehrter Richtung erfolgt die Abfahrt von Berlin 7,50 Vorm. bez. 10,3 t Nachm. nnd die Ankunft in Leipzig, Berliner Bahnhof, 10,14 Vorm. bez. 12,57 Vorm. Auf der Strecke Leipzig-Bitterfeld-Dessau-Magdeburg gelaugt ein neuer Schnellzug zur Einlegung, welcher 8,51 Nachm. den Bayerischen, 9,12 Nachm. den Berliner Bahnhof in Leipzig verläßt und 11,14 Nackm. in Magdeburg eintrifft. In Magdeburg erhält derselbe Anschluß an die Schnellzüge nach dem Westen und Norden. In umgekehrter Richtung erhält dieselbe Strecke eine sehr gute neue Verbindung durch den Zug 4,12 Nachm. von Dessau, 5,44 Nachm. von Dessau, Ankunft in Leipzig, Berliner Bahnhof, 6,46 Nachm., 7,13 Nachm. Bayerischer Bahnhof. 2) Thüringer Bahnhof. Auf der Strecke Zeitz-Gera- Probstzella ist ein neues Personenzugspaar eingelegt: 4,25 Vorm. von Leipzig, 6,35 Vorm. in Gera, 9,36 Vorm. in Probstzella und 8,0 Nachm. von Probstzella, 10,53 Nachm. von Gera, 1,6 Vorm. in Leipzig. Diese Züge haben sehr günstige Personenzugs-Anschlüsse von und nach Bayern. Für den Local-Verkehr bedeuten sie eine ganz wesentliche Zug verbesserung, da bislang der erste durchgebende Zug von Leipzig 7,1 Vorm. abging und der letzte bereits 9,31 Nachm. ankam. Des Weiteren wird in die Schnellzüge Leipzig- München über Probstzella 11,1 Vorm. von Leipzig, 10,45 Nackm. in München — 7,29 Vorm. von München, 8,5 Nachm. in Leipzig je ein directer Wagen dritter Classe neben die erster und zweiter Classe eingestellt. Auf der Strecke Leipzig-Erfurt-Eisenach ist der Zug Sonntags bis Stadtsnlza 7,4 Vorm. von Leipzig, 9,52 Vorm. in Stadt- sulza und 8,46 Nachm. von Apolda, 11,9 Nachm. in Leipzig wieder eingestellt. Neu ausgenommen ist ein Schnellzugs paar bis Eisenach 3,35 Nachm. von Leipzig, 7,26 Nachm. in Eisenach — 11,10 Vorm. von Eisenach, 3 Nachm. in Leipzig. Man kann also die beliebten Sommerfrischen Thüringens noch Nachmittags bequem erreichen und zwar um so mehr, als der Zug auf allen größeren Stationen hält. Der 7 Abends Leipzig (ab Corbetba Schnellzug) verlassende Zug, welcher bislang nur bis Eisenach ging, wird nunmehr bis Cassel (Ankunft 1,30 Vorm.) durchgeführt und erhält daselbst Weiter-Anschluß nach Westfalen, nachdem er in Weimar den Böhmischen Bäderzug Eger-Weischlitz-Gera ausgenommen hat. Zn umgekehrter Richtung verläßt der von Westfalen kommende Zug 2,43 Vorm. Cassel, 4,46 Vorm. Eisenach und trifft nach leider einstündigem Aufenthalt in Weimar, wo der oben angegebene Bäderzug abzweigt, 9,40 Vorm. in Leipzig ein. Zu bedauern ist, daß der 12,4 Vorm. in Leipzig eintreffende Schnellzug immer noch keinen Anschluß von Frankfurt a/M. und weiterher er halten hat, obwohl dies in eigenstem Interesse der Ver waltung liegen dürste. Ebenso muß man noch immer bei dem Stuttgarter Schnellzug über Würzburg-Ritschenhausen (9,10 Nachm. in Leipzig) vor den Thoren Leipzigs und zwar m Weißenfels (7,37 — 8,29 Nachm.) liegen. ES ist daS ein Uebelstand, welcher der Beseitigung dringend bedarf. 3) Eilenburger Bahnhof. Eine sehr günstige neue Ver bindung mit Breslau ist durch entsprechende Zugverschiebunaen erreicht. Man verläßt Leipzig nur eine halbe Stunde früher als bisher, und zwar 7,40 Vorm., und trifft in Folge dessen schon 2,2 Nachm. (bisher 3,51 Nachm.) über Falkenberg- Kohlfurt in Breslau ein, woselbst sofort Weiteranschluß über Oderberg nach Galizien staltfindet, so daß man jetzt Krakau mit einem TageSzug erreichen kann. In umgekehrter Rich tung wird die so lang entbehrte NachmittagS-Schnellzugs- Verbindung mit Breslau hergestellt. Den Anschluß von Galizien über Oderberg vermittelnd, geht der Zug 3,17 Nachm. von Breslau ab und trifft 10,15 Nachm. in Leipzig ein. Be schleunigt ist ebenfalls der bislang 2,38 Nachm. abgehende Schnellzug nach BreSlau über Sagan, der Leipzig erst 3,10 Nachm. verläßt. 4) Magdeburger Bahnhof. Derselbe weist eine neue Schnellzugs-Verbindung mit Cassel und Frankfurt über Sangerhausen-Nordhausen-Eichenberg-Bebra, sich in Nord hausen mit dem Durchgangszug Berlin-Frankfurt über Güsten vereinigend, auf: 2,12 Nachm. von Leipzig, 7,33 Nachm. in Cassel, 10,25 Nachm. in Frankfurt a. M. — 10,47 Vorm. von Cassel, 8,5 Vorm. von Frankfurt, 2,46 Nachm. in Halle und erst 4 Nackm. von Halle, 4,55 Nachm. in Leipzig. Der IsLstündige Aufenthalt in Halle ist recht bedauerlich. Hoffent lich schafft die königliche Eisenbahn - Direction Halle, der man sonst das Zeugniß besonderen Entgegenkommens gegen Leipzig nicht versagen kann, hierin Abhilfe. 5) Dresdner Bahnhof. Aus diesem werden die Nacht schnellzüge über Görlitz nach Breslau und über Bodenback nach Prag und Wien getrennt durchgeführt, für letztere eine wesentlich günstigere Verbindung herstelleud. Man fährt erst 12 Nachts (statt 10,27 Nachmo von Leipzig ab und trifft dessen ungeachtet zu derselben Zeit, wie früher, 7 Vorm. in Prag, 2,35 Nachm. in Wien ein. In umgekehrter Richtung 10,15 Nachm. von Wien, 6,5 Vorm. in Prag, 9,50 Vorm. in Dresden-A. erfährt der Schnellzug einen fast einstündigen Aufenthalt in Dresden, indem er erst 10,50 Vorm. von Dresoen-N. abfährt und 12,36 Mittags in Leipzig eintrifft. An den wesentlich günstigeren Verbindungen Berlin-DreSden- Wien über die Nordwestbahn hat man Leipzig leider keinen Antheil nehmen lassen. Man hat die Abfahrt und Ankunft in Leipzig genau so belassen wie bisher, an Stelle der zwischen Dresden und Wien aber erzielten Beschleunigung einen einstündigen Aufenthalt in Dresden für die von Leipzig und weiter herkommenden Passagiere gefetzt: 6,25 Nackm. von Leipzig, 8,29 Nachm. in Dresden-N. und erst 9,35 Nackm. von Dresden-A., 8 Vorm. in Wien — 9,5 Nachm. von Wien, 7,30 Vorm. in Dresden-A. und erst 8,42 Vorm. von Dresden-N., 10,39 Vorm. in Leipzig. Bei derartig großen Schnellzugs-Verbindungen, wie es die oben angegebenen sind, ist diese Maßnahme nicht recht ver ständlich nnd im Interesse der Stadt Leipzig zn bedauern. Dagegen gelangt ein neuer sehr beschleunigter Schnellzug 6,5 Vorm. von Breslau, 8,57 Vorm. von Görlitz, 10,50 Vorm. von Dresden-N., 12,36 Mittags in Leipzig zur Einlegung. Ferner werden die Schnellzüge 8,26 Vorm. von Leipzig, 3,51 Nachm. in Breslau, 10,15 Vorm. von BreSlau, 6,12 Nachm. in Leipzig ab 1. Juni Buffetwagen führen. 6) Auf dem Bayerischen Bahnhof gelangen die böh mischen Bäderzüge, wie alljährlich, wieder zur Einlegung: 12,29 Vorm. bez. 10,53 Vorm. von Leipzig, 5,6 Vorm. bez. 3,40 Nachm. in Eger, 1,10 Nachm. bez. 10,27 Nachm. von Eger, 5,55 Nachm. bez. 3,22 Vorm. in Leipzig. äächlischt Ljolz-Lerufsgenossenschast. Unfall-Statistik. Im I. Vierteljahr 1896 kamen 218 Unfälle zur Anzeige. Die Veranlassung dazu war folgende: Dampfkessel, Dampfleitungen, Dampfkocher (Ausströmen von Dampf, Explosion rc.) — Motoren (Dampfmaschinen, Turbinen, Wasserräder rc.) I, Transmissionen aller Art (Wellen, Zahnräder, Riemen, Seile rc.) 2, Fahrstühle, Aufzüge, Mahne, Hebczeuge rc. — (Patter- und Fournirsägen 4, Band- und Tecoupirsagen 10, Kreissägen 34, Hobel«, Abricht« und Kehlmaschinen 16, Fraisen, Bohr« und Stemmmaschinen 8, Maschinen und maschinelle Vorkehrungen, welche nicht unter 1—9 fallen 12, Fahrzeuge, Beförderung von Lasten, Auf- und Ab laden 47, Fall in Bauten, von Leitern oder Treppen, Galerien, Brücken, Stegen, in Vertiefungen 19, Holzfällen oder Herabfallen von anderen Gegenständen, Bruch, Einsturz 5, Verschiedene Gegen stände und Vorgänge 60. Zusammen 218 Unfälle. Todesfälle kamen 3 vor; in 28 Fällen wird die Erwerbs unfähigkeit der Verletzten voraussichtlich länger als 13 Wochen dauern. Der eine Todesfall ereignete sich beim Transport eines Untcrlagholzes (sogenannter Strecke), wobei der Verletzte ausrutjchte und zu Falle kam, so daß ihm die in beiden Händen haltende Strecke ans die Oberschenkel siel; eingetretene Wundrose hat den Tod herbeigesührt. Beim zweiten Todesfall hat der Verunglückte beim Aushängen eines Musterstuhles einen Sessel bestiegen, dabei das Gleichgewicht verloren und mit der rechten Brustseite auf eine Tischkante anfgejchlageu; durch Luugenverletzung nnd Quetschung der 6. bis 8. Rippe ist der Tod eingetreten. Der dritte Todesfall erfolgte beim Verladen von Stämmen, wobei ein Stamm vom Rundholzlaqec herab und über Len Getödteteu hinwegrollte, infolge dessen innere Verblutung eintrat. Bon den 28 Unfällen mit voraus sichtlich länger als 13wöchiger Erwerbsunfähigkeit der Verletzten entfallen 12 aus Sägewerke, 5 auf Möbelfabriken, 3 auf Holzwaacen- sabriken, 2 auf Tischlereien und je I auf eine Holzbildhauerei, Möbeltischlerei, Modelltischlerei, Holzspalterei, Stuhlbauerei und Drahtbürstenfabrik. Vermischtes. ----- Berlin, 28. April. Ein Zweikampf mit tödt- licken Waffen, welcher am 21. Juli v. Is. zwischen dem Studenten der technischen Hochschule in Charlottenburg, Arthur Thiele, und dem vr. weck. Brockelmann aus getragen wurde, gab heute Veranlassung zu einer Verhandlung der Strafkammer am Landgericht II. Angeklagt war wegen des Zweikampfes sowohl als wegen der Herausforderung nur Thiele, Brockelmann untersteht der Militairgerichtsbarkeit. Der Letztere war kurz vor der Herausforderung Secundant des Thiele bei einem Säbeldueü gewesen, welches dieser mit einem anderen Partner ausgefochlen hatte. Durch eine Bemerkung, die der Arzt über einen von Thiele ausgelassenen Hieb machte, hatte sich dieser nun der artig in seiner „Studentenehre" gekränkt gefühlt, daß er so fort seinem bisherigen Freunde eine Herausforderung schickte. DaS Ehrengericht verhinderte den Zweikamps, da durchaus keine Berechtigung hierfür vorliege; jetzt suchte Thiele aber auf alle nur erdenkbare Weise seinen Zweck zu erreichen. Er schrieb einen Brief an den Arzt, worin er diesem mit- theilte, er möge sich als moralisch geohrfeigt betrachten, und al- er ihn später auf der Straße traf, ging er mit erhobenem Stocke auf ihn los. Er erreichte dann auch schließlich seinen Zweck, eS fand daS Duell mit gezogenen Pistolen auf zehn schritt Distanz und unter dreifachem Kugelwechsel statt und Thiele erhielt hierbei einen Schuß in den Unterleib, an dem er einen Monat laborirte. Der Gerichtshof folgte dem An träge des Staatsanwalts und erkannte gegen den Angeklagten auf 9 Monate Festungshaft. ---- Berlin, 28. April. Hinter Schloß und Riegel gebracht worden ist ein junger MannNamen-Schluef, der s.Z. der Frau Ida Braune bei ihrer Flucht auS der neuen CharitL behilflich gewesen ist. Frau Braune hatte, wie damals ausführlich berichtet wurde, mit Hilfe ihres Geliebten den Versuch gemacht, ihren Mann in der gemeinsamen Wohnung zu Kalkberge-RüderSdorf zu ermorden. Das Ver brechen und die Thater wurden bald entdeckt. Bei der Untersuchung gegen Frau Braune wurden Zweifel an ihrer geistigen Zurechnungsfähigkeit erhoben, und man brachte daher die Gefangene auS dem Untersuchungsgefängnis; zu Moabit zur Beobachtung ihres Geisteszustandes in die neue Charitv. Hier stand sie u. A. mit einem gewissen Schluef in Verkehr, der sich alS Student und Doctor der Philosophie aufspielte, jetzt aber entlarvt ist. Schluef hat es glücklich bis zur Tertia gebracht und ist dann bei der Reichspost beschäftigt gewesen, wußte aber damals seine Rolle gut durchzusüdren. Mit Hilfe deS jungen Mannes und noch anderer Personen entkam Frau Ida Braune ans der Anstalt und führte nun mit Schluef ein sehr bewegtes Leben. Nachdem sie sich eine Zeit lang in Männerkleidern in Berlin aufgehalten hatte, reiste sie mit ihrem Befreier nach Hamburg. Hier war den Beiden, als sie mit einem englischen Schiffe auSznlanfen im Begriffe standen, die Polizei dicht auf den Fersen, dennoch entgingen sie ihr. Fran Braune batte durch ibr Benehmen die englischen Sckiffö officiere so sehr für sich gewonnen, daß sie sich ihrer energisch annahmen, als die Polizeibeamten bei einer Revision des Schiffes unmittelbar vor dem Verlassen dec- Hasens sich ihrer, als der Gesuchten, bemächtigen wollten. Die Beamten wurden durch das Eintreten der Officiere stutzig gemacht nnd nahmen von der Festnahme Abstand. Von Hamburg kam das Paar nach Antwerpen. Dort bat es seiner Casse, in der allmählich eine bedenkliche Ebbe ein getreten war, durch einige Diamantendiebstähle wieder aus zuhelfen verstanden. Auch in Leipzig ist Frau Brann: mit ihrem Begleiter gesehen worden. Dieser ist schließlich den Behörden in die Hände gefallen und harrt im Unter suchungSgesängniß seiner Aburtheilung. Auch eine Kranken Wärterin Helene W., die aus der Anstalt entlassen worden ist, wird jetzt gesucht. Sie erscheint ebenfalls verdächtig, der Fran Braune beim Entweichen Hilfe geleistet zu haben. ----- In der Aprilsitzung des allgemeinen deutschen Sprach Vereins (Zweigverein Berlin-Charlottenburg) sprach Herr- Oberlehrer vr. Karl Scheffler aus Braunschweig über den verhüllenden oder euphemistischen Zug in der deutschen Sprache. Er bezeichnete zunächst als die ge meinsame Wurzel aller verhüllenden Ausdrücke die Scheu, gewisse Dinge auszusprechen. Im besonderen sind wirksam: 1) Religion und Aberglaube. Hierher gehört die Scheu, den Namen des Höchsten auszusprechen (bewahre, nanüick Gott), besonders beim Fluchen (potz Blitz für Gottes D!., meine Zeit u. s. w.), oder anderer heiliger Begriffe, wie Sacra ment (dafür: Sapperment u. s. w.). Auch Namen gefürchteter Mächte werden verhüllt, so (abgesehen von den Ausdrücken für fluchen und verfluchen) besonders der Name des Teufels (Gottsei beiuns, Geier, der Tausend rc.). 2) Schonende Rücksicht und Scheu vor Verantwortung bei Allem, was dem Menschen unangenehm ist, sei es Unglück oder Laster. Besonders zahl reich sind die Glimpswvrter für sterben, Leiche, Henker, Galgen, Gift, u. A., ferner für schlimme Krankheiten (Miserere, Sucht für Pest), aber auch für den Begriff krank im Allge meinen (siech wird verdrängt durch krank), endlich für die Krankheit des Geistes (gestört). Verstanvesmängel werden durch milderen Ausdruck verhüllt (einfältig, einfach, beschränkt u. v. A.). Vor Allem aber ist das sittliche Gebiet in allen seinen Theilen dem euphemistischen Streben unterworfen. Alo Beispiel werden herausgegriffen die Laster des Lügens, Be trügens, Stehlens und Verwandtes (aufschneiden, entwenden, List rc.). Besonders gern wird der Schlechte als unglücklich, jämmerlich ausgefaßt, die Schuld als eine Verirrung, ein Fehltritt rc. Auch liebt die Sprache ganz allgemeine Ausdrücke (Geschichte machen, anrichten, Machwerk, Sorte, Kunde), oder sie kleidet den Tadel in Bezeichnungen, die das Gewöhnliche, Ge meine,Mittelmäßige oder das Sonderbare, Seltsame, Eigenthüm liche ausdrücken. Mit Vorliebe wird auch die Verneinung des ent gegengesetzten Begriffes verwandt (nicht richtig statt: falsch) oder andere müdere Ausdrucksweisen (das möchte wohl falsch sein,. Hierher gehört auch der Euphemismus der Höflichkeit oder die gesellschaftliche Lüge. 3) Anstand und Zartgefühl. Hier wurden nur zwei Puncte hervorgehoben, die starke Ent Wickelung, die daS Zartgefühl in manchen Kreisen erfährt (Beinkleid für Hose, stark für dick, Körper für Leib u. s. w.i, und die Beliebtheit des Fremdwortes zu solchen Zwecken. 4) Endlich treten die Verhüllungen auch in den Dienst Les Hohnes und Spottes, einmal in der Form der Ironie, sodann als Euphemismen der Schadenfreude und Grausam keit (Heimleuchten, eiserne Jungfrau u. s. w.). Der Vor tragende faßte zum Schluffe noch einmal die Mittel zusammen, deren sich daS Verhülluagsbedürfniß bedient, bezeichnete al-- Hauptwirkung dieses Strebens auf die Sprachgeschichte eine Verschlechterung der Wortbedeutung, wies aber die Bc Zeichnung „pessimistisch" für diese Entwickelung zurück, da im Gegentheil das Streben zu Grunde liegt, das Unangenehme wenigstens in der Sprache zu beseitigen. --- Frau Sigride E. Magnusson, die Gründerin einer Hochschule für junge Damen in Reykjavik auf Island, iü erzürnt darüber, daß die Heilsarmee ihren Einzug auck in diese Insel des Nordens gehalten hat. „Es giebt kein: Spelunken auf Island. Wir haben die Heilsarmee deshalb hier nicht nölhig. Es giebt nur zwei Schutzleute auf dec ganzen Insel. Diese befinden sich in Reykjavik. Und selbst diese Zwei haben sebr wenig zu thun. Einer hat sich sogar literarisch ausgezeichnet!" O glückliches Eiland! (Wiederh.) — Eine vielbeschäftigte Schlange. Am Schluß eine-' Vortrages, den Marc Twain in Neu-Seeland hielt und worin er die Tempercnzbewegung berührte, erzählte er folgende Schnurre: In meinem Vaterlande kam vor einige.! Jahren ein Mann in eine Stadt, und man sagte ihm: „Sic können nirgends, außer in der Apotheke, etwas zu trinken bc kommen." Er ging also zum Apotheker, der ihm sagte: „Ick kann Ihnen ohne ärztliches Recept nichts zu trinken geben." Aber der Mann, der dem Verschmachten nahe war, erwiderte: „Dazu habe ich keine Zeit; gehl'S nicht anders?" Der Apo theker belehrte ihn: „Ja, ich könnte Ihnen Wohl etwas zu trinken geben, wenn eine Schlange Sie gebissen hätte." Der Mann bat darauf um die Adresse der Schlange, der Apo theker gab sie ihm und der Fremdling ging fort. Er kam aber sehr bald zurück und bat: „Um Gottes willen, geben Sic mir etwas! Die Schlange ist für sechs Monate voraus eugagirt!" Lpilrsn VMeillisIterte SerMMlIe M IWiMim uiill SelmiknMN Vlsrlit V HkMl-SkidkNlMS krvllllä L Vdtvlv, Leipzig, H-instr. ie-1«. Besonders prcitnerthe rrelsne a. vekvarr« SsIcLsnsloHo kant« «I»ttv (nnl-) kant Lsiansteriv
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