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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.01.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980108018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898010801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898010801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-08
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
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Die Morgen-Ausgabe erscheint um V»? Uhr, dir Abend-Ausgabe Wochentag» um b ühr^ Filialen: vtto Klemm's Sortim. (Alfred HahnX ÜuiversitätSstraßr 3 (Pauliuum), Lent» Lüsche, Katbarinenstr. Ich -art. und SöitßSpla- 7. Lr-ariian und LrpedMou: Ja Hannes,affe 8. Die Expedition ist Wocheutag» ununterbrochen geöffnet von früh S bi» Abend» 7 Uhh BezeigS-PreiS in der Hauptrxpeditioo oder de« tm Stadt- bezirk und den Vororten errichteten Aus gabestellen ab gehn lt: vierteljährlich -4l 4.50, bei zweimaliger täglicher Zustellung in» Han» 5^0. Durch di« Post bezogen für Deutschland uud Oesterreich: vienelrährlich S.—. Directr täglich« Kreuzbandserchung iu» Au»laad: monaUich 7.50. Morgen - Ausgabe. lchMrr TagMaü Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Lei-zig, -es Mathes «nd Polizei-Amtes der Ltadt Leipzig. die S gespaltene Petitzeile SO Pfg. Reklamen unter demRedaction»strich (4g»« spalten) 50-H, vor den Famitirunachrichtea (8 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzrichntb. Tabellarischer und Zifferasatz nach höherem Tarif. Extra »Vellage« (»«falzt), »ur mit d«r Morgen-Ausgabe, ohue Poftbrfürderuug ^l 60.—, mit Poftbeförderung 70.—. Aunahureschluß fiir ^uzeizru: Abend-AuSgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgru-AuSgab«: Nachmittag» 4 Uhr. Bet d«n Filialen und Annah mestelleu je eine halb« Stund« früher. Anzeigen find stet» au di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. 1l. Sonnabend den 8. Januar 1898. 92. Jahrgang. Sieg der deutschen Sache über die Sprachenverordnungen. dä. Eger, 6. Januar. Der oberste Gerichtshof in Wien hat in Angelegenheit der Sprachenverordnungen eine für die Deutschen Oester reich» hochbedeutsame Entscheidung gefällt. Er hat klipp und klar in einer jeden Zweifel auSschließenden Leise ausge sprochen, daß bezüglich der Verhandlungssprache bei Gerichten ausschließlich der 8 13 der allgemeinen Gerichtsordnung Anwendung zu finden, daß somit bei Gerichten in deutschen Gegenden nur die deutsche Sprache gesetzliche Be rechtigung habe. Der Fall, welcher den obersten Gerichtshof zu solcher Entscheidung von einschneidendem Werthe veranlaßte, ist folgender: Am 7. Mai v. I. erschien bei dem k. k. Bezirksgerichte in Eger ein tschechischer Advocaturöconcipient auS Klattau, welcher auf Grund der Sprachenverordnung vom 5. April 1897 über eine deutsche Klage «ine tschechische Ein rede erstatten wollte. Sein Beginnen begegnete dem heftigsten Widerstande des klägerischen Vertreters Dr. Zuckermann in Eger, welcher in mannhafter Abwebr so lange protestirte, bis daS Gericht nach Fassung zweier Beschlüsse seinen Argu mentationen sich anschlvß uud aussprach, die Einrede dürfe nur in deutscher Sprache zu Protokoll gegeben werden. Der tschechische Advocat ergriff gegen diese Entscheidung den Recursweg au das Prager Oberlandesgericht, daS der Beschwerde auch stattgab — mit Berufung auf die famose Sprachenverordnung — und dem Egerer Bezirksgerichte den Auftrag ertheilte, diel Einrede iu jener Sprache zuzulafseo, welche gewünscht werde, somit in der tschechischen. vr. Zuckermann recurrirte gegen diesen Bescheid an den obersten Gerichtshof und führte aus, daß, wenn auch in Böhmen zwei Sprachen gesprochen werden, in den rein- deutschen Kreisen und Bezirken, wie es zum Beispiel der Egerer Bezirk ist, die tschechische Sprache nicht die landesübliche, und demnach daselbst im GerichtSgebrauche ausgeschlossen ist. vr. Zuckermann bestritt sohin die Gesetzlichkeit der Sprachenverordnung und schloß seinen RecurS mit folgendem Appell: „Wir Deutsche iu Böhmen kämpfen um die Existenz der Nation und deren Recht; möge daS Recht an oberster Stelle Schutz finden, ehe es sich selbst Recht verschaffen muß! Möge an oberster Stelle nicht verkannt werden, daß die Sprachenver- vrdnungen, die vom deutschen Volke als schwerste Demüthi- gung empfunden werden, am besten mit dem Schwerte des Gesetzes zerschlagen werden, sollen sie nicht unabsehbaren Schaden für da» Staatswohl herbeiführen." Diesem noch vor dem Egerer Volkstage an den Obersten Gerichtshof gerichteten Appell hat derselbe in der vor einigen Tagen herabgelangten Entscheidung vom 3. November 1897, Ziffer 9682 — welche die Durchführung der Verhandlung nur in deutscher Sprache verordnet — mit nachstehender Be gründung stattgegeben: „DaS OberlandeSgericht hat seine Entscheidung aus die 88 9 und 11 der im Landesgesetzblatte für Bödmen vom 7. April 1897 Zeile 12 kundgemachten Verordnung der Minister des Innern, der Justiz, der Finanzen, des Handels und deS Ackerbaues vom 5. April 1897 gestützt und wird in dem RevisionSrecurse die Giltigkeit dieser Verordnung an gezweifelt und gebeten, die Frage der Gesetzlichkeit derselben zu prüfen." Der oberste Gerichtshof sah sich jedoch nicht veranlaßt, die Frage der RechtSgiltigkeit der betreffenden Verordnung im Sinne deS A 7 deS Staatsgrundgesetzes vom 2l. De- cember 1867 Nr. 144 de- ReichS-Gesctz-BlatteS über die richterliche Gewalt einer Erörterung zu unterziehen und hierüber eine Entscheidung zu fällen, zumal auch die beiden Untergerichte, welche sich auf diese Verordnung vom 5. April 1897 in ihren Entscheidungen wohl berufen, jedoch über deren Giltigkeit sich nicht insbesondere ausgesprochen haben, daher e» dem obersten Gerichtshof, welcher lediglich im gesetzlichen Jnstanzenzuge »u erkennen hat, auch an der nöthigen Grundlage einer Entscheidung gebricht. Abgesehen jedoch von der Gültigkeit oder Ungültigkeit der angefochtenen Verordnung, läßt sich schon auf Gruov der be stehenden gesetzlichen Vorschriften nicht verkennen, daß dem RevisionSrecurse «ine Berechtigung nicht abgesprochen werden könne. Denn Z 13 a. G-'O. ist, wie sich schon auS seiner Textl- rung, welche nicht von Sprachen, sondern von Sprache spricht, somit nicht die mehreren im Lande etwa üblichen Sprachen vor Augen hat und nicht anordnet, daß jede dieser Sprachen bei jedem Gerichte deS Landes zu- zulafsen sei, wie auch aus der Vergleichung mit ß 14 der westgalizischen Gerichtsordnung sich crgiebt — dahin zu verstehen, daß als üblich« Landessprache diejenige anzu sehen ist, welche bei dem betreffenden Gerichte üblich ist, und da in Eger, wie notorisch bekannt, nur die deutsche Sprache die übliche ist, erscheint der vom kaiserl. königl. Be zirksgerichte in Eger bei der Tagfahrt vom 7. Mai 1897 gefaßte, zweite, den ersten aushebende und somit entscheidende Beschluß, wonach das Protokoll in der vorliegenden Rechts sache in deutscher Sprache zu führen ist, sowie die Jntimation dieses Beschlusses, begründet. Mit dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof, wenn er auch im Eingänge derselben der direkten Frage der Gesetzlichkeit der Sprachenverordnungen auS dem Wege ge gangen ist, thatsächlich dieselben außer Kraft ge setzt, ja dieselben al» gesetzwidrig erklärt, indem er den tz 13 der a. G -O., nach welchem „beide Tbeile so wohl als ihre Rechtssreunde in ihren Reden die landesübliche Sprache zu gebrauchen haben", als allein entscheidend und demnach die dieser Gesetzesbestimmung zuwider laufenden Sprachenverordnungen vom April 1897 als unentscheidend, daS ist als wirkungslos, als für den Richter ungiltig hingestellt. Der oberste Gerichtshof ist aber mit der Hervorhebung des tz 13 der a. G.-O. als alleinige Gerichtssprackennorm noch weiter gegangen; er hat damit auch die Prazak'sche Spra ch enverorbnuu g vom Jahre 1880 auS den Angeln gehoben. Die Tragweite dieser Tbat deS ybersten Gerichtshofes ist unermeßlich. Es ist vor Allem hiermit festgestellt, daß das deutsche Volk in Böhmen den beißen Kampf nur für das Gesetz und gegen eine dasselbe verletzende Regie rung geführt hat, eS ist hiermit vom obersten Tribunal aus gesprochen, daß die von unseren Abgeordneten wegen der Sprachenverordnung erhobene und mit einer geringen Stim menmehrheit beseitigte Anklage gegen Baden: rechtlich und gesetzlich und somit auch politisch begründet war, kurz, eS sind von der Sonnenhöhe des Rechtes die Sprachenverord nungen aufs Tödtlichste getroffen worden, so daß es nunmehr Zwangspflicht de» CabinetS Gautsch ist, die for melle Aufhebung der Sprachenverordnungen auszusprechen. Es konnte wahrlich kein wertbvollereS Angebinde unseren Ab geordneten am Vorabend der LaublagSsesfion von der Göttin des Rechte- zu Theil werden. Aus dem 10. sächsischen Reichstagswahlkreise und zwar auS Döbeln wird unS geschrieben: Die Vor bereitungen zur ReichStagSwahl haben hier einen ebenso bedauerlichen wie befremdlichen Verlauf genommen. Als die Conservativen auf ihrer letzten Generalversammlung in Dresden am IS. Oktober v. I. erklärten, daS Eartell auch bei den bevorstehenden ReichStagSwahlen in vollstem Maße durchzuführen; als die Delegirtenversammlung deS Bundes der Landwirtbe für daS Königreich Sachsen am 22. Oktober v. I. sich für einen Zusammenschluß der productiven Stände und die Wiederherstellung einer nationalen Wirth- schaftspolitik im Sinne des Fürsten Bismarck aussprach, und als endlich am 10. November die Vorstände des national liberalen LandeSvereinS und der nationalliberalen Fraktion der II. Kammer den ernsten Willen bekundeten, wie bei den LanvtagSwablen, so auch bei den bevorstebenden ReichStagSwahlen mit den Ordnungsparteien gemeinsam vor zugeben, hätte man glauben sollen, daß ein gemeinschaft liches Handeln um so dringender geboten sei, je größer die socialdemokratische Gefahr heraufwächst. Was geschieht aber hier? Unter dem 11. December v. I. ist im hiesigen Wahlkreise folgendes gedruckte Schreiben versandt worden: k. ?. Im Einverständnisse mit der Vertretung deS Bunde- der Landwirtbe haben die Vertreter der konservativen Partei tm 10. Reichstagswahlkreis« beschlossen, «ine Versammlung der beiderseitigen Vertrauensmänner zu berufen, um gemeinschaftlich da- rüber zu berathen, wer von uns bet der nächsten Reichstagswahl als Candidat für unfern Wahlkreis ausgestellt werden soll. Sie werden deshalb gebeten, sich Mittwoch, den 15. De- cember 1897, 3 Uhr Nachmittags im Saale des Gasthofes zur goldenen Sonne in Döbeln einfinden und zu Ihrem Ausweise diese Einladung am Eingänge des Saales vorzeigen zu wollen. Im Auftrage Oberamttrichter l)r. Frese. Diese unter vollständiger Nichtachtung deS in unserem Wahlkreise vorhandenen, wohl organisirten nationalliberalen Vereins, an dessen Spitze ein sc hochverdienter, angesehener Mann wie Herr Geheimrath Niethammer steht, ein berufene Versammlung nominirte Herrn Rittergutsbesitzer Naumann (Sitten) als gemeinsamen Candidaten. Unlerm 16. December wurde der nationalliberale Vertrauensmann in Döbeln durch Herrn Oberamtsrichter vr. Frese brieflich von der durch Bund der Landwirtbe und Conservative er folgten Aufstellung des Herrn Naumann benachrichtigt und ganz unbefangen darum ersucht, diese Candidalur von natio nalliberaler Seite zu unterstützen. Das Ansuchen wurde durch den Hinweis mundgerechter zu machen versucht, daß Herr Rittergutsbesitzer Naumann kein extremer Agrarier sei. Eine auf den 27. December nach Döbeln einberusene Versamm lung nationalliberaler Vertrauensmänner be dauerte einmüthig daS von den Conservativen und dem Bund der Landwirthe beliebte einseitige, direkt verletzende Vorgehen, erklärte eine Unterstützung der Candidatur Naumann unter den obwaltenden Umständen für schlechterdings unmöglich und beschloß, einen eigenen Candidaten aufzuftellen, für den mit aller Energie in den Wahlkampf einzulreten sei. Die Ver sammlung billigte eine schriftlich abzugebende Erklärung, die unter dem Ausdruck des Bedauerns die Thatsache feststellt, daß durch daS bedauerliche Vorgehen der Gegenseite der so nothwendige gemeinsame Kampf gegen die Socialdemokratie zur Unmöglichkeit gemacht worden und damit die Gefahr eines socialdemokratischen Sieges erheblich gewachsen sei. Die Verantwortung für diesen leicht möglichen Ausgang müfse schon jetzt entschieden abgelehnt werben. ES be wahrheitet sich also auch bei unS, wie im Frei berger Kreis«, daß die Socialdemokratie von den Fehlern der Gegner lebt. Dem Kenner unserer Verhältnisse ist eS nicht zweifelhaft, daß unsere Conservativen der Noth ge horchten, nicht dem eigenen Triebe. Man ging unter rück sichtsloser Drangabe der Nationalliberalen mit dem Bunde, um nicht der Welt das Schauspiel zu bieten, daß die breite Masse konservativer Wähler im Kreise im Bunde auf gegangen ist. Man führt nicht mehr, sondern w>rv geführt, aber nicht zur Höhe gut konservativer Grundsätze, sondern in die Niederung extremen AgrarierthumS. Möchte der nationalliberale Candidat baldigst nominirt und möchten durch frühzeitige Agitation den Wählern die Augen geöffnet werden. Deutsche- Reich« tt Berlin, 7. Januar. Seit dem 4. d. M. finden unter dem Vorsitz des Staatsministers Grafen v. PosadowSky im ReichSamt des Innern Verhandlungen Uber die Grundzüge eines Reichsversichcrun zSgesetze- statt. Der Sach verständigenversammlung gehören Vertreter au» allen Zweigen des Versicherungswesens an. Es handelt sich bei diesem Gesetz entwurf darum, einerseits die von den Versichernden erworbenen Ansprüche, soweit wie möglich, zu sichern, anderseits den Versiche rungsgesellschaften dasjeuigeMaß freier Bewegung zu gewähren, welches für die Entwickelung ihre» GeschästSbetriebeS nicht entbehrt werden kann. Gleichzeitig muß auf di« neuen Vor schriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Handelsgesetzbuchs Rücksicht genommen werden. Die Zwecke der einzelnen Versiche rungen bedingen ein wesentlich verschiedenes Geschäftsgebabren und die große Schwierigkeit der Materie liegt darin, diesen verschiedenen Geschäftsnietboden in einem einheitlichen Gesetze vollkommen gerecht zu werden. Besonders die Transport versicherung, welche zum Theil einen internationalen Charakter trägt, bewegt sich in rigenthümlichen, auch durch die ausländische Gesetzgebung und Concurrenz bedingten Formen. Die außerordentlichen juristischen und wirtbsckast- licken Schwierigkeiten einer einheitlichen BersicherungSgesetz- gebung lassen eS erklärlich erscheinen, daß die bereits im Jahre 1868 angeschnittene Frage zu einem Abschluß noch nicht gelangt ist. Wir wollen hoffen, daß die Berathung der jetzt neu aufgestellten Grundzüge, welche unter Zuziehung von hervorragenden Sachverständigen stattfinbet, recht bald zu einem abschließenden Erfolge führt. * Berlin, 7. Januar. Aus den Kreisen deS CeptrumS ist eine Denkschrift über „Die Parität in Preußen" herauSgegeben worden, die sich mit den bekannten Klagen des Centrums über die mangelnde Parität in der Ver waltung beschäftigt. Bemerkenswerther Weise wird in der Denkschrift zugegeben, daß diese Klage aus Gründen, auf die wir wiederholt hingewiesen haben, nicht berechtigt seien, denn eS heißt dort: „Bei der Beschwerde über mangelnd« Gleichberechtigung der preußischen Katholiken darf nun allerdings behufs gerechter und objektiver Würdigung der einschlägigen Verhältnisse nicht verkannt werden, daß auch aus katholischer Seite von staatlicher Ein wirkung unabhängige Ursachen wirksam sind, welche bi» zu einem gewissen Grade da» gurückstehen der Katholiken in der Staats verwaltung «rklären. In etwas kann dazu der Cölibat der katholischen Geistlichen gezählt werden, in Folge deffen einer der akademischen Stände Bewerber für dir Staats- Ämter nicht stellt, während aus den protestantischen Pfarr- Häusern erfahrungsmäßig eine beträchtliche Zahl von Staats beamten aller Kategorien hcrvorgeht. Nicht L» übersehen ist hier freilich andererseits, daß vielfach katholische Geistliche den Söhnen anderer Leute das Studium ermöglichen, meist allerdings wieder das theologische Studium, zu einem Thru aber auch das Studium anderer Fächer. Ungünstig wirkt aber weiter di» Erscheinung, daß es in katholischen Kreisen nicht selten an d«r richtigen Werthschätzung wissenschaftlichen Streben» fehlt, worüber der Vorsitzende der Görres-Gesellschaft Frhr. v. Hertling Fer»illetan. Leipziger Biographien. In dem Verlage von Georg Reimer in Berlin ist der erste Band eines neuen literarischen Unternehmen erschienen, mit dem eine empfindliche Lücke in unserer Lite ratur auSgefülllwird. DaS Buch nennt sich: Biographische» Jahrbuch und Deutscher Nekrolog. Herausaegeben von Anton Bettelheim. Unter dem Titel „Nekrolog" (daS Wort bedeutet eigentlich Todtenrede, Leichenrede) ist schon vor mehr al» hundert Jahren und bi« in di« Mitte unsere» Jahrhundert» ein biographisches Sammel werk erschienen, da» leider dann abgebrochen wurde. Der Herausgeber hieß Schlichtegroll; von Schlichtegroll'» „Nekrolog" wird wohl mancher unser Leserer einmal gehört haben. Er erschien von 1790 an bis 1806, anfangs nur alS „Nekrolog",^ dann al« „Nekrolog der Teutsch«,,". Eine Fortsetzung folgte dann von 1823 an al» „Neuer Nekrolog der Deutschen", und diese ist gegangen bi« 1854, wo fl« au« Mangel an Theilnahme (!) einging. Seitdem fehlt cs un« in Deutschland vollständig an einem derartigen Werke. Jeder, der einmal einen Band von Schlichtegroll'» „Nekrvlog" in der Hand gehabt bat, wird freudig erstaunt gewesen sein über dir Fülle von Material, die sich dort find«t, und wird es ganz unbegreiflich finden, wi« «in solches Werk überhaupt hat eingehen können. Man denke: au« Mangel an Tbeilnabme! Schlichtegroll's „Nekrolog" brachte jedes Jahr eine vollständige Reihe guter, ausführlicher und zuverlässiger Biographien über alle iu dem vorhergehenden Jahre gestorbenen namhaften Deutschen au« allen Ständen und Berufen. Braucht man LebenSnach- richten über irgendeinen hervorragenden deutschen Mann auS jener Zeit, und man weiß sein Todesjahr, so wendet man sich an Schlichtegroll selten vergeblich. Für die zweite Hälfte unseres Jahrhunderts wird es unS nicht so Wohl; da sind wir oft vollständig ratbloS. Einen Theil der Lücke, di« seit 1854 «alstanden ist, hat ja inzwischen (seit 1875) di« „All gemeine deutsche Biographie" auSgefüllt, aber doch nur einen verbältnißmäßig kleinen Theil. Die „Allgemeine deutsche Biographie" ist alphabetisch angeordnet, aber behandelt auch nur Verstorbene. Ueber einen Mann also, dessen Name mit dem Buchstaben L anfängt, und der noch am Leben war, als der Buchstabe L bearbeitet und gedruckt wurde, inzwischen aber verstorben ist, erfährt man nicht«. Wie mühselig muß man sich da oft in tagelanger Arbeit aus Zeitungen und Zeit schriften «in paar Notizen jusammensuchen! E« bedarf wohl keiner Worte weiter, um dem Leser klar »U machen, welche« Verdienst sich rin Herausgeber und ein? Verlagsbuchhandlung erwerben, die unS für die Zukunft wieder ein biographische« Sammelwerk wie den allen „Scklichtegroll" schaffen wollen. Die« geschieht nun nach umsichtiger und sorgfältiger Vorbereitung mit dem soeben ausgegebenen ersten Bande de« „Biographischen Jahrbuch«". Keine Bibliothek, keine größere Zeitunasredaction wird in Zukunft ohn« diese« Werk sein können. Man darf also wohl auf einen so großen Abnehmerkreis rechnen, daß di« Zukunft de« Unternehmen» gesichert und die Befürchtung, daß e« aber- mal« rinschlafen könnte, ausgeschloffen ist. DaS „Bio graphische Jahrbuch" kann und darf nicht wieder aushöreo, e« ist ein zu wichtiges Werk! Der vorliegende Band enthält gegey 300 Biographien im Jahre 1896 Verstorbener. Eine Anzahl, die außerdem noch binringehört hätten, ist für den zweiten Jahrgang zurückgestellt worden- «S mag wohl nicht leicht gewesen sein, für den ersten Band überall sofort dir geeigneten Mitarbeiter zu finden. Selbstverständlich entsprechen die einzelnen Darstellungen >n ihrem Umfange der Bedeutung der behandelten Männer. Ueber Einzelne, wie über Ernst Curtiu«, Heinrich v. Treitschke u. a., bringt d«r Baud auSgeführte Essay». Er ist überdies mit zw«i vorzüglichen Portrait« in Heliogravüre geschmückt: dem von Treitschke und dem von Du Bow-Reymond. Al« Proben und zualeich al« die beste Empfehlung de« Buche« für die Leipziger Interessentenkreise geben wir iuz Folgenden «inige Biographien hervorragender Leipziger au« dem Buche; e« sind die der drei Buchhändler Reclam, Rost und Staackman» und de« Bildhauer« Zur Straßen (sämmtlich verfaßt von Professor G. Wustmana). Reclam, Anton Philipp, Buchhändler in Leipzig, geboren in Leipzig den 28. Juni 1807, gestorben ebenda den 5. Januar 1896. Er stammte aus einem Geschlecht, das in der Reformattonszeit aus Savoyen nach Gens gekommen war, sich von dort später nach Deutschland gewandt und sich hier den Colonien der RefugiSs an- geschlossen hatte, und aus dem außer Kaufleuten namentlich eine Anzahl Prediger, Künstler (mehrere Goldschmiede und »in Maler) und Osficwr, bervorgegangen sind. Sein Großvater, Jean Frangois Reclam, gestorben 1817, war al« Goldschmied vielfach von Friedlich dem Großen beschäftigt und später zum „Juwelier des König»" er- ngnnt worden. Sein Vater, Charles Henri Reclam, geboren 1776, hatte in der Schulbuchhandlung von Vieweg L Sohn in Braunschweig den Buchhandel erlernt, 1802 in Leipzig eine eigene Buchhandlung eröffnet, 1803 sich mit Wilhelmine, der Tochter des Buchhändlers Campe in Braunschweig, verheirathet und starb in Leipzig 1844. Philipp, sein ältester Sohn, kam nach seiner Schulzeit, wo Roderich Benedix sein Komrad war, 1823 eben- falls zu Vieweg L Sohn in die Lehre. Nach seiner Heimkehr kauft, er am 1. April 1828 mit Hilfe eines Lapttals von 3000 Thalern, das ihm sein Vater lieh, da» rhemals Beygang'sch«, damal« Pomsel'sche „Literarische Museum" (ein „Leihcabinet mit dem neuesten in deutscher, französischer, englischer und italieni- scher Literatur, bei welchem mau stets unter billigsten Br- dingungen sich abonniren kann" — wi« e» iu dem Leipziger Adreßbuch von 1829 heißt), wagte sich auch bald an Verlags- Unternehmungen: für di« ersten dreißig Thalrr, die er sich gespart hotte, erwarb er das erst, Manuskript, »ine Uebersetzung au» dem Französischen. 1837 verkauft« er aber da« „Museum" wieder, um sich (unter der Firma „Philipp Reclam jun/) ganz dem Buch- vertag zu widmen, und nachdem e» ihm 1839 noch gelungen war, von Freunden uuterstützt di, gut eingerichtet, Druckerei von Haak's Erben zu taufen, war er bemüht, sich al« Drucker möglichst »nab- hängig von fremde» Aufträgen zu machen, die Druckerei so viel al« möglich für den eigenen Berlag zu drfchäftigrn. Den Anfang dazu macht», seine Bibelausgaben, Schmidt'» franzttsifches Wörter buch u. a. Von 1842 di» 1848 verlegte er namentlich Schriften politiichen Inhalt». Dies, Richtung mußte er aber wieder ausgeben, al« in Oesterreich di» Berlagtwerke dieser „äußerst schlecht berüchtigten" Buchhandlung verboten wurden. Seit dem bemühte sich Reclam, durch dauerverjprechende Unternehmungen seinem G«schäst ein, sicher» Grundlage zu geben. Er ver- anftaltete, wie Tauchaitz, griechisch» und römische «lassikeeausgaben, bracht« außer dem franzöflichen noch «in lateinische« Wörterbuch (von Mühlmann) und rin englisch,« (von Köhlrr), rin, „Ovrrnbibliothrk" (Llavierauszügr mü Text) und endlich rin« sehr billig« Au»gab« von Shakespeare'» Werken, übersetzt von Adolf Nötiger, dies Alles stereotypirt. Der Böttger'sche Shakespeare (er kostet« 1'/, Thaler!) hatte glänzenden Erfolg. Al» daher (nach Beschluß der Deutschen Bundesversammlung vom 6. November 1856) am 9. November 1867 die Werke unierer Classiker für den Nachdruck frei wurden, bereitete Reclam für diese Frist «ine billige Ausgabe von Schiller'« Werken vor, der sich später zahlreiche ander« billige ElassikerauSgaben an schlossen, und gleichzeitig begann er eia Unternehmen, das aus kleinen Anfängen im Laufe der Jahre zu einem im Buch- handel noch nie dageweseuen Umfange gelangen sollte: die .^Universalbibliothek", jene kleinen röthlichen Zwanzig-Pfennig- Hefte, die, anfangs von Manchem verachtet, ja angeseindet doch von Jahr zu Jahr mehr Beisoll fanden, es bi« zu Rcclam's Tode zu der Zahl 3470 brachten, jetzt in Millionen von Abdrücken verbreitet sind und der Firma „Philipp Reclam junior" einen Weltruf verschafft haben. Dreißig Jahre unermüdlichen Fleißes hat Reclam diesem Unternehmen gewidmet. Wiederholt mußten die Geschäftsräume erweitert, die Pressen vermehrt werde», bi» sich endlich die Errichtung eine» eigenen großen Geschäftshauses als notbwendig herausstellte, wohin di» Buchdrucker«! und der Verlag 1887 übersiedelten, und das schon 1895 abermals erweitert werden mußte. Trotz solcher Erfolge blieb Reclam bi« in« höchste Alter der thätige, pflichttreue, nüchterne und sparsam» Mauu, der er von Jugend auf gewesen war. Seit 1863 stand ihm sein einziger Sohn, Hans Heinrich Reclam, geboren 1840, al» treuer Helfer zur Seite. Rost, Ludwig Adolf Her m anu, Buchhändler in Leipzig, geboren de» 24. Mai 1822 in Leipzig, gestorben ebenda (an seinem 74. Geburtstag») den 24. Mai 1896. Er war der Chef der welt berühmten I. C. Hinricht'jchen Verlag«- und Sortimentsbuchhand, lung, an deren Spitze von 1840 bi» 1856 schon fein Vater Christian Friedrich Adolf Rost gestanden hatte, und deren Bestehen bis in da« Jahr 1791 zurückreicht (1791 bis 1796 August Leber,cht Reinicke; 1796 bis 1801 Reinicke und Hinrich»; 1801 bj» 1818 I. L. Hinrichs; seit 1819 I. C. Hinrichs'jchr Buchhandlung). Er batte bei Bandenboeck L Ruprecht in Güttingen gelernt, dann in Hamburg, Wie« nnd Berlin, vorübergehend auch bei seinem Bater al« Gehilfe, gearbeitet, trat 1846 dauernd in das Geschäft seine« Vater« ein, wurde unmittelbar dckraus Prokurist, am 1. Januar 1850 Theilhober und »ach seine« «ater- Tode <3. September 1856) Besitzer der Hand- lang. Zu den allbekannten bibliographischen Verlagswerfen der Htnrich»1chen Buchhandlung <drm Holbjayrskataloa, dem BierteljihrS- talalog, der Wöchentlichen Bibliographie und, seit 1856, dem Füns- iahrSkatalog), zu ihren Reise- und Kartenwerken, ihrer staatswisirn- schastlichrn, juristischen, philosophischen, geschichtlichen und schön«
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