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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.05.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950529028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895052902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895052902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-29
-
Monat
1895-05
-
Jahr
1895
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Auf eonserv ativ - agrarischer Seite ist ein heiliger Zorn darüber entbrannt, weil die Regierung dem Reichstage in der eben beendeten Tagung keine Börsenreforinvortage gemacht bat. Wir können nun zwar diese Gemüthsstimmung nicht theilen, weil wir überzeugt sind, daß ein Gesetz oder Loch ein den legitimen Verkebrsinteressen gerecht werdendes Gesetz nicht zu Stande gekommen wäre. Das kann uns aber nicht abhalten, dem conservativcn Eifer einen be sonders hohen Grad von Hochachtung zu zollen, denn eS steckt ein gut Stück Selbstentäußerung in ihm. Viele kon servative Agrarier bringen ei» persönliches Opfer, wenn sie der Börsenspekulation den Kappzaum angelegt wissen wollen. Das ist schließlich ihre Privalsache, aber manchmal streifen doch die Gewöhnungen, welche die Bekundung des Hasses gegen die Börse als Selbstpeiiiicziing erscheinen lassen, auch das öffentliche Interesse. So war zum Beispiel das kurz vor ReichstagSschluß angenommene Branntweinstcuergesetz nicht überall als das „kleine Mittel" zur Hebung der Lage von Landwirthen gedacht, als welches es jetzt recht geringschätzig gekennzeichnet wird. Aller dings ist das Gesetz auch nicht ganz so ausgefallen, wie es „gedacht" war. In der Colnmission war ein neuer Artikel Ila beantragt und angenommen worden, der den Bundesrath ermächliaen sollte, die vom Gesetz bestimmte Vergütung der Maischbottich-, Material- und Brausteuer schon dann zu gewähren, wenn der Branntwein mit der Bestimmung zur späteren Ausfuhr zu einem steuerfreien Lager abgefertigt würde. Diese Bestimmung, obwohl fakul tativ, war von den Antragstellern nicht platonisch aufgefaßt, der Bundeörath hätte sich ihrer Anwendung, sobald sie Gesetz geworden wäre, unter den obwaltenden Umständen sicher nicht entzogen. Dieser Meinung war man auch anderwärts. Nachdem die Commission den Art. IIu angenommen hatte, begannen sich mächtige Wagenzüge, mit Spiritus beladen, nach den steuerfreien Lägern zu bewegen, um ihrer Last die „Eigenschaft einer ausländischen Waare" zu sichern. Der Wachsamkeit eines Abgeordneten, der sich aller dings von Agenten der Berliner Leitung des Bundes der Landwirthe gelegentlich einen Feind der Landwirthschaft nennen lassen muß, ist es zu verdanken, daß dieser Versuch der geschäftlichen Fructificirung der Gesetzgebung nicht voll endete Thalsache geworden ist. Der Mann überraschte am Abend vor der zweiten Lesung eine Reihe von Abgeordneten- kvllegen mit der Mittheilung seiner Wahrnehmung; die Regierung war in der Lage, sie zu bestätigen, und der Art. II a gehörte zu den Dingen, von denen gesungen wird: Es war' so schön gewesen, es hat nicht sollen sein. Viel, sehr viel Spiritus bezieht nun wieder Privatquartiere, und ein großer Theit davon ist daS Eigenthum von Herren, die weder nach Abstammung, noch, obwohl sie politisch keineswegs indifferent sind, nach Gesinnung der freisinnigen Bereinigung angehören. Angesichts der zahlreichen negativen Ergebnisse der letzten Reichslagssession ist es picht mehr als gerecht, darauf hinzu weisen, daß sich wenigstens auf einem Gebiete der Reichs politik eine erfreuliche Uebereinstimmung herausgestellt hat, nämlich ailf dem colonialpolitischcn. Die Etats für die deutschen Schutzgebiete, die zum Theil erhebliche Mehr forderungen enthielten, sind nahezu unverändert beschlossen worden, und in den letzten Tagen der Session sind auch noch die Gesetzentwürfe über die Bestrafung des Sklavenhandels und die Ausdehnung des Schutztruppengesetzes auf Kamerun und Südwestafrika, sowie di? Nachtragöforderungcn für Ost afrika und Kamerun anstandslos genehmigt worden. Freilich ist daS auch in früheren Sessionen der Fall gewesen. Dieses Mal aber schienen gerade diejenigen Parteien, die sich bisher als die entschiedensten Freunde der Colonialpolitik bewährt hatten, nicht gewillt, die Forderungen der Regierung zu be fürworten. Man erinnert sich, daß die Berathung der Etats der Schutzgebiete in der Budgetcommission durch einen Vor trag des Referenten Prinzen von Arenberg eingeleitet wurde, Lessen Motto lautete: So kann eS nicht weiter gehen! Zum Mindesten scheine die Aufhebung bezw. Abänderung des Schutz- truppengesetzes unerläßlich, um eine Garantie für eine den wirthschaftlichen Bedürfnissen namentlich Deutsch-Ostafrikas entsprechende Verwaltung zu gewinnen. Freilich waren die mit dem Militairgouvernement des Obersten von Schele gemachten Erfahrungen nichts weniger als ermuthigenv. Indessen hat die Abberufung des Herrn von Schele einerseits und das freundliche Entgegenkommen der Regierung gegenüber den Wünschen der Budgetcommission in Bezug aus die fernere Verwendung der Neichscommissare von Wissmann und I)r. Peters in den Schutzgebieten einen wesentlichen Einfluß auf die Stimmung in parlamentarischen Kreisen ausgeübt. Dazu kommen die wiederholten Darlegungen des Direktors terColvnialabtheilung, I)r. Kayser'ü, über das colonialpolitische Programm der Regierung, Darlegungen, die deutlich erkennen ließen, daß für die Zukunft wenigstens die rein militairischen Gesichtspunkte in den Hintergrund treten würden. Die Er nennung des Herrn von Wissmann zum Gouverneur von Ostafrika hat bewiesen, daß diese Auffassung auch an maß gebender Stelle getheilt wird. An Stelle des bisherigen kaufmännischen ViceconsulS in Casablanca in Marokko, Heinrich Fricks's, ist einer unserer tücktigsten jüngeren BerufSeonsuln, Freiherr von Brück zu Kowno,-mit der Verwaltung des deutsche» Consulats in Casablanca beauftragt, und dem deutschen Gesandten Grafen Tattenbach in Marokko ist commissarisch ein Legations- Secretair in der Person des Herrn von dem Buss che beigegeben worden. Die Schlußfolgerung daraus ist, baß unsere Regierung mit aller» Nachdruck für den Schutz der deutschen Unterthanen in Marokko eintritt. Graf Tatten bach hat schon bisher durch sein ebenso energisches wie maßvolles Auftreten bewiesen, daß er ganz am Platze ist, wo es gilt, die Verletzung deutscher Interessen auszugleichen. I,n Fall Rvckstroh liegen die Aerhält- nisse einer raschen Erledigung insoweit weniger günstig, als der junge Sultan offenbar die Herrschaft über weitere Gebiete seines Landes verloren und die größte Schwierigkeit bat, sie wiederzugewinnen. Die Abfahrt der „Alexandrine" und ihr späterer Ersatz durch S. M. Kreuzer „Marie" ist wohl daraus zu erklären, daß Graf Tattenbach und die deutsche Regierung dieser Schwierigkeit Rechnung tragen und der marokkanischen Regierung eine bestimmte Frist gestellt haben, bis zu welcher die deutscherseits geforderte Genugthuung geleistet sein muß. Die Entsendung eines Berussconsuls nach Casa blanca läßt aber erkennen, daß die deutsche Regierung nicht blos eine Erledigung des einzelnen Falles im Auge hat, sondern auch darauf Bedacht nimmt, daß weiteren Verletzungen der Rechte deutscher Unterthanen dauernd vorgebeugt werde. Freiherr v. Brück, der jetzt nach Casablanca fährt, hat sich bereits in mehrfachen schwierigen Stellungen bestens bewährt. Cr war mehrere Jahre Viceconsul in Varna, dann zwei Jahre Viceconsul in Nizza, verwaltete nahezu drewiertel Jahre nach dem Tode des hochverdienten Freiherrn v. Rechenberg das Generalconsulat in Warschau und steht seit Ende 1892 an der Spitze des Consulats in Kowno. Auf Cuba haben die spanischen Negierungstruppen in letzter Zeit beachtenswerthe Erfolge über die Aus- Nnzeigerr-PreiS die 6 gespaltene Petitzeilr 20 PfgL Reklamen unter dein Redactionsstrich i4ge- spalreiu 50^, vor den FamÜieanachrichtr» (6 gespalten) 40/H- Größere Schriften laut unserem Preis« vrrzetchniß, Tabellarischer und Zissernsatz nach höherem Tarif. Exil «»»Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderiuig »> 60.—, mit Poslbesörderung 70.--. Annahmeschluß für Anjtige«: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expevikisn zu richten. Druck und Berlag von E. Polz in Leipzig» 89. IchrganK ständisch-» M-chd-m °°r W'"L" M°-'"-i»-" wo mSn-" v--' MWGMAM mehrere Verwundete, die, R-g,erungstruPpe» 3 V-rwundew Verbänznißvoller als d.eje geringen Verluste an Todttn u v Verwundeten dürft- für. den Verlaus ves Aufftaiides d,- Thatsache werden, daß in dem Treffen g g ^ ^ Sandoval der Präsident der Republik Cuba , Marli, unv Mi, ihm i«-i w-i,--- Führer d-r «ujNS»d.0lm» s°m-!,o-d Eftrada ae fallen sind. Marti war die Seele des K»s standes- ihm in erster Linie verdanken die Separatisten ihre musterhafte Organisation. Er verstand es, die großen Ma en für den Gedanken der Loßreißung von Spanien zu ballern u genoß das unbegrenzte Vertrauen seiner Anhänger. ^ hoch der Marschall Martine; Campos den Tod MartiS veran »lag. der in dem Treffen gegen den Obersten Sandoval d.e Uuff ständischen mit dem Revolver in der Hand zu »uverstem Lider stand zwang, bis er selbst zuTode, ge r°ssen n.eb r ank lag die Tbatsache erkennen, daß Marti« Leiche embalsannrt nach San Iaao de Cuba übergeführt und dort öffentlich aus gestellt wurde, damit das Volk sich durch den Augenscheinvon semem Tode überzeugen kann. Martine; Campos unterschätzt in, klebrigen die Schwierigkeit der ilun übertragenen Aufgabe keineswegs. Das bereits erwähnte, von ihm an die spanische Negierung gerichtete Schreiben, das allerdings schon, vom 7 Mai Urt ist, stellt bekanntlich in Aussicht, daß der Feldzug voraussichtlich von langer Dauer und mit großen Kosten verknüpft sein werde. Der gut organi- sirte Feind sei zahlreicher, als b.sber angenommen wurde. Private Mittheilungen der „Voss. Ztg/ ergänzen diesen amtlichen Bericht dahin, die Zabl der unter den Waffen befindlichen Aufständischen belaufe sich auf 10 000 Mann, wovon die Hälfte gut bewaffnet sei. Für die andere Halste werde die Zufuhr von Waffen und Schießbedars aus den Vereinigten Staaten erwartet. Die Geschichte CubaS lehrt, daß, so oft cs auch den Spaniern gelungen ist, separatistischer Bewegungen Herr zu werden, nach Jahren der Aufstand stets von Neuem sein Haupt erhoben bat. Das Gleiche ist zu befürchten, wenn die Spanier jetzt, lediglich mit Waffen gewalt ihre Herrschaft zu erhalten hoffen. Die Wurzeln der separatistischen Bewegung sind socialer Natur. So lange die spanische Negierung nicht den Ruf nach gerechten Reformen in der Verwaltung der Insel, die heute vielfach für die miß- rathenen Söhne spanischer Granden Stellen und Pfründen abgeben muß, erbört, läuft sic Gefahr, in mehr oder »linder langen Zwischenpausen den Aufstand von Neuem ausbrechcn zu sehen. Mit jedem neuen Ausstandsversuch aber ist bisher die Haltung der nvrdamerikanischen Regierung zweifelhafter geworden. Die Ehrungen, welche dem afghanischen Thronerben Nasr'ullab in London erwiesen werden, gehen beträchtlich über das Maß einer bloßen gesellschaftlichen oder auch diplomatischen Courtoisie kinaus. Sein Empfang seitens der Königin Victoria in Schloß Windsor trug ganz und gar das Gepräge einer Haupt- und Staatsaction unv macht Leu Gedanken unabweisbar, daß sich mit derLondonsahrt des afgha nischen Prinzen ganz bestimmte Absichten unv Ziele verknüpfen. Daß England dem afghanischen Thronerben lwsirt, geschieht eben keineswegs der schönen Augen Nasr'ullah'S wegen, sondern weil der politische Vortheil ins Spiel kommt. Die hervorragende Wichtigkeit der afghanischen Position bei einer > etwa in Mittelasien nötlna werdenden internationalen Aus einandersetzung springt in die Augen. Läge Afghanistan o recht »n Herzen der britischen Machtsphäre, so würde daß Londoner Cabinet schwerlich viel Feder lesens mit ibm machen; es wäre entweder schon längst annec- tirt oder doch zur Nolle eines Vasallenstaates verurtheilt. So aber ist das Land gerade an der Grenzscheide der asiatischen Interessensphäre Englands und Rußlands gelegen und wird von den Agenten beider Mächte umworben; beide haben ihre Verbindungen daselbst, und es ist ein ununterbrochener Intriguenkamps um die moralische Suprematie als Vorstufe der materielle». Gerade in letzter Zeit nun bat Afghanistan mit Rücksicht auf die Entwicklung der Dinge in Ostasien und die dort sich anbahnende neue Gruppirung der Mächte eine erhöhte Bedeutung, namentlich für England, gewonnen. Ruß land ist eifrig mit der Verstärkung seiner ostasiatischen Position beschäftigt, der Ban der sibirischen Eisenbahn schreitet mit Riesenschritten vorwärts, und Londoner Informationen waren es, die eben noch zu melden wußten, daß russische Truppen in aller Stille bis Girin in die Mandschurei vorgedrungen seien. Gleichviel ob wabr ober nickt, so zeigt diese Meldung doch, wessen man sich in England von den russischen Be strebungen im fernsten Osten versieht, und da nu» Rußland momentan seine Aufmerksamkeit auf die ostasialischen Dinge con- centrirt, so hat man in England den Augenblick für passend 'ge halten, einen Hauptsturm auf die afghanische Position zu riskiren. Man darf nun Nasr'ullah für de» Ueberbringer wichtiger Bot schaften aus und nach Kabul anseben, und man wird sich kaum täuschen, wenn man die Anwesenheit des Sohnes und Erben des Emirs mit der hohen Politik in ursächlichen Zusammenhang bringt und sie als die Einleitung einer Activi» betrachtet, die bestimmt ist, Afghanistan ganz und gar in das Lager der mittelasiatischen Politik Großbritanniens herüberzuziehcn. — lieber den osfi- ciellen Empfang des Prinzen bei der Königin liegt uns heute folgende Meldung vor: * London, 28. Mai. Bei dem gestrigen Empfange de» Schahzada Nasr'ullah von Afghanistan durch die Königin Victoria im Schlosse Windjor verlas derselbe ein Schreiben des Emirs, worin aus die ausgezeichneten Beziehungen zwischen England und Afghanistan hingewiesen und die Hoffnung ausgclprochen wird, daß dieselben sich weiter befestigen. Sodann gab Nasr'ullah, im eigenen Namen sprechend, seiner Freude über die Herzlichkeit des Empfanges in England und der Hoffnung Ausdruck, daß die Beziehungen der Königin und des Emirs stets freundschaftliche bleiben mögen. Die Königin erwiderte die Ansprache in gleichem Sinne. Deutsches Reich. ^ Berlin, 28. Mai. Der Deutsche Verein für Knaben Handarbeit, welchem 200 korporative und mehr als 800 Mitglieder persönlich angehören, wird am 5. und 6. Juni in Weimar seine diesjährigen Versammlungen ab- halten. Am 5. Juni finden Vormittags Vorstands- und Ausschußsitzungen statt, um Uhr Nachmittags beginnt im Sladthause die Vereinsversammlung, welche am 6. Juni Vormittags lO Uhr ebendaselbst fortgesetzt wird. Aus der reich haltigen Tagesordnung sind folgende Vorträge hervorzuheben: l) Die Ausstellung von Vertrauensmännern inDeutschland, von dem Vorsitzenden von Schenckcndvrff; 2) der Neubau der Lehrerbildungsanstalt in Leipzig, Direktor 1)r. Götze; 3) die Entwickelung der Lehrerbildungsanstalt zu einer Central bildungsanstalt, Direktor Noggerath; 4) Bericht über die Ausstellung von Normal - Lehrplänen, Direktor Ist-. Götze; 5) Ist der Handsertigkeitsunterricht als Classen-, Gruppen- oder Einzel-Unterricht zu ertheilen? Lehrer Gärtig. Am ersten Versammlungstage, dem 5. Juni Abends 8 Ubr findet zugleich eine öffentliche Versammlung statt, in welcher nach einem Vortrag des Fcuilleton. Die Erbin von Abbot-Caftle. 30> Original-Roman von F. Klinck-Lütetsburg. Nachdruck verböte». (Fortsetzung.) Fünfzehntes Capitek. Von diesem Tage an kam Harry Ruthbert wieder öfter nach Biolet-Valley. Kein Schnee, kein Sturm, kein Regen, welchen der Januar in Hülle und Fülle brachte, war im Stande, ihn zurückzuhalten. Er segnete die Stunde, in welcher er den Entschluß gefaßt, eine Aussprache mit Mary herbei- znfUhren, und diese wiederum blühte auf in der Hoffnung, daß nur noch eine kurze Prüfungszeit, die doch schon köstlicher Vorahnungen voll war, sie von dem Augenblick trenne, in welchem sein Stolz durch die Liebe besiegt sein werde. Der Bann deS Winters erschien schon zu Anfang des Februar vollständig gebrochen. Einige milde Tage und Heller Sonnenschein hatten Schnee und Eis schnell hinweggeräumt, selbst die Wege waren rasch getrocknet, und nur noch in der Tiefe des Waldes bedeckte er als eine schmutzige graue Masse hier und da den Boden. Die sonnigen Tage lockten verführerisch ins Frei« hinaus, aber Mary Connor war an Pas Zimmer gebannt. MrS. Gray war wieder bettlägerig, und dabei hatte ein seltsamer Besuch sich angemeldet: Lady Rosa Gray wollte sich persönlich von dem Wohlergehen ihrer Schwiegermutter überzeugen, obwohl seit einem Jahre nicht einmal mehr ein Brief von MrS. Gray's Kindern gekommen war. Sie hatte von dem Tode ihrer Nichte gehört und auck von den romantischen Dingen> die damit im Zusammenhang standen, vor allem aber auch davon, daß Miß Mary Connor, die reiche Erbin, in einem so hohen Grade sich da« Zutrauen der kranken Mrs. Gray erworben, daß diese ibr nicht unbeträcht liches Vermögen ihrer Pflegerin zugcstchert habe. Auf welche Weise diese Thatsacye in die Oeffentlichkeit gelangt war, ließ sich nicht bestimmen. Alle«, was aus Mary Connor Bezug halte, fand seit Monaten die weiteste Verbreitung in den verschiedensten Kreisen der Bevölkerung. Ein Jeder wußte etwas oder wollte wenigstens etwas wissen, und so war ein förmliches ChaoS von Gezüchten entstanden, die bis auf einige Punkte der Wahrheit gleich fern standen. Lady Rosa Gray hatte es unter diesen Umständen gerathen gehalten, sich persönlich von Allem zu überzeugen. Der Ent schluß, diese Reise in einer mindestens unbequemen Jahreszeit zu machen, war ihr nicht leicht geworden, sie hatte sogar daran gedacht, ihren Gatten zu schicken. Vielleicht würde es ihr auck gelungen sein, diese Absicht, trotz Lord Gray'S großer Ab neigung, mit der Mutter zusammenzutreffen, durchzufübren, wenn sie nicht die Ueberzeugung gehabt hätte, daß ihr Gatte sich sehr schlecht eigne, in irgend einer Sache mit Vorsicht und Klugheit, die hier gewiß vor Allem noth that, zu Werke zu gehen. So hatte sie zunächst an Mary Connor geschrieben, und als deren Antwort bezüglich der Frage nach MrS. Gray's Gesundheitszustand nicht besonders günstig gelautet hatte, meldete sie sogleich ihren Besuch an. Mary sah demselben nicht gern entgegen, sie scheute sich sogar, Mrs. Gray davon in Kenntniß zu setzen, da diese unter jeder Aufregung litt, wie sie von ihrer letzten Krankheit her wußte. So traf sie ihre Vorkehrungen für Lady Rosa s Ankunft und erwartete dabei den ihr geeignet erscheinenden Augenblick, in welchem sie die alte Dame auf die ihr bevor stehende Ueberraschung vorbereiten konnte. Obgleich Lady Rosa ihr Kommen erst für den folgende» Tag in Aussicht gestellt hatte, so war Mary Connor doch fest überzeugt, dieselbe vor sich zu sehen, als sie, nachdem die Haushälterin ihr die Mittheilung gemacht, daß «ine fremde Dame sie im Salon erwart«, dieser entgegentrat. Gleich daraus aber, noch ehe ein Wort gesprochen war, wußte sie, daß sie sich getäuscht hatte. Die GesichtSzüge kamen ihr seltsam bekannt vor und Lady Rosa konnte unmöglich mit dieser Dame in einem Alter sein. „Miß Connor, ist es möglich'? Si, erinnern sich meiner nicht mehr?" DaS junge Mädchen taumelte förmlich zurück vor dem Klang dieser Stimme. Ihr Gesicht wurde geisterbleich, ihre Augen erweiterten sich. Sie wich wie vor einem Gespenst, mit einer abwehrenden Bewegung ihrer Hand zurück. „Miß — Miß Saunders — wie — was —" DaS Entsetzen, die unheimlichen Erinnerungen hatten sie für einen Augenblick vollkommen überwältigt. Schauer durch rieselten ihre Gestalt, das Zimmer schien sich mit ihr im Kreise zu drehen. „Oh. Miß Connor, meine liebe Miß Connor", klang eS an ibr Obr. Und abermals fuhr sie zusammen, aber fast gleichzeitig nahm ihr Gesicht einen veränderten Ausdruck an, ihre Gestalt schien zu wachsen, rasch kehrte das Blut in ihre Wangen zurück. „Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuches, Miß Saunders?" kam es eisig über die Lippen des jungen Mädchens. „Sie können fragen, Miß Connor? Beziehungen, welche zwischen Ihnen und Edgar bestanden baben, können, hoffe ich, nicht als für immer abgebrochen angesehen werden." Ein Blick unsäglicher Verachtung aus Mary's Augen ließ die Dame auf einen Augenblick verstummen. Aber sie war sich ja der Schwierigkeit ihrer Aufgabe voll bewußt gewesen, und so konnte sie schon unmittelbar darauf fortfahren: „WenistenS nicht so ganz, daß Sie nicht das Bedürfnis meines Bruders, Ihre Verzeihung für einen Schritt zu erlangen, den er seiner Ehre und persönlichen Sicherheit schuldig war, als ein berechtigtes erkennen werden. Bitte, Miß Eonnor. schenken Sie mir einige Augenblicke Gehör, lassen Sie mich Ihnen die Versicherung geben, daß Edgar nie ausgebört hat, Sie zu lieben, daß Ihr Unglück das seine war. Wenn Sie ihn sehen könnten. Sie würden zugestehen müssen, daß er nicht weniger gelitten als Sie." Sie machte wiederholt eine verzweifelte Anstrengung/ . Schweigen zu gebieten, und sie brachte doch kein Wort üb ihre Lippen. Hatte vorhin Entsetzen, bei der Erinnerung l eine Zeit, in welcher sie diesem Mädchen gegenüberstand, ih Zunge gelähmt, so that es jetzt ein Uebermaß von Zorn u Verachtung. „Miß Saunders. wenn ein Wunsch Ihres Bruders E hierhergeführt hat, so thut es mir leid, daß Sie sich der Mül mich zu besuchen, unterzogen haben. Zwischen Ihrem Brud und Mary Connor haben niemals Beziehungen bestand« welche dessen Verlangen nach einer Verzeihung berechtigt e scheinen lassen könnten. Nur rin Mädchen, wie sie war, konr sich durch einen Schein so blenden lassen, daß es nicht mehr d Kern sah. Sagen Sie Ihrem Bruder, daß Mary Conn ihm nichts zu verzeihen habe, weil sie ihn viel zu gering schäl können « zuzugeben, daß er sie jemals habe beleidig Ni- zuvor hatte das junge Mädchen mit einir ale '»neidenden Scharfe gesprochen, nie ein gleich,« Gefühl v Verachtung gehabt. Die Verirrung ihre« Herzens als einen Mann wie Edgar Saunder« zu lieben glaubte, war ei 1» große gewesen, daß sie sich nicht über die Strafe wund« A» V '"-.»»--„.um »„»- hm».L»"L oa ein gütiger Gott war ,hr gnädig gewesen. Welch Leben würde ihrer an der Seite eines Edgar Saunders ge wartet haben! „Miß Connor!" Die Dame brachte nur mit Anstrengung diese beiden Worte über ihre Lippen. „Miß Saunders! Ich glaube, wir haben einander nichts mebr zu sagen." Nein — sie batten sich nichts mehr zu sagen. Diese Er- kenntniß war Miß Saunders gekommen und hatte den grenzen losen Grimm in ihr erweckt, den zu beherrschen sie nicht mehr fähig war. Ja, Edgar hatte Recht gehabt, Lord Harry Ruthbert nutzte die Zeit, sie würde svnst nicht zu spät gekommen sein, denn nur diesem Umstande verdantle sie diese Niederlage. Sie erhob sich. Hohn umspielte ihre dünnen Lippen, die sie fest zusammengckniffen hatte, und wie das Zischen einer Schlange trafen die Worte Mary Connor'S Ohr. „Natürlich. Wir haben einander nichts mehr zu sagen, und ich schätze mich glücklich, daß cs so ist. Nur ungern gab ich den Bitten meines Bruders, hierher zu gehe», nach. Ich habe niemals eine Cbre für de» Grafen Saunders darin er blicken können, sich mit einer Miß Connor zu verbinden. Um so höher weiß vielleicht Lord Harry Ruthbert, sie zu schätzen der ja auch am besten über die Lage »ller Verhältnisse unter richtet ist. Im klebrigen dürfte ein großes Vermögen es ihm leicht machen, über gewisse Gerüchte hinwcgzusehen, die einem Manne von Ehre nicht gerade angenehm sein können." Mary Connor hatte, während Miß Saunders diese Worte mit wachsendem Hohne hervorgestoßcu, durch nichts verrathen, wie schwer sie von denselben getroffen worden war. Sie stand stolz und hochaufgerichtet, obwohl sie ein Gefühl ohnmächtiger Schwäche nicht beherrschen konnte. Eine Thür siel ins Schloß, Mary trat an das Fenster, um Miß Saunders den Garten verlassen zu sehen. Am Wald rande hielt ein Wagen. Sie sah Jemanden auS demselben sich hervorbeugen, und sie zweifelte keinen Augenblick, daß eS Edgar Saunders war, welcher den Erfolg der Mission seiner Schwester abgewarlet batte. Sie hatte das Gefühl eines grenzenlosen Ekels. Wie war es möglich? Nicht ganz eine halbe Stunde späler erschien mit hem Arzte, welcher MrS. Gray zu besuchen kam, Lord Ruthbert. Seine Augen suchten in Mary Connor's Zügen zu lesen. Er bemerkte keinerlei Aufregung an ihr, sie erschien ihm nur herzlicher, als sie ihn bewillkommnete. „Edgar Saunders war hier?" konnte er aber doch nicht
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