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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-08-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187808181
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780818
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780818
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1878
-
Monat
1878-08
- Tag 1878-08-18
-
Monat
1878-08
-
Jahr
1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.08.1878
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4372 stellnng eines aus 10.000 Manu drehenden ObservalionscorpS an der Drina-Srezzze ledig, lich die hermetische Ldschließung dieser Grruze Hege» Serbien znm Zweck, alle unzuverlässigen serhtsche» Elemente wurden von der Grenze entfernt, daß von den Türken geräumte Bujukljade wurde vou serbischen Truppen besetzt. Die Demarkationslinie in Altserbieu ist gleichfalls von den Türken geräumt worden. Die Zahl der Aufständischen m Ost- Bosnien beträgt an 16.000. zumeist Arnauten, unter ihnen -000 von den Mohamedanern zum Anschluß gezwungene Christen. General Fadejeff hat am 13. d. Belgrad verlassen, nachdem seine Umtriebe an der Erklärung der serbischen Regierung gescheitert waren, daß sie sich in Nichts einlassen werde, waS Serbien in Eonflicte mit seinen inter nationalen Verpflichtungen bringen könnte. AuS Sovstanlinopel wird vom 16. d. M. gemeldet: Das russische Hauptquartier hat die Versteigerung von 20,000 Pferden angeordnet; mittlerweile sollen seit vorgestern neue diplomatische Schwierigkeiten zwischen Rußland und der Pforte eingetreteu sein, welche den Abmarsch der russischen Garden und den Rückzug der Russen aus der Umgebung Konstantinopew zu verzögern drohen — AuS Bukarest: Dem Vernehmen nach soll die Ueberaabe Bessarabiens an Rußland zu Ende August erfolgen. General Mcsrnzow, der Chef der geheimen Polizei, von unbekannten Parteigängern erdolcht, ist am Freitag Nachmittag kurz nach 5 Uhr der ihm beigebrachten Wunde erlegen. — Die „Odess. Blätter" berichten, einer officiellen Mittheilung nach werde am 20. August die Ankunft deS Kaiser- Alexander in Odessa erwartet. An dem. selben Tage soll eine Revue über die in Odessa u:>d in der Umgegend der Stadt befindlichen Truppen stattsinden. Da« Stadtamt trifft bereit- Vorkehrungen zum feierlichen Empfang deS Kaiser-. Die bonapartlstische Manifestation am Napoleonstage zu Paris ist au der Gleichgültig- kit des Publicum- gescheitert. Die zahlreiche Menge verhielt sich vollständig passiv. Die Kirche war überfüllt, die bonabartistrschen Führer ziemlich vollständig vertreten, nur Paul Cassagnac fehlte. Zar positiven Sekampfuug der Social- demokralie. U.-V. f. 8. Der neue Entwurf eine- Gesetze- zur Abwehr der socialistischen Ausschreitungen liegt nunmehr vor, und es wird sich noch Gelegenheit finden, darauf zurückznkommen. ES ist daran fest zuhalten , daß die zu einem höchst bedrohlichen und sciedenstörenden Grade angewachsenen Agitationen der comniunistischen Demagogen nicht mehr gedul det werden können und daß daher Regierung und Reichstag Mittel und Wege finden müssen, um sich durch gegenseitige Zugeständnisse über die Form eine- aus die Unterdrückung dieser Agitationen ab zielenden, die Rechte der ordnungsliebenden Bürger aber nicht anlastenden Gesetze- zu einigen. Dabei ist jedoch auch wiederholt zu betonen, daß es mit dieser negativen Bekämpfung der Socialdemokratie nicht sein Bewenden haben darf, daß der Abwehr focialistischer Umtriebe positive Maßregeln zur He- bung socialer Nothstände zur Seite gehen müssen. Ja dieser Beziehung sind die in jüngster Zeitjae- machten Vorschläge »ur Begründung von Ar- deiterpensionS - und AltersversorqungScassen der dringendsten Beachtung zu empfehlen, und in das selbe schwierig zu bebauende, aber segensreiche Früchte verheißende Feld gehört da- Bemühen, die an machen Orten bestehende Einrichtung der Ge« winnbetheiligung von Arbeitern nach Möglichkeit sortzuentwickeln und zu verallgemei nern. Der bekannte Nationalökonom und Stati« stiker Prof. Böhmert in Dresden hat sich der Ar beit unterzogen, die in dieser Richtung gemachten Versuche (m Deutschland, Frankreich, England, der Schweiz, Belgien, Nordamerika rc) zu sammeln, eingehend zu prüfen und die Ergebnisse seiner ver gleichenden Untersuchung in einem zweibändigen Werke (,.Die Gcwinnbetheiligung", Leipzig. F. A. BrockhauS) zusammenzustellen. Diese Untersuchung zeigt an 120 praktischen Fällen aus den verschiedensten Ländern und ErwerdS- zweigen, daß die Gewinnbetheiligung der Arbeit nehmer sich zwar durchaus nickt in allen, aber doch an vielen Orten alS ein wirksames Mittel zur Verbesserung des LohusvstemS und zur Hebun der socialen Zustände bewährt. Der dem Antheil system zu Grunde liegende Gedanke ist gesund und richtig Für die Anwendung läßt sich keine ein fache Formel und kein überall nachahmenswertheS Modell aufstellen. Die verschiedensten Formen und Einrichtungen müssen mit einander in Concurrenz treten, um die LöhnunaSmethoden immer voll- kommener zu machen. (Gewinnbetheiligung mit Antheil am Geschäft, ohne Antheil am Geschäft, Prämienvergütungen, BerficherungSlvhne, Hüls«, cassenbeüräge rc.) Zum Zweck einer glücklichen Durchführung de« Antheilsystems erscheinen insbesondere folgend« Grundsätze beachtenswerth: 1) Die Gewinnbetbei- ligung muß so eingerichtet sein, daß daraus in der Praxis wirklich eine möglichst vollständige So- lidarität und Interessengemeinschaft zwischen dem Unternehmer und den Gehülfen, zwischen dem Capital und der Arbeit hervorgeht 2) Die Lohn frage ist möglichst getrennt von der Antheil- frage zu behandeln Die Löhne sollten nicht von den Gewinnen abhängig sein, sondern den allgemeinen Veränderungen des ArdeitsmarkteS unterworsen bleiben. 8) Bei der Berechnung der Antheile müssen die kaufmännischen und industriellen Seiten des Betriebes sorgfältig ausemandergehalten und die Leistungen der Arbeit, d«S Capital- und der Unternehmereinsickt in ihrem gegenseitigen Ver- hältniß gehörig berücksichtigt werden. 4) ES er scheint rathsam, die Gewinnantheile nach der Höhe der verdienten Gehalte oder Löhne und nur in besonderen Fällen auch nach der Dienstzeit im Ge schäfte zu bemessen. 5^ Die Gewinnantheile sind so reichlich wie möglich zu bemessen und nicht auf einen Betrag herabzusetzen, der die Betheiligten gleichgültig laßt. 6) Die Zulassung »um Gewinn muß sich auf die größtmögliche Zahl der Arbeit nehmer erstrecken, muß im Voran- regulirt und uicht von der Willkür de- Unternehmers abhängig sein. 7) Die Gewinnantheile sind in der Regel der sofortigen Verzehrung zu entziehen und zins tragend anzulegen. Die Arbeiter sollen erst nach einer Reihe von Jahren oder nur in außerordcnt. ichen Fällen, wie z. B bei Familienereignisse». Arbeitslosigkeit oder zum Ankauf eine- eigenen Hause- über den Gewinn verfügen dürfen. 8) Ein Hauptzweck de- Antheilsystems soll in der Ansamm- ung «ne- bestimmten Capital- für jeden einzelnen Arbeiter bestehen, damit nach und nach alle Lohn empfänger zu zinSerhebenden Miteigentümern deS wachsenden Nationalvermögen- emporgeboben wer den. — Je rascher der Zweck de- AnthnlsystemS, die Lohnempfänger zu Capitalbesitzern zu machen, erreicht wird, um so eher wird das jetzt vielfach herrschende Mißtrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schwinden. Diese- Mißtrauen sollte von Den- enigen, die im Kampfe um- Dasein die Stärkeren sind, zuerst überwunden werden. Wer sich die Fähigkeit und Selbstbeherrschung zutraut, da- An- lheilsystem consequeni durchzuführen, muß die Arbeiter von der besten Seite nehmen und darf nicht an ihren edleren Eigenschaften verzweifeln; auf der anderen Seite möge er aber auch nicht stauben, daß sich diese Einrichtung gleich bewähren und die Arbeiter plötzlich umwandeln müsse. Ebenso wenig soll er auf Dank rechnen, sondern sich mit dem Bewußtsein begnügen, da- Beste seiner Mit arbeiter zu wollen. Arbeitgeber, die sich auf ihr wahres Interesse verstehen und denen das Wohl ihrer Arbeiter am Herzen liegt, dürfen nicht zögern, sich die hier niedergelegten Anregungen zu Gemüthe zu führen und sie auch in ihrem Kreise, nach Maßgabe ihrer Kräfte in Thaten umzusetzen. Vas Lude Hödel's. Die letzten Augenblicke dieser Au-geburt der Hölle bieten einen solchen Abgrund von schändlichstem CyniSmuS dar, daß schon zur Warnung eine vollständige Darstellung der Momente vor der Hinrichtung de- Kaiser Mörders geboten erscheint. Der „Berliner B.-C " bringt darüber folgenden Bericht: Den Berlinern wurde die Kunde von diesem Er eignisse bereit- um 8 Uhr durch folgende an den ünfcklagSsäulen veröffentlichte WaruungSanzeige de- Königlichen Kammer-Gerichts: Der Klempnergesell Emil Heinrich Max Hösel genannt Lehmann, auch Traber, aus Leipzig ist auf Grund der rhatsächlichen Feststellung, daß er am 11. Mai 1878 den Entschluß, Seme Majestät den Deutschen Kaiser vorsätzlich zu tödten, durch Handlungen bethätigt hat, welch« einen Anfang der Ausführung dieser beabsich tigten, aber nicht zur Vollendung gekommenen Thal enthalten, und zwar, indem er diese Hand lungen mit Ueberlegung au-führte, durch Erkenntniß teS Kammergerichts, Urtheils- senat für Staatsverbrechen, vom 10. Juli 1878 wegen HochvorrathS zum Tode und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte verurtheilt worden, gemäß 8. 80 d«S Strafgesetzbuches für daS Deutsche Reich, wonach der Versuch deS Mordes an dem Kaiser alS Hochverrat!) mit dem Tode bestraft werden soll. DaS Erkenntniß hat die Rechtskraft beschritten und ist, nachdem durch Allerhöchsten Erlaß vom 8. August 1878 bestimmt, daß der Gerechtigkeit freier Lauf zu lassen, heute früh in dem Hofe der Neuen Strafanstalt hierselbft durch Enthauptung deS Verurtheilten vollftreckt worden. Diese- wirb nach Vorschrift deS 8- -48 der Eriminalordnung bekannt gemacht. Berlin, den 18. August 1873. Königliches Kammergericht. Vor der Hinrichtung. Um V,7 Uhr Abend- nahm ein neuer Arrestanten wagen (logenannter „Grüner Wagen"), der bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal seinen Dienst versah, im Hofe deS StadtvoigteigesängmffeS den zum Tode Ver urtheilten auf, um ihn nach dem Zellen-ISefängniß in Moabit zu überführen. In dem Wagen begleiteten ihn vier Schutzleute und em Wachtmeister der Schutz mannschaft. Gegen 7 Uhr traf er dort ein und wurde in die für solche Zwecke bestimmte Zelle gebracht. Unmittelbar nachher traf der Geistliche de- Stadt- veigteioefängnisseS Herr Pastor Heinicke in Moabit ein. Ihm fiel die Aufgabe zu, dem Verurtheilten in der Nacht vor der Hinrichtung seinen Beistand anzubieten, während dieS daS Amt des Moabiter Anstalts-Geist lichen nicht ist. Hödel verbracht« einen Theil der Nacht rauchend, einen anderen, kleineren Theil schlafend. Der Geistliche hielt sich fortdauernd in seiner Nähe. Er versuchte nicht erst dem Verurtheilten geist lichen Trost zuzusprechen, — nach dem bisherigen Benehmen hätte derselbe einen solchen doch nur mit Hohn zurückgewiesen. Daher suchte der Geistliche in anderer, mehr gemüthvoller Weise auf den Ver urtheilten einzuwirken. Er fragte ihn, ob er denn nun seine Thal bedauere, — Hödel hatte dafür keine Antwort. Trotzdem schien er etwa- in sich gegangen u sein, sein ganze- Wesen hatte die frühere Schroff st und Frechheit zum großen Theil — allerdings nur für ganz kurze Zeit — verloren, er war milder und ruhiger geworden. Er meinte im Verlaufe de- Gesprächs mit dem Geistlichen: ,Ha, wenn ich in anderer Luft aufge wachsen wäre, wäre eS vielleicht nicht so geworden; nun muß eS wohl aus sein. Wäre ich anders erzogen worden, wäre ich vielleicht ein anderer geworden." Später aber meint« er: „Ich bin nun mal irreligiös und ich werde meine Rolle auch gerade so zu Ende spielen, wie ich sie angefangen habe." Am Morgen, alS Hödel geweckt war, fing er wieder an zu rauchen. Der Geistliche sagte zu ihm: „Ich habe Ihnen zwar keine Vorschriften zu machen, aber ich bitte Sie — und Ere würden mir einen Gefallen damit thun — nicht mit der Eigarre hinunterzugehen. Eie können allerdings in dieser «eziebung letzt machen, was Sie wollen." Hödel erwiderte: „Na. wenn Ihnen damit ein Gefallen geschieht, dann will ich auch ohne die Eigarre hinuntergehen." Dann trat er, von dem Anstalts-Geistlichen geleitet, den Weg n»» Schaffst an. Er hatte jetzt vollkommen die alt« Ruhe und selbst die alte Frechheit wiederge- wonnen, und kam sich auaenscheinnch vor, wie ein Schauspieler, der seine Rolle zu Ende spielen mußt«. Er war wieder aan» derselbe geworden, den wir auS >em GerichtSsaale kennen gelernt haben. Er hatte ich augenscheinlich vorgenommen, mit einem gewissen üclat aus der Welt zu scheiden. Die Schwäche, die er einen Moment hindurch gezeigt hatte, die Milde, die ihn während der Nacht überkommen hatte, war ge wichen, er war wieder der frech« Patron geworden, )er die Thal verübt, der eine ganz unerhörte Keckheit »m GerichtSsaale zur Schau getragen hatte. Die Hinrichtung. Ueber die Hinrichtung wird unS von einem Augen zeugen berichtet: DaS Schaffst war auf dem Schulhof d«S Moabiter ZellengefängniffeS errichtet. Wohl selten ist ein Ver- »recher mit so bodenloser Frechheit auS diesem Leben geschieden. Etwa 8 Minuten vor 6 Uhr verließ der Meuchelmörder in Begleitung deS Prediger- Heinicke, der ihm seit seiner Verhaftung alS Geistlicher zur Seite ,«standen, die Zelle imLellengefänaniß. in welcher er >ie letzte Nacht seines Leben- zugebracht hatte. Kaum festen Schrittes am Schaffst angelangt, musterte er mit frecher Miene daS zur Hinrichtung erschienene Publicum. Dasselbe zählte etwa 80 Per sonen, welche um daS Schaffst gruppirt standen. Wir bemerkten darunter die Mitglieder deS Staatsgerichts- Hofe-, die daS TodeSurlheü gegen Hödel gesprochen hatten, an der Stütze den vicepräsidenten deS König!. KammergerichtS Herrn v. Mühler und den Oberstaats anwalt v. Luck. Vom König!. Stadtgericht war der Untersuchungsrichter Stadtgerichtsrath Hollmann und der Staatsanwalt anwesend. Von Mrlitairpersonen bemerkten wir den General v. VoigtS-Rheetz, von der Berliner Bürgerschaft mehrere Stadträthe, Stadtver ordnete und Bezirksvorsteher in ihrer Amtstracht, mit Kette angethan, von der Poluei-Behörde den Polizei-Oberst Gericke und mehrere Polizei-LieutenantS, außerdem einige Nuntien deS K. Stadtgerichts. Der Untersuchungsrichter StadtgerichtSrath Hollmann nahm hinter einem vor dem Schaffst aufgestellten Tische Stellung, während der Delinquent vor diesen Tisch durch den Geistlichen, den Inspektor deS Zellengesäng- nisseS und zwei Wärter geleitet wurde. Hödel trug denselben grauen Anzug, mit dem er am Tage des Attentates, mit dem er auch bei der Gerichts-Verhandlung bekleidet war. Mit erho bener Stimme verlas der Untersuchungsrichter alSdann daS Urtheil und die Bestätigungsurkunde desselben, welche von Homburg, 8. August datirt und von dem Kronprinzen unterzerchnet ist. Bei der Verlesung deS Datums dieses seines TodeSurtheilS spie der Verbrecher auS und rief nach be endeter Verlesung ein vernehmliches Bravo. Der Untersuchungsrichter wandte sich hierauf an den Scharfrichter KrautS, einen hübschen, großen und kräftig gebauten Mann, mit kleinem Schnurrbart, 34 Jahr alt, der in eleganter Toilette, schwarzem Frack, schwarzer Weste und Hose erschienen war und feinste Wasche und weiße Halsbinde angelegt hatte, mit den Worten, indem er ihm die Bestätigungs-Urkunde deS Kronprinzen vor Augen hielt: „Uebeifführen Sie sich von der Echtheit der Urkunde und nun übergebe ich Ihnen den Klempnergesellen Emil Heinrich Mar Hödel zur Enthauptung". — „Kommen Sie", sprach der Scharftrichter, da sprang Hödel förmlich die drei Stufen zum Schaffst hinauf, entkleidete sich seines RockeS und seiner Weste. In diesem Augenblicke ertönte das Armsünderglöcklein in der Anstalt. Mit unbeschreiblicher Frechheit blickte Hödel »ach dirsem Glöcklein hinauf und lächelte höhnisch den Anwesen den zu. Dann warf er die Hosenträger ab, konnte aber einen Knopf des Oberhemdes nicht lösen, worauf einer der Scharsrichtergehülfen ihm dasselbe von hinten her herunterzog, so daß der Oberkörper bis über die Brust entblößt war. Dann rief er laut: „ES lebe die Commune." DieS waren seine letzten Worte. Die vier Gehülfen des Scharfrichters schnallten jetzt den Verbrecher an Armen und Füßen fest und legten den Kopf in den Einschnitt des Blockes, mit dem Gesicht nach unten, indem sie den Hinterkopf mit einem Hand breiten Gurt festschnallten, so daß der Hals frei lag und der Delinquent den Kops nicht bewegen konnte. Jetzt öffnete der Scharfrichter ein sauberes Futteral mit der Jahreszahl 1878 in Gold- Druck darauf, nahm daS Richtbeil in seine Hand und ein Schlag und da lag der vom Rumpf getrennte Kopf Hödel's. Sein Rumpf zuckte nach der Execution kaum mehr, während der Kopf noch einige leite Be wegungen machte. Ein bereitstehender Sarg nahm sofort de- Verbrechers entseelten Körper auf und der selbe wurde alsbald in da- bereit- geöffnete Grab am Zellengefängniß gesenkt. Die Dauer der Execution, Vorbereitung und Enthauptung selbst währte kaum 3 Minuten. Publicum war wenig vor dem Ge- fängniß angesammelt, da die Hinrichtung sehr geheim gehalten wurde. » * » Die „Nation« lzeitung" knüpft an daS trau rige Ereianiß folgende Betrachtung: Dieser Ausgang deS am 11. Mai gegen den Kaiser gerichteten Mordversuch- wird überall im Lande mit Befriedigung vernommen werden; die Stimme deS Volke- hat ganz unzweideutig sich dahin kundgegeben, daß hier der Gerechtigkeit freier Lauf gelassen werden müsse. Andererseits waren vielfach lebhafte Zweifel darüber aufgetaucht, ob die durch eine mehr alS zehn jährige gleichmäßige Praxis in Preußen außer Ueoung gekommene Todesstrafe zur Anwendung kommen würde, sowie darüber, ob der Kronprinz kraft der ihm übertragenen Stellvertretung auch über die Ausübung bezw. NichtauSübung de- Begnadigungsrechts allein zu entscheiden berechtigt se». Alle dies« Zweifel smddurchdie heute vollzogene Hinrichtung gelöst. Die Frage, ob nach dem heutigen Stande unserer Eulturentwicke- luna und unserer sittlichen Anschauungen die Todes strafe beizubehalten oder abzuschaffen, liegt augenblick lich nicht vor. Worauf eS allein ankommt, ist, daß da- geltende Reich-strafgesetzbuch für gewisse schwerste Eapi- talverbrechen, darunter auch den Versuch deS Hochver- rathS, begangen durch einen Angriff auf da- Leben d«S Kaiser-, die Todesstrafe verordnet. DaS RechtS- bewußtsein deS Volke- konnte im vorliegenden Falle nur durch diese letzte Sühne befriedigt werden, einer seits weil der Verbrecher seine Mordwaffe gegen daS- lenig« Leben gerichtet hatte, welche- dem ganzen Lande da- kostbarste und heiligste ist; andererseits weil der Verbrecher selbst durch alle die Ausführung seiner Sckandthat degleitenden Umstände, wie durch sein Verhalten während de- ProcesseS ein so außerordent liches, jede- sittliche Gefühl empörende- Maß von Verworfenheit bekundet hat, daß di« Erweisung einer „Gnade" bei diesem Verbrecher geradezu ausgeschlossen war. Dieselbe, jede- sittlich« Gefühl empörend« hei- tung hat der Verbrecher, hi- zur letzten Stunde d» wahn. Er hat wie keiner vor ihm mft cynisch«, !>ohn der ganzen staatlichen Gesellschaft ein« Heraus orderung in- Gesicht geschleudert, auf welche nur die lnwendung deS äußersten Mittels, da- dem Staat« zu Gebote steht, eine entsprechende Antwort sein konnte. Die beute vollzogene Execution ruft noch einmal alle die erschütternden Aufregungen in- Sedächtnij urück, welche mit der ruchlosen That Hödel's auf da» »eutfche Volk eingestürmt find. Damal- wirkte die erste Kunde der Thal wie ein Blitzschlag au- und» wölktem Himmel; sie traf di« Hörer völlig ahnungs öS. Der erschütternde Eindruck de- Unerwartet«, ür unmöglich Gehaltenen wurde nur »um Theil ao mildert durch die Gewißheit, daß der Verbrecher ftj. nen unmittelbaren Zweck nicht erreicht hatte; dem, üe bisher nicht beachteten Wolken, auS welchen jener Blitzstrahl niedergefahren war, blieben stehen: je auf merksamer man hinsah, desto schwerer^ düsterer er- chienen dieselben; ihr unheildrohender Schooß entlud ich seitdem noch einmal, noch furchtbarer al- da- erst. Mal. Auch der MajestätSverbrocher Nobiling wird nach der bezüglich HSdel'S getroffenen Entscheidung U urtheilen, sobald erst sein Proceß zu End« und «in rechtskräftige- Erkenntniß vorliegt, den Weg auft Schaff»» zu gehen haben, wenn nicht eme höhere Hand ich rnS Mittel legt und das dem Beit verfallene Dvfer der strafenden Gerechtigkeit entzieht. Nachdem die von Kaiser Wilhelm seit der Errich. ung de- Norddeutschen Bundes geübte Praxi», ämmtliche Eapitaloerbrecher ohne Unterschied der schwere de- Falle- zu begnadigen, einmal durch- »rochen ist, bleibt abzuwarten, ob in Zukunft, auch wenn keine MajeftätSverbrechen vorlregen, Todes urtheile die allerhöchste Bestätigung erhalten werden. Wenn in dieser Beziehung veränderte Anschauungen an maßgebender Stelle Platz greifen sollten, s, si >as eine Sache, die außerhalb der DiScussion sich. Nur auf Eine- halten wir für erforderlich «s merksam zu machen. Man mag über die Toftt- trafe denken, wie man will; ein Mittel, 8er- ,rechen gegen daS Leben zu verhüten, ist sie nicht. > Die sogenannte „Abschreckungstheorie" bat längst ihn Widerlegung nicht blos durch die Wissenschaft, son dern noch mehr durch die Praxis gesunden. Du amtliche Bekanntmachung in Betreff der Hinrichtung Hödel'S, welche sich alS „Warnungsanzeige" einsühn. könnte allerdings zu der Meinung verleiten, die sie- fierung huldige auch heute noch jener Theorie, enl- präche nicht die Form der Bekanntmachung lediglich >en Bestimmungen der Eriminalordnung, die bekannt ich noch auS dem vorigen Jahrhundert herrührt unt m den nicht durch die spätere Gesetzgebung geäuder ten Paragraphen unverkennbar den Geist der „W- j chreckungStheorie" athmet. Die ossiciöse „N. A. Z" bemerkt: Seit langen Jahren hat daS Beil in Preußen »uni! ersten Male wieder seines traurigen Amtes gewaltet Wir stehen nicht an, zu erklären, daß, nachdem in den letzten Jahren die Rohheit der gegen da- mensch liche Leben gerichteten Verbrechen, wie Berlin sie ae robe in seiner Mitte kennen gelernt hat, die Zucht- osigkeit und Verwilderung der Massen, die Entartung )er Gesinnungen, einen bedenklichen Höhegrad erreicht hat, nachdem zweimal binnen wenigen Wochen frevle Arme sich gegen die erhabene Person unsere-Kaiser» erhoben, ein zwingende- staatliches Interesse vorliegt »aS Schwert der strafenden Gerechtigkeit nicht ausp halten. Die große Zahl von Zuschriften, welche «ml I in diesem Sinne geworden, auf welche jedoch «»dev seiner Zeit angegebenen Gründen diesseits nicht weite, I eingegangen werden konnte, bezeugt unS, daß wir mit I im vollsten Einklänge mit den Anschauungen unseret l Leserkreise» und wohl auch d«r großen Rehchttj unsere- Volkes befinden. «>« 1b ReichSstr. 8, Weinbau»»,, > jur Einführung chemisch untersuchter, garantftt reim, I sranz. Weine. Täglich tedle ä'KLte von VI—- llhr'I l.80. incl. V. Liter Wein. Heute Nenn: Sudpe t l»! kleine, Hammelcotel. »v« 6ne« kerbe», Schoten u.CarotrnI m. KalbScotel., Rehkeule, Lompot, Salat, Apfelkuchen. I SsruLrzrü Svronä SL. k«1<tlu,!>1r»88v, 1. Ltsirv, kvtor kleblor'o llol.1 ?en8ter 3—30.M — vwl-etti»«!» — kenster 3-SÜ>lI AM" »««»»ns, lltztpn, "WU dleter von 80 ^ »1 llekvere xro»8«Ieppivke (.85 gs lllegM« leppieke Mt IÜ—W KI lllexaute Tievkckevkea ZH—A lll n»ck Sl»»88, rorrllxlleb «cktrooä, llvkort 8eb«Hl d«l «vrxkültlxittoi' su8klllii-aux Horkrox, I^loon-^ ani'on- nnä 1Vll,eliv-I,»xor S6. k«t«r88tr»r88v 86. Vllsodv-I'Ldrttz uns KlI88tLtttwß8 - »LMM »ou Sl. Ft«»eE»»sSr«k, ««ttzartnenftrabe «r. Itz, nahe de« Vr-Ks empfiehlt zu äußerst htltge» Preisen: Horror»- »nä Viu»vnli«»»ä«i>, Kraxon, »ekvttoa, Zedüreou, vulorrSctzo «te., I,ol»vn- null Lotlnt - 8tlc lcoroloo Io xr» sN8w»l»1. 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