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Erscheint täglich früh ü'/, Uhr. NrducSeu »nt Lrpltttt«» IohaimiSgasse SS. >p«chß»»d«» der Ledactt«!: Vormittage 10—12 Uhr. Nachmittag« 4—K Uhr. »e der für die uSchst- NttWmer deftlmmten «n «Ochrnlagrn dis Nachmittags, aa Eonu- «GFsfttag« ftÄ bis v,ü Uhr. La dm /State» ftr LusiLmuchuu: vt»»«k«M. Uuiverfitätsstr. 22. Lmti« BUche, La tharinenfir. I8,p. m»r dt« '/L Uhr. ' NWM Anzeiger. OM» für Politik, Lvcalzeschichtc, Handels- md Geschäftsverkehr. «uftage IS,LSG. Zch,,»r«e>»«»«t« viertel». 4'/.ML, mcl. Brinaerlohn 5 Mk.. durch dir Post bezogen 6 Mk. J«d« einzelne Nummer 26 Pf. velegexemplar tu Pf. Gebühre» für Extrabeilage» ahne Poübefbrderung 36 Mk. mit PostbesVrderung 4L Mk. Inserate Sgrsp. Petitzeile 2ü Pf. Gröbere Lchrifteu laut unserem PreiSverzeichviß — Tabellarischer Sah nach höherem Tarif. Lectmae» »ater de« »e»aeit«l»ltr1- di« Spaltzcile 40 Pf. Inserate find stet« an d. -«»«»111»» zu senden — Rabatt wird nicht gegeben Zahlung pi-asonmonmüo oder durch Postvorfchutz. 47. Sonnabend den 16. Februar 1878. 72. Jahrgang. M gesMgen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag den 17. Februar nur Vormittags bis '-9 Uhr geöffnet. Bekanntmachung. Dir haben beschlossen, der von der Hospitalstraße zwischen dem neuen PostgebLude und dem Neubau der Herren Voerster und Volckmar hindurch führenden, in ihrer Fortsetzung auf die Waisenhausstraße kostenden Straße den Namen Stephan.Strafte beizulegen. was wir andurch zur allgemeinen Kenntniß bringen. Leipzrg, den IL. Februar 1878. Ter «ath »er Stadt Leipzig. De. Tröndlin. Wilisck, Refr. des rii'nttielion kexirksvoreins der 8ta6t Vivant»?, äeo 19. kvdruar, Idvnä« 8 Okr, Im 8a«Iv ä«r Lrntva VUrgsrnvdal«. TaUvsorSaua?: 1) VskI rveier »iiglietler rum ^emieekten ^»88cl>»88 für üktentlicke Oesunükeitspttege. — 3) Xntr»? üe8 vr. »viarv, «iie -tussührimg «ter kie8etilü88e äk8 Xürnderger Xerrtetsges betr. — 4) Üericlit «l>8 Xu«8«ku88e8 für 8tsnlie8sngelegeni»eiten über einen von <Ier Vlsgüednrger l,eben8ver8ickerung8-<ie8ell8>h»ft uem»ekle» Vor8eklsg. — 4) lieferst, <l»8 »rrtiietie Lorre8p.-ttlstt delr. vr» vlonn. Leipzig, 15. Februar. Die englische Flotte — oder vielmehr ein Theil derselben — hat also doch noch die Dar danellen passirt, und zwar nicht schon am Mittwoch früh, wie die „Agence Havas" und eng lische Blätter, den Ereignissen vorauseilend, ge meldet hatten, sondern erst am Mittwoch Nach mittags 3 Uhr. Die Einfahrt erfolgte gegen den Willen der Pforte und im Widerspruche mit dem Pariser Vertrage, worüber der alte schlaue Gortschakoff sich natürlich in« Fäustchen lacht, da ja sein eigentliches Lebensziel in der Zerreißung diese- für Rußland schimpflichen Vertrages besteht. Al« die englische Expedition sich Tschanak-Kalessi (am Eingänge in die Dardanellen) näherte, erhob der dortige Pascha formellen Protest gegen die Durchfahrt der Schiffe, that aber freilich keinerlei aclive Schritte, um dieselbe zu verhindern. Der englische Admiral Hornby hatte Befehl, mit oder ohne Erlaubniß der türkischen Regierung in die Meerenge einzulaufen und die zum Schutze der hinter ihm befindlichen gefechtsbereiten Schiffe er forderlichen Vorkehrungen zu treffen. Letztere er wiesen sich als überflüssig; so ging denn die große Heldenthat unblutig und ziemlich geschäftsmäßig von Statten, und ohne irgend welche Begrüßung freundlicher oder feindlicher Art zogen die englischen Schiffe in die geheiligten Gewässer ein. Zwei Panzerschiffe blieben in Gallipoli zurück, wahrschein lich um aus alle Fälle die Verbindung nach rück wärts zu sichern; vier andere faßten an den Prinzen- inieln, im Marmara-Meere, im Angesichte von Konstantinopel, Posto, während der „Flamingo" weiter nach dem Bosporus segelte, um von dort auS die Verbindung mit dem englischen Botschafter in Konstantinopcl, Layard, zu unterhalten. Boa einer Landung in der türkischen Hauptstadt selbst wird noch Nichts berichtet, und eS scheint, als ob die Engländer einem Zusammentreffen mit den Russen, deren Einmarsch ja nun bevorsteht, vor läufig au«weichcn wollten. Ob es später zu einem solchen Rendezvous kommen wird, au« dem sich entweder eine gemeinschaftliche friedliche Besitzung oder ein kriegerischer Zusammenstoß entwickeln könnte, steht dahm. Wir haben bereits gestern angedeutet, worauf wir unsere Zweifel an dem Au«bruch eine- englisch-russischen Krieges, unsere Hoffnung auf die Erhaltung de« Weltfriedens gründen. Wir haben hingewiesen auf die Iso« urnng Englands, die sich deutlich ausspricht ia dem Fernbleiben aller übrigen Seemächte von der Waflerpartie in die Dardanellen und in der Entschiedenheit, mit der Oesterreich an seiner Neutralität, am Dreikaiserbunde festhält; and wir haben ferner daraus aufmerksam gemacht, wie wrnia England, wenn es auf sich selbst ange wiesen bliebe, nn Stande wäre, Rußland wirksam ' Leibezugehen. Ist England kriegsbereit? tr.u Artikel der „Times", der offenbar aus der Feder eine« die Dinge überschauenden Militairs herrührt, antwortet sehr kleinmüthig auf diese Krage. Abgesehen davon, daß er die vorläufig verfügbaren sechs Millionen Pfund Sterling für ungenügend selbst zu den ersten vorbereitenden Schritten hält, erklärt er es für zweifelhaft, ob England ein, und für sicher, daß es nicht zwei ArmeecorpS so rasch in« Feld schicken könne, wie die Deutschen und Franzosen deren 18 kriegsfertig in- Feld schicken könnten. Zur Mobilifirung von auch «ur zwei Armeecorps, die nach Aonstan« tinovel zu entsenden wären, hält er mindesten« 15 Millionen für nothwendia; dabei aber giebt er ziemlich unverblümt der Besorgniß Ausdruck, daß e« selbst dann noch schwer sein würde, auch nur für einen Theil de- englischen Landheeres den seit, berigen Mangel an Cavallerie und Artillerie zu decken. Ein Artikel der „Weser-Ztg." behandelt dasselbe Thema und beantwortet die Frage nach der Kriegsbereitschaft Englands und nach seiner mili- tairischen Widerstandskraft gegen Rußland gleich falls nicht zu Gunsten der ersteren Ätacht. In Betreff der Seemacht sei die Ueberlegenheit Englands trotz der Anstrengungen, die Rußland in der'Ostsee gemacht, eine große Flotte zu schaffen, noch immer so unbestreitbar, daß eine genaue Ab wägung der Kräfte überflüssig erscheine. In den türkischen Gewässern könne vollends von einer Vergleichung keine Rede sein, da bekanntlich die russische Kriegsmarine im Schwarzen Meere, trotz, den: seit 1870 der Artikel des Pariser Vertrage- aufgehoben ist. der Rußland die Entwickelung einer Seemacht dort untersagte, nicht über die ersten Keime hinausgekommen sei. Bei aller Ueberlegenheit der englischen Flotte über die russische sei jedoch deren Bedeutung dieser Ueberlegenheit sehr problematischer Natur geworden. „England würde eventuell die rus sische Flotte von der See weckfegen, die russischen Häfen blockiren, die russische Schifffahrt verhindern könne», aber seit der Ausbildung der Torpedos wird die englische Flotte kaum noch einen Angriff auf russische Seesestungen und selbst nicht ans offene Häfen zu machen wagen. Die Rolle der Torpedos im Seekriege ist erst noch zu ermitteln, aber die Furcht vor dieser unheimlichen Waffe wird die englische Flotte wahrscheinlich ebenso sehr im Zaume halten, wie sie seiner Zeit die französische in der Nordsee zu einer unthätigen und rühmlosen Rolle zwang. Rußland selbst ist so gut wie unver wundbar und dasselbe darf von den Positionen gesagt werden, die Rußland in der Türkei einnimmt over ein- nehmen wird. Ohne eine bedeutende Landmacht wird England seinem Gegner schwer bcikommen können. Die englische Landmacht ist aber durchaus nicht der Art organisirt, um in irgend einem Kriege mit einer europäischen Großmacht auch nur die bescheidenste Aufgabe zu erfüllen. Dieser Zwiespalt zwischen der effectiven Macht und den ungeheueren morali schen und materiellen Hülf-kräften Englands wird wahrscheinlich den Engländern jetzt deutlicher als je zum Bewußtsein kommen. Während de- Krimkrieges hat allerdings die englische Land, macht gründlich Fiasko gemacht, aber die fran zösische Allianz, die verhältnißmäßiqe Schwäche Rußland«, die Beschränkung de« Kriegstheaters und die Dauer des Feldzuges ließen theil- die Mängel und Unzulänglichkeiten weniger gefähr lich erscheinen, theil« gestatteten sie im Laufe de- KriegeS Vieles nachruholen. Seitdem hat sich aber daS Kriegswesen aus dem Eontinente in ganz an derem Maßstabe entwickelt; in den letzten Kriegen sind Masten aufgetreten wie nie zuvor, und im selben Maße mußte England- Landmacht ihnen gegenüber an Bedeutung verlieren." Unter solchen Umständen wird sich England doch wohl gar sehr besinnen, ehe es wirklich ernsthaft mit Rußland anbindet. Die Wiener „Presse" fährt fort, Oesterreichs Neutralität für den Fall eines Kriege-rwisckien Rußland und England anzukündigen; sie schreibt: Was immer das britisch« Tabinet beschlossen haben map, — die Entscbließunaen unseres EabinetS können in diesem folgenschweren Moment nicht abhängig sein von der größeren oder geringeren Streitlust einer andern Macht. Unsere Interessen sind nicht jene Englands, und Englands Interessen im Orient haben heute nur Einen Zielpunkt: die Freihallung der Dar- danellenftraße für ferne Schifffahrt. Alles Uebrige, was Lord Derby in seiner berühmten Jnteresien-Note Rußland gegenüber zu wadren gesucht hat, ist weder durch die Kriegseriolg« noch durch die Friedens-Präli minarien gefährdet. Egypten und damit die directe Verbindung „ach Indien ist England gesichert, in Asten Rußland sich zwar eine Gebietsabtretung seitens der Türkei Vorbehalten, aber daS armenische Gebiet be> rührt, wie die Londoner Staatsmänner selbst ringe stehen, die Interessensphäre Englands nicht. Bleibt noch die Frage der Donau Mündungen und jene der freien Passage in das Schwarze Meer, die Darda nellen-Frage. Die Donau-Mündungen — doch nein, waS kümmern diese die englischen Freihändler? Ihr Export nach den südlichen Donaustaaten ist nicht be deutend und sie werden ihn auch auf anderen Wegen zu fördern wissen, sobald Bahnen und Häfen längs der politischen Küste für die allgemeine Schifffahrt frei sind. Also nur die Dardanellenfrage ifts, und ausschließlich diese, für welche England heute noch sich zu echauffiren nothwendia hat, abgesehen davon, daß etwa Lord Beaconsfield für die Ehre seiner Politik und für die Ehre der englischen Flagge sich mittels eines „temporären" Kanonendonners einige Revanche holen will. Und nun, da wir dasjGerede über die Interessen sphäre der britischen Krone aus jenes Matz reducirt haben, welches sie selbst in der Orientfrage heute noch für sich beansprucht, nun sei nur die Frage gestattet: Wo und wie berühren sich denn die Interessen Oester- reick-U-naarns mit jenen Englands? Giebt es ein werthvolles gemeinsames Interesse für unser großes Donaureicb und für das Meer beherrschende Handels volk jenseits des Canals? Giebt es ein Interesse, welches lins die Mühen und Kosten einer gemein samen Action mit England lohnen würde oder giebt es für Großbritannien irgend einen haltbaren mate riellen oder politischen Grund dafür, daß es sich für oder mit Oesterreich Ungarn in einen europäischen Krieg stürze? England ist seine eigenen Wege gegangen, als der Beginn der jetzigen Orientkrise ganz Europa in Auf regung versetzte. Es hat dann versucht, mittels Lord Salisburv's seltsamer Familientour die Führung der Orient-Politik in die Hand zu nehmen und war damit glücklich in dem trockenen Hafen der Stambuler Conserenz gestrandet. Dann hat es ruhig dem russi schen Czar überlasten, das Geschäft der Christen befreiung in der Türkei für sich allein zu machen, und es hatte sich nur ausbedungen, daß es «it seinem eigenen Handel dabei nicht zu kurz komme. Das war England- ganz« Orientweiaheit bis vor wenigen Wochen und Lagen. Run aber, da Rußland mit der Besetzung von Konstantinopel die Dardanellenfrage gewaltsam im einseitig russischem Interesse zu lösen droht, nun rührt sich der britische Löwe und holt zu einem gewaltigen Sprunge aus — falls er nickt unterwegs lahm wird und bei dem Luftsprunge sich ejn unangenehmes Rheuma holt. Sollen wir nun dem edlen Briten bei diesem kühnen Anlauf Gesellschaft leisten? Liegt es in unserem Interesse, um für die englische Marine die Kastanien — aus dem Wasser zu holen, uns über Kopf und Hals in die Kriegsrüstung zu werfen ? Was kümmert den guten John Bull unsere Stellung hinsichtlich Bosniens, Serbiens. Bulgariens und aller bestehenden und zukünftigen Balkanstaaten? Was hat er mit unseren Nationalitäts-Bangigkeiten, was mit unseren Handels-Interessen, was endlich mit unserer ganzen Politik in der Levante zu thun? Was ist ihm Hekuba?! .. Die Dinge sieben nickt so unglücklich, daß es noth- wendig wäre, sich die nächste Zukunft in so drastischer Weise auszumalen (wie es die zum Kriege hetzende magyarische Presse thut). Der gewaltsame Sprung in das nebelhafte Nichts einer sogenannten kühnen Politik ist gewiß nicht von Nöthen, so lange man den positiven Boden unter den Füßen fühlt, auf welchem sich bisher die Politik unseres Reiches in der Orientfrage bewegt hat. Was immer für die Interessen und im Interesse von Oesterreich-Ungarn nach dem bisherigen Ver lauf der Ereignisse in der Neuordnung der Lrient- verbältniffe erreicht werden kann, das läßt sich bei einiger Klugheit und Offenheit — davon sind wir aus das Innigste überzeugt — ohne die Risiken und Opfer eines Krieges im Wege der Verhandlung erreichen. In der heutigen Lahe kann uns wahrlich die Vertröstung auf englische Allianzen nickt zu unserm Rechte, zu unserem woblbegründeten Rechte auf eine acttve Mitwirkung bei der Ordnung der Orientding« verhelfen. Nur die Eonsequenz unserer Politik, nur die energische Verfolgung unserer Interessen und un serer Zwecke, nicht aber daS Schwanken und da- Jmpromptu, wie es leider in früheren Zeiten bei unserer Diplomatie üblich war, vermag unS jene- Ansehen und jene Aulorttüt im europäischen Rathe wiederzugeben, wodurch wir bie Kraft gewinnen, jeder zeit unseren vollen Einstuß auf die Geschicke des süd östlichen Europa zu wahren. Tazesgeschichtliche lleberficht. Leizqt«. 15. Februar. Die Gesetzentwürfe, betreffend die Erhebung von ReichSstempelabgaben und die Tabak», besteuerung, sind nunmehr zur Bcrtheiluna ge langt ; sie bilden mit dem schon früher ausgegebenen Gesetzentwurf über den Spielkartenstempel die Steuervorlagen de- BundeSratheS. Die „Nat.-Ztg." bemerkt dazu: Der supplementarische oder subsidiäre (hülfsweise) Charakter der Reicbssteuervorlaaen ist zu stark betont, als daß dieselben sich von dem Budget trennen ließen. Als Grundlage einer Steuerreform können dieselben nicht gelten, find dazu auch gar nicht geeignet, und der Reichstag hat kerne Veranlassung »ur Aufstellung solcher Grundlagen die Initiative zu ergreifen. Diese ist Sache der Reichsregieruna: freilich scheint eS in der Absicht der Reichsregierung gelegen zu haben, die anderweite Besteuerung deS TabakS zum Ausganaspuncte einer Steuer-Reform zu machen, die ihre Wirkung nicht bloS auf die Einzel staaten, sondern auch auf die Gemeinden ge äußert haben würde. Die seiner Zeit in der „Prov.-Eorresp." »itgetheilten Motiv« allgemeiner Natur zu der labakSsteuervorlagc ließen dieselbe lediglich als einen Uebergang zu dem eigentlich be absichtigten Tabak-monopol erscheinen. Nur indem man die ungleich höheren Erträge deS letztern unter stellte, war es möglich, den Andeutungen, betreffend die Erleichterung des Budgets der Einzelstaaten und die Uebertragung von Staatssteuern an die Ge meinden, einen Sinn unterzulegen. Der Reichstag hat keine Veranlassung, derartigen Andeutungen weiter nackzugeben; über die Steuervorlagen selbst wird er sich aber erst dann endgültig entscheiden können, wenn die Bedürfnißsrage durch die Budgetberathung klar gestellt ist. Zu dem Appell der russischen Blätter an den Fürsten Bismarck, als Schiedsrichter zwischen Rußland und England zu treten, bemerkt die „Nat.-Ztg.": „Wenn man an die deutsche Regie rung den Anspruch erhebt, daß sie für Rußland genau in der Situation, welche seine letzten Schritte und Forderungen geschaffen haben, eintrete und ihm die Deckung von Deutschlands „militairischem Ucbergewicht" vor dem „ersten Kanonenschuß" irgend welcher anderen Macht halte, so ist die Frage ge stattet, was man denn in Petersburg während dieser inhaltschweren Wochen gethan hat, um sich des Einverständnisses der deutschen Regie rung gewiß zu halten? Ob man über haupt nur in Berlin Mittheilung gemacht hat von den Forderungen und Bedingungen poli. tischer und militairischer Art, welche den für die Öffentlichkeit noch immer in nebelhaften Um rissen verschwimmenden Inhalt der Stipulationen vom 31. Januar bilden? Wenn wir uns nur an die Reihenfolge erinnern, in welcher die einzelnen versprengten Mittheilungen hier oder dort zuerst austauchten, muß es unS scheinen, daß man in London und Wien allemal eher unterrichtet war al- in den hiesigen sonst aut unterrichteten Kreisen. Welchen Grund man aber in Petersburg zu der Annahme bat, ans die sreuudschMtjche Interven. tion Deutschland- ln selbstgeschaffenen Schwierig keiten einen Blankowechsel zu besitzen, können wir unS auS keiner Rede de- Fürsten Bismarck erinnern " Rußland soll als Conserenzort Baden-' Baden vorgeschlagen und die Berliner Regierung diesen Vorschlag unterstützt haben. Die AugSb. „Allg. Zeit." kann aus zuverlässiger Quelle be stätigen, daß die Nachricht eine woblbegründete ist. Fürst Gortschakoff habe eine Vorliebe für Baden- Baden, woselbst er schon wiederholt einen längeren Aufenthalt genommen. Baden-Baden wäre auch in mehr als einer Hinsicht zum Conserenzort vor züglich geeignet. Daß von Seiten der hiesigen Behörden — so schreibt man dem Blatte auS Baden-Baden — Alles gethan werden würde, uni Baden-Baden dieser Auszeichnung würdig zu machen, ist von competenter Seite bereits an maß gebender Stelle ausgesprochen worden. Der „Köln. Zta " schreibt man hierüber: Der Vorschlag, statt Wien Baden-Baden zum Con- ferenzorte zu wählen, ist von Rußland ausgc- gangen und von Oesterreich und den übrigen Mächten ohne Bedenken angenommen worden. In London ist nian freilich noch der Ansicht, daß Brüssel oder eine schweizerische Stadt mehr Aus sicht habe, die Conserenz in ihren Mauern zu be herbergen, als irgend eine deutsche Stadt, und zwar weil die deutsche Regierung e» vermeiden möchte, den Vorsitz zu führen. Nun, Fürst Gortschakoff wird ihr ia gern den Gefallen thnn, diese Last auf sich z» »eh««. An- Kopenhagen, 14. Februar, wird gemeldet: Bei der heutigen Berathnaa des Budget« für das Ministerium de- AuSwärtcgen i« Kolket hing erklärte der Minister de- Auswärtigen auf eine ihm von dem Ausschußberichterstatter gegebene Ver anlassung, die Hoffnung auf Erhaltung des allge meinen Frieden- sei noch nicht aufgegeben; die Regierung sei bemüht, Dänemark außerhalb der Begebenheiten zu halten; e- liege im Augenblicke entschieden Nicht- vor, waS die KriedenShoffnungen der Regierung abschwächen könnte. Zugleich deu tete der Minister darauf hin, daß der (bereit- tele graphisch signalisirte) Artikel der „BerlingSke Ti- dende" von der Regierung inspirirt sei und deSa. vouirte auf da- Bestimmteste da« Gerückt, betref fend die Sperrung der Ostsee und ähnliche Nach richten, „woran übrigens klein vernünftiger Mensch geglaubt hätte." Unter der Ueberschrist „Dänemark im eng» lischen Parlament" enthält da- Kopenhagens „Dagbladet' einen Leitartikel, worin dem unmuthigen Erstaunen AuSdruck verliehen wird, welches man dort empfunden hat, als im englischen Parlament in einer Interpellation ganz ernsthaft gefragt wurre, „ob der Minister (Sir Staffard Northcote) Etwas davon wisse, daß dänische Truppen dislocirt seien, um — eine Landung in Schleswig vorzunehmeu," worauf der Minister nicht diese absurde Krage, wie sie es verdiente, humoristisch oder mit beißender Satire, sondern mit scheinbar ernsthafter Miene dahin beantwortete, daß „er Nichts davon wisse." „Europa", sagt das Blatt, „befindet sich in einer sehr gefährlichen Krise, die selbst den mächtigsten Staaten bedenklich erscheint und sie aufforvert,