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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1878
- Erscheinungsdatum
- 1878-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187802168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18780216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18780216
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- Saxonica
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- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1878
-
Monat
1878-02
- Tag 1878-02-16
-
Monat
1878-02
-
Jahr
1878
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.02.1878
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lkäar, Nr. 13) von Haydn, was kann diese anders bewirken, als jene behagliche Stimmung, in welche unS der Genuß von Waldesluft, Blüthenduft, Quellen rauschen, Sonnenschein und wie die schönen Dinge alle heißen, die uns die gütige Natur in der glück lichsten Zelt spendet, versetzt? Was aber das gestrige Programm sonst noch enthielt, das war Nicht ge eignet diesen in der Hauptsache gewonnenen Eindruck zu verwischen. Der Voglsang gehörte schlechterdings rur Sache, und in der zufälligen-Begegnung mit Herrn Xaver Scharwenka aus Berlin wird Jedermann ein höchst interessantes Intermezzo erblicken, welches seine Reiseerinnerungen durchaus nicht stört. Es war nichts Ungewöhnliches, was wir diesmal erlebt haben. Alles in Allem genommen ein beschau licher Genuß, eine Wanderung in eine Gegend, die wir längst rannten, deren Reize uns aber immer wieder von Neuem fesseln. Am liebsten würden wir das gehabte Vergnügen mit Dank anerkennen und schweigen. Oder was kann der Berichterstatter sagen über Mendelssohn's herrliche Ouvertüre, was nickt schon dagewesen wäre? Daß sie duftig und zart ist, wie kaum ein anderes seiner Werke, das weiß Jeder, ebenso bekannt sind ihre Beziehungen zur Märchen dichtung. Und wenn Jemand nicht wüßte, daß mit dem Quellengemurmel der Einleitung die Scene, die konte» Iflelcwinse der Schwind'schen Darstellung, mit dem Thema in k moll der ritterliche Raimund, mit dem in ^8 aber die aus ihrem träumerischen Nixen dasein ins leidenschaftlichere Menschenleben hinübcr- strebende Melusine selbst gezeichnet ist rc., würde er darum weniger Genuß an diesem herrlichen Meister werke haben? Ebensowenig aber wüßte ich etwas Neues zu sagen über die von Herrn Vogl ganz unvergleichlich schön gesungene Arie (Mit Würd' und Hoheit angethan) aus der Schöpfung oder über Beethoven's „Ade laide." Bezüglich der letzteren sei nur die Bemerkung gestattet, daß es ein schreiendes Unrecht ist, wenn Compositionen von unvergänglichem Werthe wie diese nicht gesungen werden, etwa weil sie zu bekannt sind. Warum tischt man uns immer und immer wieder dieselben aus dem Zusammenhänge herausgerissenen Arien auf, wenn Besseres und für den Conccrtsaal Geeigneteres vorhanden ist? Wenn sich durch die genannten Sologesänge des Herrn Vogl die Situation ein wenig ernster gestaltet hatte, so gewann der ursprüngliche angeschlagene Ton romantischer Stimmung einen ziemlichen Anflug von Naivetät in der Havdn'schen Symphonie, die vom Orchester mit gewiß seltener Virtuosität zum Vortrag gebracht wurde und eine zündende Wirkung ausübte. Merklich hob sich aus der Reihe der vorstehend ge nannten Nummern des Programms ab das von Herrn Xaver Scharwenka aus Berlin ausgeführte Clavierconcert eigener Composition. Schon der Auf wand an äußeren Mitteln hätte einen Umschwung der Stimmung bewirken müssen. Auf was die Ouver türe verzichtet, z. B. auf Posaunen und Piccolo, das beansprucht das Clavierconcert. Lächerlich wäre es, dem Komponisten einen Vorwurf daraus machen zu wollen, daß er verwendet, was an Orcbefterinstru- menten vorhanden ist, wenn die Verwendung sonst für sich zu interessiren vermag. Und ich glaube, das kann sie. Herr Scharwenka ist ein sehr beachtenSwerthes Talent, zwar kein Original, dazu ist er von Liszt und Chopin zu sehr beeinflußt, aber immerhin noch selbstständig -enug, um für sich einzunehmen. Scharwenka hat die duvb den Umgang mit den genannten beiden Meistern empfangenen Eindrücke in sich so glücklich verarbeitet, daß man seiner in solcher Weise entstandenen künst lerischen Individualität ein lebhafteres Interesse kaum versagen kann. So macht das in Rede stehende Concert den Einback eines unmittelbar empfundenen, w»e aus emem Gusie geformten Kunstwerkes, an welchem Dem dieses, dem Andern jenes nicht gefallen mag, Das aber im Ganzen als ein gelungener Wurf bezeichnet werden muß. Es weicht der Form nach von dem Althergebrachten wesentlich ab, aber gerade daß es trotzdem das Interesse der Hörer zu fesseln vermag, das spricht für seinen inneren Werth. Die drei Sätze des Concertes find nicht von der selben Güte. Mir hat der erste und zweite Satz recht gut, der dritte, als zu wüst, weniger gefallen. Wenn der Compomst, der übrigens auch em ganz excellenter Spieler (im großen Stile) ist, künftig noch mehr seiner eigenen Natur vertraut, und er darf es mit vollem Rechte, so dürfte die Clavierliteratur von ihm noch manches werthvolle Werk zu erwarten haben. Von seinen Solostücken schien mir das erste Chopin'sche Präludium als mit der linken Hand etwas zu derb angegriffen. Vollendet zur Erscheinung kam die an dere Nummer desselben Opus und das Scbumann'scbe „Nachtstück". Die Etüde von Scharwenka ist sehr wohl geeignet, ein vortreffliches Handgelenkspiel zu ent wickeln, resp. ein solches zu beweisen. Herr Vogl, der durch sein kurzes hiesiges Gastspiel bereits zum Liebling unseres Publicums geworden ist, hat sich auch als Concertsänger ganz ausgezeichnet bewährt. Obwohl merklich indispomrt, gelang es ihm doch, sowohl die Haydn'sche Arie, als auch Beethoven's „Adelaide" in einer Weise zur Geltung zu bringen, durch welche sein bedeutender Ruf in Nichts beeinträchtigt wurde. Der geschätzte Künstler wußte vielmehr durch sein ebenso weiches wie volles Organ und durch seine edle, von tiefer Empfindung zeugende Vortragsweise in einem Grade für sich ein zunehmen, daß der Beifall nicht eher ein Ende nahm, vis sich der Sänger zu einer Zugabe verstanden hatte Moritz Vogel. Nachtrag. * Leipzig, 15. Februar. Fürst Bismarck ist nach Berlin rurückgekehrt. Eine Fluth von dringen den Geschäften der äußern und innern Politi empfängt ihn dort, eine Fülle von ernster Arbeit, der selbst seine gewaltige Kraft nicht gewachsen sein würde, wenn er nicht schon die ganze Zeit hindurch, während seiner scheinbaren Ruhe in Varzin, in tagtäglicher rastloser Thätiqkeit die Vor arbeiten erledigt hätte. Die Orientkrisis sieht an einem Wendepunkte der allerschärfsten Art; man munkelt von einem Kriege zwischen Rußland und England man befürchtet Uebergriffe des siegreichen Rußland und infolge dessen den Abfall Oesterreich- vom Dreikaiserbunde, man besorgt, daß, wenn Alle- auS Rand und Band käme, schließlich auch Deutsch land in diese Wirren hineingeriffen werden könnte Äm Innern macht die Frage der Reorganisation der Reichsregierung und die damit zusammenhängende Steuerreform viel Beschwerniß und Kopfzerbrechen Kein Wunder, daß Alle- aufathmet bei der stunde, daß Bismarck wieder da ist und sich anschickt, mit kräftiger Hand in den Gang der Geschäfte einzu greifen. Schon am kommenden Dienstag wird er, wenn nicht irgendwelche außerordentliche Hinder nisse dazwischen treten, im Reichstage erscheinen, um über die Stellung Deutschland- zur Orient» rage zu sprechen, und wenn jemals Worte die Bedeutung einer Thal gehabt haben, so werden es die sein, die Bismarck am DienStag sprechen wird. Hoffen wir, daß die Aufklärungen, die er in seiner gewohnten lichtvollen und offenen Weise geben wird, erleichternder und friedenverheißender Natur sein, daß die Mahnungen, die er von seiner energisch vermittelnden Stellung aus nach allen Seiten, nach Westen wie nach Osten hin aus- theilen wird, auf fruchtbaren Boden fallen werden. Denn sowohl England als Rußland bedürfen jetzt jenes „kalten Wasserstrahls", den Bismarck im geeigneten Moment so glücklich nach den bedrohten Stellen zu lenken weiß. Beruhigend ist es für den Augenblick, daß der Notenwechsel, welcher die begleitende Musik ru der englisch- russischen Parallelaction gegen Konstantinopel bildet, in anscheinend maßvoller und versöhnlicher Tonart gehalten ist. Dies gilt sowohl von der Note Gortschakoff's, welche den Einmarsch inKonftantinopel ankündigl und rechtfertigt, als von der Ant wort Derby'S, we che jenen Schritt zwar be dauert, aber nicht für aanz unberechtigt, jeden falls nicht für einen Kriegsfall erklärt. Die englische Regierung betont, daß Rußland weiter gehe als England, welches mit seinen Schiffen vor Konstantinopel bleibe, während Rußland hineinrücke. Danach scheint es, als ob England vorläufig nicht an eine Landung seiner Truppen in Konstantinopel, selbst nicht an eine Besetzung der Stadt denke, und es ist daher bis aus Weiteres die Hoffnung festzu halten, daß ein Zusammentreffen der beiderseitigen Streitkräfte, aus dem Conflicte hervorgehen könnten, vermieden werde. Die Gefahr, die ein derartiges Nebeneinander- und Gegenüberstehen gespannter Mächte mit sich bringt, wenn es längere Zeit anhält, wollen wir damit freilich nicht in Abrede stellen. Die Türkei bereitet sich inzwischen auf ihre Art auf die Ankunft der Russen vor; der Sultan hat das Parlament nach Hause geschickt und packt seine Koffer. Es mag ihm wohl bange sein vor einer neuen Auflage der in Konstantinopel nicht mehr ungewöhnlichen Palastrevolutionen. — Ans Wien, 14. Februar, meldet man der „Köln. Ztg.": Der Sultan wandte sich an den Czarcn, derselbe möchte ihn mit dem Aeußerften ver schonen und die Armee nicht in Konstantinopel einrücken lassen. In Konstantinopel glaubt man, daß das Gesuch erfolglos bleiben werde (der Czar soll mit einem Hinweise auf Gortschakoff's Erklärung vom 10. Februar geantwortet haben), und erwartet stündlich den riffsifchen Einmarsch (Wie „Agence HavaS" mittheilt, hatte der Sul tan auch die Königin Victoria gebeten/ aus die Entsendung der Flotte in das Marmara-Meer ru verzichten, die Königin aber geantwortet, dies sei ihr unmöglich; die Einfahrt der Flotte habe jedoch friedliche Zwecke.) Oesterreich erneuerte bei der Pforte das Gesuch um einen Ferman für Kriegsschiffs bis jetzt ist ein anderer Bescheid noch nicht emgetroffen. An drassy setzt die Verhandlungen mit Rußland fort und erklärt, von seinem Slanvpuncte bezüglich der Bulgarei, der Dardanellen, der Donau und des montenegrinischen Hafens nicht abqehen zu können. Die Lage bleibt unentschieden, bis Gort- schakofs's Rückantwort eingetroffen sein wird. — Wir haben bereits angedeutet, daß die An nähme des Tabaksteuerentwurfs durch den Reichstag—insbesondere auch durch die national liberale Partei — mehr als zweifelhaft ist. Die „Nat.-Ztg." bestätigt das jetzt, indem sie schreibt: Die Annahme des vorliegenden Tabaksteuerentwurfs würde von all den Problemen des Reichsfinanzwesens und seines Verhältnisses zu dem Haushalt der Emzel- staaten, welche seit einer Reibe von Jahren aufge worfen sind, nicht ein einziges lösen, noch auch nur in ersichtlicher Weise der Losung näher führen. Der Gedanke aber, die augenblicklich vorgeschlagene Er höhung der Tabaksteuer nur auf Abschlag zu nehmen unter dem Vorbehalt, in einem der nächsten Jahre, sei es durch eine weitere Erhöhung, sei es durch eine andere Besteuerungsform, die Erträge weiter zu steigern, muß von vornherein mit der größten Ent schiedenheit zurückgewiesen werden. Mit den em pfindlichen Störungen des normalen Verkehrs welche schon die periodisch wiederkehrenden Steuer- projecte jedesmal im Gefolge hatten und eine durchgeführte Steuererhöhung noch erheblich steigern würden, können von politischen Männern schlecht hin nicht zum Gegenstand eines bewußten und planmäßig vorgesehenen Experimentirens gemacht werden. Soll ein höherer Ertrag der Tabaksteuer in das materielle Fundament einer großen financiellen Neugestaliung einbegriffen sein, so muß die Entscbei düng mit dem Augenblick, wenn sie getroffen wird, auch endgültig getroffen sein, so weit dies Wort in menschlichen Dingen reicht, das heißt also, auf so lange die gegenwärtige Generation von Staatsmännern für die Zukunft vorzusorgen vermag. Die materielle Unzuläng lichkeit der gegenwärtigen Vorlagen zu heben, kann aber nicht Sache des Reichstags fern, so wenig wie die Ergänzung des formellen Reformptanes. So wichtig das formelle Recht der Initiative in politischer Hin sicht ist — zum guten Glück denkt heute kein Verstän diger mehr daran, daß eine schöpferische Initiative unter geordneten StaatSverhältnisien wirksam in anderer Weise geübt werden kann, als von einer Regierung, die sich in llebereinstimmung der An schauungen und Ziele mit der parlamentarischen Mehrheit weiß und zu erhalten bemüht ist. Die „Nat.-Ztg." will sagen: Wir wollen keine nackte Steuerer Höhung, sondern eine Steuer reform — und diese im engsten Zusammenhänge mit der Reorganisation der Reichsregie rung im Sinne der parlamentarischen Majorität Wir können Dem nur von Herzen zustimmen. — Der Amnestieerlaß in Betreff der elsaß- lothringischen Militairpfli'chtigen hat m den Reichslanden, wie zu erwarten, große Befrie digung erregt. DaS „Elf. Journ." schreibt: „Zur eingehenden Würdigung dieses Erlasses wollen wir abwarten, bis uns dessen vollständiger und amtlicher Wortlaut vorliegt. Schon heute können wir aber mit Vergnügen conftatiren, daß Tausenden von jungen Leuten, welche in einer schmerzlichen Ingewißheit lebten, eine klarere, regelmäßigere und »efsere Lage bereitet wird und daß zahlreiche Familien, >ie von Geldbußen betroffen wurden oder noch davon »edroht sind, von einer harten Strafe befreit werden, >ie oft das ganze Vermögen verschlang; daß endlich das in unserem Lande so spärlich gewordene jüngere Blut wieder einigermaßen zu Kräften kommt. AuS allen diesen Gründen sprechen wir denjenigen unserer Abgeordneten unfern Dank aus, welche )urch ihre Hingebung und ihren Eifer von den Behörden so wichtige Zugeständnisse erlangten, ja man könnte sagen, sie innen entrissen. Das von ihnen erzielte Ergebniß bildet eine weitere Rechtfer tigung der durch sie zur Geltung gebrachten Actions politik und ein neues Argument gegen jene passive auf das bequeme Won sich stützende Politik: „Es silft doch Alle- Nichts!" —- An die Ausrüstung eines eigenen deutschen Geschwaders für die Levante-Gewässer scheint vorläufig nicht gedacht zu werden, da die deutsche Panzerflotte einer 4—0wöchentlichen Ausrüstung bedarf, um auch unter anderen Verhältnissen, alS es die heutigen sind, in See stechen zu können. Dagegen befinden sich von deutschen Kriegsschiffen gegenwärtig bereits fünf in den türkischen Ge wässern. Drei derselben, die gedeckten Corvetten Hertha", „Gazelle". „Freya". sind im Aegäischcn Meer stalionirt mit der Hauptstation Smyrna. Der Aviso „Pommerania" und das Kanonenboot „Komet" sind in Konstantinopel vor Anker und stehen daselbst zur Verfügung des deutschen Botschafters. —r. Leipzig, 15. Februar. Aus der Finanz- dcputation der Ersten Kammer in Dresden liegt der vom Vicepräsidenten Hempel erstattete Be richt über den Etat des Ministeriums des §ultus und öffentlichen Unterrichts vor. Dadurch, daß die Deputation auf Bewilligung der von der Zweiten Kammer gestrichenen Gehalts zulage für den Präsidenten des Landesconsistoriums anträgt, wird ein Differenzpunct zwischen den beiden Kammern hervorgerufen. Weitere von der Beschluß fassung in der Zweiten Kammer abweichende Anträge der Deputation betreffen die Verhältnisse der Universität. Die II. Kammer hatte die Staats regierung ersucht, daß sie dem nächsten Landtage einen Gesetzentwurf über die zur Regulirung durch Gesetz geeigneten Verhältnisse der Universität vor lege. Obgleich die Finanzdeputation der Ersten Kammer principicll einer solchen gesetzlichen Regu lirung nicht entgegen ist, so schlägt sie docb die Ablehnung der Vorlage vor mit Rücksicht aus die Erfahrung, daß allgemeine, bestimmte Direktiven nicht enthaltende Anträge der Würde der Stände versammlung zuwider entweder überhaupt zur Vor lage flitz Gcfttztzistvürfen nicht sührc^namentlich zur Euchringungders«lbeuiuo«rhalLezner!tzpzheMc!ssenen oder zur Vorlage von Gesetzentwürfen mit estimmungen, welche von den Intentionen ab weichen, von denen man bei Einbringung der An träge geleitet war. Hierzu kommt für die Depu tation noch die Erwägung, daß das Ministerium bereits ernstlich bedacht ist, einzelne der von der Zweiten Kammer ins Auge gefaßten Ver hältmsse neu zu reguliren. Die Zweite Kam mer hatte weiter beschlossen, die Regierung aus zufordern, daß sie den Kammern die Erfahrungen mittheile, welche bei der mit der Universität verbundenen landwirthschaftlichen Akademie gemacht worden, und daß sie ferner erörtern möge, ob der für dieses Institut erforderliche Aufwand gerecht fertigt sei. Die Finanzdeputation der Ersten Kam mer acceptirt den ersten Theil dieses Beschlusses, während sie sich dem zweiten Theile gegenüber ab lehnend verhält; sie »st dazu durch die Erwägung veranlaßt, daß durch jenen Theil deS Antrages die Meinung erweckt werden könne, als wolle man die vielb strittene Frage, ob der höhere landwirthschaft liche Unterricht an die Universität gehöre, von Neuem anregen. Diese Frage sei aber eine für unser engeres Vaterland erledigte, nachdem Regierung und Stände beschlossen, die landwirthschaftliche Akademie in Tharandt aufzuheben und sie mit der Universitäi Leipzig zu vereinigen. Die Deputation nimmt übrigens hierbei Veranlassung, darauf hinzuweisen daß nach den Bekanntmachungen.über die Erfor dernisse zur Immatrikulation Derjenigen, welche sich des landwirthschaftlichen Unterrichts wegen nach Leipzig wenden, Zweifel entstehen, ob nicht auch Solche unter die Zahl der akademischen Bür ger Aufnahme finden, denen die nöthige Vorbildung zum Verständniß der den höheren landwirthschaft lichen Unterricht in sich begreifenden DiSciplinen abgeht. —r. Leipzig, 15. Februar. Aus der Finanz veputation der Zweiten Kammer (Referent Abg. Minckwitz) liegt bereits der Bericht über das königliche Decrel vor, die Geldbeschaffung für außerordentliche Bedürfnisse der Finanzperiode 1878/1879 und Aufnahme einer 3procen» tigen Rentenanleihe bis zur Höhe von 60 Millionen Mark betreffend. Die Deputation, welche sich befriedigt über da- Resultat der im Jahre 1876 begebenen Rentenanleihe auSspricht und darin für den Credit de- sächsischen Staates ein ehrendes Zeugniß erblickt, konnte e- nicht für zweckmäßig erachten, die Finanzverwaltunq zur Veräußerung der in der Finanz-Hauptcasse be findlichen Werthpapiere mehr, als die Staats regierung ohne Nachtheil für ausführbar erach tet, hinzudrängen und sie ist der Ansicht, daß eine Rentenanleihe bis zum Betrage von 60 Miss. Mark gerechtfertigt ist. Da es bei den gegen wärtigen Zeitverhältnisscn immerhin nicht außer allem Zweifel erachtet werden kann, ob die ge nehmigte Anleihe sich rechtzeitig wird effectuiren lassen und die Anleihe auch nicht unter den un günstigsten Verhältnissen durchgeführt werden soll so beantragt die Deputation, die Regierung zu ermächtigen, neben der Begebung dreiprocentiger Rente auch mit Ausgabe Übertragbarer, nach einer bestimmten Zeit wieder einzulösender Schatz cheine vorzugehen, dergestalt jedoch, daß die Summe von 60 Millionen Mark durch den Ge- ammtbetrag der auf diesem doppelten Wege zu »«schaffenden Mittel in keinem Falle überstiegen wird. -r. Leipzig, 15. Februar. Wie fast bestimmt vorauszusehen war, scheitert die Unterstützung »er pädagogischen Centralbibliothek zu Leipzig (Comeniusstiftung) aus Staatsmitteln auch dieses Mal an der Ersten Kammer. Deren Hinanzdeputation beantragt einstimmig, dem Be- chlufle der Zweiten Kammer, wonach für den ge dachten Zweck eine einmalige Unterstützung von 1000 Mark gewährt werden soll, nicht beizutretcn. Die Deputation beruft sich auf die Beschlüsse, welche die Kammer beim gegenwärtigen Landtage auf von Privatpersonen und Vereinen gestellte Anträge um Unterstützung gefaßt hat und ferner darauf, daß veränderte Verhältnisse nicht vorliegen, die ein lbgehen von dem im vorigen Landtage in der vor liegenden Angelegenheit gefaßten Beschlüsse bedingen. — Scribe's „Adrienne Lecouvreur", die eit den Zeiten der Rachel zu den Lieblingsauf- zaben der ersten Tragödinnen gehört und in wel cher Partie auch Marie Gcistinger einen aus gezeichneten Ruf erlangt hat, wird heute Abend mit der genannten Darstellerin nach längerer Pause im Neuen Theater gegeben. Herr l)r. August Förster wird wie/früher die alS Meisterleistung »ekannte Rolle des Michonnet spielen. — In den Schaufenstern der vielbesuchten Pernitz'schen Kunsthandlung an der Goethestraße cnd gegenwärtig vier historische Charakterbilder von dem Coburger Bildhauer und Zeichner Gustav von Dornis ausgestellt, die wegen ihrer Zeit- »eziehungen und der eigenthümlich sinnigen Auf astung und Darstellung der Charakterhauptzüge der Gefeierten Beachtung verdienen. Drei der Bilder sind äußerst sauber ausgeführte Kreidezeich» nungcn, das vierte ist eine treffliche Münchener Holographie nach einer solchen, bas schon in diesem statte besprochene: „Los von Rom!" mitLuther's energischer Gestalt. Für Leipzig auch von Local interesse ist „Geliert im Rosenthcst", in frommer Gott begeisterung, ein Bild, daS doch in unserer Stadt einen Käufer finden sollte. Ebenso zu Herzen sprechend ist: „Vater Arndt am Rhein", offenbar zum Hoch auf daS Vaterland bas Glas erhebend, mit den reizenden Rheingefilden im Hintergründe, jedenfalls ein Festlocalschmuck für die Vielen, welche auch vorbismarckischc Zeiten und Männer noch zu ehren wissen. Endlich Nr. 4: Hutten als Student in Rom, der ritterliche Patriot. Es wird erzählt: AlS Ulrich von Hutten in Rom den Studien ich^ag, machte er einm-l. mit., «iae« deutsche«; GnMen einen Ausflug nach Bftstzbo. Dort gerwthen sw mit füyj Caflalieren der französischen Gesandtschaft zu- sämme«. Desto als diewTn den ZwcseN.Deutsche erkannten, begännen sie SpottreVeN Pt füllest über den Kaiser und das Reich. Das verwies ihnen Hutten, und als ihm nur Hohngelächter zur Ant wort erschallte, gab er den Franzosen so derbe Titel, das diese mit Degen und Dolchen gegen ihn lossuhren. Leider zog sein deutscher Genosse sich in diesem Augenblick zurück. Er aber wehrte sich mit so fester Klinge, daß er einen der Gegner niederstach und die anderen in die Flucht trieb. Dieses Bild ist allen deutschen Studenten gewidmet. — Um die in jetziger Zeit gegen frühere Jahre weniger hochgehenden Wogen der karnevalistischen Stimmung im Publicum zu fördern und ihren Mitgliedern sowie allen Freunden des Frohsinns einen heiteren Abend zu verschaffen, hat sich die beliebte und schon seit 27 Jahren bestehende Ge sellschaft „Neunzehner" entschlossen, einen großen Narrenabend am Montag den 18. diesi-s im großen Saale des Schützenhauses zu veranstalten. Der aus dem Gebiete der heiteren Tonkunst be kannte Compomst Herr Moritz Peuschel hat seine Mitwirkung bereitwilligst ruaesagt und seine Compositionen werden zur Ausführung gelangen durch eine eigens dazu einstudirte carnevalistische Capelle unter persönlicher Leitung des Componisten. Es werden außerdem noch austreten der berühmte Italiener Signore Hanne mit seiner dreijährigen Tochter, ferner tom Merry, der durch seine früheren Leistungen berühmte Concert-Schnell-Zeichner u. s. w. Einen angemessenen Vortrag über Lebensmittel und Gehennschwindel wird Professor SulfuriuS halten. Den Vorträgen wird sich, wie die- bei den Gesellschaftsabenden der Ncunzehner üblich, ein solenner Ball anschließen. ^.Leipzig, 15. Februar. In der PeterSstraße beging am gestrigen Abend wieder einmal ein Handarbeiter einen recht argen Unfug. In offenbar angetrunkenem Zustande schrie er umher und beanspruchte das Trottoir der ganzen Breite nach für sich, denn alle ihm Entgegenkommenden stieß er nicht nur an, sondern schubte sie vom Trottoir hinunter. Meist ging das Publicum diesem Flegel auS dem Wege; einige Leute aber gedachten, dem Unfug ein Ende zu machen, sie ver« anlaßten das Änschreiten eines Schutzmannes, welcher den Excedenten nach dem Naschmarkte mit nahm, wo man letztern einsteckte. — In der Burg- ftraße geriethcn in vergangener Nacht ein Hand lungscommis und ein Student feindlich an einander. Don Worten kam es zu Thätlichkeiten, wobei der CommiS plötzlich seinem Gegner mit dem Stock über den Kopf schlug und ihm eine derart erhebliche Verwundung beibrachte, daß ihm noch in der Nacht ärztlicher Beistand geleistet und seine Wunde verbunden werden mußte. Den Commis führte ein Schutzmann zur Verant wortung nach dem Polizeiamte. * Lindenau, 15. Febr. Der von dem hiesigen Wochenblatte und nach ihm von anderen Blättern mitgetheilte Vorfall, die Tödtung von Hunden in dem nahe gelegenen RathSholze betreffend, bat der Polizeibehörde Anlaß rur Untersuchung gegeben und eS ist hierbei ein wesentlich anderer Bachver halt ermittelt worden, als er in jener Mitthoilung
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