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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187710303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18771030
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18771030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1877
-
Monat
1877-10
- Tag 1877-10-30
-
Monat
1877-10
-
Jahr
1877
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.10.1877
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Wz»r. Erste öeilagk zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger.' Dienstag den 30. October 1877. 71. Jahrgang. 'Mehl llS e» Slu», «.«eiibt, zu Privat- äftigung z« »itton drehet rden schnell str. LS. I. r. wird Kill. Treppen. te« werden anßer de« b. Hantm. ich geehrten »«»» und kr. SS, w. »tt»t und «»de»«». rn Frffeur bsvckor etc. ttraoooü,!. vsrkunst. »nell «. bill. bstraße 5t, Nr. 40. llkrdatta», ».Linus . billig ße Nr. 2. rdinger. jeder »rt >«, S. St. außer ifa-fch. weuarbett 1T«PP«. » Pofftu chüst den l-M-. zeschW-»' et. linkt. KrrTtH 1. Mnstu Leipzig, 29. October Dat Florentiner Vtreich« qnartett der Herren Äean Becker, Mast, Ehiostri «vd Hegyest hat bekanntlich drei Kammermusikwerke durch Preise antgezcichnel. welch« dnrch die Toa«eister Johanne- Brahms »nd Robert Bolkmann dem Quartett in vmoll «p 58 von Fr. Lux. d,m Quartett in 6äar op 46 von Bernhard Scholz nnd dem Ela« vrer«O»artett in Lackor ov >8 von A. Bnngert znerkannt worden sind Wenn auch die Besucher der Leipziger Kammermusikabende mit Vorliebe den elastischen Werken ihre Theilnahme schenken nnd die Vorsührung derselben alt dat Wichtigste in dieser Richlung anerkennen, so war doch auch die Reprodnction jener genannten Erzengnifie insofern besonders interessant, alt jeder Kunst- freund auS den Leistungen eine Vervollständigung seine- Urth ilS Uber den Werth der von Com ponistea der Gegenwart entwickelten Production- kraft gewinnen konnte Die Vorträge bestätigten auf- Reue die Thatsache, daß ein Fortschritt in den Formen nicht erzielt worden ist »nd daß die Gedankeukraft der Tonsetzer unserer Heit nicht bi- in jene Tiefe der Geiste- dringt, au- welcker die Vorbilder in der gesammten künst keuschen Formgestaltung ihren Reichthu« in der Melodik »vd Harmonik schöpften Bet näherer Betrachtung jener erwähnten preitge klönten Werke ist zu erkennen, daß die Arbeit von A. Bungert ein reckt glückliche- Talent im klangvollen Gestalten bekundet und durch natür liche, ansprechende Mostve, durch «ngesuchte, sinnige Modulationen daS Interesse der Hörer fesselt, welche in dem Streichquartett von Bern« Harb Scholz zwar recht gewählte, schätzerSwerthe contrapunctische Durchführungen, aber nur ge ringe Erfindung, und im Streichqi tett von Kr ?»x schöne Klangwirkungen und da- Streben nach Größe, aber nur au wenigen Stellen da- Erreichen de- Lngestrebten finden. Da auch die musikalische Literatur der Gegenwart an dieser Stelle eingehender berücksichtigt wer den und da- Schaffen der productiven Musiker auf dem Gebiete der Kunst »nd Wissenschaft charakterisirt werden soll, so wi.d später de« hier Lngedeuteten in weiterer Ausführung die noth wendige Begründung folgen Vorzüglich gespielt fanden die Streichquartette eine sehr günstige Ausnahme; der Anfall war aber besonder- intensiv nach den einzelnen Sätzen de- Bun eit'fchen ElavierquartetteS, dessen Ela vierpaitl« Frl. Jeanne Becker in ganz sachg« mäßer Weise »nd mit feinem musikalischen S nn zur Geltung b.achte Unbedingt hat di« junge Dime, die Tochter de- genialen Leiter-, seit ihre« früheren Auftreten in Leipzig ihre musika lisch« Auffassungtk aft «nd ihre LortragSlu st gesteigert; es bleibt aber noch so Manche- zu erstreben übrig »nd auch i« Technischen möchte der mäßigere Pedalgebrauch, ein gleichmäßige- Sca« lensprel uud ein mit leichterem Handgelenk zu bewrrkende- Octavenspiel desonder- zu beob« achten sein. Herr Jean Becker hat angeorduet, daß seine Tochter in diese« Winter in Leipzig die Studien weiter fortfetzt »nd die künstlerische Ausbildung zu vollenden sucht Bei dieser Gelegenheit will ich nicht unterlassen darauf hinzuweisen, daß von verschiedene» Seiten Klagen über die allzugroßen Anstrengungen der Orchestermitglieder emlaufen. Schon früher habe ich eine Verbesserung der Verhältnisse durch Ver mehrung der Oichestermitglieder vorgeschlagen Da aber bi- jetzt in dieser Richtung Nicht- unter nommen worden ist, so wird sich die Presse ge« nöthigt sehen, auch diese Angelegenheit mit größerer Er.ergie zu erörtern. Oscar Paul. Äs wird I Tr. In den Sälen de« Hotel de Pologne beging brr Leipziger Lrhrer-Gesangverein a» vergangenen Sonnabend seine erste dieswinter« liche musikalisch« Abendunterhaltung. Da- Pro gramm derselben versprach der musikalischen Ge- vüsse nicht weuige Daß da- versprochene auch richtig »nd zwar in guter Qualität verabfolgt worden ist, kann Referent zu seiner Freude der« sichern. Bon den gebotenen Vorträgen verdienen die für Gesang den Vorzug und zwar möchten wir am liebsten zuerst vom Leipziger Lehrer. Ge sangverein sprechen, der sich unter Leitung fetnes lüchtigen Dirigenten, de- Herrn Liug«, auch dies mal wieder sehr kunstgeübt bewies, und von dessen Leistungen uns die letzte (Waldmorgen, von Jos. Rheinberger) als die beste, überhaupt als eine be« deuteude erschien In deß Das wäre »ngalaut, und daher erwähnen wir zunächst Diejenige de- Frl. Marg arethe Schulz, die so liebentwürdig war. die in Rtde stehende Ausführung durch ihre Mitwirkung zu unterstützen. F-äulein Schulz hatte sich ihre Aufgabe, da- Publicum zu aoimiren, selbst feh: schwer gemacht. Die an sich dunkle Färbung ihres Tones wurde durch den ernsten Inhalt der von rhr gewählten Gesän nur «ock düsterer. Ein übrigens hübsch Wiegenlied von Franz Prettz war d »unterste, was sie spendete Unter diesen U, ständen muß der Verfall, der der Dame schließ!' zu Theil wurde, allerdings ihrer Kunst zu fingen, von welcker sie in besagte» Liegen!»« eme hübsche Prob« ab'egte, zugeschriebev werden. Vesser verstaub Hrr Zehrfeld fein Publicum zu nehmen, der »nS diesmal besonder- güvstt diSpoutrt schien Dt« Ballade „Tom der Reimer v. L. Löwe wurde von ihm ebenso fein gefuugeu, wie von Herrn Linge am Tlavier begleitet Zwei Tlavtervorträge wollten trotz der acht Hände, die sich um dieselben bemühten, nicht so recht ge rathell Mit Vieren wäre mau vielleicht besser be fahren. Uebrigen- enthielt da-Programm auch einige nicht musikalische Euriosa Dahin rechnen wir die Bemerkungen: Die Zeitbestimmung (de- Anfang-) ist wörtlich zu nehmen, und: Es wird gebeteU nicht vorzeitig umzuwenden, — eine Vorsicht, die allerdings am Platze ist. Nicht wörtlich zu nehmen waren die Ueberschriften der beiden Lieder: „Rhein- fahrt" »nd „Die verfallene Mühle", denn sie waren vom Setzer — verwechselt worden Eit» Wort,«r 4l«fkl仫»g über d«s Wese« »ud die Bedeutuug der ne«»« ««flkaItfch»dra»»attsche»Hoch schule Ntchard W«O«er's »ud über dte Aufgabe de- »eue« „Bayreuther spatrouat-Beretus." Bereit- unmittelbar nach den vorjährigen Bühnensestspielev zu Bayreuth brach stck mehr und mehr dte Erkenntniß Bahn, daß diese Fest spiele »nv deren fernere, etwa »vier de- Dick t-r- Eomponisten Assistenz zu ermöglichenden Wieder bolnngen für die deutsche musikalisch-dramatische Kunst und deren Dünger schließlich die Bedeutung einer wahrhaften Hochschule gewinnen müßten, auf welcher unS endlich einmal ein« von alle« fremdländischen Afterputz befreite, rein deutsche Kunst, mit einem Wort: ein wahrhaft nationaler Stil gelehrt werden sollte, und zwar gelehrt nicht auf dem Wege trockener theoretischer Ervr> terungen. sondern durch die unmittelbare känst lertsche That zu praktischer Wiedrrverwerthun Dachte man sich anfangs jene Hochschule me den Festspielen selbst immanent, so gewann da gegen die Idee greifbare Gestalt, als Wagner neuerdings seinen Freunden gegenüber sich erbot, m Bayreuth in den nächsten Jahren einen K eis von hinreichend vorgebildeten Schülern und Schülerinnen um sich zu versammeln, denen er da- rechte Verstäuvniß der Werke unserer musikalischen Elassiker und feiner eigenen Ton schöpfungen durch fortschreitende Belehrung er schließen und denen er auf de« Wege praktischer Hebungen die Befähigung zum richtigen, d. h stilvollen Vortrag jener Werke, refp zur Aus übung einer wahrhaft nationalen Kunst über Haupt aneignen wolle Um »ns nun da- Wesen und die Bedeutung der Wazner'schen Hochschile recht klar zu machen müssen wir uns zunächst den feith:rigen Ent wickelung-gang de- Patronat-Verein- nochmal in Kürze vorführen. ES darf als bekannt vorausgesetzt werden, das Wagner auf die Idee eine- allgememen Patronat- Verein- erst geleitet wurde, als feine urfprüng liche Absicht, dte Bühnenfestfpiele für die Dauer durch eine Anzahl vermögender Kunstgönner allein finanziell tragen zu lassen, im Uebrtgm aber der sreien und unentgeltlichen Benutzung zunächst der unbemittelten Künstler und sodann des Volke- ali solchen überhaupt zu übergeben, sich nicht ver wirklichen ließ Der Patronat-Verein also sollte nun, unter Zuhülfenahme einer regelmäßigen Subvention von Setten de- deutschen Rüche-, die pecuniären Mittel znr ferneren Sicherung der Bühneufest spiele ausbringen »nd gleichzeitig durch Wort »nd That sür Verbreitung eine- bessere« Verständnisse- der Waguer'schen Kunst wirken. Die Leser des „Tageblattes" sind durch «eine früheren, an dieser Stelle gegebenen Mitteilungen bereits über die im April Hierselbst erfolgte Eonstituirunx eines „Allgemeinen Patronat-Vereins rc" a« Grund de- Wagner'scken Programme- vom 1. Januar d. I. unterrichtet Al- bald darauf Wagner durch verschiedene, hier nicht wohl zu erörternde Umstände sich veranlaßt sah, die bi- dahin für Bayreuth allein refervirte „Nibelungen' Tetralogie auch für eine Reche anderer Bühnen f eizuzeben »nd al- er nun, in gewissem Sinne ganz folgerichtig, von dem Patronat-Verein verlangte, auch hierin ihm helfend zur Seite zu stehen und s Z nicht nur dte Be schaffung der erforderlichen Geldmittel, sondern namentlich auch alle ferneren Lerbandlunaen mit jenen drei Theatern (München, Wen, Leipzig), welche eventuell da- Känstlerperfoval sür dte Bayreuther Festoorstellungeu liefern sollten, zu übernehmen, da erwies fick da- in der conftttutrev- den Versammlung geschaffene Statut al- zu eng gefaßt für Wagner'- neuen Plan und bestznders der Leipziger „Geschäft-führende Ausschuß" de- Lereins hielt dte ihm von jener Versammlung ertheilten Vollmachten nicht für weittragend ge- nug, um dem folgenschweren Verlangen Wagner'- entsprechen zu können. ES trat in Folge hiervon eine unliebsame Stockeng in der agitatorischen Thätigkett de- Verein- ein, welche erst gehoben wurde, als, aus direeten Wunsch Wagner'», von Leipzig auS Mitte September d I eine noch malige Versammlung von Wagner-Freunden nach Bayreuth einberusen wurde, au- deren mit de« Dichter-Eomponisten geführten Lerhandlun und Berathungeu nun der neue „Bayreut! Patronat-Verein" und dte aus ihm snßende Pr rei ogramm sür die Jahre 1878-1883 ichent igen ltyer m» isikalisch-dramatische „Schule" hervorging« Der der gestrigen Nummer des „Tageblattes' beigelegte Aufruf „An die Kunstfreunde der Stadt Leipzig" enthält anßer de« Statut de- „Bayreuther Patronat-Verews" auch die von Wagner selbst mitgethetlten „Grundzüge der Schule", aus denen daS hochbedeutsame Lehr mit a«S» der Deutlichkeit ersichtlich ist. War, wie »an aus jenen „Grundzügen" leicht ieht, dte Schule zunächst nur durch da- Be- »ürfviß nach einer Pflanz- und Pflegestätte speci- ischWaanerischer Knnsthervorgerufen, so mußte ich de« Schöpfer derselben doch bald wie von selbst der Wunsch aufdrängen, seine Wirksamkeit auch auf Verbreitung besseren Verständnisses unserer musikaliscken Elassiker »nd auf die Herstellung eine- wahrhaft nationalen Stile- der deutschen Kunst auSzudehnen. Und daß dem deulschen Musiker thum die Unterweisung i« sinnvollen „nationalen Stile" noch gar Noth thut, wird Niemand bezweifeln, wer je sich die Mühe nahm, dte oft mehr al- sonderbaren „Auffassungen", welche fick die Tondichtungen unserer Meister ge fallen lassen müssen, aufmerksam miteinander zu vergleichen »nd auf die geradezu drolligen Wider sprüche untereinander zu untersuchen Daß Wagner selbst der beste und competenteste Interpret seiner eigenen Werke ist. wird füglich Niemand bestreiten wollen oder 'önnen; daß er aber auch zur Interpretation der Elassiker, »nd somit auch zur Unterweisung in dieser Kunst, befugt ist. wie nur je Einer, wird sür den mit de- Meister» Eigenart hinreichend Vertrauten nicht minder zweifellos sein. Hit Wagner doch durch seine Aufführungen Beethoven'fcher Sym- phonien, durch seine „Beethoven '-Brochure, durch seine Abhandlung „lieber da- Dirtgtren", k« z durch sein ganze- Wirken in Wort »vd That — wie ich glaube — mehr al- hinreichend bewiesen, daß er unsere Elassiker versteht, wie nur der Genius den Genius verstehen kann, tuß er, der mit schrankenloser Energie und selbstbe wußter Kraft einzutreten weiß, wenn es gilt, feinen Willen im Interesse eine- seiner Werke durchzusetzen, daß er, sage ich, bei Interpretation der Schöpfungen anderer Meister feine- „Ich-" sich völlig begtebt, nur in ihren Tönen lebt und webt, nur ihren Willen »ns zu verdeutlichen trachtet und sich ihnen mit fast kindlicher Selbst losigkeit «nd doch tiefstem Verständviß anfckmiegt. Und wie der „Dirigent" Wagner sein Erkennen der Intentionen jener Meister Anderen praktisch anzudeutev »vd mttzutheilev weiß, da- kann nur ausreichend beurthrrlen, wer je da- Glück hatte, Wagner dirtgtren zu sehen, oder noch besser »vier seiner Leitung an der Ausführung irgend einer klassischen Tondichtung al- Sänger oder Jnstrumenttst thetlzunehmen Füge ich de« vorstehenden noch Hinz», das außer Wagner selbst auch noch Franz Liszt, August Wilhelms und eine Reihe anderer au-ge- zeichnet».Künstler der Bayreuther Schule als Lehrer angehörev werden, so glaube ich dem Leser da- Wesen und die Bedeutung der tu ihrer An einzigen .Hochschule" hinreichend verdeutlicht zu haben. Die segensreichen Folgen der beregten Bemühungen Wagner'- können nicht auSbleiben, — wir werden wieder erhalten, wa- un- in der ausübenden Tonkunst sitzt so sehr fehlt: ein« solide „Tradition" »ud einen vernünftigen „Stil." Dem „Patronat-Verein" »nd seinen Mitgliedern wird es nun obliegen, durch regelmäßige Beiträge, freiwillige Schenkungen, Veranstaltung von Eon- certen rc. die Geldmittel auszubringen, welche zur Erhaltung »nd Förderung der „Schule", sowie weiter hinaus zur Sicherstellung der späteren Wiederaufnahme der „Bühnenfrstfptele" im Sinne Warner'- erforderlich find. An dte Stadt Leipzig im Besonderen tritt nun die Gelegenheit heran, sich der Ehre, de- Meister- Teburtsstadt z« fein, durch hervorragende Förderung der Bayreuther Unternehmungen von Neue« beroußt un» würotg zu zeigen Earl Kipke. Neues Theater. Leipzig, 28. October Unsere Direktion führte die Hork-Trilogie, dte drei Trauerspiele: König Heinrich VI. erster nnd zweiter Theil »no Richard III, sitzt an drei Abenden hintereinander auf »nd verschaffte so den Shakespeare-Abonnenten dev lehrreichen Einblick in den Zusammenhang der dramatifirten Chronik, al- deren gewaltiger und furchtbarer Helo zuletzt au- den zertrüm- merten Geschicken aller Anderen sich Richard III erhebt. Die Jnscenirnng dieser Trilogie gehört zu den künstlerischen Thaten der Förster'schen Drectioo; auch „Richard III" ging wie die beiden vorausgehendea Tragödien gut zusammen und zeigte ein «ohlgefchulte- Ensemble, da- bis in die Nebenrollen hinein gut besetzt war. Gegen die früheren Aufführnvgen zeigte die diesmalige Darstellung von Richard III. manche- Abwetchende: die Dingelstedt'sche Bearbeitung ist reichhaltiger tu Bezug aus dte ausgenommen« Scenen al- die frühere Bühneneinrichtung von Richard III. war. Da Dingelstedt'- Bearbeitung ich selbst als eine neue vühueneinrichtung giebt, o kann die angekündigte Einrichtung der Dingel- tedt'schen Einrichtung durch August Förster sich doch wähl nur äks Abänderungen beziehen, welche unsere Direktion mit jener vorgenomme« hat. Ohne Kenntviß de- Soufflirbuch- ist die Kritik nicht im Stande, für jede einzelne neuaufgenom- mene, gestrichene oder zusammenaezogene Scene die intellektuelle Urheberschaft frfizustelleu; dennoch erkennen wir einige Abänderungen der hiesigen Direktion durch Erinnerung an die Weimar'sche Aufführung Die große Scene zwischen Richard und Elisabeth, welch« Dingelstedt mit ausgenommen, hat Förster fortgelaffen, obfcho« sie Jever für ehr charakteristisch und wirksam hält. In der großen Klagescene der drei Frauen ehlte Margarethe gestern: soviel uns erinnerlich zat sich Dingelstedt treuer an Shakespeare gebaltr»; möglich, daß er später an der Burg lnderer Austcht wurde Der Emdruck der Scene, a welcher die drei Frauen al- die drei Erinvyen Kichard's in großartigem Aefchy'ei'fcheu Thor er- 'cheiueu, wird dadurch wefevtüch abgeschwächt, mag auch die Rolle der Margarethe keinen onderlichen Gewinn aus de» nochmaligen Auf treten ziehe«, da ihr erster Abgang wirkung- voller ist Sehr lebendig war die Jnfcentruvg der Scene vor dem Tower; hier hat Dingelstedt glück iche dramatische uud theatralische Lichter anfgrfrtzt. Auch hat er dte Scene mit den zwei Kindern von Llarence mit ausgenommen. Die Verhaftung von Hastings erfolgt tu den üblichen BUHneubearbeituugen tu einer durchaus unver ständlichen Weise; es fehlt jede vorau-gehende Einleitung »ud Spannung Die- war durch die Stellen, die Dingelstedt au- Shakespeare wieder ausgenommen hat, glücklich vermieden, «ud dte Verständlichkeit der Scene wurde sehr gehoben durch die gestrige theatralische Anordnung, der zufolge der BerathuugStisch mitten im Zimmer de- Tower- stand und die ganze Gruppe nicht, wie bei den bisherigen Arrangement», an die Seite geschoben wurde Al- vorzüglich ist dte Dingelstedt'sche Anordnung der Vision-ferne zu bezeichnen: Richmond'- Zelt ist »ft in die Traumfphäre Richard'» gerückt «vd auch dem Publicum tu einer Art von visionärer Beleuchtung sichtbar. Wenn dte Geister sich daher nach de» Fluch, den sie über Richard ausgesprochen, segnend zu Richmond wenden, so erscheint diese Wendung jetzt theatralisch wirksam Alle Volks- und Ensemblescenen gingen Übrigen gestern gut zusammen. Wa- aber die Scene an Anna'» Leiche betrifft, so gewinnt sie gerade an Unglaubwürdigkeit, je feierlicher der Anchevzug in Scene gesetzt wird; man könnte sagen, sie wird dadu-ch noch unmög licher. Diese Scene, die un- trotz aller Ver- theidigungen nach wie vor durchaus auf der Spitze stehend, ja in vieler Hinficht abgeschmackt erscheint, würde etwa- von ihrer Anstößigkeit verlieren, wenn sie nicht auf offener Straß« spielte vor einem großen Leichengesolge: dte Bearbeitung ver stärkt den verletzenden Eindruck Daß Anna, nach der Unterbrechung des Zuge- sogar dte Leiche im Stich läßt, ist ttne Sünde Shakespeare'-: diese wird aber dadurch verstärkt, daß bet unserer Aufführung sogar dte mllttairtsche E-corte Reiß aus nimmt Die sprunghafte Behandlung der Ehroutk, welche Shakespeare für die altenglische Bühne bei de« bequemen, raschen Gcenenwechsel adoptiren konnte, muß natürlich für un» in einen mehr theatralischen Fluß »maewandekt werden Es ist da- von den Bearbeitern meistens mit Geschick geschehen. Hin und wieder dienen aber dte Abkürzungen dazu, die ohnehin fkizzen- »nd lückenhafte Motivtrung, die sich oft mit ein paar d'cken Strichen begnügt, noch mehr zu schädigen. Wenn nach der jetzigen Bearbeitung Buckingham Richard verläßt und wir nach kaum einer Brerlel- stunde, ohne irgend eine seenische Verwand ung. welch« den Zeitunterschied markkrt, erfahren, daß Buckingham mit einem Heer h-ranrvckt, so ist da» doch eine unmögliche Zumuthung au die Phantasie, bet allen Zugeständnissen a« die Bühnen- uhr: wa- ist di« al» blitzschnell gerühmte Mobil- mackung t« deutschen Reich gegen eia solches Buckingham'/ches Truppenaufgebot? Die Rolle de- Richard III. ist eine der schwie rigsten. dte es giebt. auch für den gereiftesten Künstler. Wenn et» jüngerer Darsteller wie Herr Han- Förster sich an dieselbe wagt, so ist e- schon rin nicht geringes Lob. wenn mau in feiner Leistung eine anerkennenswerthe Taleutprob« steht, die, im Ganzen mit ausnehmende« Fleiß etnstudirt, im Einzelnen mit gutem Verständntß durchgesührt wurde. Wollte «a» behaupten, daß er die Roll« vollständig gedeckt habe, so würde »an geradezu etwa- Unmögliche- behaupten. Hier, wo uns auf Schritt «nd Tritt dte Erinnerung« au die Leistung« großer Meister begleit«, treten auch de« Publicum, de« der Richard in „Heinrich VI." ei» Fremdling ist, die Parallel« allzu lebhaft vor die Seele H«rr Förster folgte in der Maske »u» Anlage de- Charakters den jetzt herrsch«»« rich- tigen Anschauung«, welche jede Ueberbvrduug mit Häßlichkeit vermeiden; er gab auch d« Srast- ausdrücken des Tyrann« wie bei der Verhaftung von Hastings und im Schlußact dte gebührende Energie, die »ns t« Ganz« nur zu hell gefärbt erschien: er war an rechter Stelle «in Heuchler, ein Despot; es war Alle- eorreet; dieser Richard war tu d« richtig« akademisch« Linien der Zeichnung gehalten; aber was ihm fehlte, das war die tiefere satte Färbung; da- war« die schärfer« Accente des Gewaltig«. Dämonische». Diabolisch« «ud des schneid«»« Hohns Einzelne der Bemerkung« Richard'- war« im Ton sogar vergriffen »nd »acht« ein« erheiternden Ein- druck Dte berauschend« Lteben-würtiglett. welche die Sceue mit Anna verlangt, war nur in geringe» Maße vorhanden; die Heuchelei hatte etwa- Schleichendes, nicht den Ton gewinn«»« Biederkeit, der ihr in den ersten Acten eigen sein mutz; die Ermattung vor der Traumfcene war nicht das Zusammen»!echen einer stwk« Natux, sondern die Erschlaffung einer schwächlich«, md so dürste doch manches Detail wett schärfer
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