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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.08.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187908169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18790816
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18790816
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-08
- Tag 1879-08-16
-
Monat
1879-08
-
Jahr
1879
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.08.1879
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4slt> i» Neichstaye nicht ansjuqestea gedenke. Damit falle» alle die Calculalionen und Comdiaationen, rv«l«he man von befreundeter und gegnerischer Sette lange Wochen hindurch an die Annahme geknüpft hat, daß Bennigsen von seiner Führer« rolle gänzlich zurückzutretea und aus den that- sächlich immer mehr gewachsenen und nur schein bar in der letzten ReichstagSsesfiou etwa» zurück- gedrängten Einfluß, den er in seiner Partei und i« Parlamente überhaupt besitzt, zu der- richten beabsichtige. Die Gründe für Bennigsen'- Entschließungen aufzu finden, ist freilich jetzt noch schwerer, als wenn es hieße, er träte völlig zurück. Die Bürde zweier Mandate hat ihn, soviel nach außen ersichtlich, niemals sonder, lich gedrückt und seiner Wirksamkeit als höchster Beamter der Selbstverwaltung seiner heiimath- lu-en Provinz in keiner Weise geschadet. Än eine Oppositiousstellung wird er im Reichstage <o gut wie im Landtage gedrängt werden, und einen so kleinlichen Ehrgeiz kann man ihm gewiß am allerwenigsten zumeffen, daß er e- nicht gleich- «üthig ertragen würde, bei der nächsten Präsi dentenwahl im Abgeordnetenhaus einer klerikal- conservativen Coolilton zu unterliegen." Die Neuwahlen für da- preußische Ab- geordnetenhauS werden für die letzten Tage des September und für da- erste Drittel des Oktober in Aussicht genommen. Mit Rücksicht hierauf hat der Minister de- Innern, unter Bor behalt der definitiven Festsetzung der Wahltermine, in einem Erlaß vom 10. d. M- an die königlichen Regierungen dieselben veranlaßt, ohne Verzug mit den Vorbereitungen für die Wahlen vorzu- gehen, um dabei sicher zu stellen, daß sowohl die Abgrenzung ter Urwahlbezirke, al- auch die Auf stellung und Auslegung der llrwählerlisten und der Abtheilunaslisten Überall dergestalt beendet wird, daß die Wahlen der Nrwähler nöthigenfall- auf einen der letzten Tage de- September anberaumt werden können. Unter den bayerische« Ultramontauen hat die Partei der „Extremen" neuerdings bedeutend an Boden gewonnen. Da ist es denn nicht ohne Inter«sie. au- einem ihrer Organe wieder einmal za vernehmen, wie man in diesen Kreisen über da» Berhältniß von Kirche und Staat denkt. In dem Artikel heißt es: „Die Gesellschaft ist gewisser maßen einem Weinflock zu vergleichen, der an einer breitästigen Ulme, dem Staate, sich emporrankt. Obgleich nun die Ulme zu der Entwickelung de- WrrnstockeS mächtig beiträgt, indem sie ihn stützt und schützt, so ist doch nicht sie es, welche die Trauben zur Blüthe und Reife bringt. Hierzu dedars eS drS be ebenden Einflüsse- der Sonne, der Kirche, ohne deren milde- Licht eS weder Blüthen noch Trauben gäbe. Wenn dieser Ver gleich treffend ist, so ergiedt sich von vornherein, daß die'von Seiten der „Mäßigung" so sehr betonte Gleichberechtigung von impvnium und 8Lcer<lotinm den thatsächlichen Verhältnissen in keiner W«ise entspricht. Niemand wird den Weinberg-Pflock und die Sonne einander gleichstellen wollen, ob gleich beide zum Gedeihen der Traube in ihrer Weise beitragen. Da- Berhältniß von Kirche und Staat zu einander, wie die „Extremen" es auf- fassen, würde demnach darauf hinauslaufen, daß der Staat der, wenn auch untergeordnete, so doch nothwendige Gehülfe der Kirche in der Erfüllung ih-eü hohen Berufe- ist, di« menschliche Gesellschaft ihrer ewige» Bestimmung entgeaenzuführen .... Der tausendjährige Streit zwischen Kirche und Staat ist im Wesentlichen nichts Andere- alS die fortgesetzte Zurückweisung der Anmaßungen eine- Handlanger«, der bald mit mehr, bald mit weniger Geschick sich als Meister ausspielen möchte". Wir bemerken hierzu nur, daß das Centrum, die Kern truppe der heutigen Regierung-Majorität, sich von den bayerischen Er kremen nicht in der Sache, son dern nur in der Taktik unterscheidet. Da- reue eisletthauifche Cabinet stößt auf lebhaften Widerspruch der der freisinnig-deutschen Partei Oesterreich». Die Wiener „N. Fr. Pr." schreibt: „Wie immer aber da- Cabinet Ta affe beschaffen sein mag, so viel ist gewiß, daß ein Experiment der gefährlichsten Art durch dasselbe bezeichnet wird — gefährlich für den einheitlichen Bestand de- Reiche-, gefährlich für die schwer er rungenen verfassungsmäßigen Freiheiten, gefährlich für die wirlhschaftliche und finanzielle Ordnung, am gefährlichsten für den ohnehin schwer er- schlitterten Glauben an da- parlamentarische Regierung-system in Oesterreich. Wappnen wir un- mit Geduld, Ausdauer und de« ganzen Patriotismus, dessen wir fähig find, um auch diesen Versuch zu überdauern; denn Niemand ver- wag zu sagen, ob er der letzte ist und bis wohin noch seine Consequenzen führen werden!" Au» Prag vom 14. August meldet „W. T.-B.: Sämmtliche czechischen Blätter betrachten den TadtnetSwechsel als Zeichen einer erzielten Verstän digung, »eiche den »intritt der czechischen Abgeord neten in den Reichsrath verbürge. Die Andrassh«Krise scheint eine ernstere Gestalt anaehmen zu wollen. Da- contivuirlrche Schweigen der Wiener Osficiösen in Verbindung mit den Bemühungen der Freunde Andraffy'S, den Rücktritt desselben als eirnn freiwilligen, als die Folg« eines längst gefaßten,Putschst,-«- hi" führt allerdings zu der Folgerung, daß missionsvachricht «ehr ist, als eine» der wiederholt Lusgeführteu taktischen Manöver. Beachtenswertst erscheint in dieser Beziehung ein Artikel de- „Vaterland", der die Stege feiert, stte der kaiserlich« Minister Andrasiv Uber dev Parteimann und nationalen Chauvinisten gleichen Namens errungen hat, und dem Minister der „gebundenen Marschroute" dafür dankt, daß er durch sein Scheiden averkauvt, die Zeit der ge bundenen Marschroute sei für Oesterreich vorüber. Zwar nicht mit dürren Worten, aber doch in rchans erner durc nicht mtßzuverfiehenden Weise er. klärt da» Junker-Organ de» Graf«p Andrassh: „Der Mohr habe feine Schuldigkeit gethan, indem er die bo-atfchea Capanten au- dem orientalischen Feuer holte, de, Mohr könne nunmehr gehen." Da- „Großherrliche" Regiment in der Türkei hat da- lecke Staatsschiff in die größten Gefahren gerathen lassen. Eine Rathlosigkett ohne Gleichen beherrscht alle Regierung-kreise und Abdul Hamid richtet sein Augenmerk auf einen Verbannten al- Retter in der Noth: Midhat ist. wie der Telegraph gemeldet hat, zurückberusen. Aber Midhat hat sich vor zwanzig Jahren al- ein sehr tüchtiger Pascha «ad energischer Reform« bewährt, indessen er besitzt auch keine Zaube mittel und muß mit den vorhandenen Menschen rechnen. Gesetzt, der Sultan unterwirft sich ihm — der Ausdruck ist nicht un paffend — gesetzt er überwindet s«iaen Haß gegen oder mehr noch seine Furcht vor Midhat und läßt ihn, wa- doch noch sehr fraglich ist, gewähren. Wie kann Midhat daran denken, mit seinen französischen Cor stituston-recepten, die der Fluch aller solcher Völker find, die au- einem Nicht» zu einem Etwa«, was der Cultur ähnlich sieht, «mgeformt werden sollen, in einem Chao- von Elend und Verzweiflung etwas auSzurichteu? — Urber die Ministerkrist» läßt sich die „Polit. Torresp" au- Konstantinopel melden, die Beziehungen de-Sultan- zu Khereddtn Pascha hätten wieder einen so vertraulichen Charakter angenommen, daß der Wiedereintritt Khereddin Pascha'« in die Regie rung nur al- eine Frage von kurzer Zeit angesehen werde. Gerüchtweise verlautet, daß Savas Pascha, der von Geburt zwar rin Grieche, gleichwohl aber ein entschiedener Gegner der Abtretung IaninaS an Griechenland fei, zum türkischen Delegirten für die Verhandlungen mit Griechen land desianirt sein solle. Anläßlich der sich meh renden Raubavsälle und Einbrüche, welche in Thcrabia und Bujukdere Vorkommen, habe» die Botschafter mehrerer Mächte der Pforte arge« zeigt, sie würden bei den hiesigen ungenügenden Polizeimaßregeln aenöthigt sein, die Mannschaft ihrer StationSschiffe zum Wahrnehmen von Pol«, zcidiensteu au-zuschiffeu. Der russische RegierungS-Anzeiger ver öffentlich nachstehende amtliche Mittheilung: „Die russische Eivil-Verwaltung Ostrume- lienS hat di« ihr abgelegene Aufgabe nunmehr beendigt, und zwar noch vor dem Termin, welcher durch den Berliner Trattat zur Räumung des türkischen Territorium- seiten- der russischen Trup pen festgesetzt war. Dank diesem Umstande konnte die neue, durch da- organische Statut geschaffene, unS ablösende Verwaltung ihre Thätigkeit unter dem Schutze der russischen Fahne beginnen. In diesen beiden Thatsachen, welche sich Dank der schaffenden Thätigkeit der russischen Mstitair- und Cwilbehörden m Oftrumelien vollzogen haben, kommt unser be ständiges und principielleS Bestreben in ungemein markanter Werse zum Au-druck — daS Bestreben, die übernommenen internationalen Verpflichtungen auch heilig auSzuführen. Von diesem Bestreben waren die Repräsentanten der russischen Civil-Ver- Wallung während der ganzen Zeit der LandeS-Ber- Wallung geleitet. Der Rechenschaftsbericht des früheren General-Gouverneur- von Oftrumelien bildet eine genaue Darlegung jener rhrlich-fried- Irebenden Richtung, welche die Vertreter Rußland- in Oftrumelien unabänderlich eingehalten haben, desgleichen jener unstreitigen Schwierigkeiten, welche sie zu überwindrn hatten." AuS Frankreich meldet der Telegraph vom Donnerstag: Da- bouapartistische Iournal „Ordre" erklärt, die bonapartistische Partei müsse die compromittirende Verbindung mit den Legiti- misten abbrechen und zurückkehren zu ihren demo kratischen oonaparlistischen Traditionen. — Morgen findet ein Ministerrath statt, in welchem die laufenden Geschäfte erledigt werden. Lson Sah und Lipöre verlassen sodann Paris. — In diesem Jahre finden in Algerien keine Feldmanöver statt, da die Truppen durch die Expedition gegen die Aufständischen im Cuvesgebirge noch zu ermüdet sind. — Die Kaiserin Eugenie hat da- Schlrß Wasserburg in Steiermark angekauft. — DaS Befinden de- greisen Herrn Littrö, der in MeSnil-le-Roi auf dem Lande wohnt, giebt z» den ernstesten Besorgnissen Anlaß. Die Kräfte de» Patienten nehmen beständig ab; er kann keine andere als die Zimmerluft ertragen, da- Sprechen fällt ihm schwer und er verbringt den ganzen Tag mit verschränkten Armen und geschloffenen Augen in seinem Lehnstuhle sitzend und sinnerd. Der ve- rühmte Gelehrte steht in seinem 79. Lebensjahre. Den Schluß unseres heutigen Tagesberichte bilden Ncuigkeiten aus dem Zululaude. Der „Time-" wird au» Durban vom 22. Juli ge schrieben: ..Gestern versammelten sich hier die Küüenhäuptlinqe, um ihre Nnterwerfmw in aller Form zu vollziehen. Sir Garnet Wolfeley sagte ihnen, daß, obwohl wir, in Uebereinstim- mung mit ihren eigenen Gebräuchen, jetzt al- Siegrr ihr Land wegvehmen könnten. wir dasselbe nicht aurühren würden; daß all ihr Eigenthum in vier oder fünf Territorien, beherrscht von unab« t werden vorherigen abgeschoffl und da- Herrathev gestattet werden müsse; daß Cetewayo niemals wieder regieren dürfe und daß unter diesen Bedingungen ganz Zululand dem Zuluvolke gehören und die große Königin den Verkauf oder Schenkungen von Land an Weiße nicht «statten würde. Die Häupllmge drückten große Befriedigung au- und begrüßten beim Scheide» Sir Gar net mit dem königlichen Salut, was die Uebertragung ihrer Lehn», treue auf die Königin von England bedeutet." vr. R,stell, der Specialberichterstatter de» „Daily Telegraph" auf dem südafrckanischen Kriegsschau plätze , schreibt. <- sei zu bedauern, daß Lord Thetm-sord »ach der S«Üacht bei Uluudr nicht vorrückte, anstatt den Rückzug anzutreten. Meh rere Indunas hatten beschlossen, sich zu ergeben. wenn «Dies gethan hätte, und drei Tage würden hingereicht Ham zu füubi um das Land gänzlich vom Feinde zu säubern. Me die Sache jetzt siäude, könnte daS Znlulaud ohne uachtheiltge Folgen nicht eh« geräumt werden, bis irgend eine Art von Regierung hergestellt worden. Die Zeit ist hrffentlich nicht mehr fern, in wel ch« die Zeitungsschreib« der Mühe überhoben sind, ihre Leser Tag ans Taa ein nach Afrika führen und Über Zulu-Tactik unterhalten zu müssen. Die Geduld „Europa-" ist — so will es »ns selbst «scheinen — nachgerade in dies« Rich tung «schöpft. ^ da«, Oteva/o! Zur Lrhrliu-sfra-e. »US tze» Grsotzruuse« »etuer Suustzett. Ein früherer Handwerk« kchreidt d«r „Soc. Eorr „ES soll und kann nicht geleugnet werden, daß Undank, Leichtsinn. Frivolität und Aufhetzung den Lehrling dem Lehrmeister während der Lernzeit oft entfremden; indessen bleibt eS ein sonderbare- Verlangen, um eine- immerhin erträglichen ll«bel- ftandeS willen die unerträglichen llebelstände de» Zunflwesens mit seinen drakonischen LehrlingSpara- äraphen Wied« von den Tobten auferstehen zu lasten. In vielen Fällen mag da- Verlagen nur gestellt worden sein, weil die schweren Mißbräuche jener Zunftzeit nicht sehr bekannt geworden oder schon wieder vergessen find. DaS Vergangene hüllt sich ja meist in einen gewissen Schimmer; man spricht so gern von den Tobten nur Eutes. Leider kann ich, ein ehemaliger Zunftangehöriger, diese Pietät gegen die Zünfte nicht tbeilen. Man hat Gewicht darauf gelegt, daß schon die zünftig-feierliche Aufdingung de- Lehrlings vor versammeltem Handwerk bei offener Lave ein edle- Mittel war, den Lehrling an seine Pflicht zu binden. E» ist sicher, ein gewisses YerusSbewußtsein, daS Gefühl, ein« ehrsamen Corporation anztmehören, hätte moralischen Werth haben können; allein die ganze Eeremonie lief in den meisten Fällen auf Ein schüchterung hinaus. Meine eigene Aufdingung glich einer GerichtSscene. Wie Jnculpaten traten wir, ich und drei Schicksalsgenossen, vor den Handwerks- Herren, einen Juristen, der in den Innungen der Stadt daS Wort führte. Nachdem di« Untersuchung deS Vorlebens vorüber und eine schwere moralische Maßregelung über einen der Lehrlinge «gangen war, weil er bei einem Brauer — wegen Gelenk rheumatismus! — di« Lehre verlassen halte, laS der HandwerkSherr die Verhaltungsvorschriften vor, etwa rn einem Tone» wie ein bärbeißiger KriegSmann die Kriegsartikel vorliest. Sodann erfolgte erne Ermah nung, die sich von einer Verwarnung in NichiS unterschied, und was der feierliche Handschlag hätte gulmachen können, das war durch diese „Straspredrat auf Vorschuß" unmöglich gemacht worden. Wir gingen mit dem Gefühl von dannen, zu drei Jahren Zunftlehre — verurtheilt zu sein. Man hat ferner die familiären Einflüsse, die der Zunftlehrling im Hause deS Meister- genoffen haben soll, als gewichtige moralische Factoren din- gestellt. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß Ernzelne ihre im Elternhause und der Schule abgebrochene Erziehung in der Familie eine- trefflichen Lehrherrn vollenden konnten. Diese Lhance war jedoch nur sehr gering. Auffällig ist, daß mir bei meinen Gc- sellensahrten durch Mittel- und Süddeutschland, der Schweiz und Oesterreich auch nicht ein einziger Fall dieser Art bekannt geworden ist. Ich kenne kerne Werkstatt, wo der Lehrling am Fnerabend in der Familie deS Meisters Ausnahme gesunden hätte. Der Lehrling war allerorts der Paria deS HauseS; sein Aufenthalt blieb die Wrrkstatt und auch hier war ihm nur zu häufig verboten, daß er den Raum — wenn die Gesellen auSgingen — durch Licht und Heizung hätte behaglich machen können. Ern nütz lich« S Buch zu ltsen oder sonst eine nützliche Be schäftigung, die seiner Erziehung zu Gute kam» war meist unmöglich. Der menschliche EgoiSmuS bildet »den ganz ungeheuerliche Traditionen heraus, wenn er fast rechtlosen Wesen gegenüberfteht. Ich könnte ein Dutzend Sprichwörter und Anekdoten auS der Werk statt anführen, die alle darauf hinaus liefen: die Zunft will, dem Lehklrng muß «S schlecht gehen, und der VolkSwitz trifft ja meist den Nagel auf den Kopf. Sehr häufig saß der Lehrling wie der Geselle nicht einmal mit der Familie deS Meister- zu Tisch. D.r Meister besprach wohl mit den Gesellen TageSsragen und Ereignisse, HandwerkSangelegenheiten u. s. w.; dem Lehrlmg war jedoch jede- Einmischen, ielbft jede Frage untersagt. Er war zu absolutem Schweigen verurtheilt, auch wenn er etwa- berichtigen konnte. Geistig gewlckte Lehrlinge hatten daher in der Regel den schlimmsten Stand. Der Verkehr mit den Fa miliengliedern war meist nur daraus beschränkt, daß der Sohn deS Hause» auf den Lehrling schalt, wenn die Stiefel nicht blank genug glänzten, oder daß die Meistertöchter mit ihm haderten, wenn er ihre Liebes briefe nicht eilig grnug befördert batte. Bet kleineren Handwerkern, wo Werkstatt und Wohnung zusammen fielen, mögen sich wo.l hie und da die Verhältnisse freundlicher gestaltet haben. Die Gründe hiervon waren nicht immer die erfreulichsten. Oft waren e- nur die gemeinsamen Entbehrungen, welche die Meisters- famtlie und den Lehrling enger an einander drängten, oder «S waren häusliche Verrichtungen, die dem Letzteren die Stelle eines gut behandelten Dienst mädchen» verschafften. Moralische Wohlthaten werden nur in spärlichster Weise diesem Verkehre entsprossen sein. Die weltbekannten Straßenrüpeleien d« Lehr linge, dre jetzt nahezu verschwunden find, hatten ihren Grund in der harten Behandlung nn Metfterhause. DaS unterdrückte jugendlich« Gemüth, der einge- dümpfte natürliche Frohsinn rxplodirte nur zu leucht in den Augenblicken d«S Areife«nS. DaS waren sie gesunden Naturen; in den weniger glücklichen legte sich die schlechte Behandlung wie ein Mehfthau auf da» Gemüth; sir wurden Kopfhänger und freuten sich auf den Augenblick ihrer Lossprechung, derlhaen da» Recht gab, ebenfall» zu chieamrrn. DaS Gesellenstück hat «an alS eine Art Exa men hingrstellt, welches anfiuernd auf Weiß und Aufmerksamkeit wnkrn muffe. Das hätte allerdings so sein können, aber mein« Han dwerkSaen offen aus jener Zeit werden »iffen, was es für f»«mhümliche Bewanotniffe mit d,ej«n Gesellenstücken hatte. Ein mal ist es keinem Meist«, auch dem besten Nicht, in den Sinn gekommen, «inen Lehrling m da- Hau- zu nehmen, um sich ,n ihm einen — tüchtigen »on- curreuten heranzulnlden. Di« bequeme und bttligr Arbeitskraft allein hals ihnen über mancherlei ge schäftliche Bedenken hrnweg. Nur einem mäßigen Vruchtheil all« Zunftles worden, sofort im Handwerk selbst beschäfty. »erden. Das war eben nicht die beste «utnuw kvunte der Lehrlina doch am Schraubstock, a» Hobelbank, am Kleisterfaß Schaden verursache^! Ausnutzung de» Lehrling- war nur möglich, > ihm der Meister Nebenbeschäftigungen annieck. weitaus größere Zahl der Lehrlinge war i, ersten Jahren Laufbursche, Markthelfer. Haulstü Zug- und Lastthier, oder wohl gar Köchin und dermädchen. Ich will nicht sagen, daß der Äh zu «rsteren Geschäften gar nicht berangezoaen w« solle, er lernte dabei den geschäftlichen Betrüb' Handwerk- außerhalb der Werkstatt kennen, kau'! regen Verkehr mit Menschen und lernte dabn Leben fest« und gewandter auftreten, aber ih, § schließlich auf diese Art beschäftig«», da- war eine Umgehung der übernommenen Pflichten, mationen wurden mit einer stehenden Re den Sam antwortet: Wenn « ein rechter Lehrbursch« ist, j müssen seine Hände können, waS seine Augen s, und damit glaubte sich so mancher Meister Mühen d« Belehrung überhoben. Oft erst im I und vierten Lehrjalüe beim Heranrücken j Lehrlinge durfte der Lehrling an- «iaentliche denken. Kam nun die Zeit deS Gesellenstücke- hnZ so schämte sich wohl der Meister deS Ungeschick Jünger- und er oder ein mitleidiger Geselle half! letzt so hochgeschätzte Gesellenstück fertig mach Schlechte Meister freuten sich wohl auch über ih Lehrling- Unvermögen, hatten sie doch die Eha ihn zu einem Jahr „Nachlernen" verurtheilt zu sei Doch sei hinzugefügt, daß die» selten geschah, der Eoncurrenznrid einander die billigen Arb kräfte nicht gönnt«. Ich kann mein« Erfahrung i hin kurz zusammenfaffen, daß daS Gesellenstück j, die Ausbildung deS Lehrling- meisten» werG war und die Zünfte eine Brutstätte schlechter.Lrb bildeten. Die Behauptung, eS gebe jetzt tveni^ >ute Arbeiter, ist absolut unrichtig. Mir, tinen, e- glaubt auch Niemand daran, und sei irgend Jemand davon noch überzeugt sein, so r, ich ihm, einen Bau ton heut« mit einem solchen! vor L0 Jahren zu vergleichen. Sämmtlich« Baus Werker und sicher auch ihre EtandeSgenoffen anderen Fächern können die Vergleiche ruhig sich ergehen lassen. Mir persönlich dünkt, wir h viel mehr gute Arbeiter, alS wir bei unserm gern Nationalwohkstand auf gute, theure Arbeit des, tigen können. Wie oft habe ich nicht in Werk' erlebt, daß sich au» einem auf Mittelarbeit ein, teten Gesellen plötzlich ein gut« Arbeiter entwickel wenn «hm der Meister eben „etwa- unter die k gab" oder vielmehr geben konnte, d. ih. Best« darauf hatte. Kurzum, eS mag recht ärgerlich wenn jetzt der Lehrling die Sünden der Väter den Meistern heimsucht und nun seinerseits die wonnene Freiheit hier und da mißbraucht und, Davonlaufen benutzt; aber die allgemeine Wohls» mit welcher d« Bolköwirth und der Gesetz«, allein zu rechnen hat, wird hiervon nur wem« rührt. Wenn die alten kurhesftschen Wanderbück die den jüngeren Gesellen anriethen, nie länger ein halbe» Jahr in einer Werkftätte zu arbeiten, mehr lernen zu können, wirklich etwa» Guter riethen, so dürfte Das auch für densWechsel manck Lehrlina« gelten. Daß der verlassene Meister einen Nachtheil conftat'ren kann, möchte ich fein; in den meisten Fällen wird ihm nur ein theil entgangen sein. Die Behauptung, der Lehili, habe Nicht» verdient, beruht in der Regel auf falsch Ealculation. Derselbe stellt häufig nur Tb«'!- od Nebenarbeiten her, die alS unproductioe ang.se! werden. Aber selbst eine Schädigung de- L.'hrherrn zug den, so liegt noch lange kein Grund vor, dem Zu wesen, der gewaltsamen Zurückfübrung der EntI fenen und der criminellen Bestrafung daS Wott-I reden. Privatverträge können daS Nebel sehr «as ringern, der Gesetzgeber jedoch braucht sich der Lch-I lmgSfrage im Sinne von Zunftschranken nicht asp! nehmen. DaS ist die Ueberzeugung eines frühem! Zunftangehörigen.' un Wimiirtr ^I U0, in AeG» A« D»s»tev. -Un« ck Vad Sulza W. Tvpplod - r»I»r1A - IiLzers SvrnALrtt Svrvuä -L. I. krass«, kot«r Liekte.r'i lkl.1 rkvls rar rsrUMsIIiiiick 8. L»td»r1avn8trL»8«, Lek« LijltekerxLsselmi.s n-eräeo L«8cv onä älter« Ull8t«r xoo HM». MIM». KMm, M». lieillSMI AöpKckil. SOMeil. VMM ill, ru t»«<ieut»k>6 kerobaeietit«» kr«i»ea »Szeged«. holpriger Ke»od unä Vnodäruekervl. vr«88«8 I^ass«r k«rttss«r eoplrdüotz«r, kalumupp«, ete. Uarkt 16, National. von 8 r Sonn- t Tief» , vessottlick llnivei Stadt! «olkSl «tstisch tag Ein "K Filial Schütze, strafte 3 «tust « s-IL 1 Aichs. Erpedlt Herder«, so 4 f -«»erg, re Lktidäeker-kLdrlt "I>1 LnkvrrissUUss von vgedern nerk jräem 8«dew, »clu'k I ooö diUieet. Vr1«kp»p1«r m>«i Kunkeonverte mit ooä okoe Viriee-Vreck. Druck8Ut,K«U ^eäer ärt veräeo zeeekmeekrell »is preievertS derzeetetl«. Lompt-Ir-Arsaelll«». Ligen« Vedriketioo 4er »o beliebten e»IIl»»i,iri«» Aantsolnitt-lttsilli»«!. 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