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ittucluiA, :Zc--eiäe. vAno, 74. Erste Beilage M Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Sonntag den 15. März 1885. 79. Jahrgang. oder.^rt. L8SVI »iinilen.1 ltv» nor Mark an teilten n. Perlciil wähl. i«nv Mark an,I Mark an, '.Markail,! Mark ilii.1 tLt 14 k»r. er«« für Herren erd >en Mustern, uni ld. Stück vo»I k, sowie llisrr ro Mark. SU in iil Kolli-, etten. ri>rl»<ltk» I nllloll«, rrvi- on Tulmixvl, viel kolossal ! Preisen. «r Hainstraße ü 1858. rkvb L 1,iocl> 8s1lv. artt 11. Hause, lt in ar-ß>::j ll Schul Neii; I versch. Sorte; I t-Rritzzeu-c »rauer Reist rs I ^n. Lider «rt, > » n 5V.. >-»>. rr>7. Ultramontanes aus Oesterreich. * Den Ultramontanen aller Länder ist bekanntlich ganz besonders das moderne Unterrichtswesen verhaßt, welches, n>'.L ihrer Ansicht, die Hcruptursacke der zunehmenden Gotl- lesg'eit sei. Wo immer nur die Ultraniontanen zu Einfluß und Macht gelangen, richten sie ihre Angriffe sofort gegen tis höhere und niedere Unterrichtswesen, besten liberale Grundlagen sie mit allen Miltein zu erschüttern und umzu- stürzeii versuchen. Bon dieser Nnversöhnlichkeit des Ultra- monlanismus gegen den modernen Uulerrickt giebt uns Belgien und theilweise auch Oesterreich ein Beispiel, Länder, wo die Wunsche und Forderungen der Klerikalen noch lange nickt befriedigt scheinen. La» specicll Oesterreich betrifft, so haben dort seit einiger Zeit die Ultramonlanen, von der gegenwärtigen Negierung unterstützt, aus dem Gebiete der Mittel- und Volksschule ganz dctenkiicke Erfolge errungen, wäbrend das höhere lliiterrickls- wcsen den klerikalen Ansturm »och ziemlich siegreich abgewchrt bat. Daß aber die kirchliche Partei ihre Angriffe auch gegen die Hochschulen richtet, geht schon anS ihrem belaunten Pro stete hervor, in Salzburg eine ausschließlich katholische Universität zu gründen, waS aber einigen ultraiiivulanen Führern zu kostspielig scheint, weshalb sie von der öster reichischen Negierung ebne Weiteres die Auslieferung einer schon bestehenden Universität, etwa die Grazer oder Innsbrucker, verlangen. Wir wissen nicht, welche Fortschritte seither diese Absichten und Pläne geinackt haben, aber so viel ist jeden falls gewiß, daß die österreichischen Ultraniontanen jede Gelegenheit ergreifen, um ihrem Haste gegen VaS ganze moderne Hochschulwesen und den liberalen Geist der studiren- dcn Jugend Ausdruck zu geben. In dieser Richtung hat sich euch wieder in einer der jüngsten Sitzungen des österreichischen KcickSralhes der tirolische Abgeordnete Monsignore Greukcr bemerkbar gemacht, welcher eine Reihe sehr heftiger Angriffe gegen daS Wesen der österreichischen Universitäten und die Stimmung der Studenten richtete. Besonders schlimm kam dabei die Wiener Universität weg, deren Zustände der fromm« tirolische Abgeordnete in den schwärzesten Farben schilderte. Wiewohl über den ganzen durch Monsignore Grcuter her» borgerusenen Zwischenfall schon in Kürze der Telegraph be richtet hat, so scheint eü zur Kennzeichnung der Vorwürfe des ultraniontanen Abgeordneten doch noch angezeigt, aus riese ausführlicher zurückznkommcn. Er erwähnte be sonders den Umstand, das; der Rector magnitious vr. Zschocke, nebenbei bemerkt in diesem Jahre ein Mitglied der theologische» Facultät und katholischer Geistlicher, gelegent lich des vorjährigen Besuches des Kaisers die Vorstände der studentischen Verbindungen zu sich berufen und ihnen daS Wort abgenommen halte, daß sie für Ruhe und Ordnung i:n UnivcrsitätSgebäube während des kaiserlichen Besuches Sorge tragen werden. Diese Verabredung geschah, um dem alten studentischen Brauche, daß keine Polizei das Universiläts- gcbäude betrete, zu entsprechen. Abgeordneter Grenter hat aber die Sache so hingestellt, als ob zwischen dem Rector und den Studenten ein „Präliminar-Friede" unter bestimmten „Bedingungen" geschlossen worden wäre, weil sonst Dinge sich ereignet hätten, über die ganz Oesterreich in Scham und Entrüstung und daS ganze Ausland in Staunen gerathen wären. Ueberdies machte Grcuter dem Unterrichts-Ministerium mm Vorwürfe, daß von den gesammtcn Professoren und Docenten der juridischen und medicinischcn Facultät 64 semi tischer Abstammung seien. Ein Antrag des liberalen Abgeordneten Sueß nach der Rede Greuter's, die bereits geschloffene Debatte wieder zu eröffnen, um die Widerlegung der gegen die Universität ge richteten Angriffe zu ermöglichen, wurde abgelehnt. DieS binderte nicht, daß Greuter's Vorwürfe in der näckstfolgenden Sitzung ein bemerkenöwertheü Nachspiel fanden. Unlerrichtö- ministcr Baron Conrad war es, der auffallend energische Worte fand zur Zurückweisung der Verdächtigungen des Tiroler Abgeordneten. Er nannte denselben übel berichtet. Die Studenten, sagte er, haben loyal die Nolle der Sicher heitsorgane übernommen. Es sind mit ihnen Besprechungen gehalten worben. Man hat sie früher über die Art und Weise, wie sie am besten ihres Amtes walten, man hat sie auch, ick gebe dies zu. aufmerksam gemacht aus gewisse Ge rüchte, Verdächtigungen, Warnungen, wie sie immer bei solchen Gelegenheiten in der Lust schwirren. Die Studenten haben es sich zur größten Ehre gerechnet, ihres Amtes auch in dieser Richtung zu walten und sie haben daS nicht blos in einer Weise gethan, die mehr als anständig, mehr als ehr furchtsvoll war, in einer Weise, daß die Begeisterung sür die Person deS Kaisers und die Dynastie auS ihrer Haltung und aus ihren Loyalitäts-Aeußcrnngcn hervorgelenchtet hat. (Lebhafter Beifalls links.) Ich fühle mich verpflichtet, schloß der Minister, dies zu sagen, weil ich gestehen muß. daß ich bedauere, wenn einzelne Blätter in der Provinz glauben machen wollen, daß dort allein der Patriotismus zu Hause sei. (Lebhafter Beifall links.) Dieser bat auch seinen alten und ersten Sitz in der ersten Stadt deS Reiches (Beifall links) und so ist es und wird es bleiben. Ich glaube nicht, je eine Enttäuschung darüber zu erfahren und kann dafür ohne Unbescheidenheit als Zeuge, habe ich dock fast zehn Iabre als Stallhalter hier functionirt. ein- treten. (Lebhafter Beifall links.) Zch glaube daher, daß es gerechtfertigt wäre, wenn aus den geistlichen Häusern und Psarrhösen von Tirol diejenigen Zeitungen, die solche unwahre nnd tendenziös entstellte Nackrichten bringen, ganz ausge schlossen würben. (Sehr gut! links.) Gegenüber den aus die Eonsession bezüglichen Bemerkungen Greuter's bemerkte der Minister, er könne die rissermäßigen Daten des Redners nicht cvntroliren, denn er führe kein Verzcichmß über die Lehrkräjle »ach ibrer Confession. Bei den Ernennungen werde ans Lctir- tüchtigkeit und wissenschaftliche Begabung, aber nickt aus die Consession gesehen; so sei es geboten, durch den klaren Wort laut der StaatSgrundgesetze. Diese Erwiderung des Unterrichts-Ministers wurde von der liberalen Seite deS HauseS mit lebhaftem Beifall aus genommen. während darüber die Rechte in sichtliche Ans regung gerietst. Nachdem auch der Abgeordnete Sueß Grcuter in scharfer Weise erwidert hatte, erhob sich dieser zu einer lhatsäcklichen Berichtigung. Er berichtigte indeß nichts, son dern dielt seine Behauptung, wenn auch etivaö beschränkt, aufrecht. Bemerkenswert!, ist jedoch, daß er erklärte, die Antwort des Unterrichtsmmistere werde sür die künftige Hal tung seiner, Greuter's. Partei maßgebend sein. Man faßte diese Aeußcrung als eine Drohung aus, daß der Liechtenstein- Club gegen die Nordbahnvvrlage stimmen werde. Wie weiter aus Wien gemeldet wird bestand nach dem Bekanntwerden der heftigen Angriffe Greuter's gegen die Universität sowohl bei dem Lehrkörper als bei einem Tbcil der Studentenschaft die Absicht, die Beleidigungen Grcnlcr's abzuwchren. In Folge des kräftigen Eintretens de« Unter- ricktsministerS wurde aber von einem besonderen Vorgehen Umgang genommen, da die Erwiderung des Ministers al» vollqiltige Genugthuung betrachtet wird. Die ultramontane Presse hat sich natürlich sofort deS ganzen Zwischenfalles bemächtigt und bespricht denselben m einer, dem Unterricht-minister wenig günstigen Weise. Die klerikale» Organe vom Schlage des „Vaterland" und Grazer „Volksblatt" vermögen gar nickt zu be greifen, wie sich der llnterrichtSiuinister zum Anwalt der angeblich guten Gesinnung der Wiener Studeutcnschast Herbeilaffen konnte. Die skandalösen Austritte und Tumulte, die vor noch nicht langer Zeit an der Wiener Universität sich ereignet, meinen die ultramontanen Blätter, beweisen am besten, waS man von de» Versicherungen des Ministers zu halten habe. Schließlich geht aus Wien noch die Nachricht ein, daß der ganze, durch Monsignore Grenter hervorgeruscue Zwischenfall den Ministerpräsidenten. Gras Taaffe. sehr un angenehm berührt habe, weil dadurch ein abermaligeö Ab- schwcnkcn der deutsch-klerikalen Adgevrdnelen von der Paria- meularischen Regierungsmehrheit zu besorgen sei. Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderuugen und Eryän»«,,-,» deS GerichtSverfaffuagSgesctzeS, sowie der Etrasprocetzordnuag. * Dieser mehrfach erwähnte, in seinen Hauptzügen schon skizziere Gesetzentwurf enthält m seinen sieben Artikeln Folgendes: Artikel I. bestimmt, daß in dem Gerichtsverfassung-- gesetze der 8- 59.. der 8- 75- Nr. 1l. die 88- 76. 77.. der 8. 129. Nr. 3.» 5. und der 8. 196- Nr. 2. folgen vermaßen abgcändert worden: 8 59. Bei den Landgerichte» werden Civil- und Stras- kammern, sowie Strasber»s»»gskammern gebildet. 8- 75., 11. des strafbaren Eigennutzes in Len Fällen der 83- 288., 289., 291. und 298. des Strafgesetzbuches. 8- 76. Die Straf, kammern sind als erkennende Gerichte ferner zuständig sür die Verhandlung und Entscheidung über das Rechts, mittel der Berufung gegen die Urthcile der Schöffengerichte: 1) Wenn lediglich Uebertreiiinge» Gegenstand der Entscheidung in der Berufungsinstanz sind; 2) in Privatklagesachen, joicrn nicht die Staatsanwaltschaft die Verfolgung übernommen hat. 8-77. Die Civilkammer» und die Strafkammern entscheiden in der Besetzung von drei Mitgliedern, >»it Einschluß deS Vorsitzen- den, die Strasberulungskammern in der Besetzung von fünf Richtern mit Einschluß des Vorsitzenden. 8- 123. 3) Der Revision gegen Urthcile der Slrasbernsungklammern, wenn ». das Urihcil erster Instanz von dem Schöffengericht erlasjen ist; d. das Unheil erster Instanz von der Strafkammer erlasjen ist, die Revision aber ou-lkbl'eßlich aus die Verletzung einer in de» Laiideegcirtze» ei», halteneii Rechtsnorm gestützt wird; 5) der Beschwerde gegen straf, richlerliche Entscheidung erster Instanz, lowe-t nichl die Zuständigkeit der Strafkammer begründet ist, gegen Enticheidunqe» der Straf kammern iu der Beicliwerde-Jnstaiij und in der Bernsungs-Instanz, sowie gegen Entscheidungen der Strasberukungslauiiuern. 8- 196. 2) Für die Verhandlung und Entscheidung über oas Rechtsmittel dcr Revision gegen Urtbeile der Strasvcrusungc-kammer, soweit nicht die Zuständigkeit des OberlandesgerichtS begründet ist, und gegen Uc- theile der Schwurgerichte. Art. II. bestimmt, daß hinter 8- 76 de- Gerichksverkaffungs. qesetzes folgender 8 76a. eingeschaltet wird: Die Strasberusungs- kcimmern sind zuständig sür die Verhandlung und Entsche-dung über das Rechtsmittel der Berufung 1) gegen die llrtheile der Straikainmern in erster Instanz, 2) gegen die Urtheile dcr Schöffengerichte, soweit nicht die Zuständigkeit dcr Strafkammer begründet ist. Art. III. bestimmt folgende Aenderungen von Bestimmungen der Strafproceßoi dnung: H. 20. Die Beeidigung derZengen erfolgt »ach dem Abschluß seiner Vernehmung. In Gebieten jedoch, in denen vor dem 1. October 1879 die Beeidigung der Zeugen vor der Vernehmung zu erfolgen hatte, kann es bei diesem Bersadreu auch ferner ein Bewenden haben. Der Richter darf eine Mehr- zahl von Zeugen gleichzeitig beeidigen. 8 65. Die Beeidigung erfolgt bei der ersten Vernehmung des Zeugen. Im Vorverfahren kann die Beeidigung unterbleiben, wenn Bedenken gegen die- selbe obwalten oder wenn es nach dcr übereinstimmenden Ansicht des Richter- and der Staatsanwaltschaft sür den Zweck des Be» sahrenS der Beeidigung nicht bedarf. 8- 66. Wird ein eidlich vernommener Zeuge m derselbe» Slralsachc nochmals vernommen, so kann der Richter, statt der nochmaligen Beeidigung, den Zeugen die Richtigkeit seiner An-sage unter Berufung auf den geleisteten Eid versichern lasse». 8- 126. Dcr gemäß 8 125 erlass.!».' Haftbefehl ist auszuheben, wenn nicht binnen sechs Wochen nach Vollstreckung desselben die erfolgte Erhebung dcr öffentlichen Klage zur Kenntniß des Amtsrichters gelangt. Bei Uebertretungen, niit Ausnahme der in den 8- 96l Nr. 3 und 4 des Strafgesetzbuchs vorgesehene», beträgt die Frist zwei Wochen. 8- 140, Abs. 3. In den Fällen des Absatzes I und des Absatzes 2. Nr. 1 ist dem Angeschuldlgten, welcher einen Vertheidiger noch nicht gewählt hat. ei» solcher von Amts wegen ju bestellen» sobald die Eröffnung des Hauvtversahrens be- schlossen ist. In dem Falle des Absatzes 2 Nr. 2 ist dcr Antrag binnen einer Frist von drei Tage» nach der Bekanntmachung des ErüffnungSbeschlusjeS zu stelle». 8- 176. Absatz 2. In denjenigen Strasiachen, welche zur Zuständigkeit der Land gerichte gehören, findet die Voruntersuchung statt, wenn die Staatsanwaltschaft dieselbe beantragt. 8- l8l. Gegen den Beschluß des Gerichts, durch welchen der Antrag der Staalsauwaltschast aus Eröffnung der Voruuteriuchung abgelehnt worden ist, sinder sofortige Beschwerde statt. 8- 214. Die Anklageschrift und der Beschluß über die Eröffnung des Hauplversahrens sind'dem Angeklagte» sväleslcns mit der Ladung zuzustcllen. 8- 229. Bleibt der gehörig geladene An- geklagte ohne genügende Eiiilchiildigulig nus, io kan» das Gericht zur Haupiverhandlung schreiten, falls dcr Angeklagte in der Ladung aus die Zulässigkeit dieses Versalireus ausdrücklich hingewicie» worden ist und das Gericht die Anhörung desselben zur Ausklärung der Sache nicht für erforderlich erachtet. Auf das Verfahren vor dem Schwurgericht und dem Reichsgericht findet die Bcniiiiiunug des Abiatz l nichl Anwendung. Gegen den ohne genügende Entschuldigung ausgebliebenen Angeklagten kann das Gericht einen Vorsührungs. besehl oder einen Hastbeiehl erlassen. 8- 230. Abs. 2. Entfernt der Angeklagte sich denmach oder bleibt er bei der Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus. io kann diese in seiner Ab- Wesenheit zu Ende geführt werde». Für die Hauvlverhaiidlung vor dem Schwurgericht und dem Reichsgericht gilt dies nur dann, wen» die Vernehmung deS Angeklagten über die Anklage schon erfolgt war und das Gericht seine sernere Anwesenheit nicht sür erforderlich er- achtet. 8- 232. DaS Gericht kann aus Antrag, wie von Amis wegen einen Angeklagten, welcher erklärt, daß er wegen großer E»E"rn»ng seines Aufenthaltsorte- in dcr Hanptoerhandlung nicht e> cheinen werde, durch einen eriuchteu oder beauftragten Richter über die Anklage vernehmen lassen. Von dem zum Zweck der Be» nehmung anberaumlen Termine s nd die Staalsauwaltsctiast und der Vertheidiger vorher zu benachrichtigen; ihrer Anwesen- beit bei der Vernehmung bedari es nicht. DaS Protokoll über die Bern-bmung ist in dcr Hauptverhandlung z» verlesen. 8. 223. Die Vertretung eines ausgebliebenen Angeklagten durch einen Vertheidiger ist nur zulässig, wenn die den Gegenstand der Untersuchung bildende That nur mit Geldstrafe, Hakt oder Ein ziehung, allein oder in Verbindung mit einander, bedroht ist. Der Vertheidiger bedarf zur Bertrelung schriftlicher Vollmacht. 8- 234, Abs. 2. Hatte jedoch der Angeklagte die in 8 232, Abs. 1, vor gesehene Erklärung abgegeben, oder hatte derselbe von dcr Besugniß, sich vertreten zu lassen, Gebrauch gemacht, so findet eine Wiederein setzung in den vorigen Stand «icht statt. 8- 244. In der Haupt verhandlung vor dem Schwurgericht und dem Reichsgericht ist die Beweisaufnahme aus die sämmtiichen vorgeladenen Zeugen »nd Sach verständigen. sowie nus die anderen herbeigeichafften Beweismittel zu erstrecken. Bon der Erhebung einzelner Beweist kann icdocv abgesehen werden, wenn die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte hiermit einver standen sind. In Sachen, welche nicht vor dem Schwurgericht oder dem Reichsgericht verhandelt werde», bestimmt das Gericht den Umjang der Beweisaufnahme, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder srühcre Beschlüsse gebunden zu sein. 8- 273., Abs. 2. Ans der Hauptver handlung sind außerdem die wesentlichsten Ergebnisse der Verneh mungen in das Protokoll aufzunehmen. 8. 354. Die Berufung findet statt gegen die llrtheile der Schöffengerichte und gegen die llrtheile der Strafkammern in erster Instanz, ß. 358. Die Berufung muß spätestens binnen einer Woche nach Ablaus der Frist zur Einlegung de- Rechtsmittel- oder, wenn zu vieler Zeit das llrtheil «och nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung bei dem Gericht erster Instanz zu Protokoll deS Gerichtsjchreiber« oder in einer Beschwerdcschrift unter Ausstellung bestimmter Be- schwerdepuncte gerechtfertigt werden. Dieser Bestimmung ist genügt, wenn die Erklärung de- Beschwerdeführer- klar erkennen läßt, ob er die die Schuldsrage betreffende Entscheidung oder mir einen an dere» Theil des UrtheilS umfaßt. 8.360. Abs. 1. Ist die Berufung verspätet eingelegt oder eine Rechtfertigung derselbe» »icht rechtzeitig ersolgt, so hat das Gericht erster Instanz da- Nechtsmulel als uu zulässig zu verwerfen. 8- 361, Abs. 1. Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt und gerechtfertigt, so hat der Gerichlsschreiber die Acte dcr Staaisanwallschaft vorzulegen. Diese stellt, wenn die Berufung von ihr eingelegt ist, dem Angeklagten die Schriftstücke über Einlegung und Rechtfertigung der Berufung vor. 8- 963, Abs. 1. Erachtet das Berusuiigsgericht die Bestimmungen über die Einlegung oder über die Rechtfertigung der Berufung nicht sür beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß al- unzuläffig verwerfen. Andernfalls entscheidet re über dasselbe durch llrtheil. 8- 974. Die Revision findet statt gegen die Urtheile der Strafkammer in der Berufungs instanz, gegen die Urtheile dcr Sliasbcruiungskammcra und gegen die llrtheile der Schwurgerichte, 8- 399,5, wenn neue Tyatiachcn oder Beweismittel beigebracht sind, aus welche» sich die Unschuld des Berurtheiltru, sei es bezüglich der ihm zur Last gelegten Ihat überhaupt, sei es bezüglich eines die Anwendung eines schwere» Strafgesetzes begründenden Umstandes ergicdt. Im letzteren Falle ist jedoch die Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sosern ungeachtet dcr Anwendung eines anderen Strafgesetzes die erkannte Strafe zulässig und angem.ssen erscheint. Artikel IV. In die Ltrasproceßordnung werden noch folgende Paragraphen eingeschaltet: 8-56». Das Gericht darf die Beeidigung eiiies Zeugen uiiierlasseii, wenn die Aussage desselben sich nach richlerlicher Ueberzeugiing als offenbar unglaubwürdig darstellt. 8- 273a. Ersolgt die Beobachtung der vorgeschriebene» Förmlich keiten nach Ansicht der bei der Verhandlung Betheiligten i» mangel hafter oder ungenügender Weile, so sind die letzteren berechtigt, die Feststellung des Vorganges und dessen Ausnahme i» das Protokoll zu verlangen. 8- 4t3». Wird im Wiederausnohiiieversahren aus Freisprechung erkannt, so ist aus Verlangen des Vrurtheilten und im Falle deS 8 4l1 aus Berlangen des Antragstellers die Aus hebung des früher ergangenen Unheils durch den „Demichen Reickis- anzciger" bekannt z» machen; auch kann nach deni Ermessen des Gcrich!» die Bekanntmachung in anderen öffentliche» Blättern erfolgen. Artikel V. hebt die 83. 23. Abs. 3.. 199., 206. Abs. 2., 251., 359., 370., 380.. 411. Absatz 2., 4. der Stralproeeßordnung aus. In Artikel VI. ist der Termin der Iiikrasltii-tung des Gesetzes offen gehalten und werden einige Uebe>gnngsbest>niiuuiige» ausgestellt. Artikel VII. ermächtigt den Reichskanzler zur Public«ru»g de- veränderten Textes der beiden Gesetze. Die Begründung lcmlel iin Allgemeinen: „Die Strasproceßordnung vom 1. Februar 1877 hat schon bald nach ihrem Inkrafttreten vielfach eine ungünstige Kritik er. fahre», ja nichl wenige ihrer Vorschriften sind sowohl in den Kreisen der Fachmänner, wie in denen von Laien lebhaft angesochtcn worden. Dieser Umstand gab schon vor längerer Zeit Anlaß, der Frage näher zu treten, ob cs nicht angezeigt erscheine, eine uni- sassendc Revision des genannten Gesetzes in Angriff zu nehmen. Zu einer das ganze Gejetzgebungswerk ergreifenden Reform icheint indessen, da seit dem Inkrafttreten desselben erst wenige Jahre verflossen find, der Zeitpunkt »och nicht gekommen, und der vorliegende Entwurf hat sich deshalb die beschränktere Ausgabe gestellt, die bessernde Hand nur an einzelne Bestimmungen des Gesetzes zu legen. Vor Allem beabsichtigt derselbe, eine Aenderiing des bestehenden Systems der Rechtsmittel durch Ei»- suhrung der Bcrusnng gegen die von den Strafkammer» in erster Instanz erlassenen llrtheile herbeizuführen. Wiederholt ist der Reichstag mit Anträgen in dieser Richtung besaßt ge wesen, und eS haben dieselben dort eine lebhafte Bcsürwortung geiunden. Einer solchen Thatsache gegenüber werden die gcsetz- gebenden Gewalten ihre Augen nicht verschließen dürft»; und dcr vorliegende Entwurf Hai sich deshalb die Ausgabe gestellt, die Be rufung gegen die Ttraskammcrurtheile in das bestehende Verjähren emzusügen. Die Aenderung des Processes macht es aber zugleich erforderlich, über das Gebiet dcr Strasproceßordnung hinaus in das Gebiet des GerichtSverfaffungsgesetzes hinüber zu greisen. Denn eS müssen Bestimmungen über die Organisation der Berufungsgerichte und über de» Jnslauzenzug getroffen, bezw. die vorhandenen Bc- stimmungcu modificirk werbe». Außerdem ist nicht nur das Ver fahren zweiter Instanz anders zu regeln, sondern eö sind auch eine Anzahl Vorschriften zu niodificircn, welche zwar das Versahren in erster Instanz betreffe», deren Ausnahme i» die Strasproceßordnuiig jedoch nur deshalb ersolgt ist. um das Fehlen einer Bcrusungs- instanz m Slrafkamiiiersachen auszuglcichen und de» hieraus elwa enispriugendc» Gcsahrc» vorzubeuge». Hiermit würde dcr Kreis der durch die Eiuiührung der Berufung bedingte» Abänderungen und Ergänzungen des Gerichtsverjasjungsgesetzes »nd der Straf- proceßordiiunq an und sür sich abgegrenzt lein. Es erscheint in- deß angemessen, die Vorlag- zugleich ain einzelne Punctc mit zu erstrecke», welche durch die Einführung der Berufung nichl unmittelbar ergriffen werden. Die Strakvroceßordiiimg eniläli nämlich eine Anzahl Bemmmungen, Uber deren Unzmeckmajjigieil sich icho» letzt ein abschließendes llrtheil gebildet hat, und unter diese» sind sogar einige, deren Abänderung sich als dergestalt dringlich darstellt, daß es seklerhast wäre, dieselbe bis z» einer späteren allgemeinen Revision der Strasproceßordnung ausznlchieben." Nach diesen, den allge meinen Charakter der vorliegenden Novelle motivirendc» Bemerkungen wird zur Begründung der Einzelbestiniinnngen des EnlwursS ge schritten. —. Ein Leipziger Gelehrter in Lern. II. 8§. Als wir vor einiger Zeit im „Leipziger Tageblatte" den glücklichen Theaterersolg berichteten, den das Drama „Wieland und Julie Bondeli" von Fra» Bicli-Gelpke in Bern davongclragcn hat, wußten wir nicht, wie nahe »ns Leipziger diele Dichterin angeht. Ihr Valer wurde am 8. April 1867 in Breikenscld geboren, »nd dieser im Anstande hochgeachtete Gelehrte ist bei uns vielleicht ebcn- io wenig bekannt, als es bisher seine dichterisch so hochvegabte Tochter gewesen war. Ernst Friedrich Gelvke war unter den ersten Professoren, die an die am 15. November 1834 gegründete Berner Hochschule berufen wurden, »nd bat daselbst bis an sein Lebensende, im Ganzen 37 Jahre, gewirkt. I» seine Kindheit fiel die Leipziger Tchlachl; als bas Heer der Verbündeten gegen Napoleon heranrucklc, mußte er als scckisjävriger Knabe mit der ganze» Familie flüchte». Dcr großartige Anblick der KricgShecre, schreibt seine Tochter von ihm, der betäubende Donner der Kanonen, die ansstcigeiiden Feuersäulen der in Brand geschossenen Dörfer machten aus das poetische Gemüth des Knaben einen iolchen Eindruck, daß er als Mann demselben in seiner Trilogie „Napoleon" Ausdruck gab; es ist ein dramatisches Epos in drei Theile», von dem aber nur der erste: Der Brand von Moskau, und der zweite: Die Völkerschlacht bei Leipzig, in Burg- dors bei Langlois 1854 erschienen ist. Der hiesige Verein zur Feier des 18. October sollte sich dafür interessiren. E. Fr. Gelple, dessen Vater nachher in Wermsdors Pastor wurde, be- suchte die Fürsteuschule zu Grimma und studirte dann Theologie i» Leipzig und in Berlin: hier zogen ihn besonders Neander und Tchleiermachcr an. Er widmete sich der akademischen Carriöre; er ward Privatdocent in Bonn und gab hier 1834 bei Weber leine „Evangelisch- Dogmatik" heraus. Aus Grund derselben wurde Gelpke als außerordcnllicher Professor nach Bern berufen, wo er mit Lutz, Schneckenburger und Hundeshagen wirkte. Pfarrer Otto von Greyerz hat in seinem Nekrolog 1871 die Thätigkeit dieser vier Prosessorea die Blüihezeit der theologische» Facultät Berns genannt. Gelpke trug zuletzt ausschließlich Kirchengeschichlc vor; von ihm erschienen folgende Werke: Ueber die Anordnung der Erzählungen in den synoptischen Evangelien. Bern. Huber, 1839. — Jugendgeschichte des Herrn. Bern. Dalp, 1841. — Kirchengcschichte der Schweiz. Bern, Dalp, I. Theil 1856, II. Theil 1861. — Christliche Sagengeschischtc der Schweiz. Bern, Dalp. 1862. — Drei Erzählungen aus der Kirchen- aejchichie. Bern, Haller, 1868. — Die kirchliche Bewegung lr» Lanton Waadt von I8A1—1849. Im Jahr 1835 hatte er sich mit Fräulein Marie Emmert ver- heirathrt, der Ehe entsprossen zwei Kinder. Seit 1840 lehrte Gelpke auch die deutsche Sprache und Literatur an der dortigen Mädchen schule, ja übernahm a»ch noch Vorlesungen über Logik und Psychologie cm höheren Gymnasium. Später gedachte er in das Psarramt überzuqehen: als er jedoch 1847 einen Ruf al- Pfarrer in das Louterorunneuthal erhielt, ernannte ihn die Berner Regierung, um ihn jestzuhalt«», zum ordentlichen Professor der Kirchrngeichichte. Jetzt gab er sein» Lehrtätigkeit an den Schulen aus, um sich ganz seiner neuen Stellung zu widmen. Die schweizerische Kirchengeschichlc war bisher noch wenig bebaut worden, ihr widmete sich Gelpke besonder«; leider ereilte ihn der Tod, ehe er srin Werk bi- zur Reformation sortgesührt hatte. In reliqiöier Beziehung war Gelpke BerinitlelongStheoioge; „aber die Liebe ist die qrößeste unter ihnen", an dielen, Spruch des Apostels j Paulus hielt er fest, er strebte »ach wahrer Humanität. Er glaubte ' dasür als Freimaurer wirken zu können nnd trat in di- dortige Loge, wo er bald Großmeister wurde und bis zu seinem Tode blieb. Es vereinigte sich in ihm philosophische Tiefe, dichterische Phautosie und warmes Gemüth; viele Züge seiner aufopfernden Liebe sind «st nach seinem Tode bekannt geworden. Wie man aus dem Gesagten ahnen kann, war Gelpke auch belletristisch thätig; außer der erwähnten Trilogie hat er Folgendes herausgcgebcn: der Grimftlbrand im Jahre 1852. Bern, Haller, 1858. — Das Gedicht „Emma" im Berner Taschenbuch 1869. — Jnterlake» in historischer, klimatischer und ästhetischer Beziehung. Bern, Haller, 1870. — Ein Drama mit Gcsaug „Luther's Ring" ist leider Mannjcript geblieben. Aber nicht nur das gelehrte Leipzig, auch da- musikalische darf sich sür unseren Landsmann iateresstron. Ohne je Llovier- unterricht genossen z>, haben, lernte er das schwierige ^ckur-Rondo von Hummel, lediglich, weil ein Mitschüler von ihm in Grimma dies als eine Unmöglichkeit für ihn dargestalt hatte; denn „der Mensch kann Alles, was er will", war sein Spruch. UebrigenS hatte er ein bedeutendes Talent sür Musik und pflegte eS, wenigstens theoretisch durch Generalbaßstudien. Er war im Stande, Partituren zu lesen und zu beurtheileo, weshalb namhafte Künstler ihm solche zur Durchsicht einsandten. Sem zweiter Wahlspruch war da» stoische Wort: „Schmerz, du bist kein Schmerz"; die heftigsten körperlichen Leiden hielten ihn nicht ab, seine Pflichten za erfüllen. Als ihn schon dcr Tod bedrohte, gab er, trotz dcr Bitten der Seinige», ja der Studirenden, seine Vorlesungen nicht eher aus, als bis er ste zu gedeihlichen, Abschluß gebracht hatte. Drei Monate spät«, am I. September 1871, Mard er von seinen Qualen erlöst. Die Züricher Universität hatte ihm einige Jahre vor seinem Tode das Ehrendiplom eines „DoctorS der Theologie" ertbeilt. In Leipzig scheint dcr edle, gelehrte Mann vergessen zu sei». Wir habe» es daher sür eine patriotische Pflicht gehalten, sein Gedächtniß in seiner Heimalh zu erneuern, und sind dabei der von seiner Tochter versaßle», in Bern gedruckten Biographie gefolgt. Eine Art dichterischer Nachruf an den Verstorbenen liegt uns handschriftlich in einem dramatischen Gedicht vor, zu dem deS Vaters Trilogie „Napoleon" die Tochter begeistert hat; es heißt „Die Tochter des Gouverneurs oder Moskau und Leipzig. Trauerspiel in 5 Acten von Marie Bach-Gelpke", die Dichterin hat es der Stadt Leipzig zur Erinnerung an den 18. October 1813 gewidmet, der in dcr Seele ihres Vaters einen so tieft» Eindruck hinterlassen batte. Wir haben die Hoffnung, daß dies Werk von der Leipziger Bühne nicht verschniäht werden wird; ist es doch gewissermaßen, durch die Erin nerung des Baters der Dichterin, ein unmittelbarer Reflex jener ScvreckenStage. Wir wollen daher dem künftigen Eindruck von dcr Billine nicht vorgreifen und erwähne» nur. daß darin Napoleon selbst, Rostopschin, Poniatowsky und sächsische Generale austrete», letztere nur in einer Epilode des Kampfes, die aber durch ihren deutich-patriotischen Ton die Herzen ergreift. Die Sprache erinnert an „Wallenstein's Lager"; wir theilcn zum Schluß daraus folgende Verse mit. Ein sächsischer Soldat spricht: Sind wir nicht Sachsen mit deutschem Gemüth, Bon Liebe sür's Vaterland nicht durchglüht? ... Ein kleines Bölkchcn sind wir nur, Doch geht durch Sachsen Gottes Spur. Ihr könnt'- in der Geschichte lesen. Das Herz von Deutschland ist'- gewesen. Kennt ja den Luther und Friedrich den Weisen, Den Moritz und wie sie Alle heißen; — Das Herz ist auch ein Ding, nicht groß. Und doch keimt's Leben in Feinem Schooß; Jetzt nun, wo Deutschland vom Boden sich hebt. Wo die Freiheit wieder die Fluren durchschwebt, Da Helsen wir noch die Brüder schlachten. Die der Freiheit ihr Leben zum Opftr brachten ? Wir kämpfen forthin sür'S Vaterland, An dc>S on- kettet da- heiligste Band! Entscheidungen des Reichsgerichts. (Abdruck ohne Angabe dcr Quelle wird gerichtlich verfolgt.) Eine alle Gold- und Silberwaareii-Händler intcrejsirende Entscheidung bat das Reichsgericht, I. Strafsenat, am 9. October v. I. in der Strafsache wider de» Fabrikanten B. zu B., welcher vom Landgericht wegen Betrugs verurtheilt worden, gefällt. Als Thot- bestand hat dasselbe ausgeführt: Der Waldarbeiter Wagner in C. habe von dem Angeklagten aus Grund der Preisliste desselben im Jahre 1883 silberne Löffel bezogen, nämlich ein Dutzend Eßlöffel, ein halbes Dutzend Gemüselöffel und acht Dutzend Kaffeelöffel, worüber die Rechnungen deS Angeklagten dem Wagner zugegange» und von letzterem bezahlt worden seien. Die sämmtiichen Löffel hätten den S'lberstempe! 800 getragen, wodurch beurkundet worden, daß in 1000 Theilcn 800 Theile Feinsilber und 200 Theile Legirung enthalten seien. In Wirklichkeit lei aber der Feinsilbergehalt dcr Löffel ein geringerer und nur ei» Stempel vo» 750 begründet gewesen,wodurch constatirt worden sein würde, daß in 1000 Theilcn 750 Tbeile Fein- silbcr enthalten seien. Das Gesammtgcwicht der Löffel habe 1761 Gramm betrage». Da sür ein Gramm Silbcr bei einem Feingehalte von 7500000 -- 12löthig —13Pfennig, bei einem solchen von 800/1000 --- 13lött,ig — 15 Pfennig zu bezahlen gewesen, so betrage die Differenz in, Preise sür jene drei Löfftllieserungen, je nachdem sie 750 oder 866 Thcilc Feingehalt enthielten, im Ganzen 35 Mark 22 Pfennig. D«e Sachverständige» hätten zwar nnerkaniit, daß der Gesammtprcis der drei Lieferungen dem wirklichen Werth entspreche, der Gold arbeiter Wagner habe aber versichert, er würde, wenn er gewußt balle, daß die drei Lieserungen nicht den aufgestempelten Feingehalt vo» 800 gehabt, dieselbe» nicht angenommen haben; er habe übrigens die Löffel bis aus drei Stück? sämintlich verkauft; unter Umständen habe er jedoch Regrcßansprüche der Käufer zu gewärtigen. Bei dieser Sachlage und wenn man erwäge, das; eine solche Stem pelung als die Gewähr deS betreffenden Feingehalts betrachtet werde, gelange da» Gericht zur vollen Uebeuzcugung, dnß Angeklagter im vollen Bewußtsein, daß den fraglichen Lieserungen nur der Stempel 756/1006 gebühre, um den Wagner über den Feingehalt zu täuschen und dadurch den Absatz dcr Waare sich zu sichern, den Stempel 860/1666 aufgedrückt, den Wagner wirklich hierdurch getäuscht und hicrdurch zur Annahme »nd Zahlung der Waare bestimmt habe, und zwar zu einem, wie dem Angeklagten wohl bewußt gewesen, Preis vo» 2 zu viel, was eine Tololiumme von 35 .cL 22 ausmache. Die vom Angeklagten erhobene Einwendung: in Wirklichkeit sei Wagner nicht geschädigt, treffe nicht zu, denn Wagner habe zu dem stipulirte» Preise eine Waare von 866 Theilen Feingehalt zu bean spruchen, während er eine minderwerthige zu 750 erhalten habe. Io Folge der von dem Angeklagien gegen die Berurtheilung eingelegten Revision hat das R.-G. die landgerichtliche Entscheidung unter folgender Begründung aufgehoben. Es ist zwar außer Zweifel, daß der Angeklagte Löffel mit 750 Theilen Feinsilber, also l2löthiges Silber, als angeblich 800 Theile Feinsilber ent- haltendes, sonach als 13löthigeS Silber, geliefert hat, allein über die nach Lage der Sache hinsichtlich des Thalbestands des Betrugs entscheidende Frage, was von dem Angeklagten nach dcr von ihm accevtirten Bestellung zu liefern und von Wagner zu be- anspruchen war, ob 13lüthiges Silber mit 800 oder 12lüthigeS Silbcr mit 750 Theilen Feinsilber, fehlt eine genügende Feststellung. Aus den vom Angeklagten ausgestellten Rechnungen erqiebt sich nun aber unzweifelhaft, daß Wagner sür das Gramm iabgesehen von der „Fayon") nur 13 Pfennige, sonach den Preis de- 12löth>gen Silbers mit 750 Theilen Feingehalt bezahlt hat. Es wäre nun zwar an sich denkbar, daß der Angeklagte sich verbindlich gemacht haben könnte, 13lüthiges Silber mit 800 Theilen Feingehalt sür den Preis von 13 Pfennige sür das Gramm zu liefern, allein sür diese Annahme fehlt eine zureichende Feststellung. Vielmehr spricht die sestgestellte Thatsache, „daß für 1 Gramm Silber bei einem Feingehalt von 750/1600 12 löthig — 13 /H, bei einem solchen von 800/1000 ---- 13Iöthig — 15 ^ zn bezahlen waren", in Verbindung mit der Ibatiachc, daß nur 13 von dem Angeklagten berechnet und von Wagner bezahlt worden sind, für di« Unterstellung, daß der Angeklagte sür den fraglichen Preis auch nur ISlöthiges Silber zu liefern hatte. Mit diesen aus den Urtheiltgründcu sich ergebenden Thatsachen steht die spätere Feststellung: „Wagner habe zu dem stipulirren Preise eine Waare von 800 Theile» Feingehalt zu beanspruchen gehabt, während er eine minder- werthige Waare zn 750 erhalten", in einem unlöslichen Wider- spräche. Würe non, was im Hinblick aus den widersprechenden Inhalt der Urtheil-gründ« nicht au«gkschlosscn ist, nach der Verein barung der Betheiligten 12Iöthige- Silber mit 750 Theilen Fein- geholt um 13 für das Gramm zu liefern gewesen, so könnte vo» einer Vermöge»sbejkhüd'guii-r »ick! die Rede sein, denn