Volltext Seite (XML)
thete er ein junges rasches Mädchen, allein auch dieses starb, nachdem sie ihn mit einem Töchterlein beschenkt hatte. Da man nun an süßen Dingen sich leicht den Magen zu ver derben pflegt, so gelüstete Herrn tUio.-i nicht förder nach den Süßigkeiten des Ehestandes; er blieb ein Wittwer, und zankte sich lieber mit Haushälterinnen herum, bis seine Tochter Elisabeth erwachsen war, und selbst die Wirth- schast führen konnte. Sie wurde ein rühriges Mädchen, war selbst fleißig und thätig, und hielt die Mägde in so strenger Zucht, daß sie nur in der Stube mit den Schlüsseln zu klap pern brauchte, um die Geschwätzigen von der Hausthür hinweg in die Küche zur Arbeit zu jagen. Dabei war sie aber doch sanftmüthig und so liebreizend, daß sie weit und breit nur die schöne Else hieß. Sie folgte ihrem Vater bei der Prozession, und trug einen gro, ßen Deutel voll Pfennige, aus dem sie rechts und links der Armuth spendete. Mancher böse Schuldner vergaß den Kellermeister über das Anschaucn seiner schönen Tochter zu grü ßen, und selbst von den ehrwürdigen Herren vom Rathe drehte hin und wieder einer den Kopf zurück, um in Elsen s schöne Augen zu sehen. Aber das gelang nicht; denn sie hef tete den Blick sittsam auf den Boden, und wenn sie einmal einen Bekannten grüßen mußte, so schlug sie nur scheu das Auge auf, und senkte cs schnell wieder, als fürchte sie, mit ihren Blicken zu verwunden. Daraus kann der geneigte Leser beiläufig schließen, daß diese wahrhafte Geschichte sich vor geraumen Zeiten zugctragen hat. Denn heutzutage sind die Mägdlein doch etwas sehr anders. Und es begab sich, daß ein junger Bursche der die schöne Else wohl hundertmal schon gesehen, sich heut in sie sterblich verliebte, da sie ihm noch nie so reizend erschienen war. Wie betäubt, und mit offenem Munde starrte er noch eine Weile nach der Kirchthnr hin, wo die liebliche Gestalt ihm entschwunden war; aber bald besann er sich, und drängte sich mit Gewalt durch die Menge in die Kirche hinein. Er war glücklich genug, sich einen Platz zu erobern, von dem aus er den Ge genstand seines Herzens scheu konnte. An dächtig starrten seine Blicke nicht nach dem Altar sondern nach dem Nahtcstuhle, wo Eli sabeth an der Seite ihres Vaters einen Ehren platz cinnahm, und er war in ihrem Anschaucn so vertieft, daß er bas Glöcklcin nicht ver nahm, welches die frommen Christen zum Nicdcrkniccn rief, so daß des Kirchendieners Stab erst tüchtig seine Schultern berühren mußte, bevor er ein Gleiches that. Das Hochamt war vorbei, die Versamm lung ging auseinander, und auch Islias ssüss- loi» verfügte sich mit seiner schönen Tochter nach Hause. Der arme Verliebte schlich lang sam hinterher, und war wirklich so glücklich, noch einmal in Elsens blaue Augen zu sehen; denn ehe sie in die runde, mit Weinlaub um rankte Thur des Rathskcllers einging, sah sie sich noch einmal freundlich um. Unstreitig hat dieses nochcinmalige Zurückblickcn irgend eine geheime Bedeutung in den Mysterien der ganzen Mädchenwelt, — Mystricn, von denen alle Philosophen der Welt ihre Nase lassen mögen, denn in diesem einzigen Punkte sind ihre schönen Inhaberinnen verschwiegen. Unser Verliebter, der ein sehr unerfahrner Mensch gewesen sein muß, war einfältig ge nug, diesen Blick auf sich zu beziehen. Er umschlich den Rathskcller von allen Seiten, um, wo möglich, noch einen dieser kostbaren Blicke zu erhaschen Da sich aber Niemand an den Fenstern sehen ließ, so setzte er sich auf einen Stein, dem Hanfe gegenüber, baute Luftschlösser, — ein Geschäft, welches, Na mens aller armen Teufel sei Gott dafür gedankt, zunft und steuerfrei ist — und war bald im Geiste der schönen Else Ehegespons, und ein reicher Mann. Wir, die wir nicht verliebt sind, wollen doch aber den Grund, auf den er seine Hoffnungen baute, etwas genauer un tersuchen, und uns deshalb mit ihm selbst