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liegen in dem Verhaltniß, in welchem ich zum Hofe stehe. Sie werden es langst wissen denn es ist za dem Lande nicht unbekannt. Ich werde Sie einer Dame vorstellen, die Sie malen sollen. Sie werden morgen durch einen vertrauten Diener ihre nöthigcn Sachen erhal. ten. Sie wissen genug, Werner! Von Ihnen wird es abhängen, ob sie sich meiner Huld und Gnade stets in gleichem Maße erfreuen dürfen." Fast ohne zu athmen hatte ich dem Prinzen zugchört; ich konnte als er schwieg, kein Wort sprechen; aber ich wagte cs, seine Hand zu ergreifen und sie an meine Lippen zu drucken. Er ließ cs zu und sah mich mit einem Blicke an, der die Tiefen mei, ncr Brust zu erforschen schien; dann lächelte er zufrieden, ritt einige Schritte voraus und versank in ein tiefes Nachdenken; ich folgte ihm schweigend, in einer angenehmen und bangen Aufregung zugleich. — Der Waldpfad wurde jetzt so dicht, daß ich den heiteren Morgenhimmel über uns nicht mehr sehen konnte; plötzlich wurde cs lichter und ich sah in einiger Entfernung ein reizendes Landhaus, wohin der Prinz schnell den Lauf seines Pfer. des richtete. Bald hatten wir cs erreicht und stiegen vor dem Thorwcge ab. Ein alter Diener begrüßte uns freundlich, nahm uns die Rosse ab und führte uns in den Hof. Mit der gespanntesten Erwartung folgte ich dem Prinzen in ein Zimmer des unteren Stockwerks. Ich blieb im Dorgemach, wahrend er in ein angranzcndes Cabinet ging. Bald darauf hörte ich ihn mit einer Dame italienisch sprechen, und nach der Stimme zu urthcilcn mußte die Sprccherinn noch sehr jung fein. Jetzt wurde ich gerufen! Zitternd betrat ich das Cabinet, und während ich mich vor ei nem Ideale der Schönheit und Anmnth in tiefster Ehrerbietung verbeugte, sagte der Prinz.- „Maria, ich stelle Ihnen hier einen jungen Mann vor, dessen Streben nur dahin geht, sich Ihres und meines Vertrauens würdig zu zeigen. Möge Gott geben, daß wir in ihm einen wackeren und treuen Freund haben, denn dessen bedürfen wir mehr als irgend Jemand." Die Dame begrüßte mich mit freundlichen Worten und versprach mir, durch den Prinzen über den Zweck meines Hierseins unterrichtet, recht geduldig zu sitzen. Auf einen Wink des Prinzen entfernte ich mich, erhielt meine Woh nung angewiesen und hatte hier in der Ein samkeit Zeit genug, über die ganze Begeben heit ungestört nachzudcnkcn. Sprache und Gesichtsznge der Dame ließen mich in ihr eine Italienerin!! vermuthen; sic konnte höchstens achtzehn Jahr alt, und mußte wie es ihr An stand deutlich kund gab, von vornehmer Ge, burt sein. Daß sie mit der Stiefmutter des Prinzen in gar keiner Verbindung stand, wollte mir schon deshalb nicht einleuchtcn, weil sie so verborgen lebte. War sie vielleicht die Braut des Prinzen und entsagte aus Liebe zu ihm den Freuden der großen Welt? Ich sann vielfach darüber nach, ohne nur auf eine halt, bare Vcrmukhung zu stoßen. So war mir der Tag vergangen; ich hatte den Prinzen nicht wieder gesehen, und ging eben bei dem hcrannaheudcn Abend in dem Park des Land hauses spatzieren, als er auf mich zu kam und sprach: „Als Beweis meines Zutrauens zu Ihnen übergebe ich Ihnen diese Blätter; sie enthalten eine Begebenheit aus meinem Leben, welche mit der Dame, die Sie malen werden, in dem engsten Zusammenhänge sieht. Lesen Sie dies Papier durch, und geben Sie cs dann an mich zurück. Es kann die Kcnntniß dessen, was diese Blätter enthalten, vielleicht einen günstigen Einfluß auf die Ausführung des Portrails haben." — Ucberrascht und er freut zugleich eilte ich auf mein Zimmer und las die Papiere. Sie enthielten ungefähr Folgcndes- (Fortsctzung folgt.)