Volltext Seite (XML)
erstaunte; die Landschaftsmalerci war meine schwächste Seite, und was ich bis jctzt darin geleistet, konnte in der That nur für höchst mittelmäßig gelten. Ich gestand dies offen meinem väterlichen Schützer, indcß ob er gleich das Bckenntniß meiner eigenen Schwäche als wahr einräumte und dies dem Prinzen auch unverhohlen mitgcthcilt, so war doch die Wahl desselben unveränderlich geblieben, und ich hatte demnach nichts zu thun, als mich in seinem Befehle zu fügen. Ein eigenhändiges, herablassendes Schreiben des Prinzen sprach sich über sein Begehren noch deutlicher aus; er bestimmte mir den Tag der Reise, befahl mir, mich darauf vorzubereiten und riß mich dadurch aus meiner großen Vesorgniß, daß er mir auftrug, den Miniatur-Apparat mitzu nehmen. Die Reife des Prinzen, wie ich hieraus schloß, hatte also einen andern Zweck, als sich die Ansichten schöner Landschaften zeichnen zu lassen; ich zerbrach mir den Kopf und muß gestehen, daß mich eine gewisse bange Freude auf ein Abentheuer erfüllte. Der Erb prinz erfreute sich übrigens der Liebe aller Unterthancn, und wenn ich gleich bis jetzt dem Hofe ganz entfernt stand, so hatte ich doch längst in Erfahrung gebracht, daß er mit seiner Stiefmutter, einer geborenen italienischen Prinzessin, die durch affciirtc Zärtlichkeit und Jntrigue über den alten Fürsten herrschte, gänzlich zerfallen war und sich ihr nur so weit näherte, als cs der äußere Anstand unbedingt forderte. Daß sich der Prinz dieses Verhält nisses wegen mancherlei Zwang anthun mußte, war mir klar, ja cs schien mir jetzt unbezwci. feit, daß die bevorstehende, angebliche Lust reise desselben nur eine Folge eben jenes Ver hältnisses war. Unter solchen Betrachtungen erwartete ich den Tag der Abreise. Ein prinz- lichcr Lakai holte meine Sachen, und ich ward auf den andern Tag früh um 5 Uhr zum Prinzen beschicken. Herablassend, wie immer, empfing er mich; eine einfache Jagd-Chaise erwartete uns, wir stiegen ein, und ich be merkte, wie uns in einiger Entfernung ein Reitknecht mit noch einem gesattelten Pferde folgte. Was ich in Bezug meiner Verhält nisse vcrmuthct hatte, bestätigte sich sogleich; der Prinz hatte durch den Direktor meine Schicksale erfahren, und so schien mir das Vertrauen, dessen er mich würdigte, gleichsam eine Belohnung für meine überstandenen Leiden. Er sprach viel über Kunst, machte mir Hoffnung, ihn nach Italien begleiten zu dürfen, und ließ fast sichtbar merken, daß er mich zu etwas Außerordentlichem bestimmt habe, und daß es nur an mir liegen würde, den Erwartungen zu entsprechen, die er über mich, wie es schien, hegte. Ich hatte den Worten des Prinzen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit gelauscht und durchaus nicht bemerkt, daß wir uns in einem dichten Walde befanden, als der Prinz plötzlich still zu halten befahl, aus dem Wagen stieg und mir durch einen Wink zu verstehen gab, ein Gleiches zu thun. Ehe ich noch diesem stummen Befehle Folge geleistet, war der Reitknecht angckom- mcn; der Prinz schwang sich auf das leere Pferd und bedeutete mich, das zu besteigen, welches der Reitknecht so eben verlassen hatte. Er befahl den Leuten, »ach einem nahe ge legenen Jagdschlösse zu fahren, bog in einen, wenig betretenen Waldpfad ein und gab mir mit der Hand ein Zeichen, ihm zu folgen. Wir waren kaum mehrere Minuten in scharfem Trabe fortgcrittcn, da hemmte der Prinz den Lauf seines Rosses, rief mich an seine Seite und sprach: „Sie sind zwar noch jung, Werner, aber das, was sie erfahren haben, berechtigt mich zu der Hoffnung, Ihnen vertrauen zu dürfen; ich verlange des. halb keine Bcthcuerungcn Ihrer Trene und Verschwiegenheit. Der Ort wohin sie mir folgen, ist, mit Ausnahme eines Einzigen, selbst meiner nächsten Umgebung ein Geheim- niß; denn er verbirgt das Theucrsic, was ich als Mensch besitze, als Prinz nicht besitzen darf Die Gründe zu dieser Geheimhaltung