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-29-2 jungen Prinzessinnen, seinen erlauchten Schwe, siern, Unterricht im Zeichnen geben sollte. Mit herablassender Freundlichkeit gab er mir einige Verhaltungsregeln, setzte mich in den Stand, elegant zu erscheinen, und versicherte mich sei ner Gnade und seines Vertrauens. Wir kehrten in die Residenz zurück, und nach kurzer Zeit wurde ich durch den, unbe- bewußt geleiteten Direktor dem alten Fürsten und der jungen Fürstin» vorgestcllt und trat mein Amt als Zeichenlehrer der beiden Prin zessinnen an, von denen die eine dreizehn, die andere zehn Jahr alt war. Die Oberaufsicht über meine erlauchte Schülerinnen führte eine steife und ahnenstolze Ober-Hofmeisterinn, die Gräfinn von Holken, zu ihrer Gesellschafterinn aber war von der Fürstinn selbst ein reizendes, liebenswürdiges Mädchen von siebenzchn Jah ren, Antonie von Flemming, bestimmt, die als Vater- und mutterlose Waise in der ver storbenen Fürstinn eine liebende Mutter und Erzieherinn gefunden, und welche die Einzige war, die in der Umgebung der jetzigen Für stin» geduldet wurde. Antoniens blühende Schönheit und ihr ernstes und anmuthiges Wesen bildeten einen wunderbaren Kontrast zur steifen Grandezza der Gräfinn Holken, und ich hatte bald Gelegenheit zu bemerken, daß nur das Drückende der Verhältnisse den leb haften Geist Antoniens einzwangte und ihr jenen Ernst gab, an der die Zudringlichkeit der Hofleute scheiterte. Schon nach wenigen Tagen, obgleich ich mit dem Fräulein von Flemming nicht drei Worte gesprochen hatte, fühlte ich mich von der innigsten Liebe zu ihr entflammt; wachend und träumend schwebte sie vor mir, und ich war kühn genug, mir an ihrer Seite eine Zukunft auszumalen, welche mir den Himmel auf Erden bereiten sollte. Der Unterricht bei den Prinzessinnen, mehr aber noch das Portrait des Prinzen Heinrich machten mich bald bei Hofe bekannt; ich er hielt Aufträge und gewann zuletzt die Gunst des greisen Fürsten in so hohem Grade, daß er mich zum Hofmaler ernannte. Nur noch die Versicherung von Antonien's Liebe, und mein Glück wäre ohne Gränzen gewesen. In meinem jetzigen Herzenszusiande schien mir meine Lage nur peinlich, zui..al an einem Hofe, wo der leiseste Blick beobachtet wurde. Jndeß von Allen, die mir hier entgegentraten, war der alte Kammerdiener der Fürstinn, ein ge- borner Italiener, mit Namen Benedetto, der gefährlichste. Er besaß das vollste Vertrauen seiner ränkesüchtigen Gebieterin» und grüßte mich stets mit einer so wiedcrlichen Unter würfigkeit, daß ich sehr bald in ihm den vol lendeten Heuchler erkannte. Auch der Prinz machte mich in Privatuntcrrcdungen auf Be nedetto aufmerksam und empfahl mir die größte Vorsicht. So durfte ich es auch nicht einmal wagen, Antonien in meinen Blicken den Zustand meiner Brust lesen zu lassen; nichts als ihr Bildniß, das ich aus dem Ge dächtnisse gemalt und an einem seidenen Bande auf meiner Brust trug, besaß ich, und nur diesem konnte ich mein Leid klagen. Ein Zu fall ließ den Prinzen, als ich einst bei ihm allein war, Antonien's Bild sehen, verschämt reichte ich es ihm hin, eine derbe Zurechtwei sung erwartend; indes? er war freundlich, fragte mich, ob ich dem Fräulein meine Liebe gestanden, und als ich dies verneinte, ver sprach er mir seine Vermittelung und zeigte mir so eine Zukunft, vor deren Glück ich er bebte. Bald erfuhr ich durch den Prinzen, daß mir Antonie nicht abgeneigt sei; er ver schaffte mir mit dem Fräulein eine Unterre dung, und, wer beschreibt mein Glück, Anto nie wies meine Liebe nicht zurück; meine See- ligkeit hatte keine Gränzcn. Nur durch eine» geheimen Briefwechsel, und zwar unter dem Schutze des Prinzen, konnten wir uns von unserer Liebe unterhalten. Vor den Augen des Hofes blieben wir uns fremd, zumal da ich schon seit langer Zeit bemerkt hatte, wie sich der tückische Benedetto an mich drängte und jeden meiner Schritte zu bcobachten-schien