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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409108
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840910
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840910
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-09
- Tag 1884-09-10
-
Monat
1884-09
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.09.1884
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f 47Ü0 ss »och «ft» höchst bedenklicher ist, kann Li« heute noch keine Detail« über den Hergang de« Unglück- mitlheileu. La eine Beraubung nicht stattaesunden, so ist anzunehmen, daß Äannasch entweder verkannt» oder au« Rache übersallen »«den ist. Die Recherchen üb«, den oder di« Lhäter sind i» Gange. ^ Dr««d«a, 8. September. Gegen die Fabriken tzhotographischer Papiere, soweit sie im Weichbild der Stadt Dresden ihren Betrieb haben, wird neuerdings seiten« de« Wohlfahrt-Polizei energisch vorgeschritten» da die Aus dünstungen der in Fäulniß übergeaangenen Eiweißprtiparate, »io sie da« sog. »Albumin- darstellt, als aefundhrit«schädliche AK die Nachbarschaft erkannt worden sind. Eine Fabrik aus »er Striesen«, Straße ist bereit« geschloffen worden. Dem gleichen Schicksal sehen «och einige andere Fabriken entgegen, oerm Locale in geschloffener «Luserreibe liegen. In der Lhat ist der Gestank der Verfaulten Eicrsubstanzen jener Fabriken ein so fürchterlicher, daß dadurch die Nachbarschaft m unverantwortlichster Weise belästigt wurde. — Lm Sonntag Abend fand zu Ehren de« Khedive Äsmail Pascha eine glänzende Soiröe im Hause Sr. Exc. de« Kriegsminister« Grafen v. Fabrice in Dre«den statt. Der hohe Gast erschien pünktlich '/,S Uhr mit dem Prinzen Ibrahim und Gefolge und waren beide Herren in Stambulin gekleidet, mit der rothen Fez - Kopfbedeckung. Der Khedive trug den grauck oorckou de« O«mameh-Orden» mit Brillanten, welcher in tausend Farben blitzte und durch die Größe der kost baren Steine imponirte. Der hohe Gast entzückte durch seine Liebenswürdigkeit und beehrte fast sämmlliche Anwesende mit huldvoller Ansprache. Unter den Geladene» waren u. A. Hosmarschall v. GerSdorff, Adjutant Sr. Mai. de« König« von Marlotie, ReichSgras Platen nebst Gemahlin, der öster reichische Gesandte von Herbert-Rathkeal nebst Gemahlin, Gras Waldenburg, Generalkonsul Zachmann nebst Gemahlin, LegativnSrath v. Friesen, Frau v. Miltitz nebst Tochter, Eomteffc Hohenthal, Baron v. Teltan nebst Gemahlin, Eomteffe Schulenburg, Minister v. Gerber nehst Gemahlin, Frau V. Abcken uebst Tochter, Gras Seebach, Herr v. Bülow, Oberst Schweig re. Rach einem reichen kalte» Souper blieb die Gesellschaft in animirter Unterhaltung noch längere Zeit beisammen und verließ der hohe Gast nebst Gefolge scheinbar sehr besriedigt erst gegen ll Uhr die Gesellschaft. vermischtes. l'. -- Berti». 8. September. Am heuligen Vormittage empsing der Kaiser zum Vorträge den Hosmarschall Grasen Perponchcr, arbeitete init dein Wirklichen Geheimen Rath V. Wilmowöki »nd sprach Mittag« den Geheimen Hosrath Bork. — Weiter melket die .Bossische Zeitung-: Die ln rheinische» Blättern verbreitete Nachricht, daß der Kaiser de» Feldmanüvern de- 7. »nd 8. ArmeecorpS nicht veisön- lich beizuwohnen beabsichtige, weil er sich z» angegrisfc» fühle, und nur die PargLcu über die Truppe» der beiden Corps abnchmc» wolle, batte am Tonntag unter der hiesigen Bevölkerung berechtigte Unruhe über de» GesundhcitSzusiaiid deS Monarchen hervor;crnse». Scho» vom srtihen Vormittag drängte sich eine dichte Menge um da- Palais, t» der Hoffnung, den Kaiser einmal an« Fenster treten zu sehen oder anS seiner nächsten Umgebung etwas Genaue« zu erfahren. Auch bei Len, aus Mittag eingetretcne» Regen hielt die Menge geduldig unter de» Fenster» d«S Palais Srand. mell sie w 'ßte, daß der Kaiser beim Aufziehen der Wachen in der Regel sich am Fenster seine- Arbeitszimmer- z» zeigen pflegt; da ater die »rne» Wachen diesmal die Wohnung dcS Monarchen vicht passirtc», so zerstreute man sich erst, nachdem von coinpeteatcr Seile die Versicherung abgrgebc» war, daß der Kaiser sich ganz wohl befinde und bereits den Wagen zur Spazierfahrt bestellt habe. Soviel wir — so meldet »ns ei» Bericht- erstolter — haben in Erfahrung bringen können, solle» die Aerzle dem Kaiser dringend gerathen habe», sich diesmal nicht in dem Maße Wie bisher bei den alljährliche» großen Manövern den aufreibenden Strapaze» zu unterziehen, und deshalb durfte das Gerücht, daß der Kaiser sich mit einer Parade begnügen wvlle, nicht unwahrscheinlich sein. Die von den Ständen und Behörde» zu Ehren de- Kaiser- paareS und des HofcZ in Aussicht genommencn Festlichkeiten würden dadurch jedoch keineswegs in Frage gestellt werde». — Hamburg, 7. September. Zur Wandsbecker Mordaffaire ist zu melde», daß die auö dem WaudSbccker Krankenhause entwichene Ehler« in einem Hause am Börstel- mannöwcg in Hamburg, wo sie sich bisher versteckt hielt, ver haftet und nach WandSbeck zurilcktranSportirt ist, — Nürnberg, 7, Sept, In der Crzgießerci desHerrn Pros. CH. Lenz dahier sind die Modelle zweier Kolvssnlsigurc», zu einem für San Francisco bestimmte» Garsield- denkmal gehörig, angekommcn, um in Bronce gegossen zu werden. Die eine dieser Figuren ist die Portraitstatue de- Präsidcnten Garsield, welche ll m 20 cm hoch, den Präsidenten stehend im einsachen Gehrock vorstellt, während die andere Figur al» eine trauernde Muse, am Fuße de« Postament- sitzend und einen Kranz nicdcrleaend, gedacht ist; weiter schmücken da« Postament an der Neben- und an der Rückseite Reliefs, welche schon in Bronce gegossen sind. Sämmlliche Modelle sind von Herrn HapperSbergcr auS San Francisco in München modellirt und eö sind deren Auffassung und Aus führung al- äußerst gelungen zu bezeichnen. -- 2a einem „Schiller'« Photographie" über- schriebene» Feuilleton-Artikel de» „Hamburger Correspondent" finden wir die nachstehenden, dem .»Morgenblatt" vom Jahre 1837 entnommenen Mittheiliingen über Schiller an» der Feder de« württembergischrn General« von Scharssenstein, eine« Jugendfreunde« de« Dichter». Bon Schiller'« Aeußerem während seine« Aufenthalte« in der Karl« sch ule wird u. A. da« folgende, nicht gerade schmeichel hafte Bild entworfen: Wa» den Anzug betrifft, so hatten die OsficierSsöhae hellblau« eommiSluchene Westen Aermcl«; der Kragen- und Arrmel- «usschlag war von schwarzem Plüsch, die Hosen waren von weißem Tuch, der Kopfputz war ein kleiner Hut, zwei Papilloten an jeder Seite, ohne Pnder. Alles trug sehr lange, falsche Zöpfe „och einem bestimmten Maße. Der Paradeanzug hatte mehrere Abstufungen »nd zum größten Putz trug Alle- Uniformen. ES gab eine Parade »v» geringerem Grade, wobei der gewöhnliche Anzug in Gebrauch kam» aber mit vier Paptllote» an irder Seite in zwei Etagen und Puder. Da sab mein Schiller komisch aus; er war für sein Aller zu lang, hatte Beine durchaus mit den Schenkela von einem Kaliber, sehr loiighalsig, blaß, mit kleinen roth unigrenztcn Augen. Und »an dieser ungeleckte Kops voll Papilloten mit einem enormen Zopsl . . . Schon damals machte er dem Ungestüm seiner Natur in einigen verstohlenen Gedichten Lust. Diese Producte waren nicht, wie sonsten in solchem Alter debütirt wird, von weicher, sentimen taler Art, keine Expression einer von den Schönheiten der Natur ergriffenen jugendlichen Phantasie, sondern sie kündigten schon ein starke-, mit den Conventionen bereits in Fehde begriffenes Gemüth an. Krasläußerung begeisterte ihn vorzüglich, und ich erinnere mich, daß er ein gewisses damals Aussehen erregendes Benehmen von mir gegen unseren Intendanten, das wirklich etwas Feste» hatte, ln elner Ode besang, die er für sein Meisterstück hielt. Sonst batte sich um diese Zeit eine Art von ästhetischer Association zwischen Schiller, Hofen. Petersen und mir errichtet: man träumte von Druckenlassen, Jeder solle etwas machen. Schiller schrieb ein dra matische« Stück tragischen Inhalt-, Hosen einen Roma» 4 Ia Weither, Petersen ein weinerliches Lchauspiel, ich ein Ritterstück. Ich lieferte eia erbärmliche- Ding, wo nicht« als nachzepfuschte Phraseologie des Götz von Bcrlichingen anzutresfen war. Goethe war überhaupt unser Gott . . . Inzwischen waren wir durch unsere Lage getrennt »nd hatten beinahe keine Lominanicatio». Nach ungefähr anderthalb Jahren kam Schiller an- der Akademie und wurde als Regiment«. medicuS angestellt. Die Stunde, wo er auf der Parade sich präsen- ttrte, war auch di« erste de« Wiedersehens. Aber wie komisch sah mein Schiller anS! Eingepreßt in die Un.sorni, damals noch nach dem alten preußische» Schnitt, und. vorzüglich bei den Regiment-, seldschcerern, steif und abgeschmackt; an jeder Seite hatte er drei steift, vergypste Rollen, der kleine Hut bedeckte kaum den Kopsioirbek, i» dessen Gegend ein dicker, langer Zopf gevflanzt war. der lange Hak« war in eine sehr schmale, roßhärene Binde eingezwängt. DaS Fnßwerk war besonder- merkwürdig: durch den den wecken Ko- «»Ichk» ontecgelegleu A lz waren seine Beine wie zwei Lyliiber von einem -rsßeren Durchmesser al« ble kn knappe» Hosen «Inge- preßten Schenkel. In diesen Kamaschru» die ohaedieS mit Schuh wichse sehr befleckt waren, bewegte er sich, ohne die Knie recht biegen zu können, wie ein Storch . . . Die Räuber waren fettig. Nun ging« an den Accord mit einem subalternen Buchdrucker, der. dem Dinge »icht trauend, nicht auder- al< aus Schmer'- Unkosten «< drucken wollte. Diese Edition, fast Fließpapier, sah au- wie Mordgeschichten, die von Hausirern herumgetragen werden. Schiller wohnte m einem kleine» Zimmer parterre mit dem Lieutenant Sapff (tu Ostindien gestorben). Wir waren arm und hatten meistens frugale, aber durch Laune aewürzte Abendmahlzeiten, die wir selbst bereiten konnten, denn Knackwurst «nd Kartoffelsalat, da« war Alle«. (Knackwurst und Schinken war für Schiller überhaupt da« nou plu, ultr».) Der Wein war freilich ein schwieriger Artikel, und noch ehe ich de« guten Schiller Triumph, wenn er un« mit einigen Drei, bütznern aus dem Erlös seines Magazins überraschen kounte. Da war die Welt unser. DaS Bemach war ein nach Tabak und Aller- Hand stinkendes Loch, wo außer einem großen Tisch, zwei Bänken und einer au der Wand hängende» schmalen Garderobe, ange- stttchenen Hosen . . . nichts auzutreffrn war, als tu einem Eck ganze Ballen der Räuber, tu dem andrra eia Hausen Kartoffeln mit leeren Tellern, Bouteilleu untereinander. Schiller war damals von langer, gerader Statur, sehr gespalten, langarmig, seine Brust war heraus und gewölbt, sein Hat- war sehr lang; er hatte etwa- Steife« und nicht die mindeste Eleganz in seiner Tournüre. Seine Stirn war breit, die Nase dünn, knorpelig, weiß von Farbe, in einem merkwürdigen scharfen Winkel hervorspringend, sehr gebogen aus Papageienatt und spitzig. Die rothen Augenbrauen über den tiefliegenden, duukelgrauen Aiigen inclinirten sich bei der Nasen- Wurzel mehr zusammen. Diese Partie hatte lehr viel Ausdruck »nd etwa- Pathetische-. Der Mund war ebenfalls voll Ausdruck, die Lippen waren dünn, die untere ragte von Natur hervor, e» schien aber» wenn Schiller mit Gefühl sprach, als wenn die Be geisterung ihr diese Richtung gegeben hätte, sie drückte sehr viel Energie auS; da- Kinn war stark, die Wangen blaß, eher einge fallen al- voll, und ziemlich mit Sommerflecke« besäet; die Augen- lider waren meiste»- inflammirt, das buschige Haupthaar war roth, von der dunklen Art. Der ganze Kops, der eher geistermäßig al- männlich war. hatte viel Bedeutende-, Energische- auch in der Ruhe, und war ganz esseclvollc Sprache, wenn Schiller declamirte. Aber Schiller'- Stimme war kreischend, unangenehm, er ko.inte sie ebenso wenig beherrschen. als den Asfccl seiner Gesichtsznge, dieses hätte Schiller imnier gehindert, ein erträglicher Schauspieler zu werden. Schiller'- Mutter war ganz da- Portrait ihre- Sohne- in der Statur und BesichtSbildung. nur daß das liebe Besicht ganz weiblich mild war. Nie Hab' ich ein besseres Mutterherz, ein treff licheres, häuslicheres, weiblichere- Weib gekannt. Wie o>t sind wir zu ihr hinaus gewallsahrlet, wenn wir einen g»len Tag haben wollten! WaZ wurde dort für da- liebe Wunderthier von Sohn and seine mitgcbrachten Kameraden gebacken und gebraten. — Neber den HeringSsang der Juselsriesen im 15. und 16. Jahrhundert macht die „Hainburg. Börsen- Halle- folgende interessante Mittheilungen: Im Bereiche der Insel» Führ und Sylt haben sich in letzter Zeit zahlreiche HeringSzüge im Meere gezeigt. Diese ungewöhn liche Erscheinung legt den Gedanken an die Heriiigsfischerci der Juselsriesen i» früheren Jahrhunderten nahe. Im 13. und >4. Jahrhundert wurden hanpisächlich in der Ostsee, namentlich in der Nähe der Insel Rüge» und an den Küsten von Schoone» Heringe gefangen. Uni 1425 aber, so berichteil die „Lübecker Iahe bücher", änderte» plötzlich au- »icht bekannten Ursachen die HernigS. jüge ihre Richtung und kamen I» die Nordsee und zwar in die G geiid von Helgoland Die Folge davon war. daß säst alle benach. bauen .Küsten- und Inselbewohner, namentlich auch die Insel» sriesen der schleewigschc» Westküste, vorwiegend die Führer, Am rnmcr und Sylter an! H lgoland Fischereien anlegle». Die Hamburger, Bremenser »nd Stader bauten neben ihnen ihre Fisch.reibetriebs Häuser und es gewahrte der Fang Tausende» Nahrung und Be schäsiigung. Mit der regeren Veibeiligung an dem Fange wuchs auch der Neid nicht n«r unter den Fischern, sondern auch unter den buheiligten Fürsten und Negierungen und führte allerlei Streitig keilen »nd Neckereien unter ihnen herbei. Herzog Friedrich von Echleswig-Holstcin machte seit 1490 seine Rechte aus di« Insel Helgoland geltend und wollte dort einen Zoll anlegen: er fand aber bedeutenden Widerstand bei den genannten auswärtigen Fischer» und Handelsleuten, die behaupteten, die Insel sei »«abhängig und sie seien nicht bereit, sich Z,w'.,igöinaß>cgeln auserlege» zu lassen. Ter Herzog, darül cr anigebrach!, ließ iin Jahre 1496 die Backhäuser der Bremenser auf Helgoland verbrenne,>, worüber ReocoruS, der Chronist der Dithmarscher», wie folgt berichtet: „Ao. 1496 do breiide» de Denen (so wurden die EchleSwiger und Holsteiner seit 1460 oft genannt) vp Hilligeland« de» Bremern ehr Hufs as." D'.cse That ließe» die Hanseaten nicht »»gerächt; sie verbrannte» im folgenden Jabrr di« Heri»gsschiffe n»d da- Zollhaus de» Herzogs und seiner lliiterihane» und die Dithmarscher stauben de» Hanseaten bei, glaubte» vielleicht auch den Friesen, mit denen sie oft in Fehde gelegen, eine» Schade» damit zuzufügen. Zur Vcrtheidigung seiner Gerechtsame sandle der Herzog 1498 seinen Vogr mit zahlreicher Mannschaft, unter der auch die de» Dithmarscher» so verhaßte» Ulhholmer Friesen, ihre Nachbarn nördlich der Eider, waren, nach Helgoland und ließ reichlich 100 Dithmarscher und einige Städter ge. saugru nehmen. Die Folge war, daß die Dithmarscher, als sie davon Kunde erhielten, über die Eider nach Eiderstedt vordrangen und dort brandschatzten. Freilich waren diese Feindseligkeiten bald beendet, aber es war ein Krieg vorbereitet, der die Dithmarscher den Höhe punct ihre« Glanzes erreichen ließ, dessen denkwürdige Schlacht bei Hcimningstedt um 1500 mit ihrem Helden Wolf Jsebrand in der Geschichte sottlebt. König Johann von Dänemark und Herzog Friedrich, tu der Berwickelung der Dithmarscher ans Helgoland will kommenen Anlaß suchend, ihr Land mit den Herzoglhümern zu ver einigen, wurden kotz deS UebermutheS ihrer Schaaren mit dem: „Wahr di Garr, de Bur de kummt!" zurückg-schlageu «nd bte Dith- niarscher behaupteten noch 59 Jahre lang ihre alte Freiheit. Indessen waren die Streitigkeiten wegen Helgoland keineswegs damit beendet. 1511 befahl noch der Herzog Friedrich seinen Unk» »hauen aus Föhr und Sylt, in der HorSvüllharde, im Moor und aus Nordstrand, „so biß Ja» vnser Landt Heyligelaudt in kaufmaun- lchaft, vischerey und anderem besuchen werden hirmitte ernst- lich gedithen vnd bevelen, Euer schiff mit büchsen v»d krutte, auö euch selber mit Harnisch vnd guter wer wol zu besorgen vnd mit bi« aus Heyligelaudt nehmen, unserem vogede, wennen er Ju »«sage« vnd anrussen wirbt", beständig gehorsam und in allen Dingen, gleich (wenn) wir selber persönlich doi t wären, folgsam zu sein, Muthwillen »nd Gewalt Helsen abwenden x. — Die Fischereien aus Helgoland bestanden etwa 200 Jahre lang und rS nahmen die Jnselsriese», nanientlich die Sylter, daran sehr regen Antheil. Dieselben fanden, als sie im Winter 1436 heimkehrlen, Freunde und Verwandte ertrunken und ihr Land, die Halbinsel Hörnum mit dem Kirchspiel „Alt-Rau- tum" verwüstet. Bei weitem die Mehrzahl der heimathlos gewor denen Alt-Rontumer errichtete sich in dem Dänenthale „Kreffeuja- kobsdäl" aus der Südspitze Hörnums, an einem MeereSarme, welcher danials einen sicheren Ankerplatz zwischen hohn» Dünen bildete, Erd hütten. Die Anzahl derselben war beträchtlich. Um die Mitte der 50er Jahre diese- Jahrhunderts waren die Fundamente vou über hundert derselben noch sichtbar. Die Bewohner derselben waren ans da? Meer angewiesen und nährten sich daher von der See fahrt, dem Fischsange, dem Strandgute und der Jagd. Bekannt ist au- ihrer Zeit: „Fry i- de Fischfang, Fry i« de Jagd, Fry iS de Strandgang, Fry iS de Nacht; Unser iS de See Und de schöne Hörnumer Rhee." Ihre Hütten wurden mit der Zeit die Zufluchtsstätte and der Aufenthalt gefährlicher Seeräuber, unter denrn der „lange Peter"' von Hörnum um 1500 al- besonder- gefürchtet erwähnt wird. Gegen Ende deS 16. Jahrhundert- nahm indeß der Ertrag not dem Heringssange immer mehr ab, aus Helgoland konnten sich um 1554 kaum noch 100 Fischer von demselben ernähren. Die Sylter hatten schwere Verluste an Schiffen und Mannschaften; 1571 z. B verloren sie in einem schweren Sturme 6 Fahrzeuge mit der ganzen Besatzung, 1607 14 Schisse mit 45 Man» u. s. f„ und so mußte ihre, in den letzten Jahren auch zum Schellfischfanae benutz:« Fischereistation aus Hörnum um 1610 einaeheu. Dir Fischer an« „KresseuiakobSdSI" zerstreuten sich, ihrr Hütten aber diente» not! lange nachher gelegentlich Sylter Fischer» und Amrnmer Etrand- läusern als Aufenthaltsort. Der Hörnumer Hafra versandete im Lause de» 17. Jahrhundert«, die Hütten wurden mit Dünensaud von dem „Budersandberge" überdeckt, btt man ihre Trümmer am westlichen Fuß« jene« Berge- io diesem Jahrhundert wieder »t- dcckte, nachdem also Ser Berg über sie hloweggewandert. " der Zeit der Begründung der Hering-fischertt auf Hörnum »ahmen die Shller einen Hering al« Voppen sür ihrr Jasrl an, welche« Wappen »och heute da« dortig« LandeSbevollmächtigt«»- Lollegium im Siegel führt. Die Helgoländer trlrben »och de» HeringSsang bi« in die Mitte de« 17. Jahrhunderts, denn e« wird von dött berichtet, daß sie noch 1641 einige Fahrzeuge, welche man Pinken nannte, aus den Heringlfaiig auSsandten; allein vergeblich, Mühel AIS sich in den Jahren 1753 und 1770 wieder Heringszüg« in der Nähe der Insel zeigten, glaubte man. daß der Zar» Gotte- sich gewandt habe; d-nn nach sagenhaften Nachrichten schrieb man da- Ausbleiben der Züge der Gottlosigkeit der Inselbewohner aus die Rechnung. Bor Zeiten hatte es nämlich aus der Insel «in Erucisix gegeben, dem ein besonderer Einfluß ans den HeringSsang beiqemessen wurde. Alljährlich wurde dasselbe daher in großer Pro- cession um die Insel getragen, in einem Jahre, al« die Heringe lange «u-bliebku, sogar drei Mal. Der Träger desselben liest e« in der Verwirrung fallen und feit der Zeit sind die Heringe ausgcblieoeu. An der Küste war man weuiqer geneigt, solchem Gebrauch Be deutung brizumessen. DaS Volk war arm, roh und abgehärtet. Immer gern zu Streit, zu Kainps und Todtschlag bereit. Noch bis 1519 galt nach friesischem Gesetz: „De dar Fitste hesft mag schlau, und de Geld vnd Guth hcsst schall bethalen"; dann aber, als die Reformation um 1540 dort Eingang fand, wurde mich milderen Sitten Platz geschaffen, nur bestanden die Friesen damaliger Zeit auf ihren alten Freiheiten und Rechten; gerade in der Beziehung ist da- Zeitalter de- HeringSsauges der Juselsriesen für ganz Fries- laad sehr bedeutsam. Bis 1426 beruhten ihre selbstgewähltcu „Be- liebuugen und Willküren" aus Traditionen: „na srähmer Lüde Seggent", erst dann vereinigten sich die Friesen der nördlichsten leben Harden der Uthlande in der St. Nikolaikirche aus Führ G der Abfassung eine- gemeinschastlichen geschriebenen Gesetzbuches, »er „Siebenbarderbeliebung", welche am 1573 die Grundlage de« „Reuen Nordstrandischen Landrecht-" geworden ist. Dem verbrei teten Strandraub damaliger Zeit zu steuern, vereinbatte der Herzog Adolph VIII. mit den Nathleuten von Eiderstedt um 1444 da- erste leschriebene Strandgesctz aber eine Strandordnung, dt, den anderen riesischen Harden aufgedrungen, zu dere» Ausführung und B, lolgung aber die Einsetzung besonderer Strand-, Land- und Bauervögle um 1460 angeordnet wurde, denn die Zügellosigkeit und der Strandraub >atten tm Volke feste Wurzeln geschlagen, so daß Einzelne desselben in ihrem Hochmnthe sich zu nennen pflegten: „Der Dänen Bcrhärer, Der Bremer Vertärer, Der Holländer Krüz und Bekeger» Der Hamburger Bcdreger", und damit r»?!cich jene »eiwick,Neu Helgoländer Streitigkeiten wegen der Hc.ing. ii.ssend dezcichne» mochtrn. Noch im L ivse dieses Jahrhundert-, nachdem 1825 da- Institut der Altonaer Häringssi'cheiei eiugegangen war, wurde aus Sylt der Versuch gemacht, rin Etablissement sür diese Fischerei zu errichten und begannen die zwei Sylter Bussen bei Hitland im Jahre 1828 den Fang. Der Enolg war nicht zufriedenstellend, da« Unternehme» mußte daher 1831 wi der ausgegebe» »oerden: vielleicht ist -s unserer Zeit Vorbehalten, die Führer und Sylter »t-der al» HäringSsischer nus der Nords-« IHLtiz :» schenl — Prag, 7. September. (N. Fr. Pr.) In den ersten Tagen dcö August erschien hier ein etwa 2l jähriger Mann, der sich Karl MaliczewSki an- Warschau nannte, alö Modelleur Arbeit suchte und solche bei einem Gürtler aus der Altstatt fand. Als aber der Modelleur die Beibringung seiner LegitiniationSpapicre von Tag zu Tag verschob, wurde dies dein Meister ausfallend. Er erstattete am 30. August der Polizei die Anzeige und diese unterzog den jungen Mann einer Vernehmung, welcher dabei verharrte, Malirzewvki zu heißen und auS einer Gemeinde bei Warschau zu stammen, wo sein Bater Grundbesitzer war, der wegen eine« politischen Vergehen- nach Sibirien tranSportirt und dort gestorben sei. Er selbst sei Nihilist, bekenne sich zur socialrevolutionären Partei, habe von Rußland weg müssen, sei ohne Paß nach Krakau gekommen, wo er bi» zum Frühjahr in Arbeit stand, woraus er Oesterreich-Ungarn durchzog. biS er endtick nach Prag kam. Die Polizei schöpfte Verdacht, ließ den jungen Mann photographiren und sendete das Bild nach Krakau, von wo die telegraphische Antwort kam. daß der junge Mann Roman CzcjchowSki heiße, an dem Bomben-Attentate aus daS Polizci-DirectionS-Gcbäude in Krakau betbeiligt war, von dort flüchtig wurde und wegen Morde- steckbrieflich der folgt werde; man möge ihn nach Krakau senden. Als man die- dein jungen Manne vorhiclt, gestand er die Theilnahme am Bomben-Attentate, nach welchem er flüchtig geworden, sich in Polen und Oesterreich-Ungarn Herumgetrieben habe und eine Zeit lang von Gesinnungsgenossen materiell unter, stützt worden sei. Als die Unterstützung au-blieb, Hab« er sich um Arbeit umsehen müssen. Sein hiesiger Meister war mit ihm sehr zufrieden. Die bei dem jungen Maune saisirten Schriften enthalten nicht- Wesentliche-. Er wurde heute Vormittag (dem Strafgerichte eingeliesert und Abend- nach Krakau tranSportirt. — Pari-, 7. September. Fr. Sarcey macht sich über allerlei Kuudqebungen de» Aberglauben- in dem auf geklärten Pari» lustig und constatirt, daß nicht nur die Eisenbahnen, sondern sogar die Omnibusse am Freitag eine viel geringere Einnahme haben, als au onderen Tagen Andererseits ist die Furcht vor der Zahl 13 noch so sehr ver breitet, daß B. die Avenue Friebland keine Stummer 13, sondern mit Erlaubniß de- Eeineprefccten eine Nummer 11 di» hat und vor noch nicht langer Zeit eine Gesellschaft Von Künstlern und Schriftstellern über das Ausbleiben eine- vier zehnten Gaste- bei einem lustigen Nachtessen so betroffen war, daß zwei der Herren auf die Straße gingen und einen ordentlich aussehenden Kutscher anwarbrn, daß er zu einem anständigen Stundenhonorar der Tafelrunde seine beruhigend« Gegenwart schenke. -- Wie es heißt, sollen die Nachrichten über da« Auf treten der Eholera in Alicante unzutreffend sein. Die Krankheit herrscht wohl in Elche. Novelda. Monsorte »nd wahrscheinlich auch in Lillena, dock tritt sie vereinzelt auf. Sie soll durch Schmuggler eingrschleppt worden sein. — Da-dänische Kanonenboot „Fhlla" ist, auS den arkti schenGewälser n zurückkehrend, bei dm Orkney- augelaufen, nachdem e« seine Aufgabe, die Durchforschung der Küsten Grönland-, mit vielem Glück gelöst hat. DaS Kanonen boot war vier Monate unterwegs und ist bis zum 70. Grad n. B- vorgedrungen. Erforschung der Gletscher. Fischen mit dem Grund- und Schleppnetz und meteorologische Beobach tunqen an der grönländischen Küste, in der DaviSstraße. BajsinS- und DiSco-Bai warm die Hauptpunkte deS Pro gramm». ES sind manche neue SpecieS au» der Tiefe geholt und reiche Sammlungen für die verschiedenen Zweige der Naturwissenschaft gewonnen. Professor Warming war sür die Botanik, vr. Topsie sür Mineralogie, vr. Holomin sür Zoologie der Expedition beigegebcn; Baron Holmsclder hat sie als Maler begleitet. Unter den Curiositäten der heim gebrachten Sammlungen befindet sich ein Meteorstein von 2000 Pfund. DaS Kanonenboot hatte eine Besatzung von 84 Mann. Dasselbe ist von den Orkneys bereit- nach Kopen hagen weiter gegangen. --» Ucber einen im Niedergänge begriffenen Literatur» zweig werden die folgenden Mitteilungen von Interesse sein Wenige Jahrzehnte »ach der Erfindung der Buchdrucker, kunst ward bereit» der erste deutsche Briefsteller gedruckt, der Ahnherr einer überaus reicheu Literatur sogeuanuter populärer, ge- nieinnütziger Bücher, einer jetzt ttes hrruntergekommeae» Literator sippe au- gutem alten Hause. — Lassen Sie un», geneigter Leser, ein Weilchen tu diesen Briefstellern au» der gute» alten Zeit blättern, tu denen «och jeder Frachtbrief mit den Worten austag: „Vater dem Geleit Gottes und de» Fuhrmann» N. N. übersende" ich Ihnen beifolgend drei Tonne» Häringe »c. Die alten Briefsteller «arm keine Roth- and HtlfSbücher für verliebte Stubenmädchen »nd Schneidergesellen: sie wäre» kleine Lncyklopädten der Kauzleiaelehrsamkeit, Formular»«» und Acten- stücke a«S dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, kaufmännische Geschäft-Handbücher, and enthielten sogar die ersten naiven Versuch« »» einer grmttnfaßlichen dentschrn Grammatik and Orthographie. Solch« Bücher wnrdm »an Gelehrten gemacht, namentlich von In- rtsten. Ja unseren Tagen pflegt sich der Autor eine- Briefsteller» verschämt in den dicksten Schleier der Anonymität zu hüllen. Bor zweihnadert Indem dagegen durste auch ei. Gelehrter stolz daraus sei», «tuen Briefsteller geschriebm za haben und er druckte ott die ihn für sein Werk preisenden Bedichte mit gleicher stolzer B-sricdi- aang hinter der Vorrede atz, nne ein Bühnenkünstler seine Lorbeer- icäiz« i» Vorzimmer anshängt. I« 17. Jahrhnndert mnßtr rl» vrirfstrler mit griechischen und lateinischen Cilalen reich gespickt sein, wie damak- isllfft die schlichleste deutsche Peedigt solchen Zienaih- nicht -ntbehre» durste und sollte sie auch vor einer Bauerngememdo gehalten werden, die von dem La teinische» »icht- verstand. Am ergötzlichsten tritt der maßlose Formalismus der Zop zeit in einer '-esonderen Gattung von Briefen stervvr, die man ..Grußtiricse" nannte, die man ohne bestimmten J»da!t llaS wechselte, nur un, sie zu wechseln, also um eine Lorre- pondenz i>> iOiotriv t>> zu führe». Einen Hauvtoestandtheil der alle» Briefsteller bildete da- „Titular- buch", die „Tilclwisseiischait". — „Wohlgeboren" war im Mittel- alter ein Prädikat de- Adels, gle-chbedrutend mit freigeboren hatte es -inen socialen »nd staatsrechtlichen Sinn. Später wurde daraus „Hochwoülgrboren", weil der inzwischen social emancipirte Bürger- iand sich mit gutem Grund auch wohlgedoren nannte. — Noch im 14. Jahrhundert hatten Grase» und Fürsten die Standesprädicate „Ehriam" oder „Ehrbar", zwei Jahrhunderte später prädicirten sich die Bauern so, freilich mir aus den Grabsteinen. Gegen Ende deS l?. Jahrhundert«, nach dem dreißigjährigen Kriege, festigten sich die neuen Rangtitel und blieben Im Wesentlichen bis zur französischen Revolution. Die meisten altadeligen Häuser waren Reich-sreiherren und Reich-grasen, die Grasen Ware» Fürste» geworden; der „Jungherr" war zum Prinzen avoncirt, alle Söhne de- Adel- zu Junkern und jeder Edelmann wurde „gestreug", während vordem uur der gestreng hieß, der eigene Gericht-Herrlich keit hatte und seine» eigenen Galgen. Zu früh hatte man ichon im 17. Jahrhundert da- baldige Ende de» Titelwrsen- prophezeit. Die Zeit war noch systematischer, haar spaltender mit de» Titeln geworden. Man hütete sich sehr, einem Doctor der Philosophie oder Medici» denselbeu Titel zu geben wie einem Doctor der Rechte. Dieser war „Wohlevelgeboren", erster» dagegen nur „Edelgeboren". Selbst bet den Studenten war zwischen jüngeren und älteren ein Uaterschied >m Titel. Eia Fuchs wurde bloS „Ehrenscster und Gelehrter" angeredet, ein alte- Haus dagegen ,.Ehrenfester, Borachtdarer und Wohlgclchrter". Ganz titel- loS waren nur di« Juden. „Al- Christi Erz- und Herzseiude" sollte man sie höchstens — „mein Freund", „Freundchen" an« reden, weil da- kein Ehrentitel war. In der Zeit, in welcher sich Deutschland in politischer, socialer und literarischer Beziehung am tiefsten unter französischen Einfluß beugte, schrieben unsere Philologen vie zierlichsten lateinischen Briefe, ober deutsche Briese kounte» die Deutschen des 17. JnhrhundertS durchaus »icht schreiben. Die Deutsche» sanden sich danials am schwersten in die neue» Forme» des gesellschaftlichen und geselligen LeoeuS. Die deutschen Faimlienbriese an- dem Zeitalter Ludwig'- XIV. sind ei» oft wahrhaft rührende- Zengniß dafür, wie hart eS ihnen ankam, den sranzösischen Ton in da« Heiligthum de- bürgerlichen Hanse- auszunehinen. Trotz allen Modephrasen stricht aus ihnen der Geist de- patriarchalischen Hau-regimeutS. Manu und Frau behandelten sich in ihren Briese» noch mit einer altvaterisch treuherzigen Etikette, gleich al- sei ihr« ehrlich« Stellung mit elner öffentlichen Würde umgebe». Damals, wo die eheliche Treue ziemlich rar z» werden begann, war e- wenigsten« in den deutschen Briefen noch Brauch, daß der Mann die Briese an seine „hochgeliebte Hausehee" mit den Worten anfiug: „Eheliche Lieb und Treue zuvor." Die Frau redete ihren Mann ..viel- werther Eheherr" an, und die Kinder ihre Eltern „Herr Bater" und „Frau Mutter", wa- bis ttes in- 18. Jahrhundert hinein ragte. Nur die Männer der kosmopolitischen, social ausgleicheuden Geld macht, die Kausleute, wagte» eS mitten ia der Perrücken- und Zovs. zeit sich aller müßigen Titel »nd Prädicate ia ihren Geschäftsbriefen zu enthalten. Sie covirten den italienischen, dann den holländischen und englischen Briefsteller. So zeichnete sich der Brief d«S deutschen Kaufmanns sehr früh schon durch jene gedrängene Kürze aus, oft durch Fremdwörter und allerlei technische BarbattSmen und ist sich lang« darin gleich geblieben. Bei der überreichlichen modrrnea Bücherprodnttio» gemahnt unS jene Zeit als eine idyllische, arkadische, wo ein Briefsteller noch eine ganze Encyklopädie von allerlei Wissenschaften war, wo Marperger'S „allzeit fertiger Handelscorrespondent" im Vorbeigehen di« ganze Nationalökonomie, Finanz- und Han del-Wissenschaft als Zugabe zu den Briessormulatten Kaktitte, wo man den König David »och als ältesten Classiker de« Brief stil- htnstellte, weil er den Uria-bries geschrieben. Die gemein nützige Literatur der Haus- vnd Handbücher, die jetzt eine so un geheure Ausdehnung gcwonea hat, war zu unserrr Urgroßväter Zeiten in drei bi- vier Büchern keimartig zusammeagedrängt. AuS dem Kalender brach die Locakjournaltstik hervor mit dem Heer der tagesgeschichtlichen Flugschriften; auS dem Briefsteller stiege» Ge schäftshandbücher aller Art aus, Staatskalender, genealogische Taschen bücher, Sprachlehren x. Wo jetzt der Mann de« gebildeten Mittel- staudeS bänderreiche Werke in seiner Hau-bibliotljek ausstellt, da begnügte sich der Urahn mit dem einzigen „Schatzkästleio nützlicher, luftiger und denkwürdiger Historien", welche« »och i» Goethe'« Jugeudrrmnerungen eine Rolle spielte. Literatur. Srankretch t« wsrl «ntz vil». Seine Geschichte, Geo graphie, Lerwaltung, Handel, Industrie, Produktion, geschildert von Friedrich von Hellwald. Mit 455JU»- strationen. I« ca. 50 Heften 4 75 Pf. Leipzig, Schmidt und Günther. I. Hest. Der Verfasser sagt in seiner Einleitung, in welcher er die allgemeine Lage und die Urbewohner Frankreich schildert: „Unter den Ländern und Staaten Europa- hat über keine- die Natur daS Füllhorn ihrer Baben ln reicherem Maße auSgestreut, al- über Frankreich wir wollen e< versuchen, vom heutigen Frankreich ein möglichst getreue« Bild zu eutwersrn. Mehr denn irgend ei» Laub unseres LrdtheileS verdteut t« wegen seiner «roßen geschichtlichen Vergangenheit, als der nächste Erbe der elastischen Lultnr dr< Alterthum- und dadurch lm gewisse» Sinne die Wiege der neueren abendländischen Gesittung überhaupt, gekannt und studirt zu werde«. Obwohl hauptsächlich die gegen wärtigen Verhältnisse im Luge behaltend, werden wir dennoch nicht versäumen, arlegentlich Rückblicke auf di« Vergangenheit der Land schaften und Orte zu werfen. Dabei «ollen wir den alten geschicht lich berechtigten Elntheilungen getreu bleiben und nur der Uebersicht- ltchkett halber da« Gebiet de« franzäsischea Staate- in die »ter großen Gruppen zerlegen, die sich »ach der -rographische» Lage in Nord »nd Süd, in Ost und West ergeben. Da» Werk wird also in vier Theile zerfallen. 1» jedem «erden die größeren Provinzen, wie die Normandie, Bnrguud u. s. w. einzeln behandelt werde». Der Verfasser singt mit Paris au und geht nach einer kurzen Geschichte der Entwickelung von Pari- zur Schilderung der Stadt selbst und ihrer merkwürdigen Gebäude über. Der Text ist fesselnd und interessant, der illustrativ« Schmuck recht hübsch. Obwohl reich anSgestatttt, soll diese« Werk kein Prochtwerk im gewöhnlichen Sinne sei», daS nur der Bilder wegen gekauft wird, sondern e« soll durch seinen reichen» instruktiven Tertinhalt einen prartischea Werth er halten , wie eS auch schon der Titel andnitet, denn eS wird Frank reich- Beschichte, Geographie, Verwaltung, Handel. Industrie und Production darin behandelt werden. Unter den deutschen Monat-schriste» ist Nosegger'S „Hel«, garten" (Graz, Verlag „Leykam") wohl die originellste — da- Blatt eine- Dichter-, so zu sagen da- Idyll der periodischen Literatur. Wir machen jetzt, da der „Hcimgartea" eben in seiaru ueuuten Jahrgang Kitt, daraus ausmeeliam. (Eingesandt.) In der SonutagSnummer de- „Leipziger Tageblattes" wird er wähnt» daß dem Berliner Gabelsberger'scheu Strno« grophentage zwei Berlreter der Regierungsbehörden bcigewohnt hätten. ES ist dies nicht richtig, denn nicht zwei, sondern nur ei» „RegierungSvertreter" war anwesend und dieser eine war rin Stolzeaner, den der Gcneral-Postmeister vr. Stephan — selbst ein Kenner de« Stolzc'lchen Systems — entsandt haben soll (deun eingejührt oder vorgestcllt der Versammlung wurde er «icht). E« wird dann ferner die Zuversicht ausgesprochen, daß t» «Schster Zu kunft da- Gabel-berger'sche System in Preußen da- Stol ze's che an Anhängern überflügelt haben würde. Da die statistischen Ermittelungen eher das Begentheil erwarten lassen, so wäre r< interessant zu hören, woraus jene Zuversicht sich stützt. Nicht minder trügerisch scheint mir die Hoffnung, die Negierung werde, weau e< sich »m Einführung der Stenographie in die Schulen handele, aus Grund der (erwarteten) größeren Verbreitung sich für da» GabelS- berger'sche System erklären. Ich meine vielmehr, die Leitnng unseres Schulwesen- werde vor Allem daraus sehen, daß da« »» wählende System leicht erlernbar, zuverlässig le-bar, praktisch brauch bar und vom pädagogisch - wissenschastlichea Standpunct« au« an nehmbar sei. Bon einer Prüfung der beiden in Betracht kommei»- den Susieme von diesen SesichtSpuncten aus will man aber t» dev BabelSbcrgrr'schen Schule wenig wissen. Karl Schöppe, Raumbnrg a. E.« Vorsitzender d. Mitteld. Stenogr.-T
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