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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-09-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188409238
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840923
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840923
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-09
- Tag 1884-09-23
-
Monat
1884-09
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.09.1884
- Autor
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Erscheint täglich früh LV.UHr. trtecti» »»- Lrpetttioa Johaanesgaffe 33. -»rrchtukira -er Ledarti«: vermittag« 10—IS Uhr. Nachmittag« b—6 Uhr. L»>»«e a,,«».-»,« MM «q dt» ««»«ct>»» »tcht »erbwütiq, »«u»«« «er f», »i, uSchsts«l,e»d« «mm»«, »eftt«»te« Iufer«»« a» ««»eatage, »1« » Utzr Nachmittag, a» Li»««.«,» Kefttageu früh dt«'/,» Uhr. 2« den Filialru für Jirs.-Annahme: vtt« Ule««» Untvrrfiiätsftraße S1, L««t» Lisch«, Kathariamstraße 18, p. a»r dt» '/,» Uhr. eiWgcr.TWMÄ Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. MeH«Auflage 18,7 SO. Äbonnemeatsprei» oiertelj. 4V, incl. Bringerloha b Mk.. durch dir Post br»ogea 6 Mk. Jede rinzelne Nummrr 20 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebühren für Extrabeilage« (in Tageblatt-Format gesalzt) ohtte Postbesörderung 33 Mk. mit Postbesörderung 48 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile SO Pf. Größere Schritten laut uuserem Preis- verjtichaiß. Tabellarischer a. Ziffernsatz nach Höhen» Tarif. Lerlamen unter dem Keöactiouostrich die Spallzeile üO Ps. Inserate sind stets an die Kxprdittan zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuiuaeriuiäo oder durch Post- »achuahme. ^8 2S7. Dienstag ven 23. September 1884. 78. Jahrgang. Amtltcher Thetl. Behuf« Besichtigung und eventueller Reparatur de« Dohlen Pflaster« in der Ueberwölbung de« Elstermühl» graben» wird derselbe »am L4. bt» SV ds» MtS abgeschlagen werden Leipzig, de« 20. September 1884. Der Rath -er Stadt Leipzig. vr. Georgi. Cerutti. Da die seiten« de» Rath« und de« Polizeiamt« der Stadt Leipzig getroffene Anordnung, wonach die zwischen der Peter«- brücke und dem AugnstuSplatz verkehrenden Pferdebahn- wagea auf der Strecke von dem physikalischen Laboratorium bi« zum Augusteum entlang der erste» Bürgerschule nur im Schritt fahren sollen, in neuerer Zelt vielfach außer Acht gelassen worben ist, bringen wir diese Borschrist hierdurch mit dem Bemerken in Erinnerung, daß wir Zu widerhandlungen mit den in tz. 26 de« Pferdebahn-Regulativs vom 12. Januar 1883 angedrohten Geld- und bez. Haft strafen ahnden werden. Leipzig, den 20. September 1884. Da» lpoltzeiamt der Stadt Leipzig. Bretschneider. vrkimiltmiuh»»-. Degen Reinigung der Expedition-locale de« königlichen Gtande«.Amt« und der Cafse für die Friedhöfe wird an beiden Stellen Diea»tag, dea LS uad Mittwoch, de« 24 September, «ar Vormittag» voa 8 bt» LL Uhr exprdtrt Leipzig, den 2t. September 1884. DaS königl. sächsische Staude»-Amt Dird-ahls - VekauuMachuus. Gestohlen wnrden allhier erstatteter Unze««« zusatge: I) Eine Flagge von schwarz, «ritz und rother Farbe, ea. 4 Meter lang und an jedem Ende mit einer braunen mit Goldfäden durch wirkten Quaste, au« einem Parterresenster de« Grundstück« Nr. 31 der Emrtienstraße, in der Nacht »o« S. zum 3. ds«. Mt«.; 5) eM zweirädriger Handwagen, aus dem tzofraum de« Grand- stücks Nr. 51 am Brühl, vom 1. ins 9. d!S. MtS.; 3) eine Handtasche von schwarzem Wachstuch, Mit röthlichem leinenen Futter, enthaltend sech« QulttnngSdücher. ein Laffabuch, ein Exemplar über TranSport-Vorschristeu vo« Personen rc. aus Eiseubabncn, eine Glauzdürste »ad «in Tigorreu-Etni, au« einem Eisenbahnwagen IV. Elaste im Thüringer Bahnhof, am 1ö. ds«. Mts., Nachmittag«; 4) eine Kiste» sign. L. ll. 1308., 106 Kilo schwer, sechzig Flasche« Wei« mit verschiedenen Etiketten enthaltend, au« einem Gülerboden, in der Zeit vom S. bi« 16. dl«. Mt«.; b) ein Portemonuat« von gelbem Leder, mit Messiagbügel, enthaltend 82 ^l. in zwei Doppelkroaeu uad div. Silber,nünze, ferner drei russische Rubelscheine und fünf russische Münze», sowie zwei Eisenbahnfahrbillets, 8ckuoiäemIlU-L«rün uad Lerlin- l,»ipri<r, au« einer Wohnung in Nr. 36 am Brühl tu der Nacht vom 15. »um 16. dss. Mt«.; 6) süss div. leinene Frauenfchürze», thetl« mü, thcilr vhae La-, und vier weißleinene Taschentücher, ein« davon 1l. L. g«z., au« einem Waschhause im Grundstück Nr. 6 der Eüdstraße, am 16. ds«. Mt«.; 7) ein MauuSjagnet von dunkelbraun gemustertem Stoffe, mit eioer Reihe braune» Steinnußknöpfra und schwarze» Futter, au« d«m Borsaal einer Wohnung tu Nr. 6S der Südstraße, am 16. ds«. Mt«. Nachmittag«; 8) eia Reisedäudrl von Glanpeinwand, enthalt«»- ein Paar Hafr». eine Defte. eine schwärzte,den« Mütze» «io blau-roth- ond «eiHgeNreifte« Hc«V. eia weiße« v«rhe«»che» »nd eine schwarze Hal»-tu-«. au« riaem Gastlocale tu Sk. 75 der Ulrich«gastr» an, 17. ds«. Mt«. Vormittag«; ») eia Paar Beinkleider von dunkelbraunem feingerieften Stoff, mit weißem Buntsutter und schwarzen Knöpfen, au« dem Borsaal eiuer Wohnung in Nr. 14 der Hospitalftraße, zu derselben Z-it; 10) zwei weißleinene Fraueutzemdr», eine blaagedru«« uad ein» hellfarbige leinene Schürze» «in Paar wollene NiugelftrütUPfr, «tu Gorfet «ad eia schwarzlkdernr« Portemnuuute mit rinem In- holt« von 1 2d au« einer Wohnung ta Nr. LI der Garten- stroße, t» derZeit dom 30. vor. bi« 13. ds«. Mt«.; II) et» Manusjaquet von starkem, dunkelbraun gestreiftem Stoff» mit einer Reche gestreiften Steiaaußknöpfen uad braunem Wollatla-fntter. ou« einem Gaftlocole iu Rr. IS der Halleschea Straß«, am 13. oder 14. dss. MtS.; 15) rin Gtgarren-Etnt von braunem Leder, mit tuweudia ver goldetem Stnhldügel, ou« einem Beschäft«local« iu Nr. 73 am Ranstädtrr Steinweg. am 16. ds«. Mt«.; 13) fünf weißleinene Frauenhr«»en mit Spitzen besetzt, ein Paar Fruuruhofen von weißem Iköper, vier Paar weiß« Kranen» strümpfe und drei Paar Eindcrftrümpse au« einem Bodenräume in Nr. S der Hoben Straß« am 17. ds«. Mt«.; 14) zwei Eapfkiffe« mit bla«, und weißgestr eiste, Jalet«. au« eiuer Bodenkammer in Nr. 8 der Moschelesstraße, iu der Zeit vom S. bi« 18. dis. Mts.; 1») et, Fügetzatzek, tn welchem ein X rtngeschaitten ist, au« dem Gruudstück Pctersstraße 28, am 18. ds«. Mt«. Mittag«: 16) et» schwarzer Fttzhut mit gelbseidenem Futter und dem Firmenstempel „küseoer, ,u« der Flur de« Hausr« Psaffradorfrr Straße Nr. 1, zur nämlichen Zeit; 17) ei» Geldbetrag von 1» in zwei Thalau mid vier Markstücke», au« einer Wohnung i» Nr. 6 da Dorotheeastraße, a« S. d„. Mi«.; 18) et« EiNderwUge« mit bunirn Vorhängen und riaem neuen Rade, au« dem Hosraum de« Grundstück- Nr. 35 der Petasstraßr, am 1«. df«. Mt«. Abend«: 13) eia Ktn-er-eckdett mit rotb- und weißgepreiftrm Jalet »e-R weißem Ueberzug, au« einem Kinderwagen, welcher im Flur dt« Hause« Nr. 16 der Vrondvonverkstraße gestanden hat, zu der selbe, Zeit; SV) sechzehn Stück Gier, zwei Flusche» mit eiagesotteue» HetdeiSeerru und eine weiß« Schüssel, mittelst EtnSrnch« au« eina Krllaabtheilung ,n Nr. SO da Broudvorwerkstraße, a« 18. dl«. Mt«. Vormittag«; >1) ei, goldeaa La»e«->i»g mit «iaer weiße» Perle »ud ta- weu-iä «U dea Buchstaben X. 0.. au» einem ArbeiUloral« in Nr. 3b am Noßplatz« an aurgedachtem Tage; SS) et» Paar kalblederne Aruueu - Etttfelette» mit «nmmt- riasatz, au« rtua «ohauag ta Nr. 5 der Emilieustraß«, am IS. «. Mt«.; 28) drei weißleiarnr and ein graue« Handtuch uud eine DEUMEtli ^ Serviette, von einem Trockenplatz« au da Lrndtftraße, am 17. dt«. Mm. Mittag«: St) eia Paar stuntgssktckte Hau«sch»tz«. kst neu. an« einer WDMWWß aas de« V»nig«platz«, am SÜ. ds«. Mt«, vormittag«; W) ei» desecte« Geldtäschchen von schwarzem Leder, enthaltend ca. 8 ^l, iu einem Tbaler, zwei Zwriniarkstückrn uad div. kleiner Münz«, sauer ein weißleinene« Taschentuch, mittelst Tascheirtzicd- ftahl« aus dem Fleischerplatze, zu gleicher Zeit; S6) eia blecherner Krug, aez. Xo. 2, enthaltend zwei Liter Milch» vom Marienplatze, am 21. ds». Mir. früh; 27) eine weiße gehäkelte Tischdecke und zwei Gardinen, die eine von grauer Leinwand, die andere weiß und graugestreift, mit Fransen, au« einer Gartenlaube im Grundstück Nr. 8 der Dresdner Straße, am 20. bis. Mts. Abend-: 28) süuf bi« sechs Tafela Sptegelgla», 4 42 ew hoch und 26 cm breit, aus einrm Arbeit-locale in Rr. 48 der Gerberstraße, iu der Nacht vom 20. zum 21. dss. Mts. Etwaige Wahrnehmungen über de» Bablieb da gestohlenen Sacheo oder den Thäter sind ungesäumt bei unserer Lrimiuai- Abtheüung zur Anzeige zu bringeu. Leipzig, am 22. September 1884. Ta« Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Kneschke. Bekanntmachung. Vor einiger Zeit ist in einem hiesigen Geschäft-locale ein Un bekannter von jüdischem Neuster«», im Alter von 36 bis 40 Jahren, von großer Statur, mit gesundsarbigem Gesicht, röthlichem Haar uad dergleichen Bollbart, bekleidet mit langem, schwarzem, bis über die Knie« reichendem Rock, erschienen, hat eroe Kleinigkeit gelaust, mit einem Hundertmarkschein bezahlt uad, nachdem er da» über- schiebende Geld zurückerbaltea, auch dea Hundertmarkschein wieder an sich zu nehmen gewußt. E« wird gebeten, zur Ermittelung der Persönlichkeit de« Un bekannten dienliche Mittheiluiwen anher gelangen zu lassen. Leipzig, am SO. September 1884. Küui,licht Staaisauwaltschast bet« Landgericht, vr. Nagel. Nichtamtlicher Theil. Die Äraßentimulte iu Neichenberg. * Da« hochossiciöse Wiener „Correspondenz-Bureau" hat vor. einigen Tagen eine Depesche gebracht, welche in lako nischer Kürz« meidet«, daß in der böhmischen Stadt Rcichen- berg gelegentlich der festlichen Eröffnung der dort errichteten czechischen Schule Ausschreitungen und Slraßentumulte zwischen Deutschen und Czcchrn statlgefunken hatten. Seil dieser Meldung ist der ossiciöse Telegraph über die Angelegenheit gar schweigsam geworden, wahrscheinlich deshalb, um nicht gegen die Gruntsätze der bekannten »BersöhnmigSpolitit" de« Grafen Taaffe zu verstoße». Bevor wir nun aus die Reichenbergrr Gtraßenscenen selbst zurückkvmmen, wollen wir unserer Betrachtung einige ein- leitende Bemerkungen vorausschicken. In dcn seither ausschließlich deutschen Sprachgebieten Böhmen» ist schon wiederholt darüber geklagt worbe», daß dort die czechische Einwanderung in masienhaster Weise zu- nähme. 2» vielen deulscheu Gegenden und Slädlen, ivo früher kaum ein Ezeche wohnte, sind nun, oftmals ganz an- sebnliche, czechische BevölkeruiigSbrucklheile vorhanden. Ele mente, die selbstverständlich eine sehr lebhafte „nationale" Agikation entwickeln. Wo sich zehn Crechen niederlastcn, da gründen sie sofort eine (GcselligkeitS-Verein), der aber nur »national«" Zwecke verfolgt. 2st die czechische An siedelung aus zwanzig Familien mit einer entsprechenden Kinderzahl angrwachscn» so folgt der „Lo5eck»" alsbald eine czeckiscke Schule nach. Diese czechische Einwanderung nach deutschen Bezirken wird seit Jahren völlig planmäßig be trieben, ja e« ist keinen Augenblick zu verkennen, daß sie durch geheime Fäden geleilet wird, die natürlich in Prag zusammen laufe». Auf diese Weise ist da« Ezechenthum di« unmittelbar au die Grenzen de« deutschen Reiche« vorgerückt, w» man jetzt immer häufiger da« czechische Idiom vernimmt. Diese Be wegung und fortwährend« Ausbreitung de« czechischen Elemente« ist für die Deutschbkhmen nm so bedenklicher, weil diese ihren slawischen LandcSgenossen gegenüber in der Minderzahl sind und überdies die czechische Agitation mit großem Elan und Nachdruck betrieben und von mächtigen Förderern in Wien und Prag unterstützt wird. Unter solchen Verhältnissen ist auch in der früher rein deulsch gewesenen Industriestadt Reichenberg di« czechische Be völkerung ansehnlich gewachsen. Dort hat nun vor einigen Tagen, wie schon erwähnt, die feierliche Eröffnung der ersten czechischen Schule stattgesunden, rin Ereigniß, welche« natürlich vou den Ezechea zu einer großen „nationalen" Kundgebung benutzt worden ist. lieber di« dabei vorgefallenen Aus schreitungen und Gtraßenscenen, worüber da» Wiener „Correspondenz.Bureau" keinerlei Fortsetzung »ehr gebracht hat, entnehmen wir nun der .Reichenberger Zeitung", einem mannhaft für da« Deutschthum eintretenken Blatte, folgende Einzelheiten: „Der Zuzug czechischer Gäste ^u der Reichenberg so unsympathischen Feier war ein groger. Aus dem Perron de« Bahnhöfe« fanden sich jedoch auch viele Deutsche ein, welche den czechischen Agitator vr. Schamanek mit Pereat- rusen empfingen. Die Czechen antworteten daraus mit rinem betäubenden Slawagcschrei und schwangen in herausfordernder Weise ihre Fahnen und Stöcke. Die Ervffnung«srstlichkeit selbst fand in den Räumen der czechischen Schule statt, ohne daß selbe irgend ein« Störung erlitten hätte. Erst in dcn Mittagsstunden, als sich gewisse Stellen au» der von Herrn TurnowSky gehaltenen Festrede im Publicum verbreiteten, zeiate sich eine allgemeine Erregung, welche noch durcb da« Auftreten der Ezechen erhöht wurde. Sv trugen beispiels weise einige derselben blau-wriß-rothe Bänder (slawische Brrbrüderüag«farben) mit der Inschrift „vidarea". Gegen lt Uhr vormittag« wurde ein mit der czechischen Fahne, ans der da« Wort „1-iberee" prangte, geschmückter Ezeche. al« er aus der Neustadt unter der Menge de« Volke« herum- stolzirt«, ausacsoroert. da« dreifarbige Band zu entfernen. AI« dieser Aufforderung nickt Folge geleistet wurde, erhob sich ein drohender Tumult. Während desselben wurden dem Czechen von einem bereit« mehrmals bestraften I»di- viduum, eia«»» Dchneidergeselle» Namen« Dreßler, mit einem Stock« zwei Hieb« versetzt. Sofort erfolgte die Berhastung de« Attentäter« und ist derselbe bereit« der Bestrafung zuge- sührt worden. Al» nach Schluß der Feierlichkeit der bier ort« zu einer traurigen Berühmtheit gelangte czechische Agitator Schamanek, evenfall« mit der dreifarbige» Rosette geziert, in Begleitung eine« Comitömilgliedc« die nur kurze Strecke zu seiner Wohnung zurücklcgte, machte sich der Un wille der Deutschen gegen diesen Mann in höchst energischer Weise Lust. Bis ziim Eingänge de« von ihm bewohnten HauseS i» der Neustadt begleiteten ihn donnernde PereatS. Eine Anzahl junger deulscber ExaltadcS führte hieraus den nicht eben glücklichen Gedanken au», den Agitator in seiner Wohnung durch eine Deputation zu feinen bisherigen Erfolgen ironisch beglückwünschen zu lasten. AIS bei diesem Anlässe eine größere Ansammlung von Menschen, darunter auch viele Czechen, die Zurückkunst der Deputation erwartete, wurden die Deutschen in nicht qualificirbarer Weise vom städtischen Polizei-Wachtmeister Necasel, natürlich Czecke, beschimpft, in Folge besten sich sofort sämmtliche anwesenden Deutsche!, aus- Ralhhau« begaben, um gegen das betreffende Polizei-Organ Beschwerde zu führen. Nachmittags fand im Schicßhause ein große« Conccrt zu Gunsten teS Deutschen Schulvereins statt, welche» al« eine veulsche Gegendemonstration betrachtet werden kann. Da« Coneert, welche« vo» einem gewählten und äußerst zahlreichen Publicum besucht war. verlief in der gelungensten Weise und warf einen nicht unbedeutenden Reingewinn für den Schul derem ab. Auch die hiesige „Bcseda" Halle ihren Vertreter in der Person eine» wegen feine« wülbeudcn TenischenhastcS all gemein bekannten hiesigen Czechen entsendet. Ais dieser Mann erkannt wurde, forderte ihn rin Herr in böslicher, aber ent schiedener Weise aus, sein Eintrittsgeld zurlickzunchmen und den Concertplatz zu verlasse», welche Verfügung von allseitigen Zu rufen de« PublicumS begleitet wurde. In den Abendstunden sanken aus dem Ncustäbter Platze massenhafte Ansammlungen czechischer und deutfchcr BolkShauseu statt. Im .Cafe Kron prinz" wurde eine gemüthlichc Kneipe einer größeren deutschen Gesellschaft, im Gastbause .Zum Hirschen" eine czechische Fest lichkeit abgebalten. In später Stunde erschien der Vice-Bür- germeister Iantsch vor dem .CasS Kronprinz" und forderte die Menge aus, sich in Ruh« zu zerstreuen. Auch die im Locale anwesenden Deutschen bat er. ihre Kneipe abzubreche» und da» Local zu verlassen. Diesem Wunsche de« Bice- Bürgdrmeister« wurde sofort entsprochen, aber die Bedingung gestellt, daß auch die in der .Befeda" versammelten Czechen zur Räumung de« Local« und zum Heimgehen ausgesordert würden. Die« geschah in der Thal. Die vor dem Local der „Bcseda" anaesammelten Deutschen bildeten ein Spalier, durch welche« die Czecheu. ungekränkt ihren Abzug hielten. Sodann zer'ireute sich die ^ VoikSmeag« zum größten Tbeilr. Nur einige besonder« erhitzte Gemüther durchzogen noch di« Stadt. Ter Staatsanwalt von Reichcnberg, Wischata, war auf dem Thalorte erschienen, um die Lcmoustrirende Menge zu beruhigen. Nachträglich wird gemeldet, daß ein junger Mann, welcher sich ein« Wachebeleidigung zu Schulden kommen ließ, verkästet und aufs KrciSgrricht gebracht wurde, wohin ihm die Menge folgte. Der daselbst befindliche Wachtposten schickte, wie dieS bei größeren VolkSausläusen reglementinäßig ist, um Verstärkung; ungejahr 40 Mann de« hier garnisonirenden 36. Insanterie-RegiinentS rückten an und die Menge zerstreute sich, einem Confliüte mit dem Militair ausweichend. Nicht unerwähnt sei hierbei, daß die Socialdemokraten diese Be wegung gegen die czechische Schule zu ibren Gunsten auSbeuten wollten und ein Führer derselben die Menge zu diesem Zwecke aufreizte. Der Verhaftete wurde schließlich nach Feststellung seiner Person wieder sreigelassen und damit nahm der ganze, von einigen Skandalmachern au- der Stadt angeregte Rummel, dem sich wegen de« Jahrmärkte« eine große Anzahl fremder Elemente beigesellt hatte, ein Ende." — So weit der Bericht der .Reichenbergrr Zeitung", der wohl deutlich erkennen läßt, bi« zu welchem Grade die Zuversicht und Anmaßung der Czechen, de« .jüngsten Culturvolke» der Geschichte", in dieser bisher rein deutschen Stadt gestiegen sind. Leipzig, 23. September 1884. *Für die Anwesenheit Sr. Majestät de« Kaiser« in Münster war eine katholische Demonstration geplant, da man. wie ein Correspondent der „Germania" schreibt, „nach biederer Westfalcnart" Seiner Majestät die Wünsche in religiös-kirchlicher Hinsicht nicht verschweigen wollte. Denselben sollte in zwei Adrefsen Ausdruck verliehen werten, von denen die eine von dem katholischen Adel der Provinz auSging und von deren ersten Unter zeichner«, dem Herzog von Croy-Dülmcn. dem Freiherrn Hermann v. Brenken, dem Erbdrosten Grasen Droste zu visckrring und den Freiherren v. Schorlemer - Alst und v. Schorlemer-Overhagen, überreicht werden sollte. Die andere, eine großartige Laienadrcste, war von sämintlichcn katholischen Kircbenvorständen der Diöcese Münster unter zeichnet. Nach einer Meldung de» „Wesisälifchcn Merkur" hat der Kaiser e« abgrleynt, die Adresse, welche der katholische Adel ,hm zu überreichen gedachte, in Empfang zu nehmen. * Anläßlich der Kaiserzufammenkunft hat der Kaiser von Rußland bekaimllich angeordnet, daß die Ossicicre russischer Regimenter, deren Chef der deutsche Kaiser oder der Kaiser von Oesterreich ist, fortan den Namenszug dieser Monarcben in den Epauletten tragen sollen, abgesehen davon, daß dem Kaiser Wilhelm da« Orden«-Dragoner-Regiment verlieben worden ist. An« militairischen Kreisen verlaulet, das; seitens de« deutfcben Kaiser« diese AuSzeickmungen eine Erwiderung dadurch erfahren haben, daß die Ossicie're und Mannschaften de« Mestpreußischen Ulanen-Regiment-, welches in Milisch garnisonirt, den NamenSzug des Kaiser« Alexander III. in den Epauletten führen und da» Regiment fortan auch al« Ulanen- Regiment Kaiser Alexander III. von Rußland benannt werden soll. * Der Bischof von Kulm hat, nach der .Germania", unter dem 11. September d. I. folgende Verordnung erlasten: .Im Interest« der Wahrung der kirchlichen Auto rität und der ersprießlichen Verwaltung der Diöcese sind« ich mich veranlaßt, anzuordnen, daß jeder Priester meiner Diöcese, welcher eine Stelle al- Miirtalrgeistlicker oder an einer StaatS-Anstalt (al- Strafanstalts-Geistlicher, ReligionSlehrer an höhere» staatlichen oder communalc» Lebr- Anstalten u. a.) zu übernebmcn wünscht, mir hiervon Anzeige zu machen hat. Die Genehmigung zur Annahme einer solchen Stelle wird von mir nur dann ertheilt werden, wenn rnnsche» der zuständigen Behörde und mir ein Einverstänkniß über die Besetzung der in Frage stehenden Stelle erzielt worden ist. Pelplin, den 11. September 1884." * In seiner kürzlich erschienenen Broschüre: „Elsaß- Lothringen 1870—1884" giebt A v. Rapxoltstein zwar nicht immer vorurtheilSfreie, aber doch interessante Be merkungen auch über das Unterricht-Wesen und zwar über da« Gebiet der Volksschulen und der Mittelschulen nn Reicks lande. .Seit lange", fchreibt der französisch gesinnte elsasfer Autor, .ist der Schulzwang im Königreich Preußen in Wirk samkeit. Der Staat, indem er den obligatorischen Unterricht bis zum 14. Jahre cinsührte, hat deshalb den Gemeinden doch nicht die Unentgeltlichkeit der Schule auscrlegt; er be trachtete e» mehr noch al« eine Sache der Würde sür die Familie, denn al« eine wirthschastliche Angelegenheit für de» Staat, die Kosten LeS Unterrichts für die Kinder auf die Eltern zu übertragen und gewährte die absolute Unentgelt lichkeit nur dcn bedürftigen Familien. Dieselbe» Grundsätze sind in Elsaß-Lothringen auf den Primarunlcrricht anjgewandt worden. Der Primaruntcrricht ist obligatorisch und nicht unentgeltlich. Für die Organifation desselben hatte rnan die Gerinanisiruiig deS Landes im Auge. Deutschland ist mit inilitairischer Kraft vorgegangen. ÜnterichtSsprachc ist allein da« Deutsche. Ta« Französische ist au« den Gemeinden ver bannt, welche elsässer-deutsch reden; es ist nur in den Gemeinden beibehalten, die nicht deutsch reden. Diese- System verfolgt das Ziel, die jüngere Generation von den französischen Ideen frei zu machen. In den meisten Dörfern ist ja die gebräuchliche Sprache eine provin zieller Dialekt, der mehr oder weniger dem Schriftdeutsch nahe kommt. Bei dem jetzt herrschenden Unterricht hört ein Bauernkind nie mehr französisch, bi« zu seinem vierzehnten Jahre lernt e« Deutsch. Kommt dann die Zeit de« Militär dienste», dann wird der junge Mensch zur Garnison nach Rastatt oder Mainz gesandt. Er verbringt dann seine drei Jahre unter Badensern oder Heften. Ist er dann wieder in seinem Heimathdorf, so hat er seit seiner Kindheit nur deutsche Schullehrer und Soldaten gesehen; Frankreich kennt er nur au» den Erzählungen älterer Personen, die bei Inkerman oder bei Magenta mitaesochteu haben. In den SecundärsLulen ist da« Deutsche feit 1871 die Unterrichts sprache, da» Französische wird wie da« Englische in den Pariser Lvceen gelernt. Bier bi« fünf Stunden Französisch, da- ist Alle«, wa« man in den Lyceen, Gymnasien und Realschulen gestattet. Französisch wird in Karlsruhe und Dresden ernsthafter auf der Schule getrieben al« in Mül hausen und Straßbura. Diese Unduldsamkeit ist sehr zu be klagen. Man zählt in Elsaß-Lothringen iS Lyceen und College« (Lyceum, Tymnasiium, Progymnalmm, Realgymnasium und Real-Progymnasium) uud 8 Realschulen. Die gegenwärtige Organisation ist viel zu kösUpirlig. Wozu all« drese Lyceen und Gymnasien? Vor 1870 «saßen wir ein Lyceum für jede Hauptstadt, und da« schien ausreichend. Die Anstalten für den Secundarunterricht sind schon deshalb nicht so stark be sucht. weil viele wohlhabende Familien ihre Kinder ia die elsässiscke Schule de- Herrn Rieder nach Pari« senden. Die Anstalten, welche Lehrer für den Primaruntcrricht und den weiblichen Secundarunterricht ausbilden, sind in Elsaß- Lothringen zahlreich. Man zählt in den drei Bezirken sechs Seminare für Lehrer, drei für Lehrerinnen und vier Bor- bereitunoSschulen. Auch hier ist wahrer Ueberfluß vorhanden. Diese Anstalten veranlassen die Herbeizichung zahlreicher deutscher UnterrichtSkräste und bilden solchergestalt einen Kern für die Germanisiruna de« Lande«. Ein au« Beamten und Notablen zusammengcfetzter Oberschulrath arbeitet die .Lehrpläne für den Primär« und Secundarunterricht" au«." * . ' * Ueber die angebliche . HeereS-Reduction" in Rußland berichtet die russische „Moskauer Zeitung": Die Reduktion der Erhaltungskosten de« stehenden Heere« soll durch die Vermehrung der Dicnstjahre und die Herabsetzung der jährlich auszuhel-enden R.-crutenznhl geschehen. Statt der in den Jahren 1873 und 1878 festgesetzte» Zahl der Rennten von 260,000 Mann mit zwei Tienstperioden, und zwar drei Jahre für die In- sanlerie und vier Jahre für die Lavallerie, wurde in der letzten Sitzung der gesetzgebenden Eommilsion beschlossen: 1) den Stand der kaukasischen Regimenter, sowie überhaupt der Reserve im Frieden herabzusctzni, wodurch der allgemeine HeereSitand um 100,000 Mann vermindert wird; 2) die Dicnstdaucr sür die Infanterie und Artillerie aus fünf, sür die Lavallerie auf sechs Jahre sestzusctzen; 3) das jährliche Recruten-Contingent auf 190,000 Mann mit einer Dienst zeit von süns bis sechs Jahren und aus 45,000 Mann mit neun- monatlicher Dienstzeit sestznstelle», wodurch die jährlich auSzuhebcnde Zahl der Rccruten um 25,000 Mann vermindert wird. Rechnet »ia» die jährliche Erhaltung eines Mannes mit 90 Nudeln, so hofft mau durch die Reduktion alljährlich mehr als neu» Millionen Rubel zu erspare». Thatsächlich wird durch diese Maßregel nicht nur der Werth der Truppen wegen der längeren Dienstzeit erhöht, sondern auch deren Stand au« derselben Ursache um mehr al« 200,000 Mann vermehrt. * Aus S kierniewicze, 17. September, wird der Wiener „Politischen Correspondenz" als Nachtrag zu den Festen bei der Kaiferbegegnung »och Folgendes geschrieben: Die schönen, aber heißen und angestrengten Tage von Skier- nicwicze sind vorüber. Tie Dreikaiser-Entrevue» welche Wochen lang vor ihrem Stottsinden die europäische Presse in Aihcui gehalten hat und sicherlich aus Wochen hinaus ihr noch Stoff zu Betrachtungen, sowie auch gelegentlich zu den unvermeidlichen „Enthüllungen" bictc» wird, gehör» als vollzogene Thalsache der Weltgeschichte an, in der sie, wenn sic auch nur halb die Hoffnungen erfüllt, welche die Freunde des Friedens und der Ordnung in unserem Welttheilc in ihr Zustandekommen setzten, einen ehrenvollen Platz behaupten wird. Jeder der Monarchen, welch« da« Schloß Skierniewicze durch last 48 Stunden als Gäste beherbergte, ist in sein Land zurück gekehrt uud nur das russische Kaiservaar selbst weilt »och unter seinem freundlichen Dache, um sich hier in ländlicher Zurück gezogenheit durch einige Tage der Lust der Jagd zu widmen. Eine Stunde schon „ach der Abreise Sr. Majestät des Kaiser« Franz Joses sührte ei» Jagdgeipann die russische» Majestäten hinau« in die sorgfältig get>egte» Reviere der kaiserlichen Domäne Skier- nicwicze und erst gegen ö Uhr Abend« erfolgte die Rückkehr. Bei der Hm- und Rückfahrt lief die Bevölkerung de« Städtchen« zu sammen, Etwa« vom Anblicke de« HerrscherpaareS zu hasche«, und empfing dasselbe mit dröt,»enden, Hurrahgeschrei, ei» Bild, da« sich wobt täglich wiederhole» wird; im Uebrigen lagen die Straßen de« Städtchens ungefähr schon m der Stille da, die sie sonst charakte- risiren mag. wenn nicht g rade drei Beherrscher mächtiger Reich« sie wie mit einem Zauberjchlage mit Earossen- und Menschenschwärmen stillen, sondern nur der alltägliche Verkehr ihnen Bewegung und Leben leiht. Auch von der Luile des ruisit'chen Käiserpaare« selbst ist eben der weitaus größere Theil bereits au« Skierniewicze abgereist. Nur der Hosminister Woronzow-Daschkow. General Ltcherewin und Generalqouverneur Gurko sind bis aus Weitere« noch zurückgeblieben; Herr von Gier-, Gras Tolstoi. General Wannowsky, General Poßiet sind, der eine früher, der Andere später, bereit« nach St. Petersburg abgereist. Wie die Begeisterung der kaiserlichen Gäste bei der Ankunft den Lharaktcr größter Herzlichkeit getrogen Halle, so auch bei der Ab- lt.
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