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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188406255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18840625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18840625
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-06
- Tag 1884-06-25
-
Monat
1884-06
-
Jahr
1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.06.1884
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177. Erste Geilage M Leipziger Tageblatt miss Anzeiger. Aus -er nationalliberalen Partei. * lieber den am Sonntag zu Bre-lan staltgesundenen nationalliberalen Parteitag der Provinz Schle» sien enlnehmen wir der „Schlesischen Zeitung" den folgenden au-sührlichen Bericht: Der zu heute Mittag um 12 Uhr in dem großen Saale der neuen Börse «nberuftne schlesische nationalliberale Partei tag war von über 200 Theikuehmer» aus Breslau und der Provinz besucht. Prosessor vr. Röpell eröffnet« deuielben, indeni er im Namen de- Borstande» de- hiesigen nationalliberale» Wahlverein» die Anwesenden aus» Herzlichste willkommen heißt und ihnen dankt, daß sie der Einladung entsprochen haben, vor Alle» dankt er den Abgeordneten Hobrecht und Gneist, welche von Berlin hierher gekommen, um die nationalliberale Partei in ihren Berhandlungea z» unterstützen. Bei der solgendcn Wahl des Bureau» wird auf Vorschlag de» Iustizrath Heeke Prosessor vr. Röpell per Acclamation zum Vor sitzenden gewählt. Derselbe dank» für die ihm erwiesene Ehre und nimmt die Wahl an. Z» Beisitzern ernennt der Vorsitzende den Abgeordneten vonSchenckendorsf-Görlitz und de» Abgeordneten Justizrath Seidel-Bunzlao, zum Schris'.sührer den Rechtsanwalt Barchewitz.Breslau. Der Vorsitzende schickt voraus, daß der Gedanke, einen nativ- »alliberale» Parteitag zu berufen, nicht von Breslau ausgegangen sei. Die erste Anregung sei von demAbg. von Schenckendorss- Görlitz gegeben. Der hiesige Wahlverein Hab« sie dankbar aus. genommen. Der Parteitag solle eiue sestere Einigung der natio- nollibecalen Partei in der Provinz hcrbeisühre» und ihre Thätigkeit neu beleben. In erster Reihe handle es sich darum. Stellung zu nehmen zu der Erklärung des allgemeinen Parteitages der natio- nalliberalen Partei zu Berlin am 18. Mai cr. Dieselbe liege de» Theilnchmern der Versammlung im Druck vor. Man würde auch die aus jenem Parteitage gehaltenen Reden gern haben mit ab- drnckeu lassen, da diese der „Erklärung" erst das rechte Licht gäben und da- recht« Berständuiß sür dieselben vermittelten. Dies sei aber nicht möglich gewesen. So habe man wenigstens das Partei-Pro- gramm vom 2S. Mai 1881 beigesügt, zunächst, weil dieses Programm viel schärfer betone, daß die nationalliberale Partei eine liberale Partei sei und bleiben wolle. (Bravo.) Ferner spreche sich das Programm viel präciser über die Stellung der Partei gegen die Reichsrrgierung aus. ES besage, daß die Partei nach wie vor bereit sein werde, die Vorlagen der Regiemng »nbcsaugcn und sachlich zu prüsen, und daß sie jederzeit die Reichsrcgierung in Allem unterstützen wolle, was sie (die Partei) sür wohlthätig sür das Vater land halte. Durch solche Unterstützung habe die national- lilxrale Partei wesentlich de» AuSvau der neuen deutschen Reichsversassung gefördert und die großen Grundinstitntionen des Reiches mit schaffen Helsen. Sie habe dadurch wirklich praktische Politik getrieben, tvelchc sich ihre Ziele »ach Maßgabe der Verhält nisse steckt und welche nicht nach Zielen strebt, die nach Maßgabe der Verhällnisse und Personen unerreichbar sind. Nur dadurch habe sie dies leisten könne», da sie überzeugt sei, daß weder der Einzelne »och die Partei steif und starr aus einer Ansicht bestehen, sondern daß jeder Opser bringe» müsse, vorausgesetzt, daß diese Opfer nicht de» Kern der Dinge treffen. An dieser Ueberzeugung werde die Partei auch für die Zukunft sesthalten und an der Ueberzeugung, welche der Wahlaufruf vom 1b. September 1881 ausgesprochen hat. Lasse die Partei diese Ueberzeugung fahre», so verlieren sie die Berechtigung, eine politisch-liberale Partei zu sein. Auch daran sei sestzuhalten, daß die nationalliberale Partei eine politische und keine wirthschastliche Partei sei. ES lasse sich ja streiten, in wieweit die wirthschastliche» Fragen der politischen Parteistclluug entsprächen. Aber das Programm vom 28. Mai 1881 spreche es entschieden aus, daß sich aus wirthschastliche Frage» eine politische Partcibildnug nicht gründen laffe. Dies würde andernfalls zu einer Jnteressen-Vertretung, das heißt zu einem Kampse Aller gegen Alle, führen. Schließlich spricht Redner den Wunsch aus, Angriffe auf andere Parteien »löglichst zu vermeide», da die» nur zu endloser Zeitungspolemik lühre und di« politischen Leidenschaften, die ohnedies schon erregt genug seien, »och mehr schüre. (Bravo.) Dcmnächst ertheilt der Vorsitzende dem Abg. Staat-minister Ho brecht da» Wort. Derselbe führt ungefähr Folgendes aus: Der Vorsitzende habe ihn (den Redner) hierhergesührt durch eine Zauber- sormel, indem er ihn erinnerte an die schönste und theucrste Zeit seine» Leben», die er hier verlebt. Selbst dieser Raum erinnere ihn daran und manches der befreundeten Gesichter, die er vor sich sehe. Er komme nur als Gast, nicht mit einer Legitimation als Vertreter deS Ccntral-Borstandes. Die bevorstehenden Wahlen würden, wie Redner sortsährt, voraussichtlich von sehr großer Be deutung sein. Das Vaterland werde über kurz oder lang nach dem natür lichen Gauge der Dinge aus eine ernste Probe gestellt werden; die schwersten und ernstesten Aufgaben würden an die Volksvertreter heran- treten, wenn die Gründer de» Reiches, die großen Männer, welche jetzt die Leitung haben, un- verlassen haben würden. Schon dem nächste» Reichstage könnte diese Ausgabe gestellt sein. Deshalb solle dieser Reichstag im besten Sinne des Worte» eine Vertretung de» ganzen Volke- sein, und die Wahlen sür ihn sollten nicht aus Grund von Stichwortc» und durch die Thätigkeit eifriger Reise- Prediger erfolgen, sondern da» eigenste Werk der wählenden Kreise sein. Dann werde der Reichstag seine Schuldigkeit thuu. Es sei noch ein anderer Grund vorhanden, um gerade in der national- liberalen Partei sich vor einem Eingreifen von der Tentralstelle au» zu hüten. Jetzt erst erkenne man, ans wie verschiedenen Wegen daS Strebe» nach politischer Freiheit sich habe durchringen müssen. Die selben Ansichten und Gesinnungen hätten verschiedene Feinde da und dort zu bekämpfen gehabt, und daran» habe sich vielfach eine verschie- denc Färbung unter den Vertretern derselben Partei herausgebildet. Es wäre da- größte Unglück, wenn wir in Deutschland regional »er- jchiedene Parteien bekämen. Man müsse bestrebt sein, die Einheit zu erhalten, die erreicht worden. Deshalb solle von Berlin au» nur eine Anregung zu reger Thätigkeit und kräftiger Entwickelung gegeben werden, aber kein Eingreifen erfolgen und keine Wahllaktik vor- geschrieben werden. DaS sei Sache der Localvorstände. Gerade in Schlesien sei die nationalliberale Partei tn letzter Zeit etwa» crmattet; sie möge sich wieder ausraffcn und mit Energie tn die Wahlen eintreten. Redner will sich nicht nur jede- Angriffe-, sondern auch jeder Kritik der anderen Parteien enthalten. Die überreizten Parteikämpfe der Gegenwart stellten Deutschland ohnedies die traurigste Zukunft in Aussicht. Die schlimme Neigung zu solchen Kämpfen sei schwer zu vermeiden. ES gelte, sich Be schränkungen auszuerlege» und damit wolle die nationalliberale Partei bei sich selbst de» Anfang machen. (Bravo.) In Wcilercm zählt Redner die Vorlagen aus, welche den Reichstag in seiner gegen wärtigen Session beschäftigt haben und noch beschäftigen, und er läutert die Stellung der nationalliberale» Partei zu diesen Vorlagen. Zur Unsall-BersicherungS-Borlage bemerkt Redner u. a., daß dieselbe durch die Verbindung deS EentrumS mit den Conftrvative» zur Annahme gelangen werde. Für die nalionallibcrale Partei werde e» sich nur darum handeln, ob noch schwerwiegende Be stimmungen ihr die Annahme nicht ermöglichte». Zunächst habe sich die Partei volle Freiheit gewahrt. Zum Windthorst'schen An- trage, betreffend die Aushebung deS Sperrgesetzcs, erwähne er nur, die Partei habe gegen diesen Antrag gestimmt, nicht auS dem Wunsche heran», den Kamps sortzusetzen, sondern weil ein anderer, besserer Weg zum Frieden eingeschlagen sei. Dem Ackermann'schcu Anträge habe die Partei nicht zugestimmt, weil er aus Schleichwegen den InnungSzwang wieder eiusühren wolle. lBravo.) Die Vorlage bezüglich der Subvention von überseeischen Dampferlinien Haie die nationalliberale Partei mit entichiedeuer Sympathie begrüßt lBravo), während sie von anderer Seite mit ebenso entsch>e- dener Antipathie begrüßt worden sei. Er wolle zngeben, daß die Vorlage nicht besonder- gut motivirt gewesen. Da- Moment der Geldbewilligung sei nicht genug hcrausgrhoben. Das Porto werde freilich die Subvention nie decken. Aber d eje Linien seien Theile des WcltpostverkehrS. Durch diese Tampserlinien übernehme Deutsch land seinen legitimen Thcil an der Last, welche von den großen Nationen getragen werden müsse. Es sei nicht nur Ehrenpflicht, sondern ein Moment der Klugheit. einen Theil dieser Last zu tragen. (Bravo.) Dadurch würden wir auch im gegeben Falle mitreden können. ES sei auch nicht blvS eine kindische Phantasie, die deutsche Postslagge aus fremden Meeren zu sehen, sondern eS habe auch eiue große prak- tische Bedeutung. Redner weist darauf hi», daß die Tausende und Abertausende Deutsche überm Meer dadurch eine geachtetere Stellung gewännen. Vor einerEolonialpolitrk brauche nian vorläufig keine Augst zu haben. Morgen dürste der Kanzler aus eine diesbezügliche Frage auSretchend« Antwort geben. DaS Vertrauen Hobe sich der Reichs kanzler erworben, daß er die Politik nach außen mit seltener Be- Mittwoch den 25. Juni 1884. sonuenheit, Ruhe und Kaltblütigkeit geleitet und die Nation zu einer Politik de- Frieden» geführt habe. (Lebhafte» Bravo.) Mit dem dringenden Wunsche, daß die Zeit der Ermattung sür die national- liberale Partei in Schlesien nun vorüber sein möge und daß mit rischen Kräften in die Parteibeweaung eingetreten werde, schließt Redner unter lebhaftem Beifall der Versammlung seine Au-sü runge». Hierauf ergriff der Abg. Pros. vr. Gneist das Wort und führte auS, auch er sei, wie der Herr Vorredner, ein Adoptivsohn Schlesiens. Wie dieser, sei auch er vom Centralvorstande mit keinem Mandat betraut, sondern komme all Abgeordueter der ihm lieb gewordenen Provinz, um auch iu der Hauptstadt seinen Dank sür da- Ver trauen ou»zuspkeche«. welche» ihm seit der Begründung de« Deutschen Reiches in sanst sehr bestrittenen Wahlkreisen entgegen- gebracht worden. Er erinnere sich noch der sehr lebhaften patrio tischen Begeisterung, die alle Parteien erfüllte, als unsere tapferen Soldaten aus dem siegreichen Kampfe zurückkehrlen und mit Ehren pforten empfangen wurden. Heute sei die Stimmung eine andere. Er wolle nicht fragen, wer die Schuld darau trage. Hinter jeder Zeit großer Erhebung sei immer unmittelbar eine Zeit der Er schlaffung, eine Zeit der Beschäftigung mit kleinen Fragen gefolgt. Jeder frage daun, wenn die Nation so Großes erreicht, was ihm davon zugute komme. Allein der höchste Glanz der Nation könne unendlich wenig Ihn» zum Glücke des Einzelnen. Man habe sich bei uns hierüber gelauscht, als einige Jahre ei» wirthschasllichcr Aufschwung unsere Erfolge begleitete. Dan» aber sei der Rückschlag doppelt gekommen. Nun sei Deutschland gerade das einzige Land Europas, in welchem alle Gegensätze in stärkster Proportion vor- Händen. Und dies mache uns das politische Leben so sauer. Wen» sich nun heute bei uns neben dem alten Grundbesitz, welcher sich immer noch als eigentlich herrschende Classe dünli, ein großer industrieller und großer Eapitalbesitz gebildet hat und man daraus auSgehe, dieselben gegen einander zu Hetzen, so sei in Dcuischland das geeignetste Feld dafür. Dazu komme dann noch der alle Gegensatz zwischen Stadt und Land, der Zwiespalt der beiden großen Kirchen und die Neigung zur Uneinigkeit über. Und trete nun noch künstliche Schürung hinzu, dann entständen die Zu stände, in welchen wir uns befinde». Schließlich komme die Ein- sicht, daß Niemand dabei gewinne, Jeder verliere. In dieser Lage habe nun der Staat die wirlhschastlichen Fragen angegriffen, wozu er verpflichtet war. Aber aiich der größte Staatsmann werde schwer daS ganze Geflecht unserer wirthschastliche» Verhält nisse übersehen. Unser leitender Staatsmann habe über haupt nur große und richtige Gedanken (sehr gut), aber die Hauptsache sei die Ausführung. Wenn »un dieser Staats mann große Fragen ansstelle, so sei eS die Sache der Volksverlrelung, zu rothcn, aus welchem Wege diese oder jene Frage zur Entscheidung gebracht «erden könne. So sei auch durch den neuen Zolltarif eine Reihe von Differenzen ausgeglichen worden, von welchen« die national- liberale Partei wünsche, daß er mindestens 12 Jahre Ruhe habe. Dies bezeichne die Stellung der Partei, welche widerspräche, ohne principiclle Opposition zu machen. DaS sei sehr schwer. (Bravo.) An die wirthschastliche» Fragen knüpfe sich die sociale. Was die Handwcrkersrage anlange. so vertrete die Part« die Wiederbelebung der Innungen, aber bekämpfe jeden Arbeitsverbotszwang. Den Zunftzwang laffe sich die Bevölkerung nicht mehr gefallen. So lange Stephan die 50 und 25 Psennigvackete schicke, nütze aller Zunftzwang nichts mehr. Die Gesammleiilwickelnng der socialen Loge führe zu einem Drucke ans di« untere» Schichten, deren Arbeit naturgemäß schlechter bezahlt werde. ES sei der Berus der Monarchie, die unteren Llassen zu stützen, da» Elend und den Druck zu mildern. Darüber sei kein Streit, daß die Regierung hierin zu unterstützen sei. Aber die Schwierigkeit liege in der Ausführung. Die sociale Frage sei nicht eine, sondern zähle nach Hunderten von Fragen. Es frage sich nun, wie weit der Staat jede einzelne Frage ini Wege der Gesetzgebung an saffen könne. In ganz Europa sei es »och nie gelungen, bei einem der- artigen Gesetz aus de» ersten Rurs da? Richtige zu trcfsen. Und darum dürfe man gegenüber einer Gesetzgebung dielerArt »ich! intolerant sein. ES seien die» keine KalechiSmuSsragen. (Sehr gut.) Die nationalliberale Partei hatte den Gesichtspunkt im Aug-, jetzt müsse etwas geschehen, schon im Hinblick auf da» Socialistengesetz. Aber sie capricire sich dabei »ich! aus eine» einzelnen Paragraphen. ES sei zu hoffen, daß da« Unsall- versichclungsgcsetz noch zu Stande koimne. Mit dem Kranken- versichernngSgeietz sei bereits etwas zu Stande gebracht, in der Aus führung freilich werde dasselbe noch unendliche Schwierigkeiten bieten, man müsse eben experimenliren. Wie die freisinnige Partei, so differire die nationalliberale häufig mit der Regierung um der Aus führung willen. Auch die Steuersrage laffe sich nicht durch eine radikale SysteniSänderung allein lösen. Die Partei vertrete das Princip: Vermehrung der indirekten Steuern und »ach unten degressive direkte Steuer. Mit dem massenhaften Eajsiren der Elassenstener sei indessen ein sehr bedenklicher Weg cingeschlagen. Man ruinire dadurch die Grundlage unserer Verfassung und löse 6 Millionen Mensche» vom Slaatkverbandc ab. Die Stellung der nationalliberalen Partei sei lm Vergleich zur einfach uegirendcn Opposition außerordentlich schwer; sie zöge ihr Ansechlungen von allen Seilen zu, und eS sei auch schwer, sich innerhalb der Partei ein unbefangene- Urtheil zu bewahren. Redner sehe sich deshalb einmal gern im AuSlande um. Draußen sage mau, besser wie un» gehe eS Niemandem. Man frage uns, »b wir Russen, französische Republikaner sein wollen. Wir hätten den größten Staatsmann, den würdigsten und gerechtesten Kaiser. In der Ferne sehe man eben die Unterströmungeu nicht. Eine gemüßigtlibcrale Partei sei, wie Redner sortsährt, unerläßlich, um nicht in Provinziali-m»- zurückznfalleu. Im Osten Deutschland» würde eS ohue eine solche nur eine konservative Partei mit stark feudalem und eine liberale mi» stark demokratischem Beigeschmack geben. Im Westen und Süden Deutschlands würden sich andere Gegensätze gellend machen. Die Nächstliegenden politischen Richtungen mit Intoleranz zu bekämpfen, sei falsch. Oft freilich möchte man glauben, die anderen Parteien hätten sämmtlich nicht» zu thun, als aus die nalionallibcrale Partei zu schimpfen. AuS diesem ewigen Dissidium müsse man heraiiskommen und die neugewonnenen Freiheiten vernünftig auSmitzen. ohne nach parlamentarischer Oninipotenz zu streben. In den allen Provinzen werde die liberale Partei immer noch als etwas Geduldete- an gesehen. Deshalb sollten sich die Liberale» nichl gegenseitig an- feinden und abschwächen und nicht in Coalitioncu mit entgegen gesetzten Parteien cinlosse», bloS um kleinen localen Neigungen Rechnung zu tragen. ES sei nolhwendig, eine Partei zu haben, welche die Unterschiede zwischen Ost und West, Süd und Nord, »wischen Freihandel und Schutzzoll auSgleiche, sür die Erruagcii- Ichasten der liberale» Freiheiten eintrete. Thue dies die nalional- ltberale Partei etwa nicht? Hätte »,au diese Partei nicht, so müßte man sie schaffe». Ich bitte also, schließt Redner, mit uns vorlicb zu nehmen, wie wir sind. (Bravo.) Ter nächste Redner, Abg. von Schenckendorfs-Cörlitz, erachtet, daß die Frage gegeben sei, wie sich der schlesische nationalliberale Parteitag zu der Berliner Erklärung und zu den jüngste» Bor- gängen in der Partei zu stellen habe und was in Schlesien zu thun sei. »m die Interessen der Partei dauernd zn fördern. Die Berliner Erklärung wahre die volle Selbstständigkeit der Partei nach links und recht». DaS Programm von 1881 sei ausrecht erbalten. In den wichtigsten Zeitsragen werde der Regierung gegenüber eine wohl wollende Stellung eingenommen. Die- seien die Grundgedanken, denen sich der schlesische Parteilag freudig anschlicßen möge. Durch die Bildung der deutsch-freisinnigen Partei hätten sich dir Verhältnisse aus der liberalen Seile sehr geklärt. Die der national- liberalen Partei so gefährliche Mittelstellung der Secession, die nicht rein negativ und doktrinär wie der Fortschritt grwcsen, Hab« aufge- hört. Die Fusion habe der nationalliberalen Partei nur genützt, denn die Secession sei jetzt gonz unter demselben GesichtSpuncte zu betrachten wie der Fortschritt. Die deulsch-sreisinnige und die natio- nalliberale Partei seien beide liberale Parteien. Aber während die Freisinnigen da- Wohl de- Lande» zumeist von freier Vereinigung erwartete» und dem Staate die möglichst geringsten Besngniffe zu- ertheilten, weise die nalionallibcrale Partei, und zwar aus natio nalen Rücksichten, dem Staate weitere Befugnisse zu. Dann unterscheide sich die nationalliberale Pariei durch eine gewisse Mäßigung i» ihren Forderungen. Sie gebe praktischen Erwägungen Raum. Schließlich kommt Redner zu dem Wunsche, e» möge sür Schlesien ein natioiiolliberalcS Central-Eomit« geschaffen werden, dem die Aufgabe zusiele, die Interessen der Partei in der Provinz zu vertreien, zur Bildung »euer Vereine auzuregen, Parteitage zu berufen, die Verbindung zwischen den einzc »en Wahlkreisen und dem Parlament zu erhalte», Verträge zu ermitteln, Eandidaleu vorzuschlagen und vor Allem ein geeignete- Preßorgcm zu schaffen. Dagegen solle da» Lomit» nicht «„greisen tn Wayl- conipromiffe innerhalb der einzelnen Wahlkreise. Redner bean tragt: „Der schlesische nationalliberale Parteitag erklärt frendtg seinen Anschluß an die Berliner Erklärung vom 18. Mai, er beschließt die Bildung eine« naüonalliberalca LenlralcomilöS sür die Provinz Schlesien und beaustragt den Borstand de- nationallibecalen Wahl- Vereins zu Breslau mit der Eoustituirung diese- nationalliberale» Eentral-EomitöS." Znm Schluß ergreift noch Gutsbesitzer vr. Echlies-Nippern daj Wort, welcher Zeugniß dafür ablegen will, daß die national- liberale Partei auch geeignet sei, als Vertreterin der Landwirthschast ihre Stelle auSzusüllen. Nicht» habe der Landwirthschast mehr g». schadet, al- das unbedingte Agrarierlhum. ES laffe sich eine »ach- hallige Vertretung der landwirtschaftlichen Interessen nur denke» durch eine liberale Partei. Wie der Vorsitzende mitlheilt, bade» die Herren vr. Web Sk» und Hammack, er schriftlich ihre Zustimmung zur Berliner Er- klärung abgegeben. Aus Antrag de- Vorsitzenden dankt die Ber- sommlung durch Erheben von den Plätzen den Gästen auS Berlin. Nachdem der Antrag Schenckendorff mit sehr großer Majorität an genommen worden, schloß der Vorsitzende die Versammlung gegen 2'/, Uhr mit einem Hoch aus den Kaiser. > t Reichstag. LS. Sitzung vom 23. Juni 1881. (Schluß auS voriger Nummer.) Art. 2lO» wird unverändert angenommen. Art. 2l3s bestimmt im ersten Absatz: „Weiden vor Ablauf von zwei Jahren seit Eintragung des Gesellschaft-Vertrages in daS Handelsregister seitens der Gesell schaft Verträge geschlossen, durch welche sie vorhandene oder herzustellende Anlagen oder unbewegliche Gegenstände sür eine den zehnten Theil des Grundkapital- übersteigende Vergütung erwerbe» soll, so bedürfen dieselben zu ihrer Giltigkeit der Zu stimmung der Generalversammlung." Die folgende» Absätze setzen weitere Cautelen fest und der Schlußsatz geht dahin: Die vorstehenden Bestimmungen finden auf den Erwerb un- beweglicher Gegenstände nicht Anwendung, sofern aus ihn der Gegenstand de- Unternehmens gerichtet ist oder der Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung geschieht. Die Abgg. Hä Hute und Payer beantragen, die Morte „oder der Erwerb im Wcge der Zwangsvollstreckung geschieht" zu streichen. Abg. Paver führt zur Begründung dieses Antrages au», die beanstandete» Worte würden dazu benutzt werden, die vorhergehenden Bestimmungen zu umgehen. Abg. Büsing kann die- nicht zugeben, da man wohl nicht eine solche Rassiniriheit annehmen könne, eS jverde eine Zwangsvoll streckung herbeigesührt werden, um die Bestimmungen des Arlikels zu umgehen. Co rasfinirte Gründer würden jede» Gesetz umgehen, an sich aber sei die angcfochtene Bestimmung verständig und g«. rechtfertigt. Abg. Payer erwidert, so wcit möglich, müsse gegen jede Nässt nirt- heit Vorsorge getroffen werden. Den Hypothekenbanken geschehe mit der Streichung der Worte kein Unrecht. Geh. Obeiregieruogsrath Hägens kann die Befürchtung des Vorredners, e- werde der Weg der Zwangsvollstreckung zur Um gehung der Vorschriften de» Gesetzes benutzt werden, nicht lheilcn. Der Artikel wird unverändert angenommen. Art. 215n bestimmt: Eine Erhöhung de» Grundkapitals der Gesellschaft darf nicht vor der vollen Einzahlung desselben erfolgen. Für Versicherung-- Gesellschaften kann der GciellschaslSverlrag ein Andere» bestimmen. Abg. Richter (Hagen) beaulragt, hinter „Versicherungsgesell schaften" einzuschaltcn: „und Gesellschaften, deren Aktien aus Namen lauten und ohne Einwilligung der Gesellschaft nicht übertragen werden können." Die Eommission habe sich augenscheinlich durch die Rücksicht auf große Gcsclljchastcn und die Erfahrungen bei sogenannten Gründungen leiten lassen, aber wohl die Hätsle der Aktiengesellschaften ei nicht in erster Linie aus deu Gelderwerb gerichtet, sondern ver- olgc gewisse gemeinnützige Zwecke, z. B. Theater. Zoologische Gurten, Zeitungsunternchnien. Gebe eine solche Acliengcjellschast z. B. lclicu zu 200 ^l auS, so würde» ost nur 50 -st eiuzezahlt, weil gewisse Personen sür den betreffenden gcmcinnützigen Zweck nicht mehr aufbringen wollten. Erweitere sich »un der Kreis Derer, die ein Interesse sür da- Unternehmen hätten, so werde man so lange verhindert sein, den neuen Interessenten Gelegenheit zur Betheiligung durch Ausgabe »euer Aclien zu geben, al« nicht die frühere» Aclionaire voll eingezahlt haben. Dasselbe Moment, das sür die Ausnahme der Versichernngsgesellschaslen spreche, mache sich auch bei vielen anderen Gesellschaften geltend, z. B. brauche ein ZcitungSnnternehmen ohne Druckerei ebenso wenig ein Betriebs kapital wie eine Versicherungsgesellschaft, weil die Abounements- beträge wie die Prämien voransbezahll würden. Je mehr man eS den kleine» AkliengeseUschasten erschwere, ihre Form beizubehcilten, desto mehr werde man die Bildung von Genoffcnschaslen mit Solidarhast befördern, deren Gefährlichkeit gerade von der rechte» Seite des Hause» betont werde. Abg. Posch cmpfiehll die Ablehnung de» AnirageS Richter, der die in A. 207» angenommene Minimalgrenze illusorisch mache. Auch der Referent sprich» sich gegen de» Ai,trag auS. Die A»S- »ahme der Bersichernngsgesellschasien sei deshalb gerechtserligt, weil ein großer Theil de» GrnndcapitalS derselben von vornherein nicht Betriebs-, sondern bloßer Garanliesonds sei, und weil dieselbe» außerdem staalüchcr Concessio»iru»g unierliegen. Beides treffe sür die Gesellschaften, welche der Abg. Richter im Auge habe, nichl zu. Regieriingsconiniiffar Geh. Ruth Schmidt bemerkt, daß der Antrag in seiner vorliegenden Fassung über die Absichten des An tragstellers wcit hinausgehe, indem er alle NanicnSaciie» umfasse. Gestatte man die Ausgabe neuer Aclien vor der volle» Einzahlung der allen, so käme dies im Effect riner geringeren Minimalsumme drr letztere» gleich. Der Antrag dkS Abg. Richter wird abgclehot und der Ar tikel unverändert an gen online». 8 240»! laulet in der von der llonimissio» beschlossenen Fassung Mit Gcjängniß bis zu ciuem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu 10,000 ./l wird bestraft: 1) Wer in öffentliche» Bekannt machungen falsche Thatsachen vorspiegelt oder wahre Thal- sochen entstellt, um zur Velheilignng an eine», Actienunler nel,me» z» bestimme». 2) Wer in betrügerischer Absicht aus Täuschung berechnete Mittel anwendet, um ans den EourS von Aclie» emznwirke». 3) Wer über die Hinterlegung von Acticn oder JiiteiimSscheinen Bescheinigungen, welche zum Nachweise deS Siiinnircchts i» einer Generalversammlung dienen sollen, wissentlich falsch ausstellt oder verfälscht oder von einer solche» Bescheinigung, wissend, daß sie falsch oder versälschl ist. zur Ausübung des Stimmrechts Gebrauch macht. Zugleich kan» ans Verlust der bürgerliche» Ehrenrechte erkannt werde». Sind Milderade Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geld strafe ein. Hierzu beantragt der Abg. vr. Meyer (Halle) folgenden Zusatz: Ist die öffentliche Bekanntmachung »<t 1 in einer periodischen Druckschrift erfolgt, so findet 8 20 »liuccr 2 de» Gesetze» über die Presse vom 7. Mai 1874 keine Anwendung. Abg. Träger beantragt, diesen Zusatz wie folgt zu soffen: Ist die öffentliche Bekanntmachniig crä 1 im Jnseralcniheil einer perioditchen Druckschrift erfolgt, so findet 8 20 nlinen 2 dcs Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874 keine Anwendung Abg. Meyer (Halle): Nach 8 20 des Preßgesetzes ist der Re dakteur einer Zeitschrift sür den Inhalt derselben strasrechtlich ver antwortlich, gleichviel ob er den betreffende» Artikel niil DoluS oder ans Jrrthum und durch einen »ngiüttichen Zufall ausgenommen hat. Ich polemisire hier nicht gegen diese Bestimmung, aber ich glaube, daß e» schwerlich die Absicht bei der Feststellung des Preßgesetzes war, diese außerordentliche Bernntwortlichkeit de- Redakteurs auch aus den hier vorliegenden Fall au-zudehncn, bei den« eS sich um Gesängilißstrast wegen Betruges handelt. Der Nedacteur kann un möglich mit deu lhatsächlicheu Verhältnissen aller Act>e»i»itcr,ich i»ungen vertraut sein. Es ist absolut unmöglich, daß rr ein ttelheil darüber ha», ob die thatsächlichcn Angaben de» ihm vorliegenden Artikel» oder Inserats zuiresse». Man will verhüten, daß daSBcr- geheu unter dem Schutz der Anonymität straflos bleibt. Das wird aber auch nach meinem Anträge nicht der Fall sein. Hat der Nedaclenr wissentlich etwas Strafbares ansgenommcn, so ist er strasbar als Lheilnehmer nach dem Strasgesctz; andernsall« unterliegt er einer Ordnungsstrafe. Drr Herr StaatSsecreloir hat in der Evinmissio» arge« meine» Antrag eingeivandt, daß der Redakteur sür die Inserate eine» Andere» zeichnen lassen könne. Dieser Andere wird 78. Jahrgang. aber i» derselbe» Lage sei», und wenn der Herr Slaatssecreiair meint, eS sel wünschenSwerth. daß in de» redaktionellen Theil der artige Mittheilungen und Rec.'anien überhaupt keine Aufnahme fänden, so bleiben noch die Bedenke» hinsichtlich der Inserate be stehen. Ein gewissenhafter Rrdaeleur wird danach iSmmtlichen Inseraten dieser Art olme Ausnahme die Ausnahme vclweigeru muffen. (Während der Rede ist Fürst Bismarck «»getreten.) Abg. Träger ist der «»sicht, daß der Antrag de» Abg. Meyer zu weit geht. Die Aufnahme einer Empfehlung i» den redactionelle» Theil eine» Blatte- laffe dieselbe in den Augen de» Publicums, welche« der Presse gegenüber leider Gotte» immer noch außer ordentlich unbefangen sei, als Meinungsäußerung der Redaktion erscheine» und weide deshalb auch theuer bezahlt. Eine Redaction, die sich zur Ausnahme einer solchen Reklame entschließe, möge auch die volle Verantwortlichkeit dein Publicum gegenüber übernehmen. Erscheine eine Empfehlung aber im Iiiieralentheil de- Blatte», so glaube Niemand, daß die Zeitung die Verantwortlichkeit übernehme. Deshalb dürfe auch der Nedacteur sür den Inhalt eine» Inserate» nicht weiier al- nach dem Preßgesetz überhaupt veraxttvortltch gemacht werden. Staatsiecretair v. Schilling: Der Herr Abgeordnete Meyer bat sich wesentlich die Verhältnisse der großen Presse vergegenwärtigt. Wir dürfen nicht aus dem Gedächtniß verlieren, daß in ber Gründer zeit gewisse Blätter weiter nicht- belrieben haben, als Actienunler - nehmttiigen durch alle Mittel der Reklame zu fördern. Es würde den Slrasbestiinimingen des Artikels 149 k die Spitze - bgebroche», wenn der Nedacteur eine» lolchen Blatte- durch die Behauptung, er bade von dem Artikel keine Kenntniß gehabt, sich von der Be strafung befreien könnte. Die ihn dann noch treffende Geldstrafe wegen Fahrlässigkeit würde den Zweck nicht erreichen. Der Redakteur einer großen Zeitung befindet sich diesen Strafbe stimmungen gegenüber nicht gerade in einer bequemen Lage; aber dasselbe Verhält,liß tritt schon jetzt ein gegenüber Artikeln beleidige», de» oder unsittlichen Inhalts, bei denen der Nedacteur diesen Charakter im ersten Augenblick nicht zu erkennen im Stande ist. Artikel 20 Absatz 2 des Preßgesetzes gicbt dem Richter einen sehr weiten Spielraum: er ist keine Fiction, sondern stellt eine Präsum tion ans. Der Nedacteur soll als Thäter gelten, wenn nicht durch besondere Umstände seine Thälerschast ausgeschlossen er schein«. Neberzeugt sich der Richter, daß der Nedacteur dintergangen worden ist. so trifft ihn eben nur die FahrlässigkettS- strase. Der Artikel 249,1 setzt einen bestimmten DolnS voran». Weist der Nedacteur noch, daß cr nicht im Stande war, die «Nicht des Artikels oder deS Inserat» zu erkennen, dann ist dir Annoyme seiner Thäterschast ausgeschlossen. Die verbündeten Regierungen werden ans die Anträge Meyer und Träger nicht «»gehen können; denn beide enthalte» eine» Bruch mit dem feststehenden Princip deS PreßgesetzeS. Die Regierungen hatte» seiner Zeit bei dem Preßgesetz eine andtre VcranIwortlichkeilSIHeorie ausgestelll; eS sollte der Nedacteur erst nach dem Verfasser verantwortlich gemacht werden. Diesc» Eystem hat der Reichstag geändert. Die angenommene Theorie, daß eine Person Vorhand:» sein müsse, welche die Verantwortlichkeit sür den strafbaren Artikel übernimmt, wird von den Anträgcil durchbrochen. Ein Unterschied zwischen redaktionellem und Inscraten- theil darf nicht statuirt wrrden. Wir würden dahin kommen, daß durch auffallende, vielleicht recht fett gedruckte Inserate zur Betheiligung an schwindelhasten Unternehmungen ausgcsordert und Niemand verantwortlich gemacht werde» könnte. Die Trennung zwischen redaclioiiellein und Jnscralcntheil hat auch keine Grundlage im Prcßgesetz. Abg. Majunke erklört, er erachte den Art. 20 de» Preßgesetzes sür einen harten. Er habe seiner Zeit gegen denselben gesttmml. Aber nachdem cr e »mal bestehe, dürft in einem Specialgesetz da-s Princip de» Preßgesetzes nicht durchbrochen werden. Die praktische Folge des Antrages Meyer würde sein, daß Behauptungen in Bezug aus Gründungen, welche der Wahrheit nicht objektiv widersprechen, sondern wahre Thatiache» absichtlich entstrlle», lhatsächüch straflos a»-gehen würd » Der Redakteur wäre nicht zu fasle». Die haftbare Person aber würde nicht anfzufiadcn sei», weil der betreffende Artikel nicht unterzeichnet sein würde. ES handft sich hier »icht »m Preßsrciheit, sondern um Belrugssreihcit. Abg. Hartman» erblickt in den Ansrägen Meyer und Träger eine Durchbreck-nng der fundamentalen Grundsätze de- Preßgesetzes. Der Antrag Träger öffne der Gesetzesumgehung Thür und Thor. Abg Windthorst: Die unveränderte Annahme der CommissionS- saffnng lege den Redacteuren eine Verantwortlichkeit aus, die der gewissenhafteste Mann nicht erfüllen könne. Der Absatz 2 de» 8 20 de» Preßgesetzes sei materiell nicht zu rechtfertigen. Da aber eiue Modifikation dcsielben seitens deS Reichstags der Zustimmung deS Vundesraihs bedürfe, so könne bei diesem Gesetz nicht an eine solche gedacht werden. Wohl aber «npfthle e- sich, die Bestimmung de» PicbgcsetzeS zu ergänzen. Er (Redner) beantrage, in dein Antrag Träger die Worte cinzuschalten: „und der Verfasser de» Inserats unter demselben nicht nur genannt, sondern auch in dem Bereich der richterliche» Gewalt eine- deutschen Bnnde-staateS ist". Der Abg. Träger acceplirt diese Amendiriing seines Anlrags. Abg. Meyer zieht seinen Antrag zurück. Abg. v Uechtritz bekämpft jede Abänderung der CommissionS- beschlüsft. Ei» großer Thcil de» Publikums lege gerade aus den Jnftratentheil Ol wicht. Die schwindelhafte» Gründer würden sich von heruntergekommenen Subjekten Namen zur Unterschrift der Inserate erkauft». Slaatssecreiair v. Cchclking: ES sei unstatthaft, sür eine ge wisse Art von Artikeln das Princip der Anonyniität der Presse zu verbissen. D e Ermittelung des Verfassers werde, auch wenn da» Inserat unter,cichnet sei, oft Schwierigkeiten »lachen, da derselbe Name häufig vorkomme. Der Antrag Windthorst sordere auch die schlechten Böisenblätter heraus, Leute zu cugogiren, die mit ihrem Namen dergleichen Inserate deckten. Abg. Richter (Hagen): Der Name eines heruntergekommene» SubjcciS werde nicht ziehen. Die Namen von Herzöge» und Fürste» zögen, und diese Herren würden sich vielleicht künftig mehr >» Acht nehmen, wenn der Antrag Windthorst Annahme sände. Abg. Windthorst: Die Folge der Coiiimissionsvorschläge werde sein, daß die Redakteure alle dergleichen Inserale znrnckweise» würde», was unmöglich als im Interesse deS legitimen Geschäfts verkehr- liegend erachtet werden könne. An sich sei eS ja wünschen», werth, gar keine Actiengesellschastcn zn haben; aber wohin würde die Industrie ohne dieselben kommen? Hier handle eS sich nur darum, die Auswüchse des Aclieiiw.seiiS z» beseitigen. DaS geschehe in dem fragliche» Pnncte durch seinen Antrag, der keine Durchbrechung de» PreßgesitzeS, sonder» eine Ergänzung desselben bilde. Die Bcrant- worllichkeit de- Redakteurs müsse, wen» cr eine Sache »icht mit Wisse» »iid Absicht »nlcrstützl habe, aushören, sowie er seinen AnIVt nenne. Wenn kein Inserat mehr anonym eingerichtet werde, io jki damit alle mögliche Garantie gegeben. (Beifall links.) Der Antrag Windthorst wird gegen die Stimmen der Frei sinnigen, der Volkspartei und weniger CcntrnmSparteimilglieder ab- gclchnt und der Artikel unverändert angenommen. Der Rest der Vorlage gelangt ohne Diskussion zur Annahme. Nächste Sitzung DienSlag 11 Uhr. (Relictengcsetz.) Gesellschaft fnr Verbreitung vo» Volksbildung. u. <5 Görlitz, 23. Juni. Die erste Hauvlvcrsammlung wurde am So.iiitag um 11 Uhr im T'volisaale eröffnet. Namens der Stadt begrüßte Bürgermeister Heyne die Gäste. Der Vorsitzende Abg. N ckcrt gedachte in seiner Antrittsrede des »nersctzlichen Verluste«, de» die Gesellschaft im vorigen Jahre durch den Tod ihre« Stifter- Schulze-Delitzsch erlitten hat und forderte die Mitglieder aus, in seinem Geiste weiter zu arbeiten. Generalsccret ür Lippert erstattete de» Bericht über die Thätig keit der Gesellschaft, aus dem wir die wichtigsten Thatsachen schon angeführt haben, irnd in Stellvertretung de» am Erscheinen verhinderte» Schatzmeister» Hammacher trug er auch die Rechnungslegung vor. Nach einer ziemlich lebhafte» Discussion, die sich hauptsächlich »in die Nolhwendigkeit und um die Mittel drehte, neue persönliche Mitglieder in größerer Zahl sür de» Verein zu werben — der Vorsitzende, Herr Nicker», vcrpfl-chtete'sich, in diesem Jahre 100 neue Mitglieder der Gesellschaft znznsühren — wurde Dccharge ertheilt. Der Bericht deS Wanderlehrers I>r. P. WiSliccniis gab z» einer längere» Discnision Anlaß, in der aus die mannigiachcn Hebel» stände der bisherige» Einrichtung hmgewicsen wurde. I>e. WiSlicenu« theille in derselben mit. daß er künftighin in jedem Winter in nur zwei VerbandSgebi ten bestimmte Image» machen könnte und zwar
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